Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Exportbasistheorie Grundlage: „Städtegründer / Städtefüller“ (Sombart 1907) Ö „Städtegründer“: „Herbeiziehen“ von lebensnotwendigen Gütern (Handel mit außen) Ö „Städtefüller“: „Befriedigung des Bedarfes der Städter“ Ö Wachstum, Größe und Unterhaltsgebiet der Stadt wird von Städtegründern bestimmt Weiterentwicklung im „Economic-Base-Konzept“ (Andrews 1953, Duesenberry 1950, North 1955) Ö Exportsektor („basic sector“): Erzeugung von Exportgütern Ö Lokaler Sektor („non-basic sector“): Binnenversorgung Ö Wachstum ausgelöst durch Exportsektor, Multiplikatoreffekte durch Verflechtungen im lokalen Sektor („Exportbasismultiplikator“) Ö Eignet sich zur kurzfristigen Prognose der Entwicklung in kleinen Regionen Schwächen der Exportbasistheorie Ö Exportnachfrage als zentrales Element wird nicht erklärt Ö Keine Berücksichtigung der Angebotsseite (Anpassung der regionalen Wirtschaft an die Nachfrageänderungen, Kapazitätsgrenzen) Ö Regionsabgrenzung bestimmt Trennung von „Exportsektor“ und „lokalem Sektor“ Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Grundlagen der Neoklassischen Theorie Weiterentwicklung der klassischen Nationalökonomie (ab Ende des 18.Jhd: Adam Smith, David Ricardo, Thomas Malthus) Dominierende ökonomische Disziplin ab der 2.Hälfte des 19. Jhds. Grundannahmen Ö Idealtypisches Verhalten der Akteure („Homo Oeconomicus“): Gewinnmaximierung der Unternehmungen, Nutzenmaximierung der Haushalte Ö Vollständige Konkurrenz auf den Faktor- und Gütermärkten (Preisbildung nach Angebot und Nachfrage → kein Einfluss einzelner auf die Preise) Ö Vollständige Information aller Akteure Ö Uneingeschränkter Zugang aller Akteure zum Markt (keine Zutrittsbarrieren) Ö Ausklammerung staatlichen Handelns Ö Tendenz zum Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage (Wallras) Kritik an der Neoklassik Ö Sehr formale Betrachtung ökonomischer Prozesse Ö Stark vereinfachende Annahmen (z.B. idealtypisches Verhalten aller Akteure) Ö Keine Einbeziehung von Politik und Institutionen Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Neoklassisches Zwei-Regionen-Modell Ausgleichstendenz durch Faktorwanderungen (Richardson 1969) Ö Ö Ö Ö Region A: mehr Arbeitskräfte → niedrigere Grenzproduktivität → niedrigere Löhne Region B: mehr Kapital → niedrigere Grenzproduktivität → niedrigere Zinsen Arbeitskräfte wandern von A nach B, Kapital fließt von B nach A Ausgleich der Faktorpreise bei unbeschränkter Mobilität der Produktionsfaktoren Ausgleichstendenz durch Handel (Heckscher und Ohlin 1991) Ö Annahme: Immobilität der Produktionsfaktoren Ö Region A: mehr Arbeitskräfte → niedrigere Löhne → Dominanz arbeitsintensiver Produktion Ö Region B: mehr Kapital → niedrigere Zinsen → Dominanz kapitalintensiver Produktion Ö Güteraustausch (Handel) zwischen den beiden Regionen → Spezialisierung auf bestimmte Produktion Ö Region A: wachsende Nachfrage nach Arbeit, sinkende Nachfrage nach Kapital → steigende Löhne, sinkende Zinsen → Rückgang arbeitsintensiver Produktion Ö Region B: wachsende Nachfrage nach Kapital, sinkende Nachfrage nach Arbeit → steigende Zinsen, sinkende Löhne → Rückgang kapitalintensiver Produktion Ö Ausgleich der Faktorpreise bei unbeschränktem Handel Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Argumentation der Polarisationstheorie Gegenmodell zum Neoklassischen Ausgleichsmodell Ö Neoklassik: negative Rückkoppelungsschleifen mit ausgleichender Wirkung (gegenläufige Flussrichtung von Arbeit und Kapital) Ö Polarisationstheorie: positive Rückkoppelungsschleifen mit sich selbst verstärkender Wirkung (gleiche Flussrichtung von Arbeit und Kapital) „Kumulative Prozesse zirkulärer Verursachung“ (Myrdal 1957) Ö Wachstum (z.B. Ansiedlung eines neuen Betriebs → steigende Löhne → steigende Binnennachfrage / steigende Steuereinnahmen / Agglomerationseffekte → Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte / steigende Investitionsbereitschaft / Kapitalzufluss / … Ö Verfall (z.B. Abwanderung eines Betriebs → sinkende Löhne → sinkende Binnennachfrage / sinkende Steuereinnahmen → Abwanderung / Betriebsschließungen / Verschlechterung der Infrastruktur / sinkende Investitionsbereitschaft / …) Ausbreitungs- und Entzugseffekte von kumulativen Prozessen (Hirschman 1958) Ö Konzentration von „leading sectors“ mit Wachstumseffekten auf andere Wirtschaftsbranchen Ö „Trickling-Down-Effects“ (positive Ausbreitungs- bzw. Sickereffekte in benachbarten Regionen) Ö „Polarization Effects“ (negative Entzugseffekte in benachbarten Regionen) Ö kurzfristige Verschäfung der Ungleichgewichte, langfristig Tendenz zum Gleichgewicht durch „Trickling-Down-Effects“ und „Counter-Balancing Forces“ Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Weiterentwicklung der Polarisationstheorie Sektorale Polarisation (Perroux 1964) Ö „Motorische Einheiten“ (Dominante Wachstumsbranchen mit starken Verflechtungen als treibende Kräfte des regionalen Wachstums) Ö Positive „Anstoßeffekte“ (z.B. verstärkte Nachfrage nach Vorleistungen) und negative „Bremseffekte“ (z.B. Entzug von Produktionsfaktoren) Theorie der Wachstumspole Ö Positive Aspekte polarisierender Entwicklungsprozesse: regionale Ausbreitung der wirtschaftlichen Entwicklung von Wachstumspolen auf andere Regionen Ö Boudeville (1966): Übertragung von Wachstumsimpulsen von „pôles de developement“ auf „pôles de croissance“ Ö Lasuén (1969): dynamisches räumliches System von Wachstumspolen – Ausbildung von regionalen und sektoralen „Clustern“ um Schlüsselindustrien – regionale Ausbreitung von Innovation und Wachstum nach Hierarchien im Städtesystem Ö Paelinck (1965): Polarisationseffekte von Wachstumspolen (Technische, einkommensbezogene, psychologische und geographische Koppelungseffekte in Wachstumspolen) Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Ansatz der New Economic Geography Integration polarisationstheoretischer Ansätze in das neoklassische Instrumentarium durch Einbeziehung von Agglomerationseffekten Krugman (1991) Ö Modell mit zwei Regionen und zwei Sektoren (Agrar und Industrie) Ö kein stabiles Gleichgewicht: Verlagerung eines Industrieunternehmens führt zu kumulativem Prozess Ö Agglomerationsmechanismus: Zunehmende Nachfrage nach Industriearbeitskräften → steigender Lohn → Zuzug von Arbeitskräften → wachsende Güternachfrage → Skalenerträge der Betriebe („Home market effect“) → weitere Betriebsverlagerungen Ö Grad der Konzentration / sektoralen Differenzierung abhängig von – Skalenerträgen: je höher desto konzentrierter – Standortbindung an immobile Produktionsfaktoren: je niedriger desto konzentrierter („footloose industries“) – Transportkosten: keine sektorale Differenzierung bei extrem hohen Kosten (kompensieren positive Koppelungseffekte) und extrem niedrigen Kosten (immobile Produktionsfaktoren bestimmen die Standortwahl) Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Weiterentwicklung der New Economic Geography Venables (1996) Ö Weiterentwicklung des Krugman-Modells Ö Annahme: Immobilität der Arbeitskräfte Ö Agglomerationsmechanismus: Koppelungseffekte („linkages“) zwischen Güterproduzenten → sektorale Differenzierung Ö Grad der Konzentration abhängig von Handelskosten zwischen den Regionen (wie bei Krugman keine sektorale Differenzierung bei extrem hohen und extrem niedrigen Handelskosten) Puga (1999) Ö Synthese aus den Modellen von Krugman und Venables mit ähnlichen Befunden Ö Agglomerationsursachen: Wanderung von Arbeitskräften und Koppelungseffekte Bildung von Agglomeration und Peripherie als Folge eines zufälligen Einzelereignisses mit kumulativen Effekten Irreführender Name! (logischer: „New Geographical Economics“) Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Grundlagen der Endogenen Wachstumstheorie Wachstum im neoklassischen Modell Ö Nachhaltiges Wirtschaftswachstum bedingt durch technischen Fortschritt Ö Keine Erklärung des technischen Fortschritts (exogene Größe im Modell) Das Gut „Technologie“ Ö kein klassisches „privates Gut“ Ö Merkmale eines „öffentlichen Gutes“ – Nicht-Rivalität in der Nutzung – Nicht-Ausschließbarkeit von der Nutzung Ö hohe externe Effekte → Gesellschaftlicher Nutzen von Investitionen höher als der einzelwirtschaftliche Nutzen → Suboptimale Menge an produzierter Technologie Endogene (“neue”) Wachstumstheorie: Integration des technischen Fortschritts in das neoklassische Gleichgewichtsmodell (Technischer Fortschritt / Innovationen als produziertes Gut) Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Modellierung des regionalen Wirtschaftswachstums Romer (1990): Unterteilung der Volkswirtschaft in drei Sektoren Ö Forschungssektor: Produktion von „Designs“ aus „Humankapital“ (personengebundene Kenntnisse und Fertigkeiten) und „technischem Wissen“ (personenungebundene Kenntnisse) → Verkauf von Patentrechten Ö Zwischenproduktionssektor: Kauf von Rechten an speziellen „Designs“ zur Herstellung von Zwischenprodukten (monopolistische Konkurrenz) Ö Endproduktsektor: Herstellung von Konsumgütern durch Kombination von Arbeit, Humankapital und Zwischenprodukten (vollständige Konkurrenz) Argumentation des endogenen Wachstumsmodells Ö Einsatz von Humankapital im Forschungssektor → mehr Varianten an Zwischenprodukten → effizientere Produktion von Konsumprodukten Ö Akkumulation von Humankapital und technischem Wissen als Wachstumsmotor (Wachsende Grenzproduktivität im Gegensatz zu den klassischen Produktionsfaktoren) Anwendungsmöglichkeiten des formalen Modells Ö Abschätzung von Wachstumseffekten der Verbesserung des Humankapitals und des Wissens Ö Ermittlung effizienter Rahmenbedingungen für wachstumsorientierte Forschung (Diffusion von Innovationen, Patentschutz, Gestaltung der Märkte,…) Ö Erklärung von regionalen Ungleichgewichten (Konvergenz und Divergenz) Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Argumentation der Produktzyklustheorie Lebenszyklus eines Produkts (Vernon 1966, Hirsch 1967) Ö Entwicklungs- und Einführungsphase: Innovationen, Produktgestaltung, Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie hochqualifizierte Arbeitskräfte, Verluste Ö Wachstumsphase: Durchsetzung des Produkts am Markt, höherer Einsatz an Sachkapital, wachsende Erlöse und Gewinne Ö Reifephase: Massenproduktion, steigender Konkurrenzdruck, abnehmende Gewinne Ö Schrumpfungsphase: rasch fallende Erlöse, Unternehmenskonzentrationen Veränderungen in der Produktion Ö humankapitalintensiv → sachkapital- und arbeitsintensiv Ö Produktinnovationen → Verfahrens- / Organisationsinnovationen Ö F&E-Investitionen → Rationalisierungsinvestitionen Ö Geringe Produktionsmenge → Massenproduktion Ö Verlust → steigende Gewinne → abnehmende Gewinne → Verluste Verlagerung des optimalen Produktionsstandorts Ö Veränderte Produktionsbedingungen → veränderte Standortanforderungen Ö Agglomerationsraum → Umland → periphere Regionen / Niedriglohnländer Lehrveranstaltung Exportbasis Regionalentwicklung Neoklassik Polarisation Regionalökonomie New Econ. Geo. Wirtschaftsgeographie Wachstum Produktzyklus Bedeutung der Produktzyklustheorie Anwendung der Produktzyklustheorie Ö Dynamisierung der von Regionalökonomie und Standorttheorie Ö Erklärung von wirtschaftlichen Transformationsprozessen (vor allem des regionalen Strukturwandels) Ö Abschätzung von regionalen Entwicklungspotentialen Grenzen der Produktzyklustheorie Ö Nicht alle Produkte unterliegen einem deutlich erkennbaren Produktzyklus (→ dauerhafte Konsumgüter) Ö Die Alterung von Produkten ist nicht immer die Folge von produktionstechnischen Veränderungen (→ Moden, Lebensstile) Ö Die Unternehmen reagieren in der Regel auf das Altern ihrer Produkte (→ Produktmodifikationen, Verbesserung der Technologie und Rationalisierung zur Verlängerung der Reifephase,…) Ö Unschärfen in der Abgrenzung von „Produkten“ (→ was ist ein neues Produkt, was eine Modifikation?) Ö Vielfältige strategische Optionen der Unternehmungen bedingen komplexe Standortanforderungen, die sich nicht über das einfache Zentrum-Peripherie Muster abbilden lassen