vor Ort Ran an die Wurst In der Wheaty-Metzgerei ist alles vegan G roße Männer in weißen Gummischürzen und -stiefeln laufen umher, lange Wurstketten hängen an Gestellen, der Duft von Geräuchertem liegt in der Luft. Doch der Schein trügt. Auch wenn hier Metzgermeister die Produktion steuern, sind wir nicht in einer Metzgerei, sondern in Wheatys veganer Wurstschmiede in Mössingen, nur wenige Kilometer von Stuttgart entfernt. Jede Salami, jede Roulade und jedes Medaillon ist dem fleischlichen Vorbild täuschend ähnlich. Doch der Stoff, aus dem diese Produkte hauptsächlich sind, ist pflanzlich: Seitan. Für dieses ursprünglich asiatische Lebensmittel werden traditionell Weizenmehl und Wasser verknetet. Der Teig wird mehrmals ausgewaschen, bis er frei von Stärke ist. So entsteht eine eiweißreiche, zähe Masse. Und genau um jene kreisen seit beinahe 25 Jahren das Schaffen und die Gedanken von Klaus Gaiser. 1993 gründet er das Unternehmen Topas und bringt unter der Marke Wheaty als Erstes veganen Aufschnitt mit und ohne Rauch auf den Markt. Der Unternehmer ist einer der größten Seitan-Produzenten Europas Noch viel eher, nämlich schon 1979 während eines China- und Japanaufenthaltes, beginnt der Sinologie-Student mit Tofu zu experimentieren. »Von einem japanischen Tofumeister habe ich in der Zeit viel gelernt«, erinnert sich der Wheaty-Erfinder. Zurück in Deutschland kreiert er erste Bohnenquark-Produkte für asiatische Freunde. Seine Frau Sanni, »die Fleisch schon immer verabscheute«, unterstützt ihn dabei. Eins führt zum anderen, bald beliefert Klaus Gaiser den Naturkost-Fachhandel mit seinem Produkt, kurz darauf gründet er sein erstes Unternehmen und ist damit einer von nur zwei Tofuherstellern in Deutschland. Ein wahrer Pionier. Ihm aber reicht das nicht. WurzelKraft® – das basische Supreme-Food 1993 war er ein Pionier der Bewegung, heute verkaufen sich Klaus Gaisers Fleischalternativen wie warme Semmeln. Mit der phytoenergetischen Kraft und Wirkung von mehr als 100 Pflanzen versorgt WurzelKraft unseren Organismus mit allen wichtigen Vital- und Mikronährstoffen. Das omnimolekulare Lebensmittel unterstützt einen ausbalancierten Säure-Basen-Haushalt und stärkt nachhaltig unser Immunsystem. Es beschleunigt im gesamten Körper regenerative Prozesse und fördert Gesundheit, Schönheit und Leistungsfähigkeit – Löffel für Löffel. Richtig deftig. Die Nuggets lassen nicht nur die Veganerherzen höherschlagen. Jetzt Infos und kostenlose Proben anfordern: Telefon: +49 (0) 25 34 - 97 44-0 www.p-jentschura.com/infos 4.17 19 vor Ort heute Tierschutz mit Fleischgeschmack. Der Seitan-Hersteller bietet ihnen leckere Alternativen. »Ich mache, was ich selber gern esse, und ich esse gern deftig«, sagt er. Wheatys Fleischalternativen gewinnen regelmäßig Preise. Zwei Beispiele: Die »Merguez«, eine scharfe, nordafrikanische Wurstspezialität, hat auf der Bio-Messe »Natexpo« in Paris 2015 die Silbermedaille für das innovativste Produkt abgeräumt. Und der Wheaty Grill-Mix erreicht beim VeggieBBQ-Award der belgischen Vegetarier-Organisation »EVA« 2016 den zweiten Platz. Die Wheaty-Produkte gewinnen viele Preise Täuschend echt. Die Bauern-Knacker (o.) sehen den Originalen zum Verwechseln ähnlich. Ebenso die Salami (r.), die hier von einer Mitarbeiterin verpackt wird. Einige Jahre später will er etwas Neues aufbauen, verkauft seine Firma und stürzt sich auf Seitan. Während sein Tofu so authentisch und asiatisch wie möglich sein sollte, will Klaus Gaiser die Seitan-Produkte optisch wie geschmacklich heimischen Fleischgerichten angleichen. »Unter Seitan konnte sich Anfang der 90er-Jahre kaum jemand etwas vorstellen«, sagt der Unternehmer. So umfasst die erste Bestellung, die 1994 rausgeht, auch nur vier Kartons. Heute ist der inzwischen 65-Jährige einer der größten Seitan-Produzenten Europas. Anfangs war Klaus Gaiser noch Fleischesser. »Mich interessierte primär die Exotik bei meinem Tun«, erklärt er. Als er begriff, welche fatalen Auswirkungen Fleischkonsum auf das Klima und die Umwelt hat und »welch geschundene Kreaturen« industriell produzierte Tiere sind, begann ein Umdenken. Gaiser lebt vegetarisch und ist schon seit vielen Jahren Tierschützer. Beispielsweise engagiert sich sein Unternehmen Lecker. Nuggets, Burger, Räucherscheiben, Paprika-Aufschnitt, Weenies. 20 4.17 für den Verein »Animals' Angels«. Er erklärt, warum. »Die Organisation kümmert sich um die Tiere, die auf ihrer letzten Fahrt manchmal unsäglich misshandelt werden. Sie versucht, die Transportbedingungen auf dem Weg zum Schlachthof zu verbessern. Es ist ein Gebot der Nächstenliebe, auch hier lindernd einzugreifen.« Darüber hinaus unterstützt der Unternehmer die SOKO Tierschutz von Friedrich Mülln, »der aus meiner Sicht einen geradezu heroischen Kampf gegen das Unrecht an Tieren führt«. Klaus Gaiser investiert Millionen in eine neue Produktionsstätte 65 Jahre. Da liebäugelt so mancher mit der Rente. Klaus Gaiser nicht. Er will weitermachen. »Bis ich 70 oder 75 bin«, sagt er. »Jetzt will ich erst noch mal Vollgas geben.« Eine neue Produktionsstätte für mehrere Millionen Euro soll demnächst entstehen. Gaiser geht davon aus, »dass wir die erste Ausbaustufe mit Produktionsaufnahme etwa zur Jahreswende fertigbekommen«. Bislang werden die Wheaty-Produkte in einer ehemaligen Wurstfabrik hergestellt. »Hier ist alles zu eng, die Wege sind zu verschlungen, das ist zeitraubend und unwirtschaftlich«, erklärt der Unternehmer. Dank einer effektiven Produktion möchte er es schaffen, die Preise zu senken, »damit sich auch weniger Betuchte unsere Produkte leisten können«. Und natürlich will er mehr produzieren. »Auch wenn es romantisch klingt: Ich glaube an die Möglichkeit, in diese Welt Mosaiksteine zur Verbesserung der Lebensverhältnisse einbauen zu können. Vegane Lebensmittel, die eine breite Akzeptanz finden, sind solche Mosaiksteine. Für die Umwelt, für die Tiere, für die Ethik.« Mit seinen Bratwürsten, Steaks, Schnitzeln und Burgern will Gaiser nicht in erster Linie die Veganer beglücken, sondern vor allem die tierlieben Fleischesser überzeugen. Und die wollen Eines hat Klaus Gaiser gerade geändert, um sich mehr Freiraum zu verschaffen: Er hat zwei Geschäftsführer in sein Topas-Wheaty-Boot geholt; seinen kaufmännischen Leiter Andreas Vosseler und seinen Schwiegersohn Charles-Henry Debal, der bislang als Marketingleiter tätig war. So kann Gaiser sich demnächst noch mehr dem widmen, was er am liebsten tut: der Produktentwicklung. Das neueste Produkt, das er auf den Markt gebracht hat, ist das Veganbratstück Alm-Burger, bei dem veganes Hackfleisch auf Gaisers neuen veganen Bio-Käse trifft. »Der schmilzt beim Überbacken im Backofen und wird bei der Zubereitung in der Pfanne schön kross und knusprig«, verspricht der Erfinder. Jede Woche feilt er an neuen Rezepturen, als Nächstes kündigt er »noch mehr veganen Käse« an. Wir sind gespannt! abe/acm Vielseitig verwendbar. Die Mitarbeiterinnen wiegen Vegankebab Natur ab. Dieser wird später nach Belieben gewürzt. Familienalbum. Sanni (3.v.r.) und Klaus Gaiser (r.) mit ihren Kindern (v.l.) Lariska, Jouni, Katariina und Pekka. FIRMENPORTRÄT Für eine bessere Zukunft Vergangenheit: 1993 gründet Klaus Gaiser die Firma Topas mit der Marke Wheaty. Er ist stolz darauf, damit einen der Grundsteine für den veganen Wandel gelegt zu haben und »ein kleiner Teil jener fortschrittlichen Bewegung zu sein, die Bedingungen für eine bessere Zukunft schaffen möchte«. Gegenwart: Heute umfasst das Wheaty-Sortiment an die 50 Produkte. Täglich laufen bis zu sieben Tonnen Seitan vom Band. Drei Viertel davon setzt Gaiser in Deutschland ab. Ein Viertel exportiert er ins europäische Ausland, hauptsächlich nach Frankreich. 2014 lag der Umsatz von Topas bei fast neun Millionen Euro, Tendenz steigend. Zukunft: Klaus Gaiser: »Wir bleiben mit unseren Bio-Produkten den Wurzeln der Seitan-Tradition treu, unsere Überzeugung ist: Um nachhaltige Fleischalternativen herzustellen, brauchen wir keine Retorten und keine Chemie!« Um effektiver produzieren zu können, wird er demnächst einige Millionen Euro in eine moderne Produktionsstätte, die auf Solarenergie basiert, investieren. So will er für eine Zukunft gewappnet sein, die auf alternative Energien setzen wird. Mehr Informationen: www.wheaty.de 4.17 21