WHITE PAPER www.baslerweb.com Farbkalibrierung bei Basler Kameras Was ist Farbe? Wenn man von einer bestimmten Farbe spricht, kommt es oft vor, dass sie von verschiedenen Menschen unterschiedlich beschrieben wird. Die Farbwahrnehmung wird durch das Gehirn und das menschliche Auge erzeugt. Deshalb kommt es zu unterschiedlichen subjektiven Wahrnehmungen. Durch leistungsfähige Korrekturverfahren des menschlichen Seh-Sinnes ist dies sogar bei ein und derselben Person zu beobachten. Rein physikalisch entstehen Farbeindrücke durch elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen zwischen 380 nm und 780 nm. In unseren Augen regen diese Wellen Rezeptoren mit drei unterschiedlichen Farbempfindlichkeiten an. Deren Signale werden in unserem Gehirn zu einem Farbeindruck verarbeitet. Dieses White Paper beschreibt detailliert, was Farbe ist, wie man sie in Zahlen beschreiben kann und wie eine Farbkalibrierung bei Kameras durchgeführt werden kann. Augenempfindlichkeit 2.0 Das Thema Farbe ist für zahlreiche Anwendungen relevant. Ein Beispiel ist der Bereich der Druckbildkontrolle. Druckbildkontrolle ist heute dank High-Tech ein automatisierter Prozess. Ausgeklügelte Inspektionssysteme auf Kamerabasis kontrollieren z.B. Label und Verpackungen. Oftmals kommt noch ein hoher Anspruch an die Farbwiedergabe hinzu - beispielsweise bei der Inspektion von Nahrungsmittelverpackungen, wo die dargestellten Lebensmittel „knackig“ und „frisch“ erscheinen müssen, um den Kaufanreiz zu erhöhen. Für die Inspektionssysteme zur Farbkontrolle ist eine optimierte, standardisierte Farbdarstellung wichtig, damit verschiedene Geräte und Anlagen bei gleichen Farbangaben auch das gleiche Ergebnis liefern. So wird z. B. in der Druckindustrie häufig eine Druckbildprüfung am Monitor durch das menschliche Auge durchgeführt. Die Farbe am Monitor muss dazu so realistisch wie möglich sein, damit es zu keinen Fehlentscheidungen kommt. x (λ) y (λ) z (λ) 1,5 1.0 0.5 0.0 400 500 λ 600 700 nm Abbildung 1: Farbempfindlichkeit der drei Rezeptortypen im menschlichen Auge Doch wie beschreibt man Farben, um damit in technischen Anwendungen umgehen zu können? Auf diese Frage wurde im Laufe der Zeit mehr als eine Antwort gefunden. Schon 1931 hat die Internationale Beleuchtungskommission (CIE = Commission Internationale de l‘Éclairage) den Yxy-Farbraum definiert, in dem alle Farben beschrieben werden, die vom menschlichen Auge gesehen werden können. Die Kommission ist eine unabhängige Organisation, die sich die internationale Kooperation zum Informationsaustausch, Dies ist nur eines von vielen Anwendungsbeispielen, in denen es auf hohe Farbgenauigkeit ankommt. 1 beispielsweise in Belangen der Beleuchtung, zum Ziel gesetzt hat. Grafisch veranschaulicht wird der Yxy-Farbraum durch die „schuhsohlenförmige“ Normfarbtafel des CIE-Farbsystems. In dieser Farbtafel wird jede Farbe durch einen Punkt in einer Ebene repräsentiert. Die Lage des Punktes wird mit den Variablen x, y und Y beschrieben. Dabei steht x für die Rot-/Purpurachse und y für die Grünachse. Die Y-Achse enthält die Angaben zur Helligkeit des jeweiligen Farbtons und ist in der Normfarbtafel nicht wiedergegeben (letztere ist vielmehr eine Projektion des gesamten Farbraums auf eine Ebene). Vorteile des sRGB-Farbraums Der sRGB (standard RGB)-Farbraum wurde 1996 von HP und Microsoft eingeführt. Hierbei handelt es sich um den wichtigsten Standard-Farbraum, der auf fast jedem Monitor oder Drucker und in jedem Betriebssystem, Browser und jeder Software und Internetseite angewendet werden kann. Er ist relativ einfach realisierbar und weit verbreitet, allerdings auch bezüglich des Bereichs der darstellbaren Farben eingeschränkt. Ein Nachteil, den der Yxy-Farbraum aufweist ist, dass auch solche Farben gezeigt werden, die das menschliche Auge nicht mehr wahrnimmt. Dadurch wird dieser Farbraum etwas unhandlich. Andererseits lassen sich in diesem Farbraum alle wahrnehmbaren Farben darstellen. Abbildung 3: Vergleich unterschiedlicher Farbsysteme in der Normfarbtafel des CIE-Farbsystems Möchte man dagegen den wesentlich größeren Farbraum Wide Gamut RGB (z.B. Adobe RGB) verwenden, wird die Kalibration aller technischen Aufnahme- und Wiedergabegeräte deutlich komplexer und fehleranfälliger. 0.9 520 0,8 540 Abbildung 2: Normfarbtafel des CIE-Farbsystems Wide Gamut RGB 0,7 Adobe RGB Verschiedene Farbräume NTSC 500 Für unterschiedliche technische Anwendungen gibt es jeweils typische alternative Farbbeschreibungen und Verfahren, deren Darstellungsvermögen durch verschiedene Teilbereiche im Yxy-Farbraum veranschaulicht werden können, z.B. für Fernseh-Farbverfahren wie NTSC, PAL oder SECAM, für das subtraktive Farbmodell CMYK (Cyan, Magenta, Yellow, Key) aus dem Bereich des Farbdrucks, für Wide Gamut RGB und Adobe RGB für professionelle Farbreproduktion oder sRGB (standard RGB) für CRT-Monitore und das Internet. Die darstellbaren Farbräume all dieser genannten Verfahren können im Yxy-Farbraum als Teilbereiche eingezeichnet und verglichen werden. 2 560 PAL/SECAN 0,6 sRGB Euroscale Coated CMYK 0,5 580 3000 K 0,4 D50 D55 D65 D75 D9300 0,3 A 4000 K 2000 K C 10000 K 15000 K 600 1500 K B 1000 K E 620 640 700 Unendlich 0,2 480 0,1 0,1 460 380 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 Abbildung 4: Lage und Größe des sRGB-Farbraums (Dreieck) in der Normfarbtafel des CIE-Farbsystems Vorteile einer kalibrierten Kamera Mit einer kalibrierten Kamera entsprechen die Farben auf dem sRGB-Monitor weitgehend den Farben, wie sie in der Wirklichkeit erscheinen. Mit einer kalibrierten Kamera können Sie Farben messen und normierte Farbwerte weitergeben. Dies ist besonders für die Druckindustrie sehr wichtig. Bei einer kalibrierten Kamera sind die Farben der Aufnahme mit Sollwerten vergleichbar. Das ist die Voraussetzung zur Erreichung einer originalgetreuen Farbaufnahme. Abbildung 6: Chrominanz-Anteil des YUV-Systems Abbildung 5: Darstellung des RGB-Farbraumes mit R-, G- und B-Achse Abbildung 7: Darstellung des HSV-Systems Verschiedene Farbsysteme Bei einem Farbsystem handelt es sich um eine bestimmte Darstellungsweise jeder Farbe innerhalb des Farbraumes. Trotz der Vielzahl unterschiedlicher Farbsysteme gibt es unter allen eine Gemeinsamkeit: In jedem Farbsystem benötigt man mindestens drei Werte zur Beschreibung einer bestimmten Farbe, z. B. die Werte R (Rot), G (Grün) und B (Blau) im sRGB-System, oder die Werte Y (Yellow), M (Magenta) und C (Cyan) im YMC-System. In anderen Systemen wird die Farbe durch zwei Werte und die Helligkeit mit dem dritten Wert beschrieben, z. B. im YUV (Luminanz Y und Chrominanz U und V), im schon genannten Yxy-System oder auch im HSV (Hue, Saturation, Value oder Farbton, Sättigung, Dunkelstufe)-System. Warum gibt es verschiedene Systeme? Der Grund dafür ist, dass die unterschiedlichen Systeme für unterschiedliche Aspekte des farbigen Bildes optimiert sind. Die Darstellung des RGB-Farbraums (Abb. 5) eignet sich beispielsweise gut zur Darstellung der RGB-Werte gängiger Aufnahme- und Anzeigegeräte. Die Darstellung des HSV-Systems (Abb. 7) ist dagegen aussagekräftig, wenn man die drei Parameter Helligkeit, Sättigung und Farbkontrast getrennt betrachten möchte. Das YUV-Modell (Abb. 6) ist in der 3 Fernsehtechnik verbreitet und bietet Vorteile hinsichtlich der Übertragung von Bildern und der Kompatibilität mit älteren Schwarz-WeißEmpfangsgeräten. Vier Schritte der Farbkalibrierung bei Basler Eine Farbkamera verwendet mehrere Pixel mit jeweils unterschiedlichen Farbfiltern, um den Farbeindruck der realen Situation für jeden Ort im Bild durch drei Farbwerte zu reproduzieren. Da diese Farbwerte unkorrigiert nicht nur von den technischen Details der Kamera, sondern auch von der Beleuchtung und anderen Faktoren abhängen können, muss man etwas Aufwand betreiben, bevor man mit den Farbwerten der Kamera zuverlässig arbeiten kann. Um Farben mit einer Kamera realistisch erfassen zu können, benötigt man nämlich eine Farbkalibrierung. Die leistungsfähige Farbkalibrierung bei Basler ist ein durchdachter und standardisierter Prozess, der aus vier Schritten besteht: dem Weißabgleich, der Gammakorrektur, einer Matrix-Korrektur und der Korrektur mit einem Sechs-Achsen-Operator. Auf diese vier Schritte wird im Folgenden näher eingegangen. 2. Schritt Gammakorrektur Die Farbkalibrierung erfolgt, indem man alle 24 Felder (18 farbige und 6 graue) des Greta Macbeth ColorChecker®, einem Standard-Tool für die Farbkalibrierung, möglichst unverfälscht erfasst. Nachdem die grauen Felder durch den Weißabgleich nun tatsächlich grau sind und keinen Farbstich mehr haben, wird über die Gammakorrektur die Helligkeit der Felder an die Wahrnehmung des menschlichen Auges anpasst. Im Gegensatz zu einem Kamerasensor nimmt der Mensch Helligkeitsunterschiede nicht linear wahr. Stattdessen werden Helligkeitsunterschiede in dunklen Bereichen verstärkt wahrgenommen, während sie im Hellen abgeschwächt erscheinen. Das beeinflusst auch die Farbwahrnehmung massiv. Ohne eine korrekte Gammakorrektur ist eine Farbdarstellung nicht möglich, weil die Farbsättigung sonst abhängig von der Helligkeit wäre. Farbkalibrierung Abbildung 8: Greta Macbeth ColorChecker®, aufgenommen mit unkalibrierter Kamera (oben) und dargestellt mit den theoretischen Zielwerten (unten) 3.Matrix-Korrektur Ziel ist, dass die Kamera die Farben möglichst genau so erfasst wie das menschliche Auge. 1.Schritt - Weißabgleich Die Kalibrierung konzentriert sich im ersten Schritt, dem Weißabgleich, auf die grauen Quadrate in der unteren Zeile des Greta Macbeth ColorChecker®. Der Weißabgleich passt die drei Farbkanäle so an die Beleuchtung an, dass ein Grauton entsteht - in gleicher Weise wie es auch das menschliche Auge macht. Der Name der Korrektur nimmt Bezug auf die rechnerische Umsetzung der Operation, in der die Eingangswerte durch eine sogenannte MatrixMultiplikation in die korrigierten Werte überführt werden. Die Matrix-Korrektur versucht die spektrale Empfindlichkeit der Farbpixel im Sensor (Farbfilter des Sensors) an die spektrale Empfindlichkeit der Rezeptoren des Auges anzupassen. Dieser Korrekturschritt arbeitet mit nur sechs freien Parametern. Daher ist das Ergebnis in der Regel noch nicht optimal. Diese Lücke schließt der nächste Korrekturschritt. 4. Korrektur mit dem Sechs-Achsen-Operator Start 1. Schritt 2. Schritt Weißabgleich Gammakorrektur Der Sechs-Achsen-Operator dient zur Feinkorrektur der Farbdarstellung. Im Gegensatz zur MatrixKorrektur erfolgt seine Einstellung intuitiv. Der Benutzer kann diesen Korrekturschritt also außerdem dazu nutzen, die Darstellung an sein persönliches Farbempfinden anzupassen. 3. Schritt Ziel MatrixKorrektur 4. Schritt Fast perfekt Sechs-Achsen Operator Abbildung 9: Veranschaulichung der vier Schritte zu einer guten Farbkalibrierung: Weißabgleich, Gammakorrektur, Matrix-Korrektur und Korrektur mit Sechs-Achsen-Operator 4 Bei Basler Kameras kann mithilfe der pylon Software in wenigen Schritten eine Farbkalibrierung durchgeführt werden. 1,0 In Gammakorrektur 1 2,2 0,5 0,5 0,218 0,5 0,218 CRT gamma 2,2 0 Out 0 0,5 1,0 Abbildung 10: Helligkeitswahrnehmung des menschlichen Auges bzw der Kamera (obere Kurve mit Gamma 1 / 2,2) und GammaKorrektur der Ausgabegeräte (untere Kurve mit Gamma 2,2) Abbildung 11: Farbkalibrierung bei Basler Kameras über die pylon GUI 3. Schritt Matrixkorrektur Abbildung 12: ∆ E vor (links) und nach der Farbkalibrierung (rechts) Fazit mit ∆E > 5 wird als eine andere Farbe wahrgenommen. Industriekameras ohne Farbkorrektur liegen bei einem ∆E von 10 bis 20. Wie gut die Farbdarstellung einer Kamera ist, kann über den Farbfehler(∆E) beurteilt werden. Durch die Farbkalibrierung erreichen Basler Kameras ein∆E von 3-4, was den hohen Standards der Druckindustrie entspricht. ∆E ist ein Maß für den vom Menschen wahrgenommenen Farbunterschied zweier Farben. Ein Farbunterschied von ∆E < 1 ist kaum wahrnehmbar, eine Farbe 06/2012 Basler AG Germany, Headquarters USA Asia Tel. +49 4102 463 500 Tel. +1 610 280 0171 Tel. +65 6425 0472 Fax +49 4102 463 599 Fax +1 610 280 7608 Fax +65 6425 0473 [email protected] [email protected] [email protected] baslerweb.com 5