Gezielt Risiken vorbeugen und Arzneimittelnebenwirkungen

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Gezielt Risiken vorbeugen und Arzneimittelnebenwirkungen
vermeiden
Empfehlungen zur Prävention*
Die Empfehlungen zur Prävention haben das Ziel, einen Beitrag zur gesundheitlichen
Lebensqualität, Krankheitsrisikovorsorge und Vermeidung von Arzneimittelnebenwirkungen zu leisten. Diagnostische und prädiktive Tests sollen Angaben des
Evidenzgrades entsprechend der Klassifizierung der Verfahrensordnung des
Gemeinsamen Bundesausschusses sowie Handlungsoptionen für ärztliche Vorsorge
und Behandlung sowie für den persönlichen Lebensstil enthalten. Der Hinweis auf
gesundheitliche Risiken soll als Motivationsmotor zur Bewusstseinsbildung wirken
und zu einer lebensbejahenden Vorsorgekultur beitragen.
Die in Krankheitsrisiko-orientierte Tests und in Genotyp-basierte Phänotypadjustierte Diagnostik gegliederten beispielhaften Empfehlungen werden
halbjährlich aktualisiert.
Tests haben einen hohen gesundheitlichen Nutzen, können aber auch schaden.
Deshalb erfolgt laborärztliche Diagnostik in einer Qualitätspartnerschaft mit den
vertragsärztlichen Haus- und Fachärzten. Die Qualitätssicherung der Vorsorge und
Früherkennung muss die Befähigung des Bürgers zu einem gesunden Lebensstil
einschließen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kann ein
gutes Präventionsmanagement für die drei häufigsten Erkrankungen Herzschwäche,
Depression und Bluthochdruck 2.2 Milliarden Euro pro Jahr bei der Krankenbehandlung einsparen. Der Nutzen Genotyp-basierter Phänotyp-adjustierter
Diagnostik liegt in der gezielten Auswahl des geeigneten Arzneimittels mit rascher
und sicherer Wirksamkeit bei weniger Nebenwirkungen für den individuellen
Patienten.
*Hrsg. Stiftung Personalisierte Medizin, [email protected]; (Stand Juni 2013)
Autoren Professor Dr. med. Nicolas von Ahsen, Professor Dr. med. Matthias Schwab,
Dr. phil. Karl-Gustav Werner. Die Auswahl der Tests erhebt nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit. Sie ist ein Beitrag zu einem Diskurs zur gesundheitlichen Vorsorge.
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Krankheitsrisiko-orientierte Tests
Frauengesundheit
HPV (Humanes Papillomavirus)-Test
Zellabstrichtest am Gebärmutterhals
CE-Kennzeichnung und FDA-Zulassung
Blutbasierter Test, dezentrale Messung
Patentgeschützt, www.qiagen.com
Es gibt mehrere HPV-Testverfahren
Nachweis viralen Erbguts zur Risikobestimmung für den bösartigen Tumor des
Gebärmutterhalses
Der Test zeigt an, ob bei einer Frau ein Niedrigrisiko- oder Hochrisikovirus
nachweisbar ist. Zur krankheitsspezifischen Mortalität und zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität liegen bisher keine belastbaren Studien vor.
In Deutschland erkranken etwa 5000 Frauen jährlich an Gebärmutterhalskrebs.
Krebserkrankungen im Frühstadium, ohne Befall des umliegenden Gewebes, heilen
mit bis zu 40% von selbst wieder aus. Bis zu 15% entwickeln einen fortgeschrittenen
Gebärmutterhalskrebs. Die Häufigkeit von HPV-infektionen ist altersabhängig. Die
höchsten Erkrankungsraten weisen sexuell aktive junge Frauen bis zum 30.
Lebensjahr auf.
Es sind über 100 verschiedene HP-Viren bekannt. Etwa 40 Typen betreffen
Infektionen im Genitalbereich und sind sexuell übertragbar. Nach Schätzungen
Infizieren sich bis zu 90% der sexuell aktiven Frauen im Laufe ihres Lebens mit
einem HP-Virus. Bei den meisten Frauen werden die HP-Viren folgenlos von der
körpereigenen Abwehr wieder beseitigt. Die Hochrisiko-Virentypen hrHPV 16 und 18
sind mit etwa 70% an der Entstehung des Gebärmutterhalskrebs beteiligt.
Handlungsoptionen
Es sollte beachtet werden, dass sich ein großer Anteil der Krebsvorstufen von selbst
ausheilt. Die ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfiehlt allen
Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren eine Impfung gegen HPV. Für Mädchen und
Frauen sind zur Erstinformation die Merkblätter der Gesundheitsinformation.de zu
empfehlen.
2
Männergesundheit
Progensa™PCA3-Test
Urinbasierter Test, dezentrale Messung
Patentgeschützt, www.gen-probe.com
Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste diagnostizierte Krebserkrankung des
Mannes.
PCA3 bezeichnet einen Biomarker für das Prostatakarzinom. Der Progensa™PCA3Test ist ein molekulargenetischer Test mit einer sehr guten Spezifität, bei dem
Prostatazellen aus einer Urinprobe analysiert werden.
Nach einer ärztlichen Tastuntersuchung der Prostata werden Prostata-Zellen
einschließlich eventuell vorhandener Krebszellen in den Urin freigesetzt.
Handlungsoptionen
Der Biomarker PCA3 findet als Entscheidungsgrundlage für eine Biopsie
Verwendung.
3
Endokrine und Stoffwechselstörungen
Diagnostische Gentests
„Eine diagnostische genetische Untersuchung darf nur durch Ärztinnen oder Ärzte
....vorgenommen werden.“ (§7 Abs.1 GenDG vom 31. Juli 2009)
Gentest bei erblicher Hämochromatose
Blutbasierter Test, dezentrale Messung
In Deutschland leben etwa 200000 Menschen mit einer Hämochromatose Eisenspeicherkrankheit. Männer sind wesentlich häufiger betroffen als Frauen. Die
Erkrankung kann bei frühzeitiger Diagnose erfolgreich behandelt werden. Die
häufigsten Symptome sind eine Lebervergrößerung, Diabetes mellitus und eine
dunkle Hautpigmentierung. Bei der Erkrankung kommt es zu einer erhöhten
Aufnahme von Eisen im oberen Dünndarm. Der Gesamtkörpereisengehalt steigt
dadurch vom Normwert 2-6 g auf bis zu 80 g. Diese Überladung führt zu
Organschäden insbesondere der Leber, aber auch der Bauchspeicheldrüse, Herz,
Gelenken, Milz, Hirnanhangdrüse, Schilddrüse und Haut. Mehr als die Hälfte der
Patienten weisen bei der Diagnose bereits eine Leberzirrhose auf.
Anlassbezogen sollte deshalb frühzeitig eine Ferritin-Bestimmung oder eine
Bestimmung der Transferrin-Sättigung im Blut durchgeführt werden. Auffällige
Befunde können dann weiter abgeklärt werden.
Die erbliche Hämochromatose wird autosomal-rezessiv vererbt. Überwiegend wird
sie durch eine Punktmutation im HFE-Gen verursacht. Insgesamt sind fünf
verschiedene Gene bekannt, deren Defekte zu einer erblichen Hämochromatose
führen können.
Typ1: HFE (Chromosom 6 Genlocus p21.3), Genprodukt: Erbliches
Hämochromatose-Protein als häufigste Mutation.
Typ2A:HJV (Chromosom 1 Genlocus q21), Genprodukt Hämojuvelin
Typ2B:HAMP (Chromosom 19 Genlocus q13.1, Genprodukt Hepeidin
Typ3: TFR2 (Chromosom 7 Genlocus q22), Genprodukt Transferrin-Rezeptor 2
Typ4: SLC11A3 (Chromosom 2 Genlocus q32, Genprodukt Ferroportin
Die Typen 1-3 werden jeweils autosomal-rezessiv, Typ 4 wird autosomal-dominant
vererbt.
Handlungsoptionen
Behandlung entsprechend dem diagnostisch gesicherten Krankheitsstand durch
einen internistischen Facharzt für Hepatologie.
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ALT (Alanin-Aminotransferase) Test
Blutbasierter Test, dezentrale Messung
Kenngröße einer Leberzellschädigung und Verlaufs- und Therapiebeurteilung,
Abklärung eines Ikterus und Subikterus,
Lebererkrankung durch hepatotrope Viren,
Miterkrankung der Leber bei systemischen Viruserkrankungen,
bakteriellen und parasitären Infektionen.
Zur Diagnostik chronischer Lebererkrankungen,
bei autoimmuner Lebererkrankung,
zur Erkennung von Leberschäden durch Alkohol, Arzneimittel, Hepatotoxine,
Rauschmittel, toxische Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt, sowie durch
Überernährung (Nicht-alkoholische Steatosis der Leber) und durch parenterale
Ernährung,
bei Verdacht auf Raumforderung in der Leber,
bei Lebererkrankung in der Schwangerschaft,
Verdacht auf hereditäre Stoffwechselstörung (Hämochromatose, M. Wilson,
Alpha1-Antitrypsin-Mangel, zystische Fibrose,
Indikation einer antiviralen Therapie bei chronischer Hepatitis und therapeutische
Beurteilung.
Ergänzende Diagnostik ist der AST (Aspartat-Aminotransferase) Test bei
Leberkrankung
Zur differentialdiagnostischen Abklärung,
in der Ätiologieabklärung und zur Beurteilung der Schwere und des Stadiums der
Erkrankung,
zur prognostischen Beurteilung des Muskelschadens beim Herzinfarkt.
Die Aminotransferasen, auch als Transaminasen bezeichnet, sind eine Gruppe von
Enzymen. Die ALT ist im Zytosol der Zellen lokalisiert und befindet sich im
Wesentlichen in der Leber. Die AST ist im Zytosol der Zellen und im Mitochondrium
gelegen.
Handlungsoptionen
Zur Interpretation des Testergebnisses wird dringend die Konsultation eines
Facharztes für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten empfohlen. Im
Frühstadium sind Lebererkrankungen gut behandelbar. Außerdem muss verhindert
werden, dass Patienten mit unerkannter Virushepatitis unwissentlich andere
Menschen anstecken.
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Kreatinin Test
Blutbasierter Test, dezentrale Messung
Kenngröße einer Nierenschädigung und Verlaufs- und Therapiebeurteilung.
Primäre Erkrankungen der Niere sowie Miterkrankungen der Niere bei Diabetes
mellitus, Bluthochdruck, belastenden medikamentösen Therapien, systemischen
Erkrankungen.
Ergänzend kann auch ein Test auf Eiweißausscheidung im Urin durchgeführt werden
(Gesamt-Eiweiß im Urin oder auch die Albuminbestimmung im Urin, speziell als
Frühmarker der Nierenschädigung bei Diabetes mellitus).
Kreatinin stammt aus dem Muskelstoffwechsel, wird dort kontinuierlich gebildet und
über die Nieren konstant ausgeschieden. Ein Maß für die Nierenfunktion ist die
glomeruläre Filtrationsrate (GFR), die mittels geeigneter Formeln aus dem KreatininWert im Blut berechnet werden kann (eGFR). Das Vorliegen einer vermehrten
Eiweißausscheidung lässt ebenfalls auf einen Nierenschaden schließen. Zusammen
mit der eGFR kann so das Ausmaß der Erkrankung eingeschätzt werden.
Handlungsoptionen
Eine Verschlimmerung der Nierenerkrankung kann häufig durch optimale Einstellung
des Blutdrucks mit geeigneten Medikamenten verhindert oder verlangsamt werden.
Ebenso ist, wenn ein Diabetes mellitus vorliegt, eine gute Stoffwechseleinstellung
wichtig. Es ist ein Facharzt für Nieren- und Hochdruckkrankheiten zu konsultieren.
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Gentest bei familiärer Hypercholesterinämie
Blutbasierter Test, dezentrale Messung
Die familiäre Hypercholesterinämie ist unterdiagnostiziert und unterbehandelt,
insbesondere bei Kindern. Es wird geschätzt, dass nur 20% der Erkrankungen
diagnostiziert werden. (European Heart Journal (2013) 34, 962-971). Personen mit
familiärer Hypercholesterinämie haben ein 20 Mal höheres Risiko für kardiovaskuläre
Erkrankungen als die Normalbevölkerung. Es gibt keine international belastbaren
Leitlinien für die Diagnose.
Empfohlen wird zunächst eine Cholesterin Bestimmung im Blut und Bewertung des
Ergebnisses in Zusammenhang mit dem Alter und der familiären Belastung naher
Angehöriger durch kardiovaskuläre Erkrankungen gemäß der Empfehlungen der
MEDPET (Make Early Diagnosis to Prevent early Death) in den USA, UK (Simone
Broome) und Dutch Lipid Clinic. Bei auffälligen Befunden kann eine genetische
Abklärung durchgeführt werden.
Das National Institute of Clinical Excellence (NICE) empfiehlt den Gentest als klinisch
valide und Kosten-effektiv.
Drei molekulare Pathways verursachen die familiäre Hypercholesterinämie, die
Mutation des LDL-Rezeptors (Low-density-lipoprotein rezeptor) Gens auf dem kurzen
Arm des Chromosom 19, die Mutation des ApoB-100 Gens auf dem Chromosom
2p24-p23 und die Mutationen auf dem PCSK 9 (Pro-Protein Convertase
Subtilisin/Kexin) Gens. Als Folge der Mutationen LDL-Rezeptor entfernt die Leber
weniger LDL-Cholesterin aus dem Blut, der Cholesterinspiegel steigt und damit das
Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie-heFH-(Vererbung durch einen
Elternteil) betrifft etwa 1 von 500 Menschen, die homozygote familiäre
Hypercholesterinämie-hoFH- (Vererbung durch beide Elternteile) etwa 1 von 1 Million
Menschen.
Es werden die polygene und die monogene familiäre Hypercholesterinämie
unterschieden. Bei der polygenen Form sind neben der genetischen Ursache der
persönliche Lebensstil und die Ernährung wichtige krankheitsverstärkende Faktoren.
Die Cholesterinwerte im Blut betragen meist zwischen 250 und 350 Milligramm pro
Deziliter beziehungsweise 6,4 und 9 Millimol pro Liter bei einem Normwert von unter
200 mg/dl beziehungsweise 5,2 mmol/l.
Die monogene familiäre Hypercholestereinämie ist heterozygot (Vererbung durch
einen Elternteil) oder homozygot (Vererbung durch beide Elternteile) verursacht. Die
Mutation betrifft das Gen, das die Andockstelle (Rezeptor) der Leberzellen für LDLCholesterin steuert. Bei der heterozygoten Hypercholesterinämie ist nur ein Teil der
Rezeptoren betroffen, bei der homozygoten Form stehen keine funktionstüchtigen
Rezeptoren für das LDL-Cholesterin bereit.
Handlungsoptionen
Lipidsenkende Arzneimitteltherapie. Erst-Linientherapie für Erwachsene mit heFH
sind Statine.
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Gentest bei Kleinwuchs
Blut-basierter Test, zentrale Messung
Menschen mit einer klinisch definierten reduzierten Körpergröße können aus
verschiedenen Gründen kleinwüchsig sein. Kleinwuchs kann auf Mutationen
bestimmter Gene zurückgeführt werden. Ernährung, Hormonmangel und
psychosoziale Bedingungen können ebenfalls die Körpergröße beeinflussen.
Handlungsoptionen
Der Gentest ist die Voraussetzung für die Entscheidung einer geeigneten Therapie
Erkrankungen des Blutes
Gentest Faktor V Leiden / Prothrombin (Faktor II) Mutation (G20210A) Blutgerinnungsstörungen
Blutbasierter Test, dezentrale Messung
Als Präventionsparameter gibt es bisher keine belastbare Evidenz. Die Bestimmung
kann aber vor der Verordnung von Kontrazeptiva bei positiver Familienanamnese
sinnvoll sein, um Risikopatienten zu erkennen. Nach stadtgehabter Thrombose kann
die Bestimmung erblicher Risikofaktoren einer Blutgerinnungsstörung diagnostisch
sinnvoll sein.
Die genetischen Tests Faktor-V-Leiden-Mutation und Prothrombin (Faktor II) Mutation (G20210A) sollen nur einmal im Leben durchgeführt werden, da sie sich
nicht verändern.
Die Faktor-V-Leiden-Mutation (FVL) wird autosomal-dominant vererbt. FVL ist die
häufigste thrombophile Gerinnungsstörung. In Europa sind etwa 5% der Bevölkerung
heterozygote (Vererbung durch einen Elternteil) Träger der FVL-Mutation, 0,05 bis
0,5% sind homozygote Träger, die je ein mutiertes Allel von Vater und Mutter geerbt
haben.
Anstelle des direkten Nachweises des Faktor-V-Leiden erfolgt teilweise eine
funktionelle Untersuchung der aktivierten Protein-C (APC)-Resistenz. In etwa 95%
der Fälle von APC-Resistenz liegt auch eine Mutation des Faktor-V-Leiden vor. Bei
einer auffälligen APC-Resistenz muss geklärt werden, ob eine heterozygote oder
homozygote Mutation vorliegt.
Prothrombin ist die Vorstufe des aktiven Gerinnungsenzyms Thrombin, das eine
Schlüsselrolle bei der Regulation der Blutgerinnung spielt. Die Prothrombin Mutation
im Faktor V-Gen von Guanin (G) zu Adenin (A) wird durch DNA-Sequenzierung
nachgewiesen. Sie ist verbunden mit einer erhöhten Aktivität von Faktor II im
Blutplasma.
Handlungsempfehlung
Ärztliche Behandlung der Blutgerinnungsstörung
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Früherkennung von Krebs
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur
Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und registergesetz - KFRG) vom 3. April 2013 soll die Strukturen, Reichweite,
Wirksamkeit und Qualität der bestehenden Krebsfrüherkennungsangebote
verbessern. Die Krankenkassen werden ihre Versicherten künftig regelmäßig
anschreiben und zu Brustkrebs-, Darmkrebs- sowie Gebärmutterhalskrebsfrüherkennung einladen. Neben dem bereits eingeführten Mammographie-Screening
wird der Gemeinsame Bundesauschuss innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten
des Krebsfrüherkennungs- und -registergesetzes die inhaltliche und organisatorische
Ausgestaltung der Früherkennungsprogramme für Gebärmutterhalskrebs und
Darmkrebs beschließen.
Früherkennung von Darmkrebs
Methylierter Septin9 DNA Biomarker-Test
Epi ProColon® 2.0 CE Test
Blut-basierter Test, dezentrale Messung
Patentgeschützt, www.epiprocolon.com
Der Septin9 Bluttest ermöglicht den Nachweis des Biomarkers Sept9 in Blutplasma.
Dieser Biomarker tritt spezifisch bei Darmkrebs auf. Es handelt sich um das
epigenetisch methylierte Gen Septin9, das bei Darmkrebs vorkommt, im gesunden
Darm nicht. Der Sept9 Biomarker weist eine Gesamt-Sensitivität für Darmkrebs von 70% bei einer Spezifität von -90% auf.
Die Bestimmung der Tumor-M2-Pyruvatkinase im Stuhl sowie die immunologische
Bestimmung des Hämoglobins und des Hämoglobin/Haptoglobin-Komplexes sind
Tests, für die gleichfalls falsch-positive Testergebnisse in Kauf genommen werden
müssen.
Handlungsoptionen
Vorstellung in einem zertifizierten Darmkrebszentrum
BRCA-Test für erblichen Brustkrebs
Blut-basierter Test, dezentrale Messung
Bei etwa 5% der an Brustkrebs erkrankten Patientinnen liegen erbliche Mutationen
der Gene BRCA1 und BRCA2 vor. Für Trägerinnen einer pathogenen BRCAMutation erhöht sich das Erkrankungsrisiko für Brustkrebs von ca. 10% auf etwa
80%. Der durch BRCA-Mutationen disponierte familiäre Brustkrebs zählt zu den
häufigsten vererbten Erkrankungen. Nach genetischer Beratung kann eine
Gendiagnostik durchgeführt werden.
Die gezielte Mutationsanalyse bei bekannter familiärer Mutation erfolgt in etwa 14
Tagen. Wenn eine familiäre Mutation nicht bekannt ist, erfolgt eine abgestufte
Sequenzierung aller kodierenden und deren flankierenden nichtkodierenden
9
Bereiche der Gene BRCA1, BRCA2 in Abhängigkeit von ethnischer Zugehörigkeit,
Rezeptorstatus des Primärtumors und Familienanamnese der Erkrankten. Bei
Unauffälligkeit der Sequenzierung wird eine Deletions/Duplikationsanalyse
durchgeführt.
Handlungsoptionen
Vorstellung der Hochrisikopatienten in einem zertifizierten Darmkrebszentrum.
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Laborärztliche Basistests zur Früherkennung von Krankheiten
Versicherte, die das 35. Lebensjahr vollendet haben, haben nach § 25 SGB V jedes
zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur
Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von HerzKreislauf und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit. Aktuell sind
laborärztliche Untersuchungen des Gesamtcholesterins und der Glukose nach den
Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinien in der Fassung vom 16. Dezember 2012
vorgesehen. Für den Check 35 liegt bisher keine Evidenzbasierung vor.
Während der Schwangerschaft sind für Versicherte ein Glukose-Toleranztest sowie
ein Hepatitis B Test und ein HIV-Antikörpertest zur Früherkennung einer Infektion im
GKV-Leistungskatalog vorgesehen.
Über die gesetzlichen Leistungen hinaus gehende Vorsorgeuntersuchungen sind
vertrauensvoll mit dem behandelnden Arzt oder der Krankenkasse zu besprechen.
Die Aufnahme der sechs folgenden Basistests in die ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten ist dringend notwendig.
-
Kleines Blutbild (Ausschluss Blutarmut, Ausschluss Erkrankungen des blutbildenden Systems)
Kreatinin und berechnete GFR (Ausschluss von Nierenfunktionsstörungen)
ALT, gamma-GT, Bilirubin (Ausschluss von Leberschädigung)
TSH (Ausschluss von Erkrankungen der Schilddrüse)
Cholesterin, LDL-, HDL-Cholesterin, Triglyceride (Fettstoffwechselstörung)
HbA1c (Ausschluss Zuckerkrankheit)
Ziel ist die frühzeitige Entdeckung häufiger und gut therapierbarer Erkrankungen.
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Genotyp-basierte Phänotyp-adjustierte Diagnostik
Genotypbasierte Arzneitherapie beim behandelnden Arzt ist eine gendiagnostische
Methode zur Beurteilung der Response, des Ansprechens auf die Behandlung mit
einem spezifischen Arzneimittel bei einem individuellen Patienten, zur Beurteilung
der zu erwartenden Arzneimittel-Metabolisierung, zur Bestimmung des DosisWirkungsverhältnisses und zur Bestimmung der zu erwartenden Nebenwirkungen.
Bei der Genotypisierung wird an einem Genort untersucht, ob Homo- oder
Heterozygotie vorliegt. Vererbte Eigenschaften von Enzymen, Transportproteinen,
Rezeptoren etc. werden hinsichtlich der Optimierung einer Arzneimitteltherapie
einmalig festgestellt und sind prinzipiell unveränderlich. Allerdings können trotz
unveränderter Erbanlage Enzyme, Transportproteine, Rezeptoren etc. auch durch
eine Erkrankung, Nahrungsmittel, eingenommenen Medikamente usw. in ihrer
Aktivität verändert sein. Dieses nach außen wirkende Erscheinungsbild nennt sich
Phänotyp und ist veränderlich. Der Genotyp legt also eine prinzipielle Veranlagung
fest, dessen Ausprägung der Phänotyp angibt. Bei einigen arzneimittelverstoffwechselnden Enzymen ist bekannt, dass diese in der Bevölkerung bis zu 4
unterschiedliche Phänotypen der Aktivität aufweisen (von keiner bis zu deutlich
gesteigerter Aktivität).
Für die Anwendung und Dosierung von Arzneimitteln, die von Mensch zu Mensch
unterschiedliche Wirkungen und Nebenwirkungen haben, sind Leitlinien zur
individualisierten Anwendung wünschenswert. Die wissenschaftlich begutachteten
Leitlinien des 2009 gegründeten CPIC – Clinical Pharmacogenetics Implementation
Consortium, einem gemeinsamen Projekt des PharmGKB und des
Pharmacogenomics Research Network haben das Ziel, pharmakogenetische Tests
in die ärztliche Praxis einzuführen (http://www.pharmgkb.org).
Arzneimittel, vor deren Verordnung auf Grund des Wirkungs- und Nebenwirkungsprofils eine Genotypisierung empfohlen wird.
Psychische und Verhaltensstörungen
Depression
Bei Antidepressiva verschiedener Substanzklassen (selektive SerotoninRückaufnahme-Inhibitoren Citalopram und Fluoxetin (CPIC Guideline CYP2D6SSRIs underway), selektive Serotonin-Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitor
Venlafaxin und trizyklische Antidepressiva (nichtselektiver Monoaminrückaufnahmehemmer), z. B. Amitripilin (CPIC Guideline CYP2D6, CYP2C19
genotypes and dosing of tricyclic antidepressants TCAs) wird eine CYP2D6
Genotypisierung empfohlen.
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Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten
Metabolisches Syndrom
Hochdosierte Einnahme des Lipidsenkers Simvastatin ist bei einer bestimmten
genetischen Ausstattung (SLCO1B1, rs4149056) mit gehäuftem Auftreten von
Muskelschmerzen assoziiert (http://www.ncbi.nim.nih.gov/pubmed/22617227).
Die Ergebnisse der Heart Protection Study haben eine erhebliche Reduktion des
vaskulären Risikos durch die Einnahme von Simvastatin unabhängig vom
individuellen Genotyp ergeben (European Heart Journal (2013) 34, 982-992).
Erkrankungen des Blutes
Blutgerinnungsstörungen
Bei Clopidogrel, einem die Blutgerinnung hemmenden Medikament
(http://www.ncbi.nim.nih.gov/pubmed/21716271) wird die CYP2C19 Genotypisierung
empfohlen.
Die Wirkung des Blutgerinnungs-hemmenden Medikaments Phenprocoumon
(Marcumar®) wird durch eine Erbanlage im VKORC1-Gen beeinflusst.
Krebserkrankungen
Prä- und postmenopausaler Brustkrebs
Ziel der CYP2D6 Genotypisierung ist die Prognose des Rückfallrisikos durch
Bestimmung der Relevanz zur endokrinen Brustkrebstherapie.
Tamoxifen senkt die Brustkrebs-Wiederentstehung um 50 % und die Sterblichkeit um
30 % (The PharmGKB-Blog, 21. Januar 2013, Daniel Klein)
Auf Grund des unterschiedlichen, genetisch determinierten Stoffwechsels von
Tamoxifen bietet sich auch eine Blutspiegel-Bestimmung an. So kann kontrolliert
werden, ob ausreichend aktive Substanz durch CYP2D6 gebildet wird. Auch ohne
genetischen Enzymeffekt können zahlreiche Arzneimittel (z.B. Antidepressiva) eine
CYP2D6 Hemmung bewirken. In diesen Fällen ermöglicht erst die BlutspiegelBestimmung eine genaue Dosis-Anpassung. Bei Patienten, die keine hemmenden
Arzneimittel einnehmen, ermöglicht die Bestimmung der Tamoxifen-StoffwechselProdukte Rückschlüsse auf den CYP2D6 Genotyp.
Tests bei Patientinnen mit postmenopausalen Brustkrebs haben keine Evidenz
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Autoimmunerkrankungen
HIV
Genetische Varianten im HLA-System müssen vor Gabe des HIV-Therapeutikums
Abacavir ausgeschlossen sein, um schwere Nebenwirkungen zu vermeiden (HLAB*5701).
Eine Genotypisierung des HIV-Virus eines Patienten ermöglicht die Auswahl von
geeigneten antiviralen Medikamenten und schließt ein Therapieversagen aufgrund
von vorbestehenden Resistenzen des HI-Virus aus.
Knochenmark-Toxizität
Das Medikament Azathioprin wird v.a. bei zahlreichen Autoimmunerkrankungen zur
Vermeidung oder Verringerung einer Kortisontherapie eingesetzt. Allerdings kann die
genetische Defizienz des TPMT-Enzyms zu schwerwiegenden Nebenwirkungen
einer Azathioprin-Therapie führen (sog. Knochenmark-Toxizität).
Hautkrankheiten
Stevens-Johnson-Syndrom
Varianten im HLA-System sind für ein gesteigertes Risiko verantwortlich, schwerste
Formen von Hautausschlägen (sog. Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) zu erleiden.
Urologie
Hyperurikämie
Varianten im HLA-System sind für ein gesteigertes Risiko verantwortlich, toxisch
epidermale Nekrolyse (TEN) unter der Therapie mit Allopurinol (HLA-B*5801,
Harnsäure-senkendes Medikament) zu erleiden.
Krankheiten des Nervensystems
Epilepsie
Varianten im HLA-System sind für ein gesteigertes Risiko bei der Anwendung von
Carbamazepin (HLA-A*3101) verantwortlich,
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