g ig Una b h G E S U N D H E I T S R AT G E B E R än U tenExper üft gepr gig b Una hän Euro 4,95 n ab häng ig Rheuma verstehen g Kompakte Informationen zu Diagnose und Therapie g Experten-Wissen verständlich aufbereitet Im Detail: Rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis, Morbus Bechterew, Arthrose I N H A LT 4 Editorial EDITORIAL 6 Leben mit Rheuma KAPITEL 1 16 Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis) KAPITEL 2 24 Morbus Bechterew KAPITEL 3 30 Psoriasis-Arthritis KAPITEL 4 36 Arthrose KAPITEL 5 44 Medikamentöse Behandlung KAPITEL 6 56 Nicht medikamentöse Therapie KAPITEL 7 64 Rezeptfreie Präparate KAPITEL 8 70 Aktiv gegen Schmerz KAPITEL 9 74 Bewegung und Ernährung bei Rheuma KAPITEL 10 82 Selbsthilfe, Interview mit Daniela Loisl KAPITEL 11 Wissenschaftlicher Beirat dieser Ausgabe: Prim. Dr. Gabriele Eberl; Ärztliche Direktorin des Klinikum Malcherhof Baden; Baden bei Wien Univ.-Doz. Prim. Dr. Ludwig Erlacher; Leiter der 2. Medizinischen Abteilung im SMZ Süd; Wien Univ.-Prof. Dr. Winfried Graninger; Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie am LKH-Universitätsklinikum Graz; Graz Prim. Doz. Dr. Günter Höfle; Leiter der Abteilung für Innere Medizin, Landeskrankenhaus Hohenems; Hohenems Mitwirkende dieser Ausgabe: Ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Frass; Leiter der Abteilung Homöopathie bei malignen Erkrankungen, AKH Wien Prim.Univ.-Doz.Dr. Christian Huemer; Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, LKH Bregenz Prim.Univ.-Prof.Dr. Peter Knoflach; Leiter der Abteilung für Innere Medizin am Klinikum Wels-Grieskirchen Univ.-Doz. Mag. Dr. Ingrid Kiefer; Ernährungswissenschaftlerin am Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien und Gesundheitspsychologin Prim. Dr. Burkhard Leeb; Leiter der 1. und 2. Medizinischen Abteilung, Niederösterreichisches Zentrum für Rheumatologie, Landesklinik Weinviertel Stockerau Univ.-Prof. Dr. Robert R. Müllegger; Vorstand der Abteilung für Dermatologie am Schwerpunktkrankenhaus Wiener Neustadt (NÖ) Prim.ao.Univ.-Prof.Dr. Michael Schirmer; Vorstand der Abteilung für Innere Medizin A.ö. Krankenhaus der Elisabethinen GmbH, Klagenfurt Dr. Tanja Stamm; Universitätsklinik für Innere Medizin III, Abt. für Rheumatologie, AKH Wien Univ.-Prof. Dr. Reinhard Windhager; Vorstand der Universitätsklinik für Orthopädie in Graz und Leiter des Österreichischen Endoprothesenregisters Prof. Dr. Andrea Dungl-Zauner; Willi Dungl Gesundheitszentren Betriebs GmbH, Gars am Kamp 2 IMPRESSUM: Herausgeber und Medieninhaber: MedMedia Verlags- und Mediaservice GesmbH, 1070 Wien‚ Seidengasse 9/Top 1.1; Verleger: Mag. Wolfgang Maierhofer; Projektleitung: Mag. Barbara Koller, [email protected]; Redaktionsteam: Mag. Silvia Feffer-Holik, Mag. Barbara Koller, Hannelore Mezei, MedMedia Verlags- und Mediaservice GesmbH; Mag. Bernd Tschiltsch, Geschäftsführer b3 consult, Agentur für Gesundheitsfragen, Layout und Grafik: Phase5, Michael Beran; Panthera, Walter Moraru; Lektorat: [email protected]; Druck: Bauer Druckerei, Bildagenturen: Foto-Begsteiger, Fotolia, Waldhäusl Alle Texte in „Rheuma verstehen“ sind nach bestem Wissen recherchiert. Irrtümer sind vorbehalten. Trotz sorgfältiger Prüfung übernehmen Verlag und Medieninhaber keine Haftung für drucktechnische und inhaltliche Fehler. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird jeweils nur die männliche Form der Bezeichnung von Personen (z.B. der Patient) verwendet. Damit ist aber sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint. 3 EDITORIAL Mag. pharm. Dr. Christiane Körner, Vizepräsidentin der Österreichischen Apothekerkammer wünscht der großen Serie „Gesundheit verstehen“ mit der ersten Ausgabe „Rheuma verstehen“ viel Erfolg. Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Wissen ist Alles! Die Notwendigkeit, auch als Nicht-Mediziner einen möglichst breiten Wissensstand zu erwerben, stellt sich für jeden, der von Schmerzen oder anderen Krankheitszeichen betroffen ist. Nur mit ausreichendem Wissen kann man die Fähigkeit erwerben, mit sich selbst und mit den Krankheiten richtig umzugehen, um schmerzfrei zu sein und eine gute Funktion des gesamten Organismus zu behalten. Mit dieser Informationsbroschüre wird Ihnen eine umfassende Information zu einigen rheumatischen Erkrankungen des Bewegungsapparates angeboten. Die einzelnen Kapitel wurden von Medizinjournalisten nach ausführlichen Interviews mit den mitwirkenden Fachleuten erstellt. In einem sorgfältigen Überarbeitungsprozess haben dann die Mitglieder des ärztlichen Beirates Korrekturen, Anpassungen und Ergänzungen vorgenommen und dabei darauf geachtet, die schwierige Balance zwischen dem Reichtum an Detailinformationen und der Verständlichkeit zu halten. Wir sind bemüht, eine ausgewogene und unabhängige Darstellung der Behandlungsmöglichkeiten zu erreichen, dies besonders angesichts der fehlenden wissenschaftlichen Daten zu vielen Methoden der Komplementärmedizin und der Nahrungsergänzungsmittel. Dieses Kompendium von Informationen ist eine Mischung aus vielen Expertenmeinungen und darf daher nicht als Grundlage für medizinische Streitfragen angesehen werden. Wir sind aber überzeugt, dass es Ihnen eine große Hilfe für das in jedem Fall notwendige Gespräch mit Ihrer Ärztin oder ihrem Arzt darstellt, wenn Sie mit dieser Broschüre schon ein Grundwissen für sich selbst erworben haben. Mit den besten Wünschen für Ihr Wohlbefinden Univ.-Prof. Dr.Winfried Graninger, Graz 4 Univ.-Doz. Prim. Dr. Ludwig Erlacher, Wien Sehr geehrte Kundinnen und Kunden! Ich freue mich über den Start der neuen Serie von Gesundheitsratgebern für Österreichs Apothekenkundinnen und -kunden. Vor allem chronisch kranke Menschen wollen Informationen über ihre Krankheit haben und alle damit zusammenhängenden Antworten erfahren. Ab Juni können wir Ihnen auch mit Hilfe dieses Buches viele Fragen zum Thema Rheuma, einer schmerzhaften und langwierigen Erkrankung, beantworten. Der erste Band mit dem Thema „Rheuma verstehen“ ist ein fachlich anspruchsvolles, für Laien gut verständliches Buch. Es ist nach dem Frage-Antwort-Prinzip aufgebaut, wodurch es optimal auf die Bedürfnisse der Apothekenkundinnen und -kunden eingeht. Fragen wie zum Beispiel „Vergeht Rheuma von selbst wieder?“ oder „Woran merke ich eine rheumatische Erkrankung bei meinem Kind?“ werden ebenso behandelt wie komplexe Themen rund um die Frage der Medikation. Auch werden hier Antworten zu Ansuchen um finanzielle Unterstützung, zu der Sinnhaftigkeit von Selbsthilfegruppen oder zu wichtigen Kontaktadressen erstmals gemeinsam gegeben. Besonders die sinnvoll strukturierte Gliederung in die einzelnen Kapitel macht dieses Buch für Leserinnen und Leser gut und einfach verständlich. Ich beglückwünsche die Autoren zu der gelungenen Arbeit und begrüße dieses Projekt außerordentlich. In diesem Sinne wünsche ich allen interessierten Lesern viele zufrieden stellende Antworten auf die Fragen rund um das Thema Rheuma. Ihre Christiane Körner Vizepräsidentin der Österreichischen Apothekerkammer 5 KAPITEL 1 Rheuma ist doch was für alte Leute? Leben mit Rheuma Habe ich Rheuma – und heilt das von allein wieder? Im Schnitt setzen sich Betroffene leider erst viel zu spät nach dem Auftreten der ersten Warnsignale mit der Möglichkeit einer rheumatischen Erkrankung auseinander. Es ist für die Gesunderhaltung der Gelenke wertvolle Zeit, die hier verstreicht. Optimismus liegt in der Natur der Menschen. „Es wird schon wieder vergehen!“ sind meist Aussagen von Erkrankten vor Diagnosestellung. Sie hoffen darauf, dass sich die Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen mit der nötigen Schonung in nichts auflösen werden. Dem ist leider nicht so. 6 Für alle Formen von Rheuma gilt: Ohne entsprechende Behandlung verschwinden die Symptome nicht. Wer einmal an Rheuma erkrankt ist, der ist oft mit einer Therapie auf Dauer konfrontiert. Insbesondere der Entzündungsrheumatismus schreitet, wenn nicht entsprechend behandelt wird, in jedem Fall fort und führt nach und nach zu einer starken Beeinträchtigung des gesamten Bewegungsapparates. Bei mangelnder Achtsamkeit droht Behinderung, Arbeitsunfähigkeit und in schweren Fällen auch Frühpensionierung. Nicht berücksichtigt ist hier die massive seelische Belastung in Hinblick auf die Schmerzen, die diese Erkrankung für die Betroffenen mit sich bringt. Irrtum. Viel zu oft sitzen Menschen immer noch dem Trugschluss auf, dass sie für eine rheumatische Erkrankung noch zu jung seien. Rheuma ist nicht zwangsläufig an ein hohes Lebensalter gekoppelt. Der typische Patient, der an einer chronischen entzündlich-rheumatischen Systemerkrankung wie rheumatoide Arthritis leidet, ist um die 40 Jahre jung und weiblich. Patienten, die an einer Fibromyalgie erkranken, sind im Schnitt 35 Jahre alt. Morbus Bechterew, eine weitere entzündliche rheumatoide Erkrankung, tritt mit seinen ersten Symptomen um das 23. Lebensjahr in Erscheinung. Ebenso wenig ist Arthrose aber auch eine Alterserscheinung, der man notgedrungen ausgeliefert ist. Was ist Rheuma eigentlich? Unter diesem Begriff fasst man alle länger anhaltenden Schmerzen und Funktionsstörungen am Bewegungs- Typisch für die rheumatische Erkrankung ist die Unberechenbarkeit. Zwei Millionen Erkrankte in Österreich wissen das nur allzu genau. apparat (sprich an Knochen, Gelenken und Muskeln), ungeachtet ihrer Ursache zusammen. Rheuma – als die Krankheit mit den „vielen Gesichtern“ – dient sozusagen als Oberbegriff für rund 350 Erkrankungen, hinter denen sich eine unendliche Vielzahl an Beschwerden verbirgt. Eine Einteilung rheumatischer Erkrankungen kann anhand des rheumatischen Formenkreises nach den Ursachen getroffen werden: 1. Verschleißrheumatismus: degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenveränderung (z.B. Arthrose) 2. Entzündungsrheumatismus: entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung (z.B. Arthritis) 3. Weichteilrheumatismus – auch extraartikulärer Rheumatismus (z.B. Fibromyalgie) 4. Stoffwechselbedingte Gelenkerkrankung – auch pararheumatische Erkrankungen (z.B. Gicht) Bei Verschleißrheuma nutzt sich der Gelenkknorpel ab, was so weit gehen kann, dass die Knochen aneinander reiben. Abgelöste Knorpelstücke können die Gelenkschleimhaut reizen, was starke Schmerzen hervorruft. Häufigkeit: rund 1,3 Mio. an Arthrose-Erkrankte in Österreich. Bei Entzündungsrheuma kommt es in unterschiedlichen Gelenken des Körpers zu immer wiederkehrenden oder ständig bestehenden (chronischen) Entzündungen eines (Arthritis) oder 7 KAPITEL 1 mehrerer Gelenke (Polyarthritis). Der Grund liegt in einer überschießenden Reaktion des Immunsystems, das sich gegen den eigenen Körper richtet. Häufigkeit von rheumatoider Arthritis in Österreich: 70.000–80.000. Unter Weichteilrheumatismus werden sowohl entzündliche als auch nichtentzündliche Erkrankungen subsumiert. Sie betreffen das Unterhautbindegewebe, Sehnen, Sehnenscheiden, Muskeln, Bänder und Schleimbeutel ebenso wie innere Organe (z.B. Fibromyalgie oder Polymyalgie). Häufigkeit: im Schnitt 5% der Bevölkerung. Bei der stoffwechselbedingten rheumatischen Erkrankung handelt es sich um eine Veränderungen im Knochen- oder Gelenkstoffwechsel, die zu Beschwerden führen. Es zählen Gicht, Osteoporose oder Rachitis dazu. Bei Gicht kommt es beispielsweise zu einer Ansammlung von Harnsäure im Blut, wodurch sich Harnsäurekristalle ausbilden, die sich in den Gelenken ablagern. Die WHO hat Rheuma als Volkskrankheit Nummer eins deklariert. 8 Welche Signale meines Körpers sollte ich ernst nehmen? Die Beschwerden werden von Betroffenen oft als diffus und schwer zuzuordnen dargestellt. Meist denken sie, sie hätten nur wieder schlecht gelegen oder ihren Körper überanstrengt. Wie sich mitunter nach monatelangen Schmerzen herausstellt, waren dies jedoch die Vorboten einer rheumatischen Erkrankung. Es gilt gerade bei rheumatischen Erkrankungen: Je früher diagnostiziert und mit einer entsprechenden Therapie begonnen wird, umso besser sind die Behandlungserfolge, und es kann damit bleibenden Schäden vorgebeugt werden. Mögliche erste Symptome bei: 1. einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung: • Gelenkschmerzen und -schwellung ohne nachvollziehbaren Grund an mehr als zwei Gelenkregionen • Nachtschweiß • Müdigkeit • Morgensteifigkeit in den Fingern, Händen oder auch großen Gelenken • Symmetrische Schwellungen der gleichen Gelenke auf beiden Körperseiten 2. einer degenerativen Erkrankung • Schmerzen, die am Beginn einer körperlichen Tätigkeit auftreten und nach kurzer Zeit der Bewegung wieder nachlassen; Anlaufschmerzen • Gefühl der Spannung in den Gelenken vor allem bei Wetterumschwung zu nasskalten Perioden 3. Weichteilrheumatismus: • bohrender Schmerz in Muskeln und Bindegewebe • die Schmerzattacken betreffen mal diese, mal jene Körperregion 4. stoffwechselbedingten, rheumatischen Erkrankungen (hier Gicht): • Schmerz, Druckempfindlichkeit und Schwellung über Nacht • mitunter vorangegangen: intensiver Alkoholkonsum kurz vor dem Gichtanfall Was hat mein Immunsystem mit Rheuma zu tun? Unser Immunsystem ist dafür verantwortlich, mittels Lymphozyten (weißer Blutkörperchen) und Makrophagen (Fresszellen) Fremdsubstanzen, die in unseren Körper eindringen, zu eliminieren. Bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen kommt es jedoch zu einer Störung des Immunsystems. Es kann nicht zwischen fremden und eigenen Substanzen unterscheiden, und somit greift der Körper mit Killerzellen und Eiweißen seine eigenen Strukturen, wie zum Beispiel die Gelenkinnenhaut (bei der rheumatoiden Arthritis) an. Es werden fälschlicherweise auf den Zellen des Körpers bestimmte Andockstellen ausgebildet, die dem Immunsystem als Ziel dargeboten werden. So meint das Immunsystem die körpereigenen Zellen als Feind zu erkennen. Das Immunsystem läuft sozusagen Amok. Die Entzündungsreaktion nimmt ihren Lauf, das betroffene Gelenk schwillt an, wird unter Umständen warm und schmerzt. Was ist der Auslöser für mein fehlgeleitetes Immunsystem? Ein eindeutiger Auslöser für das „Verrücktspielen“ des Immunsystems konnte noch nicht dingfest gemacht werden. In einigen Fällen sind jedoch familiäre und geschlechtsspezifische Häufungen festgestellt worden. Der Einfluss genetischer Faktoren kann also nicht ausgeschlossen werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine rheumatische Erkrankung direkt vererbt wird, sondern lediglich die Disposition, d.h. die Neigung zu erkranken, ist erhöht. Welche Ursachen gibt es dann bei Verschleißrheumatismus? Zu den Ursachen für degenerative Erkrankungen gehören Gelenkfehlstellungen, Überlastung der Gelenke durch Übergewicht, Bewegungsmangel oder Leistungssport (siehe Kapitel 5). Kann Entzündung schuld an einer Arthritis sein? Grundsätzlich ja. Hier muss jedoch klar unterschieden werden. Es kann beispielsweise bei der direkt bakteriel9 KAPITEL 1 len Arthritis eine Infektion eine eitrig bakterielle Gelenkentzündung hervorrufen – nachgewiesen in der Gelenkflüssigkeit. Diese Akuterkrankung lässt sich in der Regel nach dem Ansetzen einer Kultur gut mittels Antibiotika sanieren. Davon zu unterscheiden ist die reaktive Arthritis, eine postinfektiöse Gelenkerkrankung (also Gelenkerkrankung in Folge einer Infektion), wo ein Infekt als Auslöser für eine Arthritis zu nennen ist. Dabei können in den betroffenen Gelenken selbst keine Keime festgestellt, sehr wohl aber Keime im Harn oder in einer Stuhlprobe gut nachgewiesen werden. Auch in diesem Fall ist eine Antibiotikatherapie angezeigt. Problematisch, aber nicht sehr häufig beobachtet, ist der Übergang zu einer chronischen Arthritis. Die drei „W“-Fragen vor dem Arztbesuch beantworten: • Wann, sprich zu welcher Tageszeit, bei welchem Wetter tritt der Schmerz auf? • Wo, – an welchen Gelenken – Großoder Kleingelenken tritt der Schmerz auf? • Wie, kann man eine Schwellung bemerken, wird das Gelenk warm, ist das Gelenk am Morgen steif etc.? Orthopäden sind ausgebildete Fachärzte, die einerseits operativ, andererseits konservativ, mittels Infiltrationen, Injektionen, Fehlhaltungskorrekturen, Schuheinlagen die Beschwerden am Bewegungsapparat zu korrigieren versuchen. Orthopäden können die Zusatzspezialisierung für Rheumatologie haben. Untersuchungen durchzuführen oder zu veranlassen. Darauf aufbauend erstellen sie einen Befund und besprechen geeignete Maßnahmen. Nach der Einstellung auf eine für den Patienten optimalen Therapie kann dieser die nachfolgenden Routinekontrollen oftmals beim Praktiker durchführen lassen. Ein Rheumatologe ist ein Facharzt für Innere Medizin mit einer dreijährigen Zusatzausbildung im Bereich der Rheumatologie. Er hat spezielle Kenntnisse in der Diagnose und der Therapie von Patienten mit entzündlichen und degenerativen Skelett-, Weichteil- und Autoimmunerkrankungen. Rheumatologen sind ausgebildet, gezielte körperliche, laborchemische, radiologische Wie sollte der Diagnoseablauf vor sich gehen? Die erste Anlaufstelle wird in der Regel der Praktiker sein. Dieser ist dahingehend ausgebildet, einen Patienten mit Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung in ein Labor zu einem Blutbefund und zum Röntgen weiterzuverweisen. So sich der Verdacht durch Wozu dient eine Anamnese? Sie soll die Krankengeschichte der einzelnen Person widerspiegeln und Aufschlüsse für eine richtige Diagnose geben. Sie ist der erste Schritt in jeder Diagnosefindung. Sinnvoll ist es für den Betroffenen, folgende „W“-Fragen schon vor dem ersten Arztbesuch für sich zu beantworten. Zu wem gehe ich, wenn ich Gelenkschmerzen habe? Der Praktiker, Praktische Arzt, Allgemeinmediziner oder Hausarzt ist der Arzt des Vertrauens und sollte seine Patienten „weiterleiten“ und führen. 10 Anamnese: Vererbung, Dauer der Schmerzen, Auftreten von Schmerzen So er dies für notwenig erachtet und die Befunde auf eine rheumatische Erkrankung hinweisen, muss er den Patienten im Sinne der optimalen Betreuung einem Facharzt, in diesem Fall einem Rheumatologen, zuweisen. Patient beobachtet Gelenkschmerz Labor Praktischer Arzt Bildgebende Verfahren (Röntgen) Kein eindeutiger Befund (über 70% der Fälle) degenerativ MRT, hochauflösender Ultraschall Rheumatologen entzündlich 11 KAPITEL 1 die Laborwerte und den Röntgenbefund erhärtet, soll der Patient an einen Rheumatologen weitergeleitet werden, damit umgehend mit einer medikamentösen Therapie begonnen werden kann. Sind diese Werte nicht aussagekräftig genug, um eine klare Entscheidung zu treffen – was zu 80% in einem frühen Stadium der Fall ist –, der Patient aber weiterhin über Gelenkschmerzen klagt, müssen genauere Untersuchungen angeordnet werden (siehe Kapitel 2–5). Was heißt „moderne Rheumatherapie“? Wichtigstes Element in der Therapie ist die enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient. Der Betroffene muss sich von seinem behandelnden Arzt verstanden fühlen. Das Therapiekonzept soll maßgeschneidert sein, Medikamente und Behandlungen werden dazu miteinander kombiniert. Die Auswahl der Medikation hängt ganz wesentlich von der Ursache und dem Verlauf der rheumatischen Erkrankung ab. Ziel einer rechtzeitigen und richtigen Therapie ist es, die Gelenkzerstörungen zu Für jeden einzelnen Patienten muss seine individuelle Therapie quasi „maßgeschneidert“ werden. 12 verhindern und -funktionen zu erhalten. In einem ersten Schritt ist es natürlich auch wesentlich, die Schmerzen der Betroffenen in den Griff zu bekommen. Heute kann das Fortschreiten der Erkrankung verzögert, im besten Fall sogar gestoppt werden. Wird jedoch nicht oder unzureichend behandelt, bedeutet das für Patienten ein Leben mit Schmerzen und fortschreitender körperlicher Behinderung. Bei juveniler idiopathischer Arthritis (kindlicher Entzündung der Gelenke, mit unbekannter Ursache) sind für Eltern die Schonhaltungen spezieller Gelenke der Kinder am augenscheinlichsten. Wenn sie klein sind, können sie nicht artikulieren, dass und wo es schmerzt. Die häufigste Lokalisation ist das Knie- oder Sprunggelenk. Auffälligkeiten können auch sein, dass das Kind in der Früh hinkt oder seine Beine nicht gleich belastet. Welche Rolle spielt meine Psyche im Krankheitsverlauf? Wächst sich Rheuma bei Kindern aus? An Rheuma Erkrankte unterschätzen zu Beginn oft die psychische Belastung, die diese chronische – also lebenslange Erkrankung – mit sich bringt. Viel Selbstdisziplin ist für die oft jahrelange Medikamenten- und Physiotherapie vonnöten. Schmerz- und Stressmanagement gewinnen zunehmend an Bedeutung, denn bei Rheuma haben psychische Faktoren einen hohen Stellenwert auf den Krankheitsverlauf. Chronischer Stress kann direkte Auswirkungen auf den Hormonspiegel und damit auf das Immunsystem haben. Eine psychologische Hilfe – von Stresstraining, autogenem Training bis hin zu Verhaltenstherapie – kann sich vorteilhaft auf den Krankheitsverlauf auswirken. Welche Auffälligkeiten bei Kindern sollten mich als Elternteil an eine rheumatische Erkrankung denken lassen? Nein, in keinem Fall. Man konnte beobachten, dass im Falle einer Entzündung im Kniegelenk dieses betroffene Bein innerhalb von ½ Jahr eine Längendifferenz von 1–1,5 cm aufweist. Ganz zu schweigen von den Begleiterscheinungen, die sich durch die Schonhaltung ergeben, wie Muskelatrophie, aber auch die psychische Belastung. Wer erkennt juvenile idiopathische Arthritis? Grundsätzlich ist der Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in Österreich dafür ausgebildet, diese Erkrankung zu diagnostizieren. Es gilt eine Palette an unterschiedlichen Möglichkeiten für die vorgestellte Symptomatik abzuklären. Ausführliche Infos im Buch: „Kindliches Rheuma“ im Springer Verlag erhältlich. Warum gelten in Österreich so viele Menschen mit Rheuma als nicht therapiert? In Österreich ist die Versorgung mit den entsprechenden Medikamenten, Physiotherapie und alternativen Hilfestellungen sehr gut bis ausgezeichnet. Das Problem ist wo anders zu suchen: Jeder zweite Rheumatiker war mit seinen Beschwerden noch nie beim Arzt. Die Betroffenen ordnen ihre Beschwerden oft nicht einer rheumatischen Erkrankung zu. Somit kann der Allgemeinmediziner die Zuweisung zu einer Laboruntersuchung oder zu einem Rheumatologen gar nicht veranlassen. Ist Heilung von Polyarthritis möglich? Eine dauernde Remission ist das vorrangige Ziel der Behandlung. Es stehen dazu wirksame Medikamente zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf stark verlangsamen oder das Fortschreiten völlig eindämmen können. Damit kann die Beweglichkeit bis ins hohe Alter erhalten bleiben. Entzündungshemmende Präparate bremsen die Zerstörung der Gelenke, und Schmerzmittel bessern die Bewegungseinschränkungen. Zusätzlich kann mit ergotherapeutischen Übungen, physikalischen Anwendungen, Kuren, aber unter gegebenen Umständen auch mit einer Operation heutzutage sehr gut geholfen werden. 13 Anzeige Selbsttest zu entzündlichem Rheuma: Selbsttest zu degenerativem Rheuma – Arthrose: 1. Haben Sie zwei oder mehr Gelenkschwellungen an Ihren Fingergrundoder Fingermittelgelenken bzw. Zehengrund- oder Zehenmittelgelenken? 2. Leiden sie unter Gelenkschmerzen seit mehr als 6 Wochen, die nicht von einer Verletzung herrühren? 3. Sind Ihre Hände morgens so steif, dass Sie länger als eine Stunde Probleme haben, eine Faust zu machen? 4. Verstärken sich Ihre Gelenkschmerzen, wenn Sie sich bewegen? 5. Haben Sie Schmerzen beim Stufensteigen bzw. Treppabgehen? 6. Können Sie in Gelenknähe oder Knochenvorsprüngen unter der Haut liegende Knötchen ertasten? 7. Haben Sie Beschwerden in Gelenkregionen auf beiden Körperseiten (beide Hände, beide Schultergelenke, beide Fußgelenke etc.) schon über einen Zeitraum von sechs Wochen? 8. Hat Sie in der letzten Zeit einmal ein Arzt nach einer Blutuntersuchung darauf hingewiesen, dass Ihre Entzündungswerte im Blut erhöht sind? 9. Haben Sie Schmerzen beim Händedruck? 10. Leiden ein Elternteil oder nahe Verwandte an entzündlichem Rheuma (Veranlagung als Ursache)? 1. Sind Sie älter als 40 Jahre? 2. Sind Sie übergewichtig? 3. Sind in Ihrer Familie Fälle mit Gelenkerkrankungen oder Fehlhaltungen oder Arthrose bekannt? 4. Haben Sie einen Beruf, wo sie oft schwer tragen müssen, oder hauptsächlich kniende Tätigkeiten ausführen? 5. Bewegen Sie sich täglich weniger als 30 Minuten? 6. Leiden Sie unter „Anlaufschmerzen“, Druckschmerzen oder plötzlichem Bewegungsausfall? 7. Haben Sie das Gefühl, Ihre Gelenke reiben bei Bewegung aneinander, oder „krachen“? 8. Schmerzen die Knie- oder Hüftgelenke bei den ersten Schritten und „gehen sie sich dann ein”? 9. Treten Ihre Beschwerden auch in Ruhephasen – sprich keine Bewegung – auf? 10. Hatten Sie bereits Gelenkverstauchungen oder Prellungen? Wenn Sie mehr als drei Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, sollten Sie umgehend einen Spezialisten (Rheumatologen) aufsuchen. KAPITEL 1 z r e m h c S ’ lass ch! na wärmend bei chronischen und älteren Verletzungen des Bewegungsapparates sowie rheumatischen Beschwerden Wenn Sie Frage 1 mit „Ja“ beantworten oder bei den restlichen Fragen mehr als drei mit „Ja“ beantwortet haben, sollten Sie umgehend einen Spezialisten - Rheumatologen aufsuchen. 14 Über Wirkung und mögliche unerwünschte Wirkungen informieren Gebrauchsinformation, Arzt oder Apotheker. 15 KAPITEL 2 Stress – bewirkt eine Schwächung des Immunsystems – oder hormonelle Komponenten sein. Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis) Was ist RA oder CP und wen betrifft es? toider Arthritis. Jährlich gibt es zwischen 2.400 und 4.800 Neuerkrankungen. Rheumatoide Arthritis (Abk. RA) oder auch chronische Polyarthitis (Abk. CP) ist eine oftmals schubweise verlaufende, entzündliche Erkrankung des Binde-, Stütz- und Muskelgewebes mit Hauptmanifestation an der Gelenkinnenhaut und an gelenknahen Strukturen (z.B. Schleimbeutel). Gibt es einen Auslöser, der für RA verantwortlich gemacht werden kann? Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste und bekannteste der entzündlichrheumatischen Erkrankungen und betrifft Frauen dreimal häufiger als Männer mit einem Altersgipfel im 40. Lebensjahr. Speziell in Österreich leiden rund 70.000 bis 80.000 Menschen an rheuma16 Die Mediziner können nach bisherigem Erkenntnisstand keinen einzelnen Auslöser für den Ausbruch von RA verantwortlich machen. Bei vorhandener erblicher Veranlagung und unter Einwirkung von äußeren Faktoren führt das Zusammenspiel mehrerer Faktoren zu einer Fehlleistung des Immun- oder Abwehrsystem. Das heißt, das Immunsystem richtet sich gegen den eigenen Körper, in diesem Fall gegen das Gelenkgewebe. Äußere Faktoren können Man gelangte in den letzten Jahren zu der Erkenntnis, dass in Tiermodellen Retroviren am Ausbruch der Erkrankung beteiligt sein dürften. Allerdings gibt es hier beim Menschen noch keine beweisenden Untersuchungsergebnisse, so dass eine ursächliche Behandlung derzeit noch nicht existiert. Was passiert bei der RA? Normalerweise produziert die Gelenkinnenhaut (= Synovialis oder Membran) die Gelenkschmiere, die für reibungsarme Bewegungen des Gelenks verantwortlich ist und das Knorpelgewebe versorgt. Bei RA kommt es durch das überschießende Immunsystem zu einer Entzündung dieser Gelenkinnenhaut. Schlüsselrolle in dieser Entzündungskaskade spielen die so genannten pro-inflammatorischen (entzündungsfördernden) Zytokine. Sie sind Proteine und Botenstoffe, die im Immunsystem die körpereigene Abwehr steigern und Entzündungen verstärken oder verursachen. Zu den bekanntesten pro-inflammatorischen Zytokinen gehört beispielsweise TNF-alpha (TumorNekrose-Faktor alpha), Interleukin-1 oder Interleukin-6. Unter dem Einfluss dieser pro-inflammatorischen Zytokine kommt es eben zu dieser erhöhten Produktion von veränderter Gelenkschmiere. Daraus resultieren schmerzhafte Schwellungen, aber auch Überwärmungen der Gelenke und unter Umständen eine Ergussbildung (Wasser in den Gelenken). Später wächst die Gelenkinnenhaut wie ein gutartiger Tumor in das Gelenk hinein. Knorpelgewebe und auch der darunter liegende Knochen werden angegriffen, und das Gelenk verformt sich. Woran merke ich, dass ich RA habe? Die RA zeigt sich individuell unterschiedlich, sie kann plötzlich ausbrechen oder sich schleichend durch unspezifischere Symptome ankündigen. Am häufigsten ist die klassische Verlaufsform: • uncharakteristische Vorboten wie Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, starkes Schwitzen, erhöhte Temperatur und Abgeschlagenheit • Gelenkschmerzen oder -schwellungen, die länger als 6 Wochen anhalten • erste Gelenkbeschwerden, wovon zunächst meist symmetrisch beide Handgelenke sowie die Fingergrundund -mittelgelenke betroffen sind, später auch größere Gelenke • Schwellung, Überwärmung und Druckschmerzhaftigkeit mehrerer Gelenke • schmerzhafte Bewegungseinschränkungen • Ruheschmerz und Nachtschmerz • Besserung der Schmerzen bei Bewegung 17 KAPITEL 2 • Morgensteifigkeit, die das tägliche Anziehen und Waschen erschweren. Symptome verschwindet je nach Schwere und Aktivität der Erkrankung im Laufe des Tages. • Auftreten von Rheumaknoten – derbe Knötchen unter der Haut, oft an der Streckseite der Ellbogengelenke. Was passiert, wenn keine Therapie eingeleitet wird? Wenn das fehlgesteuerte Immunsystem nicht eingebremst wird, schreitet die Zerstörung unaufhaltsam voran. Entzündungen bilden sich teilweise nach Wochen zurück, um dann schubweise wieder aufzutreten und dabei die Gelenkstrukturen zu ruinieren. Da es sich bei der rheumatoiden Arthritis um eine Systemerkrankung handelt, ist bei längerer Krankheitsdauer auch ein entzündlicher Befall innerer Organe möglich, wie zum Beispiel an den Gefäßen, Herz, Niere, Leber und Lunge. Die Krankheit birgt per se ein gesteigertes Infektionsrisiko. Ebenso steigt in der Statistik bei einer unbehandelten RA die Wahrscheinlichkeit, an Lymphdrüsenkrebs zu erkranken. Mit fortschreitender Jeder Patient mit RA hat seine eigene Krankheit und seine eigene Geschichte. 18 Gelenkzerstörung kann die Krankheit durch Gelenkversteifungen und Gelenkdeformitäten bis zur Invalidität führen. Was kann einen Schub auslösen, und wie sieht er typischerweise aus? Einhellige Meinung herrscht darüber, dass psychische Aspekte oft eine Rolle spielen. Stress, Sorgen und ungelöste Probleme können das Immunsystem schwächen. Für einen an RA Erkrankten kann dies einen neuen Schub bedeuten. Bemerkbar für den Betroffenen macht sich ein Schub an der Zunahme an Gelenkschmerzen und -schwellungen, Abgeschlagenheit und deutlich stärkeren Bewegungs- und/ oder Ruheschmerzen. Was zeigen meine Befunde? Laborbefunde allein liefern leider keinen eindeutig gesicherten Beweis für das Vorliegen einer RA. Ergänzend zum klinischen Befund (= Schmerzen des Patienten und Schwellungen der Gelenke) sind sie aber oft bestätigend. Weiters sind sie bei vorliegender Diagnose nützlich, um die Aktivität der Krankheit zu beurteilen. Die Blutwerte zeigen bei einer Entzündung häufig erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit und ein erhöhtes Creaktives Protein (CRP). Der Wert der Blutsenkung und des CRP gibt jedoch lediglich an, dass eine Entzündung im Körper vorliegt, enthält aber keinerlei Aussage darüber, ob es sich um eine Entzündung der Gelenke handelt. Was sind Rheumafaktoren? Rheumafaktoren (RF) sind Abwehrstoffe, die sich an die eigenen Immunglobuline (= Antikörper) binden, die also gegen ihresgleichen gerichtet sind. Sie werden im Blut oder in der Gelenkflüssigkeit nachgewiesen. Der Rheumafaktor kann den ärztlichen Verdacht über das Vorliegen einer RA bestätigen, ist jedoch alleine noch nicht beweisend für eine Rheumaerkrankung. Er kann zum Beispiel auch manchmal bei alten Menschen in bester Gesundheit gefunden werden. Der Rheumafaktor ist ein Baustein, der neben den vom Patienten geäußerten Beschwerden und dem Ergebnis der körperlichen Untersuchung durch die Ärztin für die Diagnose wichtig ist. Bei einer gesicherten RA-Diagnose gibt die Menge des RF im Blut im Verlauf der Erkrankung eine Auskunft über die Aggressivität der RA. Bei bis zu 85 Prozent der Patienten mit rheumatoider Arthritis werden im Laufe der Erkrankung im Blutserum Rheumafaktoren nachgewiesen. Der Arzt kann sich hier aber auch nicht eindeutig auf diesen Faktor zum Nachweis einer RA verlassen. Es gibt auch Patientinnen mit RA, die keinen RF haben (Rheumafaktor negativ). Der Umkehrschluss ist in keinem Fall zulässig: Wer diesen Faktor im Blut hat, muss nicht zwangsläufig an Rheuma erkranken. Bis zu 20 Prozent der gesunden alten Menschen weisen einen erhöhten Rheumafaktor auf. Auch die modernste Labormethode zur Diagnoseabsicherung, der CCP-Test (Test zum Nachweis der Antikörper gegen Cyclisches Citrulliniertes Protein) ist schon sehr aussagekräftig für das Vorliegen einer RA. Bei Bestehen klinischer Beschwerden des Patienten ohne eindeutigen Blutbefund bedarf es weiterer Schritte, um eine eindeutige Diagnose zu stellen (siehe „Welche Bedeutung haben bildgebende Verfahren?“ und „Welche Untersuchungen sind zur Abklärung notwendig?“). Welche Bedeutung haben bildgebende Verfahren? Im Röntgen können die für die RA typischen Veränderungen nachgewiesen und der Zustand der Gelenke sichtbar gemacht werden. Es sind dies gelenknahe Erosionen (= Defekte im Bereich der Knorpel-Knochen-Grenze) zu Beginn der Erkrankung. Im Spätstadium sehen die im Gelenkbereich aufgerauten Knochen wie zusammengewachsen aus. Mittels Röntgen können jedoch nur bereits vorhandene irreparable Zerstörungen nachgewiesen werden. Bei Frühformen einer RA und (noch) unauffälligem Röntgen ist der Einsatz einer MRT (Magnetresonanz-Tomographie oder 19 KAPITEL 2 Kernspintomografie) sinnvoll. Mittels MRT gelingt es, ohne Strahlenbelastung aktive Gelenkentzündungen frühzeitig zu erkennen, noch bevor schwerwiegende Zerstörungen an Knorpel oder Knochen eingetreten sind. Zu diesem Zwecke wird Kontrastmittel injiziert. Nachteil dieses Diagnoseinstruments ist, dass mitunter auch jene Entzündungen als massiv dargestellt werden, die der Körper allein reguliert und durch die es nie zu einer Gelenkschädigung kommen wird. Vorteil eines hochauflösenden Ultraschalls (Gelenkultraschall) ist einerseits das Fehlen jeglicher Strahlenbelastung und andererseits, dass die Beobachtung in Bewegung gemacht werden kann. Es können hier mit Hilfe des Schalls Entzündungen der Gelenkinnenhaut (Synovitis) aufgespürt, nachgewiesen und betroffene Bereiche genau lokalisiert werden. Ultraschalluntersuchungen kommen besonders bei Hand- und Fingergelenken, aber auch bei Vorfuß-, Fußwurzel- und Schultergelenken zum Einsatz. Welche Untersuchungen sind zur Abklärung notwendig? Einmal mehr kommt hier der Anamnese entscheidende Bedeutung zu. Die Schilderungen des Patienten lassen einen praktischen Arzt ja erst vermuten, dass es sich womöglich um RA handelt, (diehe „Woran merke ich, dass ich RA 20 habe?“). Zur Diagnosesicherung stehen Röntgen und Laboruntersuchungen zur Verfügung, durch die der Arzt seinen Verdacht erhärten kann. Wenn die Befunde vorliegen und der Verdacht bestätigt wurde, sollte der Patient unbedingt zur Beratung und optimalen Therapieeinstellung einen Rheumatologen aufsuchen. Was geschieht, wenn nach den ersten Befunden keine eindeutige Aussage über das Vorliegen einer RA getroffen werden kann? In einem Großteil der Fälle kann man nach den ersten Blutuntersuchungen und dem klassischen Röntgen keine Aussage treffen, ob der Patient an einer RA leidet. Es müssen weitere Untersuchungen gemacht werden. Zu diesen aussagekräftigeren Untersuchungen zählen das MRT mit Kontrastmittel und/oder der hochauflösende Gelenkultraschall. So ein Patient mit klinischen Beschwerden, aber ohne definitivem Befund beim Rheumatologen vorstellig wird, kann dieser aufgrund seiner speziellen Ausbildung auch weitere Fakten abklären und so die Bestätigung für eine rheumatologische Erkrankung liefern, wie zum Beispiel: 1. Morgensteifigkeit der Gelenke, die länger anhaltend als 30 Minuten ist, 2. Kompressions-, (Druck-)schmerz der Fingergrundgelenke und 3. mindestens ein geschwollenes Gelenk. Der Facharzt ist speziell darauf geschult, diese sehr individuellen Faktoren wie zum Beispiel Schwellungen (bei jedem Rheumapatienten tritt beispielsweise eine andere Art der Schwellung zu Tage), Funktionsbeeinträchtigungen, Hautveränderungen etc. zu bewerten. Welche Ziele verfolgt eine Therapie von RA? Ganz klar stehen die Schmerzlinderung und die Beseitigung der Entzündung an erster Stelle. Die abschwellenden Rheumaschmerzmittel (NSAR, nichtsteroidale Antirheumatika) sind dabei sehr wirksam. Der Rheumatologe wird unmittelbar nach Diagnosestellung versuchen, mit Hilfe eines so genannten Basistherapeutikums die Entzündung und das fehlgesteuerte Immunsystem in den Griff zu bekommen. Dazu ist eine monatelange Einnahme von Medikamenten aus der Gruppe der Basistherapeutika notwendig. Am häufigsten kommt hier der Wirkstoff Methotrexat (MTX) zum Einsatz. Die Wirkung des Basistherapeutikums tritt oft erst nach 2–3 Monaten ein, wobei nicht alle Patienten auf die Basistherapie gleich ansprechen. In der Regel tritt bei 40% der Betroffenen eine 50%ige Besserung der Entzündungsreaktion ein. In 15% der Fälle kann sogar von einer gänzlichen Remission (Wegfall der Krankheitssymptome) gesprochen werden. Aufgrund des verzögerten Wirkeintritts schlägt der Rheumatologe oft vor, das körpereigene Nebennierenhormon Kortison für die Zeit der Überbrückung bis zum Wirkeintritt der Basistherapie einzusetzen. Bei gleichzeitiger Einnahme von Kortison mit einem NSAR muss in jedem Fall ein Magenschutzpräparat gegeben werden, um das Risiko für Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre zu senken. Obwohl viele Patienten die Kortisonmedikamente zuerst zögerlich betrachten, ist die Wirkung vor allem. bei ausgeprägten Gelenkschwellungen doch meist so befreiend, dass der Betroffene die Präparate gerne einige Wochen einnimmt. So es mit der Basistherapie nicht zum gewünschten Erfolg – also zu einem Aufhalten der Entzündung – kommt, kann auf ein anderes Basistherapeutikum umgestiegen oder ein zweites dazugegeben werden (Kombinationstherapie). Eine weitere viel versprechende Option bieten die so genannten Biologika, allen voran die TNF-alpha-Blocker. Sie kommen zum Einsatz, wenn die Behandlungsmöglichkeiten mit herkömmlichen, chemischen Basistherapeutika oder der Kombination von Basistherapeutika nicht erfolgreich sind. Die Biologika wirken aber auch am besten in Kombination mit herkömmlichen Basistherapeutika. Innerhalb von wenigen Wochen weiß man, ob die gewünschte Wirkung eintritt. Sollte dies nicht der Fall sein, besteht die Möglichkeit, noch einen anderen TNF-alpha-Blocker zu 21 KAPITEL 2 probieren oder auf ein anderes Wirkprinzip zu wechseln. Wird die Entzündung dauerhaft nicht reduziert oder gestoppt, stehen dem Rheumatologen noch drei ganz moderne immuntherapeutische Konzepte zur Verfügung: 1. Hemmung der B-Zellen mittels der Substanz Rituximab. 2. Der Einsatz der Substanz Abatacept, welche die Aktivierung von TZellen bremst und so die zerstörende Immunreaktion an den Gelenken hemmt. 3. Ab 2009 wird es eine dritte Substanz geben, die so genannte Interleukin-6-Rezeptorblocker. Dies ist ein interessanter Ansatz, der ein rasches Ansprechen der Therapie verspricht. Allerdings gibt es noch keine Langzeitstudien. Langfristig gesehen sollte es zu einer dauerhaften Stabilisierung der erreichten Erfolge, also dem Eindämmen der Gelenkzerstörung durch Herabsetzen der Entzündungsparameter und Schmerzfreiheit kommen (siehe Kapitel 6). Was ist entscheidend für eine erfolgreiche Therapie? Der Behandlungserfolg ist abhängig vom Behandlungsbeginn: Ein optimales Behandlungsergebnis ist bei Frühtherapie schon 12–16 Wochen 22 nach Krankheitsbeginn zu erwarten. Die Entwicklung der Erkrankung hängt von der Mitwirkung des Patienten ab, sprich konsequente Einnahme der Medikamente, regelmäßige Kontrolltermine beim Facharzt, Einhaltung der vereinbarten physiotherapeutischen und ergotherapeutischen Maßnahmen. Welche Zusatzbehandlungen gibt es? Bei der Schmerzbehandlung gibt es die Möglichkeit der Thermotherapie, Homöopathie, verhaltenstherapeutische Maßnahmen, Traditionelle Chinesische Medizin, Heilgymnastik, Ultraschall, Elektrotherapie im Niederfrequenzbereich und Akupunktur. Bewegungsstörungen können effektiv mit Heilgymnastik und Ergotherapie gebessert werden. Eine Kräftigung der Muskulatur wird mit Physiotherapie und gezielter Heilgymnastik erzielt. Massagen tragen zur Steigerung der Durchblutung und Muskelentspannung bei, denn Patienten mit RA leiden nicht selten an massiven Muskelverspannungen. Nichtmedikamentöse Therapie macht vor allem im Schmerzbereich immer dann Sinn, wenn der Patient sein subjektives Wohlbefinden und seine Lebensqualität steigern kann. Grundsätzlich sollte bei dieser Erkrankung die Anwendung von starker Wärme oder der Aufenthalt in zu heißem Wasser (über 32° C) vermieden werden. Besonders im akuten Schub sind Kryotherapien (Kryo = Kälte) empfehlenswert, so es subjektiv vom Patienten als angenehm empfunden wird. Vorsicht! Bei einem akuten Schub sind Heilgymnastik und Elektrotherapie kontraindiziert. Eine weitere Möglichkeit bietet der Gelenkersatz mittels Metall, Keramik oder Polyäthylen. Bei einer Endoprothese werden Gelenkkopf und/oder die Gelenkpfanne ersetzt. Die Eingriffe sind in fast allen Gelenken möglich. Welche Hilfen gibt es für den Alltag? Wenn alltägliche Tätigkeiten, wie das Halten einer Kaffeeschale, das Schneiden von Brot oder das Zuknöpfen des Hemdes unmöglich werden, gibt es Hilfsmittel im gut sortierten Fachhandel. Finger- und Handhalterungsschalen können ebenso helfen, wie die so genannten Knopfloch- und Schwanenhalsschienen oder Metacarpalspangen. Spezielle Messer (Griff ist 90 Grad von der Klinge weggebogen) und Flaschenöffner erweisen ebenfalls gute Dienste. Wann ist welche Operation unumgänglich? Operationen werden dann durchgeführt, wenn andere Therapieformen nicht den erwarteten Erfolg bringen. Tipps für den Alltag: Tragen Sie Lasten mit Rucksack => gleichmäßige Verteilung. Vermeiden Sie Erschütterungen der Gelenke (vibrierende Geräte, Schütteln der Gelenke). Überschreiten Sie nicht Ihre Belastungsgrenzen, muten Sie sich nicht zu viel zu. Unterstützen Sie Ihr Handgelenk bei belastenden Tätigkeiten. Achten Sie öfter mal auf Ihre Haltung beim Sitzen und Stehen. Bei einer Synovektomie – eine gelenkerhaltende Therapiemaßnahme – wird die entzündete Gelenkinnenhaut durch Ausschälung des betroffenen Gelenks operativ entfernt. Innerhalb einiger Wochen wächst die Gelenkinnenhaut wieder nach (Regenerat). 23 KAPITEL 3 Durch chronische Entzündungsprozesse der kleinen Wirbelkörpergelenke kommt es zu knöchernen Verwachsungen und Umbildungen der Wirbelsäule im Laufe der Jahre. Wer ist vor allem betroffen? Morbus Bechterew Woher kommt der Name, und ist es eine Zivilisationskrankheit? „Morbus“ kommt aus dem lateinischen und heißt Erkrankung. „Bechterew“ ist der Name eines aus Moskau stammenden Neurologen, der die Erkrankung zwar nicht als Erster beschrieb, aber um 1890 eine recht detaillierte Beschreibung der Krankheit veröffentlichte. Der genaue medizinische Begriff ist Spondylitis ankylosans; Abkürzung: SpA. (Bedeutung: -itis steht immer für Entzündung, Spondyl = Wirbelsäule, ankylosans = versteifend). International ist der Begriff „ankylosing spondylitis“, Abkürzung: AS gebräuchlich. 24 Bereits vor 4.000 Jahren soll – so sind sich Historiker sicher – Mb. Bechterew sein Unwesen getrieben haben. Sogar der Pharao Ramses II. soll schon an der Erkrankung gelitten haben. Also keine Rede von Zivilisationskrankheit. Was genau passiert bei dieser Erkrankung? Mb. Bechterew ist eine Erkrankung, die mit einer chronischen Entzündung hauptsächlich im Bereich der Wirbelsäule (Achsenskelett) und den Beckenschaufelgelenken einhergeht und in den schwersten Fällen bis zur Versteifung führen kann. Es ist eine Autoimmunerkrankung, wobei sich das Abwehrsystem gegen den eigenen Körper richtet. Die ersten Symptome treten im Schnitt im 23. Lebensjahr auf. Diagnostiziert wird die Erkrankung also hauptsächlich zwischen dem 15. (!) und 40. Lebensjahr. Österreichweit sind rund 50.000 Menschen von Mb. Bechterew betroffen (0,8% der Gesamtbevölkerung), wobei die Meinungen divergieren, ob eine signifikante Häufung der Fälle beim männlichen Geschlecht auftritt. Fürsprecher meinen, dass die Krankheit Männer bis zu drei Mal häufiger als Frauen trifft, Gegner dieser Theorie erklären, dass es nur bei Frauen viel schlechter diagnostiziert wird. Vererbung – einziger Grund? Das Erbmerkmal HLA-B27 kommt an der Zelloberfläche von 90% der Patienten mit Mb. Bechterew vor, während es nur bei 7–10% aller Gesunden zu finden ist. Das HLA-System ist wie ein genetischer Fingerabdruck, entstanden aus der Kombination der väterlichen und der mütterlichen Gene. Jedoch kann man nicht von einer Verursachung des Mb. Bechterew durch das HLA-B27 sprechen, sondern nur von einer verstärkten Wahrscheinlichkeit dieser Diagnose, wenn entsprechende Schmerzsymptome und das angeborene HLA-B27 vorliegen. Das heißt, es muss ein Mensch, der dieses Gen trägt, nicht notwendigerweise an Mb. Bechterew erkranken, denn, wie oben erwähnt, haben rund 10% der „Nicht Erkrankten“ diesen HLAMarker in sich – (vergleiche: nur 0,8% der Bevölkerung erkranken an Mb. Bechterew). Wann bricht die Krankheit aus? Es gibt unbewiesene Theorien, die besagen, dass mitentscheidend für den Ausbruch der Erkrankung eine Infektion im Darm oder in den Harnwegen ist. Die Keime, wie zum Beispiel Chlamydien, Yersinien, Salmonellen, können nicht an der Stelle, wo die Entzündung auftritt, von der örtlichen Abwehr ausreichend bekämpft werden. Es kommt nicht zur Eliminierung des Erregers. In weiterer Folge kommt es zur Fehlsteuerung des Immunsystems und zur Entzündung der kleinen Wirbelgelenke. Woran erkenne ich, ob ich Mb. Bechterew habe? Nächtlich weckende tief sitzende Kreuzschmerzen, morgendliche Steifigkeit in der Wirbelsäule, Sehnenansatzschmerzen (rund um die Fersen, am Sitzbein), Brustkorbschmerzen, Rippenschmerzen, Schwellung großer Gelenke (Knie), stärkere Hüftschmerzen in der Leiste, Vorkommen des Mb. Bechterew in der Verwandtschaft. 25 KAPITEL 3 Wie sieht der Verlauf von Mb. Bechterew aus? Ihren Ausgangspunkt hat die Erkrankung meist im Sacroiliakalgelenk, das ist der Bereich zwischen dem Kreuz- und dem Darmbein, daher auch der tief sitzende Kreuzschmerz. Oft strahlen die Schmerzen in der Folge in die Gesäßbacken und in die Beine aus – was oft zu einer trügerischen Fehldeutung führt, es handle sich um einen Hexenschuss. Langsam kommt es zu einer Abflachung der unteren Wirbelsäule (Lendenwirbelsäule), die weitere „Verknöcherung“ nimmt dann an der gesamten Wirbelsäule ihren Verlauf. Sollte spätestens in diesem Stadium keine adäquate Therapie begonnen werden, kann dies Im Schnitt wird erst acht Jahre nach den ersten Symptomen, die für Morbus Bechterew sprechen, die richtige Diagnose gestellt! Oft ist dann unwiederbringliche Zeit für die Erhaltung der Funktion und der Lebensqualität verstrichen. 26 zu einer völligen Versteifung der Wirbelsäule führen, die mit einer starken Halsvorneigung einhergeht. Ein Buckel bildet sich aus, da sich die Brustwirbelsäule verstärkt krümmt. Der Betroffene kann schwer noch geradeaus blicken. Im Stadium der Spangenbildung im Bereich der Wirbelsäule und der damit verbundenen eingeschränkten Beweglichkeit ist die Knochendichte des Achsenskeletts nahezu immer vermindert (Osteoporose), was mitunter zu einer erhöhten Gefahr von Wirbelkörperbrüchen führt. Die Erkrankung verläuft typischerweise in Schüben. Möglich sind auch Schmerzen an Sehnen- und Muskelansatzstellen, wie z.B. dem Ansatz der Achillessehne am Fersenbein. Diese Stelle reagiert vor allem auf Druck schmerzempfindlich. Mb. Bechterew – heißt das, ich bekomme automatisch einen Buckel? Nein, natürlich nicht. Alles entscheidend ist auch bei dieser Erkrankung die frühzeitige Diagnosestellung ebenso wie der frühzeitige Therapiebeginn, abgestimmt auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Einzelnen. Diese ausgeprägte Form verbunden mit starker Verformung und kompletter Versteifung der Wirbelsäule kommt nur bei etwa 10–20% der Erkrankten vor. Können andere Organe auch betroffen sein? Am häufigsten (bis zu 50% der an Mb. Bechterew-Erkrankten) konnte man eine Entzündung der Regenbogenhaut im Auge beobachten, was zu einer Einschränkung der Sehkraft führt. Auch der Befall von Gliedmaßengelenken – meist die Hüft- und/oder Kniegelenke – kann mit der Erkrankung einhergehen. Tragisch ist dies, da es sich oft auch um sehr junge Menschen handelt, die dann oftmals einen Hüftgelenkersatz benötigen. In seltenen Fällen konnten Herzrhythmusstörungen beobachtet werden. Wie erfolgt eine Diagnose? Anamnese (Befragung durch den Arzt): Sie soll vor allem Aufschluss über schon bestehende Mb. Bechterew-Erkrankungen in der Familie und die Frühsignale (Morgensteifigkeit, tief sitzender Rückenschmerz etc.) geben soll. Klinische Untersuchung: Der spezialisierte Arzt – Rheumatologe – kann die Verminderung der Flexibilität im Bereich der Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule mit gezielter Technik gut visualisieren. Zum Beispiel die Drehungen in der Wirbelsäule sind oft schon zu Beginn der Erkrankung eingeschränkt. Auch die genaue Schmerzlokalisation kann Aufschluss über das Vorliegen von Mb. Bechterew geben. Laboruntersuchung: Mittels Blutsenkungsgeschwindigkeit und CRP-Wert kann ein erhöhter Entzündungswert im Falle des akuten Stadiums von Mb. Bechterew festgestellt werden. Bei 90% der Betroffenen kann dann auch das Merkmal HLA-B27 nachgewiesen werden (nur einmal im Leben sinnvoll, da angeboren). Ein Rheumafaktor ist nicht nachweisbar. Röntgenuntersuchung: Hier können vor allem in einem späteren Stadium Röntgenbilder der Wirbelsäule und der Kreuzdarmbeingelenke aufschlussreich für das Vorliegen der Mb. BechterewErkrankung sein. Verknöcherungen können jedoch nur eine Darstellung der bereits erfolgten Schädigungen geben. Sollte der Facharzt den Verdacht auf eine Mb. Bechterew-Erkrankung haben, die Röntgenbefunde diesen aber nicht erhärten, kann er ein MRT oder CT anordnen. Diese Schnittbildtechniken können schon in früheren Stadien der Erkrankung Veränderungen zeigen. Wie wird richtig behandelt? Welche Behandlungen in Kombination zum Tragen kommen, ist im Wesentlichen davon abhängig, in welchem Stadium der Erkrankung sich der Betroffene befindet. Gerade beim Mb. Bechterew aber ist das sinnvolle Ineinandergreifen von medikamentösen und nichtmedikamentösen Therapieoptionen äußerst wichtig. Generell ist es oberstes Ziel der Therapie, den Entzündungsprozess und die Schmerzen zu bekämpfen und die Wirbelsäulenbeweglichkeit so gut wie möglich zu erhalten. 27 KAPITEL 3 Wie sinnvoll ist Gymnastik? Das tägliche Trainieren stellt ein Muss in der erfolgreichen Therapie dar und sollte so gut wie möglich in den Alltag integriert werden. Gerade in Phasen hoher Krankheitsaktivität gehört enorm viel Selbstdisziplin dazu, sich täglich aufzuraffen. Es hat sich gezeigt, dass Übungen am effektivsten helfen, die dem Einzelnen auch Spaß machen, denn nur dann werden sie regelmäßig gemacht. Die Übungen müssen auf die Bewegungseinschränkungen Rücksicht nehmen. Auch sollen Fehlbelastungen durch falsches Eintrainieren von Übungen vermieden werden. Zuständig ist dafür ein speziell geschulter Physiotherapeut, der in regelmäßigen Abständen die Gymnastik kontrollieren muss. Ziel ist es, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu erhalten oder sogar zu verbessern. Günstige Sportarten für Mb. Bechterew-Patienten: Schwimmen, spazieren gehen, Skilanglauf, Nordic Walking Wie sieht die medikamentöse Therapie aus? An erster Stelle gilt es die Schmerzen zu lindern. Mittel der Wahl sind NSAR (kortisonfreie = nichtsteroidale Antirheumatika). Sie verhindern damit die 28 schmerzbedingte Schonhaltung und machen Krankengymnastik oft erst möglich. Bei akuten Schüben ist Kortison – vom Arzt direkt in den Gelenkspalt gespritzt – angezeigt. Es wirkt vor allem lokal gut entzündungshemmend. Sind auch Gliedmaßengelenke betroffen, so hat sich eine Therapie mit Basistherapeutika, also langfristig krankheitsmodifizierenden Medikamenten als sinnvoll erwiesen. Ob eine Basistherapie mit konventionellen synthetischen Medikamenten auch beim Morbus Bechterew ohne periphere Gelenkbeteiligung hilfreich ist, ist nach heutigem Wissenstand zweifelhaft. Beim Mb. Bechterew sind die Erfahrungen mit einer Basistherapie nicht so langjährig wie bei der rheumatoiden Arthritis. Der Versuch einer Basistherapie sollte aber immer dann gestartet werden, wenn die Entzündung der peripheren Gelenke (außerhalb der Wirbelsäule) durch die oben genannten Maßnahmen nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Bleibt die Krankheitsaktivität trotz Ausschöpfung aller erwähnten Behandlungsarten hoch, dann stehen heute mit den TNF-alpha-Blockern (Tumornekrosefaktor-alpha-Blocker) stark entzündungshemmende Medikamente zur Verfügung. Neuere Studien belegen, dass ein großer Teil der Patienten mit Mb. Bechterew durch die Verabreichung dieser Substanzen zu einer herausragenden Verbesserung von Schmerzen, Beweglichkeit, Entzündungszeichen und Lebensqualität gelangt. Es ist jedoch nicht eindeutig geklärt, ob die fortschreitende Versteifung der Wirbelsäule endgültig gestoppt werden kann. Eine ursächliche – also die Krankheit völlig beendende Therapie gibt es bei der Mb. Bechterew-Erkrankung nicht. (siehe dazu ausführlich Kapitel 6) Welche Vorteile bringt ein Rehab-Aufenthalt? Die Anwendung von physikalischer Therapie, Wärmetherapie (auch in Form der Heilstollentherapie) bringt den Mb. Bechterew-Patienten oftmals über Monate auch noch nach der Kur Erleichterung. Lokale Wärme- oder Kälteanwendungen, aber auch Massagen können die Befindlichkeit der Patienten verbessern. Massagen wirken sich muskelentspannend aus. Das ist insbesondere vor der Krankengymnastik angewendet sinnvoll, da die Muskulatur dann gelockert ist. In den Sonderkrankenanstalten für Rehabilitation wird den Patientinnen die Bechterew-Gymnastik ganz hervorragend gelehrt. Gibt es zusätzliche Behandlungsmöglichkeiten? • Tai-Chi und Qi Gong sind fließend ausgeführte Bewegungsübungen, die zum Sammeln und Harmonisieren von Energie dienen. Die Übungen sind geeignet, da keine ruckartigen Bewegungen und die Kombination aus innerer Ruhe, Atemübungen und Bewegung gerade bei dieser Erkran- kung ideal sind. • Homöopathie • Neuraltherapie • Traditionelle Chinesische Medizin Was ist Radiumchlorid? Seit 1948 steht den Medizinern dieser Wirkstoff als mögliche Alternative zur Verfügung. Er wurde schon in den 60er Jahren als Thorium X intravenös gespritzt und ist eine radioaktive Substanz, ein Alpha-Strahler. Diese hat bei vielen Patienten zu einer anhaltenden wesentlichen Verbesserung der Schmerzsymptomatik des Mb. Bechterew bei angeblich akzeptabler Strahlenbelastung geführt. Derzeit kann man diese Therapie wegen der vierfach erhöhten Rate an tödlichen akuten Leukämien nicht empfehlen. Operation – immer sinnvoll? Bei stark eingeschränkter Beweglichkeit kann dem Patienten mit einer Operation geholfen werden. Bei einer Synovektomie wird beispielsweise die Gelenkinnenhaut entfernt. Bei fortgeschrittener Erkrankung kann das versteifte Gelenk durch ein künstliches ersetzt werden – dies geschieht meist im Hüftgelenk. Bei ausgeprägten Verkrümmungen der Wirbelsäule nach vorne kann diese operativ aufgerichtet und die damit verbundenen Gesichtsfeldeinschränkungen verbessert werden. Sollte eine Operation ins Auge gefasst werden, ist es immer sinnvoll, eine zweite Meinung einzuholen. 29 KAPITEL 4 Wie äußert sich die Krankheit? Oft zeigt sich einige Jahre nach der Entstehung einer Psoriasis auch eine schmerzhafte entzündliche Veränderung der Gelenke. Bei zirka jedem zehnten Betroffenen stellt sich der Hautbefall erst nach der Gelenkerkrankung ein. Meist treten Haut- und Gelenkprobleme jedoch gemeinsam auf (bei 10 bis 20 Prozent der Patienten). Psoriasis-Arthritis Was ist eine PsoriasisArthritis? Eine Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) ist eine chronische Hauterkrankung, die sich durch Schuppung der Haut in ausgedehnten entzündlichen Herden am ganzen Körper oder nur in bestimmten Regionen äußert. Tritt eine Schuppenflechte gemeinsam mit Gelenkentzündungen auf, dann spricht man von einer Psoriasis-Arthritis (PsA). In Österreich leiden rund 80.000 bis 240.000 Menschen an einer Schuppenflechte, davon erkranken 10–20% auch an schmerzhaften Gelenkentzündungen. 30 Männer und Frauen sind dabei gleich häufig betroffen, meist beginnen die Beschwerden zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr. Was sind die Ursachen für Psoriasis-Arthritis? Bei der Psoriasis-Arthritis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, d.h. das Immunsystem bekämpft körpereigenes Gewebe als Fremdkörper. Bei genetischer Veranlagung kann es durch äußere Auslöser – wie etwa Umwelteinflüsse oder auch durch Viren bzw. Bakterien, welche die Herde der Schuppenflechte besiedeln – zu diesem Fehlverhalten des Immunsystems kommen. Welche Körperteile sind hauptsächlich betroffen? Am Erkrankungsprozess sind Gelenke, Knochen sowie teilweise auch der Sehnenapparat des Skeletts in unterschiedlicher Ausprägung beteiligt. Am häufigsten zeigt sich die Psoriasis-Arthritis an den kleinen Gelenken von Händen und Zehen. Wenn die Psoriasis-Arthritis nicht rechtzeitig behandelt wird, kann es ähnlich wie bei anderen rheumatischen Gelenkerkrankungen zu einer Zerstörung von Gelenkstrukturen kommen. Welche Symptome sind typisch für die PsA? • Strahlenförmige Entzündung aller Glieder (z.B. in einem Finger oder einer Zehe). Der betroffene Körperteil ist von der Hand bzw. vom Zehenrand bis in die Spitze wurstförmig geschwollen, rot und verursacht starke Schmerzen. • Sehr häufig sind die Mittel- bis Endgelenke betroffen (Daktylitis) – im Vergleich zu anderen Formen des entzündlichen Rheuma, wo körpernähere Gelenke befallen sind. • Entzündung des Sehnenansatzes, die sich in einer ausgeprägten Schwellung zeigt. • kann auch die Wirbelsäule betreffen, vor allem das untere Rückendrittel. Dort liegen die so genannten Ileosakralgelenke, also die Gelenkverbindungen zwischen Becken und Kreuzbein, die häufig beeinträchtigt sind. Die Betroffenen klagen über Schmerzen in den Gesäßbacken. • Ein Zehen- oder Fingernagelbefall ist ebenfalls ein wesentliches Merkmal für die Psoriasis-Arthritis. So zeigt sich auf den Nägeln oft ein stecknadelkopfgroßes Grübchen. Der Nagel kann sich vom Nagelbett abheben. Charakteristisch sind auch so genannte „Ölflecke“: Innerhalb der Nagelplatte bilden sich weißlich bis gelblich glänzende, scharf begrenzte rundlich bis ovale Inseln. • Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis ist die Gelenkbeteiligung bei der Psoriasis-Arthritis oft asymmetrisch, d.h. es sind auf der rechten oder auf der linken Körperhälfte unterschiedliche Gelenkregionen befallen. Wie sieht der Verlauf der Erkrankung aus? Die Erkrankung verläuft in der Regel schubweise. Es kommt zu schmerzhaf31 KAPITEL 4 ten Gelenkentzündungen, wobei sich die Schmerzen auf die arthritischen Gelenke beschränken. Woran erkenne ich Psoriasis-Arthritis bei meinem Kind? Im Kindesalter zeigt eine Psoriasis-Arthritis kein einheitliches Krankheitsbild. Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder häufig um das zweite bzw. fünfte Lebensjahr erkranken. Die kleinen Patienten leiden häufig an einer Schwellung bzw. Entzündung der Finger- oder Zehengelenke. Die Kinder belasten das betroffene Gelenk weniger, wollen getragen werden oder greifen auffällig. Bei älteren Kindern zeigen sich Entzündungen der Sehnenansätze oder auch der Wirbelsäulengelenke, die sich durch Schmerzen in der Lendenwirbelsäule äußern können. Auch Fieber, das über einen längeren Zeitraum mit oder ohne Hautentzündungen auftritt, oder eine rheumatische Entzündung der Regenbogenhaut am Auge können die ersten Anzeichen sein. Dies kann aber nur ein Augenarzt diagnostizieren. Die Behandlung erfolgt mit denselben Basismedikamenten wie bei Erwachsenen, am häufigsten mit Methotrexat. Bei der Mehrheit der Kinder lässt sich die Krankheit in den Griff bekommen, so dass sie ein normales Leben führen können (siehe Kapitel 6). 32 Wie stellt der Arzt die Diagnose? Der Arzt beurteilt das Krankheitsbild nach • dem Befallmuster der Gelenke • der Ausprägung des Erkrankung • dem Erscheinungsbild der Haut • dem Verlauf • möglichen anderen Begleiterscheinungen. Bei der Psoriasis-Arthritis ist es wichtig, die Erkrankung von anderen rheumatischen Krankheitsbildern, wie beispielsweise der rheumatoiden Arthritis oder dem Morbus Bechterew abzugrenzen. Nicht immer zeigt die Haut an bestimmten Körperstellen Psoriasisbefall und weisen Zehen oder Finger bestimmte Merkmale der Veränderung auf (siehe „Welche Symptome sind typisch für die PsA?“) – dann wird eine eindeutige Diagnose schwierig. Häufig leiden Patienten an ausgeprägten Arthrosen sowie an der Hauterkrankung Psoriasis vulgaris. Dabei kommt es bei Aktivierung der Arthrose auch zu Schwellung und Rötung der betroffenen Gelenke. Hier ist besonders im Frühstadium der Erkrankung die Differentialdiagnose zur Psoriasis-Arthritis manchmal schwierig, aber durch den erfahrenen Rheumatologen gewährleistet. Welche Laboruntersuchungen gibt es bei der Erkrankung? Eine Blutuntersuchung kann hilfreich sein, auch wenn es keine eindeutigen Marker, aber doch Hinweise für die Erkrankung gibt. Bei der Psoriasis-Arthritis kann es zu schweren Entzündungsreaktionen kommen, die sich mit Hilfe einer Laboruntersuchung – veränderte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) – oftmals nachweisen lassen. Neben Entzündungszeichen wird dabei auch der Rheumafaktor bestimmt, der in aller Regel negativ (nicht nachweisbar) ist – im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis. Gelegentlich können bei der Psoriasis-Arthritis auch leicht erhöhte Harnsäurespiegel auftreten. Welche bildgebenden Verfahren helfen bei der Diagnose? Das Skelettröntgen ist ein wesentliches bildgebendes Verfahren, sowohl an den Gelenken als auch an der Wirbelsäule. Häufig sind ausgewiesene Veränderungen asymmetrisch und zeigen Usuren (= lochartige Substanzdefekte) oder Proliferationen (= knöcherne Anlagerungen). Im Bereich von Sehnenansätzen bei der Hüfte (Trochanter), der Kniescheibe (Patella) und des Fersenbeines sind Verknöcherungen und Kalkeinlagerungen möglich. In sehr fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung entstehen groteske Verformungen am Knochen. Gelegentlich wird auch der gezielte Ultraschall oder die Magnetresonanz- tomographie (MRT) zur Diagnostik eingesetzt. Insbesondere bietet sich das MRT als wertvolles Hilfsmittel zur früheren Differenzierung eines erosiven, zu einem nicht erosiven Verlauf der Arthritis an. Der großflächigen Anwendung des MRT bei der frühen Diagnostik stehen jedoch noch Vorbehalte bei der Indikationsstellung wegen der hohen Kosten dieser Diagnostik entgegen. In Zweifelsfällen kann zur Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen auch eine Untersuchung der Gelenkflüssigkeit sinnvoll sein. Das Gelenk wird dabei unter sterilen Bedingungen punktiert. Wie wird die Erkrankung grundsätzlich behandelt? Die Gabe von Medikamenten – und hier insbesondere einer „Basistherapie“ – ist die wichtige therapeutischste Maßnahme. Darüber hinaus stellt die Physiotherapie (siehe Kapitel 7) eine weitere additive Behandlungsform dar. Sie stärkt die Muskulatur, entlastet die Gelenke und hilft dem Betroffenen, richtige Bewegungsmuster einzulernen. Gelegentlich ist ein operativer Eingriff nötig. Mit welchen Medikamenten geht man gegen diese Erkrankung vor? Medikamente aus der Substanzgruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika lindern wirksam Schmerzen, den Ver33 Anzeige lauf der Psoriasis-Arthritis können sie aber nicht beeinflussen. Antirheumatika werden eingesetzt, insbesondere wenn die Erkrankung sehr milde ausgeprägt ist. Bei Schüben der Psoriasis-Arthritis kann Kortison verabreicht werden. Therapeutisch werden so genannte immunmodulierende Substanzen eingesetzt, insbesonders Methotrexat, mit dessen Hilfe man gute Erfolge erzielen kann. Salazopyrin und Leflunomid gehören ebenfalls zu den nicht spezifischen immunmodulierenden Wirkstoffen, diese sind sowohl in den Gelenken sehr wirksam als auch teilweise an der Haut. Eine wichtige Rolle in der Behandlung spielen die hochwirksamen Biologika. Dazu zählen die TNF-alpha-Blocker (Tumor Nekrose Faktor Alpha). TNFalpha ist eine körpereigene Substanz, die neben vielen anderen Mechanismen an der Entstehung von entzündlichen Prozessen beteiligt ist – sowohl in den Gelenken als auch auf der Haut. TNF-alpha-Blocker – dazu gehören die Substanzen Adalimumab, Etanercept, Infliximab – beeinflussen den Krankheitsverlauf, indem sie der Entzündung und der Gelenkzerstörung entgegenwirken. Bevor es zur Anwendung kommt, muss jegliche Infektion wie etwa Tuberkulose oder HIV ausgeschlossen werden. Je nach Verträglichkeit und Entwicklung der Erkrankung kann – aber nur nach ausdrücklicher Rücksprache mit dem Arzt – eine Einnahmepause eingelegt werden. 34 Wer erhält Biologika? Der Einsatz von Biologika ist derzeit vor allem aus Kostengründen erst möglich, wenn vorher ein bestimmtes Stufenschema der konventionellen Therapie eingehalten wird – zum Beispiel Methotrexat oder Leflunomid. Falls diese Standardtherapie nicht adäquat hilft, nicht vertragen wird bzw. starke Nebenwirkungen zur Folge hat, kommen TNF-alpha-Blocker zum Einsatz. Gibt es bestimmte Begleiterkrankungen zur Psoriasis-Arthritis? ... Arthri-Verlan® damit Bewegung Freude macht Bei rheumatoider Arthritis, Arthrose und vorbeugend zum Erhalt der gesunden Gelenke und Knorpel. Es stellt sich zunehmend heraus, dass bestimmte Erkrankungen besonders häufig bei Personen mit Psoriasis-Arthritis auftreten. Dazu zählen beispielsweise Stoffwechselerkrankungen wie erhöhte Blutfettwerte, Diabetes, starkes Übergewicht, erhöhte Harnwerte, aber auch Depressionen. Die Ursachen dafür sind noch nicht restlos geklärt: Bekommen Psoriatiker manche Erkrankungen aufgrund des Umstandes, dass sie an einer chronischen Krankheit leiden? Oder ist die Neigung zu bestimmten Krankheitsbildern genetisch bedingt? Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen sowie bewusste Ernährung, der Verzicht auf die Zigarette sowie gezielte Bewegung (siehe Physiotherapie) können das Wohlbefinden positiv beeinflussen. Nur in Ihrer Apotheke. KAPITEL 5 Schwellungen im Bereich der betroffenen Gelenke. Mit der Zeit kann es zu Gelenkverformungen und damit zu einer nicht mehr rückbildungsfähigen Funktionseinschränkung kommen. Im Gegensatz zu den entzündlichen Gelenkleiden (Arthritis) liegt bei der Arthrose eine fortschreitende – primär nicht entzündliche – Abnutzungserkrankung vor. Auch ein Trauma (Unfall, Verletzung) kann die Entstehung von Arthrose begünstigen („Welche Risikofaktoren begünstigen eine Arthrose?“). Arthrose Wer ist in Österreich hauptsächlich von Arthrose betroffen? Zwei Millionen Österreicherinnen und Österreicher sind im Lauf ihres Lebens von Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates betroffen. Rund 1,4 Millionen Menschen leiden hierzulande an degenerativen rheumatischen Gelenkerkrankungen (Arthrose). In der Regel sind mehr Frauen als Männer betroffen. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr, je nach Ursache mitunter auch schon früher (z.B. nach einem Unfall oder einer Verletzung). 36 Welche Gelenke sind hauptsächlich betroffen? Wie entsteht Arthrose? Arthrosen sind chronische Gelenkerkrankungen, die aufgrund von Veränderungen des Gelenkknorpels und des darunter liegenden Knochengewebes entstehen. Die Ursachen sind Umbauprozesse im Knorpelgewebe und im gelenknahen Knochengewebe. Dabei kommt es zu einer Störung des Gleichgewichts im Knorpelstoffwechsel, wobei der Abbau von Knorpelsubstanz überwiegt. Den Verlust von Knorpelgewebe kann der Körper nicht mehr wettmachen. Die Betroffenen leiden unter Schmerzen, Muskelverspannungen, Bewegungseinschränkungen und vereinzelt auch unter • Knie- und Hüftgelenke. Diese Gelenke sind sehr belastet, da sie einen großen Teil des Körpergewichts tragen müssen. Die verminderte Beweglichkeit und Belastbarkeit infolge einer Arthrose ändert die Haltung und den Gang, womit Schmerzen und weitere degenerative Veränderungen wie z.B. der Wirbel säule die Folge sein können. Unterschiedlich stark ausgeprägte Verschleißerscheinungen im Hüftgelenk können schon bei Personen in einem Alter zwischen 30 und 40 Jahren festgestellt werden. • Auch die Arthrose der kleinen Fingergelenke (Polyarthrose), die vor allem die Fingerendgelenke (Heberdenarthrose), Fingermittelgelenke (Bouchardarthrose) sowie die Daumensattelgelenke (Rhizarthro- se) betrifft, kommt sehr häufig vor. Welche Risikofaktoren begünstigen eine Arthrose? • Einer der stärksten Risikofaktoren für Arthrose ist das Alter: Fast jeder Zweite über 70-Jährige hat Abnutzungserscheinungen der Gelenke, die sich unterschiedlich stark mit Schmerzen bemerkbar machen können. • Genetik: Es gibt Familien, bei denen die Erkrankung häufiger auftritt. Ursache dafür dürften arthrosespezifische Gene sein. • Starkes Übergewicht belastet die Gelenke und fördert auch die Entstehung von Abnutzungserscheinungen. Vor allem die Kniegelenke, in geringerem Ausmaß auch die Hüftgelenke, aber auch die Gelenke von Händen und Fingern sind bei fettleibigen Menschen betroffen. • Fehlstellungen: Gelenke, die von Geburt fehlgestellt sind (X-Beine, O-Beine) bzw. Personen, die Verletzungen (wie unbehandelte Meniskusschäden!) erlitten haben, neigen besonders zur Entwicklung einer Arthrose. Durch ein UltraschallScreening von Neugeborenen kann eine Fehlstellung der Hüfte festgestellt und bereits früh behandelt werden – zum Beispiel durch breites Wickeln oder eine so genannte Spreizhose. Jedenfalls sollten Knieoder Hüftschmerzen von Kindern und Jugendlichen ernst genommen 37 KAPITEL 5 und behandelt werden. So hat beispielsweise kaum ein Mensch gleich lange Beine. Das Resultat: An der Hüfte des längeren Beines werden Abnützungen begünstigt. Schuheinlagen beziehungsweise eine entsprechende Erhöhung der Schuhsohle können helfen. • Zu wenig Bewegung: Körperlich aktive Menschen erkranken weniger und wenn, dann erst später an Arthrose als Bewegungsmuffel. Bewegung führt zu einer ausreichend ausgebildeten Muskulatur, welche die Gelenkregion gut „polstert“ und bestehende Defizite von Seiten einer Arthrose kompensieren kann. • Stoffwechselstörungen wie Gicht oder Eisenspeicherkrankheit können Gelenke schädigen. • Überbelastung: Jahrelange schwere körperliche Arbeit – wie etwa lange Tätigkeiten im Stehen mit zusätzlichem Anheben von schweren Gewichten (schaufeln, hacken etc.) oder eine hohe Belastung bestimmter Gelenke bzw. Gelenkregionen (z.B. Kniescheiben bei Fließenlegern) – kann Arthrose fördern. • Auch bei Extremsportlern können die Gelenke in Mitleidenschaft gezogen werden: Fußballer leiden häufiger an einer Arthrose der Knie, der Hüfte oder auch der Knöchelgelenke, Radsportler an Veränderungen der Knieschieben bzw. der Kniegelenke, Balletttänzer an Arthrose in den Sprunggelenken. 38 Wie sieht der typische Verlauf aus? Der Verlauf ist variabel, üblicherweise aber langsam fortschreitend. Vom Erscheinungsbild her unterscheidet man das klinisch stumme Stadium (Arthrose im Röntgenbild ohne Beschwerden), das chronische Stadium (leichte bis starke Schmerzen bei verschiedenen Belastungsniveaus) und das Stadium der akuten (bzw. aktivierten) Arthrose mit Gelenkschwellung, Überwärmung, Ergüssen und Schmerzen, die fast zur Bewegungsunfähigkeit des Gelenks führen. Welcher Schmerz ist typisch für meine Erkrankung? Typisch ist der Startschmerz zu Beginn einer Bewegung, der dann nach wenigen Schritten nachlässt. Es kann aber auch zu einem Belastungsschmerz kommen, der sich etwa bei längeren Gehstrecken oder beim Treppabsteigen äußert. Im Ruhezustand oder im Schlaf tritt der Schmerz selten auf. Mit der Zeit kann es zu Gelenkverformungen mit Ergüssen und Rötungen kommen. Die betroffenen Gelenke sind hart und knöchern, oft knotig verändert, aufgetrieben und „knirschen, reiben oder knacksen“ bei bestimmten Bewegungen. Eine Berührung des Gelenks schmerzt, und es lässt sich nur eingeschränkt bewegen. Welche Untersuchungen sind zur Abklärung von Arthrose notwendig? Die Untersuchung von Bewegungseinschränkungen, der Funktion und der Bandstabilität, Schmerztests, der Gelenkkontur und auch das Abklären von Fehlstellungen (z.B. der Beine) ergeben einen ersten Verdacht. Wichtig ist auch, wann und bei welchen Tätigkeiten der Schmerz auftritt. Mit welchen bildgebenden Verfahren lässt sich Arthrose erkennen? • Mit Hilfe einer Röntgenuntersuchung lassen sich unter anderem Veränderungen wie Gelenkspaltverschmälerung, Defekte und Zerstörung von Gelenkknorpel und Knochen, Verhärtung von Gewebe sowie Zystenbildung feststellen. Der Grad der Schmerzen ist nicht vom Ausmaß der Abnützungen abhängig. Es können schwere Veränderungen auf dem Röntgenbild sichtbar sein, und der Patient hat aber nur wenig Schmerzen. Andere leiden sehr, obwohl das Röntgen nur Anfangsstadien der Erkrankung zeigt. • Bei Auftreten einer Gelenkschwellung wird mit einer Punktion Gelenkflüssigkeit entnommenen und im Labor untersucht. Die Gelenkpunktion nimmt die schmerzhafte Spannung vom Gelenk, und es ist möglich, verschiedene Gelenker- krankungen voneinander abzugrenzen (bakterielle Infektionen, Kristallablagerungserkrankung, u.a.). • Bei Unklarheiten wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Der Ultraschall eignet sich zur Beurteilung von Sehnen, Muskeln, Schleimbeutelentzündungen, Zysten und Gelenkergüssen. Zur Beurteilung des Knorpels hat sich das MRI (Magnetic Resonance Imaging, ein bildgebendes Verfahren zur Darstellung der Gewebestrukturen im Körperinneren) bewährt. Auch bei Knochennekrosen (Absterben von Knochengewebe), die ähnliche Beschwerden wie Arthrosen verursachen können, führt die Kernspintomographie früher als das Röntgenbild zum diagnostischen Beweis. Welche Laborwerte deuten auf eine Arthrose hin? Laborbefunde, die Arthrose beweisen, gibt es noch nicht. Es sollen aber laborchemisch Arthrose verursachende Erkrankungen bzw. Erkrankungen, die sich ähnlich wie Arthrose präsentieren können, ausgeschlossen werden. • Rheumafaktor: ist normal • Blutsenkungsgeschwindigkeit: ist normal oder nur leicht erhöht • Anti-CCP: sind negativ. Anti-CCP sind Antikörper gegen cyklische citrullinierte Peptide, sie werden zur 39 KAPITEL 5 Diagnose des Frühstadiums einer rheumatoiden Arthritis verwendet. • Harnsäure: ist normal. Wie wird die Erkrankung grundsätzlich behandelt? Bei der Arthrosetherapie geht es darum, Beschwerden zu lindern und ein Forschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Wichtige Maßnahmen sind ausreichende Bewegung ohne Überlastung, der Schutz vor Gelenkverletzungen, die Verhinderung bzw. der Abbau von Übergewicht sowie eine medikamentöse Therapie. Meist wird eine Behandlung aber nicht im Frühstadium begonnen, sondern erst dann, wenn die Arthrose bereits Entgegen der weit verbreiteten Meinung sollten die Gelenke bei Arthrose nicht ruhiggestellt werden. merkliche Schmerzen verursacht hat und eine deutliche Gelenkveränderung stattgefunden hat. Trotz des Gelenkverschleißes soll dann mit Hilfe der Therapie die Belastbarkeit und Beweglichkeit des Gelenks noch für möglichst lange Zeit erhalten bleiben. Sind die Zerstörungen zu groß und die Schmerzen unerträglich, bleibt nur noch der Ersatz des Gelenks (siehe Kapitel 7). Was versteht man unter nicht medikamentösen Maßnahmen? Physikalische Maßnahmen wie Wärme und Mechanik (dazu zählen die Sporttherapie, die Krankengymnastik, Ergotherapie und Massagen) sowie Elektrotherapie sollten die Erkrankung in ihrer langen Dauer immer begleiten. Die Krankengymnastik bedient sich Hilfsmitteln wie Gummibändern, Bällen bis hin zu aufwendigen Geräten, die gezielt bei Bewegungseinschränkungen, Muskelverkürzungen und -schwächen zum Einsatz kommen. Besonders hilfreich und wirksam ist auch die Behandlung im Wasser (Aquatraining). Spezielle Hilfsmittel im Alltag unterstützen die Gelenke und verzögern das Fortschreiten der Erkrankung. Eventuell können Schienen, festes Schuhwerk oder die Verwendung eines Stockes die Gelenke entlasten. 40 Wie verläuft die medikamentöse Behandlung? Ein wesentliches Ziel der medikamentösen Therapie ist in einem ersten Schritt die Schmerzlinderung. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: • Rheumasalben: Sie sind zur lokalen Anwendung als entzündungshemmende Salben bzw. Gels erhältlich. Salbenverbände haben den Vorteil, dass der Wirkstoff nicht so schnell in der Haut verschwindet, sondern ein ausreichend großer Anteil als „Nachschub“ auf der Haut verbleibt. Grob geschätzt lässt sich der Schmerz bei ungefähr der Hälfte der Patienten mit äußerlich aufgetragenen Substanzen besonders im Anfangsstadium der Erkrankung sehr gut behandeln. Schmerzmittel können zwar die der Erkrankung zugrunde liegende Schädigung des Knorpels nicht beeinflussen, aber erst durch weitgehende Schmerzfreiheit ist es möglich, Bewegungstherapie durchzuführen – und Bewegung wiederum ist erforderlich, um den Knorpelstoffwechsel zu verbessern. • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR): Diese Antirheumatika wirken im Unterschied zu anderen Schmerzmitteln nicht zentral im Gehirn, sondern im beteiligten Gewebe. Sie blockieren dort Gewebshormone (Prostaglandine), die den Schmerz weiterleiten. Neben der schmerzlindernden besteht auch eine entzündungshemmende Wirkung, die u.a. Schwellungen lindert. NSAR werden nicht von allen Patienten vertragen, und deshalb sollten sie nur nach Absprache mit dem Arzt eingenommen werden. • Kortison: Ist die Gelenkinnenhaut eines einzelnen Gelenks stark krankhaft verändert bzw. entwickelt sich ein entzündlicher Verlauf, so kann über einen kurzen Zeitraum Kortison gezielt ins Gelenk gespritzt werden. Es wirkt stark entzündungshemmend. • Diacerein beeinflusst Botenstoffe der Entzündung (wie z.B. Interleukin-1, Interleukin-6 und Tumor-Nekrose-Faktor alpha) und kann dadurch schwach schmerzlindernd wirken. • Ein krankes Gelenk kann keine Hyaluronsäue mehr produzieren, die den Abrieb von Knorpelsubstanz reduziert. In der Praxis ist die Gabe von Hyaluronsäure direkt ins Kniegelenk in Form von Spritzen möglich, und man erhofft eine schmerzlindernde Wirkung. • Knorpelschutzsubstanzen oder Aufbaupräparate: Dies sind Substanzen, die den Knorpelabbau bremsen sollen, wie Glucosamin (sulfat), Chondroitinsulfat. 41 KAPITEL 5 Wie soll beispielsweise die knorpelschützende Substanz Chondroitinsulfat wirken? Chondroitinsulfat ist ein körpereigener Stoff, der beim gesunden Menschen in ausreichenden Mengen vorhanden ist. Seine wichtigste Funktion ist die Bindung von Wasser im Knorpel. Bei einem arthrotisch-degenerativ veränderten Knorpel beobachtet man eine Abnahme des Chondroitinsulfatgehaltes. Demzufolge geht das Wasserbindungsvermögen verloren, und eine Degeneration (= Abnützung) des Knorpels schreitet voran. Der Knorpel nützt sich ab, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen sind die Folge. Durch die Gabe von Chondroitinsulfat (in Tablettenform, täglich eine) soll das Stoffwechselgleichgewicht der Gelenkknorpel wiederhergestellt und ein Fortschreiten der Erkrankung verzögert werden. Mittels einer über drei bis sechs Monate verordneten „Gelenkskur“ versucht man dem weiteren Knorpelabbau Einhalt zu gebieten. Ob diese Substanz tatsächlich die strukturmodifizierenden und schmerzlindernden Wirkungen entfaltet, muss wissenschaftlich weiter untersucht werden. Wann wird eine Arthroskopie durchgeführt? Die Arthroskopie ist eine spezielle 42 endoskopische Untersuchung von Gelenken. Dabei führt man ein Arthroskop (ähnlich einer kleinen Kamera) durch einen kleinen Hautschnitt in einen Gelenkraum ein. Auf diese Weise kann der Arzt direkt die Gelenkstrukturen betrachten. Diese Maßnahme wird vor allem bei der Untersuchung und Behandlung von Knie-, Sprung- und Schultergelenk eingesetzt. Meistens werden Arthoskopien eingesetzt, um zeitgleich mit der Diagnostik auch Operationen zur Gelenksanierung durchzuführen. Gegenüber den offenen chirurgischen Verfahren besitzt die minimal-invasive Chirurgie den Vorteil der geringeren Belastung für den Organismus, geringerer Schmerzen nach der Operation, kürzerer Heilungszeiten und einer schnelleren Wiedereingliederung in die Alltagsaktivitäten. Bei starken Beschwerden und Behinderungen kann ein künstliches Gelenk Erleichterung schaffen und die Beweglichkeit wiederherstellen. Auch nach einem Eingriff bleiben die richtige Physiotherapie und Bewegung Voraussetzungen dafür, die Funktion des Kunstgelenks zu gewährleisten. Was ist nach der Operation zu beachten? Im Allgemeinen beginnt die Mobilisation schon am Tag nach der Operation. Dazu gehören Bewegungsübungen und leichte Gymnastik unter Anleitung. Diese Übungen sind sehr wichtig und senken unter anderem das Risiko für eine Thrombose. Später folgt intensive Krankengymnastik, um den Muskelaufbau zu fördern und die Beweglichkeit zu verbessern. Ein spezielles Bewegungsprogramm sollte dann täglich durchgeführt werden. Promotion Initiative gesunde Gelenke – Nehmen Sie Ihre Gesundheit selbst in die Hand! Was passiert bei einer Abrasion? 1995 wurde die „Initiative gesunde Gelenke“ ins Leben gerufen. Es ist eine Plattform für Patienten und Experten, die über degenerative Gelenkserkrankungen, vor allem die Arthrose, aufklären möchte. Mit dem Begriff Abrasion (von lat. abrasio = Abkratzung) wird in der orthopädischen Medizin ein Verfahren bezeichnet, mit dem organisches Material, z.B. Knochen, mechanisch abgetragen wird. Eine Anwendungsform ist die Abrasionsarthroplastik, mit deren Hilfe die Regeneration von körpereigenem Knorpel angeregt werden soll. Dies ist jedoch nicht bewiesen. Ihre Aufgabe sieht die Initiative darin, verschiedene Diagnosen und Therapiemöglichkeiten patientengerecht zu erklären. Wann sollte man eine OP eventuell mit Gelenkersatz erwägen? An den Bedürfnissen der Arthrose-Patienten ausgerichtet Im Detail sieht das so aus: Informationen erhalten Interessierte in einem persönlichen Gespräch über die Infohotline der „Initiative gesunde Gelenke“. Dort können sie individuelle Fragen stellen und eine breite Palette an Unterlagen, wie Broschüren, aber auch Materialien wie Trainingsbälle für die Finger anfordern. Weiters stehen gemeinsam mit Experten erarbeitete Poster zur Verfügung, worauf gelenkschonende Übungen zum Nachmachen für zu Hause dargestellt sind. Auf der Internetseite von „Initiative gesunde Gelenke“ können neben Informationen zur Erkrankung alle Termine der nächsten Veranstaltungen in ganz Österreich abgerufen werden. Außerdem sind Foren eingerichtet, wo Gleichgesinnte Tipps für Wanderungen, Rezepte und vieles mehr austauschen können. Nehmen Sie ihre Gesundheit jetzt in die Hand und werden Sie aktiv. Denn wesentlich ist: Bleiben Sie mobil – trotz Arthrose. Initiative gesunde Gelenke, Postfach 40, 1082 Wien, Hotline Arthrose: Di & Do 9–14 Uhr, 0664/826 01 80. www.gesundegelenke.at KAPITEL 6 Medikamentöse Behandlung Welche Medikamente gibt es zur Behandlung von Entzündungsrheuma? Zu den Arzneimitteln, die primär ent-zündungshemmend und schmerzstillend wirken, zählt die große Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR = kortisonfreie Rheumaschmerzmittel). Im Gegensatz dazu sind jene entzündungshemmenden Rheumaarzneien, die das körpereigene Hormon Kortison enthalten, zu erwähnen. Beide Medikamentengruppen entfalten eine rasche Wirkung. Sie wirken jedoch nur gegen die Krankheitszei- Schmerzbekämpfung und Entzündungshemmung Bekämpfung der Gelenkschwellung Bekämpfung der radiologischen Veränderung (Gelenkdeformation) NSAR Ja Ja Nein Kortison Ja Ja Nein (im Frühstadium Ja)* Klassische Basistherapeutika Ja Ja Ja Biologika Ja Ja Ja chen, wie beispielsweise Schmerz und Schwellung, beeinflussen aber den längeren Krankheitsverlauf nicht. Umso wichtiger ist der Einsatz von so genannten Basistherapeutika oder auch DMARDs, die zumeist als Dauermedikation verabreicht werden. Sie können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, die aktive Entzündung über einen längeren Zeitraum zum Stillstand bringen und somit eine Erhaltung der Gelenkfunktion sicherstellen. Zu der Gruppe der Basistherapien gehören auch die zu guter Letzt seit 1999 am Markt befindlichen so genannten Biologika, allen voran die TNF-alphaBlocker. Was heißt Basistherapie oder DMARD (Disease modifying antirheumatic Drugs)? Basistherapeutika sind Medikamente, die bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zu einer Verbesserung der Gelenksymptomatik und zu einer Verminderung bzw. im Idealfall zum Stopp der Gelenkzerstörung führen. Der englische Begriff „Disease modifying antirheumatic Drugs“, also krankheitsbeeinflussendes Medikament, trifft den Effekt der Substanz damit wohl schon eher. Folgende Wirkstoffe zählen zu den Basistherapeutika und finden in Österreich häufige Anwendung: Sulfasalazin, Hydroxychloroquin, Lefunomid, Methotrexat. Letzteres ist das am häufigsten eingesetzte Präparat in der Gruppe der Basistherapeutika. Die Dosierung ist üblicherweise 1-mal pro Woche bis zu 30 mg entweder als Tablette oder als Spritze unter die Haut. Was tun Basistherapeutika? Sie greifen in die Kaskade der überschießenden Reaktion des Immunsystems ein. Sie „dämpfen“ oder normalisieren diese „überschießende“ Antwort des Immunsystems, daher in dem Zusammenhang auch der Begriff der Immunmodulation. Das führt zu einer Verringerung der entzündlichen Reaktionen in den Gelenken, wodurch Gelenkschwellungen und -zerstörung verhindern werden sollen. Die Wirkung der Substanz zeigt sich oft erst nach einigen Monaten, soll aber nach längerer Einnahme zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden bis hin zur Beschwerdefreiheit und im Idealfall zu einem Stillstand der Erkrankung führen. Basistherapeutika haben eine Langzeitwirkung auf den Krankheitsverlauf, indem sie die fortschreitende Zerstörung der Knorpel und Knochen verhindern oder zumindest verzögen. Sie müssen regelmäßig eingenommen werden und dürfen nur nach Absprache mit dem Arzt abgesetzt werden. Im klinischen Alltag konnte bis dato jedoch nur vereinzelt ein völliges Absetzen dieser Basistherapeutika erzielt werden, viel eher kann bei gutem Therapieansprechen des Patienten die Dosis reduziert oder die Intervalle der Verabreichungen verlängert werden. * keine Indikation für Langzeittherapie 44 45 KAPITEL 6 Gibt es Nebenwirkungen von Basistherapeutika? Wie bei allen Medikamenten können selbstverständlich vereinzelt Nebenwirkungen auftreten, und deshalb muss von Beginn an eine kontinuierliche Kontrolle durch den behandelnden Arzt erfolgen – (anfangs alle 4–6 Wochen, danach in 2–3-monatigem Abstand). So können frühzeitig, oft nicht sichtbare Nebenwirkungen rasch und zielgerichtet behandelt werden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind: Übelkeit, Durchfall, leichter Haarausfall, Nieren- und Leberfunktionsstörungen. Die Medikamente können weiters das Erbgut in den Keimzellen schädigen. Daher raten Ärzte, eine Schwangerschaft erst mehrere Monate nach dem Abschluss der Behandlung in Betracht zu ziehen. Wann kommen Basistherapeutika zum Einsatz? Bei rheumatoider Arthritis, PsoriasisArthritis, bei ankylosierender Spondylarthritis mit Gelenkschwellungen und zum Teil bei Kollagenosen. NSAR – die Allrounder unter den Schmerzmitteln: Was können sie? NSAR – nicht-steroidaleAntirheumatika – sind klassische Schmerzmittel. Sie wirken entzündungshemmend und schmerzstillend. Der komplexe Name besagt nichts anderes, als dass es sich 46 um Substanzen handelt, die nichts mit Kortison zu tun haben (= nichtsteroidal). Diese Präparate sind alle mit Aspirin im weitesten Sinne verwandt. Sie hemmen die Bildung von Schmerzbotenstoffen, der Prostaglandine (= hormonähnliche Substanzen, welche die Empfindsamkeit der Schmerzrezeptoren steigern). Die Wirkung von NSAR tritt oft schon innerhalb von Stunden ein. Die Wirkdauer beträgt in der Regel zwischen zwei und vier Stunden. Je nach Bedarf kann bis zu einer festgesetzten Maximaldosierung die Einnahme erhöht werden. Sie können als Tablette, Zäpfchen oder Spritze verabreicht werden. Auch Präparate in Retardform sind erhältlich. Ihre Wirkung setzt sozusagen mit Zeitverzögerung ein. Häufig verordnete Substanzklassen: Dexibuprofen, Lornoxicam, Diclofenac und viele andere. Die Wahl des geeigneten Mittels sollte in jedem Fall mit dem behandelnden Arzt abgestimmt werden. Gibt es Nebenwirkungen von NSAR? Je länger die Behandlungsdauer und je höher die Dosis der Einnahme, umso eher können unerwünschte Effekte auftreten. Vor allem die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts wird zur Zielscheibe dieser Nebenwirkungen. Schätzungen gehen davon aus, dass bei einer längeren Anwendung diese Medikamente bei etwa 10% der Patienten ein Magengeschwür oder Zwölffingerdarmgeschwür ausbilden, von dem sie zumeist nicht das Geringste spüren. Der Vorteil der Schmerzlinderung wird hier zum Nachteil, denn die jetzt entstandenen Magenprobleme werden durch die „Dämpfung des Schmerzempfindens“ nicht wahrgenommen. Neben den Schädigungen im Bereich des MagenDarm-Trakts können NSAR vor allem bei älteren Patienten die Nierenfunktion beeinträchtigen und zu einer Wasseransammlung in den Beinen (Ödeme) oder zu einem hohen Blutdruck führen. Was ist bei der Einnahme von NSAR zu beachten? Es ist darauf zu achten, dass NSARPräparate nicht auf nüchternen Magen eingenommen werden. Alkohol sollte nicht konsumiert werden, vor allem nicht gemeinsam mit den NSAR. Besonders gefährdet sind Patienten, • die älter als 65 Jahre sind, • die in ihrer Vergangenheit bereits einmal ein Magengeschwür oder Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus) hatten oder • die neben den NSAR zusätzlich Kortison erhalten oder • die blutverdünnende Medikamente einnehmen. Wurde auch ein Aspirin gleichzeitig mit einem NSAR verordnet, sollte Aspirin immer 2 Stunden vor dem NSAR eingenommen werden. Periodische Blutkontrollen, in Bezug auf Leberund Nierenwerte, sind wesentlich. Die Einnahme zweier verschiedener NSAR erhöht das Risiko der Nebenwirkungen massiv. Wechselwirkungen mit Präparaten, welche die Blutgerinnung hemmen sollen oder den Blutzucker senken, sind nicht selten und daher mit dem behandelnden Arzt zu besprechen. Was heißt Magenschutz im Zusammenhang mit NSAR? Da das Angreifen der Magenschleimhaut zu einer der wesentlichen Nebenwirkungen der NSAR gehört, sollte insbesondere bei den vorhin beschriebenen Risikopatienten eine „Magenschutztherapie“ zum Einsatz kommen. Bereits seit einigen Jahren werden erfolgreich neben den Rheuma-Schmerzmitteln solche Medikamente verordnet, die den empfindlichen Magen abschirmen sollen. Zwei Wirkprinzipien stehen dabei zur Verfügung: • Protonenpumpenblocker (PPI): sie reduzieren die Magensäure und verhindern so, dass es zu Defekten an der Magenwand kommt. • Prostaglandine: sie schützen die Magenschleimhaut. COX-2 Hemmer – klingt kompliziert? Diese Substanzgruppe steht dafür, dass sie zwar die Wirkung, nicht jedoch die unerwünschten Nebenwirkungen der NSAR im Bereich des Magen-Darm47 KAPITEL 6 Trakts haben. Die verbesserte MagenDarm-Verträglichkeit dieser COXIBE beruht auf der unterschiedlichen Hemmung der beiden Cyclooxygenase-Enzyme (COX-1 und COX-2), die Anfang der 90er Jahre entdeckt wurden. Wie die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) hemmen auch die COXIBE die Bildung der körpereigenen Schmerzbotenstoffe Prostaglandine (dies erfolgt über eine COX-2-Hemmung). COX-2 wird vor allem bei Entzündungsprozessen im geschädigten Gewebe aktiviert. COX-1, für den Schutz der Magenschleimhaut vor Magensäure verantwortlich, wird allerdings nicht gehemmt. COXIBE lassen also die Wirksamkeit des schützenden COX-1Enzyms unberührt, unterdrücken jedoch gezielt die Funktion des Enzyms COX-2. Gibt es Nebenwirkungen bei COX-2 Hemmern? Leider sind auch selektive COX-2Hemmer nicht völlig frei von der Möglichkeit von Nebenwirkungen. Aufgrund des Wirkprinzips kann die Rate an gefährlichen Magen- und Darm-Nebenwirkungen von kortisonfreien Antirheumatika deutlich gesenkt werden. Wie bei allen anderen NSAR ist allerdings bei bekannter Herz- oder Nierenerkrankung besondere Vorsicht geboten. Weiters konnten in seltenen Fällen Hautreaktionen, Atemnot, Konzentrationsschwäche und Schläfrigkeit beobachtet werden. Der Einsatz von 48 COX-2-Hemmern hat durchaus seine Berechtigung nach dem Ausschluss von Herzkrankheiten, nämlich bei Patientengruppen mit einem Risiko für das Auftreten von Magen-Darm-Nebenwirkungen durch ein NSAR. Kortison – wie wirkt das? Kortison ist der Oberbegriff für eine ganze Wirkstoffgruppe. Es handelt sich dabei um Abkömmlinge eines körpereigenen Hormons, Cortisol, das in der Nebenniere gebildet wird. Es übernimmt zahlreiche Aufgaben im Stoffwechsel und im Abwehrsystem. Wegen dieser Eigenschaften entwickelte man es zu einer Arzneimittelsubstanz weiter. Kortisone bremsen die Immunreaktionen und wirken damit effizient gegen starke Entzündungen. Gerade bei rheumatischen Erkrankungen kommt eben dieser starke, entzündungshemmende Effekt zum Tragen. Kortison unterdrückt eine Entzündung in Gelenken wirksam und schnell. Meistens bessern sich die Beschwerden innerhalb von 1–2 Stunden nach der Einnahme. Oft werden sie als Überbrückung verwendet, bis die Basistherapie greift. Kortison beseitigt aber nur das Symptom, eine Heilung kann dadurch nicht bewirkt werden. sierten Kortisonbehandlungen aus den siebziger Jahren, als man noch keine Langzeiterfahrungen hatte. Durch die hohe Dosierung und unbedacht lange Anwendung kam es zu den mittlerweile weitreichend bekannten Nebenwirkungen. Heute weiß man, dass große Mengen Kortison nur für kurze Zeit zumeist unbedenklich sind und dass die Nebenwirkungen von vernünftig dosiertem Kortison wesentlich geringer ausgeprägt sind als früher. Was ist bei der Einnahme von Kortison zu beachten? Kortisonpräparate müssen regelmäßig und zum vorgesehenen Einnahmezeitpunkt eingenommen werden. Sie sollten niemals plötzlich abgesetzt werden, da der Körper während der Therapie die eigene Kortisonproduktion einstellen kann und es daher bei plötzlichem Absetzen des Präparats zu lebensgefährlichen Reaktionen kommen kann. Die Dosis muss Schritt für Schritt verringert werden. Weiters muss das Risiko für das Auftreten von Osteoporose vor Beginn der Therapie mittels Knochendichtemessung abgeklärt werden. Ebenso sind regelmäßige Blutdruck-, Blutzucker- und Gewichtskontrollen sinnvoll. Warum ist Kortison so gefürchtet? Was sind Biologika, und wie wirken sie? Kaum spricht ein Arzt den Namen aus, macht sich Angst breit. Das begründet sich in den Erfahrungen mit überdo- Biologicals, auch Biologics oder Biologika sind biotechnologisch hergestellte Eiweiße, die gezielt in die Mechanismen des Krankheitsgeschehens eingreifen. Sie sind in der Lage, die Regulationsmechanismen bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen wesentlich zu beeinflussen. Sie unterscheiden sich also im Wirkansatz wesentlich von den restlichen in der Rheumatherapie zum Einsatz kommenden Präparaten. Sie greifen gezielt in den immunologischen Abwehrmechanismus des Körpers ein, indem sie beispielsweise Zytokine – also Botenstoffe, die für die Immunantwort des Körpers zuständig sind – ausschalten. Spätfolgen vieler immunologischer Erkrankungen (z.B. Gelenkveränderungen bis hin zu Gelenkzerstörungen) können mithilfe von Biologika vermindert, gestoppt oder zumindest hinausgezögert werden. Es handelt sich dabei um Substanzen, die mit modernster Biotechnologie und unter sehr hohem technischen Aufwand hergestellt werden. Art der Verabreichung: Da diese Eiweiße im Magen-Darm-Trakt zerlegt werden und so nicht am Wirkort eintreffen würden, werden sie entweder per Infusion durch den Arzt oder vom Patienten selbst subkutan, also unter das Unterhautfettgewebe injiziert. TNF-alpha-Blocker gehören zu den Biologika – was tun sie? Ein typisches Beispiel für den oben genannten Wirkmechanismus sind die 49 Promotion „COMEBACK INS LEBEN“ Hervorragender Titel für eine Initiative mit beeindruckenden Zielen: Rheumapatienten soll der Weg zurück zu einem aktiven Leben erleichtert werden, und durch breite Aufklärung soll in Zukunft die Öffentlichkeit Betroffenen mit Verständnis begegnen. Wie das gelingt, zeigt die Initiative "Comeback ins Leben". TNF-alpha-Blocker (Tumor-NekroseFaktor alpha). Sie blockieren den körpereigenen, entzündungsauslösenden Botenstoff TNF-alpha und hemmen damit das weitere Fortschreiten der rheumatischen Entzündung, womit es zu einer Eindämmung der Progression von Gelenkdestruktion und Funktionsverlust kommt. TNF-alpha wird also inaktiviert, wodurch – im Falle eines Behandlungsansprechens – in der Folge Schmerzen, Schwellungen und das Fortschreiten der Erkrankung eingedämmt wird. 50 Die von der Firma Wyeth-Lederle Pharma GmbH gegründete Initiative ist eine Informationsplattform für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen und wird von führenden Experten unterstützt. Die Website www.comebackinsleben.at bereitet übersichtlich Themen über rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Psoriasis oder Psoriasis-Arthritis auf. So gibt es beispielsweise ein Patientenportal, wo nach Eingabe der Chargennummer wesentliche Fragen zum Präparat geklärt werden können. Denn wer kennt das nicht; kaum zu Hause mit dem neuverordneten Präparat angekommen, denkt man an unzählige Fragen, die man dem Arzt hätte stellen sollen. 6 Broschüren, die begleiten Broschüren, bei denen Wert darauf gelegt wird, das Wesentliche auszuführen, Belangloses aber beiseite zu lassen. Kostenlos auf der Homepage downloaden, per Mail oder Telefon 0699/81 85 08 98 bestellen – das ist wegbereitend für ein aktiveres, unbeschwerteres Leben! „Was Sie über Rheuma und rheumatoide Arthritis wissen sollten.“ Von der Diagnosestellung bis zu therapeutischen Maßnahmen – Rheuma rechtzeitig erkennen und gezielt therapieren! „Therapiemöglichkeiten bei rheumatischen Erkrankungen.“ Auf 6 Seiten werden mögliche medikamentöse Therapien von rheumatischen Erkrankungen detailliert erläutert. „Psoriasis-Arthritis – eine Erkrankung mit versteckten Tücken.“ Neben interessanten Tipps für den Alltag ist hier ein interessanter Selbstcheck integriert. Wann beginnt man mit Biologika-Therapien und welchen Vorteil haben sie? TNF-alpha-Blocker werden erst nach erfolglosen Versuchen mit Basistherapeutika eingesetzt. Die Biologicals sind also für die Behandlung jener Patienten zugelassen, bei denen Basismedikamente wie Methotrexat, Leflunomid oder Sulfasalazin nicht oder nicht ausreichend wirken. Die gleichzeitige Einnahme von Basistherapeutika ist immer angezeigt (Kombinationstherapie). Bis zur Hälfte der mit den neuen Wirkstoffen behandelten Patienten „Ernährungstipps zur Therapieunterstützung bei rheumatoider Arthritis.“ 40% der Patienten mit chronischer Polyarthritis weisen Fehl- oder Mangelernährung auf. Dem kann mit Hilfe der Broschüre erfolgreich entgegengewirkt werden. „Praktischer Ratgeber für Morbus-Bechterew-Patienten.“ Der wohl ausführlichste unter den „Begleitern“. „Information zu sozialer und finanzieller Unterstützung bei rheumatischen Erkrankungen.“ Antworten auf Fragen zur finanziellen Förderung im Alltag. AUT-ENB01-0608 Vorteile gegenüber herkömmlichen Basismedikamenten sind das oft gute und rasche Ansprechen der Patienten und neben der anti-entzündlichen Wirkung auch ein hemmender Effekt auf das Voranschreiten der Knochenveränderungen. Nachteile sind die hohen Kosten. Weiters gilt es vor dem Verabreichen der Substanz das Vorliegen einer schwerwiegenden Infektion und hier insbesondere von Tuberkulose auszuschließen. Die gängige Therapie sieht so aus, dass die Gabe von Basistherapeutika beibehalten wird, wenn mit einer Biologika-Therapie begonnen wird. Innerhalb von zwei bis vier Wochen tritt oftmals eine Besserung ein, nach rund acht Wochen ist ein Wirkungsmaximum erreicht. Sollte nach drei Monaten kein entsprechender Therapieerfolg erzielt worden sein, muss ein Wechsel auf einen anderen TNF-alpha-Blocker oder auf ein anderes Wirkprinzip ins Auge gefasst werden. Momentan sind folgende Substanzen auf dem Markt: Etanercept: zur Behandlung von Morbus Bechterew, rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis, juveniler idiopathischer Arthritis. Anwendung: 2-mal wöchentlich mit 25 mg oder 1-mal wöchentlich 50 mg Dosierung subkutan (in das Unterhautfettgewebe) injiziert. Infliximab: zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis, der PsoriasisArthritis, von Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Morbus Bechterew. Es wird alle 4–8 Wochen eine Infusion vom Arzt verabreicht. Dosierung: 3–5 mg/kg Körpergewicht. Adalimumab: zur Behandlung von rheumatoider Arthritis, Psoriasis, Morbus Bechterew und Morbus Crohn; Dosierung: 40 mg subkutane Injektion oder Verabreichung mittels Pen alle 1–2 Wochen. Am besten, Sie besuchen die Homepage und machen sich selbst ein Bild, wie informiert man als Betroffener oder auch als Angehöriger sein kann. KAPITEL 6 berichtet, dass sich ihre Beschwerden deutlich besserten – wobei auch hier wieder der rechtzeitige Beginn der Behandlung entscheidend für den Therapieerfolg ist. Eine zweite Infusion erhält der Betroffene zwei Wochen danach, weitere Infusionen erfolgen meist in achtwöchigen Abständen. In der Regel fallen sechs bis acht Infusionen pro Jahr an. Das Wirkprofil und die Verträglichkeit sprechen mitunter dafür, dass Biologika vielleicht schon bald noch früher zum Einsatz kommen dürften. Dagegen sprechen momentan die enormen Kosten, die durch die aufwendige Herstellung der Substanz anfallen. Die Wirkung tritt sehr rasch innerhalb weniger Tage nach der ersten Infusion ein. Schmerzen und die Morgensteifigkeit werden reduziert. Auch die Entzündungszeichen im Blut (CRP, Blutsenkung) bessern sich. Wesentlich ist es, die Behandlung weiter fortzuführen, auch wenn sich die Symptome verbessert haben, andernfalls kann sich die Krankheit wieder verschlimmern. Bei welchen Erkrankungen kommen Biologika zum Einsatz? Rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Psoriasis-Arthritis, Morbus Bechterew, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Regenbogenhautentzündung und andere. Basistherapeutika gibt es in Form von Infusionen, wo liegen die Vorteile? Die Substanz Infliximab ist ein Trockenpulver, das unmittelbar vor der Verabreichung in einer Injektionslösung aufgelöst und vom Facharzt verabreicht wird. Es wird über eine Vene des Patienten über einen Zeitraum von rund zwei Stunden in der Praxis oder der Ambulanz verabreicht. Der Patient bleibt im Normalfall noch rund eine Stunde danach sitzen, sodass der behandelnde Arzt seinen Allgemeinzustand überwachen kann. 52 Besonders vorteilhaft empfinden Patienten, dass sie sich um nichts kümmern müssen. Das bedeutet, dass die Sorge um die Lagerung der Substanz, wenn man beispielsweise auf Urlaub fährt, wegfällt. Ebenso entfallen Umstände bei der Selbstverabreichung. TNF-alpha-Blocker sind ebenso als Pen erhältlich: Wie sind hier die Vorteile gelagert? Die Substanz Adalimumab ist der erste vollständig humane monoklonale Antikörper gegen TNF-alpha. Das bedeutet, dass die Substanz keine Anteile von Maus-Eiweißen hat. Die Therapie mit dieser Substanz kann als subkutane Injektion (s.c.) mit einer Fertigspritze erfolgen, das heißt unter die Haut ins Fettgewebe gespritzt werden; oder seit Jänner 2008 ist Adalimumab zusätzlich auch als erster Wirkstoff dieser Klasse in der Darreichungsform eines Pens in Österreich am Markt erhältlich. Die erste Verabreichung der Wirksubstanz sollte unter Anleitung des behandelnden Arztes erfolgen. Hat der Patient genügend Sicherheit in der eigenständigen Anwendung erlangt, verabreicht er sich den Wirkstoff zu Hause selbst. Dies stellt einen wichtigen Vorteil für viele Patienten dar, weil sie damit unabhängig vom Spital oder vom behandelnden Arzt (z.B: Urlaubsplanung etc.) sind. Wesentlich ist es allerdings darauf hinzuweisen, dass der Betroffene zu Hause für eine entsprechende Kühlung der Substanz im Kühlschrank (bei 4° C) zu sorgen hat. Der Pen ist vorgefüllt und zur einmaligen Anwendung vorgesehen. Er wurde gemeinsam mit Patienten, die an Rheuma erkrankt sind, entwickelt. Man legte bei der Entwicklung Wert darauf, dass den eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten, speziell jenen der Handgelenke, Rechnung getragen wird. Die Substanz kann als fertige Lösung in dem vordosierten Pen mit inkludierter Nadel ohne weitere Vorbereitungsmaßnahmen verabreicht werden. Die Dosierungsempfehlung lautet: 40 mg pro Verabreichung, 2-mal pro Monat. Daten aus einer Befragung bestätigen, dass der Großteil der Patienten die Form des Pens im Vergleich zu der Injektion aufgrund der einfachen Anwendung vorziehen. Welche Bedeutung kommt der B-Zellen-Therapie zu? Es handelt sich hierbei um einen gänzlich neuartigen Therapieansatz. Im Gegensatz zu den TNF-alpha-Blockern, wo man das Hauptaugenmerk auf die Regulation von Zytokinen legt, richtet sich die Aufmerksamkeit hier auf die Bedeutung der B-Zelle. B-Zellen oder B-Lymphozyten sind eine Unterklasse der weißen Blutkörperchen. Eine wichtige Aufgabe der B-Zellen ist es, Antikörper zu bilden. B-Zellen haben darüber hinaus aber noch eine Reihe weiterer wichtiger Aufgaben. Wenn sie durch körperfremde Substanzen aktiviert werden, spezialisieren sie sich entweder zu Antikörper produzierenden Plasmazellen oder zu Gedächtniszellen. Bei rheumatoider Arthritis werden sie zur Attacke gegen das Gelenk auf den Plan gerufen. Durch die Behandlung mit dem seit 2006 auf dem österreichischen Markt für die rheumatiode Arthritis befindlichen Wirkstoff Rituximab werden B-Zellen, die auf ihrer Oberfläche ein spezielles Merkmal (CD20) tragen, stark vermindert. Es kann die Krankheitsaktivität der rheumatoiden Arthritis und die radiologisch nachweisbare Zerstörung des Knorpelgewebes mindern. 53 KAPITEL 6 Rituximab wurde ursprünglich für die Therapie von Erkrankungen des lymphatischen Systems entwickelt. Nach der Infusion des Antikörpers kommt es innerhalb von kurzer Zeit zu einer raschen und praktisch kompletten Beseitigung aller CD20-positiven B-Zellen im Blut. Zellen wie zum Beispiel Plasmazellen, die das Merkmal CD20 nicht tragen, werden nicht eliminiert, wodurch ein Teil der körpereigenen Abwehrkraft gut erhalten bleibt. Die Wirkung dieser Substanz führt innerhalb der ersten 24 Stunden zu einem vollständigen Verschwinden dieser speziellen B-Zellen. Zwei Infusionen werden in der Regel im Abstand von 14 Tagen verabreicht – so sich keine Wirkung zeigt, kommt es zu keinem weiteren Einsatz von Rituximab. Wenn sich ein positiver Effekt der Therapie zeigt, hält dieser zwischen sechs Monaten und einem Jahr an. Meist wird es mit einem Basistherapeutikum kombiniert. Hemmung der T-Zellen – warum das? Als weitere Alternative für einen Rheumatologen und seine Patienten kann die Therapie mit Abatacept, einem gentechnologisch hergestellten Entzündungshemmer in Kombination mit einem Basistherapeutikum angeführt werden. Diese Substanz ist zur Behandlung von Patienten mit moderater bis schwerer RA zugelassen, die unzureichend auf 54 eine Therapie mit Basistherapeutika und mindestens einem TNF-alpha- Blocker angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Seine immunsuppresive Wirkung kommt durch die Blockade der Aktivierung von T-Zellen zustande. Der Wirkstoff hemmt die Aktivierung von T-Lymphozyten und unterdrückt dadurch die Entzündungsvorgänge. T-Lymphozyten – oder kurz T-Zellen – sind eine für die Immunabwehr wichtige Gruppe, sie spielen bei der Steuerung von Abwehrvorgängen des Immunsystems eine wichtige Rolle. die Aktivität von IL-6, einem anderen wichtigen Auslöser des Entzündungsprozesses, unterdrückt. Welche Kontrollen sind bei einer Dauertherapie wesentlich? Diese Wirkungsweise reduziert die Entzündung der Gelenke und lindert die systemischen Symptome der rheumatoiden Arthritis. Diese Möglichkeit wird neben der Hemmung der B-Zellen und jener der T-Zellen ein weiteres Standbein neben den TNF-alpha-Blockern in naher Zukunft darstellen. Regelmäßig sollten folgende Werte kontrolliert werden, damit Schäden, die subjektiv nicht merkbar sind, rechtzeitig erkannt werden: Blutbild, Leberwerte, Nierenwerte, Blutgerinnung, Rheumafaktor, Harn. Einige Präparate oder die Kombination mehrerer erfordert noch zusätzliche Kontrolluntersuchungen. Auch hier kann der Wirkeintritt der Substanz erst nach drei bis sechs Monaten bei den Betroffenen festgestellt werden. Interleukin-6-RezeptorBlocker kommen vermutlich ab 2009 auf den Markt – welchen Fortschritt bringen sie? Nach und nach kommt die Forschung immer mehr Faktoren auf die Spur, die in dem entzündlichen Geschehen eine Rolle spielen. So wird vielleicht ab 2009 das erste Medikament einer Arzneimittelklasse mit neuartigem Wirkungsmechanismus auf den Markt kommen. Es handelt sich um einen humanisierten monoklonalen Antikörper gegen den Interleukin-6-Rezeptor (IL-6), der 55 KAPITEL 7 Welche Operationsmethoden gibt es? • Synovektomien (Entfernung der entzündeten Gelenkschleimhaut) • Korrekturoperationen bei Gelenkfehlstellungen oder bei Funktionseinschränkungen (präventive und rekonstruktive Eingriffe) • Gelenkersatz (Teil- oder Totalendoprothesen) und • Arthrodesen, Spondylodesen (stabilisierende Versteifungsoperation) Nicht medikamentöse Therapie Rheumatische Erkrankungen: Wann ist eine Operation sinnvoll? Eine Operation hat grundsätzlich den Sinn, die Funktionsfähigkeit des Gelenks zu verbessern und Schmerzen zu lindern. Sie wird in den meisten Fällen dann durchgeführt, wenn alle herkömmlichen Methoden (wie physikalische Therapie, Medikamente, Hilfsmittel etc.) ausgeschöpft sind und trotzdem anhaltende Schmerzen in einem Gelenk bestehen. Wichtig ist dabei festzuhalten, dass Operationen niemals als Ersatz oder an Stelle einer medikamentösen Therapie und hier insbesondere einer Basistherapie gesehen werden dürfen, sondern erst 56 nach Ausschöpfung dieser zum Einsatz kommen. Operationen können eine vorbeugende oder wiederherstellende Maßnahme sein. Präventive, das heißt vorbeugende Eingriffe: Die Operation erfolgt früh, wenn das Knorpelgewebe und die Sehnen noch intakt sind, um irreversible Schäden an Gelenken und Sehnen zu verhindern oder hinauszuzögern. Die Funktion soll erhalten bleiben. Rekonstruktive, das heißt wiederherstellende Eingriffe: Die geschädigte Funktion von Gelenken soll wiederhergestellt und Schmerzen sollen reduziert werden. Was ist eine Synovektomie? Darunter versteht man die Entfernung von entzündeter Gelenkinnenhaut. Voraussetzung ist, dass die Gelenkflächen noch intakt sind. Mit Hilfe dieser chirurgischen Behandlung kann das Fortschreiten der Gelenkzerstörung entscheidend verzögert und in manchen Fällen zum Stillstand gebracht werden. Durch die Möglichkeiten der so genannten Schlüssellochchirurgie mittels Arthroskopie (Gelenkendoskopie) kann der Eingriff vor allem am Knie oder an der Schulter ohne große Schnitte erfolgen. Es wird das entzündliche Gewebe im Gelenk mit Hilfe des Endoskops entfernt, mit dem Ziel, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und Folgeschäden wie sekundäre Arthrosen oder Fehlstellungen zu begrenzen. Vor allem bei kleineren Gelenken, wie den Hand- oder Fingergelenken, ist die Arthroskopie oft jedoch nicht möglich, weil Bänder oder Sehnen mitbehandelt werden müssen. Dann kann lediglich eine „offene“ Synovektomie erfolgen, die größere Schnitte notwendig macht. Nach dem Eingriff wächst die Gelenkinnenhaut (Synovia) innerhalb weniger Wochen wieder nach. Synovektomien können grundsätzlich an allen Gelenken vorgenommen werden. Worum handelt es sich bei der Radiosynoviorthese? Bei der Radiosynoviorthese wird eine schwach radioaktiv strahlende Flüssigkeit in ein chronisch entzündetes Gelenk injiziert. Dadurch verödet die entzündete Gelenkinnenhaut oberflächlich. Diese Behandlungsform sollte jedoch erst dann angewendet werden, wenn die Basistherapie und Kortisongabe direkt ins Gelenk nicht ausreichend wirksam waren. Wann muss ein Gelenk operativ ersetzt werden? Ist ein bestimmtes Maß an Zerstörung erreicht, bleibt nur noch der künstliche Gelenkersatz mit Materialien wie Metall, Keramik, Polyäthylen oder Silastik. Bei einer totalen Endoprothese werden sowohl Gelenkkopf als auch die Gelenkpfanne ersetzt, bei einer Teilprothese nur der Gelenkkopf ohne Gelenkpfanne. Die Eingriffe sind in fast allen Gelenken möglich: etwa Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Finger-, Hüft-, Kniegelenke, oberes Sprunggelenk, 57 KAPITEL 7 Zehengelenke. Am häufigsten wird sie beim Hüftgelenk durchgeführt. Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass Kunstgelenke zu einem hohen Prozentsatz Schmerzfreiheit und annähernd normale Beweglichkeit erwarten lassen können. Wie lange hält im Schnitt ein künstliches Gelenk? 90 bis 95% der Implantate halten mindestens 15 Jahre lang, bei sehr aktiven jüngeren Patienten kann es etwas kürzer sein. Bestimmte Materialpaarungen haben einen extrem niedrigen Abrieb, wie z.B. Keramik-Keramik, womit auch eine starke Belastung im Rahmen sportlicher Betätigung möglich wird. Was versteht man unter einer Versteifungsoperation? Eine operative Gelenkversteifung wird beispielsweise bei einer sehr schweren rheumatischen Erkrankung vorgenommen (oft bei kleineren Gelenken im Bereich der Fuß- und Wirbelgelenke) und dient vor allem der Schmerzlinderung. Die Bewegungsfähigkeit des Gelenks wird unterbunden, die Knochenteile des versteiften Gelenks wachsen zusammen. Welche Operationsmöglichkeiten gibt es ... ... bei der rheumatoiden Arthritis? Je nach Stadium wird die entzündlich 58 veränderte Gelenkkapsel oder Sehnenscheide entfernt (Synovektomie), zerstörte Sehnen wiederhergestellt, eine Gelenkteilentfernung (Resektionsarthroplastik) durchgeführt, eine Gelenkversteifung (Arthrodese) gemacht oder ein künstliches Gelenk eingesetzt. Künstliche Gelenke werden häufig im Bereich der Hüfte, Knie und Schulter eingesetzt, im Bereich des Ellbogens oder Sprunggelenks eher seltener. Bei kleineren Gelenken wird auch häufig eine Versteifungsoperation durchgeführt. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis kommt es häufig im Bereich des 2. Halswirbelkörpers zu entzündlichen Veränderungen, die im fortgeschrittenen Stadium zu neurologischen Ausfällen führen können. Die beginnende Schädigung des Rückenmarks zeigt sich durch Hinterkopf-Nacken-Schmerzen, eine Schwächung an den Extremitäten und auch Unsicherheit beim Gehen. Durch eine Versteifungsoperation kann das Rückenmark geschützt und eine weitere Schädigung verhindert werden. Die Wahl des richtigen Operationszeitpunkts ist hierbei ganz entscheidend. ... bei Morbus Bechterew? Im Vordergrund steht lebenslange Gymnastik zur Kräftigung der Rückenstrecker. Wenn der Krankheitsverlauf jedoch so stark fortschreitend ist und die Krümmung der Wirbelsäule stark zunimmt, sollte rechtzeitig eine Versteifungsoperation im Bereich der Wirbel- säule durchgeführt werden: Schrauben werden in die Wirbelkörper eingebracht und untereinander mit Stäben verbunden, um eine Stabilisierung zu erzielen. Diese Implantate sind nur vorübergehend als Stabilisatoren gedacht, bis eine knöcherne „Brücke“ entsteht, die das Fortschreiten der Erkrankung stoppt. In einem sehr späten Stadium des Morbus Bechterew werden bei der Methode der sehr aufwendigen Osteotomie die Wirbelkörper getrennt, die aufgrund der Erkrankung verwachsen sind. Die Wirbelsäule wird in der Achse korrigiert und wieder aufgerichtet. ... bei der Psoriasis-Arthritis? Je nach Stadium werden die entzündlich veränderte Gelenkkapsel oder Sehnenscheide entfernt (Synovektomie), zerstörte Sehnen wiederhergestellt, eine Gelenkteilentfernung (Resektionsarthroplastik) durchgeführt, eine Gelenkversteifung (Arthrodese) gemacht oder ein künstliches Gelenk eingesetzt. ... bei Arthrose und Abnützungserscheinungen? Bei allen großen und mittleren Gelenken (wie Hüfte, Knie, Schulter) ist der Gelenkersatz die erfolgreichste Therapieform, wenn • trotz medikamentöser Behandlung ständig Schmerzen vorhanden sind und • die Funktionalität des Gelenks stark eingeschränkt ist. Bei der Versorgung von Hüfte und Knie sollte die Operation nicht zu lange hinausgezögert werden, weil die Muskulatur und andere Gelenke leiden. Im Bereich des unteren Sprunggelenks oder des Mittelfußgelenks sind nur Versteifungsoperationen möglich. Welche komplementärmedizinischen Maßnahmen stehen bei Rheuma zur Verfügung? Manche Patienten sprechen auf die Behandlung mit komplementären Methoden sehr gut an, andere wieder nicht. Diese Methoden sind im Einzelfall einen Versuch wert, sollten aber immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt durchgeführt werden. Wichtig ist dabei festzuhalten, dass sämtliche komplementären Maßnahmen niemals als Ersatz einer medikamentösen Therapie und hier insbesondere einer Basistherapie gesehen werden dürfen, sondern zusätzlich zu einer solchen Therapie zur Anwendung kommen sollen. Darüber hinaus dürfen diese Maßnahmen niemals selbstständig als ein „Therapieversuch“ vor Begutachtung durch einen internistischen Rheumatologen erfolgen, da dadurch wertvolle Zeit verloren gehen kann, bis eine wirksame Basistherapie begonnen wird. Inwiefern kann Akupunktur die Rheuma-Therapie unterstützen? Sie wird in erster Linie ergänzend zur Schmerzlinderung eingesetzt. Bei 59 KAPITEL 7 der Akupunktur werden bestimmte Schmerzpunkte am Körper mit Hilfe von Akupunkturnadeln aktiviert. Diese Punkte liegen auf bestimmten Linien auf der Haut – so genannten Meridianen – sie entfalten bei mechanischer Reizung bestimmte Wirkungen im Körper. Mit Hilfe der Akupunktur werden dünne Nervenfasern im Muskel angesprochen, die Impulse zum Rückenmark leiten, wodurch in der Schmerzlinderung zusammenwirkende Gehirnregionen aktiviert werden. Bestimmte körpereigene Botenstoffe werden freigesetzt, die Schmerzen unterdrücken, indem die Weiterleitung blockiert wird. Manche Patienten sprechen auf eine Therapie mit Akupunktur gut an. Wichtig zu wissen: Die Akupunktur kann zwar chronische Schmerzen lindern, aber den Verlauf der Erkrankung nicht beeinflussen. Was versteht man in diesem Zusammenhang unter der Tuina-Technik? Diese Behandlungsform gehört auch zur Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und orientiert sich an der Akupunktur. Grundlegend sind die Energiepole Yin und Yang, die laut TCM bei einem gesunden Menschen im Gleichgewicht sind. Bei einer Krankheit allerdings ist dieses Gleichgewicht gestört. Mit Tuina sollen Blockaden der Meridiane (Energiebahnen im Körper, 60 durch welche Qui fließen soll) aufgelöst und der Energiefluss gefördert werden. Das Qui beinhaltet die körpereigene Energie als Antriebskraft aller Vorgänge. Bei der Behandlung werden teilweise andere Meridiane berührt als bei der Akupunktur. Wesentlichster Unterschied ist aber, dass bei Tuina keine Nadeln verwendet, sondern die Meridiane und Akupunkturpunkte mittels spezieller Grifftechniken behandelt werden. Können Heilkräuter bei der Behandlung von Rheuma unterstützen? Bestimmte Heilkräuter (z.B. Beinwell, Brennnessel, Löwenzahn, Raute, Salbei, Sauerdorn, Scharfgarbe, Wacholder, Weide) können Beschwerden lindern. Die Heilkräuter werden auch in Mischungen angeboten. Mit Hilfe von Umschlägen und Auflagen wird bei rheumatischen Erkrankungen versucht, den Schmerz positiv zu beeinflussen. Wann ist Homöopathie für Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sinnvoll? Das Erstgespräch über die Beschwerden des Rheumapatienten ist sehr ausführlich, enthält auch Modalitäten wie z.B. die Frage, ob bei Beschwerden Kälte oder Wärme gut tut, Sitzen oder Stehen den Schmerz beeinflussen, ob es angenehm ist, nachts auf den schmerzhaften Stellen zu liegen oder nicht. Für die Homöopathie liegt die Ursache von Krankheiten in der Störung der „Lebenskraft“, also dessen, was uns am Leben hält. Wenn diese Störung behoben werden kann, dann verschwindet auch die Erkrankung. Homöopathie kann nicht auf die Diagnose allein, sondern immer nur sehr individuell auf den einzelnen Menschen zugeschnitten sein. Aus diesem Grund können auch keine allgemein gültigen homöopathischen Tropfen oder Globuli für rheumatische Erkrankungen beschrieben werden. Wesentlich ist aber, dass nur durch aktive Mitarbeit des Leidenden eine Genesung möglich ist. Ärztlicher Rat kann nur eine Begleitung sein, das Wichtigste ist Achtsamkeit und Selbtsverantwortung. Physikalische Maßnahmen, Ergotherapie und Psychotherapie – wann sind sie wichtig? Physikalische Maßnahmen sind bei allen Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparats und für den Erhalt der Gelenkbeweglichkeit wichtig. Zu den physikalischen Maßnahmen zählen: Homöopathie behandelt keine Krankheiten, sondern den kranken Menschen! • die Bewegungstherapie • die Wärme- und Kältetherapie • die Massage, manuelle und Reflextherapie • die Elektrotherapie. Warum ist Bewegung so wichtig? Mit Heilgymnastik kann eine Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit, eine Kräftigung der Muskulatur sowie eine Schmerzlinderung erreicht werden. Vorsicht: Bei einem akuten Schub sollte die Heilgymnastik pausiert werden. Wann kommt Wärme, wann Kälte zur Anwendung? Durch die Wärmetherapie sollen Schmerzen gelindert und Muskeln entspannt werden. Warme Wickel, Bäder, Moor-, Fango- oder Schlickpackungen, Heusack- oder Paraffin als Wärmeträger (oft bei Arthrose in den Finger- oder Kniegelenken) sowie Bestrahlung mit Infrarot-Lampen sind Möglichkeiten der Wärmebehandlung. Vorsicht: Bei akuten Entzündungen soll Wärme nicht angewendet werden, denn diese kann die Symptomatik der Erkrankung verschlimmern. Die Kältetherapie wirkt entzündungshemmend, schmerzlindernd und bewegungsfördernd. Sie wird bei geschwollenen Gelenken, bei Schmerzen und akuten Entzündungen angewandt. Die 61 KAPITEL 7 Techniken reichen von Eispackungen, kalten Moorpackungen, Kryopacks und Kältebädern (15° C) bis hin zu Ganzkörpertherapien in Kältekammern mit Temperaturen bis Minus 110 Grad Celsius. Nicht angewandt werden darf die Kältetherapie bei Fieber, Nieren- und Blasenleiden, Kälteüberempfindlichkeiten sowie bei Gefäßentzündungen. Was bringen Massagen? Massagen entspannen verhärtete Muskulatur, was sich wiederum entlastend auf die Gelenke auswirkt. Massagen fördern die Durchblutung und regen den Muskeltonus an. Wichtig ist, dass sie vom Patienten als angenehm empfunden wird. Sie kommen vor allem im Vorfeld der Heilgymnastik zum Einsatz, wo es darum geht, den Körper aus dem verspannten Zustand zu bringen. Was ist Elektrotherapie? Die Verfahren der Elektrotherapie unterscheiden sich sowohl physikalisch als auch biologisch voneinander. Sie beinhalten die therapeutische Anwendung von elektrischem Strom in der Medizin. Die Hochfrequenztherapie ist eine reine Wärmetherapie mit großer Tiefenwirkung. Sie ist eine Reiztherapie, wobei mittels spezieller Elektroden hochfrequenter Strom mit sehr geringer Leistung auf die Haut geleitet wird. Für Patienten mit Prothesen im zu behandelnden Gebiet oder Herzschrittmachern ist diese Form der Therapie 62 nicht geeignet. Die Niederfrequenztherapie arbeitet im Frequenzbereich bis zu 1.000 Hz. Gleichstromverfahren sind Galvanisation, Iontophorese oder hydroelektrische Bäder. Sie dient der Schmerzlinderung und der Durchblutungsförderung, Gegenanzeigen stellen z.B. aktive Entzündungen oder Hautdefekte dar. Sie können zur Schmerzlinderung auch bei älteren Menschen eingesetzt werden, weil sie Herz und Kreislauf wenig belasten. Was bietet die Ergotherapie für Rheumapatienten? Die Ergotherapie versucht, dem erkrankten Menschen die größtmögliche Selbstständigkeit und Handlungsfreiheit im Alltag zu ermöglichen, d.h. nach oder während einer beeinträchtigenden Erkrankung wiederherzustellen bzw. zu erhalten. Die Ergotherapie bietet eine Gelenkschutzinstruktion und Hilfsmittelberatung an. Gemeinsam mit dem Betroffenen werden Hilfsmittel ausprobiert und gegebenenfalls angeschafft, die Alltagsprobleme lösen helfen. Es wird genau besprochen, wie z.B. der Arbeitsplatz gelenkschonend gestaltet wird oder welche Übungen bei den Sportausübungen weniger belastend sind. Es gibt auch spezielle orthopädische Hilfsmittel wie die Versorgung des betroffenen Gelenks mit Schienen, die helfen, den Alltag zu besser zu meistern. Das Ziel ist mehr Selbständigkeit im täglichen Leben, weniger Schmerzen und eine Schonung des betroffenen Gelenks. Was bedeutet Gelenkschutz? Gelenkschutz heißt nicht „NichtsTun“, sondern bedeutet ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ruhe und Belastung. Gelenkschutz ist Prophylaxe. Die Gelenke sollten achsengerade belastet, das heißt nicht verdreht werden, wie es z.B. beim Auswinden eines Tuches passiert. Gelenke sollten auch keiner Vibration ausgesetzt sein, z.B. nicht mit dem Küchenmixer arbeiten oder zu viel am Traktor sitzen, der (besonders ältere Modelle) starke Vibrationen erzeugen kann. Die Belastungen sollten auf so viele Gelenke wie möglich verteilt werden, z.B. sollten Lasten beidhändig getragen werden, Trinkgefäße mit beiden Händen gehalten werden etc. Welche Hilfen gibt es für den Alltag? Wenn alltägliche Tätigkeiten, wie das Halten einer Kaffeeschale, das Schneiden von Brot oder das Zuknöpfen des Hemdes unmöglich werden, gibt es Hilfsmittel im gut sortierten Fachhandel. Finger- und Handhalterungsschalen können ebenso helfen wie die so genannten Knopfloch- und Schwanenhalsschiene. Spezielle Messer (Griff ist 90 Grad von der Klinge weg gebogen) und Flaschenöffner erweisen an Rheuma Erkrankten hilfreiche Dienste. Ergonomische Tastaturen für den Computer ermöglichen es, die Handgelenke in einer achsengeraden Position zu lassen, es gibt eine Compu- ter-Maus, die für die Handgelenke nicht belastend ist. Auch Handstöcke und Gehstützen können bei Schmerzen beim Gehen entlastend wirken. Welche Maßnahme wird wo gesetzt? Zur Schmerzbehandlung: Thermotherapie, Elektrotherapie, Ultraschall, Massagen (allerdings je nach Schmerzursache sehr unterschiedliche Auswahl der Therapieverfahren) Zur Entzündungshemmung: Thermotherapie (Kälte bei akuten, Wärme bei chronischen Entzündungen Zur Behandlung von Bewegungsstörungen: Heilgymnastik, Ergotherapie, Sporttherapie Zur Muskelentspannung und Verbesserung der Durchblutung: Heilgymnastik, klassische Massage, Wärmetherapie, Kältetherapie Zur Muskelkräftigung: Heilgymnastik, (Reizstromtherapie, Elektrotherapie) Zur Verhütung und Korrektur von Fehlstellungen: Heilgymnastik, Ergotherapie, Sporttherapie 63 KAPITEL 8 Es gilt als eines der sichersten Schmerzmittel in der Schwangerschaft. Welchen Vorteil bietet Paracetamol im Vergleich zu anderen Wirkstoffen? Anders als die NSAR, weist Paracetamol nicht das beschriebene Nebenwirkungsprofil (Magen-DarmProblematik) auf. Wegen dieser guten Verträglichkeit kann Paracetamol auch bei Gelenkschmerzen, bei denen eine Verordnung von NSAR unmöglich wäre, hier empfohlen werden. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Paracetamol sind auch bei Kindern gut dokumentiert. Rezeptfreie Präparate Die Darreichung in Form von Kapseln wird von betroffenen Rheumapatienten als angenehm, weil leicht zu schlucken, beschrieben. Die Einzeldosierung liegt zwischen 500 mg und 1000 mg, Maximaldosis 4 Tabletten = 2 g. Auch Paracetamol sollte in großen Mengen nur nach Rücksprache mit dem Arzt geschluckt werden, da es bei Überdosierung für die Leber schädlich sein könnte. Mit dem Wirkeintritt ist nach rund einer halben Stunde zu rechnen. Anzeige Selbstmedikation – was heißt das genau? Nicht selten wollen Patienten zusätzlich zu den vom Arzt verordneten Präparaten selbst etwas dazu beitragen, um ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Hier steht der Patient aufgrund des großen Angebots oft vor der „Qual der Wahl“. Grundsätzlich kann man rezeptfreie, also nicht verschreibungspflichtige Präparate in der Apotheke erhalten. Sie sind selbst zu bezahlen, und es obliegt der Entscheidung des Patienten, den Nutzen von diesen Produkten abzuwägen. Im Anschluss kann nur ein Auszug der in gut sortierten Apotheken erhältlichen 64 Präparate gemacht werden. Sinnvoll ist es, sich hier vom geschulten Fachmann, dem Apotheker beraten zu lassen. Zusätzliche Schmerztherapie – wie sinnvoll? Als Zusatztherapien im Sinne der Selbstmedikation – das heißt Anwendung von rezeptfreien Präparaten – sind Schmerzmittel, wie Paracetamol, gut geeignet. Diese schmerzstillenden Mittel (Analgetika) werden oft zusätzlich von den Patienten bei Bedarf nach vorheriger Absprache mit dem Arzt eingenommen. Sie haben keinerlei entzündungshemmende Wirkung, wirken sich jedoch positiv auf die Schmerzsymptomatik aus. CEC;DJKCAWfi[bdgjihX]ZcWZhhZg IY^c[hp[d <_[X[h ;habjkd] *%%b\EVgVXZiVbda_dAWfi[bd$ GZoZei[gZ^^c>]gZg6edi]Z`Z# zWZgL^g`jc\jcYb\a^X]ZjcZglchX]iZL^g`jc\Zc^c[dgb^ZgZc<ZWgVjX]h^c[dgbVi^dc!6goidYZg6edi]Z`Zg# Promotion Tipp von Dr. med. Alfred Bartalsky, med. Berater von Gebro Pharma Unterstützung für Ihre Gelenke Bei akuten und chronischen Gelenkerkrankungen – umgangssprachlich „Rheuma“ genannt – können Wirkstoffe aus der Natur zusätzlich zur Therapie unterstützend eingesetzt werden. So wird z.B. aus der neuseeländischen Grünlippmuschel ein hochwertiger Lipidextrakt gewonnen, der Gelenkentzündungen – und damit die Beweglichkeit – positiv beeinflussen kann. Hilfe aus der Natur Bei entzündlich-rheumatischen Gelenkbeschwerden hat sich die Wirkstoffkombination aus Grünlippmuschel-Lipidextrakt und wertvollen Fischölen als hilfreich erwiesen. Sie kann die Beweglichkeit positiv beeinflussen und Schmerzen lindern. Auch die so genannte Morgensteifigkeit wird verringert. Alpinamed® Mobilitätskapseln: Präparate mit Grünlippmuschel-Lipidextrakt (z.B. Alpinamed® Mobilitätskapseln + Omega 3) können bei entzündlichen Gelenkerkrankungen – zusätzlich zur Standardtherapie eingenommen – die Beweglichkeit positiv beeinflussen und Schmerzen verringern. Wichtig ist die Einnahme über mindestens 4-6 Wochen. Die Alpinamed® Mobilitätskapseln + Omega 3 sind gut verträglich und belasten den Magen nicht. Fragen Sie Ihren Arzt! Alpinamed® Aktivbalsam: Zur Pflege und Entspannung Ihrer Gelenke Wer noch mehr für seine Gelenke tun will, für den empfiehlt sich der Alpinamed® Aktivbalsam. Dieser enthält ebenfalls Grünlippmuschel-Extrakt, zusätzlich Glukosaminglykane (GAG) sowie ätherische Öle. Glykosaminglykane dienen vorwiegend dem Aufbau des Gelenkknorpels und des Bindegewebes. Aufgrund dieser Wirkstoffkombination kommt es zu einer erhöhten Elastizität der Gelenke. Der Knorpel in den Gelenken wird wieder mit Nährstoffen versorgt. Für entspannende, erholsame Lockerungsmassagen. Bei regelmäßiger Anwendung kann der Balsam die Gesunderhaltung der Beweglichkeit unterstützen. Das Geheimnis der Grünlippmuschel Alpinamed® Mobilitätskapseln + Omega 3 enthalten einen hochwertigen Lipidextrakt aus Grünlippmuscheln kombiniert mit wertvollem Fischöl. Die Grünlippmuschel kommt nur in den Küstengewässern Neuseelands vor. Bei den dortigen Ureinwohnern, den Maoris, sind rheumatische Erkrankungen nahezu unbekannt, allerdings nur, wenn sie in Küstennähe leben. Dort zählt nämlich die Grünlippmuschel schon seit Jahrhunderten zu einem der wesentlichen Nahrungsbestandteile. Maoris im Binnenland dagegen erkranken gleich häufig an Rheuma wie die europäischen Einwanderer. Diese Beobachtung hat dazu veranlasst, nach entzündungshemmenden Wirkstoffen in der Muschel zu suchen. Heute weiß man, dass die spezielle Zusammensetzung der Lipide in der Grünlippmuschel für die positiven Wirkungen bei entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen verantwortlich ist. Diese Lipide hemmen bestimmte Prozesse, die während der rheumatischen Entzündung ablaufen. So kommt es zu weniger Entzündungen und damit zu weniger Schmerzen. Die Kraft der Omega 3-Fettsäuren Zusätzlich zum Grünlippmuschel-Lipidextrakt enthalten die Alpinamed® Mobilitätskapseln Omega 3-Fettsäuren aus hochwertigen Kaltwasserfischölen. Diese greifen u.a. regulierend in Entzündungsprozesse ein, indem sie z.B. als Gegenspieler zur Arachidonsäure, die Entzündungsprozesse fördert, wirken. So können sie z.B. bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten unterstützend helfen und stellen damit eine ideale Ergänzung zum Grünlippmuschel-Lipidextrakt dar. Alpinamed® Mobilitätskapseln + Omega 3 können bei entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen als diätetische Behandlung – zusätzlich zur medizinischen Standardtherapie – eingesetzt werden. Mehr Infos auf www.alpinamed.at und in Ihrer Apotheke! KAPITEL 8 Was können Hagebutten gegen Schmerzen bewirken? Das Hagebuttenpulver kann geringfügig in die entzündlichen Prozesse bei Gelenkbeschwerden eingreifen. Es soll verhindert werden, dass fehlgeleitete weiße Blutkörperchen in das Entzündungsgebiet einwandern, um dort das Knorpelgewebe zu schädigen, und dass freie Radikale gebildet werden. Eine Doppelblindstudie aus Dänemark mit Hagebuttenpulver brachte folgende Ergebnisse: Die Gelenkschmerzen konnten reduziert werden, die Beweglichkeit nahm zu. Der Schmerzmit- telverbrauch wurde in dieser Studie deutlich gesenkt (siehe dazu auch: Rein et al.; Phytomed 2004). Große Studienergebnisse liegen allerdings nicht vor. Was können Lachsöl und Präparate mit Omega-3Fettsäuren? Lachsöl gilt als Nahrungsergänzungsmittel und ist in der Apotheke in Form von Kapseln erhältlich. Sie führen dem Körper bestimmte Nähr- oder Wirkstoffe zu. Diese Substanz hat einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und soll einen positiven Einfluss auf Entzündungsprozesse haben. Was bedeutet orthomolekulare Medizin? Orthomolekulare Medizin (Bedeutung griechisch: ortho: richtig/gut; molekular: aus Bausteinen) beinhaltet die Erhaltung von Gesundheit und Behandlung von Krankheiten durch Veränderung der Konzentration einzelner Substanzen. Sie nutzt ausschließlich Mikronährstoffe (wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente), die sowohl in der Nahrung, als auch im Körper selbst vorkommen. Aufgrund von gewissen Faktoren (Alter, Gesundheitszustand, Ernährungsgewohnheiten) kann sich dieser Bedarf allerdings individuell steigern bzw. ändern. Promotion Ausgangspunkt für die Überlegungen der orthomolekularen Medizin ist die Hypothese, dass es heutzutage nur sehr schwer möglich sei, mittels ausgewogener Ernährung ausreichend mit Mikronährstoffen versorgt zu werden. Die orthomolekulare Medizin bietet speziell für diese postulierten individuellen Ansprüche Lösungen an. Im Wesentlichen kommt es auf die ausgewogene Kombination und die richtige Dosierung an. So können beispielsweise bei arthrotisch veränderten Gelenken hypothetische Knorpelschutzstoffe in einer Kapsel-Granulat-Kombination zum Einsatz gebracht werden. Große Studien mit harten Endpunkten liegen nicht vor. Orthomol Arthro® Innovative Ernährungstherapie bei Arthrose • Besserung des Beschwerdebildes* • Schmerz- und Symptomlinderung* • Verbesserung der Lebensqualität* • Einsparung von Schmerzmitteln* Die Tagesportion besteht aus einem Granulat mit Chondroprotektiva (Glucosaminsulfat, Chondroitinsulfat, Kollagenhydrolysat) und Mikronährstoffen (wie Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, sekundären Pflanzenstoffen) und zwei Omega-3-Fettsäure Kapseln. *Verlaufdokumentation zur nutritiven Arthrosetherapie mit Orthomol Arthro 2007, Beobachtungszeitruam 4 Monate 68 www.orthomol.at KAPITEL 9 interpretiert und wie reagiert wird. Eine entsprechende Schmerzreaktion erfolgt innerhalb weniger Sekundenbruchteile. Es werden Botenstoffe wie zum Beispiel Endorphine zur Regulation ausgeschüttet. Diese körpereigene Substanz ähnelt dem stark schmerzlindernden Wirkstoff Morphin. Die Endorphine dämpfen die Intensität der Schmerzen. Aktiv gegen Schmerz Wie entsteht Schmerz, und welchen Sinn hat er? Schmerz ist das Alarmsystem des Körpers, welches signalisiert, dass etwas nicht in Ordnung ist. Von der Entwicklung her gesehen eine durchaus sinnvolle Einrichtung, da es den Menschen dazu bringt, eine schützende Reaktion zu veranlassen. Schmerzen haben meist einen nachweisbaren Anlass, bei den entzündlichrheumatischen Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew und Psoriasis-Arthritis) ist es die Entzündung per se. Bei der Arthrose – der degenerativen Gelenkerkrankung – sind es eher mechanische Gründe 70 (abgenützte Gelenkflächen, Muskelverspannungen, jahrelange Fehlhaltung, Übergewicht, sportliche massive Überbelastung, aber auch Muskelrückbildung infolge fehlender körperlicher Aktivität), die zu einer Schmerzentwicklung führen können. Vom Entstehungsort werden die Schmerzreize als elektrische Impulse über einen Nerv zum Rückenmark geleitet. Dort bewegen sie sich entlang der Rückenmarksnervenbahnen im Wirbelkanal ins Gehirn. Erst im Gehirn wird die schmerzende Stelle lokalisiert und der Schmerz an sich „bewertet“. Das Gehirn beispielsweise vergleicht sie mit früheren schmerzhaften Erfahrungen und bestimmt so, wie der Schmerz 1. Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Jeder Mensch empfindet den Schmerz anlagebedingt unterschiedlich stark, und der Schmerz kann beim Einzelnen auch von Tag zu Tag variieren. 2. Schmerz kann man nicht sehen, daher ist es wichtig, ihn auszudrücken, weil das Umfeld nicht einschätzen kann, wie es dem Betroffenen gerade geht. 3. Manche Menschen haben eine erniedrigte Schmerzschwelle, sodass sie häufiger und intensivere Schmerzen empfinden als andere Personen. Wie kann man Schmerzen beschreiben? Schmerzen können: 1. stechen, klopfen, brennen, einschießen, bohren, ziehen oder auch dumpf sein, 2. immer an derselben Stelle auftreten oder schwer zu lokalisieren sein. 3. zu einer gewissen Tageszeit, 4. unter Einfluss gewisser Faktoren wie Wetter, Stress, Belastung, 5. bei Bewegung oder in Ruhe, 6. periodisch oder länger anhaltend auftreten. Schmerzen können als massiv beeinträchtigend empfunden oder akzeptiert werden. Schmerzgedächtnis – was heißt das? Länger andauernde (chronische) Schmerzen können Spuren in den Nervenbahnen, im Gehirn und Rückenmark hinterlassen. Die sensiblen Nervenzellen sind genauso lernfähig wie das Großhirn. Wenn sie immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt sind, verändern sie ihre Aktivität. Mitunter reicht schon ein leichter, sensibler Reiz, wie eine Berührung, Wärme oder Dehnung aus, um als Schmerzimpuls registriert und als unangenehm empfunden zu werden. Es erreicht das Gehirn die Meldung „Schmerz“ und veranlasst eine Schmerzreaktion, obwohl der Reiz an sich harmlos war. Der chronische Schmerz schützt den Körper somit nicht, sondern meldet wie eine steckengebliebene Klingel keine wirkliche Gefahr. Das Schmerzgedächtnis erklärt die Chronifizierung, also das langfristige Wiederauftreten der starken Schmerzempfindung bei nur minimalen 71 KAPITEL 9 Auslösern. Das zermürbt die Betroffenen physisch und psychisch. Um der Gefahr der Chronifizierung der Schmerzen entgegenzuwirken, ist es sinnvoll, wiederholte bzw. chronische Schmerzimpulse frühzeitig effektiv zu behandeln. Solche Strategien können sein: Entspannungsübungen (z.B. Jacobson Entspannung), medikamentöse Therapien, Psychotherapie. Was hat Schmerz mit der persönlichen Einstellung und Angst zu tun? 72 Es stellt sich in diesem Zusammenhang dann die Frage des Schmerzmanagements: „Wie gehe ich mit der Angst um?“. Die richtige persönliche Strategie zur Schmerzbewältigung zu finden ist nicht immer leicht; scheitern die Bemühungen für eine zufrieden stellende Schmerzkontrolle, kann es auch zu kontraproduktivem Verhalten, wie körperlicher Inaktivität oder übermäßigem Alkoholkonsum kommen. Wie werde ich mein eigener Schmerzmanager? Die Schmerzempfindung kann sehr anschaulich am Beispiel der Fakire oder auch Feuertänzer dargestellt werden. Die Einstellung zum Schmerz kann die Schmerzschwelle deutlich herabsetzen. „Managen“ heißt führen bzw. leiten. Wenn man also vom eigenen Schmerzmanager spricht, bedeutet das für den Betroffenen, er übernimmt für seinen Schmerz die Verantwortung, wird aber auch geführt. Es wurde weiters erwiesen, dass das Schmerzempfinden besonders stark von Angstgefühlen beeinflusst wird. Gerade bei rheumatischen Erkrankungen treten eine Vielzahl von Ängsten kurz nach der Diagnoseerstellung auf. Fragen wie “Werde ich nun mein Leben lang als behindert gelten und auch so behandelt werden?“ sind sehr belastend und angstbesetzt. Angst im Sinne von Befürchtungen kann die Wahrnehmung eines Schmerzreizes deutlich verstärken. Noch schwieriger für die Betroffenen einzuordnen ist die Angst vor dem Schmerz an sich, der diesen damit wieder verstärkt. Der Beginn eines Teufelskreises. Folgende Tipps sollen helfen: 1. Sprechen Sie über Ihre Ängste! Es ist nur natürlich, dass im Anfangsstadium viele Sorgen ungeklärt sind; sprechen Sie mit Menschen, bei denen Sie sich verstanden fühlen. 2. Überspielen Sie den Schmerz nicht. Für andere ist Ihr Schmerz äußerlich oft nicht ersichtlich. 3. Halten Sie fest, was Ihre Schmerzen lindert, das kann Ihnen in „Durststrecken“ wieder weiterhelfen. 4. Werden Sie körperlich aktiv und ziehen Sie sich nicht zurück. 5. Finden Sie Ihre Balance; zu starke seelische wie körperliche Belastung ist ebenso nachteilig wie Langeweile und Untätigkeit. 6. Suchen Sie Gleichgesinnte. Das Aufsuchen von Selbsthilfegruppen kann gerade zu Beginn die Rat- und Hilflosigkeit durchbrechen. 7. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Rückschläge auftreten. 8. Den Fokus sollten Sie auf positive Verstärkung legen, „Ich war heute sehr tüchtig, dass ich mich überwunden habe zu turnen.“ 9. Versuchen Sie sich so gut es geht vom Schmerz abzulenken, z.B. Freunde besuchen, Theaterbesuch, Kabarett – denn wie es so schön heißt: „Lachen macht gesund“! WHO Stufenplan für Schmerztherapie: Nach den heutigen Standards wird die medikamentöse Schmerzbehandlung von chronischen Schmerzen nach den – allerdings für die Therapie von Tumorschmerzen aufgestellten – Regeln der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführt. Wichtiger Punkt zu Beginn ist eine differenzierte Schmerzdiagnostik. Der oralen Applikation (Einnahme durch den Mund) der Medikamente ist der Vorzug zu geben. Als Basistherapie (Stufe 1) werden nichtopioide Analgetika (reine Schmerzmittel, wie z.B. Paracetamol, NSAR) verwendet. Wenn diese Medikation nicht ausreicht oder nicht vertra- gen wird, erfolgt eine Kombination mit schwach wirksamen Opioiden (Stufe 2). Erst nach Ausschöpfung dieser Möglichkeit kommen starke Opioide zum Einsatz (Stufe 3). (Siehe Kapitel 6). Schmerzmanagementplan Medikamentöse Therapie: Welche Medikamente nehme ich, zu welcher Zeit, unter welchen Umständen, in welcher Dosierung ein? Übungen: Welche Turn-, Entspannungsübungen praktiziere ich, zu welcher Tageszeit, wie oft in der Woche? Andere Gewohnheiten: Was tut mir sonst gut, wenn ich Schmerzen habe (z.B. Freunde anrufen, spazieren gehen, etc.)? 73 KAPITEL 10 Bewegung und Ernährung bei Rheuma Bewegen, ohne allzu sehr zu belasten – geht das? Regelmäßige Bewegung ist gerade bei Rheumatikern ein entscheidender Faktor im Kampf gegen Schmerzen und die Steifigkeit der Gelenke. Es kommt nicht darauf an, sportliche Höchstleistungen zu erzielen, sondern die Muskulatur auf schonende Weise zu kräftigen. Vor jeder Sportausübung sollte aber Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden. Was kann man Grundsätzliches zu „Sport bei Rheuma“ sagen? Jede körperliche Bewegung kann die Gelenkschmerzen lindern, die Beweg74 lichkeit fördern und die Muskelkraft erhöhen. Außerdem hilft jegliche körperliche Betätigung beim Abnehmen, denn bedenken Sie: Jedes Kilogramm Übergewicht belastet Ihre Gelenke unnötig und verschlimmert Ihre Beschwerden! Neben der medikamentösen Therapie gelten Krankengymnastik (als Trockentherapie oder im Bewegungsbad), Ergotherapie und die physikalische Therapie (Wärme, Kälte, Massagen, Elektrotherapie) als die wichtigsten Elemente der Rheumabehandlung. Man hört, dass richtiges Krafttraining gesund ist. Muss ich wegen meines Rheumas darauf verzichten? Nein, ganz und gar nicht! Im Gegenteil: Krafttraining ist das Pendant zu Ausdauertraining und zielt darauf ab, das Organ „Muskel“ gesund zu erhalten. Es gilt als erwiesen, dass Krafttraining das Muskel- und Skelettsystem stärkt und dessen Funktionszustand nachhaltig verbessern kann. Gerade bei einer rheumatischen Erkrankung kommt einem gesunden Muskelsystem eine sehr bedeutende Rolle zu: Die Aktivitäten des täglichen Lebens werden Ihnen dadurch leichter fallen, und das Verletzungsrisiko wird durch funktionales Krafttraining – Stichwort Sturzprophylaxe – auch deutlich gesenkt. Eine finnische Studie, die an 70 Patienten über einen Zeitraum von zwei Jahren durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass ein wohldosiertes unter fachkundiger Anleitung ausgeführtes Krafttraining auf Schmerzempfinden, Knorpelabbau und Entzündungsintensität einen positiven Effekt erzielt. Die Schmerzen jener Patienten, die ein regelmäßiges Krafttraining absolvierten, gingen um 67 Prozent, die Entzündungsintensität und der Knorpelabbau um je ca. 50 Prozent zurück. Als die Patienten der aktiven Gruppe nach zwei bzw. nach fünf Jahren nochmals getestet wurden, hatten diese deutlich weniger Schmerzen, und es war ihnen eine höhere Geschwindigkeit beim Treppensteigen möglich. Als effizienteste Trainingsmethode hat sich Krafttraining mit zusätzlichen Gewichten, also mit freien Hanteln oder mit Kraftmaschinen bewährt. Tipps und Tricks fürs Krafttraining: • Trainieren Sie die großen Muskelpartien des Körpers, wie Beine, Brust, Rücken und Schultern. Wählen Sie dazu anfangs leichte Hanteln, Gymnastikstäbe, Gummibänder (Theraband®) oder Expander und machen Sie Liegestütze und Halteübungen für Schultern, Arme und Beine. • Vermeiden Sie „Über-Kopf-Übungen“, also Übungen, bei denen Sie Gewichte höher als über die Schulter heben. • Absolvieren Sie das Krafttraining zunächst nur ein- bis zweimal die Woche. Später können Sie auf dreimal die Woche steigern, jedoch nicht an zwei aufeinander folgenden Tagen. • Ruhig und kontrolliert trainieren! Konzentrieren Sie sich auf den beanspruchten Muskel, und vermeiden Sie dabei Ablenkung (Radio, TV, Plauderei). • Überfordern Sie sich nicht! Beginnen Sie mit leichten Gewichten – 0,5 kg bis max. 2,5 kg in Abhängigkeit von der jeweiligen Übung – steigern Sie das Gewicht dann langsam. Speziell für Männer: Hier gilt nicht das Prinzip „je mehr, umso besser!“. • Pro Übung sollten Sie zwei bis drei Sätze mit jeweils 10 bis 15 Wiederholungen anstreben. 75 KAPITEL 10 Gibt es denn keine „sanften“ Alternativen zu Krafttraining? Die Feldenkrais-Methode ist eine Bewegungslernmethode, bei der im Mittelpunkt die individuelle Verbesserung der Bewegungsqualität und der persönlichen Bewegungslernprozesse steht. Pilates ist ein sanftes, aber sehr effizientes Training, das den ganzen Körper beansprucht. Die Muskeln werden so trainiert, dass aus den durch Rheuma geplagten Muskelknoten lang gestreckte, geschmeidige Muskelstränge werden. Was mache ich, wenn die Schmerzen eine Sportausübung unmöglich machen? Wenn Sie vor Rheumaschmerzen kaum die Treppe hinaufkommen, werden Sie sich wahrscheinlich kaum vorstellen können, Sport zu betreiben. Doch es bieten sich eine Vielzahl von Sportarten für einen Einstieg an, und so können auch ältere Menschen und Ungeübte das Bewegungsprogramm finden, das ihrem Körper gut tut und gleichzeitig Spaß macht! Viele Rheumakranke berichten auch davon, dass nur die ersten paar Schritte (Walking, Jogging) oder Schläge (Tennis, Tischtennis, Golf) sehr unangenehm bis schmerzhaft sind, diese aber nach einer kurzen „Warmlaufphase“ wieder verschwinden. 76 Heißt das, dass Ball- und Mannschaftssportarten für Rheumakranke gar nicht verboten sind? Alle Sportarten, bei denen die Akteure heftigen Belastungen der Gelenke durch Stöße ausgesetzt sind, sind für Rheumakranke nur sehr bedingt empfehlenswert (Basket-, Volleyball). Jedoch gibt es hier keine generellen Richtlinien. Finden Sie für sich persönlich heraus, welche Sportart Ihnen liegt oder die Sie schon vor der Erkrankung ausgeübt haben, und besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob und welche Gefahren für Sie bestehen könnten. Welche Sportarten sind für die Gelenke nicht allzu belastend? Als geeignete Sportarten etwa bei Arthosen der Hüft-, Knie- oder Sprunggelenke gelten Rad fahren, Schwimmen, Aqua-Gymnasik und (Nordic) Walking. Beim Rad fahren sollte man aber starke Steigungen wegen des erhöhten Drucks auf das Knie- oder Hüftgelenk meiden. Viele Rheumatiker führen Gymnastikübungen auch gerne in der Gruppe durch, da man hilfreiche Bewegungsabläufe genau einlernt, Fehlhaltungen werden korrigiert. Ernährung bei Rheuma: Was soll auf den Teller? Die Frage nach der richtigen Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen, oder wie man mit einer entsprechenden Kostform oder Nahrungsergänzungsmitteln (in Pillen- oder Kapselform) Einfluss auf Rheuma nehmen kann, wird seit Jahren kontroversiell diskutiert. Es ist wichtig zu wissen, dass verschiedene Studien teilweise uneinheitliche Ergebnisse erbracht haben. Mit einer „normalen“ ausgewogenen Ernährung werden üblicherweise ausreichend Vitamine und Spurenelemente aufgenommen. Somit soll eine Einnahme dieser Stoffe in Pillen oder Kapselform nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Ebenso kann mit einer Ernährungsumstellung niemals eine rheumatische Erkrankung „geheilt“ werden (Ausnahme Gicht), und diese ersetzt somit niemals z.B. eine Basistherapie. In der auf strengen Qualitätskriterien basierenden Evidenz-basierten Medizin können milde, aber unumstrittene Vorteile nur für die Nahrungsergänzung mit Omega-3Fettsäuren (Fischöl-Kapseln) gefunden werden. Für Vermeidungsdiäten oder Zufuhr an Vitaminen, Mineralien und Antioxidantien ist die Wirksamkeit bei rheumatischen Krankheiten nicht einheitlich bewiesen. Unumstritten ist die Notwendigkeit der Kalziumzufuhr zur Vorbeugung des Knochenschwundes. Vitamin-D- und kalziumreiche Ernährung beugt Osteoporose vor. Die gängige Praxis der Diätberatung folgt der Theorie, dass bestimmte Inhaltsstoffe in Lebensmitteln Entzündun- gen fördern bzw. hemmen können und so die Beschwerden lindern. So sollen Rheumakranke Wert auf eine Kost legen, die arm an Arachidonsäure und reich an Omega-3-Fettsäuren bzw. Linolsäure ist. Arachidonsäure wird vom Körper selbst hergestellt bzw. ist in vorwiegend tierischen Produkten enthalten. Aus Arachidonsäure bildet der Körper u.a. Entzündungsbotenstoffe wie z.B. die Prostaglandine, sie sind wichtige Auslöser von entzündlichen Reaktionen. Arachidonsäure findet sich besonders häufig in Fleisch- und Wurstprodukten. Besonders hoch ist ihr Anteil in Schweineschmalz (1.700 mg pro 100 g), Schweineleber (870 mg pro 100 g), Eigelb (297 mg pro 100 g) und Leberwurst (230 mg pro 100 g). Werden Lebensmittel mit Arachidonsäure gemieden – also die Zufuhr auf weniger als 50 mg pro Tag gedrosselt – so steht dem Körper weniger für die Produktion von entzündungsfördernden Prostaglandinen zur Verfügung. Dadurch soll es bei Patienten mit rheumatoiden Arthritis, aber auch bei Herz- und Lungenkrankheiten zu einer Verbesserung des Krankheitsbildes kommen. Es wurde postuliert, dass in Ländern, die einen höheren Fleischverzehr aufweisen, mehr Menschen an rheumatischen Erkrankungen leiden als etwa in Japan oder bei den Eskimos, die sehr viel Fisch essen. Als einziges gesichert empfehlenswert ist die regelmäßige Aufnahme von 77 KAPITEL 10 Omega-3-Fettsäuren durch Fischöle, Kaltwasserfische wie Lachs, Makrele, Hering etc. An Omega-3-Fettsäure reiche Lebensmittel senken den Arachidonsäurespiegel im Blut und hemmen so die Bildung von Prostagladinen. Ebenfalls empfehlenswert ist die AlphaLinolensäure, die sich in Lein-, Raps-, Walnuss- und Sojaöl findet. Einige Untersuchungen haben postuliert, dass Patienten mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen einen Mangel an den Vitaminen A, C und E (so genannten Antioxidantien) aufweisen und dass Vitamin E besonders im entzündeten Gelenk stark vermindert ist. Antioxidantien werden umgangssprachlich auch als „Radikalfänger“ bezeichnet. Sie binden schädliche Stoffe – so genannte freie Radikale im Stoffwechsel – und machen sie dadurch unschädlich. Zu den klassischen Antioxidantien zählen Vitamin C, E, Beta-Carotin, das im Körper in Vitamin A umgewandelt wird, und Selen. Bei entzündlichen Prozessen im Körper soll der Bedarf an Selen höher sein. Zusätzlich sind Kupfer, Mangan und Zink an schützenden, im Körper produzierten Enzymen beteiligt. Obst und Gemüse enthalten wichtige Antioxidantien. Aufgrund des hohen Gehaltes an Carotinoiden sind dunkelgrüne, rote und orangefarbige Früchte besonders günstig. Vollkorngetreide, Nüsse, Weizenkeime, Sonnenblumen78 kerne und pflanzliche Öle liefern viel Vitamin E und Selen. Reichlich Vitamin C enthalten frische Kräuter, Zitrusfrüchte, Kiwis, schwarze Johannisbeeren, Erdbeeren, Sanddorn, aber auch verschiedene Gemüsesorten wie Paprika, Kohl oder Tomaten. Beta-Carotin, das im Körper in Vitamin A umgewandelt wird, findet sich ebenfalls in verschiedenen Obst- und Gemüsesorten wie Marillen, Pfirsichen, Tomaten, Paprika, Brokkoli, Karfiol, Grünkohl, Spinat und Karotten. Was kann ich sonst noch tun? • Übergewicht abbauen: Jedes Kilogramm Gewichtsabnahme bringt besonders bei Menschen mit Arthrose Entlastung für Knorpel und Bänder, Kniegelenke, Hüfte und Wirbelsäule. Zu empfehlen ist hier eine energiereduzierte Mischkost, bei der nicht weniger als 1.500 kcal (Männer) oder 1.200 kcal (Frauen) pro Tag zugeführt werden. • Fasten bewirkt bei Patienten mit rheumatoider Arthritis oft eine Besserung der Beschwerden, allerdings ist die Wirkung nur von kurzer Dauer. Längere Fastenkuren sollten daher nur mit ärztlicher Hilfe durchgeführt werden, da die Gefahr einer mangelhaften Ernährung sonst zu groß ist. • Menschen mit Gicht können ein Übermaß an Harnsäure schlechter über die Niere ausscheiden. Harnsäure entsteht im Körper beim Abbau bestimmter Zellbestandteile, der so genannten Purine. Bei hohen Konzentrationen von Harnsäure im Blut lagert sie sich in Form von Kristallen insbesondere in Gelenken ab und führt zu schmerzhaften Entzündungsattacken. Purine werden neben der körpereigenen Produktion auch mit bestimmten Nahrungsmitteln zugeführt. Dazu gehören vor allem Innereien, Wurst, Fleisch, Grammeln, aber auch ein Übermaß an Hülsenfrüchten, Kakao, Nüssen oder Bier wäre ungünstig. Die empfohlene Kost bei Gicht: viel frisches Obst, Gemüse und Salat, mehr Vollkornprodukte, wenig Fleisch, Fett, Zucker und Alkohol, Gichtkranke sollten auch Übergewicht reduzieren. Gichtpatienten sollen unbedingt an einer professionellen Beratung durch DiätologInnen teilnehmen. • Rauchen und auch Stress verschlechtern immunologisch bedingte Erkrankungen. Raucher leiden doppelt so häufig an rheumatoider Arthritis als Nichtraucher. • Alkohol in größeren Mengen meiden. • Vorbeugung von Osteoporose: Die Osteoporose (Knochenschwund) ist eine eigenständige Erkrankung, aber sie kann durch eine rheumatische Erkrankung entstehen. Die Gründe sind Entzündungen, bestimmte Medikamente und Bewe- gungseinschränkungen. Um die Knochen zu stärken, sollten Sie auf die Zufuhr von Kalzium achten (1 Gramm pro Tag) und Bewegung an der frischen Luft, damit der Körper Vitamin D bilden kann. Vitamin D fördert den Kalziumeinbau in die Knochen. Die besten Kalziumquellen sind fettarme Milchprodukte, Kohlgemüse, Broccoli, Kohlrabi, Lauch, Fenchel, Sellerie, Löwenzahn, kalziumangereicherte Mineralwässer. Man soll 1.000 mg Kalzium pro Tag essen (= 1 Gramm) Was enthält wie viel? • ¼ Liter Milch/Buttermilch/Joghurt: 300 mg • 5 dag Käse je nach Fett: 300–500 mg • 10 dag gekochte Broccoli oder Spinat: 100–150 mg In 100 ml Milch oder Joghurt sind gleich viel Kalzium enthalten wie in 30 g Weichkäse oder 15 g Hartkäse Gibt es so etwas wie Ernährungsregeln bei Rheuma? • Abwechslungsreiche Kost mit Schwerpunkt auf pflanzlichen Lebensmitteln – reich an Gemüse, Obst und Vollkorn-Getreide-Produkte • Wenig (mageres) Fleisch – nur noch 79 KAPITEL 10 maximal 2-mal pro Woche (dies enthält viel Arachidonsäure). • Keine Innereien (Hirn, Leber, Blutwurst, Niere) • meiden von Wurstwaren • viel Kaltwasserfisch, mindestens 2-mal pro Woche (hoher Anteil an Omega-3-Fettsäuren) • Verwendung hochwertiger Pflanzenöle wie Walnussöl, Leinöl, Rapsöl, Sojaöl (diese enthalten keine Arachidonsäure und haben eine hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E) • Milch- und Milchprodukte sind von großer Bedeutung (Osteoporoseprophylaxe!); sie sollten täglich auf dem Speiseplan stehen und enthalten in fettreduzierter Form kaum bzw. keine Arachidonsäure • Sojaprodukte: Sie sind ein hochwertiges pflanzliches Eiweiß, enthalten keine Arachidonsäure und sind reich an Linol- und Linolensäure, wichtige Vitamin-E-Lieferanten! • Wenig Alkohol (Alkohol fördert die Bildung von Oxidantien), wenig Zucker • Ausreichende Bewegung an frischer Luft (dadurch wird der Knochenanbau und die Bildung von Vitamin D im Körper gefördert) • Trinken Sie mindestens 2 bis 2,5 Liter Flüssigkeit (Wasser, Mineralwasser oder ungesüßter Tee); liegt gleichzeitig zum Rheuma eine Herzoder Nierenerkrankung vor, ist der Flüssigkeitsbedarf individuell festzulegen. 80 • Auf schonende Zubereitung achten, um Vitamine zu erhalten. Wo finde ich soziale und finanzielle Unterstützung? Von Kostenbefreiung und Förderung bis hin zum Pflegegeld: Es gibt einige Möglichkeiten für finanzielle und soziale Förderungen, die Rheumakranke in Anspruch nehmen können. Grundsätzlich hängen die Leistungen bzw. deren Höhe vom individuellen Gesundheitszustand und den finanziellen Gegebenheiten ab. • Die erste Anlaufstelle ist das Bundessozialamt. Dort wird ein Antrag gestellt, indem der derzeitige Gesundheitszustand sowie der Grad der körperlichen Einschränkung festgestellt werden. Beträgt dieser mindestens 50%, so genießen Sie besonderen Schutz und finanzielle Erleichterungen wie besonderen Kündigungsschutz als Dienstnehmer, Förderungen und den Anspruch auf einen Behindertenpass. Nähere Auskünfte geben die Bundessozialämter bzw. unter www.basb.bmsg.gv.at • Steuer-Spar-Tipps: Wer unter einer chronischen Krankheit leidet, kann mit einer steuerlichen Erleichterung – auch durch Abschreiben von „außergewöhnlichen Belastungen“ – beim zuständigen Finanzamt rechnen. Alle Informationen finden Sie im Steuerbuch, das beim Finanzamt erhältlich ist bzw. auch unter www.bmf.gv.at • Bezug von Pflegegeld: Wenn Sie Unterstützung bei den täglichen Aufgaben brauchen, sollten Sie einen Antrag auf Pflegegeld stellen. Das Pflegegeld ist eine zweckgebundene Leistung, die für die Abdeckung von pflegebedingten Mehraufwendungen bestimmt ist. Es wird in 7 Stufen – je nach Pflegebedarf – monatlich ausbezahlt. Sie können das Pflegegeld je nach dem jeweiligen Landespflegegesetz beim Magistrat, der Bezirkshauptmannschaft bzw. dem Gemeindeamt beantragen. Siehe: www.help.gv.at -> Suche -> Pflegegeld Anprechpartner in sozialen Fragen: • Bundessozialamt: 1010 Wien, Babenbergerstraße 5, Tel. 05/99 88 (österreichweit zum Ortstarif), Fax: 05/99 88-2131, [email protected]; www.basb.bmsk.gv.at • Bundesministerium für Finanzen: 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, Bürgerservice: Tel. 0810/001 228 (österreichweit zum Ortstarif), www.bmf.gv.at • Fonds soziales Wien, Pflege und Betreuung, SozialRuf Wien: Tel. 01/533 77 77, www.fsw.at • Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (BMSK), 1010 Wien, Stubenring 1, Tel. 01/711 00 – 0, www.bmsk.gv.at, Behindertenanwaltschaft • Im Internet: www.help.gv.at • Gebührenfreie Hotlines: - Behindertenanwaltschaft: 0800/80 80 16 - Pflegetelefon: 0800/20 16 22 - Sozialtelefon: 0800/20 16 11 Selbsthilfegruppen: • Österreichische Rheumaliga (ÖRL); Daniela Loisl (Präsidentin), 1010 Wien, Mahlerstraße 3/2/7; Tel. 0699/155 41 679; www.rheumaliga.at • Österreichische Vereinigung Morbus Bechterew (ÖVMB); Ing. Paul Pocek (Präsident), 1020 Wien, Obere Augartenstraße 26-28, Tel. 01/332 28 10; www.bechterew.at • PSO Austria (Psoriatiker Vereinigung); Renate Reichl (Obfrau), 1200 Wien, Jägerstraße 3/2, Tel. 0699/10748379; www.pso-austria.at.tt Rheumaambulanzen: siehe auf www.rheumaliga.at oder www.rheumatologie.at 81 KAPITEL 11 Selbsthilfe Interview mit Daniela Loisl Rheuma verstehen (Rv): Sehr geehrte Frau Loisl, Sie sind seit 17 Jahren in Selbsthilfegruppen engagiert und seit sechs Jahren Leiterin der Österreichischen Rheumaliga. Was sind die Vorteile einer Selbsthilfegruppe für Rheumatiker? Loisl: Selbsthilfegruppen haben die Aufgabe, eine Plattform für den Erfahrungsaustausch von Betroffenen zu sein, und dienen der praktischen Lebenshilfe sowie der gegenseitigen emotionalen Unterstützung. Es geht uns als Österreichische Rheumaliga darum, unseren Mitgliedern juristische und seelische Begleitung anzubieten. Rv: Was bieten Sie Ihren Mitgliedern alles an? 82 Loisl: So Betroffene das wünschen, können sie ein Gespräch mit dem jeweiligen Landesgruppenleiter führen. Weiters gibt es mittlerweile zahlreiche Themenabende, wo wir Spezialisten zur Diskussion mit unseren Mitgliedern einladen. Weiters veranstaltet jedes Bundesland einen Rheumatag. Zusätzlich gibt die Österreichische Rheumaliga eine Zeitung viermal im Jahr unter dem Namen „Aktiv mit Rheuma“ heraus, wo wir über die wichtigsten Neuheiten – sowohl was Forschungsergebnisse als auch neue Medikamente am Markt betrifft – berichten. Rv: Was ist Ihnen mit Ihrer jahrelangen Erfahrung wichtig, Betroffenen zu vermitteln? Loisl: Betroffene sollen sich unbedingt an die wenden, die am meisten mit diesem Krankheitsbild zu tun haben, bis sie eine adäquate medikamentöse und auch nichtmedikamentöse Therapie besprochen haben. Rheuma ist eine ernsthafte Erkrankung, die man in keinem Fall auf die leichte Schulter nehmen darf. Vorsicht sei auf alle Fälle geboten vor Scharlatanen, die Ihnen vielleicht sogar raten, auf alle Medikamente verzichten zu können. Sprechen Sie mit Ihrem Rheumatologen, er ist in Ihrer Erkrankung Ihr Vertrauensarzt. Seriöse Komplementärmedizin hat eine Berechtigung, aber es soll immer ein „Miteinander“ der therapeutischen Maßnahmen sein – zum Wohle Ihrer Gesundheit. Wir sind dazu da, Betroffene zu beraten und ihnen bei Ansuchen um Unterstützungen zu helfen. Da wir alle ehrenamtlich tätig sind und bei den Krankenkassen und in der Politik um Akzeptanz von „Rheuma“ kämpfen, ist eine große Mitgliederzahl ausschlaggebend. Je mehr Rheumapatienten sich zusammenschließen, desto mehr können wir erreichen. Aus diesem Grund ersuchen wir Betroffene, sich als Mitglied anzuschließen. Rv: Wo sehen Sie heutzutage Probleme mit denen an Rheuma erkrankte Menschen zu Beginn zu kämpfen haben? Loisl: Rheuma ist keine schicke Krankheit. Ein Rheumakranker wird gerne mit „alt“ und „wehleidig“ gleichgesetzt. Die Gesellschaft akzeptiert die Erkrankten nicht. Nicht selten konnten Betroffene von Problemen am Arbeitsplatz berichten, wo sie als Tachinierer hingestellt wurden. Rv: Meinen Sie, dass es typische Phasen gibt, die ein Erkrankter nach der Diagnosestellung durchmacht? Loisl: Es ist hinlänglich bekannt, dass die Bewältigung von Erkrankungen in mehrere Phasen eingeteilt werden kann. Wir konnten immer wieder beobachten, dass nach einer „Zeit der Verzweiflung“ über die Schmerzen und womöglich das Aufgeben beliebter Gewohnheiten (Sportarten) eine Phase des „Nicht-wahrhaben-Wollens“ eintritt. Die Schübe werden im wahrsten Sinne des Wortes „weggeschoben“. Oft stellt sich danach eine Phase der „aufbrechenden Emotionen“ (Aggression und Wut) ein – so es sich um eine positive Auseinandersetzung mit der Erkrankung handelt. Oftmals kann man dann mit der Unterstützung der Angehörigen die Phase der „Anpassung und Akzeptanz“ beobachten. Die Phasen sind individuell verschieden lang. Jeder muss sich auch die Zeit zugestehen, die er sich selbst für die Bewältigung gibt. Ziel sollte es sein, sich und das Leben mit der Erkrankung anzunehmen. Wir konnten die Beobachtung machen, dass Menschen, die das Gespräch über ihre Erkrankung zulassen und Begleitung suchen, oft schon am halben Weg zur Akzeptanz ihrer Erkrankung sind. 83