Dialog 3 2013 für Architektur

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DIALOG
3 | 2013
Alle reden über Nachhaltigkeit
und Energieeffizienz beim Bauen.
Aber es ist wie beim Sex, wo das
verstärkte öffentliche Reden darüber
einhergeht mit einer Flaute in den
Schlafzimmern. Was muss passieren,
damit energieeffizientes Bauen
sexy wird?
Bau„herren“, die über eine intelligente Haussteuerung nachdenken,
für eine Hausautomatisierung nutzen über-
sind selbst eher gebildet. Das zumindest legt das Ergebnis einer
durchschnittlich oft Smart Phones und
Zielgruppenbefragung nahe, die Somfy Schweiz im vergangenen Jahr
Tablet PC s.
durchführte. Demnach interessieren sich rund 50 % aller Menschen
mit abgeschlossener Fachhochschule oder Universitätslaufbahn für
Steuerungen sollen vor allem bediener-
die Möglichkeiten der Hausautomatisierung. Mit einem monatlichen
freundlich sein
Nettoeinkommen von mehr als 10.000 CHF zählt ein Viertel der
Vor der Installation ist für Frauen und äl-
Interessenten für Hausautomatisierungs-Systeme zudem zu den
tere Menschen die fachgerechte Beratung
Besserverdienenden in der Schweiz.
besonders wichtig. Entscheidend sind Qualitätsaspekte und Bedienungsfreundlichkeit
Anspruchsvoll,
gebildet,
weiblich.
Intelligente Haussteuerung für Männer und Frauen interessant
(71 %). Mit nur 16 % Nennung stellt die Fern-
Die Erwartung, dass Jüngere eher an übergreifenden Hausauto-
bedienung, egal ob von zuhause oder von au-
matisierungssystemen interessiert sind als Ältere, hat die Studie be-
sserhalb, noch für wenige Hauseigentümer
stätigt. Überrascht hat indes, dass Hausautomatisierung nicht mehr
ein wichtiges Kriterium dar.
reine Männersache ist. War bei früheren Befragungen ein Grossteil
Unterm Strich gilt: 65 % aller Haus- und Woh-
der Männer noch primär an der Automatisierung von Heizung
nungseigentümer interessieren sich für Haus-
und Garagentor interessiert, der überwiegende Teil der Frauen
automatisierung. Diese haben einen hören
hingegen eher an einer automatisierten Bewässerung, spielen die
Bildungsgrad, sind tendenziell weiblich, le-
Geschlechtsunterschiede bei einer generellen Hausautomatisierung
gen viel Wert auf Wohngefühl und Lebens-
keine Rolle mehr – die Frauen holten deutlich auf! Ebenso klare
qualität. Überzeugen lassen sie sich durch
Tendenzen gibt es im Hinblick auf die Berufstätigkeit der Befragten:
Informationen und eine kompetente Fach-
Mit über 70 % ist der Anteil an Selbstständigen, leitenden Angestellten,
beratung.
Beamten und nicht-leitenden Angestellten sehr hoch.
S t u d i e z e i g t : H a u sa u t o m a t i s i e r u n g i s t k e i n M ä n n e r s p i e l z e u g m e h r !
Bei der Frage, was Bewohner von ihrer Haus-
Automatisierung soll Wohngefühl und Wert steigern
automatisierung erwarten, stochern Architekten
Mit fast 30 % Nennung rangieren die Nutzenaspekte „Wertsteigerung
und Planer bislang im Nebel. Eine Consumer-
der Immobilie“ und „modernes Wohngefühl“ ganz oben auf
Analyse bringt jetzt Licht ins Dunkel. 65 Prozent
der Prioritätenliste, deutlich vor Sicherheit und Energiesparen!
aller Haus- und Wohungseigentümer interessie-
Allerdings zweifeln immer noch viele, ob Anschaffungskosten und
ren sich für intelligente Steuerungen. Was sich
Installationsaufwand im rechten Verhältnis stehen. Immerhin 44 %
diese Bauherren genau wünschen, verrät die
schreckt der Aufwand ab. Ganz offensichtlich besteht genau hier
Analyse.
enormer Aufklärungsbedarf vonseiten der Experten. Ebenfalls wenig
Somfy unterstützt Umsicht, denn
die Energiefrage gehört zu den
wichtigsten Fragen unserer Zeit.
überraschend waren die Zahlen zur Technikaffinität: Interessenten
Andreas Grieninger,
Geschäftsführer Somfy Schweiz
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PLUSENERGIE
WANN
IST ARCHITEKTUR
GUT?
Energieeffizienz, Klimaschutz und Ressourcenschonung nicht berücksichtigen?
Sollen Architekten zugunsten ihrer gestalterischen Freiheit Gebäude bauen, die
diese Themen nur am Rande behandeln?
Designklassiker zeigen längst: Aus dem
Zusammenspiel von neuen Technologien
und drängenden Bedürfnissen der jeweiligen Zeit entsteht innovative Gestaltung.
Umso überraschender ist es, dass architektonisch und energieeffizient vorbildliche
Gebäude immer noch rar sind. Gehört doch
die Energiefrage zu den wichtigsten Fragen
unserer Zeit. Thomas Metzler, Inhaber des
Bauatelier Metzler, hat sich auf energieeffizientes Bauen spezialisiert. Er sagt: „Solange
noch Gebäude entstehen, bei denen die einfachsten Regeln der Energieeffizienz kaum
berücksichtigt werden, Gebäude mit ungünstigen Oberflächen-Volumen-Verhältnissen,
mit minimaler Dämmung oder bauphysikalisch bedenklichen Detaillösungen, drängt
sich die Frage auf, ob hier bloss konstruktives
Wissen fehlt, ob das Thema Energieeffizienz
den Gestalter einfach nicht interessiert oder
ob der Architekt vor einem der hartnäckigsten Vorurteile gegen Plusenergie-Häuser kapituliert hat. Dem Vorurteil nämlich, dass
Plusenergie-Häuser Schuhschachteln ähneln und architektonisch anspruchslos sind.“
In dieser Frage bezieht Metzler eine
klare Position: „Energieeffizientes Bauen erfordert immer eine kompakte Bauweise.
Allerdings können die Häuser dennoch architektonisch anspruchsvoll und vielfältig
gestaltet werden. Denn in der Gestaltung
des scheinbar Einfachen liegt doch immer
schon die grösste Herausforderung für einen Architekten.“ So bedeute nachhaltiges
Bauen, die heute vorherrschenden Kriterien
Funktionalität und Wirtschaftlichkeit langfristig auszurichten und durch zusätzliche Kriterien zu ergänzen. Thomas Metzler:
„Dazu gehören Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit und ein zusätzlicher
Wohnkomfort. Gute Architektur integriert
diese drei Anforderungen des nachhaltigen
Bauens beim Entwerfen und Realisieren von
Gebäuden. Städtebauliche Aspekte, Funktionen, Raum, Form, Material und Farbe
bleiben dabei so wichtig wie sie für hochwertige Architektur schon immer waren.“
Architekt: Bauatelier Metzler
Ist es sinnvoll, heute noch Gebäude zu konstruieren, die die zentralen Themen
3
Kriterien guter zeitgenössischer Architektur:
1. Energieeffizienz durch die passive Nutzung von Solarenergie, die maximale Solarenergieproduktion und eine einfache, effiziente Haustechnik.
2. Umweltverträglichkeit durch eine Materialwahl nach den Kriterien von
Minergie-P-ECO zusammen mit einer guten Ökobilanz, die sich ganz
wesentlich aus der Einspeisung eines hohen Solarstrom-Überschusses
ergibt.
3. Zusätzlicher Wohnkomfort durch ein angenehmes Wohnklima. Erzeugt
wird der durch eine Komfortlüftung mit Feinstaub- und Pollenfilter
sowie eine Materialauswahl nach dem Standard Minergie-P-ECO.
Gesundheitsschädigende Emissionen im Innenraum werden so
vermieden.
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PLUSENERGIE
Auch Laien können sich mittlerweile unter
Minergie etwas vorstellen. Doch was bedeutet
Minergie-P? Der Begriff, der seit 2002 in der
Schweiz existiert, lehnt sich am deutschen
Passivhaus-Standard an. Im Unterschied zum
Passivhaus ist Minergie-P aber geschützt, das
Zertifikat gilt als Qualitätssicherung. Heute
gibt es in der Schweiz rund 2.000 zertifizierte
Minergie-P-Gebäude.
„Oberster Grundsatz von Minergie-P ist,
Energieverluste zu vermeiden und wo immer
möglich die passive Energie der Sonne zu nutzen.“ Pierre Honegger, Architekt und Präsident
der Informationsgemeinschaft Passivhaus
Schweiz (IG Passivhaus) gilt als einer der
Pioniere von Minergie-P. Die IG Passivhaus
wurde 2004 in Zürich von Architekten und
Handwerkern gegründet, die sich bereits mit
dem Bau von Häusern nach dem PassivhausStandard beschäftigt hatten. In den sechs Regionalgruppen, die in der ganzen Schweiz verteilt sind, sorgen heute knapp hundert Mitglieder für eine bessere Organisation von kooperativen, effizienten Bauprozessen. Präsident Pierre Honegger: „Unser Ziel ist es, die auf dem
Bau oft anzutreffenden Leerläufe und Reibungsverluste zu minimieren und die sehr hohe
Ausführungsqualität der Minergie-P-Bauten zu gewährleisten.“
Über den Bergen
ist Freiheit
Warum Minergie-P-Bauherren bessere Luft atmen
Standort plus Gebäudehülle plus Dämmung
Angefangen beim Standort erfordern Bauten nach Minergie-P von Beginn an eine darauf ausgerichtete Planung.“ Grundsätzlich können Minergie-P-Bauten zwar an jedem Standort
erstellt werden“, so Honegger, “optimal sind aber nach Süden orientierte Grundstücke, bei
denen der Schattenwurf durch benachbarte Bauten möglichst gering ist. Denn je besser ein
Minergie-P-Haus von der Sonne beschienen wird, desto weniger Energie benötigt es.“ Um
die Energie-Ziele von Minergie-P zu erreichen, haben sich kompakte Bauweisen mit einer
guten Isolation sämtlicher Aussenflächen inklusive Boden und Wände des Kellers bewährt,
bei denen die Gebäudehülle im Verhältnis zum Volumen eine möglichst kleine Oberfläche
aufweist. Üblich sind Isolationsstärken von 30 bis 40 Zentimetern Dicke. Weil durch undichte Stellen und kleine Ritzen viel Energie verloren geht, müssen Minergie-P-Bauten luftdicht
sein, getestet wird dies vor Erteilung des Labels mit einem so genannten Blower-Door-Test.
Anstatt der normalen Haustür wird eine Tür mit einem Ventilator eingesetzt. Der saugt die
Luft aus dem Haus ab oder bläst sie hinein. So zeigt sich, ob durch undichte Stellen Luft ins
Haus nachströmt.
Bioklimatische Fassade plus automatisierte Steuerung
„Die Komponenten eines Minergie-P-Hauses müssen exakt aufeinander abgestimmt
sein, da es sonst nicht gelingt, die Minergie-P-Werte einzuhalten“, betont Pierre Honegger.
„Deshalb sind die Fenster dreifach verglast, weisen sie nach Norden, sollten sie möglichst
klein sein, zeigen sie nach Süden, sind sie möglichst gross, um die Wärme der tiefstehenden Sonne in den Wintermonaten als passive Heizung zu nutzen.“ Im Sommer brauchen
Minergie-P-Häuser an den grossen, nach Süden gerichteten Fenstern eine gute Beschattung
als Hitzeschutz. Neben aussenliegenden Storen haben sich Vordächer oder Balkone bewährt, die die im Sommer hochstehende Sonne abschirmen, alle beweglichen SonnenschutzElemente brauchen eine automatisierte Steuerung. „Denn nur durch die Automatisierung
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PLUSENERGIE
des Sonnenschutzes lassen sich die maximale Energieeinsparung und eine konstante
Raumtemperatur über den Tages- und Jahreszyklus hinweg sichern“, weiss der Minergie-PSpezialist, der in Sachen Steuerung mit Somfy zusammenarbeitet.
Erneuerbare Energien plus exzellente Haustechnik
Auch Minergie-P-Häuser brauchen eine Heizung, doch erlaubt der Standard nur
Heizungen, die pro Quadratmeter beheizter Wohnfläche maximal 10 Watt Leistung erbringen, wobei zumindest ein Teil der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Wärme
und heisses Wasser werden in Minergie-P-Bauten meist von Kompaktgeräten mit integrierter Wärmepumpe oder Lüftungsgeräten mit Wärmetauscher bereitgestellt. Sie heizen die
Luft auf, be- und entlüften das Haus und erzeugen das Warmwasser. Pierre Honegger: „Es
gibt zwar keine Vorschriften, wie viel Energie regenerativ erzeugt werden muss, doch wenn
der nötige Strom mit Solarzellen erzeugt wird, die Heizung mit Sonnenkollektoren unterstützt wird und diese auch das Warmwasser aufbereiten, wird ein Minergie-P-Haus übers
Jahr betrachtet zum Nullenergiehaus!“ Auch der Verbrauch von Kochherd, Geschirrspüler
und Waschmaschine ist bei Minergie-P-Häusern geregelt. Vorgeschrieben sind Geräte der
Verbrauchsklasse A, bei Kühlgeräten A+.
Bauherren wollen einfaches Heizsystem
Das bestätigt auch Stefan Mischler. Mischler ist Heizungsbauer und einer der ersten,
der sich in der Schweiz auf Passivhäuser spezialisiert hat. Seine erste Komfortlüftung baute er
in sein eigenes Passivhaus ein. Das ist jetzt mehr als 10 Jahre her. Heute baut der PassivhausExperte 10 bis 15 Häuser im Jahr und weiss: „Einer der grössten Wünsche von Bauherren ist
ein einfaches Heizsystem.“ Seiner Auffassung nach sind das die Luftheizung oder die SoleWasserheizung. Der Grund, so Mischler, sei, dass diese Heizsysteme im Gegensatz zu einer
Fussbodenheizung das Problem des Überheizens nicht kennen. „Eine Fussbodenheizung
ist im Grunde immer überdimensionert. Eine Luftheizung hingegen ist mit 10 Watt pro
Quadratmeter sehr niedrig ausgelegt und daher extrem sparsam. Voraussetzung für deren
Funktionieren aber ist die zuverlässige Umsetzung. Bei der Luftheizung muss ich genau wissen, dass das, was berechnet worden ist, auch wirklich realisiert wurde.“
Architekt: Bauatelier Metzler, Fotograf: Thomas Drexel
Mechanische Belüftung plus menschliches Verhalten
Eine mechanische Belüftung ist für Minergie-P-Häuser obligatorisch, denn in der kalten Jahreszeit ersetzt sie das Lüften über die Fenster und verhindert das Auskühlen der
Räume. Lüftungsgeräte mit eingebautem Wärmetauscher geben bis zu 90 % der Abwärme
aus der abgesaugten, verbrauchten Luft an die Frischluft weiter. Doch wichtiger noch als
alle Technik ist das Verhalten der Bewohner. Architekt Honegger: „Gekippte Fenster in der
kalten Jahreszeit sind bei Minergie-P-Bauten tabu. Wegen der eingebauten Komfortlüftung
sind die aber auch gar nicht nötig.“
Architekt: Bauatelier Metzler, Fotograf: Thomas Drexel
Zu wenige Heizungsbauer kennen sich aus
Darüber, dass die Zukunft den Passivhäusern mit ihren sparsamen Heizsystemen gehört, hat Mischler keine Zweifel. „Wir befinden uns zwar immer noch in einem Pioniermarkt.
Aber die technischen Lösungen hier sind bestens durchdacht und überzeugend. Die grössten
Vorteile sind die niedrigen Energiekosten und die Unabhängigkeit, die eine Photovoltaikanlage
auf dem eigenen Dach sogar zu 100 % realisieren kann.“ Umso verwunderlicher sei es, dass
sich Minergie-P-Häuser und mit ihnen Luft- oder Sole-Wasser-Heizungen nur so zögerlich
durchsetzen. Heizungsbauer Mischler hat darauf eine eigene Antwort: „Eine Luftheizung ist
ein Zwischenprodukt, sie ist keine Lüftung und keine Heizung und leider kennen sich immer
noch viel zu wenige Heizungsbauer damit aus. Und auch unter den Architekten gibt es noch
viele Zweifler.“ Für diese Zweifler hat Mischler ein Rezept: Ausprobieren! Schon ein Besuch
in einem Passivhaus oder ein Gespräch mit dessen Bewohnern könne viele Unklarheiten
ausräumen. Stefan Mischler: „Am besten ist es aber, ein paar Tage und Nächte in einem
Passivhaus zu verbringen. So lässt sich am eigenen Leib erfahren, wie es sich darin wohnt.“
Um die Ängste der Leute zu minimieren, bietet die IG Passivhaus das Probewohnen
an. Interessierte können schweizweit mittlerweile in vielen Ferienhäusern, Jugendherbergen
und Hotels und sogar in einer Berghütte ausprobieren, wie es sich tatsächlich anfühlt, in einem Passivhaus zu wohnen. (www.probewohnen.ch )
Plusenergie-Tipps vom Architekten
Die Publikation Plusenergie-Haus beleuchtet auf 48 Seiten
die verschiedensten Aspekte von Gebäuden, die mehr
Energie erzeugen, als sie selbst verbrauchen. Ausgehend
von Praxisbeispielen werden architektonische Gestaltung,
Benutzerkomfort, Wirtschaftlichkeit und Ökobilanz solcher
Häuser dargelegt. Gezeigt wird auch der Beitrag von Plusenergie-Bauten zur Energiewende in der Schweiz, das heisst
zur Reduktion der CO2-Emissionen und zum Ersatz von Atomstrom. Das Heft liefert praxisorientierte Informationen für
Bauherrschaften und Architekten. Es enthält zudem konkrete
Grundlagen für Politiker/innen und Behörden in Zusammenhang mit der Förderung von Plusenergie-Häusern im öffentlichen Interesse. Plusenergie-Haus; Faktor Verlag, Zürich, 2013; 48 Seiten, vierfarbig
illustriert; Autoren: Heidi Huber, Thomas Metzler, Daniel Rufer. ISBN
978-3-905711-21-9, Preis: 30 Franken, www.faktor.ch
Thomas Metzler, Architekt
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Rund 15 % aller Neubauten
in der Schweiz werden heute nach Minergie-Standard
gebaut. Der Frage, warum
sich Bauherren für energieeffiziente Gebäude entscheiden und wie sich deren Anteil erhöhen liesse,
ging jetzt ein umweltpolitisches Forschungsprojekt
nach. Das Ergebnis überrascht: Private Bauherren
wollen energieeffizient
bauen. Doch umfassende
Informationen und kompetente Projektpartner finden
diese willigen Bauherren
nur mit viel Durchhaltevermögen und Zeitaufwand.
Wo sind die
Energie-Experten?
Welche Faktoren spielen bei der Entscheidung für oder gegen ein energieeffizientes Gebäude eine Rolle? Welche typischen Entscheidungsprozesse laufen ab? Gibt es Zusammenhänge zwischen psychologischen Variablen und der
Entscheidung, ein energieeffizientes Haus zu bauen?
Ein überraschendes Ergebnis des umweltpolitischen Forschungsprojekts
war, dass die Befragten ihr eigenes Energieeffizienz-Wissen bei Planungsbeginn
eher als mittelmässig einstuften. Allerdings beschrieben sich alle als sehr aktiv beim Einholen von Informationen. Die befragten Bauherren berichteten übereinstimmend, dass es ihr Kompetenzgefühl stärkte, wenn es gelang,
Informationen über Förderprogramme zu bekommen oder energieeffiziente
Häuser zu besichtigen.
Als wichtigste Informationsquelle nannten die privaten Bauherren die
Architekten. Signifikanter Engpass: Als echte Experten für energieeffizientes Bauen werden die wenigsten Architekten wahrgenommen. Die befragten
Bauherren hatten den Eindruck, nur sehr wenige Architekten würden sich mit
dem Thema Energieeffizienz wirklich beschäftigen und auskennen.
Bei allen Befragten war die Einstellung gegenüber energieeffizienten
Gebäuden positiv. Überinstimmend wurde der Faktor Zeit als knappe Ressource
sowohl im Informations- wie auch im Bauprozess beschrieben. Der überwiegende Teil der Befragten fand, dass energieeffiziente Häuser ästhetisch sind und ihre
Wohn- und Lebensbedürfnisse weit besser erfüllen als herkömmliche Häuser.
Fazit der Studie: Wer energieeffizient bauen will, muss Willen und Ausdauer mitbringen. Doch die verfügbare Zeit bei den Bauherren ist knapp. Deshalb blasen viele
das Vorhaben ab und bauen konventionell. Mehr Expertise aufseiten der Architekten
könnte helfen.
Das wünschen sich Bauherren:
•Q
ualitätlsabels, um kompetente Baupartner vor Ort überhaupt als solche zu
erkennen sowie Rankings der Architekten in Sachen Energieeffizienz-Partner
•e
ine bessere Vermarktung des Themas Energieeffizienz vonseiten der
Architekten
• die Beratung der Bauherrschaften mit langfristiger Perspektive
Objekte: Honegger Architekt, Herdern
PLUSENERGIE
Was Sie schon
immer über
Passivhäuser
wissen wollten
Was ist ein Passivhaus?
• Gebäude ohne konventionelles Heizsystem
• passive Energiequellen wie Sonne, Erdwärme und
sogar die im Gebäude vorhandene Energie von
Menschen, Beleuchtung und Haushaltgeräten,
Unterhaltungselektronik etc. werden genutzt
• bis zu 90 % Wärmerückgewinnung über Komfortlüftung
•H
eizleistung kann über Komfortlüftung in die
Räume eingebracht werden, weshalb ein konventionelles Heizsystem nicht mehr notwendig ist
Wie erreicht man die niedrigen Werte?
Oberster Grundsatz beim Passivhaus ist es, Energieverluste zu vermeiden. Grundsätzlich werden erneuerbare Energien genutzt und sämtliche Anlagen,
die ohnehin zum Bau und Betrieb eines Gebäudes
möglich sind, konsequent optimiert.
Braucht man fossile Brennstoffe?
Nein. Weil sich der Heizwärmebedarf gegenüber
einem konventionellen Haus um rund 80 % reduziert, brauchen sich Passivhausbewohner um
Energieknappheit und -verteuerung nicht zu sorgen.
7 Vorurteile gegenüber Passivhäusern
„Die Häuser ähneln Schuhschachteln.“
Energieeffizientes Bauen erfordert immer eine kompakte Bauweise. Trotzdem können
die Häuser architektonisch vielfältig gestaltet werden.
„In Minergie-P-Häusern lassen sich die Fenster nicht öffnen.“
Stimmt nicht. Minergie-P-Häuser haben ganz normale Fenster, die sich öffnen lassen.
Durch die eingebaute Komfortlüftung ist es aber im Winter nicht sinnvoll, die Fenster
zu öffnen. Darüber hinaus sorgt die Lüftung dafür, dass die Bewohner gar nicht das
Bedürfnis haben, die Fenster zu öffnen.
„Die Lüftung ist laut und erzeugt hohe Luftströme im Haus.“
Lüftungsanlagen, die von Fachleuten geplant und eingebaut sind und die richtigen
Komponenten verwenden, erzeugen weder Luftströme noch machen sie Lärm.
„Häuser nach Standard Minergie-P sind viel zu dicht.“
Um Energie zu sparen, werden heute alle Neubauten möglichst luftdicht konstruiert.
Im Gegensatz zu alten Häusern findet deshalb auf natürliche Weise kein Luftwechsel
statt. Neubauten, in denen zu wenig gelüftet wird, haben eine schlechte Luftqualität.
Minergie-P-Häuser aber haben aufgrund der Lüftungsanlage immer Frischluft.
„Die Mehrkosten für ­Häuser nach Standard Minergie-P sind
erheblich.“
Gegenüber einem Haus nach gängigen Vorschriften belaufen sich die Mehrkosten auf
maximal 10 % – vorausgesetzt, das Objekt wurde konsequent nach energetischen
Gesichtspunkten geplant, etwa mit möglichst geringer Oberfläche der Hülle.
„Minergie-P-Häuser ­müssen aus Holz gebaut werden.“
Der Energiestandard eines Hauses hat nichts mit den Baumaterialien zu tun. MinergieP-Häuser können aus fast jedem Material gebaut werden.
„In Minergie-P-Häusern kann man keinen Holzofen einbauen.“
Der Anschluss eines Holzofens ist auch in Minergie-P-Häusern möglich und kann
sogar Bestandteil des Energiekonzepts sein.
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SOMFY SPEZIAL
Wenn das Haus
mitdenkt
Vernetzte Steuerungssysteme sollen das Wohnen komfortabler und sicherer
machen. Die Technik, die Somfy zur Verfügung stellt, erfüllt Nutzerträume und
ist nicht nur für Neubauten interessant.
Das hätte schon was: Morgens, wenn
der Wecker läutet, ist der Kaffee bereits
frisch aufgebrüht. Und wenn man beim
Verlassen des Hauses die Tür zuzieht, sind
automatisch auch alle Fenster verschlossen und Herd und Bügeleisen abgeschaltet. Zukunftsmusik? Technisch schon lange
nicht mehr. Aber in der Praxis setzen sich intelligente Steuerungssysteme fürs Haus erst
allmählich durch. Dabei sparen intelligente
Häuser nicht nur viel Energie, sondern erhöhen Sicherheit und Wohnkomfort erheblich.
Den Grund, warum sich die intelligenten Steuerungen nur langsam durchsetzen,
kennt Andreas Grieninger, Geschäftsführer
von Somfy Schweiz. „Als plakatives Beispiel
für intelligente Häuser musste immer der
Kühlschrank herhalten, der eigenständig
nachbestellt, wenn der Erdbeerjoghurt aus
ist. Doch um solche Spielereien geht es gar
nicht“, stellt Grieninger richtig. „Die neue
Technik soll ja nicht die Bewohner bevormunden, sondern sie im Alltag unterstützen.“
Fast alle technischen Geräte im Haus lassen sich
miteinander vernetzen und zentral steuern
Beispiel Heizung: Moderne Systeme
erlauben es, die Raumtemperatur für jedes
Zimmer individuell und entsprechend der
Aussentemperatur zu regeln. Sensoren erkennen geöffnete Fenster. Auf Wunsch sinkt
daraufhin die Heizleistung kurzzeitig ab.
Ebenfalls möglich ist, die Raumtemperatur
über das Handy zu steuern. Berufstätige können etwa bereits beim Verlassen der Firma
die Heizung zu Hause hochfahren, sodass es
bei der Ankunft schön warm ist.
„Gerade in Sachen Energieeffizienz
bringt die Hausautomatisierung sehr viel“,
betont Grieninger. Nutzer der neuen Technik
können beispielsweise den Sonnenschutz automatisch anpassen und vom Sonneneintrag
profitieren. Das spart in Übergangszeiten
sehr viel Heizenergie, und im Sommer bleibt
die Wohnung durch zeitiges Abschatten angenehm kühl, auch wenn man nicht zu
Hause ist.
Weitere Einsatzmöglichkeiten liegen
im Bereich Sicherheit. So registrieren Fenstersensoren und Bewegungsmelder, ob jemand
ins Haus will, der nicht ins Haus soll. Eine
Zentralverriegelung wie beim Auto sorgt dafür, dass alle Fenster und Türen verschlossen und die Alarmfunktionen aktiviert sind,
wenn die Bewohner das Haus verlassen.
Für verschiedene Nutzergruppen geeignet
„Interessant ist eine vernetzte
Wohnung für alle Personen, vom jungen
Technik-Freak bis zum älteren Menschen“,
meint Grieninger. „Besonders für ältere
Menschen, die ja nicht so vertraut sind
mit der Technik, gibt es viele sinnvolle Anwendungen, die es ihnen erleichtern,
länger selbstständig zu bleiben.“ So können Sensoren dafür sorgen, dass automatisch ein Orientierungslicht eingeschaltet
wird, wenn man nachts das Bett verlässt.
Für mehr Sicherheit sorgen auch Systeme,
die den Herd überwachen und Alarm schlagen, wenn er nicht ausgeschaltet wird. Die
Bedienung ist laut Grieniger weniger kompliziert als oft befürchtet. Die Steuerung lässt
sich individuell auf den Nutzer zuschneiden. Wer Spass an der Technik hat, wird sich
viele Einstellmöglichkeiten wünschen, wer
es lieber bequem mag, kann auf intuitive
Benutzerführung zurückgreifen.
Kosten sind abhängig vom Funktionsumfang
„Wie viel teurer ein intelligentes Haus
wird, lässt sich pauschal nicht sagen“, erklärt
Grieniger. „Das hängt von der Struktur und
Grösse des Gebäudes und vom Umfang der
Funktionswünsche des Bauherren ab.“ Etwa
zwei bis drei Prozent der Bausumme fliessen
derzeit in die elektrotechnische Ausstattung
eines Neubaus. Im Vergleich zum Energie-
Einsparpotenzial und hochgerechnet auf die
Lebensdauer des Objektes sei das noch sehr
wenig. Kritisch ist für den Somfy-Chef nur,
dass Anfragen und Ausschreibung für die
intelligente Technik im Bauverlauf meist zu
spät kommen. „Architekten und Hausherren
denken noch immer zu spät über intelligente
Haustechnik nach. Aber um zu einer optimalen Lösung zu kommen, müssen wir den gesamten Baukörper berücksichtigen. Deshalb
ist es wichtig, dass unsere Experten schon
bei der Planung eines Gebäudes mit am Tisch
sitzen.“
Weltbekannte Architekturprojekte zeigen das
Potenzial
Einen Einblick in den Stand der
Entwicklung und die Möglichkeiten, die intelligente Technik bietet, wenn sie schon
bei der Fassadengestaltung mit berücksichtigt wird, zeigen Bauten von Weltruf wie beispielsweise die Gurke in London. Hier wurden Fassadengestaltung, Kühlung, Heizung
und Sonnenschutz gleich von Anfang an
miteinander konzipiert und intelligent gesteuert und auf diese Weise ein architektonisch, technisch und energetisch einzigartiges Bauwerk geschaffen.
DIALOG | 15
LICHTMANAGEMENT
Altersheim EMS Versoix, Genf
Die Macht des
Lichts
Gesundheitseinrichtungen verbrauchen im Durchschnitt
drei bis fünf Mal mehr Energie als ein herkömmliches
gewerbliches Gebäude. Bioklimatische Fassaden begrenzen
den Einsatz von Klimaanlage und Heizung und halten den
Energieverbrauch niedrig. Doch was das Wichtigste ist: Sie
ermöglichen ein optimales Tageslicht-Management. Weil
der Mensch unter der Sonne entstanden ist, braucht er so
viel Licht wie möglich.
Ob Krankenhaus oder Privatklinik, ob Erholungsoder Altenheim - Gebäude im Gesundheitswesen müssen eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen: Sie
sollen Wohlbefinden und Gesundheit der Patienten
fördern, die Arbeitseffizienz des
medizinischen
Fachpersonals erhöhen; sie sollen wenig Energie verbrauchen und natürliche Ressourcen schonen; sie sollen eine schnelle Rendite ermöglichen und dabei Arbeit
und Aufenthalt für Bewoh-ner, Gäste und Angestellte
so angenehm wie möglich machen. Vor diesem Strauss
an Anforderung standen auch die Architekten bei
der Planung des Altenheims EMS Versoix in Genf.
Ziel ihrer Planung war ein intelligentes Gebäude,
das Bewohnern wie Pflegepersonal gerecht wird. Bei
der Planung der Gebäudehülle wurde daher bei den
Bedürfnissen der Bewohner angesetzt. Ganz allgemein
gilt: In Pflegeeinrichtungen sind die Ansprüche an das
Innenraum-Klima besonders hoch. Es muss so stabil wie
möglich sein, damit Bewohner und Pflegepersonal gute
Lebens- und Arbeitsbedingungen haben.
Gebäudehüllen brauchen flexible Öffnungen
Erste Aufgabe war, die Anforderungen an die
Fassade zu definieren. Denn an der Gebäudehülle treffen
Innenraum und Aussenwelt aufeinander. Die Fassade
soll das Innenklima stabil halten und dabei möglichst
wenig Energie verbrauchen. Im Altenheim in Genf entschied man sich für eine bioklimatische Fassade. Nach
dem Vorbild einer lebenden Membran passt sich diese automatisch an die klimatischen Schwankungen
an. Kernidee einer bioklimatischen Fassade ist es,
die Verhältnisse im Inneren eines Gebäudes stabil zu
halten ungeachtet der Jahreszeit, der Wetterlage und
dem Rhythmus von Tag und Nacht – und zwar ohne
zusätzlichen Energieverbrauch. Um bei der Fassade
des Altenheims EMS Versoix in Genf einer lebenden
Membran so nahe wie möglich zu kommen und Wärmeund Sichtkomfort für Bewohner und Angestellte der
Einrichtung optimal zu gestalten, griffen die Genfer
Architekten auf die Steuerungslösungen von Somfy
zurück.
Ältere Menschen brauchen sehr viel Tageslicht
Im Zentrum der bioklimatischen Strategie vom Somfy
steht das Tageslicht-Management. Denn Tageslicht
hat einen positiven Einfluss auf Wohlbefinden. So legen zahlreiche Studien nahe, dass bei ausreichendem
Tageslicht Schüler besser lernen, Arbeitnehmer mehr
leisten, Kranke schneller genesen. Besonders bei älteren Menschen, bei denen die optimale Ausnutzung
des Tageslichts schwierig ist, weil sie einen instabilen Tag-Nacht-Rhythmus haben und die meiste Zeit
in Innenräumen verbringen, kommt dem TageslichtManagement eine ganz besondere Bedeutung zu.
Dieter Kunz ist Chefarzt der Klinik für Schlafmedizin am Berliner St.-Hedwig-Krankenhaus. Er weiss,
wie wichtig Tageslicht für Gesundheit und Leistungsfähigkeit ist, denn sein Fachgebiet ist die Chronobiologie,
die Lehre von der inneren Uhr. Und diese wird vom
Licht gesteuert. „Tageslicht signalisiert dem Körper,
wann er wach und konzentriert zu sein hat“, so Kunz,
„Lichtmangel macht Menschen müde und schlägt auf
die Stimmung.“ Da Licht wichtige Körperfunktionen
steuert, könnten mit Hilfe von Licht auch Depressionen
reduziert und Schlaf und Herzrhythmus verbessert
werden. „Die beste Lösung wäre, viel Zeit im Freien
zu verbringen,“ betont Kunz. Da dies für Menschen
in Pflegeeinrichtungen nicht so ohne Weiteres möglich ist, gewinnt das Tageslicht-Management im Gebäudeinneren an Bedeutung.
Der Mensch ist unter der Sonne entstanden
Mithilfe automatisch gesteuerter Sonnenschutzeinrichtungen lässt sich das Gebäude an den Lebensrhythmus der Bewohner anpassen. Somfy hat dazu
eine grosse Bandbreite von Bedienelementen entwickelt, mit denen auch Patienten in Pflegeheimen ihre
Sonnenschutzeinrichtungen steuern können, ohne
aufstehen zu müssen. Für das Personal bedeutet die
Automatisierung eine grosse Entlastung: Monotone
Aufgaben wie das Herunterlassen der Lamellenstoren,
wenn die Sonne in die Zimmer brennt, oder das
Hochfahren, wenn Wolken die Sonne verdecken, fallen
weg. Ein weiterer positiver Effekt der Automatisierung
zeigt sich nachts: Bewohner, die tagsüber wach und aktiv sind, schlafen nachts besser durch. Das erleichtert
die Arbeit des Nachtpersonals.
Planer wissen zu wenig über die Wirkung des Lichts
Ein gutes Tageslicht-Management kann zudem
die Gefahren minimieren, die von einer falschen
künstlichen Beleuchtung ausgehen. Denn ebenso wie
Tageslicht den Menschen gut tut, kann eine zu starke künstliche Beleuchtung zur falschen Zeit schaden.
Mit dem Sonnenlicht sollten wir auch unser künstliches Licht synchronisieren. Um die Macht des Lichts
wirklich zu verstehen, wird die Wissenschaft wohl noch
eine Weile brauchen. Schon jetzt aber ist klar: Wir brauchen ein neues Bewusstsein dafür. Unterdessen wirken
Wettersonden, Timer und zentrale Bedieneinheiten als
Bestandteile intelligenter Steuerungssysteme ganz
unmittelbar und positiv auf Lebens- und Arbeitsbedingungen von Patienten und Pflegepersonal in Gesundheitseinrichtungen. Und senken ganz nebenbei noch
den Energieverbrauch.
DIALOG | 17
SANIERUNG
Atemberaubend!
Im Amtshaus Walche in Zürich wurden
Ende 2012 insgesamt 210 Büros mit
automatisierten Storen ausgestattet.
Bei der Sanierung wurden die alten
Rollläden ausgebaut, die Kästen isoliert
und die neuen Storen am Gebäude
angebracht.
DIALOG | 19
Steuerung lässt keine Wünsche offen
SANIERUNG
Noch dauern die Energieeinsparmessungen des ersten Sanierungsschrittes in der Walche an. Falls eine energetische Optimierung
nötig ist, wird sie von den Steuerungs-Experten von Somfy umgesetzt. Projektleiter Weber von Somfy, der das Projekt von Anfang
an betreut hat: „Wir passen die Programmierung dann den Optimierungsvorschlägen an. Das Gute in der Walche ist natürlich, dass
die vorhandene Steuerung alle Möglichkeiten bietet. Es gibt Windsensoren, die veranlassen, dass die Storen hochgefahren werden,
es gibt eine Frost- und eine Regenautomatik, zudem wurde die
Fassade in verschiedene Sonnensektoren aufgeteilt und entsprechend der Abschattung unterschiedlich programmiert. Wenn wir
jetzt noch den Wärmeeintrag in der Übergangszeit und im Winter
optimal ausnutzen, hat die gesamte Sanierung einen energetischen
Nutzen, der über die reine Überhitzungsthematik weit hinausgeht.“
Den Zuschlag für die Sanierungsaufgaben bekam ein Büro aus Zürich mit
viel Erfahrung in der Sanierung denkmalgeschützter Gebäude. Eine der grössten Herausforderungen der energetischen Sanierung lag im Denkmalschutz. Bei
Kästli Storen erinnert man sich: „Vorgabe war, dass die Sonnenschutz-Lösung
sehr schlicht sein sollte. Auf der Südostfassade waren bereits Storen und
Rollladenkästen vorhanden. Sie aber an jeder Fassadenseite anzubringen, hätte
den Charakter des Gebäudes völlig verändert.“ Aufgrund des Denkmalsschutzes
entschied man sich für eine Form der alten Schulhausstoren – Ausstellmarkisen
in Chromstahl-Ausführung, mit Rundstabführungen und einer seitlichen Ausstellung, das Ganze motorisiert. Marc Kästli, Inhaber von Kästli Storen: „Die vorhandenen Storenkästen sollten nicht mehr genutzt, sondern stattdessen die
neuen Storen direkt unter den Sturz montiert werden. Bei der Realisierung kamen wir deshalb zum Zug, weil unsere Gestänge den denkmalschützerischen
Anforderungen entsprechen.“
Zwei Jahre Planung, zwei Monate Umsetzung
Anton Wenger, Projektleiter bei Kästli Storen, erinnert sich: „Als wir im
August 2012 nach einer zweijährigen Planungsphase den Auftrag bekamen,
musste alles ganz schnell gehen, denn die Montage war schon im Oktober vorgesehen.” Deshalb liefen die Arbeiten fast generalstabsmässig ab, sogar während der Sanierung arbeiteten die Mitarbeiter in ihren Büros. An einem Tag öffneten Schreiner die Rolllädenkästen, entfernten die alten Rollläden und isolierten die Kästen, unterdessen verlegten Elektriker die Kabel und Leitungen für die
Steuerung. Danach brachten Storenmonteure die Markisen an und Gipser und
Maler stellten den Raum wieder her. Jede Woche wurde auf diese Weise eine zuvor vereinbarte Anzahl Büros fertiggestellt, im Dezember waren alle 420 Fenster
saniert die Baustelle konnte pünktlich abgenommen werden.
DIALOG | 21
SANIERUNG
Lösung 2: Den Mitarbeitern die
Steuerung überlassen
Lösung 1: „Zwangsbeschattung“
Bei massiven Hitzeproblemen macht
es Sinn, dass ab einem bestimmten Wärmeeintrag die Storen automatisch herunterfahren und manuell auch nicht mehr hochgefahren werden können. Eine Entscheidung,
die aus Expertensicht nicht ganz unproblematisch ist. Norbert Weber, Projektleiter bei
Somfy: „Normalerweise wird eine Steuerung
über Luxmessung gemanagt, sie reagiert also
auf Licht. Unter dem Eindruck der zunehmenden Hitzeproblematik koppeln Kunden
aber gern die Bewegung der Storen an die
Innentemperaturen. Im Sinne der energetischen Sanierung ist das zwar nachvollziehbar, aber man sollte die Folgen bedenken und
die Herausforderungen im Auge behalten.“
Eine dieser neuen Herausforderungen
zeigt sich in den Übergangszeiten. Norbert
Weber: „Im Frühjahr und im Herbst gibt es
das Problem der Überhitzung natürlich nicht,
die Sonne scheint aber trotzdem in die Büros
und blendet die Mitarbeiter.“ Die Folgen
sind offensichtlich: Die Menschen an ihrem
Arbeitsplatz ärgern sich, weil sie von der tief
stehenden Sonne geblendet werden, sie die
Storen aber nicht selbst betätigen können.
Wer also das Problem der Überhitzung im
Sommer in den Griff bekommen und vom
Wärmeeintrag im Winter profitieren will
und gleichzeitig verhindern möchte, dass die
Menschen in Übergangszeigen von der tiefstehenden Sonne geblendet werden, muss
andere Lösungen suchen.
Eine zweite Möglichkeit besteht darin, den Mitarbeitern selbst die Wahl zu lassen, ob sie ihre Storen rauf- oder runterfahren wollen. Marc Kästli hat in zahlreichen
Sanierungsprojekten viele Erfahrungen gesammelt. Er meint: „Für die energetische
Optimierung eines Gesamtgebäudes ist die
automatisierte Steuerung sicher optimal.
Aber das Empfinden der einzelnen Menschen
ist nun einmal sehr unterschiedlich und mancher fühlt sich vielleicht bevormundet, wenn
er nicht die Möglichkeit hat, die Abschattung
seinem Empfinden anzupassen.“
Auch bei Somfy kann man einer individuell regelbaren Steuerung etwas abgewinnen. Norbert Weber: „Eine gute Lösung liegt
meiner Erfahrung nach in einer Art reduzierter Zwangsbeschattung. Man knüpft die
Steuerung an aktuelle Temperaturen und an
den wenigen Hitzetagen im Sommer arretiert
man die Storen. In der restlichen Zeit überlässt man den Mitarbeitern selbst die Wahl
über die Stellung des Sonnenschutzes.“
Rauf oder
runter?
Überhitzung ist immer wieder
Thema in älteren Gebäuden,
insbesondere wenn das Gebäude
nur über sehr wenig Speichermasse
verfügt oder eine Nachtauskühlung
nicht möglich ist. Damit die
energetische Sanierung gelingt und
Mitarbeiter morgens in ihren Büros
keine tropischen Temperaturen
antreffen, lohnt ein Blick auf die
verschiedenen Möglichkeiten einer
automatisierten Beschattung.
Lösung 3: Sonnenschutz und
Blendschutz unterscheiden
Die Erfahrungen der Experten und
die Energieeinsparwerte der 2000-WattGesellschaft indes legen eine dritte Lösung
nahe: Planer sollten zwischen Sonnenschutz
und Blendschutz unterscheiden. Tatsächlich
ist Sonnenschutz etwas anderes als Blendschutz, doch diese Unterscheidung kommt
erst langsam ins Bewusstsein. Marc Kästli
bringt es auf den Punkt: „Ein Sonnenschutz
wird aussen angebracht, ein wirksamer
Blendschutz befindet sich innen.“ Was bedeutet: Über eine automatisierte Steuerung
allein lässt sich ein sinnvoller Blendschutz
oft nicht lösen. Erst wenn man Sonnenschutz
und Blendschutz entkoppelt, kann man die
Kraft der Sonne nutzen – und beherrschen.
Noch gibt es viel zu lernen. Im konstruktiven
Dialog zwischen Entwicklern und Anwendern
gelingen täglich bessere Lösungen.
DIALOG | 23
INNOVATION
Wenn Martin Jordi eine Bestellung beim Universum frei
hätte, würde er sich wünschen, dass sich die Aussenstoren aller Gebäude in der Schweiz kurz vor einem Hagelschauer automatisch hochfahren. Martin Jordi ist Bereichsleiter technische
Elementarschaden-Prävention bei der VKF, der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen. Seine Auftraggeber, die 19 kantonalen
Versicherungen, zahlen Jahr für Jahr steigende Millionenbeträge an
hagelgeschädigte Versicherungsnehmer. Martin Jordi weiss: „Den
Monopolversicherungen in der Schweiz bereiten zwei Punkte Sorgen.
Der erste bezieht sich auf die Kosten der Elementarversicherungen
generell, der zweite hat mit den Sonnenschutzelementen im
Speziellen zu tun.“ Denn Sonnenschutzstoren sind für Naturereignisse wie Hagelstürme nicht ausgelegt. Was aber aus Sicht des
Versicherungsprofis noch viel schlimmer ist: „Der Trend geht dahin, dass sie immer noch filigraner, schlanker und dünner werden.“
Höchste Zeit für die VKF, etwas zu tun.
Zusammen mit der SRF Meteo und Somfy hat die Präventionsstiftung der Kantonalen Gebäudeversicherungen deshalb ein
Hagelschutzprojekt ins Leben gerufen. Ralph Balhuber hat das Projekt
angestossen und bei Somfy dessen Leitung übernommen. Er betont:
“Herzstück des Projektes ist ein Vorhersagetool, das den verletzlichen
Sonnenstoren im Voraus mitteilt, wenn ein Hagelschauer naht und
wann genau sie hochfahren sollen. Darin liegt die Herausforderung
und die grosse Chance.“
Genau vorherzusagen, wann und wo es hagelt, ist gar
nicht so einfach!
Wissen,
wann es hagelt
SRF Meteo an Steuerung: „Es wird gleich hageln.“
Steuerung an Storen: „Hochfahren!“
Wenn aussenliegende Sonnenstoren
wüssten, wann es hagelt und rechtzeitig automatisch hochfahren
würden, könnten Versicherungen
Jahr für Jahr Hunderte von Millionen
Schweizer Franken sparen. Seit
Kurzem arbeiten die Präventionsstiftung der Kantonalen Gebäudeversicherungen, der Wetterdienst SRF
Meteo und die Firma Somfy an einem
solchen Projekt. Für die Gebäudeeigentümer und Versicherer ist das
Vorhersagetool Gold wert.
Bei allen Einschränkungen bieten Sonnenstoren einen ganz
entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Bauteilen: Man kann sie
einfahren. Martin Jordi: “Um das aber rechtzeitig zu tun, müssen die
Storen wissen, wann es hageln wird und zwar kurzfristig und mit relativ hoher Genauigkeit. Und genau das macht das Hagelschutzprojekt
so knifflig. Denn Hagel ist ein lokal begrenztes Ereignis und seine
Prognose deshalb gar nicht so leicht“, erklärt Martin Jordi.
Hier sind Experten gefragt, Menschen, die wissen, wann es hagelt. Einer dieser Experten ist Christof Siegrist, Meteorologe und in
der ganzen Schweiz bekannt aus Funk und Fernsehen, wo er täglich
das Wetter voraussagt. Seit Kurzem hat der Wettermann einen neuen
Job: Er soll den Hagel voraussehen, um Storenbesitzern in der gesamten Schweiz viel Ärger und Geld zu ersparen. Wettermann Siegrist
findet das Projekt toll und ist optimistisch, was die Ergebnisse angeht: „Wir haben jetzt die erste Testphase hinter uns und die ersten Ergebnisse sind subjektiv betrachtet sehr positiv. Zwischen April
und September haben wir Daten gesammelt, jetzt analysieren wir
sie und werten sie aus.“
Um welche Datenflut es sich dabei handelt, wird beim Blick auf
die Umsetzung des Hagelschutzprojekts deutlich. Christof Siegrist:
„Wir haben ein Gitternetz über die gesamte Schweiz gelegt und an jedem der Gitterpunkte errechnet unser System alle fünf Minuten eine
neue Hagelprognose.“ Wenn man alle Punkte im Gitternetz und alle
Prognosen zusammenzählt, kommt man auf 714 Millionen Punkte,
DIALOG | 25
INNOVATION
die berechnet werden. Pro Tag! „Gewitterzellen sind an sich schon
komplexe Gebilde und wenn man die noch prognostizieren möchte,
dann hat man was zu tun“, lacht Siegrist.
Zuverlässigkeit der Vorhersagen“, prognostiziert Martin Jordi. „Die
müssen sehr hoch sein, denn wenn die Storen ständig rauf und runter fahren, ohne dass es hagelt, wird das Prognosetool den Kunden
schnell verleidet. Deshalb ist auch unsere Testphase so lang.“
Programme mussten erst lernen, was Hagel überhaupt ist
Prognosen für das Hageltool sind bestens
Dabei ist die Datenauswertung nicht die einzige Herausforderung für den Meteorologen. „Ich muss einerseits die Programmierer
beraten, wie sie die Meteorologie in ihr System überhaupt reinbringen, denn ein Computerprogramm muss beispielsweise erst einmal
lernen, was Hagel überhaupt ist. Und dann bin ich als Projektleiter
bei SRF Meteo dafür zuständig, die Fäden zusammenzuhalten zwischen dem Initiator, den Entwicklern und Somfy. Denn es reicht ja
nicht, zu wissen, dass es hagelt. Man muss die Gebäude ansteuern,
damit es die Steuerungen auch erfahren.“ Die grösste Hürde dabei
sei die Frage, wie man ins Gebäude hineinkommt. Christof Siegrist:
„Normalerweise ist die Steuerung der Storen ja nicht ans Internet angebunden. Eine Möglichkeit ist der Weg über das Handynetz. Dabei
schickt man ganz banal eine SMS an die Steuerung.“ Die zukunftsträchtigere Lösung aber liegt nach Auffassung des Fachmanns in einer IP-basierten Lösung. „Dabei wird das Modem über die IP-Adresse
angesteuert.“
Heikel wird es, wenn der Hagel ausbleibt
In der Praxis sieht das so aus: Bei einem anziehenden Hagelschauer bekommt die Gebäudesteuerung übers Internet das Signal:
“Storen hoch!“ Daraufhin fahren die Storen in einem genau definierten Radius von einem Kilometer hoch, denn ein Hagelgewitter ist ein
stark regional begrenztes Naturereignis. Und weil der Hagelschauer
meist innerhalb weniger Minuten wieder vorbei ist, bekommt die
Gebäudesteuerung nach dem Ereignis erneut ein Signal. Ist die Luft
wieder rein, lautet das Signal: “Storen wieder in die Ausgangsposition
setzen!“
Die Testphase des Projekts dauert drei Jahre. In dieser Zeit wird
die Präventionsstiftung der Kantonalen Gebäudeversicherungen 20
Objekte in der gesamten Schweiz mit Hagelschutz-Steuerungen ausstatten. „Unser Ziel ist eine rund 90-prozentige Zuverlässigkeit der
Prognose“, so Martin Jordi. „Absolute Sicherheit wird es nie geben und
sicher wird auch der eine oder andere Storen mal hochfahren, und
der Hagel bleibt dennoch aus.“ Genau an dieser Stelle aber hat das
Projekt seine Achillesverse. „Die Akzeptanz steht und fällt mit der
Hagelsumme 1970 - 2012 über alle
19 Kantonalen Gebäudeversicherungen
(indexiert anhand des Zürcher Baukostenindex)
Trotz aller Unwägbarkeiten ist der Projektleiter sicher, dass
das Vorhersagetool bei den Versicherungen einschlagen wird. Denn
Hagelschäden werden immer häufiger. Zwischen 1992 und 2011
ist die Anzahl der Schäden um rund zwei Drittel angestiegen, die
Schadenssumme bei den Versicherungen hat sich mehr als verdoppelt: von 93 Mio. CHF auf über 206 Mio. CHF. Hagelschäden machen
heute weit mehr als ein Drittel aller Elementarschäden aus – Tendenz
steigend.
Das liegt daran, dass es tendentiell öfter und stärker hagelt,
an einer veränderten Architektur mit mehr Aussenlamellen und
Storen und daran, dass die verwendeten Bauteile immer filigraner
und die Materialien hochwertiger werden. „Hinzu kommt noch die
Erwartung der Kunden an ihre Versicherung, dass die den Schaden
auch ersetzt. Denn ein Gebäude ist heute eher Schmuckstücke und
Repräsentationsobjekt als dies früher der Fall war“, so Jordi. Läuft
alles nach Plan, wird das Hagelschutzprojekt, nach seiner dreijährigen Testphase 2015 an den Markt gehen. Profitieren werden neben
den Versicherungen vor allem die Immobilienbesitzer. Das Interesse
sei schon heute riesig. Geleitetet und finanziert wird das Projekt von
der Präventionsstiftung der Kantonalen Gebäudversicherungen, „das
meteorologische und steuerungstechnische Expertenwissen aber
liegt ganz klar bei unseren Partnern SRF Meteo und Somfy“, betont
Jordi. Christof Siegrist ist vom Erfolg des Projektes überzeugt: „Jetzt
werden wir erst einmal analysieren, wo es Probleme gab, in der zweiten Winterhälfte passen wir das System an. Dann kommt die zweite
und die dritte Phase und danach wird das Projekt fliegen.“
DIALOG | 27
GEBÄUDEHÜLLE
Ein
“Dress-Code”
für grüne
Gebäude
Auf den ersten Blick
haben Kleider und
Fassaden eigentlich keine Gemeinsamkeiten.
Doch Dr. Serge Neuman
ist anderer Meinung. Er
findet: Kleidung und
Gebäudehüllen haben nicht nur viele
Gemeinsamkeiten, sondern sogar einen gemeinsamen Dress-Code.
Herr Neuman, Sie halten Vorträge auf der ganzen Welt von Ihrer Vision einer bioklimatischen
Fassade. Worum geht es in Ihren Vorträgen?
In meinen Vorträgen geht es um die
Parallelen zwischen Fassaden und Kleidung.
Jedes “grüne“ Gebäude beginnt mit einer gut
gestalteten Fassade. Mit dieser Fassade verhält es sich wie mit der eigenen Kleidung:
Noch bevor wir ein einziges Wort sagen können, hat unsere Kleidung schon die halbe
Geschichte erzählt. Wenn unsere Geschichte
stimmig ist, dann verstärkt die Botschaft den
ersten Eindruck. Ist sie es nicht, dann müssen wir sehr viel Zeit und Energie darauf verwenden, den Eindruck zu korrigieren. Nicht
selten funktioniert das aber nicht mehr. Auf
die Fassade bezogen heisst das: Dynamische,
passive Strategien haben einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Performance
eines Gebäudes. Stimmen sie nicht, ist die
Chance sehr klein, dass die Performance eines Tages überzeugen wird.
Welche Geschichten erzählt denn eine Fassade?
Nehmen wir ein Beispiel, wo eine Fassade eine falsche Geschichte erzählt. In einer Firmenzentrale wurden die Photovoltaik
-Zellen nicht korrekt zur Sonne ausgerichtet. Der Grund: Es gab da noch eine Zufahrtsstrasse und man meinte, es sei wichtiger,
dass das Gebäude den Vorüberfahrenden
sagt: “Schau, ich habe Photovoltaik-Zellen,
ich bin ein grünes Gebäude, als das Gebäude
tatsächlich so auszurichten, dass es die Sonnenenergie optimal nutzen kann. Hier wurde der schöne Schein höher bewertet als
die realen Anforderungen. Folglich blieb die
Performance des Gebäudes auf der Strecke.
Leider sind solche Beispiele sehr oft anzutreffen. Diese Fassadengeschichte zeigt: Soll
ein Gebäude tatsächlich nachhaltig sein,
muss es über eine massgeschneiderte Hülle
verfügen!
Hatte Gebäudehülle früher andere Funktionen?
Ja, und auch hier ist die Analogie
zur Kleidung hilfreich. Früher diente die
Kleidung in allererster Linie dem Komfort,
man passte die Kleidung den Umgebungsbedingungen an: Im Sommer trug man
leichte Stoffe in kühlen Farben, im Winter
schwere Stoffen in warmen Farben. Heute
ist das anders. Seitdem wir 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen verbringen, ist die
Beschaffenheit unserer Kleidung nebensächlich geworden, ästhetische Kriterien sind in
den Vordergrund getreten.
Bedeutet das mehr Unabhängigkeit?
Nein, ganz im Gegenteil. Denn aus den
ästhetischen Kriterien ist ein Dress-Code entstanden, der ziemlich rigide ist. Weil wir uns
sommers wie winters in einer bestimmten
Art kleiden, delegieren wir die Verantwortung
dafür, dass uns im Winter warm und im
Sommer angenehm kühl ist, an die Gebäude.
Sie müssen die Last tragen. In Japan beispielsweise könnte allein das Zugeständnis,
dass man im Sommer kurzärmlige Hemden
und Krawattenfreiheit zulassen würde, zwei
Millionen Barrel Öl einsparen. Im Sommer
wohlgemerkt! Eine intelligente, also nicht rigide Kleiderordnung würde erlauben, dass
Menschen angemessene Kleidungsstücke
wählen. Vielleicht würde sie Stil und Farben
vorgeben, damit sie die Botschaft übersenden
könnten. Doch wäre bei einer intelligenten
Kleiderordnung das ganze System flexibel.
Bei Regen oder bei extremen Temperaturen
würde man einfach Mantel, Regenschirm,
Mütze, Schal oder Hut dazu nehmen.
Wie passt das zur Geschichte der Gebäudehülle?
Je mehr man darüber nachdenkt,
umso erstaunlicher ist es doch, wie weit
die Analogie zwischen Gebäudehülle und
Kleidung geht. Per Definition markieren beide
eine Grenze. Wir brauchen unsere Kleidung
und die Gebäudehülle, um unseren Raum
beziehungsweise unseren Körper zu schützen. Wer nun in einer umweltverträglichen
Art und Weise denkt, wird erkennen, dass sowohl Gebäudehülle als auch Kleidung auf natürliche Ressourcen und Materialien zurückgreifen sollten, damit unsere Umwelt nicht
leidet. Das Besondere bei einem Gebäude
ist, dass es viele “aktive“ Lösungen gibt, die
das Innere in den “Normalbereich“ bringen.
In modernen Gebäuden werden fast drei
Viertel des Energieverbrauchs dazu benutzt,
die Innenraumqualität innerhalb eines akzeptablen Bereichs zu halten. Mit einem grünen Gebäude hat das nichts mehr zu tun.
Wie sieht Ihrer Meinung nach eine sinnvolle
"Kleiderordnung" für grüne Gebäude aus?
Wenn man bedenkt, dass Fassaden an
Gebäuden genau das sind, was die Kleidung
für den menschlichen Körper ist, sehen wir
auf einmal eine ganz neue Vision dessen, was
eine gut gestaltete Fassade sein kann. Die traditionelle, also eine “dumme“ Kleiderordnung
von Gebäuden funktioniert so: Man hat
Mütze, Schal, Mantel und Regenschirm das
ganze Jahr über an, nur weil man sie ein paar
Tage im Winter braucht.
Moderne thermische Regelungen hingegen funktionieren wie eine intelligente Kleiderordnung. Sie definieren die Ziele
und überlassen die Aufgabe, das Design den
örtlichen Gegebenheiten anzupassen den
Architekten und Ingenieuren. Um dabei optimale Ergebnisse zu gewährleisten, werden die Ziele im Sinne von bioklimatischen
Koeffizienten und Primärenergieverbrauch
pro Flächeneinheit und pro Jahr beschrieben. Ein bioklimatischer Koeffizient gibt an,
wie gut Kern und Hülle des Gebäudes ausgelegt sind, wie gut also die passiven Strategien
verwendet werden.
Damit enthält eine Kleiderordnung
für grüne Gebäude eine Reihe von passiven
Strategien, vor allem dynamische passive
Strategien. Diese Strategien machen massgeschneiderte und wahrhaft grüne Gebäude
aus.
Wie lautet Ihr Rat für ein grünes Gebäude?
Genauso wie Menschen sich schnell
und einfach durch geeignete Kleidung an
die Umgebung anpassen, müssen Gebäude
das auch tun. Durch die Verwendung von
dynamischen passiven Strategien können Architekten sicherstellen, dass sich
die Fassade von Minute zu Minute an
Veränderungen ihrer Umwelt anpasst. Nur
eine wirklich dynamische Fassade kann
die Bewohner vor der unbarmherzigen
Sommersonne genauso schützen wie sie sie
an einem hellen, aber kalten Wintermorgen
mit Wärme versorgen kann. Darüber hinaus sollte und darf die Fassade ein DesignStatement machen und eine klare Aussage
über das Gebäude. Sollte das Gebäude wie
ein unordentlicher Teenager daherkomen?
Oder sollte es auf intelligente Weise Einblick
in das Ethos des Unternehmens geben? Ganz
gleich, welche Aussage gewünscht ist: Eine
dynamische Fassade bringt Wohnqualität, indem sie sich der sich verändernden Umwelt
anpasst. Gleichzeitig liefert sie ein DesignStatement. Genau das ist meine Vision.
Alistair Grice, Serge Neuman
A dress code for green buildings
Aus: Architecture Australia –
May 2011 (Vol 100 No 3)
DIALOG | 29
INTERVIEW
SIA-Chef
Stefan Cadosch
„Wir reden zu wenig darüber“
Baukultur der Zukunft ist sehr stark geprägt von interdisziplinärem Zusammenwirken von Ingenieuren und
Architekten. Davon ist Stefan Cadosch, Präsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA, überzeugt. Wer davon ausgeht, dass der SIA in seiner Auszeichnung „Umsicht“ einzig Kulturdenkmäler prämiert, der hat
das Anliegen des Wettbewerbs zu wenig verinnerlicht. „Wir zeichnen Werke oder Projekte aus, die entscheidend
zur zukunftsfähigen Gestaltung des Lebensraums beitragen. Das kann auch ein Autobahnabschnitt, eine Serie von
Brücken, die exemplarische Renovation eines Kulturdenkmals oder die Revitalisierung eines städtischen
Gefüges durch flankierende Massnahmen einer Verkehrsberuhigung sein.“
Folgt man dem Kulturbegriff des SIA, so muss der Begriff der Baukultur einer gründlichen Renaissance unterzogen
werden. Cadosch spart nicht
mit Kritik: „Unser gesamtgesellschaftliches Verständnis von Baukultur, das massgeblich durch
die Kulturpolitik des Bundes beeinflusst ist, ist zumeist rückwärtsgewandt. Die breite Öffentlichkeit versteht unter Baukultur
in aller Regel die Paläste, Kirchen
und Museen aus vergangenen
Zeiten. Der SIA setzt sich aber
klar für ein gesamtheitliches Bild von Baukultur ein,
also für ein gleichberechtigtes Miteinander von historischer Substanz und zeitgenössischem Schaffen. Auch
Ingenieurbaukust, wie beispielsweise Brücken, Befestigungen,
Bahnhöfe und Strassen darf als
wichtige Disziplin der Baukultur
nicht vergessen werden. Jeder
bewusste Eingriff in die Natur,
der zu einem zukunftsfähigen
Lebensraum beiträgt, ist ein
Zeugnis unserer Baukultur.“
Doch der Begriff einer gesamtheitlichen Baukultur ist
dem „Mann auf der Strasse“ nur
schwer zu vermitteln. Deshalb
will Cadosch die BaukulturDiskussion gesellschaftsfähiger
machen. Er hält es für eine zentrale Aufgabe des SIA, die Debatte
über richtungsweisende Werke
der heutigen Baumeister besser zu positionieren, damit sich
Medien und Öffentlichkeit stärker beteiligen können. Zwar ist
Cadosch
Überzeugungstäter,
doch er ist auch Realist. „Das Thema ist nicht neu. Im SIA verfolgen wir dieses Ziel, solange es uns
gibt. Seit einigen Jahren gehört es
sogar zu den vom Vorstand definierten Kernthemen. Leider
spielt unser Anliegen in der öf-
fentlichen Wahrnehmung bisher eine untergeordnete Rolle.
Die Medien verfolgen es kaum
und selbst unter Architekten und
Ingenieuren ist das Bewusstsein
darüber nicht immer genügend
ausgeprägt, welche Bedeutung
und welchen elementaren Einfluss die baulichen Eingriffe auf
Umwelt und Gesellschaft ausüben.“
Dass die Diskussion trotz
ihrer nach Cadosch herausragenden Bedeutung bis heute nur
marginal geführt wird, daran
sind nach Auffassung des SIAPräsidenten die Architekten und
Ingenieure nicht ganz unschuldig. „Allzu oft wird das Thema nur
in akademischen Kreisen debattiert, der öffentliche Diskurs wird
zu selten gesucht.“ Die Quittung
ist naheliegend. Oft werden
Architekten als Wächter des
Elfenbeinturms wahrgenommen, die sich zu den wichtigen
Themen der Zukunft nur selten in der Breite äussern. Das
sei besonders schwerwiegend,
weil Technik und Elektronik im
Bauwesen stetig an Bedeutung
gewinnen. Cadosch: „Architekten
sind es gewohnt, ihre Projekte
vorzustellen. Ingenieure aber suchen nur selten das Rampenlicht
und verlassen sich meist darauf,
dass das Werk für sich spricht.
Dadurch wird sehr oft die gesellschaftliche Bedeutung ihrer
Arbeit verkannt oder aber weit
unter ihrem Wert anerkannt.“
Hatte es früher ein Bauherr
mit wenigen Werkstoffen und
mit sehr moderater Technik zu
tun, findet er sich heute in einem kaum überschaubaren und
stetig wachsenden Dschungel an
Materialien, Technologien und –
seit jüngerer Zeit – Elektronik
wieder. Cadosch zieht Bilanz:
„Im Spannungsfeld von Kosten,
Funktionalität und Gestaltung
versucht der heutige Planer zu
Lösungen zu kommen, denen
er bezüglich Ausgestaltung und
Ergebnis oftmals nicht in der
Gesamtheit Herr werden kann.
Vermehrt braucht es spezialisierte Ingenieure, die wichtige
Beiträge zum Gesamtwerk leisten. Denn es geht nicht allein
um Gestaltung und ein angenehmes Wohngefühl, sondern auch
um komplexe Zusammenhänge
zwischen Bauteilen, technischen
Elementen und äusserst vielfältigen Aufgaben der Gebäudehülle.
Das Gebäude als Kraftwerk
rückt vermehrt in den Fokus
und wird zum Objekt der
Betrachtung von Architekten,
Ingenieuren, Bauherren und
Investoren.
Je komplexer die Technik,
umso wichtiger wird der Austausch der Akteure untereinander. Denn wenn die Planung
eines Gebäudes aus dem Ruder
läuft, explodieren die Gesamtkosten. Genau hier sieht Cadosch
die zentrale Herausforderung:
„Architekten und Ingenieure müssen sich zunehmend interdisziplinär austauschen und gemeinsam eine stimmige Strategie entwickeln. Denn die Gebäudetechnik wird in den nächsten 50 Jahren die Architektur
und die Baukultur ganz massgeblich beeinflussen.“ Doch
Stefan Cadosch mahnt auch
zur Zurückhaltung: „Wir sollten
durchaus vorsichtig sein mit einer allfälligen Übertechnisierung
der Bauwerke. Schon heute bilden sich zwei unterschiedliche
Lager von Architekten heraus.
Die einen bleiben Puristen, beziehen sich vor allem auf das
Gebäude als Raum für Schutz
und Geborgenheit und sehen bewusst einen minimalen techni-
DIALOG | 31
INTERVIEW
Stefan Cadosch …
...zur Energiewende 2050
Die Energiestrategie 2050 des Bundes ist sorgfältig aufgegleist und sie ist mit vereinten Kräften realisierbar. Wichtig
ist, dass zentrale Erfolgsfaktoren, wie etwa Betriebsoptimierungen und der Fokus auf den Bestand nicht vernachlässigt
werden.
...zur Rolle der Gebäudeautomation bei der Energiewende
Sie spielt eine entscheidende Rolle, gilt es doch, die stetig wachsenden Ansprüche an Komfortelemente der
Gebäudeautomation mit einer effizienten Reduktion des Energieverbrauchs zu koppeln, also zunächst einen Widerspruch
per se zu lösen. Der kulturelle Beitrag der nächsten Generation wird sein, mit ihren Bauwerken eine energieneutrale oder
gar energieproduzierende Ebene zu schaffen, die gleichzeitig die hohen Komfortansprüche zu erfüllen vermag.
...zu Solarpanels auf den Dächern
Ein umstrittenes und nicht unproblematisches Feld. Sicher ist, dass unkritisch und unsorgfältig installierte Solarpanels
zu einer wesentlichen optischen Umweltverschmutzung beitragen. Davon zeugen viele unrühmliche Beispiele in
Süddeutschland oder Oesterreich, aber auch in der Schweiz. Gerade bei der Transformation der Gebäudehülle in ein
kleines Kraftwerk ist sensibel darauf zu achten, dass die Elemente sorgfältig und mit hohen gestalterischen Qualitäten ins
Gebäude integriert werden. Zudem gilt es, die ästhetischen Qualitäten der Elemente und ihren Wirkungsgrad künftig noch
wesentlich zu verbessern.
...zur Zusammenarbeit zwischen Industrie und Architekten
Unternehmen, die sich aktiv um die Gestaltung unseres Lebensraums kümmern, können sehr viel beitragen. So hat
beispielsweise Somfy mit einer breiten Produktpalette einen massgebenden Einfluss auf die Entwicklung künftiger
Gebäudegenerationen. Um die Ziele der Energiewende umzusetzen, braucht es gut integrierte Technikelemente; raffinierte
Schliesstechniken helfen, den Energieverbrauch zu senken. In der Zusammenarbeit mit Designern und Architekten entstehen optisch ansprechende Systeme, die vielfältige Aufgaben erfüllen.
...zum politischen Engagement des SIA bei der Energiewende
Die Energiestrategie 2050 des Bundes orientiert sich stark am Effizienzpfad Energie des SIA. Dieses Merkblatt, das wichtige Wege aufzeigt für eine ganzheitliche Betrachtung des Enerigehaushalts von Gebäuden inklusive grauer Energie und
gebäudeinduzierter Mobilität, geniesst weitherum hohe Anerkennung. Der Fachrat Energie des SIA, dem viele führende
Köpfe der Branche angehören, bringt sich massgeblich in die Debatte um die Energiestrategie ein.
...zur zukünftigen Aufgabe der Architekten
Es ist darauf zu achten, dass Architekten auch in Zukunft über ein generalistisches Grundlagenwissen verfügen, um die
verschiedenen Ansprüche an ein Gebäude sinnvoll aufeinander abstimmen zu können. Daneben gilt es, zukunftsfähige
Visionen zu entwickeln und das Machbare voranzutreiben.
schen Standard vor. Das andere
Lager setzt sich detailliert mit
technischen Neuerungen auseinander und adaptiert diese in interdisziplinärem Diskurs in den
neuen Bauwerken. Ich bin davon überzeugt, dass die künftige Antwort auf die Frage,
wie ein Gebäude aussehen soll
und welchen Beitrag es zur
Baukultur leistet, gesamthaft
durch mehrere Akteure bestimmt wird. den Ingenieuren
kommt dabei eine zentrale
Rolle zu. Antworten können nur
im interdisziplinären Arbeiten
gefunden werden.“
Um diesen Dialog gewinnbringend führen zu können, brauche es eine neue Kultur
der Zusammenarbeit zwischen
Architekten mit starker generalistischer Prägung und den oftmals
spezialisierten Ingenieuren. „Der
Dialog unter den Bauakteuren
muss noch wesentlich verstärkt werden: Ingenieure und
Architekten, aber auch Techniker,
Bauhandwerker, Industrie, Ausbildungsstätten, Verbände, die
interessierte Öffentlichkeit und
die Politik sind gefordert, gemeinsam an der Zukunft des
Bauwerks Schweiz mitzugestalten. Wenn Architekten ihre
Generalistenrolle behalten wollen, so müssen sie sich zeitig mit
den Experten und Spezialisten
zusammen an einen Tisch setzen,
damit die Lösungen nicht in einer
kulturellen Bedeutungslosigkeit
erstarren.“
Kulturelle Bedeutung in
Zeiten der Globalisierung? Stefan
Cadosch bejaht: „Unsere Zeit
ist geprägt von hoher Eigenverantwortung. Frühere Baugenerationen hatten sozusagen als
letzte Instanz die göttliche
Huld zu gewinnen, bei unsach-
gemässer Arbeit fürchteten sie
deren Strenge. Es gab eine übergeordnete Prüfinstanz, man
strengte sich an, um überirdischen Massstäben gerecht
zu werden. Heute müssen die
Planenden die Menschen von
der kulturellen Bedeutung ihrer
Lösungen überzeugen.“ Als herausragendes Beispiel für diese kulturelle Bedeutung nennt
Cadosch das Gewerbegebäude
NOERD in Zürich Nord. Das
Gebäude überzeuge nicht nur
durch seine zurückhaltende,
aber dennoch facettenreiche
volumetrische und gestalterische Ausprägung, sondern
auch durch seine betriebswirtschaftliche Grundkonzeption und das Konzept der Mitgestaltung wichtiger Mieter.
Cadosch: “Hier entstand ein
Panoptikum an zukunftsfähigen
Ideen, die mit viel Inspiration und
Teamgeist zu einem überzeugenden Gesamtresultat verdichtet wurden. Das Projekt stärkt
durch seine Nutzung und seine
Verflechtung mit dem Umfeld
die städtischen Qualitäten des
Ortes und trägt massgebend zur
Aufwertung des Quartiers bei,
darüber hinaus ermöglicht es im
prosperierenden Stadtteil Zürich
Nord Wohnen zu vergleichsweise
attraktiven Mieten. In Sichtbeton,
Holz und Glas erstellt, überrascht
das Gebäude durch vielschichtige, ressourcenschonende, wohldurchdachte und ungewöhnliche
Massnahmen, die zu einer umsichtigen Gesamtlösung führten.“ Es verwundert daher nicht,
dass gerade dieses Gebäude, exemplarisch für “Umsicht“, die
Auszeichnung des SIA für zukunftsfähige Gestaltung des
Lebensraums erhielt. Als wichtigster Wettbewerb für nachhaltiges Bauen in der Schweiz
hat sich Umsicht längst als
Gradmesser für die Diskussion
über Baukultur in der Schweiz
etabliert.
Ein Blick über die Grenze
bestätigt, dass man mit Umsicht
auf einem guten Weg ist.
Cadosch: „In Österreich wissen
heute sogar kleine Gemeinden,
dass Baukultur als wichtiger
Imageträger zum Motor für die
touristische Entwicklung ganzer Regionen werden kann. Hier
lenkt man bewusst die öffentliche Aufmerksamkeit auf herausragende Bauwerke, führt
energische Debatten über baukulturelle Aspekte und löst
gleichzeitig eine Begeisterung
im wachsenden Markt kulturaffiner Touristen aus.“ Ob der
vielzitierte Bilbao-Effekt beliebig transportierbar oder überhaupt erstrebenswert sei, dürfe man zwar durchaus bezweifeln. Doch dem SIA-Präsidenten
geht es auch nicht darum,
dass jede Gemeinde ihr eigenes Guggenheim-Museum baut.
„Vielmehr sollten wir überall
bestmögliche Lösungen für regionale, aber auch internationale Herausforderungen finden und dabei eben nicht bei
unserem jeweiligen Kirchturm
halt machen.“ Weshalb aussergewöhnliche Lösungen in der
Öffentlichkeit heute immer noch
irgendwo zwischen unbekannt
und unbeliebt rangieren, liegt
für Stefan Cadosch auf der Hand:
”Wir reden zu wenig darüber.“
DIALOG | 33
BAUKULTUR
Vollkommen
in Ordnung?
Was ist eine fortschrittliche Gesellschaft und woran kann
man sie erkennen? An ihren technischen Errungenschaften? Dann wäre ein Volk von Kannibalen, das seine Opfer
mit GPS-Systemen verfolgt, eine fortschrittliche Gesellschaft!
Mit diesem Bild ist eins klar: Eine fortschrittliche
Gesellschaft lässt sich nicht allein am technischen Fortschritt messen, es braucht so etwas wie einen Kulturbegriff. Und siehe da: Auch der Begriff der Kultur beinhaltet ein Voranschreiten. Doch dieses Voranschreiten
geht über den Bereich der Technik weit hinaus. Kultur
bezieht sich auf menschliches Wirken insgesamt, also auf
alle Formen des menschlichen Ausdrucks, von denen die
Technik nur eine einzige ist. Zur Kultur gehören neben
der Technik die Religion, die Moral, die Philosophie, die
Kunst und natürlich die Architektur.
Woran aber liegt es, dass sich heute jeder Versuch,
Fortschritt nachvollziehbar festzustellen, immer nur auf
den technischen Fortschritt bezieht? Eine Antwort gibt
der Kulturphilosoph Ernst Cassirer. Seiner Auffassung
nach liegt der Grund für die Tatsahe, dass in der industrialisierten Welt die Technik eine Vormachtstellung ein-
nimmt – Cassirer spricht vom „Primat der Technik" – vor
allem daran, dass sich technische Entwicklung am einfachsten messen lässt: Technischer Fortschritt lässt sich in
Zahlen ausdrücken, zu denen man ganz einfach dadurch
kommt, indem man frühere und heutige Leistungen berechnet und vergleicht.
Der bekannte deutsche Philosoph Richard David Precht
geht noch einen Schritt weiter. In einem aufsehenerregenden Essay stellte er unlängst den "kollektiven Verlust
der Utopiefähigkeit und einen allseits gegenwärtigen
Angststillstand“ fest und konstatierte: „Stattdessen sind
die Leute (...) damit beschäftigt, zu messen und zu quantifizieren. Das ist enorm anstrengend.“ Für Deutung oder
Wertung fehle es an Kapazität, wer deute und werte, verlasse sicheren Boden und mache sich angreifbar. Ursache
für diese vorherrschende Angstkultur ist nach Precht der
"Reflex, Fortschritt und Kultur allein auf das Messbare zu
reduzieren". Hat Precht Recht, befinden sich Kunst, Religion, Moral
und Architektur in einem Dilemma. Denn ihre wahren Qualitäten lassen sich in der Tat nur sehr schwer
quantifizieren. Damit bleibt auch das Unterfangen einer
Bewertung gesellschaftlichen Fortschritts im Sinne einer
„Kultivierung“ schwierig. Einfach aber bleibt die Einsicht:
Die technische Entwicklung in Megacities ist zwar Teil eines Fortschrittsprozesses aber ohne Errungenschaften wie
Meinungsfreiheit, Respekt, Toleranz und Offenheit kann
auch die modernste Technik kulturellen Fortschritt nicht
garantieren. Oder um im Bild zu bleiben: Wer Fortschritt
weiterhin allein auf Messbares reduziert, findet eine Welt
von Kannibalen, die ihre Opfer mit GPS-Systemen verfolgen, vollkommen in Ordnung.
Wolkenkratzer, Wirtschaft,
Hightech. Das symbolisiert vor
allem eines: Fortschritt. Doch
angesichts der sinkenden Lebensqualität in den Megacities der
Welt stellt sich eine drängende
Frage: Lässt sich Fortschritt allein an den technischen
Errungenschaften messen?
IMPRESSUM
Doppelter
Gewinn
In der Diskussion um Energieeinsparungen fällt immer wieder der
Begriff „Rebound-Effekt”. Der meint, dass Effizienzgewinne
hinter ihren prognostizierten Potenzialen weit zurück- oder sogar
ganz ausbleiben, weil die an einer Stelle gesparte Energie an
einer anderen Stelle wieder verbraucht wird.
Typisch für einen Rebound-Effekt: Man
schafft sich einen Neuwagen an, weil der weniger Sprit verbraucht. So sinken die Kosten
pro gefahrenem Kilometer, für das gleiche
Geld könnte man also mehr fahren – und tut
es auch! Oder: Man kauft sich einen energiesparenden Kühlschrank und stellt den alten Stromfresser in den Keller fürs Bier. Stellt
sich die Frage: Sind Rebound-Effekte bei bioklimatische Fassaden ebenfalls zu befürchten? Antwort: Nein! Beim Rebound-Effekt
geht es um einen reinen Preiseffekt. So zeigen
die beiden Beispiele: Nachdem die Effizienz
gesteigert wurde, erhöht der Verbraucher seine Nutzung von Energie, weil er sich dadurch
einen Komfortgewinn erhofft.
Bei bioklimatischen Fassaden aber lässt sich
mit mehr Energieverbrauch der Komfort
nicht steigern: Wer in einem Gebäude, in
dem ein Komfortklima durch automatisierte
Steuerungen hergestellt wurde, die Heizung
hochdreht, steigert seinen Komfort keineswegs. Genau hier liegt die Stärke bioklimatischer Fassaden. Sie erzielen Einspareffekte
bei gleichzeitigem Komfortgewinn und
schliessen den Rebound-Effekt von vornherein aus!
Die psychologischen Aspekte wurden bisher
nur wenig untersucht. Klar ist: In den meisten
Bereichen sind Rebound-Effekte sehr individuell und hängen stark vom Nutzerverhalten
ab. Bei bioklimatischen Fassaden profitiert
der Nutzer vom Einsatz der Steuerungen und
dies gleich doppelt: Indem er Geld spart und
zugleich seinen Komfort erhöht. Wenn das
kein doppelter Gewinn ist!
herausgeber Somfy AG
Vorbuchenstrasse 17
CH-8303 Bassersdorf
www.somfy.ch
V.i.S.d.P. Daniel Bretscher
konzeption/text
Imdahl-Institut
www.imdahl-institut.de
gestaltung
musen design
www.musendesign.de
fotografie
die arge lola
www.dieargelola.de
DIALOG | 35
PARTNER
Kein leichtes Spiel
für Einbrecher!
Eine clevere Innovation aus dem Hause Nyffenegger verlängert
jetzt die Lebensdauer von Verbundraffstoren und senkt deren
Unterhaltskosten deutlich. Zudem wird es für Einbrecher beträchtlich
schwieriger, sich ungehindert einzuschleichen.
Einbrecher nehmen immer den einfachsten Weg. Ist
die Eingangstür gut gesichert, versuchen sie ihr Glück
über die zumeist weit schlechter geschützten Terrassenoder Balkontüren oder über die Fenster. In den meisten
Fällen beträgt die Einbruchsdauer nur 5 bis 10 Minuten, bei entsprechendem Widerstand oder unerwarteter Lärmentwicklung geben die Einbrecher aber bereits
nach 2 bis 3 Minuten auf. Mit einem durchdachten Verschlusssystem verhindert die Alulock SZA, dass geschlossenen Storen an Fenstern und Terrassentüren von aussen
hochgeschoben werden können. So macht die kleine
Innovation Einbrechern einen Strich durch die Rechnung.
Nie wieder durchgescheuerte
Aufzugsbänder
Hinzu kommt, dass bei der Alulock SZA durchgescheuerte
Aufzugsbänder der Vergangenheit angehören. Denn die
neue Alulock SZA wird über einen Zahnriemen angetrieben, dadurch entfallen die anfälligsten Verschleissteile
einer herkömmlichen Store. Der Polyurethan-Zahnriemen ist inwendig mit fünf Stahl-Zugkörpern verstärkt
und ist deshalb besonders widerstands- und strapazierfähig. Fazit: Die Lebensdauer wird wesentlich erhöht,
die Wartung erleichtert und somit werden die Unterhaltskosten für die Storen massiv reduziert.
Keine Kollisionsschäden
Aber das ist längst nicht alles, denn die neue patentierte
Verbundraffstore aus dem Hause Nyffenegger kann noch
mehr. Als echtes Allroundtalent bietet sie ausser einem
zuverlässigen Schutz vor Sonne und Wetter auch noch
einen wirkungsvollen Auflauf- und Produkteschutz.
Untersuchungen zeigen, dass 8 von 10 Storen durch Kollisionen mit Gegenständen Schaden nehmen. Die Alulock
SZA Store stoppt mit Hilfe einer speziellen AuflaufschutzKonstruktion unmittelbar, wenn sie beim Herunterfahren
auf einen Gegenstand wie beispielsweise einen Stuhl
trifft. So werden Schäden verhindert und die Lebensdauer
der Storen signifikant verlängert.
Minergie: Weniger Treibhausgase
durch automatisierten Sonnenschutz
Verbindet man die Alulock SZA mit einer entsprechenden
Steuerung, lässt sich auch der Energieverbrauch noch
deutlich senken und zwar das ganze Jahr hindurch. Im
Sommer verhindert das intelligente Sonnenschutzsystem
an Fassaden, die der Sonne zugewandt sind, eine
Überhitzung der Räume und macht eine Klimatisierung
überflüssig. Im Winter und an den nach Norden ausgerichteten Räumen hilft die Automatisierung, Öffnungen
wirksam zu verschliessen und die Wärme länger in den
Innenräumen zu konservieren. Durch den Einsatz einer
automatisierten Sonnenschutzlösung kann jeder einzelne Haushalt seine Energiekosten um mindestens 10
Prozent senken. Experten schätzen, dass sich durch modernen Sonnenschutz allein in Europa weit über 100
Millionen Tonnen Treibhausgase einsparen lassen.
Die Alulock SZA - rundum ein technisches Meisterwerk - wird angetrieben von Somfy-Motoren, ist
erhältlich in zwei verschiedenen Lamellenbreiten
und in 27 Standardfarben oder in aktuellen
Trendfarben.
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PARTNER
Von allem
nur das Beste!
Anfang der neunziger Jahre stellte sich für die Sonnentuch AG in Gossau die Frage, von wem ihre Top-Produkte
angetrieben werden sollten. Die Wahl fiel auf den Besten der Branche: Somfy. Entstanden ist daraus eine enge
Zusammenarbeit. Seit 36 Jahren bietet die Sonnentuch AG ein breites Sortiment an Sonnenschutz-Systemen für den
Aussen- und Innenbereich. Dabei sind für die Schatten-Experten Schutz vor UV-Strahlung, Hitze und Lichteinfall
genauso wichtig wie die optische Eingliederung in die jeweilige Architektur. „Architektur ist Baukunst und eine
Sonnenschutzlösung, die nicht passt, kann sehr störend wirken“, so Sepp Amstad, Marketingleiter bei Sonnentuch.
Steuerungen müssen einfach nachrüstbar sein
Optimal steuern lassen sich die hochwertigen Beschattungslösungen mit dem io-homecontrol® Funksteuerungssystem
von Somfy. Das System bewegt nicht nur Rollladen, Markise, Sonnenschutz und Garagentor, sondern auch Haustür,
Fenster, Dachfenster und Beleuchtung - und das über ein und dieselbe Fernbedienung. Sepp Amstad: „Mit iohomecontrol gehören Insellösungen und Motoren-Durcheinander der Vergangenheit an. Fachhändler und Endkunden
sind damit frei in der Wahl und Kombination ihrer Beschattungslösungen.“ Zudem lasse sich die Automatisierung sehr
einfach nachrüsten. Amstad: „Für die Funktechnologie ist weder eine aufwändige Installation noch eine besondere Infrastruktur notwendig, man braucht auch kein kompliziertes Netzwerk und noch nicht einmal ein Steuerkabel.“
Geliefert wird nur an den Fachhandel
Die io-homecontrol®-fähigen Motoren, steuerbar über die Somfy Tahoma-Box, verbunden mit Sonnen-, Wind- und
Regenwächterrn liefert die Firma Sonnentuch nur an den Branchen-Fachhandel. Und das hat seinen Grund. Sepp
Amstad: „Die Sonnentuch AG ist eher ein kleiner Branchenteilnehmer, Qualitätssicherung hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert. Die Zuverlässigkeit der gelieferten Systeme stellen wir durch den direkten Kontakt zu unseren Kunden
und durch die Eigenanfertigung aller Produkte sicher.“ Von der Konstruktion über die Konfektion bis hin zur montagefertigen Markise wird jedes System in der eigenen Produktion gefertigt. In der hauseigenen Metallbauabteilung
werden die Sonnenschutzanlagen und Metallteile verarbeitet und zusammengebaut, mithilfe computergesteuerter Zuschneideanlagen und speziell entwickelter Näh- und Schweissautomaten verarbeiten qualifizierte Mitarbeiter
alle Markisenstoffgewebe exakt und verzugsfrei. Sepp Amstad: „Eine unserer Spezialitäten ist unser umfangsreiches Lager. Damit stellen wir eine hohe Verfügbarkeit und eine schnelle Lieferung der gewünschten Ware an unsere
Fachhandelspartner sicher.“
Im Trend liegen Outdoorvorhänge
Neuentwicklung der Sonnentuch AG ist die Horizontalbeschattung Aliante. Die leichte und nur mit Stahlseilen geführte Horizontalbeschattung kommt ohne starre Seitenführung aus und bietet beinahe uneingeschränkte
Einsatzmöglichkeiten. Sepp Amstad: „In unserer Branche sind Innovationen eher die Ausnahme, ein echter Trend sind
die Outdoorvorhänge. Die findet man zunehmend dort, wo Schatten entweder flächendeckend oder auch punktgenau
gespendet werden soll.“ Outdoorvorhänge liefern eine effektive und partielle Beschattung und sind ein guter, preiswerter und moderner Ersatz für schwere Markisen. Als zusätzliche Seitenbeschattung schützen sie auch vor neugierigen Blicken. Sepp Amstad: „Unsere Outdoorvorhänge sind wasserabstossend und schmutzabweisend mit «TEXgard»
imprägniert und entsprechen dem höchsten Standard.“
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Somfy immer
in Ihrer Nähe
www.somfy.ch
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A rchitektur - P ortal
D y namische I solierung
Somfy AG
Vorbuchenstrasse 17
CH-8303 Bassersdorf
www.somfy.ch
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