Benefits! Das bAV-Fachmagazin von Towers Watson Deutschland Ausgabe 03 | November 2013 towerswatson.de „Die „ veränderte Altersstruktur, der Fachkräftemangel und die verlängerte Lebensarbeitszeit durch die Rente mit 67 werfen vielfältige und tief greifende Folgefragen auf.“ Demografischer Wandel: Nur wenige Unternehmen sind vorbereitet / Aktuelle Studie bAV-Benchmarkanalyse: Umfassendes Bild durch qualitative und quantitative Betrachtung Insolvenzfestigkeit von CTA: Sorgfältige vertragliche Ausgestaltung entscheidend Outsourcing-Lösungen: Trends und Erfahrungen /Aktuelle Studie von Towers Watson Talent-Management in fünf Schritten: Die richtigen Mitarbeiter gewinnen und binden Muster-Rubrik Inhalt November 2013 Herausgeber: Towers Watson GmbH V.i.S.d.P.: Reiner Jung Editorial 4 Jetzt wirklich! Redaktion Ulrike Lerchner-Arnold Im Fokus 5 Demografischer Wandel: Unternehmen kaum vorbereitet Verantwortlich: Prof. Dr. Dr. Wolfgang Förster Dr. Michael Karst Sybille Siefer Dr. Manfred Stöckler Dr. Claudio Thum Online-Archiv Benefits! ist auch online abrufbar unter: www.towerswatson.com/de-DE/Insights/ Newsletters/Europe/benefits-fachmagazin 8 Nachgefragt: Weltweiter Wandel, weltweite Lösung 10 Demografischer Wandel bei RWE Praxis Benefits 13 Wettbewerbsfähige bAV dank maßgeschneiderter Benchmarkanalyse 15 Altersteilzeit vs. Zeitwertkonto 17 Die wirtschaftliche Lage deutscher Lebensversicherer 19 Gesundheitsreform in den USA erzeugt Handlungsbedarf Bilanzen & Finanzen 21 Zinsdiskussion: Klärungsprozess vorläufig abgeschlossen 36 Versorgungsausgleich: Keine Bezugnahme auf Teilungsordnung bei externer Teilung 24 Behandlung von Mitarbeiterbeiträgen bei Leistungszusagen 37 Steuerbilanzielle Folgebewertung von angeschafften Pensionsrückstellungen 25 IDW zur Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach HGB 27 Schwellenländer als Anlageregion für Pensionsvermögen Recht & Steuern 29 Prüfungsanpassung von Betriebsrenten 31 Insolvenzfestigkeit von CTA vom BAG bestätigt 32 Außerplanmäßige BBG-Erhöhung 2003 34 Leistungsausschließende Wartezeit von 15 Jahren zulässig 39 Versorgungsanwartschaften: Übertragung auf Pensionsfonds Administration & Software 41 bAV-Administration: Trends und Erfahrungen mit Outsourcing HR-Strategie, Talent & Rewards 44 Talent-Management in fünf Schritten News 47 Rückblick: bAV-Konferenz 2013 49 M&A-Projekte erfolgreich führen 35 Gespaltene Renten­ formel: keine unzulässige Benachteiligung Benefits! 3 Editorial Jetzt wirklich! Von der Prognose zur Realität – diesen Schritt hat der demografische Wandel in den letzten Jahren offensichtlich absolviert. In zwei Dritteln der Unternehmen hat sich die Altersstruktur demografiebedingt bereits verändert. Mehr als die Hälfte verzeichnet darüber hinaus einen Fach- und Führungskräftemangel, wie die aktuelle Demografie­ studie von Towers Watson zeigt (siehe Seite 5 ff.). Nun sind realistische Lösungsansätze gefragt. Durch Zuwanderung allein wird sich der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials nicht auffangen lassen, wären hierfür doch unrealistisch hohe Zuwanderungszahlen erforderlich. Auch wenn die Geburtenrate – nachdem sie schon etwa 40 Jahre auf ähnlichem Niveau verharrt – sprunghaft steigen würde, wären die ersten Effekte erst in 20 bis 30 Jahren spürbar. Aussicht auf Erfolg verspricht hingegen eine bessere Ausschöpfung des Erwerbspersonenpotenzials: eine Steigerung der Beschäftigungsquote bei Frauen und älteren Arbeitnehmern beispielsweise, oder die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, wie sie durch die Rente mit 67 gefördert wird. Das zieht einen tief greifenden Umbruch nach sich. Viele heutige Arbeitsplätze werden künftig besetzt werden von sehr unterschiedlichen Menschen, was Alter, Lebensphase, Herkunft usw. angeht. Belegschaften werden dann vielfältiger zusammengesetzt sein – und darauf werden Arbeitsmodelle, Produktionsprozesse usw. angepasst werden müssen. Von einer solchen „Generalinventur“ bleiben auch sämtliche HR-Instrumente, einschließlich der betrieblichen Altersversorgung (bAV) nicht verschont. Stellenprofile, Karrieremodelle, Vergütungsstrukturen und die Wege für den Übergang in den Ruhestand gilt es anzupassen. Gerade hier eignet sich die bAV, um – zusammen mit Zeitwertkonten (siehe Seite 15) und Demografiefonds – flexible, auf die Bedürfnisse von Unternehmen und Mitarbeitern abgestimmte Lösungen bereitzustellen. „Herausragende „ bAV-Lösungen will der ‚Deutsche bAV-Preis‘ würdigen.“ Dabei ist die bAV nicht nur ein Zukunftsthema. Bereits heute existieren zahlreiche schlagkräftige betriebliche Versorgungsprogramme, die einen wesentlichen Beitrag zur Alterssicherung in Deutschland leisten. Damit gute bAV-Lösungen breiter bekannt werden (und weitere Unternehmen zu guten Versorgungsplänen inspirieren können), sollen künftig herausragende bAV-Lösungen – sei es in der Gestaltung, der Finanzierung, der Administration oder der Kommunikation – mit den „Deutschen bAV-Preis“ gewürdigt werden. Der Award wird im Februar 2014 zum ersten Mal verliehen. Bewerbungsschluss ist am 15. Januar; unter deutscher-bav-preis.de steht ein Bewerbungsformular zum Download zur Verfügung. Towers Watson unterstützt diese Initiative zusammen mit weiteren Organisationen, Medienpartnern und namhaften Juroren aus Wissenschaft oder Unternehmenspraxis. Über die Preisverleihung am 18. Februar im Rahmen der Konferenz „Zukunftsmarkt Altersvorsorge“ wird Benefits! im März berichten. Aktuelle Informationen über Entwicklungen und Trends aus der bAV finden sich auch jetzt schon – in diesem Heft. Eine inspirierende Lektüre wünscht Dr. Thomas Jasper Leiter Retirement Solutions Towers Watson Deutschland Die nächsten Ausgaben Der Newsletter Benefits! online bietet im Januar ein kurzes Update zu bAV-Rechtsprechung und -Bilanzierung. Das nächste ausführliche Benefits-Fachmagazin erscheint im März. 4 towerswatson.de Im Fokus „Obwohl „ ein Großteil der Unternehmen bereits erste demografische Veränderungen verzeichnet und vielfältige Risiken identifiziert hat, wurden erst bei einem Drittel demografiebezogene Maßnahmen geplant oder umgesetzt.“ Demografischer Wandel: Nur wenige Unternehmen sind vorbereitet Erste Folgen bereits sichtbar / Demografiestudie 2013 Die strategische Bewältigung des demografischen Wandels ist wesentlich für den künftigen Unternehmenserfolg, sagen 70 Prozent der für die Demografiestudie 2013 von Towers Watson befragten Unternehmen. Obwohl die ersten Folgen des Wandels bereits sichtbar sind, hat jedoch nur ein Drittel Maßnahmen ergriffen. Die Befragungsergebnisse zeigen eindrücklich, dass die demografischen Veränderungen bereits eingesetzt haben. So zeichnen sich bei zwei Drittel der Unternehmen (67 Prozent) demografiebedingt bereits Änderungen in der Altersstruktur der Belegschaft ab. Über die Hälfte (53 Prozent) klagt über Fach- und Führungskräftemangel. Die veränderte Altersstruktur, der Fachkräftemangel und die verlängerte Lebensarbeitszeit durch die Rente mit 67 werfen vielfältige und tief greifende Folgefragen auf. Für Unternehmen empfiehlt es sich, jetzt zu überlegen, wie sie Arbeitsprozesse künftig gestalten. Darauf müssen die strategische Personalplanung, Karrieremodelle und die Maßnahmen für einen schrittweisen Übergang vom aktiven Erwerbsleben in den Ruhestand abgestimmt werden. Dabei hilft es nicht, isolierte Einzelmaßnahmen vorzuschie- ben. Vielmehr ist eine integrierte Gesamtplanung erforderlich, die sowohl HR-Aspekte als auch die Auswirkungen des demografischen Wandels auf Konsumenten, Nachfrage und gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge berücksichtigt. Top-Themen: Talent-Management, Karriere- und Nachfolgeplanung Demografiebedingte HR-Risiken sehen vier Fünftel der Unternehmen (81 Prozent) in den Bereichen Talent-Management, Karriere- und Nachfolgeplanung. Drei Viertel (74 Prozent) sehen Handlungsbedarf beim Employer Branding – veranlasst durch den bereits sichtbaren Fach- und Führungskräftemangel. Erst an dritter Stelle (72 Prozent der Unternehmen) wird das Gesundheitsmanagement, das landläufig stark mit Demografieprojekten assoziiert wird, genannt. Benefits! 5 Im Fokus Die längere Lebensarbeitszeit aufgrund der Rente mit 67 macht zudem Anpassungen bei zahlreichen HR-Konzepten erforderlich: 82 Prozent der Unternehmen sehen einen zunehmenden Bedarf an flexiblen Modellen für einen gleitenden Übergang in die Rente. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass Wissensträger in den letzten Arbeitsjahren eine eher beratende Teilzeitfunktion ausüben und ihre Arbeitszeit über mehrere Stufen „herunterfahren“, bis sie sich ganz in den Ruhestand verabschieden. Im Umkehrschluss heißt das, dass viele Menschen künftig nicht mehr unbedingt auf dem Zenit ihrer beruflichen Karriere in den Ruhestand treten, sondern erst später. Arbeitsplätze, Stellenprofile, Karrieremodelle usw. müssen daher neu überdacht werden, wie 80 Prozent der befragten Unternehmen bestätigen. Spannungsfeld: Mitarbeiter binden vs. zeitigen Ruhestand ermöglichen Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie für Mitarbeiter, die beispielsweise aufgrund einer großen körperlichen Belastung ihre Tätigkeit nicht bis zum Rentenalter ausüben können, der Ruhestand weiterhin finanziell abgesichert werden kann. Die Studie zeigt, dass sich mehr als zwei Drittel der Unternehmen (69 Prozent) mit einer entsprechenden Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) bereits auf diese Situation vorbereiten. Modelle zum flexiblen Übergang in den Ruhestand müssen zwei wesentlichen Anforderungen gerecht werden: •• Zum einen sollen sie den Mitarbeitergruppen, die das Unternehmen möglichst lange im aktiven Arbeitsleben behalten will, die richtigen finanziellen Anreize bieten. •• Zum anderen sollen sie den Mitarbeitern, die nicht länger arbeiten wollen oder können, einen finanziell abgesicherten Ausstieg – beispielsweise durch eine Kombination aus Teilzeit und Teilrente – ermöglichen. Dabei steht für 90 Prozent der Unternehmen die Bindung von Leistungsträgern an das Unternehmen im Vordergrund. Fast ebenso viele (88 Prozent) legen Wert auf eine flexible und unternehmensspezifische Gestaltung der Modelle. Auch die langfristige Motivation der Mitarbeiter spielt eine wichtige Rolle: 86 Prozent legen darauf großen Wert bei der Entwicklung von Demografie-Programmen. Wichtig ist zudem, dass diese Modelle flexible Entscheidungen ermöglichen, die (je nach Leistungsbereitschaft und Belastungsfähigkeit der jeweiligen Mitarbeiter und Personalbedarf des Unternehmens) auch ohne jahrelange Vorlaufzeiten getroffen werden können. 6 towerswatson.de Abb. 1: Rahmenbedingungen für flexiblen Übergang in den Ruhestand Betriebliche Altersversorgung Flexible Arbeitszeitmodelle Altersteilzeit Abfindungsprogramme Altersgerechte Arbeitsplätze Zeitwertkonten Vorruhestandmodelle 69 % 66 % 7 % 13 % 52 % 9 % 34 % 6 % 34 % 10 % 16 % 9 % 30 % 25 % Aktuell angeboten Einführung geplant Die Finanzierung solcher Modelle sollte aus Sicht der meisten Unternehmen (82 Prozent) gemeinsam von Unternehmen und Mitarbeitern geschultert werden. Letztere sind dazu grundsätzlich auch bereit, wie die Studie „bAV und Altersversorgung aus Mitarbeitersicht“ (Towers Watson 2012, siehe auch Benefits! August 2012) zeigt: Drei Viertel der Mitarbeiter würden demnach zumindest einen gewissen Teil ihrer Bezüge für eine garantierte bAV einsetzen. Bei der Bewältigung des demografischen Wandels sehen einige Unternehmen auch den Staat in der Pflicht: Ein Viertel (26 Prozent) kritisiert die mangelnde Flexibilität der verfügbaren Instrumente aufgrund zu enger gesetzlicher Gestaltungsspielräume. Gut unterstützt vom Staat fühlt sich lediglich eine Minderheit von 5 Prozent der befragten Unternehmen. Dank strategischer Personalplanung weniger Arbeitskräftemangel Obwohl ein Großteil der Unternehmen bereits erste demografische Veränderungen verzeichnet und vielfältige Risiken identifiziert hat, wurden erst bei einem Drittel demografiebezogene Maßnahmen geplant oder umgesetzt. Handlungsbedarf besteht jedoch oftmals unmittelbar, da viele HR-Maßnahmen erst mit einer gewissen Vorlaufzeit Wirkung zeigen. Die Teilgruppe der Unternehmen, die Maßnahmen schon geplant oder umgesetzt haben, beginnt mit einer strategischen Personalplanung (78 Prozent) bzw. Mitarbeiterbestandsanalysen (81 Prozent). Auf Basis dieser Daten wurden vor allem TalentManagement-Maßnahmen und Employer-BrandingKampagnen (je 89 Prozent), aber auch Personalentwicklungsprogramme (bei 86 Prozent) konzipiert und implementiert. Das Thema Gesundheitsmanagement folgt erst auf Platz 4; es wird von 73 Prozent der Unternehmen genannt. Die aktiven Unternehmen können bereits erste Erfolge verzeichnen: Diese Teilgruppe erwartet einen Arbeitskräftemangel für ihr Unternehmen zumeist später als Unternehmen, die sich noch in der Phase der Informationssammlung oder der Risikoidentifizierung befinden. Abb. 2: Demografiebedingte Risiken Abb. 3: Stand der Maßnahmenumsetzung 53 % 67 % ? Fach- und Führungskräftemangel 33 % 25 % Maßnahmenentwicklung und Umsetzung Informationssammlung 42 % Altersstruktur Analyse und Prognose/ Identifizierung von Risiken Dr. Reiner Schwinger Fazit Wie die Befragungsergebnisse zeigen, lohnt sich ein frühzeitiges und integriertes Vorgehen, um demografische Risiken abzuwenden oder abzumildern und etwaige Chancen zu nutzen. reiner.schwinger@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-228 Ulrich Wiesenewsky Die Studie Die Towers-Watson-Studie „Demografischer Wandel – Status quo und Herausforderungen für Unternehmen in Deutschland und Österreich“ basiert auf einer Befragung von HR- und Demografieverantwortlichen aus 116 Unternehmen aller Branchen mit insgesamt 700.000 Mitarbeitern in Deutschland bzw. 4 Mio. Mitarbeitern weltweit. Die Studie wurde nach der ersten Erhebung 2011 in überarbeitetem Design zum zweiten Mal durchgeführt. ulrich.wiesenewsky@ towerswatson.com Telefon: +49 221 8000-3450 Benefits! 7 Im Fokus Nachgefragt Demografie: Weltweiter Wandel, weltweite Lösung Karrierewege und Ruhestandsmodelle in der Zukunft Der demografische Wandel stellt Unternehmen und Mitarbeiter vor vielschichtige Herausforderungen. Was auf uns zukommt – und wie Unternehmen sich vorbereiten können, klopft Benefits! im Experteninterview ab. Herr Dr. Schwinger, Prognosen sind schwierig. Dennoch: Gibt es den demografischen Wandel wirklich? Ja, diese Erkenntnis hat sich inzwischen durchgesetzt. Die Fakten kennen Sie: Die arbeitende Bevölkerung wird künftig älter und heterogener sein. In Deutschland werden insgesamt weniger Menschen leben und die Anzahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird kleiner sein. Das hat Folgen für das Arbeitskräfteangebot, die Rentenkassen, die beruflichen Perspektiven vieler Menschen, kurz, für alle Bereiche der Gesellschaft. Diese Entwicklung ist nicht umkehrbar, kann aber durch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, eine bessere Ausschöpfung des Erwerbspersonenpotenzials und durch Zuwanderung abgemildert werden. In ca. 25 Jahren wird der demografische Wandel seinen Höhepunkt erreichen. Wie sieht die Arbeitswelt dann aus? Die Situation wird sich für jedes Unternehmen je nach Branche und internationaler Ausrichtung anders darstellen. Auch jeder Mitarbeiter wird den Wandel – je nach Alter, Beruf, Lebenssituation usw. – anders erleben. Das ist aber nicht die einzige Veränderung. Parallel greifen technologischer Fortschritt, Konjunkturzyklen und weltwirtschaftliche Verschiebungen. Wenn wir das zu Ende denken, lässt sich Folgendes prognostizieren: •• Viele heutige Arbeitsplätze werden künftig von unterschiedlichen Menschen, was Alter, Lebensphase, Herkunft usw. angeht, besetzt werden. Belegschaften werden dann vielfältiger zusammengesetzt sein – und darauf werden Arbeitsmodelle, Produktionsprozesse usw. angepasst werden müssen. Unternehmen werden dann eher Mehrgenerationenhäusern als einem Club jungdynamischer Mittdreißiger ähneln. •• Angesichts des Fachkräftemangels werden Unternehmen versuchen, gute Mitarbeiter über das Rentenalter hinaus im Unternehmen zu behalten. 8 towerswatson.de So wie schon heute Unternehmen und ihre Mitarbeiter mit kleinen Kindern höchst unterschiedliche Lösungen entwickeln, um Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen, so wird es künftig für die späten Arbeitsjahre kreative und flexible Modelle geben, um Personalbedarf, Leistungsbereitschaft, Belastungsfähigkeit und finanzielle Absicherung auszubalancieren – durch Teilzeittätigkeit, Teilruhestand, geänderte Aufgaben usw. Wenn in Deutschland künftig weniger Menschen als jetzt Produkte herstellen, aber dann auch weniger Menschen Produkte kaufen, ist das doch eigentlich kein Problem, oder? Das wäre für ein Land nur in einer geschlossenen Volkswirtschaft richtig, d. h., wenn die Unternehmen ihre Produkte nur innerhalb der Landesgrenzen absetzen und Verbraucher auch nur Produkte „made in Germany“ kaufen würden. Tatsächlich lebt die deutsche Wirtschaft wesentlich von Export und Import. Und ganz problemlos wäre es auch dann – selbst aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht: Für den Einzelnen (Unternehmen wie Konsument) würde in diesem Szenario der Wandel einen erheblichen Anpassungs- und Schrumpfungsprozess bedeuten, weil sich sowohl Produktions- als auch Konsumstrukturen grundsätzlich ändern würden. Vor dieser – auch volkswirtschaftlichen – Rosskur schützt uns die globale Vernetzung. Kurz: Der demografische Wandel ist kein nationales, sondern ein weltweites Phänomen, das auch in einer weltweit vernetzten Wirtschaft gelöst werden wird. So wird ein Teil der hiesigen Arbeitsplätze vielleicht künftig an anderen Orten in der Welt besetzt werden. Unternehmen werden schauen, welche Tätigkeiten tatsächlich hier vor Ort erledigt werden müssen (z. B. Autoreparaturen oder die Krankenpflege) und welche nicht ortsgebunden sind, z. B. das Ausfüllen von Steuerformularen, die Entwicklung von Computerprogrammen usw. Daneben müssen wir bedenken, dass die Finanzierung unserer Renten, Krankheitsvorsorge und unserer Staatsfinanzen – Stichwort: Umlagefinanzierung der Rentenkassen und Schuldenfinanzierung der öffentlichen Haushalte – im Grundsatz auf wachsende oder zumindest gleich bleibende Bevölkerungszahlen abgestellt ist. Fehlen auf Dauer Beitrags- und Steuerzahler, tun sich unüberbrückbare Lücken auf. Wie reagieren die Unternehmen auf die absehbaren Veränderungen? Stellen sie beispielsweise angesichts des kommenden Fachkräftemangels Mitarbeiter „auf Vorrat“ ein? Das wird nicht funktionieren – eine heutige Überbelegung wird nicht einen künftigen Mangel kompensieren. Vielmehr sollten Unternehmen jetzt überlegen, wie Arbeitsprozesse künftig gestaltet werden sollen, d. h. welche Tätigkeiten vor Ort und welche auf dem weltweiten Arbeitsmarkt erledigt werden können. Darauf müssen die strategische Personalplanung und sämtliche Folgefragen abgestimmt werden. Es hilft nicht, einzelne Schrauben festzuziehen – die gesamte Konstruktion muss neu durchdacht werden. Bis jetzt sind zwei Drittel der Unternehmen allerdings nicht über die Informationssammlung und -analyse hinausgekommen, wie die aktuelle Demografiestudie von Towers Watson zeigt. Lediglich ein Drittel hat bereits konkrete Demografieprojekte geplant und umgesetzt. Was bedeutet der demografische Wandel für die einzelnen Mitarbeiter? Das lässt sich nicht pauschal sagen, weil die Veränderungen die Menschen in unterschiedlichen Arbeitsund Lebensphasen treffen. •• Heutige Berufseinsteiger werden angesichts des Fachkräftemangels häufig aus einer Vielzahl unterschiedlicher Jobangebote wählen können. Sie werden sich aber auch auf einem Arbeitsmarkt bewegen, der sehr viel stärker internationale Dimensionen hat als heute. Sie werden später in den Ruhestand treten und viel stärker selbst für ihre Rente vorsorgen müssen. Gleichzeitig werden sie die Renten der Baby-Boomer mitfinanzieren müssen. Die Themen Generationenvertrag und Generationengerechtigkeit werden sie also beschäftigen. •• Viele Mitarbeiter, die heute Mitte 50 sind und auf ein komfortables Frühverrentungsprogramm gehofft hatten, werden wohl enttäuscht werden. Aber sie werden auch stärker als die vorangehenden Generationen erleben, dass sie im Arbeitsleben gebraucht werden. •• Karriereverläufe werden sich wandeln. Die Menschen werden vermutlich nicht mehr unbedingt vom Höhepunkt ihrer Karriere aus in den Ruhestand wechseln. Vielmehr werden sie in ihrem Berufsleben mehr unterschiedliche Positionen und Aufgaben ausfüllen als es bei traditionellen Karrieren der Fall war. Intensive Arbeitsphasen werden sich mit zeitweilig weniger intensiven Arbeitsphasen (z. B. Familienzeiten oder Weiterbildungsphasen) abwechseln. Der Ruhestandsbeginn wird weniger durch einen Zeitpunkt, sondern eher durch einen Zeitraum markiert, in dem die Arbeitsbelastung schrittweise zurückgefahren wird. •• Nur diejenigen, die schon heute im Ruhestand sind, werden den demografischen Wandel ausschließlich aus der Beobachterperspektive verfolgen können. Alle anderen sind Beteiligte. Dr. Reiner Schwinger ist Mitglied des Führungsteams von Towers Watson für EMEA und Managing Director von Towers Watson Deutschland. Er verfügt über eine mehr als 20-jährige Erfahrung in der strategischen Beratung von multinationalen Unternehmen. Schwinger ist Mitglied des Vorstands der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba). Benefits! 9 Im Fokus Demografischer Wandel bei RWE Langfristige qualitative Personalplanung unterstützt Erreichen der Unternehmensziele RWE kann durch eine umfassende langfristige Personalplanung Verschiebungen in der Belegschaftsstruktur frühzeitig erkennen und darauf abgestimmte Maßnahmen wie z. B. Weiterbildung, Umqualifizierung oder Versetzung auf dem konzerninternen Arbeitsmarkt einleiten. Somit lassen sich etwaige Engpässe effektiv kompensieren. Die RWE Service GmbH steht als konzerninterner Dienstleister vor der Herausforderung, passgenaue Leistungen bereitzustellen – insbesondere vor dem Hintergrund eines sich stetig politisch und gesellschaftlich ändernden Umfelds in der Energiewirtschaft. Dieses wirkt sich ebenfalls auf die dienstleistenden Unternehmensbereiche aus. Sinkende Mitarbeiterzahlen in den Kraftwerken oder im Netzbetrieb führen auch zu einer sinkenden Nachfrage nach Dienstleistungen. Betroffen sind hier vor allem die Bereiche der Betriebsgastronomie, des Konzerneinkaufs oder des Personalmanagements. Um diesen geänderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden, ist es erforderlich, eine aufeinander abgestimmte Personalstrategie anzuwenden. Die Personalstrategie der RWE Service GmbH ist eng mit der Unternehmensstrategie verbunden. Sie stützt sich wesentlich auf die Nutzung eigenentwickelter Instrumentarien, z. B. für die Betrachtung zukünftiger, durch die Demografie bedingte Veränderungen im Unternehmen. Diese sollen die Aufgaben der Personalbeschaffung, der Personalentwicklung und des Personaleinsatzes optimieren. Damit untrennbar verbunden sind die Berufsausbildung, die Qualifizierung von Mitarbeitern sowie die rechtzeitige Weitergabe des vorhandenen Fachwissens an die nachfolgenden Stelleninhaber. Personalbestandsorientierte, qualitative Einsatzplanung Durch den demografischen Wandel steigt das Durchschnittsalter der Beschäftigten trotz Frühpensionierung und Altersteilzeit, da immer weniger Stellen wiederbesetzt werden. Aufgrund eines gleichzeitigen Einstellungsstopps werden die verbliebenen Mitarbeiter zu knappen Ressourcen. Somit ist eine personalbestandsorientierte, qualitative Einsatzplanung von großer Bedeutung. Grundlage für diese qualitative Personalplanung ist die einheitliche Zuordnung von Planstellen („Arbeitsplätzen“) zu Qualifikationsgruppen. Hierfür wird bei der RWE Service GmbH die sog. Jobfunktion herangezogen. Eine Jobfunktion umfasst alle Planstellen, welche die gleichen Mindestqualifikationsanforderungen voraussetzen. Jeder Planstelle im Unternehmen wird folglich genau eine Jobfunktion zugeordnet. Auf Basis dieser Zuordnung erfolgt eine Simulation des zukünftigen Personalbedarfs sowie des zukünftigen Personalbestands. Hierfür werden verschiedene Parameter wie z. B. Effizienzsteigerung, Eintritt in die Regelaltersrente, Inanspruchnahme von Frühpensionsregelungen oder die Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse als Prämissen herangezogen. Frühzeitiges Erkennen von Über- bzw. Unterdeckung Durch eine Modifikation der verschiedenen Prämissen verändert sich der Verlauf der simulierten Personalbedarfs- und Personalbestandskurven. Es besteht die Möglichkeit, verschiedene Szenarien gleichzeitig zu betrachten und somit die Auswirkungen der einzelnen Prämissen abzuschätzen (siehe Abb. 1). Ein Abgleich zwischen dem zukünftigen Personalbedarf und dem zukünftigen Personalbestand ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen von Kapazitätsrisiken. Somit können notwendige personalwirtschaftliche Maßnahmen eingeleitet werden, um diesen Risiken rechtzeitig entgegenzuwirken. Abb. 1: Szenarioanalysen 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 20112016 20212026 2031 2036 2041 2046 Soll 1 (– 0 %) Verlängerung von Befristungen (50 %) Soll 2 (– 1 %) ATZ Inanspruchnahme (50 %) Soll 3 (– 3 %) Wiederbesetzung ATZ (67 %) „Alles auf Null“ 10 towerswatson.de Abb. 2: Analyse von Über- bzw. Unterdeckungen in den Teilbereichen Jobfunktionen 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 SQL 4 Kaufmännische Hilfskraft 66,70 65,87 63,40 60,27 59,00 58,75 58,75 58,75 58,75 52,75 SQL 4 Technische Hilfskräfte 70,27 68,92 67,47 64,85 62,40 62,40 62,40 62,40 62,40 61,87 SQL 3 Verwaltung 70,44 69,89 68,55 63,55 60,82 60,82 60,82 60,82 60,82 56,29 170,02 159,20 156,32 153,08 149,04 149,04 149,04 149,04 149,04 142,77 4,00 4,00 2,80 2,80 2,80 2,80 2,80 2,80 2,80 1,80 SQL 3 Facharb Querschnittsfunktionen 77,55 75,95 72,85 71,32 68,92 68,92 68,92 68,92 68,92 67,92 SQL 3 Fahrzeugführer 27,40 26,47 25,87 24,07 22,87 22,87 22,87 22,87 22,87 20,87 SQL 2 Verwaltung 12,00 12,00 11,67 10,40 10,40 10,40 10,40 10,40 10,40 7,40 341,62 336,26 327,36 318,35 311,36 311,36 310,57 310,57 310,57 298,02 SQL 2 kaufm. /techn. Funktionen 26,00 25,67 25,33 24,33 23,40 23,40 23,40 23,40 23,40 21,40 SQL 2 Meist /Techn Kfz-Wesen 10,22 9,62 9,62 9,02 8,53 8,53 8,53 8,53 8,53 7,53 2,66 2,66 2,33 2,04 2,04 2,04 2,04 2,04 2,04 2,04 10,00 9,67 9,33 8,40 8,40 8,40 8,40 8,40 8,40 7,40 5,00 5,00 4,67 4,07 3,47 3,47 3,47 3,47 3,47 3,47 276,17 273,88 268,48 260,48 255,34 255,34 254,34 254,34 254,34 243,88 SQL 1 Juristische Funktionen 10,50 10,75 10,50 10,50 10,50 10,50 10,50 10,50 10,50 10,50 SQL 1 IT - Funktionen 35,04 35,44 34,50 34,50 33,57 33,57 33,57 33,57 33,57 32,57 SQL 1 Trainee 10,00 7,50 7,50 7,50 7,50 7,50 7,50 7,50 7,50 7,50 SQL 1 kaufm. /techn. Funktionen 14,00 14,00 12,73 11,90 11,30 11,30 11,30 11,30 11,30 11,30 SQL 1 Ing Bau 30,51 28,98 28,38 27,18 26,58 26,58 26,58 26,58 26,58 23,58 SQL 1 Zentrale Steuerungsfuktionen 42,65 41,30 40,37 40,37 40,37 40,37 40,37 40,37 40,37 40,37 SQL 3 Kaufmännische Funktionen SQL 3 Metaller SQL 2 Kaufmännische Funktionen SQL 2 Meist /Techn Infrastr/Qschnfunk SQL 2 Gastronomie SQL 1 Administration SQL 1 Kaufmännische Funktionen Die zukünftig eintretenden Über- oder Unterdeckungen in den verschiedenen Jobfunktionen einer Betrachtungseinheit werden aufgezeigt und anhand einer Grafik visualisiert (siehe Abb. 2). Passgenaue Maßnahmenentwicklung Anschließend wird analysiert, ob die Problematik dieser Über- und Unterdeckungen mit unternehmensinternen Maßnahmen gelöst werden kann. Hierfür werden die HR-Spezialisten beauftragt, mit den Fachbereichen Möglichkeiten – idealerweise jedoch konkrete Maßnahmen – zur Problemlösung aufzuzeigen bzw. festzulegen. Für eine interne Kompensation der Über- und Unterdeckungen bestehen die Möglichkeiten der Weiterbildung, Umqualifizierung oder der Vermittlung bzw. Versetzung über den konzerninternen Arbeitsmarkt. Nach Abschluss dieser internen Maßnahmen evtl. verbleibende Unterdeckungen können im Regelfall durch eine zielgerichtete Berufsausbildung oder zukunftsorientierte Traineeprogramme kompensiert werden. Fazit Durch eine stetig steigende Sensibilisierung im Umgang mit entstehenden Über- und Unterdeckungen kann auf strukturelle Veränderungsprozesse im Unternehmen deutlich effektiver und flexibler reagiert werden. Die Einführung der qualitativen Personalplanung hat gezeigt, dass ein frühzeitiges Erkennen von Kapazitätsrisiken erheblich dazu beiträgt, die langfristige Zielerreichung der Fachbereiche und somit auch des Unternehmens zu unterstützen. Mariana Kolditz Teamleiterin im Personalcontrolling, RWE Service GmbH Benefits! 11 Praxis Benefits „Die „ Höhe der Beiträge kann als erster Anhaltspunkt für die Wertigkeit einer bAV dienen. Jedoch entsteht erst in Kombination mit der Betrachtung weiterer Merkmale, wie z. B. des Zinsmodells, ein aussagekräftiges Bild.“ Wettbewerbsfähige bAV dank maßgeschneiderter Benchmarkanalyse Optimierte Gestaltung und Finanzierung Damit eine Pensionszusage zielgerichtet die Bindung und Gewinnung von Mitarbeitern unterstützen kann, sollte sie im Vergleich zum externen Markt wettbewerbsfähig sein. Eine Benchmarkanalyse liefert die hierfür notwendige Positionsbestimmung und zeigt Optimierungs- oder Anpassungspotenzial. In jüngster Zeit haben die private Altersvorsorge und die betriebliche Altersversorgung (bAV) immer mehr an Bedeutung gewonnen. So zählt die bAV nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Arbeitgeber zu den wichtigsten Nebenleistungen. Daher gilt es, die Höhe und Attraktivität der eigenen bAV im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern genau einschätzen zu können. Eine Benchmarkanalyse kann dabei helfen, die Stärken und Schwächen des unternehmenseigenen Systems im Vergleich zum externen Markt zu identifizieren. Sie kann zudem als Ausgangspunkt für eine Anpassung oder Umgestaltung bestehender Zusagen, eine Neuausrichtung der bAV bzw. des ganzen Benefit-Systems oder die Optimierung der Finanzierung oder des Risikomanagements dienen. Qualitativer Vergleich: Nicht nur Plantyp und Beitragsmodell Eine bAV-Benchmarkanalyse gliedert sich i. d. R. in einen qualitativen und einen quantitativen Teil. Der qualitative Teil untersucht die Marktpraxis bzgl. maßgeblicher Strukturmerkmale wie z. B. Plantyp, Beitragsmodell, Definition der beitragsfähigen Bezüge, Zinsmodell und Auszahlungsoptionen. Dotierung und Werthaltigkeit der bAV-Zusagen werden im quantitativen Teil betrachtet. Vorbereitung von Benchmarkanalysen – die wichtigsten Prüfpunkte •• Welchem Zweck soll die Benchmarkanalyse primär dienen (z. B. Neugestaltung der bAV, Optimierung der Finanzierung, Kommunikation)? •• Wie soll die Peergroup zusammengesetzt werden (z. B. nach Branche, Index, Region, Größe)? •• Für welche Vertragsgruppen soll die Analyse durchgeführt werden (z. B. tarifliche oder außertarifliche Mitarbeiter, leitende Angestellte, Führungskräfte)? •• Sollen über die maßgeblichen qualitativen Merkmale weitere qualitative Aspekte untersucht werden (z. B. Unverfallbarkeitsfristen, Finanzierung)? •• Welche quantitativen Größen sollen untersucht werden (z. B. Leistungshöhe, Beitragsäquivalent, fiktive Versicherungsprämie)? •• Wird nur ein Marktüberblick benötigt oder soll auch der Stellenwert der unternehmensindividuellen bAV im Markt betrachtet werden? Ein Blick auf den aktuellen bAV-Markt 1 in Deutschland zeigt z. B., dass die meisten Unternehmen für Neueintritte auf beitragsorientierte Systeme umgestiegen sind. Diese werden nach wie vor größtenteils als Direktzusagen durchgeführt. Die Beiträge entsprechen i. d. R. einem bestimmten Prozentsatz des Gehalts, wobei für Gehaltsbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (West: 69.600 Euro p. a. für 2013) meist ein höherer Prozentsatz gewährt wird. Die in den letzten Jahren neu eingeführten Pensionspläne stützen sich vor allem auf eine kapitalmarktorientierte Verzinsung. Festzinszusagen werden derzeit seltener vergeben (siehe Abb. 2). Als Altersgrenze setzt rund die Hälfte der Systeme nach wie vor das 65. Lebensjahr an. Ein Drittel stellt bereits auf die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ab. Hier ist für die Zukunft eine weitere Steigerung zu erwarten. Quantitative Aspekte: Dotierung und Wertigkeit Die Werthaltigkeit von bAV-Zusagen kann stärker die Leistungsaspekte („Was kommt für den Arbeitnehmer heraus?“) oder stärker die Kostenaspekte („Was steckt der Arbeitgeber hinein?“) beleuchten. Aus der Sicht der Arbeitnehmer stehen vor allem die Leistungshöhen bzw. der Versorgungsgrad (prozentuale Höhe der Rente, gemessen am letzten Gehalt) in den verschiedenen Versorgungsfällen Alter, Invalidität oder Tod im Vordergrund. Für die Unternehmen spielen hingegen die bAV-Kosten eine größere Rolle. Die Höhe der bAV-Beiträge kann hierfür als erster Anhaltspunkt dienen. Jedoch entsteht erst in Kombination mit einer Betrachtung des Zinsmodells ein aussagekräftiges Bild: Ein fester Beitrag in Höhe von drei Prozent der Bezüge ist bei einer Direktzusage mit sechs Prozent Festverzinsung mit ganz anderen Kosten verbunden als bei Einzahlung in eine Direktversicherung. Soll auch das Zinsmodell berücksichtigt werden, ist die Kalkulation eines Beitragsäquivalents zielführend: Hierbei wird für alle Zusagen der Vergleichsgruppe (Peergroup) die Leistung in einem vorgegebenen Rentenalter ermittelt. Im nächsten Schritt wird der 1 Vergleichsgruppe: 50 deutsche Großunternehmen in einer repräsentativen Branchenmischung Benefits! 13 Praxis Benefits Muster-Rubrik Beitragssatz berechnet, der unter Annahme eines festen Referenzzinses (der vorab für die Peergroup einheitlich festgelegt wird) zu der vorher ermittelten Leistung führt. Die Analyse des Beitragsäquivalents liefert somit eine gute Indikation für die wertmäßige Einordnung der eigenen bAV im Markt – allerdings nur bezogen auf die Altersleistung. Die gesamte Wertigkeit einer bAV-Zusage einschließlich der Risikoleistungen bei Invalidität und /oder Tod kann nur anhand der Kalkulation einer fiktiven Versicherungsprämie beurteilt werden. Hierzu wird der Beitrag ermittelt, den eine Versicherung benötigen würde, um das komplette Leistungspaket abzusichern. Die aktuell im deutschen Markt vergebenen bAVPrämien inkl. Risikoleistungen (d. h. die fiktiven Versicherungsprämien) liegen für tarifliche Mitarbeiter im Median bei rund drei Prozent und für leitende Angestellte bei rund neun Prozent des Gesamtgehalts.2 Diese Zahlen variieren je nach verwendeten Musterpersonen und eingeflossenen versicherungsmathematischen Parametern sowie wesentlich auch nach Branche oder ggf. regionalen Unterschieden. So liegen die bAV-Prämien in der Automobil-, Elektro- und Metallindustrie im Tarifbereich deutlich niedriger. Abb. 1: Beitragsmodelle (bAV für Tarifmitarbeiter) (Angaben in Prozent) 8 Abb. 2: Zinsmodell (bAV für Tarifmitarbeiter) (Angaben in Prozent) 4 13 28 24 31 Rentenbaustein (Festzins) Kapitalbaustein (Festzins) Fonds (akzessorisch) Versicherung (akzessorisch) Virtuelle Akzessorik Hinweis für die Praxis Eine Benchmarkanalyse hilft Unternehmen, die Wertigkeit ihrer bAV im Marktvergleich zu bestimmen und die Mittelallokation für die Vergütungsbestandteile optimal zu gestalten. Um eine aussagekräftige Analyse zu erhalten, sollte im ersten Schritt definiert werden, welchem Zweck die Analyse primär dienen soll. Im nächsten Schritt sind die Analyseinhalte (Einzelheiten der qualitativen und/oder quantitativen Analyse) abzustimmen. Hierbei entscheidend ist insbesondere die präzise Definition der Vergleichsgruppe (Peergroup), die sich neben der Branche auch nach Unternehmensgröße oder Region richten kann. 10 12 70 plit-Beitrags­satz S (in Prozent der Bezüge) Beratung durch Towers Watson Towers Watson unterstützt Unternehmen mit individuell zusammenstellbaren Benchmarkanalysen, die auf Basis einer umfassenden bAV-Datenbank und kundenbezogener Musterkarrieren durchgeführt werden. Das Leistungsspektrum zieht sich hierbei von Standard-Reports (mit überwiegend qualitativer Betrachtung) über umfassende qualitative und /oder quantitative Benchmark-Reports bis hin zu Spezialanalysen ausgewählter Strukturmerkmale. Eckwert­system Euro-Beitrag inheitlicher Beitrags­satz E (in Prozent der Bezüge) 2M usterperson Tarifmitarbeiter mit 37.500 Euro Gesamtgehalt p. a.; Musterperson leitender Angestellter mit 275.000 Euro Gesamtgehalt p. a. 14 towerswatson.de Anne Becker anne.k.becker@­towerswatson.com Telefon: +49 69 1505-5210 Altersteilzeit vs. Zeitwertkonto Finanzwirtschaftlicher Vergleich Ein gleitender Übergang in den Ruhestand wird sowohl durch Altersteilzeit- als auch durch Zeitwertkontenmodelle ermöglicht. Dieser Beitrag vergleicht die finanzwirtschaftlichen Folgen beider Modelle nach dem Wegfall der staatlichen Förderung der Altersteilzeit. Im Zuge des demografischen Wandels und des Anstiegs der Lebensarbeitszeit (siehe auch Beitrag auf S. 5) wird ein gleitender Übergang in den Ruhestand eine wesentlich bedeutendere Rolle spielen als bislang. Er ermöglicht sowohl die Weiterbeschäftigung qualifizierter älterer Arbeitnehmer als auch einen finanziell abgefederten stufenweisen Übergang in den Ruhestand für Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Tätigkeit oder aus persönlichen Gründen nicht bis zum Regelpensionsalter arbeiten wollen oder können. Hierzu werden bereits heute sowohl Altersteilzeitmodelle (ATZ-Modelle) als auch Zeitwertkontenmodelle eingesetzt. Wie stellt sich die finanzwirtschaftliche Effizienz beider Modelle aus Unternehmenssicht dar? Dies soll im Folgenden untersucht werden, ohne im Einzelnen auf personalwirtschaftliche Überlegungen sowie auf die Vorteilhaftigkeit aus Mitarbeiterperspektive einzugehen. Steuerrechtliche und finanzwirtschaftliche Rahmenbedingungen ATZ-Modelle: Für nach dem Jahr 2009 begonnene Altersteilzeitverhältnisse ist die Förderung der Bundesagentur für Arbeit eingestellt worden. Durch den Wegfall dieser Subventionsleistung verbleibt eine Förderung des Modells lediglich auf Mitarbeiterebene durch lohnsteuerfreie (§ 3 Nr. 28 EStG) und beitragsfreie Aufstockungsbeträge, welche dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) unterliegen. In der ATZ-Phase leistet der Arbeitgeber neben dem Teilzeitgehalt eine Aufstockungszahlung in Höhe von i. d. R. mindestens 20 Prozent des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit sowie eine Erhöhung des Arbeitgeberanteils zur Rentenversicherung in Höhe von mindestens 80 Prozent. Insofern führt das ATZ-Modell über die gesamte Dauer zu zusätzlichen Zahlungen des Arbeitgebers, die den üblichen Vergütungsrahmen übersteigen. Diese Zusatzbelastungen sind beim Gleichverteilungsmodell korrespondierend mit der Arbeitsleistung des Mitarbeiters gleichmäßig über den gesamten Modellzeitraum verteilt. Hingegen erbringt der Mitarbeiter im sog. Blockmodell in der Arbeitsphase eine Vorleistung (100 Prozent Arbeitsleistung bei herabgesetzten Bezügen) und erhält dafür in der anschließenden Freistellungsphase eine Vergütung ohne korrespondierende Gegenleistung. Die steuerliche Rückstellungsbildung ist durch das BMF-Schreiben vom 28.3.2007 geregelt. Rückstellungen sind lediglich für das Blockmodell und frühestens zu Beginn der Altersteilzeit – somit nicht vor Vollendung des 55. Lebensjahrs des Mitarbeiters – für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren. Vor Beginn des ATZ-Vertrags wird also die steuer- und finanzwirtschaftliche Sphäre des Unternehmens nicht berührt. Erst mit Unterzeichnung des Vertrags beginnt im Blockmodell die Vorausfinanzierung der Zusatzbelastungen in Form einer steuerlichen Rückstellungsbildung. Wertguthabenmodelle: Im Gegensatz zu ATZ-Modellen beginnt die Finanzierung von Zeitwertkontenmodellen bereits nach Vertragsbeginn. Finanziert werden sie in der Anwartschaftsphase durch regelmäßige Einbringungen und Rückstellungsbildungen, die sowohl vom Mitarbeiter durch Gehaltsumwandlung als auch vom Arbeitgeber geleistet werden können. Während der Freistellungsphase werden die Mittel aus den Zeitwertkonten entnommen, ohne dass es zu einer (über das übliche Ausmaß der Beitragszahlungen hinausgehenden) Aufstockung des Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung kommt. Finanzwirtschaftlicher Vergleich Die finanzwirtschaftlichen Unterschiede sollen mit einem Berechnungsbeispiel verdeutlicht werden, das zeigt wie die Vorteilhaftigkeit anhand des geringsten Eigenkapitalverzehrs ermittelt wird. Zugrunde gelegt wird, dass ein Mitarbeiter mit einem Eintrittsalter von 40 Jahren und einem Regelpensionsalter von 67 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Vollendung des 63. Lebensjahrs seine verbleibende durchschnittliche Arbeitszeit um 50 Prozent reduziert und eine zusätzliche Aufstockungszahlung von seinem Arbeitgeber in Höhe von 20 Prozent seines zuletzt bezogenen Vollzeitgehalts erhält. Die Aufstockung soll alternativ über ein Altersteilzeitoder ein Zeitwertkontenmodell finanziert werden. Hierbei werden eine Verzinsung des Zeitwertkontenmodells in einem Fondsmodell sowie eine unternehmensinterne Verzinsung von drei Prozent pro Jahr sowie ein Ertragsteuersatz des Unternehmens von 30 Prozent angenommen (Nach-Steuer-Rendite von 2,1 Prozent p. a.). Wie bereits ausgeführt, erfolgt Benefits! 15 Praxis Benefits Abb. 1: Eigenkapitalminderung im Vergleich* Abfindungsvereinbarung in Höhe von 1,5 Jahresgehältern 1,5-faches Jahresgehalt x 70 % Steuerfaktor = EK-Minderung von ca. 105 % des Gehalts Altersteilzeit (Gleichverteilungsmodell) Vorteil ZWK vs. ATZ durch Wegfall zusätzlicher Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung und längere Phase der Innenfinanzierung Zeitwertkonto, Beginnalter 40 Rein arbeitgeberfinanziert Weiterer Vorteil ZWK vs. ATZ durch Kostenteilung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter über den Weg der Gehaltsumwandlung Zeitwertkonto, Beginnalter 40 50 % Gehaltsumwandlung und 50 % Arbeitgeber-Beitrag 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 120 % * Eigenkapitalminderung nach Steuern in Prozent des letzten Vollzeitgehalts nach Vollendung des Regelpensionsalters 67 der Ansparprozess beim Zeitwertkontenmodell ab dem Zeitpunkt des Diensteintritts über regelmäßige Einzahlungen, so dass zu Beginn der Freistellungsphase ausreichende Vermögensmittel zur Verfügung stehen (Interpolation des notwendigen Beitrags). Darüber hinaus werden zu Vergleichszwecken die alternativen Kosten einer Abfindungszahlung in Höhe eines 1,5-fachen Jahresgehalts nach 23 Dienstjahren mit in die Untersuchung einbezogen. Aus der Sicht des Unternehmens resultieren Unterschiede zwischen den Modellen aus •• dem abweichenden Innenfinanzierungszeitraum aufgrund der steuerlichen Rückstellungsbildung, •• der abweichenden Höhe der Arbeitgeber-Rentenversicherungsbeiträge während der Phase der Arbeitszeitreduzierung, •• der Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung in Form der Gehaltsumwandlung. Aus Vereinfachungsgründen bleiben Eigenkapitalminderungen durch die Administration sowie die Insolvenzsicherung unberücksichtigt. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Komponenten das Ergebnis nicht wesentlich beeinflussen. Ein Blick auf die relative Eigenkapitalveränderung (siehe Abb. 1) zeigt, dass Zeitwertkontenmodelle zu signifikant geringeren Kosten (gemessen an der Eigenkapitalminderung nach Steuern) im Vergleich zur Altersteilzeit oder alternativen Freistellungsmaßnahmen führen. Dies gilt insbesondere, wenn die Mitarbeiter über eine Gehaltsumwandlung an der Finanzierung beteiligt werden. Aber auch ohne eine Mitarbeiterbeteiligung sind im Vergleich zur Altersteilzeit Kostenersparnisse zu erwarten. Am teuersten ist die Variante der Abfindungszahlung. 16 towerswatson.de Bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen können im Einzelfall unterschiedliche Ergebnisse resultieren. Diese sollten – marktübliche Fluktuationsraten vorausgesetzt – die aufgezeigten ökonomischen Grundaussagen nicht beeinflussen. Fazit Nach dem Wegfall der Förderung der Bundesagentur erscheinen Altersteilzeitmodelle allenfalls einzelfallbezogen sinnvoll. Zu den höheren Belastungen trägt neben der Aufstockungszahlung auch der Zusatzbeitrag des Arbeitgebers zur gesetzlichen Rentenversicherung bei. Ein Abwarten bzw. Nichtstun kann in Verbindung mit zukünftig ggf. erforderlichen Abfindungsvereinbarungen bzw. Sozialplänen langfristig zu erheblichen Belastungen für das Unternehmen führen. Vor dem Hintergrund des Anstiegs des Renteneintrittsalters auf das 67. Lebensjahr erscheint in diesem Zusammenhang eine vorausschauende, strategische Finanz- und Personalplanung sinnvoll. Zur Steuerung bieten sich aus finanzwirtschaftlicher Sicht Zeitwertkontenmodelle an, die neben einer höheren steuerlichen Effizienz auch die Möglichkeit bieten, dass sich die Mitarbeiter an den Vorruhestandskosten beteiligen. Die mit den Modellen verbundenen Administrationsaufwendungen und Kosten der Insolvenzsicherung fallen im Vergleich zu den finanzwirtschaftlichen Vorteilen deutlich geringer aus. Markus Stein [email protected] Telefon: +49 89 51657-4618 Die wirtschaftliche Lage deutscher Lebensversicherer Situation stabil trotz Renditebelastung durch Niedrigzinsphase Die Niedrigzinsphase geht an den Lebensversicherern zwar nicht spurlos vorbei. Eine genaue Analyse zeigt aber, dass ihre wesentlichen Kennzahlen nur in relativ geringem Ausmaß beeinträchtigt wurden. Daher können versicherungsförmige Versorgungskonzepte weiterhin als eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung gelten. Die Verzinsung der Deckungsmittel von Lebensversicherungen ist seit Jahren rückläufig: Waren es bis 2001 mehr als sieben Prozent, ist die deklarierte laufende Verzinsung auf 3,68 Prozent in 2013 abgesunken (Quelle: Assekurata). Der Grund für diesen Rückgang ist die Kapitalmarktsituation. Allerdings wurden Lebensversicherer von der Kapitalmarktkrise vergleichsweise wenig betroffen. Im Sommer 2013 hat Towers Watson turnusgemäß bei 15 Lebensversicherern, die spezielle Versicherungstarife für die betriebliche Altersversorgung (bAV) anbieten, aktuelle Kennzahlen abgefragt und analysiert. Diese Lebensversicherer decken – gemessen an den Beitragseinnahmen 2012 – einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent ab. Kennzahlenanalyse zeigt stabile Anlageerträge Nettoverzinsung: Angesichts der sinkenden Überschussdeklarationen ist vor allem das Kapitalanlageergebnis von Interesse. Die Nettoverzinsung gibt an, welche Rendite im Geschäftsjahr mit den Kapitalanlagen erzielt wurde. Diese ist 2012 auf 4,59 Prozent gestiegen (Vorjahr 4,13 Prozent, Quelle: GDV). Dabei reicht die Spanne bei den befragten Unternehmen von 4,00 bis 5,44 Prozent. Laufende Durchschnittsverzinsung: Anders als die Nettoverzinsung berücksichtigt die laufende Durchschnittsverzinsung nur die laufenden Kapitalerträge und -aufwendungen. Sie ist im Markt von 4,19 Prozent in 2011 auf 4,01 Prozent in 2012 gesunken (Quelle: GDV). Die Werte für die befragten Unternehmen liegen zwischen 3,50 und 4,80 Prozent. Die unterschiedliche Entwicklung der Netto- und laufenden Durchschnittsverzinsung weist darauf hin, dass der Anstieg der Nettoverzinsung durch Sondereffekte generiert wurde. Bewertungsreservequote: Tatsächlich waren Versicherer gezwungen, zur Finanzierung einer Zinszusatzreserve und der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung an den Bewertungsreserven Gewinne zu realisieren. Dennoch ist eine Absenkung der Bewertungsreservequote nicht zu beobachten. Im Durchschnitt über die Versicherer ist sie von 5,20 Prozent in 2011 auf 12,74 Prozent in 2012 gestiegen – die Einzelwerte für 2012 bewegen sich zwischen 4,37 und 19,7 Prozent. Ohne die Auflösung von Reserven wäre die Bewertungsreservequote stärker gestiegen. Abb. 1: Zinserträge und -verpflichtungen deutscher Lebensversicherer 5,0 in Prozent 4,5 4,0 3,5 3,0 2007 20082009 201020112012 Nettoverzinsung der Kapitalanlagen (Quelle: GDV) Laufende Durchschnittsverzinsung (Quelle: GDV) Durchschn. Garantiezins im Bestand (Quelle: Assekurata) Referenzzinssatz gemäß DeckRV (Quelle: Assekurata) Benefits! 17 Praxis Benefits Kapitalanlagestruktur: Der Anstieg der Reserven ist in der Kapitalanlagestruktur der Lebensversicherer begründet: Mehr als die Hälfte des Kapitals ist in festverzinslichen Papieren angelegt. Diese befinden sich lange im Bestand und verbriefen hohe Nominalzinsen. Dies hat zwei Konsequenzen: •• Sie bieten einen stabilen Zinsertrag, der zu einer guten Nettoverzinsung beiträgt. •• Der Kurswert der hochverzinslichen Papiere ist gegenüber dem Nennwert vergleichsweise hoch. Dies führt zu den großen Reserven. Insbesondere nach der Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) im November 2013 wird die Bewertungsreservequote zum Jahresende 2013 noch einmal ansteigen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Diskussion um die Neuregelung der Beteiligung der Versicherten an den Bewertungsreserven, die zuletzt im Februar 2013 gescheitert war, wieder aufgenommen worden. Die hochverzinslichen Papiere können die Verzinsung nur noch eine begrenzte Zeit stützen. Somit wird sich die Niedrigzinsphase weiter negativ auf die Kapitalerträge der Lebensversicherer auswirken. Der durchschnittliche Garantiezins im Bestand sinkt zwar im Zeitablauf, die Absenkung geht aber langsam voran. Zinszusatzreserve: Um die langfristige Erfüllbarkeit der Garantien zu gewährleisten, wird jährlich die Garantieverzinsung der Bestandsverträge der Kapitalmarktentwicklung gegenübergestellt. Als Referenzzinssatz gilt seit 2010 gemäß Deckungsrückstellungsverordnung der Zehnjahresdurchschnitt der Renditen europäischer Staatsanleihen höchster Bonität. In 2011 lag der Referenzzins mit 3,92 Prozent erstmals unter vier Prozent. Für Verträge mit einem Garantiezins von vier Prozent mussten daher Mittel nachreserviert werden. Die Zinszusatzreserve lag im Markt in 2011 bei 0,24 Prozent der Deckungsrückstellung (Quelle: Assekurata). In 2012 fiel der Referenzzins weiter auf 3,64 Prozent. Die Zinszusatzreserve wurde auf durchschnittlich 0,74 Prozent der Deckungsrückstellung angehoben (Quelle: Assekurata). Dabei variieren die Angaben der befragten Unternehmen zwischen 0,37 und 4,00 Prozent. Sollte der Referenzzins weiter fallen, müsste auch für Verträge mit einem Garantiezins von 3,50 Prozent eine Reserve gebildet werden. Entwicklung neuer Garantiekonzepte Die Branche will der Zinsentwicklung gegensteuern und von den herkömmlichen Garantien abweichen. Sie sieht die Entwicklung neuer Garantiekonzepte als dringlichste Aufgabe in der Bewältigung der Kapitalmarktkrise. Bisher haben allerdings Versicherer nur vereinzelt Produkte entwickelt, die z. B. während der Ansparphase die Beiträge und erst ab Rentenbeginn eine positive Verzinsung garantieren. Kunden müssen bei diesen Produkten für die Chance einer guten Rendite ein höheres Risiko in Kauf nehmen. Prognosen zur Akzeptanz der neuen Produkte lassen sich noch nicht anstellen. Ihr Einsatz in der bAV ist möglich, muss aber im Hinblick auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen betrieblicher Versorgungswerke intensiver als bei klassischen Produkten analysiert werden. Dr. Uda Buttig Fazit Die aktuelle Kapitalmarktsituation schlägt sich zwar in den Bilanz- und Ertragskennzahlen der Lebensversicherer nieder, jedoch bislang nur in relativ geringem Ausmaß. Die Bildung von Zinszusatzreserven soll die Erfüllbarkeit langfristiger Garantieversprechen sichern. Trotz sinkender Renditen ist die Branche weiterhin stabil und bietet eine attraktive Kapitalanlagemöglichkeit. Daher kann die Einrichtung bzw. Fortführung bestehender versicherungsförmiger Versorgungskonzepte weiterhin wirtschaftlich sinnvoll sein. Allerdings kommt der qualifizierten Auswahl des Anbieters eine immer größere Bedeutung zu. 18 towerswatson.de [email protected] Telefon: +49 611 794-355 Christopher Schumbert [email protected] Telefon: +49 611 794-273 Gesundheitsreform in den USA erzeugt Handlungsbedarf Grundsatzentscheidung für deutsche Konzernzentralen In den USA entsteht mit „ObamaCare“ erstmals eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Die Rahmenbedingungen für private und betriebliche Krankenversicherungen wurden reformiert. Unternehmen müssen nun entscheiden, ob und wie sie künftig ihren Mitarbeitern einen Krankversicherungsschutz anbieten. Die Gesundheitsreform von Präsident Obama stellt eine Zäsur in der Sozialgeschichte der USA dar. Mit der Krankenversicherung betrifft sie das wohl wichtigste Instrument der persönlichen Risikovorsorge. Sie ändert die Rolle bzw. Verantwortung des Einzelnen, des Staats und der Unternehmen von Grund auf. Künftig besteht eine allgemeine Versicherungspflicht: jeder Bürger der USA muss krankenversichert sein. Damit der Einzelne diesen Versicherungsschutz auch tatsächlich und zu angemessenen Preisen erwerben kann, wurde der private Versicherungsmarkt tief greifend reformiert. Darüber hinaus soll durch öffentliche Versicherungsbörsen (Public Healthcare Exchanges) mehr Transparenz, Wettbewerb und die Einhaltung von Mindeststandards sichergestellt werden. „Play or Pay“ Die wohl wichtigste Rolle im Hinblick auf die Krankenversicherung der Erwerbstätigen in den USA haben bislang die Unternehmen wahrgenommen. Dabei verfügten sie bzgl. des Angebots und der Ausgestaltung ihrer Medical Plans über weitreichende Gestaltungsspielräume. Die Gesundheitsreform führt nun Mindeststandards für den Umfang der Versicherungsleistungen und Obergrenzen für die Kostenbeteiligung der Mitarbeiter ein. Unternehmen, die unter diesen neuen Rahmenbedingungen keine betriebliche Krankversicherung (mehr) anbieten, müssen ab 2015 eine jährliche Strafsteuer in Höhe von 2.000 US-Dollar pro Mitarbeiter zahlen („play or pay“). Die Gesundheitsreform nimmt die Unternehmen (und den Einzelnen) in die Pflicht; es kann also keineswegs von einer „Verstaatlichung des Gesundheitssystems“ gesprochen werden. Ab 2018 werden Unternehmen, die eine eher großzügige betriebliche Krankenversicherung anbieten, mit einer jährlichen Steuer in Höhe von 4.000 US-Dollar pro versichertem Mitarbeiter (sog. „Cadillac-Steuer“) an der Finanzierung der Gesundheitsreform beteiligt. Hier besteht für alle größeren Unternehmen Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf. Öffentliche und private Versicherungsportale Ein zentrales Element der Reform ist die Schaffung öffentlicher, d. h. von den jeweiligen Bundesstaaten oder ersatzweise von der Bundesregierung getragener Versicherungsbörsen bzw. Einkaufsportalen (Public Healthcare Exchanges). Diese regulierten „Marktplätze“ bieten dem Einzelnen die Möglichkeit, Versicherungsangebote zu vergleichen und auszuwählen. Die hier angebotenen Versicherungsprodukte erfüllen in jedem Fall die gesetzlichen Mindeststandards. Daneben existieren bereits private Versicherungsportale (private healthcare exchanges), die von Unternehmen in Anspruch genommen werden können, um ihre Mitarbeiter von der betrieblichen Krankenversicherung auf den privaten Versicherungsmarkt umzulenken. Zu diesem Zweck zahlen sie ihren ehemaligen Mitarbeitern einen regelmäßigen Betrag aus, mit welchem diese über das vom Unternehmen beauftragte Versicherungsportal einen qualitativ hochwertigen und aufgrund einer Rabattierung preislich attraktiven Versicherungsschutz erwerben können. Diesen Ansatz verfolgt bereits eine zunehmende Anzahl von kleinen und mittelgroßen Unternehmen, wobei die Zusatzversicherung der Rentner (Retiree Medical Plan) im Zentrum steht. Dass kürzlich mit IBM ein großes und kapitalstarkes Unternehmen – mit Hilfe der von Towers Watson angebotenen Versicherungsbörse „Extend Health“ – diesen Weg für seine 110.000 Rentner geht, hat für viel Interesse in der Öffentlichkeit gesorgt. Neue Handlungsoptionen Mit der Regulierung des privaten Versicherungsmarkts ist es dem Einzelnen künftig möglich, privaten Versicherungsschutz in ausreichendem Maß und zu angemessenen Kosten zu erwerben. Dies wiederum macht den Verzicht auf eine betriebliche Krankenversicherung zu einer realistischen und ethisch vertretbaren Option. Benefits! 19 Praxis Benefits Es kann für Unternehmen durchaus sinnvoll sein, die Strafsteuer von 2.000 US-Dollar pro Mitarbeiter und Jahr zu zahlen und sie beim Erwerb eines privaten Versicherungsschutzes zu unterstützen – finanziell und durch den Zugang zu günstigem Versicherungsschutz. Bei der Entscheidung über „play oder pay“ sind allerdings viele Faktoren zu berücksichtigen, wie z. B. •• die Besteuerung des Mitarbeiters, •• die Zugänglichkeit von staatlichen Förderungen (Medicaid), •• die Auswirkungen auf die Mitarbeitergewinnung und -bindung sowie •• die Reputation bzw. das Wertesystem des Unternehmens. Handlungsbedarf – lokal und global Die anstehenden Entscheidungen haben erhebliche finanzielle Auswirkungen, da die jährlichen Ausgaben (nach Berücksichtigung des Mitarbeiterbeitrags) zwischen ca. 8.000 bis 12.000 US-Dollar pro Mitarbeiter betragen. Darüber hinaus können Entscheidungen auf diesem sensiblen Feld nur schwer und nur sehr langfristig korrigiert werden. Daher sollten deutsche Unternehmenszentralen die lokalen Entscheidungsträger nicht allein lassen, sondern Unterstützung und Orientierung geben, damit die zu treffenden Entscheidungen auf die Unternehmensstrategie und die Unternehmenswerte abgestimmt sind. Umgekehrt kann das US-Management die deutsche Unternehmenszentrale bei der Weiterentwicklung eines globalen Gesundheitsmanagements unterstützen. Amerikanische Unternehmen haben hier – gerade weil sie im Rahmen ihrer betrieblichen Krankenversicherung einem hohen Kostendruck ausgesetzt sind – effektive Konzepte entwickelt. Diese könnten (ggf. adaptiert) auch für Tochterunternehmen in anderen Ländern genutzt werden. Hinweise für die Praxis Deutsche Unternehmenszentralen sollten einen in einen offenen Dialog mit ihren Kollegen in den USA über die kurz- und mittelfristigen Strategien für die betriebliche Krankenversicherung und das betriebliche Gesundheitsmanagement eintreten. Es lohnt sich für beide Seiten. Ernst Schmandt [email protected] Telefon: +49 69 1505-5191 20 towerswatson.de Bilanzen & Finanzen „Bei „ der langfristigen Kapitalanlagestrategie von Pensionsgeldern empfiehlt Towers Watson den Aufbau eines breit diversifizierten Portfolios unter Einschluss von Anlagen in Schwellenländern.“ Zinsdiskussion: Klärungsprozess vorläufig abgeschlossen „High Quality“ als absoluter Qualitätsbegriff Wertpapiere mit einem Rating unterhalb von AA werden zur Festlegung des Rechnungszinses für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen weiterhin wohl nur um das Kreditrisiko korrigiert herangezogen werden dürfen. Angesichts des seit Jahresmitte 2012 anhaltenden historisch niedrigen Zinsniveaus und infolge der Herabstufung einiger AA-Unternehmensanleihen wurde seit dem zweiten Halbjahr 2012 diskutiert, auch Unternehmensanleihen mit A-Rating für die Zinsbestimmung zuzulassen. So wurde z. B. ein sog. „6A-Portfolio“, zusammengesetzt aus Anleihen mit AAA -, AA - und A-Bewertung, als mögliche Alternative zum reinen AA-Ansatz vorgeschlagen. Nach fast einjähriger Diskussion unter Einbindung des IASB entschied das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) im Juli 2013, dass mit dem Begriff „High Quality Corporate Bonds“ für die Wahl des Rechnungszinses ein absoluter Qualitätsbegriff verbunden sei. Für Unternehmen liege folglich auch bei einer Ausdünnung der Emittenten in den obersten Qualitätskategorien kein Grund vor, ihre Zinsbestimmungsmethodik zu ändern. An dieser Grundsatzentscheidung wurde auch auf der Sitzung des IFRS IC im November 2013 festgehalten. „6A-Ansatz“ weiterhin wohl nicht zulässig Am 25.7.2013 veröffentlichte das IFRS IC seine als Abschluss der Diskussion konzipierte Stellungnahme zur Auslegung des Begriffs „High Quality Corporate Bonds“ (HQCB) für die Wahl des Rechnungszinses. Vorausgegangen waren insgesamt fünf Sitzungen des IFRS IC zu diesem Thema sowie eine Anrufung des IASB. Ab Januar 2013 hatte sich die Diskussion des IFRS IC dabei auf ursprünglich gar nicht gestellte Fragen wie z. B. die etwaigen Mindestanforderungen an Staatsanleihen für den Fall nicht tiefer HQCB-Märkte als Auffanglösung verlagert. Auf seiner Juli-Sitzung kehrte das IFRS IC dann aber wieder zu der eigentlichen 6A-Frage zurück. Mit der Entscheidung vom 16.7.2013 bestätigte das IFRS IC zunächst, dass IAS 19 nicht festlege, welches konkrete Rating als „hochwertig“ i. S. der Zinsfindung anzusehen sei. Es führte zusätzlich aus, dass der in IAS 19.83 verwendete Begriff „High Quality“ ein absolutes und kein relatives Benefits! 21 Bilanzen & Finanzen Abb. 1: Rechnungszins nach IFRS, US-GAAP und HGB (BilMoG) 5,5 5,0 4,5 4,0 3,5 Okt 13 Sep 13 Aug 13 Jul 13 Jun 13 Mai 13 Apr 13 Mrz 13 Feb 13 Jan 13 Dez 12 Nov 12 Okt 12 Sep 12 Aug 12 Jul 12 Jun 12 Mai 12 Apr 12 Mrz 12 2,0 Feb 12 2,5 Zinsniveaus Oktober 2013 HGB (BilMoG) Globale RATE:Link Rentnerbestand 3,2 % Mischbestand 4,90 % 3,5 % Aktivenbestand 3,7 % Jan 12 3,0 Dez 11 Rechnungszins in Prozent (Mischbestand) 6,0 Bilanzstichtag: Monatsende (31.10.2013) HGB (BilMoG) Global RATE: Link Qualitätskonzept reflektiere, denn andernfalls hätte der Richtliniengeber den Begriff „Highest Quality“ verwendet, also auf „hochwertigste“ Anleihen abgestellt. Mit einem relativen Qualitätsbegriff verbunden ist u. a. die Idee, dass die für die Zinsbestimmung heranzuziehenden hochwertigen Unternehmensanleihen einen gleichmäßigen Anteil innerhalb des gesamten Corporate-Bonds-Universums des Investment-Grade-Bereichs (Anleihen mit einem Rating von BBB bis AAA) einnehmen sollten, z. B. die obere Hälfte. Insbesondere als Folge der massiven Abwertungen des Jahres 2012 ist das Durchschnittsrating des Investment Grade aber auf A gesunken. Bei einer Annahme des relativen Qualitätsbegriffs hätte sich folglich für Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, aktuell auch A-Anleihen für die Zinsfindung ohne Korrektur des Kreditrisikos heranzuziehen. Des Weiteren bekräftigte das IFRS IC, dass eine einmal gewählte Methode zur Wahl des Rechnungszinses im Zeitverlauf grundsätzlich konsistent anzuwenden sei. Dementsprechend gäbe es auch für den Fall eines ausgedünnten Universums hochwertiger Unternehmensanleihen für die Unternehmen keinen ausreichenden Grund, ihr Zinsverfahren zu ändern, jedenfalls nicht, solange der Markt für derartige Anleihen noch als „tief“ anzusehen sei. Trotz der klaren Festlegung auf einen absoluten Qualitätsbegriff vermied das IFRS IC jedoch – anders als z. B. die amerikanische Börsenaufsicht SEC 1993 für die Rechnungslegung nach US-GAAP sowie der britische oder der japanische Richtliniengeber – einen konkreten Bezug auf die Ratings der internationalen Ratingagenturen herzustel- 22 towerswatson.de len. Dies hätte etwa mit der Aussage geschehen können, dass „High Quality“ mit einem Rating von „AA oder höher“ gleichzusetzen sei; es hätte zweifellos der Klarstellung gedient. Der Grund für diese Zurückhaltung dürfte in dem vom IFRS IC mehrfach geäußerten Misstrauen gegenüber den großen Ratingagenturen liegen, deren jeweiligen Ratingvorschriften man sich nicht ausliefern wolle. Des Weiteren spricht auch die am 16.1.2013 vom Europäischen Parlament verabschiedete umfassende Neuregelung zur Regulierung der Ratingagenturen (Rating-Änderungsverordnung) für eine solche Vorgehensweise, wonach im Unionsrecht und von europäischen Behörden ein „übermäßiger Rückgriff auf Ratings“ künftig verhindert werden soll. Vor diesem Hintergrund verdichten sich zum Jahresende 2013 erneut die Anzeichen, dass sich an den bisherigen Qualitätskriterien zur Einbeziehung von „hochwertigen Unternehmensanleihen“ für die Wahl des Rechnungszinses nichts ändern wird. Auf seiner Sitzung im November 2013 hielt das IFRS IC dann auch weitgehend an seiner Stellungnahme vom Juli fest. Gleichwohl ist hierzu vor einer finalen Beurteilung noch der genaue Wortlaut des Sitzungsprotokolls abzuwarten. Auf einem Nebenschauplatz kam es dagegen am 16.7.2013 zu einer aus Sicht der Unternehmen sicherlich positiven Entscheidung des IFRS IC. Demnach war es zwar seit Einführung der Eurozone gängige Praxis, die Auswahl der „Corporate Bonds“ auf Ebene der Währungszone und nicht derjenigen eines einzelnen Landes zu treffen. Allerdings entbehrte diese Praxis bislang einer Grundlage im Standard selbst. Durch eine im Rahmen des „Annual Improve- Abb. 2: Von deutschen Unternehmen gewählter Rechnungszins zum 31.12.2012 40 34 31 30 25 20 17 15 5 4 4,00 bis 4,24 3,75 bis 3,99 3,50 bis 3,74 1 3,25 bis 3,49 2,25 bis 2,49 3 3,00 bis 3,24 0 1 2,50 bis 2,74 1 2,00 bis 2,24 0 2 1,00 bis 1,99 5 weniger als 1,00 10 2,75 bis 2,99 Prozent der Pläne 35 Rechnungszins in Prozent Quelle: Towers Watson Client Survey of 31/12/12 Proposed Assumptions for Eurozone Plans ments Project“ geplante Anpassung von IAS 19.83 soll die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise nunmehr bis zum Jahresende 2013 klargestellt werden. Zinsentwicklung 2013: leichter Anstieg, kaum volatil Nach dem drastischen Rückgang des Rechnungszinses im ersten Halbjahr 2012 auf ein neues historisches Zinstief war die weitere Zinsentwicklung von einem leichten Auf und Ab mit nur noch sehr geringer Volatilität geprägt. Rating-Änderungen auf breiter Basis und damit verbundene Schwankungen des Rechnungszinses waren nicht mehr zu beobachten. Bis zum 31.10.2013 stieg der Rechnungszins gemäß dem RATE:Link-Modell von Towers Watson für den sog. „Mischbestand“ auf 3,5 Prozent an und die entsprechenden Zinsempfehlungen für den „Rentnerbestand“ bzw. den „Aktivenbestand“ betragen aktuell 3,2 Prozent bzw. 3,7 Prozent. Im Jahresverlauf 2013 ist der Rechnungszins somit für alle Laufzeiten um ca. zehn Basispunkte gestiegen. Eine deutlichere Erholung des internationalen Rechnungszinses ist dagegen bedauerlicherweise nach wie vor nicht in Sicht. Es kann daher heute davon ausgegangen werden, dass die aktuelle Niedrigzinsphase auch 2014 noch anhält. Glücklicherweise ist aber bislang eine bleibende Auswirkung der Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 7.11.2013 auf den Rechnungszins nicht erkennbar. Für den nationalen Jahresabschluss (BilMoG) ergab sich über das Jahr 2013 infolge der vorgeschriebenen Durchschnittsbildung bislang eine geringfügige Ermäßigung um 14 Basispunkte von 5,04 Prozent auf 4,90 Prozent zum 31.10.2013. Bis zum Jahresende 2013 geht Towers Watson von einem weiteren Rückgang des BilMoG-Zinses um ca. drei Basispunkte auf 4,87 Prozent aus. Für 2014 ist infolge der Durchschnittsbildung und der damit verbundenen stark gedämpften bzw. verzögerten Wiedergabe des aktuellen Zinsniveaus von einem weiteren moderaten Rückgang des BilMoG-Zinses um ca. 20 Basispunkte auszugehen. Ausblick Der genaue Wortlaut des Sitzungsprotokolls des IFRS IC vom November 2013 sowie die weitere Entwicklung der Marktrenditen der Unternehmensanleihen bleiben abzuwarten. Benefits! wird weiter über dieses Thema berichten. Alfred-E. Gohdes alfred.gohdes@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-4407 Jürgen Fodor juergen.fodor@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-266 Benefits! 23 Bilanzen & Finanzen Behandlung von Mitarbeiterbeiträgen bei Leistungszusagen Pragmatischer Ansatz vom IASB akzeptiert Für die Bestimmung des Arbeitgeberanteils an den Gesamtkosten einer Leistungszusage können die baren Mitarbeiterbeiträge in den meisten Fällen weiterhin von dem aktuariell berechneten Brutto-Periodenaufwand (Service Cost) abgezogen werden. Die Behandlung von Mitarbeiterbeiträgen unter IAS 19 und die zu dem entsprechenden Exposure Draft eingegangenen Kommentare diskutierte das IASB in seiner Sitzung vom 13. September. Erfreulicherweise ist es dabei im Wesentlichen dem Vorschlag des Staff gefolgt, der eine für die Praxis pragmatische Lösung skizziert hatte. Der endgültige Wortlaut der Änderung bleibt dennoch abzuwarten. Er soll bis Ende des Jahres vorliegen und spätestens am 1. Juli 2014 in Kraft treten. Grundsätzlich bleibt alles beim Alten Auf Anfrage von Beobachtern hat sich das IASB seit dem letzten Jahr mit diesem Thema beschäftigt. Diese hatten die Frage gestellt, ob die überwiegend von Anwendern getroffene pragmatische Auslegung – die allerdings dem ausdrücklich für diesen Sachverhalt geänderten Wortlaut der Richtlinie entgegenlief – auch wirklich i. S. des IASB ist. Im Frühjahr 2011 war nämlich, kurz vor der Verabschiedung der Neufassung des IAS 19, die Behandlung von Mitarbeiterbeiträgen im Standard neu geregelt worden. Im Kern geht es darum, dass für die Bestimmung des Arbeitgeberanteils an den Gesamtkosten einer Leistungszusage die baren Mitarbeiterbeiträge nicht einfach von dem aktuariell berechneten Brutto-Periodenaufwand (Service Cost) in Abzug gebracht werden dürfen. Vielmehr sollten die Mitarbeiterbeiträge ebenfalls nach den Zuordnungsgrundsätzen des Standards aktuariell bewertet und erst dann von den Service Cost in Abzug gebracht werden dürfen. Anstelle des bisherigen einfachen Abzugs in Höhe des Beitrags hätte dies somit sehr komplexe Berechnungen erfordert. Erfreulicherweise hat sich nun nicht nur der Stab des IASB, sondern auch das IASB selbst dem pragmatischen Ansatz der Anwender angeschlossen. Grundsätzlich bleibt somit alles beim Alten. Nur bei sehr ungewöhnlichem Verlauf der Mitarbeiterbeiträge ist eine gesonderte, aktuarielle Bewertung erforderlich. Mitarbeiterbeiträge in absoluter oder relativ zum Gehalt konstanter Höhe als auch nur vom erreichten Alter abhängige Beiträge können somit wie bisher durch einfachen Abzug von den Service Cost bei den Pensionsplankosten nach IAS 19 berücksichtigt werden. Nur „ausgefallene“ Konstruktionen, bei denen die Mitarbeiterbeiträge lediglich dienstzeitabhängig ausgestaltet sind, müssen äußerst komplex nach dem Wortlaut des neu gefassten Standards behandelt werden. Alfred-E. Gohdes alfred.gohdes@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-4407 24 towerswatson.de Weil das IASB allerdings mit der Verabschiedung des neuen IAS 19 erklärt hatte, die vorher bestehenden Bewertungsregeln mit der Neufassung des Standards nicht ändern zu wollen, hatten die meisten Praktiker daraus den pragmatischen Schluss gezogen, dass der geänderte Text gänzlich unberücksichtigt bleiben könne. Andere Beobachter vertraten dagegen die Meinung, dass eine solche Auslegung nicht haltbar sei und forderten vom IASB eine Klarstellung. Fazit Für die Praxis kann die Entscheidung insgesamt als erfreulich gewertet werden. Die meisten Pläne in Deutschland, die Mitarbeiterbeiträge vorsehen, können somit unverändert nach dem pragmatischen Verfahren behandelt werden. Allerdings bleiben auch nach der Entscheidung des IASB noch einige wichtige Fragen offen. So ist noch nicht vollständig geklärt, ob die in Deutschland häufig anzutreffende Entgeltumwandlung, die zwar wirtschaftlich aber nicht rechtlich als Arbeitnehmerbeitrag gilt, im Rahmen von IAS 19 als Mitarbeiterbeitrag einzustufen ist oder nicht. Die meisten Anwender stellen sich hier auf den Standpunkt, dass sowohl eine Berücksichtigung als Mitarbeiterbeitrag und damit Buchung als Gehaltsaufwand und nachfolgendem Abzug von den Service Cost, als auch ein Ansatz der ungekürzten Service Cost mit entsprechender Reduktion der Gehaltssumme, als im Einklang mit dem neuen IAS 19 anzusehen ist. IDW zur Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach HGB Unterschiede zur IFRS-Bilanzierung Das IDW hat sich zur „Handelsrechtlichen Bilanzierung von Verpflichtungen aus Altersteilzeitregelungen“ geäußert. Im Gegensatz zu IAS 19 richtet sich die bilanzielle Behandlung nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung. Separate Verlautbarungen für IFRS- und HGB-Bilanzierung Die vom Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) am 18.11.1998 verabschiedete Stellungnahme zur Rechnungslegung IDW RS HFA 3 wurde durch den HFA am 19.6.2013 grundlegend geändert. Sie befasst sich nur noch mit der Bilanzierung von Verpflichtungen aus Altersteilzeitregelungen in Einzel- und Konzernabschlüssen nach dem Handelsgesetzbuch (HGB). Die in der bisherigen Fassung enthaltenen Ausführungen zur Bilanzierung nach International Financial Reporting Standards (IFRS) entsprechen mit Inkrafttreten von IAS 19 (2011) sowie auch vor dem Hintergrund des hierzu ergangenen Anwendungshinweises des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee DRSC AH 1 (IFRS) vom 4.12.2012 nicht mehr den geltenden Regelungen. Sie wurden ersatzlos gestrichen. Ausgestaltung von Altersteilzeitverhältnissen Einleitend skizziert das IDW die Ausgestaltung der Altersteilzeit (Blockmodell, Gleichverteilungsmodell) und geht dann insbesondere auf eine mögliche Veränderung der Zielsetzung von Altersteilzeitvereinbarungen in der Praxis ein. Sollten sie ursprünglich älteren Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglichen, so wird nunmehr zunehmend die langjährige Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter zusätzlich honoriert und /oder ein Anreiz zur Verlängerung der Gesamtlebensarbeitszeit geschaffen. Der wirtschaftliche Charakter der Vereinbarung im konkreten Einzelfall (Abfindungscharakter vs. Entlohnungscharakter) stellt die Grundlage für die erforderliche Klassifizierung der Aufstockungsbeträge (vom Arbeitgeber zu zahlende Zuschüsse sowie zusätzlich zu leistende Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung) dar. Erfüllungsrückstand im Blockmodell Während der Beschäftigungsphase baut sich ein Erfüllungsrückstand in Höhe des noch nicht entlohnten Anteils der Arbeitsleistung auf. Hierfür ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB anzusammeln. Der Verbrauch der Rückstellung erfolgt in den Perioden, in denen der Arbeitnehmer entlohnt wird, ohne Arbeitsleistung zu erbringen (Freistellungsphase). Im Anwendungshinweis des DRSC wird hierzu eine analoge Auffassung vertreten. Aufstockungsleistungen Die Verpflichtung zur Zahlung von Aufstockungs­ beträgen stellt entweder eine eigenständige Abfindungsverpflichtung dar oder eine Schuld, für die eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten anzusammeln ist. Die Pflicht zur Leistung entsteht regelmäßig, sobald eine Kollektivvereinbarung oder eine individualrechtliche Regelung abgeschlossen wird, die einem bestimmten Personenkreis ein unentziehbares Wahlrecht zur Inanspruchnahme der Altersteilzeitregelung einräumt. Nach der Klassifizierung der Aufstockungsbeträge richtet sich, welche Art der Verpflichtung zu welchem Zeitpunkt bilanziell zu erfassen ist. •• Sofern die Aufstockungsbeträge Abfindungscharakter haben, ist der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Erfüllungsbetrag zum Zeitpunkt der Entstehung der Abfindungsverpflichtung sofort in voller Höhe aufwandswirksam zu passivieren. •• Sofern die Aufstockungsbeträge Entlohnungscharakter haben, ist eine Rückstellung über den Zeitraum anzusammeln, in dem die zusätzliche Entlohnung in Form der Aufstockungsbeträge vom Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß erdient wird. In beiden Fällen sind Zins und Biometrie bei der Bewertung zu berücksichtigen. Gegenüber IDW RS HFA 3 /1998 stellt die Ableitung der bilanziellen Behandlung aus dem Charakter der Aufstockungsleistungen die wesentliche Neuerung dar. Auch in IAS 19 (2011) ist diese Unterscheidung nicht vorgesehen. Aufgrund einer Auslegung des Standards durch das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) und entsprechend dem Anwendungshinweis DRSC AH (IFRS), wonach die Gewährung von Aufstockungsbeträgen von der zukünftigen Arbeitsleistung abhängt, kann es hier keinen Abfindungscharakter geben. Benefits! 25 Bilanzen & Finanzen In IDW RS HFA 3 /2013 wird – anders als im Anwendungshinweis des DRSC – das Ansammlungsverfahren nicht konkretisiert. Daraus kann nach Einschätzung von Towers Watson abgeleitet werden, dass neben den in DRSC AH 1 (IFRS) aufgeführten Ansammlungsmethoden (degressives m /n-tel-Verfahren, FiFo-Methode, Prepaid-Methode) auch weitere, auf einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung basierende Verfahren zulässig sein dürften. Grundsätzlich müsste hinsichtlich des Bewertungsverfahrens ein Einklang zwischen der IFRS- und der HGB-Bilanzierung möglich sein. Die Ausführungen des IDW zum Rückstellungsbeginn sind offen formuliert und lassen dem Bilanzierenden auf der Basis seiner individuellen Vereinbarung einen Ermessensspielraum. Der Ansammlungszeitraum endet stets mit dem Ende der Beschäftigungsphase beim Blockmodell. Die in DRSC AH 1 (IFRS) enthaltene Störfallunterscheidung wurde vom IDW nicht übernommen. Das IDW betont, dass die Aufstockungsbeträge zum ersten Abschlussstichtag nach dem Zustandekommen der Altersteilzeitvereinbarung nach Abfindungs- bzw. Entlohnungscharakter zu klassifizieren sind. Die Klassifizierung sei nach dem Grundsatz der Stetigkeit beizubehalten. Abfindungszahlungen IDW RS HFA 3 /2013 enthält keine Aussage, wie Abfindungszahlungen zu behandeln sind. Nach Auffassung von Towers Watson sollten Abfindungszahlungen das bilanzielle Schicksal der Aufstockungsleistungen teilen, d. h. bei Vereinbarungen mit Abfindungscharakter vollumfänglich zurückgestellt und bei Vereinbarungen mit Entlohnungscharakter während der Beschäftigungsphase angesammelt werden. Zins und Biometrie ist in beiden Fällen zu berücksichtigen. Im Gegensatz zur Stellungnahme aus 1998 geht IDW RS HFA 3/2013 konkret auf den Erfolgsausweis in der GuV ein. Dieser hängt insbesondere von der Klassifizierung der Aufstockungsleistungen als Abfindung oder Entlohnung ab. Fazit Bestehende Vereinbarungen haben überwiegend Abfindungscharakter und wurden bisher zwingend als solche behandelt. Es gilt der Stetigkeitsgrundsatz. Im Falle einer begründeten Neubeurteilung kann in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer eine ergebniswirksame Änderung des Abschlusses in Betracht kommen. Bei Klassifizierung der Aufstockungsbeträge als Abfindung erfolgt nach deutschem Handelsrecht eine zu IAS 19 unterschiedliche bilanzielle Abbildung der Altersteilzeit. Dr. Manfred Stöckler [email protected] Telefon: +49 89 51657-4601 Thomas Weppler [email protected] Telefon: +49 611 794-245 Ausweisfragen Mit § 8a schreibt das Altersteilzeitgesetz (AltTZG) eine spezielle Insolvenzsicherungspflicht von Wertguthaben im Blockmodell vor. Nach dem Wortlaut von IDW RS HFA 3 /2013 sind die für Verpflichtungen aus ATZ-Vereinbarungen gebildeten Rückstellungen mit saldierungsfähigem Deckungsvermögen zu verrechnen, soweit sie durch dieses Deckungsvermögen abgesichert sind. Somit ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob Deckungsvermögen vorliegt, da es nach den Vorgaben des AltTZG genügende Sicherungsmodelle gibt, die kein Deckungsvermögen i. S. des § 246 Abs. 2 S. 2 HGB darstellen. Bejahendenfalls ist dann im zweiten Schritt die Zweckbindung des Deckungsvermögens zu prüfen: Wird nur der Erfüllungsrückstand oder werden auch die Aufstockungsleistungen abgesichert? Eine Saldierung von Deckungsvermögen ist nur für die besicherte Leistung vorzunehmen. 26 towerswatson.de Checkliste für Anhangsangaben nach IAS 19 neu Angabepflichten erheblich erweitert Für den internationalen Konzernabschluss zeichnet sich mit IAS 19 (2011) ab dem Geschäftsjahr 2013 eine wesentliche Veränderung der Berichterstattungspraxis ab. Die Neuregelungen lassen Spielraum für eine unternehmensindividuelle Umsetzung unter Berücksichtigung von Wesentlichkeit und Proportionalität. Nach IAS 19 (2011) wurden die Anhangangaben für materiell wesentliche Pensionspläne gegenüber dem alten Standard verpflichtungs- und vermögensseitig erheblich erweitert, während gleichzeitig eine Beschränkung auf wesentliche Informationen vorgenommen wurde. Eine Checkliste der für kapitalmarktorientierte Unternehmen geltenden wesentlichen Angabepflichten kann auf Anfrage bei Towers Watson ([email protected]) bezogen werden. Schwellenländer als Anlageregion für Pensionsvermögen Steigende Bedeutung der aufstrebenden Wirtschaftsnationen Bei der Diversifizierung ihrer Portfolios ziehen Anleger von Pensionsvermögen derzeit Aktien und Anleihen der Schwellenländer stärker in Erwägung. Für Investoren, die mit den speziellen Risiken dieser Anlagekategorie umgehen können, eröffnen sich langfristige Renditepotentiale. Die Kräfteverhältnisse der Weltwirtschaft haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich verschoben. Während die traditionellen Industrienationen zu Beginn der neunziger Jahre noch zwei Drittel der globalen Wirtschaftsleistung erbrachten, ist deren Anteil im Laufe der Jahre deutlich gesunken. Im Gegenzug hat sich der Anteil der Schwellenländer signifikant erhöht. Um an der positiven Entwicklung der Schwellenländer zu partizipieren, hat bereits die Mehrheit der DAXund MDAX-Unternehmen bei der Kapitalanlage ihrer Pensionsvermögen einen globalen Ansatz gewählt. Als Ergebnis dieses Wandels finden sich zunehmend auch Aktien und Anleihen aus den Regionen der aufstrebenden Volkswirtschaften im Portfolio. Anlageklassen innerhalb der Schwellenländer Im Wesentlichen stehen innerhalb der traditionellen Anlageklassen drei Investmentformen zur Verfügung. Neben Aktien stehen dem Anleger auch Staats- und Abb. 1: Anteil am globalen BIP* 70 % 65 % 60 % 55 % 50 % 45 % 40 % 35 % Industrienationen Schwellen- und Entwicklungsländer * gemessen auf Basis der Kaufkraftparität. Die Werte ab 2013 sind Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IMF). Quelle: IMF, Bloomberg (Stand: 31.8.2013). 2017 2015 2013 2011 2009 2007 2005 2003 2001 1999 1997 1995 1993 30 % Unternehmensanleihen in fremder Währung, überwiegend ausgestellt in US-Dollar, und lokaler Währung zur Verfügung. Aktien: Über Aktien kann man sich unmittelbar an den Unternehmen der Region beteiligen. Neben attraktiven, langfristigen Wachstumsperspektiven gibt es jedoch auch besondere Risiken zu beachten. Neben dem üblichen Kursrisiko von Aktien sind Währungsrisiken zu berücksichtigen. Eine vollständige oder auch anteilige Absicherung der Währung zur Vermeidung dieses Risikos ist meist nicht sinnvoll, da dies oftmals mit hohen Kosten verbunden ist. Zudem gibt es in den Schwellenländern ein größeres Konzentrationsrisiko, da oftmals einige wenige Unternehmen eine sehr große Marktkapitalisierung besitzen und daher auch in den repräsentativen Marktindizes ein hohes Gewicht einnehmen. Staatsanleihen in Hartwährung: In den Portfolios größerer Pensionsfonds haben Staatsanleihen der Schwellenländer inzwischen einen festen Platz eingenommen. Die Allokation beträgt i. d. R. fünf bis zehn Prozent. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen Anleihen in fremder Währung, die meist in USDollar ausgestellt sind, und Anleihen in der lokalen Landeswährung. Bei externen Schulden in einer Fremdwährung, wie dem US-Dollar, besteht eine erhöhte Gefahr eines Kreditausfalls, wenn das Land in eine tiefe Krise gerät. Wenn sich die Wirtschaft und die lokale Währung stark abschwächen, kann es dazu führen, dass der Staat nicht mehr über ausreichende Devisen verfügt, um die Schulden in der fremden Währung zu begleichen. Aufgrund der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit vieler aufstrebender Länder und der Verbesserung der Ratings im Laufe der letzten Jahre sind die Risiken aktuell jedoch in vielen Ländern überschaubar. Staatsanleihen in lokaler Währung: Hier spielt das Währungsrisiko eine wesentliche Rolle. Die Inflationsgefahren innerhalb der Schwellenländer sind oftmals deutlich größer als in den traditionellen Industrieländern. Hohe Inflationsraten bergen das Risiko, dass die lokale Währung über einen längeren Zeitraum an Wert verliert und somit den Renditevorteil eines hohen Kupons aufzehrt. Durch die Abwertung wird zwar ein Ausfall der Anleihe Benefits! 27 Bilanzen & Finanzen unwahrscheinlicher, jedoch ist das Ergebnis, nämlich ein deutlicher Kursverlust durch die schwache Währung, aus Sicht des ausländischen Anlegers in gleichem Maße schmerzvoll. Hinzu kommt, dass bei einer Flucht in sichere Anlagen Kapital oftmals abrupt aus den Regionen der Schwellenländer abgezogen wird und dies zu hohen Währungsschwankungen führen kann. Diesem Risiko steht allerdings ein sehr attraktives Zinsniveau gegenüber, das Anleger durchaus ausnutzen sollten. Unternehmensanleihen (überwiegend in Hartwährung): Als relativ neue Anlageklasse gewinnen Unternehmensanleihen aus den Regionen der Schwellenländer innerhalb der Portfolien institutioneller Anleger zunehmend an Bedeutung. Für große Unternehmen ist der globale Kapitalmarkt eine wichtige Finanzierungsquelle, da sich das betreffende Unternehmen über das zweite Standbein bei der Finanzierung unabhängiger von seinen Partnerbanken machen kann. Die Suche internationaler Investoren nach attraktiven Renditen in Zeiten allgemein niedriger Zinsen bewirkt somit, dass größere Firmen aus den Schwellenländern ihr Wachstum zunehmend über den internationalen Kapitalmarkt finanzieren können. Die Anleihen werden meist in US-Dollar begeben und bieten bei gleichem Rating gegenüber Unternehmensanleihen aus Europa oder den USA einen deutlichen Renditeaufschlag. angesichts der jüngsten Marktschwankungen bei Schwellenländer-Investments ihre regionale Ausrichtung überdenken. Da die langfristigen Wachstumsperspektiven der Schwellenländer weiterhin intakt sind, würde Towers Watson i. S. eines breit diversifizierten Portfolios eine Verbreiterung des Anlagespektrums sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen empfehlen. Hinweis für die Praxis Der Umfang der Allokation und der Implementationsweg sollten sich stets an der vorhandenen Governance orientieren. Nur Investoren, die über ausreichende Ressourcen verfügen, um mit den speziellen Risiken von Kapitalmarktanlagen in Schwellenländern umgehen zu können, sollten in diese Märkte investieren. Wer diese grundlegende Regel befolgt, kann die aktuelle Marktschwäche nutzen, um sein Portfolio schrittweise, unter Einbeziehung der Schwellenländer, globaler auszurichten. Dr. Harald Eggerstedt [email protected] Telefon: +49 69 1505-5264 Verstärkte globale Allokation Stefan Friesenecker Bei der langfristigen Kapitalanlagestrategie von Pensionsgeldern empfiehlt Towers Watson den Aufbau eines breit diversifizierten Portfolios unter Einschluss von Anlagen in Schwellenländern. Investoren, die bisher noch einen starken regionalen Fokus auf Investments in den entwickelten Volkswirtschaften setzen, sollten gerade [email protected] Telefon: +49 69 1505-5245 PSV-Beitrag für 2013: 1,7 Promille Beitragssatz unter langjährigem Durchschnitt Der Pensions-Sicherungs-Verein, Köln, hat seinen Beitragssatz für das Jahr 2013 auf 1,7 Promille (Vorjahr 3,0 Promille) festgesetzt. Damit müssen die rund 93.600 Mitgliedsunternehmen in diesem Jahr einen deutlich niedrigeren Betrag für die Pensionssicherung insolventer Unternehmen aufbringen als im Vorjahr. Der Beitragssatz wird bezogen auf die von den Arbeitgebern bis 30. September 2013 gemeldete Beitragsbemessungsgrundlage. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die abgesicherten Rückstellungen für Betriebsrenten in den Bilanzen der Mitgliedsunternehmen, die sich auf rd. 311 Mrd. Euro addieren. Insgesamt müssen die Mitgliedsunternehmen in diesem Jahr somit 529 Mio. Euro (Vorjahr: rund 912 Mio. Euro) zahlen. Der niedrigere Beitrag resultiert daraus, dass gegenüber dem Vorjahr zwar mehr Insolvenzen eingetreten, größere Schäden jedoch ausgeblieben sind und eine deutlich niedrigere Anzahl von Versorgungsberechtigten zu verzeichnen war. Der für das Jahr 2013 festgelegte Beitragssatz liegt somit ebenfalls deutlich unter dem langjährigen durchschnittlichen Beitragssatz von 3,0 Promille. 28 towerswatson.de Recht & Steuern „Für „ die Insolvenzfestigkeit einer Treuhandkonstruktion (CTA) ist eine sorgfältige vertragliche Ausgestaltung entscheidend.“ Prüfungsanpassung von Betriebsrenten BAG zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens Basis für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers sind die HGB-Jahresabschlüsse eines Unternehmens und ggf. auch seiner Rechtsvorgänger. An die Stelle des Berechnungsdurchgriffs im qualifiziert faktischen Konzern tritt der Berechnungsdurchgriff bei Existenzvernichtungshaftung. Bei einer schlechten wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers zum Anpassungsstichtag kann dieser die Anpassung der laufenden Betriebsrenten (im Rahmen der Prüfungsanpassung nach § 16 Abs. 1 Betriebsrentengesetz – BetrAVG) verweigern. Die wirtschaftliche Lage umschreibt die künftige Belastbarkeit des Arbeitgebers in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag. Dies setzt eine zuverlässige Prognose voraus. Hierfür muss die bisherige Entwicklung vor dem Anpassungsstichtag über einen Zeitraum von i. d. R. mindestens drei Jahren ausgewertet werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind die nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) erstellten handelsrechtlichen Jahresabschlüsse ein geeigneter Einstieg für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers. HGB-Konzernabschlüsse keine geeignete Basis Laut BAG (11.12.2012 – 3 AZR 615/10) kommt es für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage auf die HGB-Jahresabschlüsse des jeweiligen Unternehmens an (Einzelabschlüsse). Das gilt auch dann, wenn – wie im entschiedenen Fall – Versorgungsschuldner die Führungsgesellschaft eines Konzerns ist, die zugleich Einzelgesellschaft mit eigenen Geschäftsaktivitäten ist. Der Konzern sei lediglich eine wirtschaftliche Einheit ohne eigene Rechtspersönlichkeit und könne demnach nicht Schuldner der Betriebsren- tenanpassung sein. Daher sei der HGB-Konzernabschluss keine geeignete Basis für die Ermittlung der wirtschaftlichen Lage. Zudem sei er ein reines Informationsinstrument. Betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen an den Jahresabschlüssen sind vorzunehmen. Im entschiedenen Fall konnte offenbleiben, um welche neutralen Positionen das handelsrechtliche Jahresergebnis zu bereinigen ist. Berechnungsdurchgriff bei Existenzvernichtungshaftung Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners maßgeblich ist, gilt im Fall des sog. Berechnungsdurchgriffs. Dabei wird dem Versorgungsschuldner die günstige wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens zugerechnet. Nach bisheriger Rechtsprechung des BAG kam ein Berechnungsdurchgriff im sog. qualifiziert faktischen Konzern unter den folgenden zwei Voraussetzungen in Betracht: Ein konzernangehöriges Unternehmen musste die Geschäfte des Versorgungsschuldners tatsächlich dauernd und umfassend geführt haben. Weiterhin musste die Leitungsmacht vom herrschenden Unternehmen in einer Weise ausgeübt worden sein, die keine angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft genommen Benefits! 29 Recht & Steuern hatte und dadurch die mangelnde Leistungsfähigkeit des beherrschten Unternehmens verursacht wurde. Dieser Rechtsprechung des BAG lag eine entsprechende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Haftung im qualifiziert faktischen Konzern zugrunde. Diese Rechtsprechung hat der BGH zwischenzeitlich zugunsten einer sog. Existenzvernichtungshaftung aufgegeben. Seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.7.2007 – II ZR 3/04 – (TRIHOTEL) handelt es sich hierbei um einen besonderen Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) eines Unternehmens durch den Gesellschafter. Die Existenzvernichtungshaftung setzt u. a. den Entzug von Vermögenswerten, die fehlende Kompensation oder Rechtfertigung des Vermögensentzugs und die dadurch hervorgerufene Insolvenz der Gesellschaft bzw. deren Vertiefung voraus. Sie erfordert einen kompensationslosen Eingriff in das im Gläubigerinteresse zweckgebundene Gesellschaftsvermögen. Die Existenzvernichtungshaftung soll wie eine das gesetzliche Kapitalerhaltungssystem ergänzende Entnahmesperre wirken. Der Berechnungsdurchgriff setzt nach Ansicht des BAG eine Einstandspflicht des anderen Konzernunternehmens gegenüber dem Versorgungsschuldner voraus. In dem konkreten Fall hat das BAG (15.1.2013 – 3 AZR 638/10) einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft abgelehnt, da die Versorgungsschuldnerin zu keinem Zeitpunkt von der Insolvenz bedroht war. Anpassung bei Verschmelzung zweier Gesellschaften Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage ist es grundsätzlich entscheidend, wer zum jeweiligen Anpassungsstichtag Versorgungsschuldner ist. In dem zugrunde liegenden Fall (BAG vom 28.5.2013 – 3 AZR 125/11) ging es um einen Versorgungsschuldner, der aus einer Verschmelzung zweier Unternehmen entstanden ist, die in dem für die Prognose maßgeblichen repräsentativen Zeitraum stattgefunden hat. Nach Ansicht des Senats kommt es als Grundlage für die Prognose grundsätzlich auch auf die wirtschaftliche Entwicklung der beiden ursprünglich selbständigen Unternehmen bis zur Verschmelzung an. Die wirtschaftliche Lage werde durch die Ertragskraft des Unternehmens im Ganzen geprägt. Der Versorgungsschuldner sei nicht schon dann zur Anpassung verpflichtet, wenn einzelne Erträge die Anpassungslast übersteigen. Auf der anderen Seite könne er eine Anpassung nicht allein deshalb ablehnen, weil sich die Ergebnisse einzelner Geschäftsbereiche negativ entwickeln. 30 towerswatson.de Hinweis für die Praxis Grundlage für die Feststellung sowohl der erzielten Betriebs- bzw. Jahresergebnisse als auch des vorhandenen Eigenkapitals des Unternehmens sind stets die handelsrechtlichen HGB-Jahresabschlüsse. Konzernabschlüsse nach International Financial Reporting Standards (IFRS), United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) oder HGB sind insofern keine geeignete Ausgangsgrundlage. Sie können allerdings im Einzelfall ergänzende Informationen zur wirtschaftlichen Lage enthalten. Liegt im Unternehmen nur ein Zahlenwerk nach internationaler oder US-amerikanischer Rechnungslegung (IFRS oder US-GAAP) vor, sollte mit Blick auf eine etwaige gerichtliche Überprüfung zumindest eine geeignete Überleitungsrechnung gemäß HGB erstellt werden. An die Stelle des nach bisheriger Rechtsprechung möglichen Berechnungsdurchgriffs im qualifiziert faktischen Konzern ist der Berechnungsdurchgriff bei einer Existenzvernichtungshaftung getreten. Letztere setzt insbesondere voraus, dass die Insolvenz des Schuldners hervorgerufen oder vertieft wurde, so dass die Anforderungen hier eher gestiegen sind. Henning Rihn [email protected] Telefon: +49 89 51657-4650 Thomas Weppler [email protected] Telefon: +49 611 794-245 Insolvenzfestigkeit von CTA vom BAG bestätigt BAG vom 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 Das BAG hat eine zur Absicherung von Altersteilzeitguthaben vereinbarte sog. Doppeltreuhand, die eine Sicherungstreuhand zugunsten des Arbeitnehmers enthält, als i. d. R. insolvenzfest beurteilt. Damit wird in der Insolvenz des Arbeitgebers ein Absonderungsrecht des Treuhänders i. S. der Insolvenzordnung an dem Sicherungsgegenstand begründet. Ein Arbeitgeber hatte zur Insolvenzsicherung von Altersteilzeitguthaben seiner Arbeitnehmer einen Treuhandvertrag mit einem Treuhänder geschlossen. Danach übertrug der Arbeitgeber Geldmittel auf den Treuhänder, der mit diesen Mitteln Anteilsscheine einer Kapitalanlagegesellschaft erwerben sollte. Vereinbart war die Verwahrung des Treuhandvermögens für jeden Arbeitnehmer auf einem auf den Treuhänder lautenden Treuhanddepot, jedoch auf Rechnung des Arbeitgebers, der auch wirtschaftlich Berechtigter blieb. Im Insolvenzfall sollte der Arbeitnehmer wirtschaftlich Berechtigter der vom Treuhänder auf den für diesen Arbeitnehmer geführten Depots und Unterdepots werden. Im Grundsatz hat das BAG anerkannt, dass Ansprüche von Arbeitnehmern durch die vertragliche Gestaltung einer sog. doppelseitigen Treuhand (auch Doppeltreuhand genannt) insolvenzgesichert werden können, indem der Arbeitgeber (Treugeber) einem Treuhänder Vermögenswerte zur Verwaltung überträgt (Verwaltungstreuhand) und gleichzeitig der Treuhänder die Sicherungsinteressen der Arbeitnehmer wahrnimmt (Sicherungstreuhand). Eigenes Forderungsrecht der Begünstigten gegen Treuhänder erforderlich Nach dem BAG liegt eine Sicherungstreuhand dann vor, wenn den Arbeitnehmern vertraglich ein eigenes Forderungsrecht gegen den Treuhänder in Bezug auf das Treuhandvermögen (echter Vertrag zugunsten Dritter) für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers eingeräumt ist. Im vom BAG entschiedenen Fall war den Arbeitnehmern durch den Treuhandvertrag ein eigener Zahlungsanspruch gegen den Treuhänder eingeräumt. Deshalb war hier von einem echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) auszugehen. Fehlt ein solcher eigener Anspruch, so kann es sich um eine reine Verwaltungstreuhand handeln, die nicht insolvenzfest ist (siehe dazu LAG Nürnberg vom 14.11.2012 – 2 Sa 837/10). Christine Bleeck Hinweis für die Praxis Die Entscheidung macht deutlich, dass für die Insolvenzfestigkeit einer Treuhandkonstruktion (Contractual Trust Arrangement, kurz: CTA) eine sorgfältige vertragliche Ausgestaltung entscheidend ist. Wesentlich ist bei der doppelseitigen Treuhand die Vereinbarung sowohl einer Verwaltungstreuhand zwischen Treugeber und Treuhänder als auch einer eigenständigen und klar von der Verwaltungstreuhand abgrenzbar aus­ gestalteten Sicherungstreuhand zwischen Treugeber, Treuhänder und begünstigten Dritten (in der Praxis regelmäßig im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter, § 328 BGB). Sehen die vertraglichen Regelungen im Rahmen einer Sicherungstreuhand explizit ein eigenes Forderungsrecht des Mitarbeiters gegen den Treuhänder vor, ergibt sich aus der Entscheidung im Grundsatz kein Handlungsbedarf. Typischerweise beinhalten CTA-Gestaltungen ein solches eigenes Forderungsrecht im Rahmen der vereinbarten Sicherungstreuhand. christine.bleeck@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-336 Henning Rihn henning.rihn@ towerswatson.com Telefon: +49 89 51657-4650 Die Entscheidung des BAG gibt Anlass, bereits eingerichtete Treuhandgestaltungen darauf zu überprüfen, ob entsprechend den Ausführungen des BAG eine Sicherungstreuhand bzw. ein eigenes Forderungsrecht der Begünstigten gegen den Treuhänder hinreichend deutlich vereinbart ist. Dies empfiehlt sich insbesondere angesichts der weitreichenden Folgen einer fehlenden Insolvenzfestigkeit. Benefits! 31 Recht & Steuern Außerplanmäßige BBG-Erhöhung 2003 Entscheidungsgründe zur „Kehrtwende des BAG“ (23.4.2013 – 3 AZR 475 /11) Das BAG verneint die gerichtliche Schließung einer eventuellen Regelungslücke, da mehrere gleichwertige Möglichkeiten bestehen, die außerplanmäßige BBG-Erhöhung – soweit erforderlich – interessengerecht umzusetzen. Im entschiedenen Fall hatte das beklagte Unternehmen ein endgehaltbezogenes Ruhegeld mit einer sog. gespaltenen Rentenformel zugesagt. Für die Höhe des Ruhegelds wurden Gehaltsbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rentenversicherung stärker gewichtet als Gehaltsbestandteile darunter. Die BBG wurde im Jahre 2003 einmalig außerplanmäßig – abweichend zur üblichen Entwicklung – um 500 Euro durch den Gesetzgeber erhöht (sog. „BBG-Sprung“). Durch diese Erhöhung reduzierte sich wegen der überproportionalen Gewichtung der Gehaltsbestandteile oberhalb der BBG die Betriebsrente des Klägers. Der Kläger machte unter Berufung auf die bestehende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteile vom 21.4.2009) geltend, dass – im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung – eine Minderung seiner Betriebsrente aufgrund des BBGSprungs zu unterbleiben habe. Dies hat das BAG vorliegend verneint. 32 towerswatson.de Die Leitsätze und der Sachverhalt der Entscheidung wurden bereits in Benefits! (Juli 2013) dargestellt. Seinerzeit lag jedoch nur eine Pressemeldung des BAG zu diesem Urteil vor. Zwischenzeitlich hat das BAG die Entscheidungsgründe veröffentlicht, die sich auf zwei tragende Prüfungspunkte reduzieren lassen. Keine ergänzende Vertragsauslegung durch das Gericht Das BAG lässt im vorliegenden Fall (und auch in der Parallelentscheidung 3 AZR 23/11) unentschieden, ob durch den BBG-Sprung in der Versorgungsregelung überhaupt eine Regelungslücke (planwidrige Unvollständigkeit) entstanden ist. Eine ggf. bestehende Lücke kann jedoch vorliegend nicht im Wege einer ergänzenden gerichtlichen Vertragsauslegung ausgefüllt werden, weil für die typisierten Vertragsparteien mehrere gleichwertige Möglichkeiten zur Schließung einer eventuellen Regelungslücke bestehen. Ist ein hypothetischer Parteiwillen aber nicht feststellbar, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich aus. Auf den BBG-Sprung kann nach dem BAG mit verschiedenen Lösungs- und Berechnungs-Regelungen z. B. wie folgt reagiert werden: •• Bei der Berechnung der Altersrente wird von einer um die „außerplanmäßige“ Anhebung der durch § 275c SGB VI „bereinigten“ Beitragsbemessungsgrenze ausgegangen, dafür aber die durch diese Anhebung in der gesetzlichen Rentenversicherung erzielte höhere Rente angerechnet (Lösung des BAG, Urteile vom 21.4.2009). •• Schaffung einer auf wenige Jahre begrenzten Übergangsregelung für rentennahe Jahrgänge, da sich die Auswirkungen der „außerplanmäßigen“ Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze verringern, je später der Versorgungsfall nach dem 1.1.2003 eintritt (Personengruppenbezogene Übergangsregelung für rentennahe Jahrgänge). •• Aufspaltung der Berechnung der Altersrente für Betriebszugehörigkeit bis zum 31.12.2002 mit Korrektur der „außerplanmäßige“ Erhöhung (für die bis zum 31.12.2002 erdiente Rentenanwartschaft, weil insoweit keine Rentensteigerungen in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht werden konnten) und ab 1.1.2003 ohne Korrektur (Berechnungsweise entsprechend „BarberEntscheidung“ des EuGH). Hinweis für die Praxis Unternehmen können sich nun konkret mit den für sie relevanten Fragestellungen und den möglichen Folgen im Detail auseinandersetzen. Bei Zusagen mit gespaltener Rentenformel führt der sog. „BBG-Sprung“ nicht zwingend zu einer vertraglichen Regelungslücke. Unternehmen, die im Anschluss an die Entscheidung des BAG von 2009 ihre Zusage mit gespaltener Rentenformel und die darauf beruhende Rentenberechnung nicht angepasst haben, sehen sich bestätigt. Sofern sich Vermögenseinbußen unter 25 Prozent belaufen, können Unternehmen sich nach den Begründungen des BAG auf den Standpunkt stellen, dass keine Regelungslücke entstanden, jedenfalls aber die Vermögenseinbuße noch hinnehmbar ist und keine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt. Da die Vermögenseinbußen für die – nach dem Jahre 2003 – rentennahen Jahrgänge relativ am größten ausfallen, lässt sich für die Praxis zudem vermuten, dass sich das Problem bei den Unternehmen, bei denen mitarbeiterseitig der BBG-Sprung bislang nicht thematisiert wurde, nunmehr nach zehn Jahren „ausgewachsen hat“. Für Unternehmen, die der BAG - Entscheidung von 2009 arbeitsrechtlich gefolgt sind und entweder in den Berechnungen und ggf. auch in der Versorgungszusage Anpassungen vorgenommen haben (analog BAG oder in anderer interessengerechter Weise), werden diese nicht ohne Weiteres „zurückändern“ können, da der Versorgungsträger durch die Anpassung letztlich das Bestehen einer Regelungslücke dokumentiert bzw. akzeptiert hat. Insofern hat die Begründung des BAG die Position für diese Unternehmen nicht vereinfacht. Die jeweils gewählte Anpassungslösung sollte am Rahmen der durch das BAG (exemplarisch) dargestellten interessengerechten Lösungsansätze und -möglichkeiten geprüft werden. Keine Störung der Geschäftsgrundlage Das BAG hat eine Vertragsanpassung zugunsten des Klägers aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage verneint, da die vorliegende Vermögens­ einbuße von acht Prozent für den Versorgungsberechtigten noch zumutbar sei. Zwar lässt das BAG in seiner Entscheidung ausdrücklich offen, bis zu welchem Prozentsatz eine Vermögenseinbuße für den Versorgungsberechtigten noch zumutbar ist. Es zeigt jedoch folgenden Orientierungsrahmen auf. Bei einer Vermögenseinbuße von 40 Prozent dürfte die Zumutbarkeit überschritten sein (BAG vom 30.3.1973). Aus den Entscheidungsgründen lässt sich zudem entnehmen, dass die Schwelle zur Unzumutbarkeit („Opfergrenze“) bereits bei einem geringeren Prozentsatz überschritten sein könnte. Bei einer Anlehnung an die Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Vereinbarung eines Widerrufvorbehalts (BAG vom 11.10.2006) wäre es nach den Hinweisen des BAG zulässig und zumutbar, wenn der – im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende – zu widerrufende Teil des Gesamtverdiensts unter 25 Prozent liegt; bei Zahlungen des Arbeitgebers, die keine unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellen (Aufwandsersatzleistungen), kann der widerrufliche Teil der Arbeitsvergütung dagegen bis zu 30 Prozent betragen. Weitere Klarstellung In einer Parallelentscheidung hat das BAG (23.4.2013 – 3 AZR 23 /11) die Grundsätze und Anforderungen zur ergänzenden Vertragsauslegung – unter Berücksichtigung tarifrechtlicher Besonderheiten – bestätigt und u. a. noch zusätzlich klargestellt: •• Versorgungsregelungen mit gespaltener Rentenformel, die nach dem 1. Januar 2003 abgeschlossen wurden, nehmen auf die bereits (um den BBG-Sprung) angehobene (jeweilige) BBG Bezug. ••Eine zulässige Reaktion auf den BBG-Sprung kann gerade auch die Nicht-Anpassung des Vertragswerks sein, wenn die Vertragsparteien keinen dahin gehenden Handlungsbedarf erkennen. Dr. Rekka Schubert-Eib rekka.schubert-eib@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-235 Benefits! 33 Recht & Steuern Leistungsausschließende Wartezeit von 15 Jahren zulässig BAG vom 12.2.2013 – 3 AZR 100/11 Enthält eine Versorgungsordnung eine leistungsausschließende Wartezeit von 15 Jahren (d. h. eine Mindestbetriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze), stellt dies weder eine Diskriminierung wegen des Alters noch wegen des Geschlechts dar. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte im Dezember 1999 ihren Arbeitnehmern die Absicht bekannt gegeben, künftig an sie Betriebsrenten zu zahlen. Der im Februar 1942 geborenen Klägerin teilte die Beklagte mit, dass sie für die Betriebsrente zu alt sei. Als Voraussetzung für den Anspruch auf die Betriebsrentenleistung hatte die Beklagte nämlich u. a. festgelegt, dass bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit zurückgelegt werden kann. Diese Voraussetzung konnte die Klägerin nicht erfüllen, da sie am im Juli 1997 bei der Beklagten eingetreten war und im Februar 2007 das 65. Lebensjahr vollendete. Ihre auf Betriebsrentenzahlung gerichtete Klage hatte weder in den Vorinstanzen noch vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) Erfolg. Das BAG hat u. a. festgestellt, dass die leistungsausschließende Wartezeit von 15 Jahren nicht gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstoße und daher wirksam sei. Eine Altersdiskriminierung scheitere daran, dass die Wartezeitenregelung i. S. des § 10 AGG (eine Regelung, die nach Ansicht des BAG mit Unionsrecht vereinbar ist) sachlich gerechtfertigt sei. Dass eine solche Wartezeitregelung einem legitimen Ziel diene, ergebe sich bereits aus § 10 S. 3 Nr. 4 AGG, wonach – zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung – die Festsetzung von Altersgrenzen bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente gerechtfertigt ist. Gestaltungs- und Ermessensspielraum des Arbeitgebers Die Wartezeitregelung sei auch angemessen. Dem Arbeitgeber stehe bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen ein Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu, der ihm grundsätzlich die Möglichkeit eröffne, eine Wartezeit für den Erwerb eines Versorgungsanspruchs festzusetzen. Die Festsetzung einer 15-jährigen leistungsausschließenden Wartezeit beeinträchtige zudem die Interessen der Arbeitnehmer nicht unangemessen, da ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre und mehr umfasse und die Arbeitnehmer bereits in vor- 34 towerswatson.de angegangenen Arbeitsverhältnissen die Möglichkeit hätten, Betriebsrentenanwartschaften zu erdienen. Ferner sei mit der Wartezeitenregelung keine (mittelbare) Diskriminierung von Frauen verbunden, da bei typisierender Betrachtung auch nach Zeiten der Kindererziehung bereits vor Vollendung des 50. Lebensjahrs mit dem Wiedereintritt in das Berufsleben zu rechnen sei. Für die Zulässigkeit einer leistungsausschließenden Wartezeit von 15 Jahren ist es nach Ansicht des BAG dagegen unerheblich, dass die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen kürzer seien. Diese seien von Wartezeitregelungen grundlegend zu unterscheiden. Hinweis für die Praxis Mit Urteil vom 11.12.2012 (3 AZR 634/10, siehe Benefits! Juli 2013) hatte das BAG bereits festgestellt, dass eine Dienstzeitbegrenzung von 40 Jahren keine Altersdiskriminierung darstellt. Das vorliegende Urteil führt die Rechtsprechung zu Altersdiskriminierungsfragen konsequent fort; es ist aus Arbeitgebersicht zu begrüßen. In einem weiteren aktuellen Urteil (BAG vom 12.11.2013 – 3 AZR 356 /12), zu dem bislang nur die Pressemitteilung vorliegt, hat das BAG außerdem bestätigt, dass nicht nur eine leistungsausschließende Wartezeit von 15 Jahren, sondern auch die Festsetzung einer entsprechenden Höchstaltersgrenze von 50 Jahren zulässig ist. Ob das BAG an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, nach der sogar leistungsausschließende Wartezeiten von 20 Jahren zulässig sein sollen, ist dagegen offen. Sebastian Löschhorn, LL.M. [email protected] Telefon: +49 611 794-4414 Gespaltene Rentenformel: keine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten BAG vom 11.12.2012 – 3 AZR 588/10 Werden Gehaltsbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in einem Pensionsplan mit einem höheren Betrag bewertet (sog. gespaltene Rentenformel), benachteiligt dies Teilzeitbeschäftigte nicht in unzulässiger Weise. Die Parteien streiten über die Berechnung einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) durch Erwerb jährlicher Rentenbausteine auf Basis einer gespaltenen Rentenformel. Hierbei wird das jährliche rentenfähige Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) vierfach gewichtet. Der teilzeitbeschäftigte Kläger fordert eine Korrektur der Berechnungsformel dahingehend, dass die BBG proportional zur Teilzeitquote umgerechnet wird. Andernfalls läge eine unzulässige Benachteiligung wegen Teilzeitarbeit oder des Geschlechts vor. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hält eine Korrektur nicht für erforderlich. Es hat insoweit entschieden, dass die gespaltene Rentenformel keine unzulässige Benachteiligung wegen Teilzeitarbeit oder Geschlecht darstellt. Die Berechnungsregelung selbst differenziert weder nach dem Beschäftigungsgrad noch dem Geschlecht, sondern stellt ausschließlich für beide Beschäftigungsgruppen auf das tatsächlich bezogene, jährliche rentenfähige Einkommen ab und bewertet Gehaltsbestandteile oberhalb der BBG gleich. Hinweis für die Praxis Das BAG hat nunmehr erstmals ausdrücklich entschieden, dass bei einer gespaltenen Rentenformel die BBG nicht proportional zur Teilzeitquote umgerechnet werden muss, wenn mit der gespaltenen Rentenformel – was typischerweise der Fall sein dürfe – der erhöhte Versorgungsbedarf für Einkommensteile über der BBG abgedeckt werden soll. Die Vertragsparteien können jedoch (weiterhin) eine proportionale Umrechnung der Bemessungsgrenze zur Teilzeitquote vorsehen, wenn z. B. die Entgeltkomponente der bAV als Teil des Gesamtvergütungspakets betont werden soll. Bei der Neugestaltung oder Änderung von Versorgungswerken mit gespaltener Renten- oder Beitragsformel sollte die Wirkungsweise für Teilzeitbeschäftigte auf Basis des gerichtlich zulässigen Gestaltungsspielraums geprüft werden. Versorgungsbedarf an der Höhe des Verdiensts orientiert Sofern die Berechnungsregelung zu einer faktischen Benachteiligung führt, weil bei Teilzeitbeschäftigten das rentenfähige Einkommen typischerweise unterhalb der BBG liegt, ist diese durch einen sachlichen Grund i. S. eines unterschiedlichen Versorgungsbedarfs gerechtfertigt (§ 4 Abs. 1 S. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG). Sinn und Zweck der gespaltenen Rentenformel ist es, den im Einkommensbereich über der BBG bestehenden erhöhten Versorgungsbedarf abzudecken, da diese Bezügeteile nicht durch die gesetzliche Altersrente gesichert sind (BAG vom 21.4.2009 – 3 AZR 695/08). Diese Versorgungslücke besteht für Teilzeitbeschäftigte nicht. Eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts (Teilzeitarbeit wird charakteristischerweise durch die weibliche Belegschaft ausgeübt) liegt gleichfalls nicht vor. Ein rechtmäßiges Ziel des Arbeitgebers ist es, seinen Mitarbeitern eine am Versorgungsbedarf orientierte, dem Verdienst angemessene Altersversorgung zu gewähren. Die gespaltene Rentenformel ist zur Erreichung dieses Ziel angemessen und erforderlich. Nur auf diese Weise könne dem an der Höhe des Verdiensts orientierten Versorgungsbedarf (unter Berücksichtigung der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung) Rechnung getragen werden. Dr. Rekka Schubert-Eib rekka.schubert-eib@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-235 Benefits! 35 Recht & Steuern Versorgungsausgleich: Keine Bezugnahme auf Teilungsordnung bei externer Teilung BGH vom 29.5.2013 – XII ZB 663/11 Art und Höhe des gekürzten Anrechts des Ausgleichspflichtigen ergäben sich unmittelbar aus Versorgungsordnung und Teilungsordnung und nicht aufgrund einer in die Entscheidungsformel aufzunehmenden familiengerichtlichen Konkretisierung. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über die Frage zu entscheiden, ob auch bei der externen Teilung im Tenor der gerichtlichen Entscheidung die Fassung oder das Datum der zugrunde liegenden Versorgungsregelung benannt werden muss. Ausgangspunkt war eine Rechtsbeschwerde eines betrieblichen Versorgungsträgers. Dieser wendete sich dagegen, dass die Vorinstanz in ihrem Tenor zwar die Versorgungsordnung und die Teilungsordnung genannt, hierbei deren jeweiligen Stand aber nicht konkret bezeichnet hatte. Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Bei der internen Teilung ist nach Auffassung des BGH die genaue Bezeichnung der maßgeblichen Versorgungsregelungen im Tenor der gerichtlichen Entscheidung geboten, um den konkreten Inhalt des durch richterlichen Gestaltungsakt für den Ausgleichsberechtigten bei dem Versorgungsträger geschaffenen Anrechts klarzustellen. Bei der externen Teilung bedürfe es dieser Klarstellung demgegenüber nicht. Die Wirkung der gerichtlichen Entscheidung über die externe Teilung erschöpfe sich in der Anordnung der Teilung und in der Festsetzung des Zahlbetrags (so auch schon BGH vom 23.1.2013 – XII ZB 541/12). Anrechtskürzung macht Bezugnahme nicht erforderlich Auch im Hinblick auf das dem Ausgleichspflichtigen nach der Teilung verbleibende Anrecht sei eine Bezugnahme auf die genauen Versorgungsregelungen im Tenor nicht geboten. Das dem Ausgleichspflichtigen nach der Teilung verbleibende Anrecht beurteile sich nach den für die Versorgung maßgeblichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der Versorgungsordnung und der Teilungsordnung. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen zu Art und Höhe des gekürzten Anrechts ergäbe sich unmittelbar aus diesen Rechtsgrundlagen und nicht aufgrund einer in die Entscheidungsformel aufzunehmenden familiengerichtlichen Konkretisierung (auch so schon BGH vom 23.1.2013 – XII ZB 541/12). Noch deutlicher hat der BGH in seiner Entscheidung vom 6.3.2013 (XII ZB 271/11, Rn. 9) Stellung bezogen. Danach ist für die Entscheidung über die Kürzung des auszugleichenden Versorgungsanrechts der Versorgungsträger zuständig. Gegen dessen Entscheidung ist die Zuständigkeit der jeweiligen Fachgerichte gegeben. Insoweit bestehe keine Zuständigkeit des Familiengerichts. Hinweis für die Praxis Die Ausgestaltung des dem Ausgleichspflichtigen verbleibenden Anrechts – d. h. die Anrechtskürzung – ergibt sich nach Auffassung des BGH aus den Rechtsgrundlagen für das Versorgungsanrecht. Für Auseinandersetzungen hierüber seien die Fachgerichte (bei betrieblicher Altersversorgung: die Arbeitsgerichte) zuständig. Die ersten Auseinandersetzungen vor Arbeitsgerichten über die Kürzung betrieblicher Versorgungsanrechte sind bereits zu beobachten. So weit ersichtlich, ist das neue Versorgungsausgleichsrecht für Arbeitsgerichte bisher noch eine „exotische Materie“. Damit ist es für den Prozesserfolg zielführend, diese so weit wie möglich aufzubereiten. Dr. Andreas Hufer Beratung durch Towers Watson Sofern solche arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen im Unternehmen eintreten, kann Towers Watson die diesen Prozess führende Rechtsabteilung bzw. den diesen Prozess führenden Rechtsvertreter des Unternehmens gerne unterstützen. 36 towerswatson.de [email protected] Telefon: +49 611 794-4419 Steuerbilanzielle Folgebewertung von angeschafften Pensionsrückstellungen Mögliche Bilanzberichtigung Ob erworbene Pensionsverpflichtungen in der Steuerbilanz nach dem Anschaffungskostenprinzip oder nach den Vorgaben des EStG zu bewerten sind, ist weiterhin noch nicht durch ein neues Gesetz geklärt. Bislang spiegelt die Auslegung der Gesetze durch den BFH das geltende Recht wider. Nach der Rechtsprechung hat die Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs Vorrang vor steuerlichen Spezialvorschriften. Der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungsvorgängen gilt aufgrund mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteile vom 16.12.2009 I R 102 /08, 14.12.2011 I R 72 /10, 26.4.2012, IV R 43 /09 sowie 12.12.2012 I R 69/11 bzw. I R 28/11, siehe auch Benefits! März 2013), unabhängig davon, ob für diese Passivpositionen in der Steuerbilanz ein von der Handelsbilanz abweichendes Ausweisverbot (in Form eines Ansatz- oder Bewertungsvorbehalts, wie z. B. durch § 6a Einkommensteuergesetz – EStG) existiert. Wesentlich ist, dass der Realisierung der stillen Lasten auf der Seite des Veräußerers kein entsprechender erwerbsseitiger Folgegewinn gegenübersteht. Von dieser Rechtsprechung dürften schwerpunktmäßig folgende Fälle erfasst werden: •• Betriebsübergang nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); •• Übernahme einer einzelnen Pensionsverpflichtung nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) im Zusammenhang mit einem Arbeitgeberwechsel (Portabilität); •• (Interner) Schuldbeitritt mit Erfüllungsübernahme (im Innenverhältnis); •• Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG), wie z. B. eine Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG (soweit keine umwandlungsteuerrechtliche Sonderregelung die Anwendung von § 6a EStG vorschreibt). In diesen Fällen kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die übernommenen Verpflichtung(en) nach Parametern bewertet werden, die nicht mit den Parametern des § 6a EStG übereinstimmen. Vielmehr werden sich die Parameter an § 253 Handelsgesetzbuch (HGB) oder an IAS 19 orientieren. Benefits! 37 Recht & Steuern Hingegen hatte das Bundesfinanzministerium den Vorrang des § 6a EStG mit Schreiben vom 16.12.2005 zum Schuldbeitritt und mit Schreiben vom 24.6.2011 zu Anschaffungskosten postuliert. Ein Nichtanwendungserlass, d. h. ein BMF-Schreiben, wonach die Rechtsprechung nicht generell angewendet wird, scheidet nach dem üblichen Prozedere damit aus. Zwei Anläufe, die Bewertung dieser Vorgänge im Gesetz i. S. der Finanzverwaltung zu regeln, sind – zuletzt mit dem AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM-StAnpG) – gescheitert. Mit der BR- Drucks. 740/13 verfolgt der Bundesrat das Anliegen weiter. Praxisfolgen: ggf. Bilanzberichtigung erforderlich Das laufende Gesetzgebungsverfahren sieht Änderungen für die Zeit nach dem Inkrafttreten der Neuregelung vor. Für die Vergangenheit sind die BFH-Entscheidungen zu beachten. Da die Auslegung des Gesetzes durch Rechtsprechung das geltende Recht widerspiegelt, sind alle davon abweichenden Bilanzierungen nicht korrekt. Bei Anwendung des § 6a EStG ist i. d. R. anstelle der meist höheren negativen „Anschaffungskosten“ die Rückstellung zu niedrig ausgewiesen und kann bzw. muss in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen berichtigt werden. Unklar ist dabei allerdings, wie die vom BFH postulierte Anschlussbewertung nach § 6a EStG umzusetzen ist. Sinnvollerweise wird der Differenzbetrag zwischen dem Abzugsposten (negative Anschaffungskosten) und dem Wert nach § 6a EStG vorgetragen, im Zeitablauf bereinigt um Bewertungspositionen, die sich in der Anwartschaftszeit auflösen, soweit sie über zukünftige Zuführungen nach § 6a EStG berücksichtigt werden. Fehlbeträge konnten nicht entstehen, da sich der Steuerpflichtige an die Vorgaben der Finanzverwaltung gehalten hat. Das subjektive Empfinden von „richtig“ oder „falsch“ spielt nach der Entscheidung des BFH vom 31.1.2013 (GrS 1/10) ebenfalls keine Rolle mehr. Für die Bilanzierung kann nur ein objektiv richtiger Ansatz gewählt werden. Nun ist das Aufrollen lang vergangener Übernahmen ein äußert aufwändiger Vorgang. Andererseits ist bei einem zu gering angesetzten Schuldposten der steuerpflichtige Gewinn zu hoch angesetzt worden, damit eine zu hohe Steuer gezahlt worden. Das kann im Einzelfall ein geringer Betrag sein, wobei auch die Verzinsung nach § 233a Abgabenordnung (AO) den Aufwand kaum decken dürfte. Hierzu lässt die vorgesehene Neuregelung auf Antrag das Beibehalten des Status quo zu. Ausblick Gleichwohl ist eine Stellungnahme der Finanzverwaltung zu diesem Themenkomplex dringend notwendig, auch wenn sie weiter den Weg einer gesetzlichen Lösung beschreiten wird. Für die – verfahrensrechtlich noch nicht abgeschlossene – Vergangenheit gilt die Rechtsprechung. Benefits! wird über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens berichten. Heinz-Josef Heger [email protected] Telefon: +49 611 794-236 Dr. Manfred Stöckler [email protected] Telefon: +49 89 51657-4601 38 towerswatson.de Übertragung von Versorgungsanwartschaften auf einen Pensionsfonds Regelungen verschärft / BMF-Schreiben vom 24.7.2013 Im Rahmen der Überarbeitung des „großen“ BMF-Schreibens zur bAV hat die Finanzverwaltung für die Übertragung von Versorgungsanwartschaften auf Pensionsfonds eine Einheit der §§ 3 Nr. 66 und Nr. 63 EStG eingeführt, die im Gesetz so nicht vorgesehen ist. Die Finanzverwaltung hat das große RahmenBMF-Schreiben vom 31.3.2010, das sowohl die geförderte private (Teil A) als auch die betriebliche Altersversorgung (Teil B) betrifft, aktualisiert. Das neue Schreiben datiert vom 24.7.2013 und ist für einen Übergangszeitraum auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zu finden. Teil B gilt seit der Veröffentlichung im Bundessteuerblatt am 11.9.2013 (BStBl. I 2013, S. 1022). Die Änderungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sind überschaubar. Sie entsprechen weitgehend dem Entwurf, der Mitte 2012 an die Verbände mit der Bitte um Stellungnahme übersandt wurde. Einige Punkte werden jedoch stärker pointiert, wie z. B. die Zahlung von Versorgung in einem noch aktiven Arbeitsverhältnis (Beschränkung auf die externen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionsfonds, Pensionskasse) nach Rz. 286 oder die Festlegung einer Prüfungsreihenfolge, inwieweit die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz (EStG) durch unterschiedliche Beiträge verbraucht wird (Rzn. 304, 310). Vorgaben zur lohnsteuerfreien Übertragung verschärft Nach § 4e Abs. 3 EStG kann der Arbeitgeber Versorgungsverpflichtungen oder -anwartschaften ganz oder teilweise auf einen Pensionsfonds übertragen. Die im BMF-Schreiben vom 26.10.2006 dargelegte Position der Finanzverwaltung zur lohnsteuerlichen Behandlung der Übertragung von Versorgungsanwartschaften aktiver Beschäftigter auf einen Pensionsfonds wird im BMF-Schreiben vom 24.7.2013 fortgeschrieben, dabei allerdings ergänzt und verschärft. Nach dem BMF-Schreiben kam bei einer entgeltlichen Übertragung von Versorgungsanwartschaften aktiver Beschäftigter die Anwendung von § 3 Nr. 66 EStG nur für Zahlungen an den Pensionsfonds in Betracht, die für die bis zum Zeitpunkt der Übertragung bereits erdienten Versorgungsanwartschaften (sog. „Past Service“) geleistet wurden. Zahlungen an den Pensionsfonds waren nach dem Schreiben aus 2006 für zukünftig noch zu erdienende Anwartschaften (sog. „Future Service“) ausschließlich in dem begrenzten Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG lohnsteuerfrei. Das aktuelle BMFSchreiben erweitert und verschärft nun den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 63 EStG zulasten des Anwendungsbereichs von § 3 Nr. 66 EStG weiter. In Rz. 322 des BMF-Schreibens vom 24.7.2013 findet sich – gegenüber der Vorgängerversion vom 31.3.2010 – folgende Ergänzung: „Erfolgt im Rahmen eines Gesamtplans zunächst eine nach § 3 Nr. 66 EStG begünstigte Übertragung der erdienten Anwartschaften auf einen Pensionsfonds und werden anschließend regelmäßig wiederkehrend (z. B. jährlich) die dann neu erdienten Anwartschaften auf den Pensionsfonds übertragen, sind die weiteren Übertragungen auf den Pensionsfonds nicht nach § 3 Nr. 66 EStG begünstigt, sondern nur im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.“ Erfolgt die Übertragung im Rahmen eines Gesamtplans „regelmäßig wiederkehrend“, dann soll also § 3 Nr. 66 EStG nur bei der erstmaligen Übertragung anwendbar sein; alles andere soll (nur noch) über den betragsmäßig begrenzten § 3 Nr. 63 EStG begünstigt sein. Passt das aus dem Blickwinkel des § 4e Abs. 3 EStG? Diese Auffassung der Finanzverwaltung schränkt die Freiheiten des Arbeitgebers ein, da das Gesetz in § 4e Abs. 3 EStG den Steuerpflichtigen nicht auf eine einmalige Aktion festlegt. So kann die Übertragung beliebig oft in Teilstücken vorgenommen werden, z. B. entsprechend der verfügbaren Liquidität. Das Vorhaben, die Verpflichtung auf einen Pensionsfonds zu übertragen, kann so auf mehrere Jahre verteilt werden. Nach § 4e Abs. 3 EStG kann die Übernahme durch den Pensionsfonds die gesamte Zusage oder nur Teile davon betreffen. Das Gesetz lässt dem Steuerpflichtigen die Wahl. Die Auffassung der Finanzverwaltung will hingegen eine Art Einheit von § 3 Nr. 66 EStG mit § 3 Nr. 63 EStG begründen. Nun lässt sich „teilweise“ auf zwei Arten interpretieren: immer als Teil des Ganzen, wobei das Ganze die bereits „erdiente“ Anwartschaft oder die „erdienbare“ Anwartschaft darstellt. Benefits! 39 Recht & Steuern Neue Klassifizierung von Gesamtübertragung in einzelnen Tranchen Übertragung auch des noch zu erdienenden Teils der Pensionsanwartschaft Beabsichtigt der Steuerpflichtige, nach seinem Gesamtplan alle bereits erdienten Anwartschaften auf einen Pensionsfonds zu übertragen, entspricht dies in der Terminologie des § 4e Abs. 3 EStG dem Begriff „ganz“ und nicht dem Begriff „teilweise“. Fehlt jedoch für eine vollständige Übertragung „in einem Rutsch“ die notwendige Liquidität, so wird die gesamte Übertragung in der Praxis meist in einzelne, nach und nach zu übertragende Tranchen aufgeteilt. Der Plan, alles zu übertragen, wird dadurch nicht aufgehoben. Nach der Terminologie der Rz. 322 des BMF-Schreibens vom 24.7.2013 klassifiziert die Finanzverwaltung dies jedoch (auch) als „teilweise“. Beabsichtigt der Steuerpflichtige hingegen auch die zukünftig erst noch zu erdienenden Anwartschaften zu übertragen, dann kommt es nach dem BMF-Schreiben aus 2006 zu dem Zusammenspiel der §§ 3 Nr. 66 und Nr. 63 EStG. Da in diesem Fall bereits alles übertragen (allerdings noch nicht bezahlt) ist, besteht aber auch kein Raum mehr für weitere Übertragungen. Das Bezahlen der Steigerungen richtet sich dann nach § 3 Nr. 63 EStG. Nun beurteilt die Betriebsprüfung einen Vorgang i. d. R. einige Jahre später und sieht dann auch die weitere Entwicklung. Einen Gesamtplan wird man ggf. konstruieren können, wenn die Übertragung in Tranchen erfolgt. Die Regelung in Rz. 322 ist damit nach Einschätzung von Towers Watson praxisfeindlich, streitanfällig und nicht sachgerecht. Dennoch ist sie zu beachten. Bei geplanten gestückelten Übertragungen ist es insofern ratsam, Systematiken (Regelmäßigkeiten) herauszunehmen. Hinweis für die Praxis Die beiden Paragraphen § 3 Nr. 66 EStG und § 3 Nr. 63 EStG haben keine Schnittstelle. Der eine regelt Übertragungsfälle, der andere laufende Beitragszahlungen. Diese Ergänzung erschwert ohne Not die sukzessive Übertragung einer Versorgungsverpflichtung auf einen Pensionsfonds und führt zu einer bis dahin unbekannten Rechtsunsicherheit. Heinz-Josef Heger [email protected] Telefon: +49 611 794-236 Allerdings stellt sich die Frage, warum § 3 Nr. 66 EStG nicht auch hier gelten soll. Der Nachteil der Verteilung auf zehn Jahre ist beachtlich. Zu diskutieren ist an dieser Stelle vielmehr die Rückstellungsbildung nach § 6a EStG für den zu erdienenden Teil; d. h. hier trotz Übertragungswillen die Rückstellung für den verbleibenden Rest zuzulassen, weil in § 4e Abs. 3 EStG die teilweise Übertragung zugelassen wird. 40 towerswatson.de Dr. Manfred Stöckler [email protected] Telefon: +49 89 51657-4601 Administration & Software „Der „ Faktor Mensch wird im Rahmen der bAVBetreuung und -Beratung nach wie vor gefragt sein.“ bAV-Administration: Trends und Erfahrungen mit Outsourcing-Lösungen Aktuelle Studie von Towers Watson Wie die Verwaltung der bAV in der Praxis aussieht, untersucht Towers Watson alle zwei Jahre im Outsourcing-Survey. Hier werden die Motivationen für Auslagerungsprojekte, Pläne und Prognosen der Unternehmen zur bAV- und Rentenverwaltung erhoben. bAV-Entscheidern hilft diese Studie, Veränderungen am Markt nachzuverfolgen und Trends zu erkennen. Die wichtigsten Studienergebnisse aus 2013 lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Das Thema Kommunikation steht für viele Unternehmen an erster Stelle. Arbeitnehmer sind mehr und mehr sensibilisiert für das Thema Altersvorsorge und fordern entsprechende Informationen und Hilfsmittel. Rund 90 Prozent der Teilnehmer erwarten, dass die Komplexität des arbeits- und steuerrechtlichen Umfelds der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in den nächsten zehn Jahren weiter ansteigt. Die Komplexität und das zunehmende Verwaltungsvolumen bei gleichzeitig eher sinkendem unternehmensinternen Know-how sind aus Unternehmenssicht die wichtigsten Gründe, die bAV-Administration auszulagern. Administrationsmandate werden weiterhin überwiegend an bAV-Spezialisten übergeben. Die Zufriedenheit mit der ausgelagerten Administration von bAV-Abläufen ist ungebrochen, wie über 85 Prozent der Unternehmen bestätigen. Im Vergleich mit den Ergebnissen der Vorgängerstudie aus 2011 zeichnet sich der Trend zum Outsourcing noch deutlicher ab. So planen aktuell 17 Prozent der befragten Unternehmen, in naher Zukunft (weitere) Administrationsdienstleistungen im Bereich der bAV-Verwaltung auszulagern (2011: 13 Prozent). Jeder achte Teilnehmer plant die Auslagerung der Rentenabrechnung Starker Trend zum Outsourcing An der Befragung 2013 haben insgesamt 65 Unternehmen aller Größenordnungen und aus nahezu allen wichtigen Branchen teilgenommen. Die Untersuchung erfasst auch alle fünf Durchführungswege der bAV. Die große Mehrheit der Befragten – rund 83 Prozent – nutzen einen Dienstleister für die bAV-Verwaltung (die Verwaltung der Anwartschaften aktiver und ehemaliger Mitarbeiter einschließlich Anspruchsermittlung und Anpassung der laufenden Renten) – eine deutlich höhere Anzahl als 2011 (67 Prozent). Die reine Rentenabrechnung (einschließlich der Auszahlung) erledigen jedoch 54 Prozent der Befragten innerhalb ihres Unternehmens (2011: 65 Prozent). Wird die bAV-Verwaltung oder die Benefits! 41 Administration & Software befragten Unternehmen würden ihren Rentenabrechnungsdienstleister weiterempfehlen. Rentenabrechnung ausgelagert, dann setzt die Mehrheit der Unternehmen auf einen bAV-Spezialisten (80 bzw. 73 Prozent). Die Gründe für die Auslagerung von bAV-Verwaltung oder Rentenabrechnung liegen aus Unternehmenssicht vor allem im bAV-Know-how, der steigenden Komplexität der bAV-Administration und dem damit verknüpften zunehmenden Verwaltungsvolumen. Unternehmen, die eine Auslagerung von Verwaltungsleistungen bisher nicht oder nur teilweise realisiert haben, fürchten vor allem den Verlust der InhouseKompetenz oder zu hohe laufende Honorare der Dienstleister. An einem geeigneten Dienstleister, Compliance-Regularien oder Datenschutzthemen scheitern Auslagerungsvorhaben hingegen nicht. Der Trend zur Nutzung externer Dienstleister für die bAV-Administration hat sich seit der Vorgängerstudie fortgesetzt. Sowohl für die bAV-Verwaltung als auch für die Rentenabrechnung sind die Outsourcing-Quoten deutlich gestiegen. Die ausgelagerten Dienstleistungen werden meist an bAV-Spezialisten übergeben. Das bestätigen 80 Prozent der Unternehmen, welche die bAV-Administration ausgelagert haben; für die Rentenabrechnung sind es 73 Prozent. Große Zufriedenheit mit externen Dienstleistern Kommunikation ist Top-Thema Sowohl in der bAV-Administration als auch in der Rentenverwaltung sind Unternehmen mit den externen Dienstleistern zufrieden, insbesondere dann, wenn sie auf einen bAV-Spezialisten zurückgreifen. Vor allem bAV-Know-how, Dienstleistungsspektrum, Qualität und Datensicherheit werden hoch geschätzt. Auch das Preis-/Leistungsverhältnis ist für rund drei Viertel der Befragten in Ordnung. Ebenso viele würden ihren Dienstleister weiterempfehlen. Die größten Herausforderungen im Rahmen der bAV-Administration liegen offensichtlich im Bereich der Kommunikation. Mitarbeiter können eine bAV nur dann wertschätzen, wenn sie ihren Pensionsplan kennen. Für Unternehmen empfiehlt es sich daher, frei nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ vorzugehen. Bereits in der Vorgängerstudie 2011 zeichnete sich ab, dass der Kommunikationsbedarf der Mitarbeiter zum Thema bAV steigt. Daher wurde das Thema Kommunikation in der Erhebung 2013 genauer beleuchtet. Auch von den Unternehmen, die ihre Rentenabrechnung ausgelagert haben, wird das Know-how der Dienstleister sehr geschätzt. Zwei Drittel der Abb. 1: Zufriedenheit mit dem Dienstleister für die bAV-Verwaltung 100 % 9 90 % 4 12 9 9 9 4 7 7 7 11 9 9 7 9 11 10 17 80 % 28 70 % 28 41 60 % 37 44 39 43 13 6 16 17 9 19 48 43 35 50 % 54 41 40 % 30 % 59 56 43 20 % 47 40 43 39 37 37 35 10 % 24 19 42 towerswatson.de zufrieden nicht zufrieden An ei t n nh t io rie de no ­va uf tz m sa Ge sv ng tu is keine Angabe In in m Te r Le sehr zufrieden er Pr e h ä is ltn -/ pa is s­s un F le gs x i b ­fä ili hi t ä gk t / ei t ue tre it ä t en be En tr ga eu ge un m g/ en t Zu ve r­lä ss ig ­ke it al Qu Ku nd s p is t u ek n g tr u s ­ m Er re Ve ich r f ü ba g b r ke ar i t ke /­ it le st en Di n­s te Da bA V- Kn ic ow he -h rh ei ow t 0 % Dr. Michael Paulweber Viele Befragte skizzierten sowohl vorhandene Defizite als auch das Bestreben, Kommunikationsleistungen bzw. die Umsetzung von Online-Portalen, in deren Rahmen sich die Mitarbeiter über ihre bAV und den individuellen Stand ihrer Versorgungsansprüche informieren können, auszulagern. Mindestens jährliche Konto-/Leistungsinformationen halten zwei Drittel der befragten Unternehmen für unabdingbar. Dies gilt insbesondere bei modernen beitragsorientierten Zusagen oder Entgeltumwandlungsmodellen. michael.paulweber@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-983 Dr. Claudio Thum claudio.thum@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 1627-226 Gemischte Ansichten äußerten die Befragten zur Notwendigkeit umfassender telefonischer Betreuung und mobiler Kommunikation. Gleichwohl scheint sich aus der täglichen Praxis heraus ein Trend hin zur Einrichtung von „bAV-Apps“ abzuzeichnen. Der Faktor Mensch wird im Rahmen der bAV-Betreuung und -Beratung aber nach wie vor gefragt sein. Ausblick Auch künftig wird das Thema bAV-Kommunikation die Unternehmen beschäftigen. Die große Mehrheit der befragten Unternehmen (82 Prozent) erwartet einen weiterhin steigenden Informationsbedarf der Anwärter. Dabei wird auch weiterhin eine persönliche Betreuung der Mitarbeiter notwendig sein. Eine ausschließliche Online-Betreuung können sich nur 28 Prozent der Unternehmen vorstellen. Jedoch werden Employee-Self-Service-Angebote in zehn Jahren weit verbreitet sein, wie über 80 Prozent der Unternehmen meinen. Als weitere Herausforderungen für die Zukunft nennen die Unternehmen auch Themen wie Komplexität, Kosten, Qualität und z. T. sogar den Datenschutz. Risiko- und Qualitätsmanagement werden künftig einen deutlich breiteren Raum einnehmen, wie über 80 Prozent bestätigen. Insgesamt wird der Trend zum Outsourcing weitergehen, sind sich drei Viertel der Befragten sicher. Dabei werden hohe Anforderungen an den Outsourcing-Dienstleister gestellt – nicht nur im Hinblick auf die Kernaufgaben, sondern auch auf vermeintliche Randthemen wie Compliance-Regularien und Datenschutz. Dienstleister sind also gut beraten, ihre diesbezüglichen Fähigkeiten durch extern belegte Zertifikate und ähnliche Nachweise (z. B. ISAE 3402 Typ II) zu belegen. Abb. 2: Entwicklung der bAV-Administration in den kommenden zehn Jahren – Thema Kommunikation 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 85 40 % 82 72 30 % 45 20 % 10 % 12 5 0 % Höhere Verbreitung von EmployeeSelf-Services stimme zu Höherer Infor­ mationsbedarf der Anwärter 55 35 38 42 28 15 Höhere Wertschätzung von bAV bei Mitarbeitern Flächendeckende Nutzung mobiler Kommunikationsmedien Service Levels der Betreuung: 24/7-Hotline Ausschließliche OnlineKommunikation stimme nicht zu Benefits! 43 HR-Strategie, Talent & Rewards „Die „ Herausforderung, ein erfolgreiches Talent-Management zu etablieren, ist groß, aber sie lohnt sich.“ Talent-Management in fünf Schritten Die richtigen Mitarbeiter gewinnen, begeistern, fördern und binden Nicht nur angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels wird ein systematisches Talent-Management für Unternehmen unerlässlich. Dabei erweist sich ein systematisches, integriertes Vorgehen in fünf Schritten als erfolgskritisch. Ob es für Unternehmen darum geht, in China Fuß zu fassen, ein neues Geschäftsmodell in Europa umzusetzen oder eine Marktinitiative in Brasilien durchzuführen – stets muss der Personalbereich für eine Mannschaft sorgen, die aus Strategien Erfolge macht. Für HR heißt das zunehmend „business as un-usual“. Talente, also Mitarbeitergruppen, die das Unternehmen benötigt, um die Strategie zu erreichen, sind hierbei der „Motor“ für den unternehmerischen Erfolg. So stellte Google fest, dass ein überdurchschnittlich guter Programmierer einen bis zu 300-Mal höheren Wertbeitrag als ein mittelmäßiger Programmierer erzielt. 1 Daher wird ein systematisches Talent-Management unerlässlich. Es steht für HR-Prozesse und -Lösungen, die Unternehmen befähigen, die „richtigen Mitarbeiter“ für sich zu begeistern, zu fördern und an sich zu binden. Dabei sind nach Einschätzung von Towers Watson fünf Schritte erforderlich: 1. Talent-Management-Strategie entwickeln: Die Talentstrategie definiert den Rahmen für alle Mitarbeitergewinnungs-, -entwicklungs- und -bindungsaktivitäten. Sie differenziert das Unternehmen vom Wettbewerb und definiert ein attraktives Gesamtleistungspaket für Mitarbeiter und Bewer- 1 www.tlnt.com/2013/02/26/how-google-is-using-people-analytics-to-completely-reinvent-hr 44 towerswatson.de ber. Dieses sollte nicht nur in den Karriereseiten auf der Unternehmens-Webseite angekündigt, sondern unbedingt in der Praxis gelebt werden. 2. Workforce segmentieren: Welche sind die für das Unternehmen wichtigen Positionen und Personen? Zuerst wird auf Basis der Wachstumstreiber und strategischen Prioritäten definiert, welche TalentGruppen für ein Unternehmen erfolgskritisch sind. Unternehmen sollten in der Produktentwicklung, dem Vertrieb und anderen Kernbereichen alle strategisch relevanten Schlüsselpositionen identifizieren. Zudem müssen sie ihre Top-Performer und High-Potentials und deren Präferenzen kennen, um sie an das Unternehmen zu binden. Neben der Arbeitsplatzsicherheit und einem angemessenen Gehalt achten Top Performer etwa vor allem auf herausfordernde Aufgaben, während High Potentials in erster Linie auf Karrierechancen Wert legen, wie die aktuelle Global Workforce Study von Towers Watson zeigt (siehe Benefits! August 2012). 3. Performance und Potenzial objektiv bewerten: Eine klare Definition des Leistungs- und Potentialbegriffs ist die Grundlage für ein gutes Performance-Management. Daran sollte sich ein objektiver und transparenter Prozess anschließen, in dem Leistung und Potential gemessen wird. Dabei sollten Unternehmen ein besonderes Augenmerk auf ihre Talente und Führungskräfte legen und über den Performance-Management-Prozess hinaus wertvolle Informationen über individuelle Entwicklungsfelder und Stärken sammeln. Hierfür können Instrumente wie 360°-Feedback oder DevelopmentCenter hilfreich sein. gehen. Jedoch benötigen Unternehmen zwar ein hohes, aber vor allem auch ein nachhaltiges Mitarbeiterengagement, also Engagement, das auf einem langfristig stabilen Niveau erhalten bleibt. Denn ein hohes Engagement birgt das Risiko, dass Mitarbeiter insbesondere in wirtschaftlich volatilen Zeiten zu wenig auf die eigenen Ressourcen achten und sich verausgaben. Um diesem Risiko zu begegnen, sollte ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, das sowohl die Produktivität als auch eine ausgewogene Work-Life-Balance unterstützt. Ebenso wesentlich für nachhaltiges Engagement ist eine gute Mitarbeiterführung. Fazit Die Herausforderung, ein erfolgreiches TalentManagement zu etablieren, ist groß, aber sie lohnt sich, da sie über den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen entscheiden kann. Wesentlich ist dabei ein integriertes und konsistentes Vorgehen, damit das angestrebte Ziel tatsächlich erreicht werden kann. Bernd Süßmuth bernd.suessmuth@ towerswatson.com Telefon: +49 221 8000-3361 4. Karriereperspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten bieten: Das Karrieremanagement umfasst die Formulierung und Umsetzung einer Karrierephilosophie, die Entwicklung einer Karrierearchitektur sowie die Gestaltung von attraktiven Karrierepfaden. Interessante Karrieremöglichkeiten und ein klarer Karriereplanungsprozess steigern die Arbeitgeberattraktivität und die Mitarbeiterbindung. Um die Karriere vorantreiben zu können, braucht es flankierende Entwicklungsmaßnahmen – insbesondere für Führungskräfte. Je gezielter diese Maßnahmen auf die tatsächlichen Entwicklungsbedarfe zugeschnitten sind, desto höher ist der Wertbeitrag. Führungskräfte in sehr erfolgreichen Unternehmen treffen eher zeitnah Entscheidungen, managen Veränderung direkt und kommunizieren mehr Informationen „von oben“ an ihre Mitarbeiter. 5. Mitarbeiterengagement messen und verbessern: Engagierte Mitarbeiter machen den Unterschied: Sie sind aus Überzeugung Teil des Unternehmens und sie sind bereit, die berühmte „Extrameile“ zu Benefits! 45 News „Mehr „ als die Hälfte der Unternehmen könnten sich die Einführung von betrieblichen Opting-out-Lösungen vorstellen.“ Rückblick: bAV-Konferenz 2013 Demografischer Wandel – Aufwind für die bAV Der demografische Wandel wird die Weiterentwicklung der bAV prägen. Mitarbeiter erwarten aufgrund der Kürzungen in der gesetzlichen Rente von ihren Arbeitgebern Unterstützung bei der Altersvorsorge. Darüber hinaus können bAV, Zeitwertkonten und Demografiefonds zur Mobilisierung älterer Arbeitnehmer beitragen und Möglichkeiten für einen flexiblen Übergang in den Ruhestand eröffnen. Unternehmen benötigen jedoch ausreichend Gestaltungsspielraum, um bedarfsgerechte Lösungen für ihre Belegschaften erarbeiten zu können. So lautet das Fazit der bAV-Konferenz, die Towers Watson am 9. Oktober 2013 für über 200 Teilnehmer in Frankfurt am Main ausgerichtet hat. Referenten namhafter Unternehmen wie E.ON, MAN, EnBW, Akzo Nobel, Linde, IBM oder Bosch stellten anhand ihrer Unternehmenspraxis Herausforderungen und Gestaltungsoptionen für die bAV vor. „Erste Folgen des demografischen Wandels sind bereits sichtbar, z. B. als Arbeitskräftemangel in vielen Unternehmen“, erläutert Dr. Reiner Schwinger, Managing Director von Towers Watson Deutsch- land. „Vielen Arbeitgebern und Mitarbeitern wird immer deutlicher bewusst, dass sich das Arbeitskräfteangebot, die Situation der Rentenkassen, die beruflichen Perspektiven vieler Menschen, kurz: alle Bereiche der Gesellschaft wesentlich verändern werden“, so Schwinger weiter. „Viele Mitarbeiter erwarten, dass ihr Arbeitgeber sie mit einer bAV-Lösung bei der Altersvorsorge unterstützt“, ergänzt Dr. Thomas Jasper, Leiter der bAV-Beratung bei Towers Watson Deutschland. Im Wettbewerb um gute Mitarbeiter setzen viele Unternehmen daher auch auf die bAV. Rund 80 Prozent der Konferenzteilnehmer – HR-, Finanz- und bAV-Verantwortliche aus großen mittelständischen Unternehmen und weltweit agierenden Konzernen – bestätigten in einer Umfrage auf der Konferenz, dass ihrer Meinung nach die bAV wesentlich dafür ist, um als attraktiver Arbeitgeber zu gelten. bAV auf To-do-Liste der neuen Bundesregierung Angesichts der aktuellen Herausforderungen sei die Politik gefragt, fordert die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V. (aba). Ihr Vorsitzender Heribert Karch, einer der beiden Key-Note-Sprecher auf der Konferenz, betont: „Die Betriebsrente gehört ganz oben auf die To-do-Liste einer neuen Bundesregierung.“ Es gebe viel zu tun, so Karch weiter: „Die neue Koalition muss den Reformstau abbauen und unerledigte Projekte schnellstens angehen. Das Betriebsrentenrecht muss entschlackt werden, Betriebsrenten müssen wieder leichter administrierbar werden und die Rahmenbedingungen müssen dem Niedrigzinsumfeld angepasst werden.“ Gestaltungsspielraum und Opting-Out Aus Unternehmenssicht ist wesentlich, dass sich sowohl bAV-Lösungen als auch Modelle für den flexiblen Übergang in den Ruhestand flexibel auf die unternehmensspezifischen Anforderungen zuschneiden lassen. Darüber hinaus zeigte eine Umfrage während der Konferenz, dass sich rund 60 Prozent der Teilnehmer die Einführung von betrieblichen Opting-out-Lösungen vorstellen können. In diesem Fall werden Mitarbeiter automatisch in den betrieblichen Vorsorgeplan aufgenommen (siehe auch Benefits! August 2012). Aus ihrem Gehalt Benefits! 47 News werden (ohne dass sie dafür aktiv werden müssten) Beiträge für die Betriebsrente angespart – es sei denn, sie entscheiden sich nach einer Prüfung ihrer Vorsorgesituation dagegen. Somit ließe sich die Eigenvorsorgequote und damit der Gesamtbeitrag der bAV zur Altersabsicherung deutlich steigern. „Menschen sind auch nur Fische“ In der abschließenden Key-Note „Schwarmintelligenz: Menschen sind auch nur Fische“ skizzierte Professor Jens Krause, Verhaltensbiologe an Leibniz-Institut und Humboldt-Universität Berlin, wie sich Tierschwärme, aber auch Menschengruppen orientieren und organisieren. So könnten Erkenntnisse der Schwarmforschung beispielsweise bei der Planung von Fußballstadien und U-Bahn-Stationen helfen. Krause weiß: „Einige informierte Individuen in der Mitte und am Rand können eine große Menschenmenge recht effektiv leiten. Wenn Gebäude oder Plätze im Notfall schnell evakuiert werden müssen, kann das von großem Nutzen sein.“ Highlights der bAV-Konferenz Interviews mit den Key-Note-Sprechern und filmische Impressionen von der Konferenz finden sich in einer Online-Spezialausgabe von Benefits!, die demnächst unter www.towerswatson.de (Bereich Studien und Publikationen / Newsletter-Kiosk) abrufbar ist. M&A-Projekte erfolgreich führen Workbook mit Praxisbeiträgen von Towers-Watson-Autoren Was ist mit Blick auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) bei M&A-Projekten zu beachten? Und welche weiteren HR-Themen, wie z. B. die HR and Cultural Due Diligence, Personal-Assessment, Staffing-Prozess, Cultural Change Management, sind wie zu berücksichtigen? Diese und ähnliche Fragen beantworten Beiträge von Towers-WatsonExperten in dem Praxisbuch „M&A-Projekte erfolgreich führen“. Das konsequent an den Bedürfnissen der Praxis ausgerichtete Buch behandelt nicht nur alle Aspekte des komplexen Themas Mergers & Acquisitions, sondern auch alle M&A-relevanten Management- und Führungsprozesse. Neueste Entwicklungen im M&A-Management werden hier erstmals dargestellt. In das Buch fließen das Know-how renommierter Unternehmensberatungen und die Erfahrungen großer, im M&A-Bereich aktiver Unternehmen, wie z. B. Siemens, EnBW, Infineon oder Bertelsmann, ein. Mit vielen Tools, Checklisten und Empfehlungen unterstützt das Buch den Praktiker bei der Organisation seiner M&A-Projekte. 48 towerswatson.de Kai Lucks (Hrsg.) M&A-Projekte erfolgreich führen: Instrumente und Best Practices 735 S., 190 Abb., 20 Tabellen, gebunden Preis: 99,95 Euro ISBN: 978-3-7910-3210-8 Über Towers Watson Towers Watson ist eine der führenden Unternehmens­ beratungen weltweit und unterstützt seine Kunden, ihren Unternehmenserfolg durch ein effektives HR-, Finanz- und Risikomanagement zu steigern. Weltweit sind wir mit rund 14.000 Mitarbeitern vertreten, in Deutschland mit ca. 800 Mitarbeitern an den Standorten Frankfurt, Köln, München, Reutlingen und Wiesbaden. Wir entwickeln Lösungen für die betriebliche Altersvorsorge und Nebenleistungen, für das Personal- und Vergütungsmanagement sowie das Risiko- und Finanzmanagement, einschließlich der Beratung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen. Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bietet Towers Watson die Expertise, um Unternehmen weltweit bei der Gestaltung, dem Finanzmanagement, der Administration und der Kommunikation der verschiedensten Versorgungspläne zu unterstützen. In Deutschland haben die Experten von Towers Watson zahlreiche bAV-Neuordnungen bei großen Unternehmen gestaltet und dabei die Gestaltungsmodelle für Pensionspläne maßgeblich weiterentwickelt. Fast alle derzeit zugelassenen Unternehmenspensionsfonds wurden bzw. werden von Towers Watson beraten. Ebenso ist Towers Watson ein führender Anbieter im stark wachsenden Markt der bAV-Administration (betriebliche Versorgungswerke, Unterstützungskassen, Pensionsfonds, Pensionskassen etc.) und weiterer Long-Term Employee Benefits (z. B. Zeitwertkonten). Ein Mehrwert für zahlreiche Kunden wird durch effiziente Administrationslösungen, zertifizierte Prozesse und transparente, planbare Kosten geschaffen. Towers Watson verwaltet mehrere hunderttausend Versorgungsanwartschaften und rechnet über einhunderttausend Betriebsrenten ab. Experten von Towers Watson sind als anerkannte Spezialisten aktiv beratende Mitglieder in zahlreichen Verbänden, Arbeitsgemeinschaften und Organisationen. Ebenso sind sie gefragte Fachautoren und Referenten für zahlreiche Seminare und Vorträge. Towers Watson führt regelmäßig Studien zu HR-, bAV- und Risikomanagement durch. Unsere Büros in Deutschland Frankfurt Reutlingen Kontakt Redaktion Benefits! Eschersheimer Landstraße 50 60322 Frankfurt Telefon: +49 69 1505-50 Telefax: +49 69 1505-5544 Am Heilbrunnen 47 72766 Reutlingen Telefon: +49 7121 16272-25 Telefax: +49 7121 16272-55 [email protected] Telefon: +49 611 794-218 Telefax: +49 611 794-268 Köln Reutlingen Habsburgerring 2 50674 Köln Telefon: +49 221 80003-0 Telefax: +49 221 80003-456 Oskar-Kalbfell-Platz 14 72764 Reutlingen Telefon: +49 7121 3122-0 Telefax: +49 7121 3122-278 München Wiesbaden Arnulfstraße 19 (Renaissance Haus) 80335 München Telefon: +49 89 51657-4500 Telefax: +49 89 51657-4599 Wettinerstraße 3 65189 Wiesbaden Telefon: +49 611 794-0 Telefax: +49 611 794-298 Weitere Publikationen von Towers Watson Deutschland: •• Rechnungszins: Jeden Monat informiert Towers Watson über die Aktualisierung des Diskontzinssatzes zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen unter Berücksichtigung von HGB, IFRS und US-GAAP (abrufbar unter www.towerswatson.com/de-DE/Insights/Newsletters/Europe/rechnungszins). •• HR Perspectives: Das Online-Magazin HR Perspectives informiert dreimal pro Jahr über Herausforderungen und Lösungen rund um das Talent- und Vergütungsmanagement (abrufbar unter www.towerswatson.com/de-DE/Insights/Newsletters/Europe/HR-perspectives). •• Executive Matters: Der Online-Newsletter bringt dreimal jährlich aktuelle globale und lokale Informationen rund um das HR-Management von Schlüsselfunktionen in Organisationen (Bezug über [email protected]). •• Informationen zu Towers-Watson-Studien, Fallbeispielen usw. finden sich auch auf towerswatson.de Towers Watson Eschersheimer Landstraße 50 60322 Frankfurt Telefon: +49 69 1505- 50 Telefax: +49 69 1505 - 5544 E-Mail: [email protected] Die Beiträge dieser Publikation sind als allgemeine Hinweise zu verstehen. 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