Biometrie im Antrag - GV

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Bremer Institut für
Präventionsforschung und Sozialmedizin
Biometrie im Antrag:
Biometrische Planung von Tierversuchen
Iris Pigeot
2. Fortbildungsveranstaltung der GV-SOLAS für
Tierschutzbeauftragte
Berlin, 27. Mai 2009
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Präventionsforschung und Sozialmedizin
Überblick
1. Das Studienprotokoll
2. Das Studiendesign
3. Bestimmung der erforderlichen Tierzahl
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Präventionsforschung und Sozialmedizin
1. Das Studienprotokoll
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Präventionsforschung und Sozialmedizin
Zweck eines Studienprotokolls
unverzichtbar in Planungsphase
↓
• verbindliche Festlegung aller im Versuch zu
beachtenden Aspekte (inkl. stat. Auswertung)
• Regelung der Verantwortlichkeiten
organisatorische Vorteile
verhindert ungeplante datenabh. Entscheidungen
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umfasst im Wesentlichen drei Bereiche
• Welches Ziel wird mit dem Versuch verfolgt?
• Wie kann dieses Ziel erreicht werden?
• Welche stat. Methoden sind geeignet, um die
erzielten Resultate statistisch zu manifestieren?
Insgesamt:
Vermeidung von nicht interpretationsfähigen und
somit überflüssigen Tierversuchen
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Präzisierung des Versuchsziels
Fragestellung
einfach
eindeutig
möglichst wenige
Zielgrößen
Festlegung von
Hauptzielkriterium
Nebenzielkriterien
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Hauptzielkriterium
häufig: medizinische Hypothese bzgl. Wirksamkeit
Beispiel:
Wirkung eines blutdrucksenkenden Präparats
dazu nötig:
Festlegung der biologischen Relevanz
Nebenzielkriterien
häufig: Nebenwirkungen
Beispiel:
Nierenschädigung
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Erreichung dieses Ziels
a. Festlegung der Versuchstierart
• Tiermodell
• Homogenität
Inzuchtstämme
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b. Festlegung des Auswahlverfahrens
• Zufallsauswahl aus Grundgesamtheit
nicht systematische Verteilung zusätzl. Einflussgrößen
• bei bekannten Einfluss-/ Störgrößen
auch effektivere Verfahren
• zufällige Zuweisung von Behandlungen Bremer Institut für
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c. Festlegung der Versuchstieranzahl
• nicht zu viele Tiere
• nicht zu wenig Tiere
Behandlungseffekt u.U. nicht erkennbar
• statistische Verfahren heranziehen
• Größe des zu entdeckenden Unterschieds
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d. Festlegung der
1. Einschlusskriterien
Charakterisierung der einzusetzenden Tiere
Angabe von Tierart, Auszuchtstamm, Alter,
Geschlecht, z.B. männl. erwachsene Wistar-Ratten
2. Ausschlusskriterien
tierindividuelle Eigenschaften
bestimmte Krankheiten
3. Abbruchkriterien
Gründe für vorzeitige Entnahme
unzumutbare Belastung
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e. Festlegung der Behandlung
• Behandlungsart
– Menge des Präparats
– Darreichungsform/ -zeitpunkt
– Versuchszeitraum
• Begleitbehandlung
– Käfighaltung
– Ernährung
– klimatische Bedingungen
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f. Festlegung der Messverfahren
• zu messende Parameter
• Messtechnik
• technische Hilfsmittel
• fähiges, eingewiesenes Personal:
möglichst nicht auswechseln, nicht eine Person für
eine Gruppe
• mögliche Beeinflussung des Messwerts durch
Messzeitpunkt, klimatische/räumliche Bedingungen
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Konstante Bedingungen während des gesamten
Versuchs besonders wichtig:
absolute Gleichbehandlung von zu vergleichenden
Gruppen
sonst auftretende Effekte nicht allein auf die
erfolgte Behandlung zurückzuführen
Beispiel:
Keine Gruppe anders ernähren
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Beispiel:
Untersuchung von 20 männlichen Wistar-Ratten pro
Behandlungs- und Vergleichsgruppe:
Messung des arteriellen Blutdrucks unblutig mittels
Schwanzplethysmographie in Äther-Narkose an 10
aufeinanderfolgenden Tagen zwischen 9.00 und 9.30 sowie
18.00 und 18.30
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Wahl der statistischen Methodik
a. Festlegung des statistischen Testproblems
b. Festlegung der stat. Auswertungsstrategie
• Verteilungstyp
• statistische Präzision
Vorsicht bei multiplen Testproblemen
• biometrisches Verfahren
Wechsel des Verfahrens während des
Versuchs nicht zulässig
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Bemerkungen
• Abweichungen vom Studienprotokoll unbedingt
vermeiden;
falls trotzdem nötig dokumentieren
• Evtl. Überprüfung des Versuchsplans durch
Pilotstudie möglich
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2. Das Studiendesign
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Gründe für Verzerrungen
Messungen sind in der Regel mit Fehlern behaftet.
Man unterscheidet:
systematische Fehler
- system. Messfehler
- Ungleichbeh. von Gruppen
- Nicht-Konstanthaltung der
Rahmenbedingungen
zufällige Fehler
- zufällige Messfehler
- biol. Variabilität
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Biologische Variabilität
Tierzahl
Variabilität des statistischen Verfahrens
Reduzierung bzw. Kontrolle der
biologischen Variabilität
↓
Senkung der Variabilität des stat. Verfahrens
↓
Geringere Tierzahl bei gleicher Präzision
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Reduzierung der biologischen Variabilität
möglich durch Homogenisierung
• Typisch: Inzuchtstämme
• Weiterführend: Geschlecht, Wurf, Altersklasse, etc.
Probleme:
• Kleine Anzahl potentiell geeigneter Tiere
• Kleine Induktionsbasis
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… Berücksichtigung von Basiswerten
Gruppe A
Endwert
Basiswert
Differenz
Gruppe B
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Kontrolle der biol. Variabilität möglich durch
Berücksichtigung bek. Störgrößen: Blockbildung
Bisher:
100
Randomisierung
50
Gruppe A
50
Gruppe B
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Jetzt:
20
20
20
20
20
10
10
10
10
10
10
10
10
10
10
Gruppe A
Gruppe B
Sinnvoll bei:
Homogenität “innerhalb” Blöcke
Heterogenität “zwischen” Blöcken
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Beispiel: (Mead & Curnow, 1983, S. 294f)
• Vgl. zweier Futtermittel A & B
• Zielgröße: Gewichtszunahme
• Tierkollektiv: Je 4 Schweine aus 3 Würfen
• Vollständige Randomisierung
Tier
W
1
2
3
4
u 1 B 20 A 22 A 21 B 22
r
2 A 18 B 17 A 16 B 13
f
3 B 17 A 22 B 18
A17
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Berücksichtigung der Würfe als Blöcke
Futter mittel
W
A
B
u 1 21.5 21.0
r 2 17.0 15.0
f 3 19.5 17.5
A-B
0.5
2.0
2.0
Ergebnisse:
Differenz
Std.-Fehler
Vollst. Randomisierung
1.5 kg
1.65
Blockbildung
1.5 kg
1.06
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Kontrolle der biol. Variabilität möglich durch
Berücksichtigung bek. Störgrößen: Matching
Extreme Form der Blockbildung
Vorgehen:
1. Bildung von Gruppen mit mind. 2 möglichst ähnlichen Tieren
2. Randomisierung:
ein Tier zur „Behandlungsgruppe“
ein Tier zur „Kontrollgruppe“
1:1 Matching: Individuelles Matching
1:M Matching: Multiples Matching
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Beispiel: (Fortführung)
• Weitere Störgröße: Anfangsgewicht
• GK1: Schweine 1 und 2, GK2: Schweine 3 und 4 je Wurf
Paar
1
2
3
4
5
6
A
22
21
18
16
22
17
B
20
22
17
13
17
18
A-B
+2
-1
+1
+3
+5
-1
Ergebnisse:
Differenz
Std.-Fehler
Voll. Randomisierung
1.5 kg
1.65
Blockbildung
1.5 kg
1.06
Matching
1.5 kg
0.96
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Kontrolle der biol. Variabilität möglich durch
Crossover-Versuche
Vergleich von 2 Behandlungen, falls keine bleibenden
Veränderungen der Tiere auftreten:
Jedes Tier ist eigene Kontrolle
Schema 1:
Beh.-Phase 1
Schema 2:
Reg.-Phase
Beh.-Phase 2
Periode 1
Periode 2
Beh. A
Gruppe 1
Gruppe 2
Beh. B
Gruppe 2
Gruppe 1
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Geringere Tieranzahl, falls
• keine bleibenden Veränderungen und
• Variabilität „innerhalb“ der Tiere wesentlich geringer
als im Kollektiv
Nachteile:
• Prüfung aller Modellvoraussetzungen sehr
aufwändig
• beschränkte Einsetzbarkeit
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Zusammenfassung:
Zentral: Biologische Variabilität
Unbekannte Ursache: Randomisierung
Bekannte Ursachen:
Berücksichtigung bereits bei Versuchsplanung durch
– Homogenisierung
– Blockbildung
– Matching
Festlegung vor Versuchsbeginn notwendig
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3. Bestimmung der erforderlichen
Tierzahl
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Häufig:
Absicherung der Ergebnisse durch statistischen Test
Verteilungsmodell
Stärke des zu
entdeckenden
Effekts
Wahrscheinlichkeiten
für Fehlentscheidungen
erforderliche Tierzahl
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Wichtig für Auswahl eines „besten“ stat. Tests:
Verteilungsmodell
hängt ab
vom Skalenniveau und Wertebereich der Ausprägungen
der interessierenden Größe
Beispiele:
1. Binäres Merkmal: Erfolg Misserfolg (Rückbildung von
Tumoren: Anz. tumorfreier Tiere binomialverteilt)
2. Stetiges Merkmal: häufig Ann. einer Normalvtlg. gerechtfertigt
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Notwendig für Anwendung eines stat. Tests:
Formulierung wissenschaftlicher Fragestellung
als statistisches Testproblem
statistische Hypothese statistische Alternative
Beispiel:
2 Präparate A und B zur Blutdrucksenkung
Wiss. Fragestellung: „B besser als A“
Stat. Testproblem: H0: „A gleich gut wie B“ (Hypothese)
H1: „B besser als A“ (Alternative)
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Aber:
„besser muss präzisiert werden“
Wann ist Unterschied biologisch relevant?
Vorsicht:
Je kleiner der zu entdeckende Unterschied,
desto mehr Tiere erforderlich!
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Möglich bei Durchführung eines stat. Tests:
Zwei Arten von Fehlentscheidungen
Abbildung: Entscheidungen bei stat. Tests
Hypothese
wahr
nicht wahr
lehnt ab
Test
lehnt nicht
ab
Fehler 1. Art
(α-Fehler)
richtig
richtig
Fehler 2. Art
(β-Fehler)
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• Wahrscheinlichkeit für Fehler 1. Art: α
(vor Durchführung des Tests festlegen!)
• Wahrscheinlichkeit für Fehler 2. Art: β
(hängt von gewählter Alternative ab)
Ziel: α und β möglichst klein („null“ nicht möglich)
Vorsicht:
Je kleiner α und/oder β, desto mehr Tiere erforderlich
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Beachte:
Stat. Signifikanz nicht immer gleich biol. Relevanz
Abbildung: Stat. Signifikanz und biol. Relevanz
Stat. Signifikanz
Biol. Relevanz
ja
nein
ja
+
-
nein
-
+
Wichtig:
Inhaltliche Interpretierbarkeit der Ergebnisse
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Beispiel:
Präparat zur Rückbildung von Tumoren
Dabei:
• Weiterentwicklung des Präparats, wenn in mind. 40% der
Fälle Rückbildung erreicht wird
• Stop der Entwicklung, wenn in höchstens 30% der Fälle
Rückbildung erreicht wird
Formulierung als stat. Testproblem über Erfolgsw´keiten
p1 und p2 :
H0: p=p0=30%
vs.
H1: p=p1=40%
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Hier:
• Verteilungsmodell: Binomialvtlg, da binäres Merkmal
• Zu entdeckender Unterschied: 10 Prozentpunkte
• α festlegen
• Schätzung des Anteils zurückgebildeter Tumore p̂
• Festlegung eines geeign. Tests; hier: „approximativer Test“
Lehne H0 ab, falls
ˆ
N
p − p1
≥ uα
pˆ (1 − pˆ )
• Damit folgende Formel zur Bestimmung von N (erforderliche Tierzahl):
N ≥ (uα + u β ) 2
uα , u β
p2 (1 − p2 )
( p1 − p2 ) 2
Quantile der Standardnormalverteilung
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β=0.1, p1=0.3, p2=0.4
N
500
400
300
200
100
0
0
0.02
0.04
0.06
α
0.08
0.1
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α=0.05, β=0.1, p1=0.3
N
100000
10000
1000
100
10
0.3
0.35
0.4
p2
0.45
0.5
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Wichtig:
Erforderliche Tierzahl ist in jedem Einzelfall neu zu
bestimmen und zu begründen,
also:
allgemeingültige Angaben von erforderlichen
Tierzahlen nicht sinnvoll
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Ein Mensch, der von Statistik hört,
denkt dabei nur an Mittelwert.
Er glaubt nicht daran und ist
dagegen,
ein Beispiel soll es gleich belegen.
Ein Jäger auf der Entenjagd
hat einen ersten Schuss gewagt.
Der Schuss, zu hastig aus dem
Rohr,
Lag eine gute Handbreit vor.
Der zweite Schuss mit lautem Krach
lag eine gute Handbreit nach.
Der Jäger spricht ganz unbeschwert
voll Glauben an den Mittelwert:
statistisch ist die Ente tot.
Doch wär‘ er klug und nähme Schrot
- dies sei gesagt, ihn zu bekehren –
Er würde seine Chance mehren:
Der Schuss geht ab, die Ente stürzt,
weil Streuung ihr das Leben kürzt.
- P. H. List -
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Danke!
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