Geschlechterperspektiven in der psychosomatischen Rehabilitation

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Geschlechterperspektiven in der psychosomatischen Rehabilitation
Karsten Nägler1
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Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Leipzig
Psychische Störungen spielen eine immer bedeutendere Rolle. Nach Artikel 3 GG darf niemand
wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Es besteht ein Grundrecht auf Teilhabe.
Medizinische Rehabilitation ist ein Instrument, um Teilhabe zu ermöglichen u. Gefährdungen der
Teilhabe abzuwenden. Die DRV erbringt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um den
Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die
Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden. Die Psychosomatische
Rehabilitation ist ein spezifisches Angebot u. dann indiziert, wenn psychische Faktoren einen
gewichtigen Anteil der Erkrankung oder Behinderung ausmachen. Ziel ist die Eingliederung in Arbeit,
Beruf u. Gesellschaft.
Genderaspekte spielen im Kontext der Rehabilitation eine wichtige Rolle. In Hinblick auf das
biopsychosoziale Modell sind geschlechtsspezifisch biologische, psychologische u. soziale Aspekte
von Bedeutung. In biologischer Hinsicht sind spezifische Vulnerabilitäts- u. Resilienzfaktoren zu
betrachten. So ist z.B. die Störungshäufigkeit insgesamt zwar ähnlich, die Störungsbilder sind jedoch
zwischen den Geschlechtern asymmetrisch verteilt.
Charakteristika bei Gesundheitsverhalten u. Stressmanagement wirken modulierend. So sind
Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen, Suchen von Hilfe u. gesundheitsförderliche
Lebensweise mit größerer Häufigkeit bei weiblichen Individuen anzutreffen. Bei psychischen
Erkrankungen spielt der Berufskontext sowohl als Schutz- als auch als Risikofaktor eine
entscheidende Rolle.
Hier sind Geschlechtsdifferenzen
weiterhin ausgeprägt. Dies zeigt sich in
typischen „Frauen- u. Männerberufen“, aber auch in Unterschieden bei Einkommen bis hin zur
späteren Rentenleistung. Da psychotherapeutischer Behandlung im Rahmen der psychosomatischen
Reha ein besonderer Stellenwert zukommt, werden Genderaspekte bei der Psychotherapie
beleuchtet. Ein bewusster Umgang mit den Einflüssen des Behandlungssettings und der
Geschlechterkonstellation zwischen Patient u. Therapeut sind dabei hilfreich.
Durch Sensitivität gegenüber Genderaspekten kann die Hilfe zur Teilhabe besser u. zielgerichteter
erfolgen. Schwierigkeiten dabei sind u.a. knappe Ressourcen u. zusätzliche verpflichtende
Anforderungen.
Aber
auch
Unterschiede
in
der
Altersstruktur
als
weiterer
wichtiger
personenbezogener Faktor verdienen noch mehr Berücksichtigung.
Letztendlich muss das Individuum in seinen komplexen Wechselwirkungen im Mittelpunkt des
Handelns stehen. Das bedeutet personalisierte Medizin in ihrem besten Sinn. Gerade vor dem
Hintergrund immer höheren Effizienzdrucks bleibt das biopsychosoziale Denken u. Handeln von hoher
Bedeutung.
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