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Jahrbuch der
Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
düsseldorf university press
Jahrbuch der
Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
Jahrbuch der
Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
Herausgegeben vom Rektor
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Univ.-Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch
Konzeption und Redaktion:
Univ.-Prof. em. Dr. Hans Süssmuth
© düsseldorf university press, Düsseldorf 2008
Einbandgestaltung: Wiedemeier & Martin, Düsseldorf
Titelbild: Schloss Mickeln, Tagungszentrum der Universität
Redaktionsassistenz: Georg Stüttgen
Beratung: Friedrich-K. Unterweg
Satz: Friedhelm Sowa, LATEX
Herstellung: Uniprint International BV, Meppel, Niederlande
Gesetzt aus der Adobe Times
ISBN 978-3-940671-10-3
Inhalt
Vorwort des Rektors Alfons Labisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Grußwort des Amtsnachfolgers H. Michael Piper. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Gedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Hochschulrat
A NNE -J OSÉ PAULSEN
Der Hochschulrat der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . 23
Rektorat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
A LFONS L ABISCH
Zur Lage und zu den Perspektiven der
deutschen Universität in unserer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
M ATTHIAS H OFER , NATALIE B ÖDDICKER und H ILDEGARD H AMMER
Lehren – entweder man kann es, oder man kann es lernen!
Hochschuldidaktik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. . . . . . . . . . . 43
H ILDEGARD H AMMER , D ORIS H ILDESHEIM , V ICTORIA M EINSCHÄFER
und J UTTA S CHNEIDER
Die Campus-Messe der Heinrich-Heine-Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Medizinische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
B ERND N ÜRNBERG (Dekan)
Düsseldorfer Hochschulmedizin 2008:
Die Zukunft hat längst begonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
I NGE BAUER , L EONIE H ALVERSCHEID und B ENEDIKT PANNEN
Hepatoprotektive Wirkungen des Hämoxygenase-Stoffwechsels:
Der Einfluss von Anästhetika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
A RNDT B ORKHARDT
Biologische Grundlagen der Immunrekonstitution nach
allogener Stammzelltransplantation bei Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . 117
L ARS C HRISTIAN RUMP und O LIVER VONEND
Pathomechanismen der arteriellen Hypertonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
J ÖRG S CHIPPER
Gründung und Aufbau des „Hörzentrums Düsseldorf“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
6
Inhalt
ATTILA S TEPHAN A NTAL , G ABRIELA K UKOVA und B ERNHARD H OMEY
Juckreiz: Vom Symptom zum Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
W OLFGANG W ÖLWER und W OLFGANG G AEBEL
Kompetenznetz Schizophrenie: Konzept, Ergebnisse, Perspektiven . . . . . . . . . 153
S TEPHAN L UDWIG ROTH und W ILFRIED B UDACH
Überlebensvorteil durch präoperative Radiochemotherapie beim lokal
fortgeschrittenen, nicht-inflammatorischen Brustkrebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
G EORG W INTERER
Nikotin: Molekulare und physiologische Mechanismen im Zentralen Nervensystem – Ein neues nationales Schwerpunktprogramm der Deutschen
Forschungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
U LRICH RÜTHER (Dekan)
Die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät im Jahr 2008 . . . . . . . . . . . 209
M ARTIN M ÖHLE
Nachkommen und Vorfahren im Blickpunkt der
Mathematischen Populationsgenetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
J ÜRGEN K LÜNERS
Faktorisierung von Polynomen –
Ein wichtiges Problem der Computeralgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
M ARTIN L ERCHER
Wie Bakterien an neue Gene kommen und was sie damit machen . . . . . . . . . . . 237
M ATTHIAS U. K ASSACK , A LEXANDRA H AMACHER und N IELS E CKSTEIN
Resistenzmechanismen von Tumoren gegen Platinkomplexe:
Neue Drug Targets und diagnostische Marker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
M ARGARETE BAIER
Sicherheit und Kontrolle im pflanzlichen Kraftwerk –
Beiträge zur Regulation des plastidären antioxidativen Schutzsystems . . . . . . 263
S EBASTIAN S. H ORN , R EBEKAH E. S MITH , and U TE J. BAYEN
A Multinomial Model of Event-Based Prospective Memory . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Inhalt
7
Philosophische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
U LRICH VON A LEMANN (Dekan)
Wissenschaft. Leben – Die Philosophische Fakultät als
tragende Säule von Lehre und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
M ICHAEL BAURMANN
Soziologie des Fundamentalismus:
Der Ansatz der sozialen Erkenntnistheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
A XEL B ÜHLER und P ETER T EPE
Kognitive und aneignende Interpretation in der Hermeneutik. . . . . . . . . . . . . . . . 315
ROBERT D. VAN VALIN , J R .
Universal Grammar and Universals of Grammars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
G ERD K RUMEICH
Nationalsozialismus und Erster Weltkrieg –
Ein Forschungsprojekt des Historischen Seminars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
A NNETTE S CHAD -S EIFERT
Heiratsverhalten, sinkende Geburtenrate
und Beschäftigungswandel in Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
K ARL -H EINZ R EUBAND
Rauchverbote in Kneipen und Restaurants. Reaktion der Bürger und der
gastronomischen Betriebe – Das Beispiel Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
G UIDO F ÖRSTER (Dekan)
Situation und Perspektiven der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät . . . . . 385
W INFRIED H AMEL
Autonomie des Unternehmens – ein frommes Märchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395
U LRIKE N EYER
Die Verzinsung der Mindestreserve und die Flexibilität
der Geldpolitik im Eurogebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
8
Inhalt
Juristische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421
D IRK L OOSCHELDERS (Dekan)
Situation und Perspektiven der Juristischen Fakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423
N ICOLA P REUSS
Die Reform der Juristenausbildung unter den
Rahmenbedingungen des reglementierten Rechtsberatungsmarktes . . . . . . . . . 429
K LAUS -D IETER D RÜEN
Steuerliche Förderung von Wissenschaft und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
C HRISTIAN K ERSTING
Informationshaftung Dritter: Vertrauen auf Verlässlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
JAN B USCHE , A NETTE T RAUDE und J OHANNA B OECK -H EUWINKEL
Herausforderungen und Chancen bei der Sicherung und Verwertung von
„Intellectual Property“ durch die Hochschulen – Der Düsseldorfer Weg . . . . 471
Zentrale wissenschaftliche Einrichtungen
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Humanwissenschaftlich-Medizinisches Forschungszentrum
Zur Diskussion gestellt: Stammzellforschung
J OHANNES R EITER
Menschenwürde oder Forschungsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487
D IETER B IRNBACHER
Ist die Stammzellforschung unmoralisch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
Gesellschaft von Freunden und Förderern der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V.
OTHMAR K ALTHOFF
Jahresbericht 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503
Private Stiftungen für die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
C HRISTOPH J. B ÖRNER und H. J ÖRG T HIEME
Die Schwarz-Schütte-Förderstiftung für die
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507
Sonderforschungsbereiche der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
J EAN K RUTMANN und F RITZ B OEGE
Der Sonderforschungsbereich 728
„Umweltinduzierte Alterungsprozesse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
P ETER W ESTHOFF
Wie Zellen verschieden werden – Der Sonderforschungsbereich 590. . . . . . . . 531
Inhalt
9
Graduiertenkollegs der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
R EGINE K AHL
Das Graduiertenkolleg 1427
„Nahrungsinhaltsstoffe als Signalgeber
nukleärer Rezeptoren im Darm“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
Graduiertenausbildung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
C HRISTIAN D UMPITAK , L UTZ S CHMITT und D IETER W ILLBOLD
Die NRW-Forschungsschule BioStruct – Neue Wege interdisziplinärer
Graduiertenausbildung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . 555
Nachwuchsforschergruppen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
DANIEL S CHUBERT
Epigenetische Kontrolle der Pflanzenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
Kooperation der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
und des Forschungszentrums Jülich
K ARL Z ILLES
Medizin im Forschungszentrum Jülich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
K ARL -E RICH JAEGER und M ANFRED K IRCHER
Der Cluster für Industrielle Biotechnologie – CLIB2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
Ausgründungen aus der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
J OACHIM J OSE , RUTH M. M AAS und G UNTER F ESTEL
Autodisplay Biotech GmbH – Entwicklung von maßgeschneiderten
Ganzzellbiokatalysatoren und small protein drugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
Zentrale Einrichtungen der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Zentrale Verwaltung
S ÖNKE B IEL
Hochschulstandortentwicklungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
Universitäts- und Landesbibliothek
I RMGARD S IEBERT
Elektronische Medien in der Informationsversorgung der Universitäts- und
Landesbibliothek Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
10
Inhalt
Zentrum für Informations- und Medientechnologie
E LISABETH D REGGER -C APPEL und S TEPHAN O LBRICH
Erneuerung der Server- und Speicherinfrastruktur am ZIM –
Basis für zentrale Dienste zur dezentralen IKM-Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . 653
Sammlungen in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
J UDITH VOLLMER und M AX P LASSMANN
40 Jahre „1968“ – 30 Jahre Studierendenstreik 1977/1978.
Studentischer Protest im Spiegel der Plakat- und Flugblattsammlungen des
Universitätsarchivs Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669
G ISELA M ILLER -K IPP
Die Sammlung „Janusz Korczak“ der Universitäts- und Landesbibliothek
Düsseldorf und ein Versuch, Janusz Korczak als „Klassiker“ der Pädagogik zu lesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 687
RUDOLF S CHMITT-F ÖLLER
Die Flechtheim-Sammlung der Universitätsund Landesbibliothek Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
Geschichte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
U LF PALLME KÖNIG
Die Gründungsgeschichte der Juristischen Fakultät
der Heinrich-Heine-Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723
S VENJA W ESTER und M AX P LASSMANN
Univ.-Prof. Dr. Hans-Joachim Jesdinsky und die
Einführung der Medizinischen Statistik an der Universität Düsseldorf . . . . . . 727
Forum Kunst
J ÜRGEN W IENER
Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung der Heinrich-Heine-Universität:
Eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743
Chronik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
ROLF W ILLHARDT
Chronik 2007/2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775
Campus-Orientierungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787
Daten und Abbildungen aus dem Zahlenspiegel
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793
Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805
A RNDT B ORKHARDT
Biologische Grundlagen der Immunrekonstitution
nach allogener Stammzelltransplantation
bei Kindern und Jugendlichen
Die allogene Stammzelltransplantation (alloSCT) stellt für einen signifikanten Anteil von
Kindern mit bösartigen Erkrankungen (circa 20 Prozent der akuten lymphatischen Leukämien, 30 bis 50 Prozent der akuten myeloischen Leukämien, 100 Prozent der myelodysplastischen Syndrome und so weiter) sowie für eine Reihe von Patienten mit angeborenen
Erkrankungen (Immundefekterkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Osteopetrose, Erkrankungen der Hämoglobinsynthese und andere) die einzige etablierte kurative Therapieoption dar. Die jüngere Entwicklung der Stammzelltransplantation ist dabei unter anderem
durch folgende Merkmale charakterisiert:
•
•
•
•
deutliche Verbesserung der Spendersituation durch verbesserte HLA-Typisierung, umfassende Vernetzung der Spenderdateien, verbesserte Melde- und Transportlogistik sowie Nutzung unterschiedlicher Stammzellquellen (Knochenmark, Nabelschurrestblut,
Entwicklung der haploidentischen SCT) für die Transplantation;
verbesserte infektiologische Kontrolle insbesondere von bakteriellen und mykotischen
Infektionen durch neue Antibiotika und Antimykotika sowie die Herstellung virusspezifischer T-Zellen für den klinischen Einsatz;
Entwicklung von Verfahren der adoptiven Immuntherapie (T- und NK-Zelltherapie)
zur Aufrechterhaltung eines dauerhaften Graft-versus-Leukemia-Effektes (GvL-Effektes), insbesondere für die malignen Erkrankungen der Myelopoese;
verbesserte Prophylaxe und Therapie der akuten und chronischen Graft-versus-HostErkrankung (GvHD) durch hochauflösende (molekular-genetische) HLA-Typisierung,
neue Immunsuppressiva, extrakorporale Photophoresetechniken und so weiter.
Die alloSCT geht jedoch mit einer tiefgreifenden, lang dauernden Kompromittierung
des Immunsystems – insbesondere der Thymusfunktion – einher.1 Die je nach Transplantationsverfahren unterschiedlich stark ausgeprägte Störung der T-Zellfunktion hält Monate
bis Jahre nach der alloSCT an und resultiert unter Umständen in (oft tödlichen) viralen
Komplikationen. Bei malignen Erkrankungen ist ein dauerhafter über T-Zellen vermittelter GvL-Effekt Voraussetzung für das Langzeitüberleben. Bis zur vollständigen Wiederherstellung eines funktionierenden (Spender-)Immunsystems sind die Kinder diesen
erhöhten Infektions- und Rückfallrisiken ausgesetzt.
Die gegenwärtigen Aussagen zur Langzeitprognose, die Empfehlungen für die mögliche Wiedereingliederung der Kinder in den Kindergarten und die Schule, die Durchfüh1
Vgl. Levinsky (1989), Slavin und Kedar (1988), Kolb et al. (2004) sowie Wils und Cornelissen (2005).
118
Arndt Borkhardt
rung von Impfungen und so weiter basieren in der Regel auf empirischen Querschnittsuntersuchungen und berücksichtigen nicht das individuelle Ausmaß und die Dynamik, mit
der sich das transplantierte Immunsystem im Empfänger rekonstituiert.2 Interventionsversuche, um die allgemeine antigenunabhängige Immunfunktion nach alloSCT möglichst
rasch wieder herzustellen, wurden bisher nur in kleineren Studien untersucht.3
Die Regeneration des T-Zellsystems beinhaltet insbesondere bei Kindern zwei Komponenten, eine thymusabhängige Reifung sowie die periphere T-Zellexpansion.4 Die Reifungsprozesse dieser beiden Kompartimente für die Ausbildung spezifischer Immunität
zu nutzen setzt jedoch die genaue Kenntnis der Regenerationsprozesse in Abhängigkeit
vom Alter der Patienten, der Intensität der Konditionierung sowie der HLA-Kompatibilität des Transplantats voraus. Dies gilt auch für immuntherapeutische Strategien. Während
die komplette Regeneration des Immunsystems die Entwicklung eines breiten T-Zellrepertoires voraussetzt, lässt sich bereits vorher in der Phase der Lymphopenie die Spezifität des
T-Zellrepertoires durch die gezielte Präsentation von Antigenen im Rahmen von Impfansätzen beeinflussen.
An der Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und Klinische Immunologie der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf werden seit 1988 Kinder mit malignen und angeborenen Erkrankungen unter Einbeziehung der jeweils neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Entwicklungen transplantiert.
Das zellbiologisch-molekulargenetische Methodenspektrum
zur Überwachung der Immunfunktion
Im Zusammenhang mit der Etablierung des Transregio-Sonderforschungsbereichs 36
„Prinzipien und Anwendung der T-Zell-Therapie“ (Sprecher: Univ.-Prof. Dr. Thomas
Blankenstein, Berlin, und Univ.-Prof. Dr. Dolores Schendel, München) sind an der Klinik für Kinder-Onkologie folgende molekularbiologische Techniken etabliert worden:
•
Spektratyping der complementarity-determining region 3 (CDR3-Region; siehe Abb.
1 und 2);
•
Klonierung und Sequenzierung einzelner T-Zell-Klone;
•
Klonspezifische quantitative PCR, T-Zell-Monitoring nach alloSCT;
•
Quantifizierung von recent thymic emigrants durch Bestimmung der T-cell-receptor
excision circles (TRECS);
•
Expressionsprofiling von mRNA- und mikro-RNA-Genen.
In der Vergangenheit wurden bereits erfolgreich durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinderonkologie Düsseldorf (PD Dr. Dagmar Dilloo) multizentrische klinische
Studien zur Optimierung der T-Zellfunktion nach SCT initiiert und geleitet. Hier ist vor
allem die klinische Studie „Immunogenität des DtaP-IPV-Hib-HBV-Kombinationsimpfstoffs Infanrix hexa™ und des 7-valenten Pneumokokkenkonjugatimpfstof Prevenar™ bei
Kindern nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation“ zu nennen. An dem
2
3
4
Vgl. Gordon et al. (1997) sowie Ochs et al. (1995).
Vgl. Kook et al. (1997), Weinberg et al. (1995) sowie Armitage et al. (1986).
Vgl. F RY et al. (2004).
Biologische Grundlagen der Immunrekonstitution nach allogener Stammzelltransplantation 119
Abb. 1: Aufbau des T-Zell-Rezeptors. Durch zufällige Inkorporation von einzelnen Nukleotiden in der
variablen CDR3-Region entstehen unterschiedlich lange PCR-Produkte. Bei einem Immungesunden mit einem umfangreichen, vollständigen Repertoire verschiedenster T-Zell-Rezeptoren
entsteht eine Gauß’sche Normalverteilung.
Abb. 2: Analyse des T-Zell-Repertoires bei einem knochenmarktransplantierten Kind drei und zwölf
Monate nach der Transplantation. Man beachte die Zunahme der verschieden Peaks, die auf
eine vollständige Wiederherstellung des Z-Zell-Kompartiments hindeuten.
120
Arndt Borkhardt
Düsseldorfer Impfprotokoll sind über zehn Kliniken der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische
Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation beteiligt.
Im Gegensatz zur relativ raschen Wiederherstellung der Bestandteile der angeborenen
Immunität (innate immunity) – der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und des Granulozyten/Makrophagen-Systems – bleiben B-und T-Lymphozyten sowohl in Anzahl als
auch Funktion für eine relativ lange Zeit (> 6-12-18 Monate) nach der SCT insuffizient.
So erreichen Erwachsene aufgrund der in der Regel fortgeschrittenen Thymusinvolution
während ihres gesamten weiteren Lebens vermutlich sehr selten wieder ein volles polyklonales T-Zell-Repertoire.5 Die „posttransplantationsassoziierte“ lymphozytäre Defizienz geht mit einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko sowie einem erhöhten Rezidivrisiko
einher. Gleichzeitig bietet die Phase der Lymphopenie auch die Chance, das T-Zellrepertoire durch wirkungsvolle Antigenpräsentation zu einer definierten Spezifität hin zu
verschieben. Inwieweit eine prolongierte Immundefizienz nach Transplantation auch die
Entstehung von Zweittumoren beeinflusst, ist nicht untersucht. Letzterer Gesichtspunkt
ist jedoch gerade in der Pädiatrie von besonderer Bedeutung; die Risikoabschätzung für
die Entwicklung von Sekundärtumoren bei Kindern nach alloSCT erscheint zum Teil widersprüchlich.6 Unzweifelhaft spielen hierbei auch die Art der Konditionierung (Bestrahlung?), die Stammzellquelle, das Auftreten einer GvHD und andere Faktoren im komplexen Zusammenspiel eine Rolle.
Folgende (sich zum Teil überlappende) Themengebiete müssen in zukünftigen Untersuchungen adressiert werden:
Verbesserung der Thymusfunktion
Bei der T-Zellrekonstitution nach alloSCT sind prinzipiell zwei Wege zu unterscheiden:
Zum einen kommt es unabhängig vom Thymus durch Antigen-Stimulation und Stimulation über Zytokine wie IL2, IL7 und IL15 zur peripheren Expansion von transplantierten
reifen Spender-T-Zellen mit vergleichsweise geringer Diverzifizierung des T-Zellrepertoirs.7 Zum anderen – und wesentlicheren Anteil – ermöglicht insbesondere bei Kindern
und jungen Erwachsenen der zweite thymusabhängige Weg der T-Zellrekonstitution auch
die Generierung von naiven T-Zellen aus Spender-T-Vorläuferzellen, die eine dauerhafte
Rekonstitution des T-Zellsystems mit einem breiten T-Zellrepertoire erlaubt. Die thymusabhängige T-Zellregeneration lässt sich über die Quantifizierung von recent thymic emigrants mit Hilfe der quantitiven PCR von T-cell-receptor excision circles (TRECS), die
durch Deletionen beim T-Zellrezeptorearrangement entstehen, ermitteln. Nach alloSCT ist
eine gesteigerte TREC-Produktion mit der Generierung naiver T-Zellen und mit den kritischen Outcome-Parametern nach Transplantation wie einem niedrigeren GvHD-Risiko
oder einer niedrigeren Inzidenz von opportunistischen Infektionen sowie einem verbesserten Überleben assoziiert. Dabei ist bereits die gesteigerte TREC-Produktion des Empfängers vor der Transplantation prädiktiv für das Transplantationsergebnis.8
5
6
7
8
Vgl. Small et al. (1999) sowie Parkman und Weinberg (1997).
Vgl. Ortega et al. (2005), Hasegawa et al. (2005) sowie Cutler et al. (2001).
Vgl. Honda et al. (2000).
Vgl. Clave et al. (2005).
Biologische Grundlagen der Immunrekonstitution nach allogener Stammzelltransplantation 121
Adoptiver Transfer von lymphatischen Vorläuferzellen
Eine immunologische Unterscheidung der lymphozytären (CLPs) von den myelozytären
hämatopoetischen Präkursorzellen (CMPs) würde die praktische Möglichkeit der Übertragung nach der alloSCT eröffnen. So hat sich der adoptive Transfer von CMPs im Mausmodell als effektiver Schutz vor Infektionen mit den klinisch hochrelevanten Erregern Pseudomonas aeruginosa and Aspergillus fumigatus erwiesen.9 Demgegenüber war es bei dem
Transfer von CLPs überraschend, dass auch thymektomierte Mäuse einen erhöhten Infektionsschutz (gegen murine CMV-Infektion) aufwiesen, was auf eine verbesserte und
raschere Reifung von extrathymischen CD8+-Zellen hinwies.10 Allerdings differenzierte
die Mehrheit der adoptiv übertragenen lymphozytären Precursoren in Richtung der BZell-Linie. Die Übertragung von bereits in T-Zell-Richtung „determinierter“ Lymphozyten (CD62L+) oder direkter thymischer Vorläuferzellen könnte hier gegebenenfalls den
positiven Effekt auf die T-Zell-Rekonstitution verstärken. Im Gegensatz zur Übertragung
reifer T-Lymphozyten scheint die Übertragung von CLPs auch ein geringeres Risiko für
das Entstehen einer GvHD zu bergen, indem alloreaktive T-Zellen bei den Rezipienten effektiv durch die im Thymus stattfindende Negativselektion eliminiert werden. Dies ist ein
weiterer Hinweis darauf, dass ein geringes GvHD-Risiko an eine ausreichende Thymusfunktion gekoppelt ist. Inwieweit jedoch diese tierexperimentellen Daten sowie die ersten
klinischen Daten in größere klinische Studienprotokolle zu übertragen sind, ist derzeit
noch offen.
Ansätze zur Optimierung der Toleranzinduktion
Thymusgewebe wurde auch bei Patienten nach solider Organtransplantation zur Induktion
einer zentralen Toleranz – bisher mit wechselndem Erfolg – übertragen. Auch bei der alloSCT ist die thymusabhängige T-Zellregeneration für eine gesteigerte Toleranzinduktion
erforderlich (siehe oben). Dies beruht zum einen auf der Deletion empfängerspezifischer
T-Lymphozyten. Doch spielt der Thymus nicht nur für die Regeneration naiver T-Zellen
eine entscheidende Rolle, sondern auch für die Generierung der so genannten natürlichen
regulatorischen T-Zellen (Treg). Diese CD25-hochexprimierenden(high)/Foxp3-positiven
Tregs sind in der Lage, in der Phase der Lymphopenie-induzierten T-Zellproliferation bei
CD4-positiven T-Zellen eine klonale Anergie zu induzieren.11 Auch ist inzwischen bekannt, dass die Abwesenheit von Tregs einen der Schlüsselmechanismen für erfolgreiche
immuntherapeutische Interventionen in der Lymphopenie darstellt.12
Dabei ist davon auszugehen, dass die Rekonstitution zumindest der thymusabhängigen
Tregs bei Kindern und Erwachsenen nach SCT unterschiedlich verläuft. Darüber hinaus
wurde kürzlich gezeigt, dass periphere CD25high/Foxp3-positive Tregs auch durch den
schnellen Umsatz eines hochproliferativen CD4-positiven memory-T-Zellpools in der Peripherie generiert werden können.13 Die Charakterisierung der Kinetik der quantitativen
und qualitativen Treg-Regeneration stellt vermutlich eine Schlüsselvoraussetzung für die
9
Vgl. Bitmansour et al. (2002).
Vgl. Arber et al. (2003).
11 Vgl. Khazaie und von Boehmer (2006).
12 Vgl. Gattinoni et al. (2005).
13 Vgl. Vukmanovic-Stejic et al. (2006).
10
122
Arndt Borkhardt
differenzielle Manipulation des GvHD/GvL-Gleichgewichtes mit dem Ziel der Optimierung antineoplastischer Reaktivität dar.
Ein alternativer thymusunabhängiger Ansatz zur Toleranzinduktion stellt im Sinne des
adoptiven Transfers die Kotransplantation mesenchymaler Stromazellen (MSZ) dar. Neben der Fähigkeit zur Unterstützung der Hämatopoese sind die immunmodulierenden Eigenschaften mesenchymaler Stromazellen immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses
zellbasierter immuntherapeutischer Konzepte gerückt. Während in einzelnen Fällen der
Einsatz von MSZ zur Behandlung der therapierefraktären GvHD erfolgreich war, ist derzeit weitgehend ungeklärt, ob durch die Applikation von MSZ die GvHD ohne gleichzeitige Beeinträchtigung des GvL-Effektes verhindert werden kann.14 Dabei ist der geeignete Zeitpunkt im Rahmen der Immunrekonstitution nach HSZT für den Einsatz von MSZ
wahrscheinlich eine wichtige Komponente, um die potenziell differenzielle Wirkung von
MSZ auf den GvH- versus GvL-Effekt ausnutzen zu können.
Wirkungsweise von Wachstumsfaktoren und Hormonen
Sexualhormone werden unter anderem für den progressiven Verlust der Thymusfunktion
in Abhängigkeit vom Alter verantwortlich gemacht. Da die Zellularität des Thymus und
die Zahl der aus dem Thymus emigrierenden Zellen eng miteinander korrelieren, schränkt
die altersabhängige Involution des Thymus auch das polyklonale T-Zellrezeptor-Repertoir von sowohl CD4- als auch CD8-positiven Zellen ein.15 Androgene, Progesteron und
Östrogene sind wesentliche Mediatoren der Thymusinvolution. So weisen Mäuse nach
chirurgischer oder chemischer Kastration höhere periphere T-Zellzahlen, eine höhere Zellularität im Thymus und eine deutlich erhöhte Abstoßungsrate von Hauttransplantaten auf.
Insoweit scheint sich auch die T-Zellfunktion nach Ausschalten der Wirkung der Sexualhormone zu verbessern. Thymusepithelzellen exprimieren – im Gegensatz zu Thymozyten – funktionell aktive Rezeptoren für Androgene.16
Es ist denkbar, dass der passagere klinische Einsatz von LHRH-Analoga, wie er seit Jahren bei einer großen Zahl von Patienten mit Prostatakarzinom, Endometriose, Mammakarzinom und anderen Erkrankungen vorgenommen wird, für Jugendliche und junge Erwachsene nach alloSCT zu einer Verbesserung der T-Zellfunktion führen könnte. Patienten, die
wegen eines Prostatakarzinoms mit LHRH-Agonisten behandelt werden, weisen erhöhte
Werte für naive CD4-positive Zellen auf.17 Die Zusammenhänge zwischen der Chemotherapie-induzierten Schädigung des Thymusepithels, Androgenrezeptoren und der Zahl
und Funktion der Emigranten aus dem Thymus ist jedoch nicht systematisch untersucht
worden.
14
Vgl. Ringden et al. (2006) sowie Dean und Bishop (2003).
Vgl. Linton und Dorshkind (2004).
16 Vgl. Olsen et al. (2001) sowie Olsen et al. (1994).
17 Vgl. van den Brink et al. (2004).
15
Biologische Grundlagen der Immunrekonstitution nach allogener Stammzelltransplantation 123
Funktionsbeziehung zwischen Komponenten der innate immunity
und der T-Zell-vermittelten adaptive immunity
Im Rahmen allogener Transplantationskonzepte ist durch die Kombination von Effektormechanismen der innate und adaptive immunity bei unvollständiger HLA-Anpassung eine
eindrückliche antileukämische Wirksamkeit erzielt worden. So haben Velardi et al. erstmals gezeigt, dass alloreaktive NK-Zellen eine entscheidende Rolle bei der Erkennung von
leukämischen Zellen nach Transplantation hämatopoetischer Stammzellen spielen können.18 Dabei kommt den Killer-cell-immunoglobulin-like-Rezeptoren (KIR) eine besondere Bedeutung zu. In Düsseldorf wurden vor allem durch die Arbeitsgruppe um Markus
Uhrberg, die die KIR-Genfamilie umfassend beschrieben hat, Erkenntnisse von prinzipieller Wichtigkeit erbracht.19 Im Gegensatz zu leukämischen Blasten weist eine Reihe
der soliden Tumoren des Kindesalters nur eine niedrige HLA-Klasse-I-Expression auf, so
dass nicht nur im Rahmen des GvL-Effektes eine Kombination von Strategien, die sowohl das angeborene als auch das adaptive Immunsystem umfassen, sinnvoll erscheint.
So ist vorstellbar, dass es durch eine vorgeschaltete NK-Zelltherapie über die Ausschüttung von IFN-gamma in der unmittelbaren Umgebung der neoplastischen Zelle zu der
für einen erfolgreicChen T-Zellansatz erforderlichen Hochregulation der HLA-Moleküle
kommt. Ebenso erfordern Vakzinationsansätze, die eine Zerstörung der Vakzinezelle oder
der neoplastischen Zielzelle als Ausgangspunkt für cross-priming-Effekte beinhalten, die
Rekrutierung von Zellen des angeborenen und adaptiven Immunsystems.
Die Funktionsweise der an der Immunantwort des angeborenen Imunsystems beteiligten Zellrezeptoren, die im Wesentlichen unter dem Begriff pattern-recognition-Rezeptoren
subsummiert werden können, ist erst ansatzweise verstanden. Neben den klassischen Tolllike-Rezeptoren (TLR) sind heute NOD-like-Rezeptoren (NLRs) und RIG-I-like-Rezeptoren (RLR) bekannt. Die Rezeptoren erkennen bakterielle, virale oder Pilz-DNA (beziehungsweise RNA, einzel- als auch doppelsträngig!). Unter anderem wird hierdurch ein
zentraler Signalweg der angeborenen Immunität, der NfkappaB-Signalweg, aktiviert.20
Die Aktivierung von NfkappaB spielt neben einer Vielzahl von anderen Prozessen wahrscheinlich auch bei der malignen Transformation von B-Precursor-Leukämien durch verschiedene chromosomale Translokationen eine große Rolle. Es kann postuliert werden,
dass die Komponenten des angeborenenen Immunsystems mit den TLRs, NLRs und RLRs
ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Interaktion der verschiedenen an der antineoplastischen Immunantwort beteiligten Zellpopulationen im Rahmen der alloSCT spielen.
Um daneben eine funktionelle T-Zell-Rekonstitution nach Transplantation gezielt in immuntherapeutische Strategien einzubinden, ist ein weiteres Verständnis der beteiligten Rezeptoren/Signalwege sowie ihrer wechselseitigen Beeinflussbarkeit eine Grundvoraussetzung.21
18
Vgl. Ruggeri et al. (2002).
Vgl. Uhrberg (2005) sowie Uhrberg et al. (1997).
20 Vgl. Doyle und O’Neill (2006).
21 Vgl. Voutsadakis (2003) sowie Koh et al. (2000).
19
124
Arndt Borkhardt
Zusammenfassung
Eines der Hauptziele der allogenen Stammzelltransplantation ist die Etablierung des Spenderimmunsystems im Empfänger. Nach Überwindung der akuten Toxizität der Transplantation besteht für die betroffenen Kinder und Jugendlichen ein vielfach erhöhtes Risiko,
tödliche Infektionen an Viren, Pilzen und bakteriellen Erregern zu erleiden. Der Neuaufbau von Immunkomponenten ist für eine effektive Infektabwehr im weiteren Leben und für
die langfristige Kontrolle der (malignen) Grunderkrankung essenzielle Voraussetzung. Die
De-novo-Generierung naiver und antigenspezifischer T-Zellen nimmt nach der Transplantation unter Umständen Monate bis Jahre in Anspruch. Hierbei spielen mehrere Faktoren
im komplexen Wechselspiel eine entscheidende Rolle. Die wichtigsten sind: die Grunderkrankung, die Konditionierung, die Art des Transplantats, das Alter von Spender und Empfänger, die GvHD, die Thymusfunktion/Thymopoese, hormonelle Einflüsse und die Begleitmedikation. Eine Verbesserung der (T-Zell-)Immunfunktion kann dabei theoretisch
durch verschiedene klinisch anwendbare Interventionsmöglichkeiten erreicht werden, wie
zum Beispiel durch die Thymustransplantationen, den Transfer lymphatischer Vorläuferzellen, den Einsatz von Zytokinen und Hormonen zur Verbesserung/Wiederherstellung der
Thymusrestfunktion und die Reduktion der T-Zell-Apoptose.
Unter Zuhilfenahme eines modernen molekularbiologischen Methodenspektrums sind
weitere Forschungsanstrengungen notwendig, um die oben genannten Strategien zum Nutzen der erkrankten Kinder und Jugendlichen im klinischen Alltag zu implementieren.
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