350-Kilometer-Radtouren - mit veganer Ernährung

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350-Kilometer-Radtouren - mit veganer Ernährung
Panierte Saitan-Schnitzel, Tartar aus Reiswaffeln, Schinken auf Sojabasis . . .: Veganer Brunch in der Alten Kelter
Von unserer Mitarbeiterin
Heidrun Gehrke
Winnenden.
In Zwiebeln und Knoblauch eingelegte
Sojabohnen,
Kartoffelsalat
mit
Gemüsebrühe oder Kräuterfrischkäse
aus Tofu - beim Blick auf das
Frühstücksbuffet frohlockt das vegane
Genießerherz. Die Initiative WinnVegan
hat zum veganen Brunch in die Alte
Kelter geladen.
„Bedient euch, nicht, dass ihr vom Stängel
fallt", eröffnet Gudrun Obleser das Büffet.
Rund 30 Personen folgen der Aufforderung und
essen sich an Tartar aus Reiswaffeln,
Spaghettisalat mit Gemüse, Zwiebelschmalz,
Schinken auf Weizen- oder Sojabasis oder
Nudelsalat mit Wheaty satt. Kenner loben an
dem auf Weizeneiweiß basierenden Wheaty den
pikanten herzhaften Geschmack. Ins Auge
fallen auch die panierten Saitan-Schnitzel mit
einem Ausbackteig aus Mehl und Bier. Veganer
essen und verwenden keine tierischen Produkte.
Auf ihrem Speiseplan steht rein pflanzliche
Kost. „Es gibt so viel Nahrung, wie es Pflanzen
gibt", erklärt Gudrun Obleser. Die neunjährige
Alica erlebt und schmeckt, was
statt Butter aufs Frühstücksbrot kommt:
Alsanbutter, „aus Sonnenblumen", sagt Gudrun
Obleser. Alica und ihr Bruder Andre naschen
sich quer durch das reichhaltige Büffet und
sagen „lecker" zu gerösteten Kürbiskernen und
frischem Obstsalat, getrockneten Früchten und
veganen Brotaufstrichen. Zum Abschluss ein
Stück vom Apfelkuchen, da kommt auch die
Mutter ins Staunen: „Ich hätte nicht gedacht,
wie viel sich aus veganen Lebensmitteln
machen lässt", sagt Martina Klink aus
Winnenden, die aus „reiner Neugierde" der
Einladung gefolgt ist und Anregungen mit nach
Hause nimmt: „Die Kinder wollten wissen, was
auf die Pizza kommt." Einen kompletten
Verzicht auf tierische Produkte strebe sie nicht
an. „Man muss es von den Kindern ja nicht 100
Prozent verlangen, aber ein- oder zweimal pro
Woche einen veganen Tag einlegen, dagegen
spricht nichts."
Das Veganer-Netzwerk ist weit gestreut.
Jürgen Haas aus Glatten bei Freudenstadt ist im
Veranstalter-Team der „Veggie-Tour", einer
Radtour mit veganem Hintergrund. Vor 14
Jahren ist er auf vegetarische Ernährung
umgestiegen, seit neun Jahren lebt er vegan. Mit
seiner Haltung stößt er nicht überall auf
Verständnis. „Irgendwas stimmt mit dem nicht"
oder „Ihr Extremen", bekomme er zu hören. Er
habe gute
Argumente für seine Lebensweise: „Ich lebe
heute fünfmal so vielfältig wie ein Omnivo-rer."
Omnivor - damit sind Allesfresser gemeint.
Inzwischen stellt Haas einen „gesundheitlichen
Zugewinn" fest: „Ich hatte Übergewicht und
fühlte mich ständig schlapp und müde, heute
bin ich ein fitter, gesunder Mensch." Das gehe
nicht allein auf das Konto der anderen
Ernährungsweise. Auch Rauchen habe für ihn
nicht mehr gepasst, stattdessen regelmäßige
Bewegung an der frischen Luft und Sport.
„Wenn man seine Ernährung umstellt,
entwickelt man allgemein ein anderes
Bewusstsein."
Dass
Veganer
unter
Mangelerscheinungen leiden, gehört seiner
Meinung nach zu den Vorurteilen, mit denen
viele Veganer leben. „Ich bin Ausdauersportler
und fahre Radmarathons bis 350 Kilometer."
Auch Janine Ottenbacher aus Möglingen war
zunächst einige Jahre Vegetarierin, bevor sie
komplett Schluss machte mit tierischen
Produkten. Veganer seien für sie immer
seltsame Menschen gewesen, bis sie erkannt
habe, dass Tiere leidende Wesen sind. Heute
sieht sie sich am Zielpunkt eines Weges, will
aber niemanden bekehren: „Jeder
Winnender Zeitung, 6.3.2006
muss es für sich wissen, wie weit er gehen
will." Als sie im Fernsehen gesehen hat, wie ein
Kalb bei der Aufzucht leidet, ist Jutta
Ottenbacher die Lust auf Fleisch vergangen.
„Das Kalb muss Durst leiden, daran mag ich
nicht mehr teilhaben." „Die Meisten fragen, was
ich überhaupt noch essen kann", beschreibt
Janine typische Reaktionen. Janine ist
berufstätig und es funktioniert. In der Kantine
wählt sie Salat, abends kocht sie auf VeganerArt die Dinge, die sie mag und die in ihr
Ernährungskonzept passen. „Wenn man
anfängt, sich damit zu befassen, merkt man,
dass es gar nicht schwierig ist." Sie empfindet
das Weglassen von Käse, Milch oder Honig
nicht als Verzicht. „Ich esse wahnsinnig gerne
Schokolade. Wenn's eine Einschränkung
gewesen wäre, hätte ich den Weg nicht
eingeschlagen."
Die Initiative WinnVegan plant einen
weiteren Brunch im Herbst. „Wir möchten
Anstöße geben", sagt Gudrun Obleser. Die
Initiative WinnVegan denkt über eine
Umwandlung in einen Verein unter dem
Dachverband „Vegane Zukunft", einem Verein
zur Förderung einer tierproduktfreien Lebensund Ernährungsweise, nach.
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