Gliederung und Feldbezeichnungen 1 Lateinischer Pflanzenname 2

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Gliederung und Feldbezeichnungen
1 Lateinischer Pflanzenname
Stammpflanze Viscum album L. (DAB 2001)
2 Deutscher Pflanzenname
Mistel
3 Kurzbeschreibung
3.1 Botanische Beschreibung:
Die Mistel gehört zur Familie der Visceraceae, einer Satellitenfamilie der Loranthaceae.
Unterarten: Viscum album L. ssp. abietis (Tannen-Mistel), Viscum album L. ssp. coloratum
KOM: Japanische Mistel, Viscum album L. ssp. laxum FIEK.:, Kiefern-Mistel, Viscum album L.
ssp. platyspermum KELL.: Laubholz-Mistel.
3.2 Geschichte:
Die Mistel spielte in der antiken und germanischen Mythologie eine Rolle. Die Einführung der
Mistel in die Krebstherapie geht auf Rudolf Steiner und Ita Wegmann in den Jahren 1917 bis
1920 zurück. Viscum coloratum Nakai wird innerhalb der Chinesischen Heilkräuter in der TCM
unter den Wirkstoffen mit anti<S#anginösem#S> Effekt geführt. In den letzten Jahren sind die
zunächst in anthroposophischer Betrachtungsweise gefundenen Inhaltsstoffe und Wirkungen
der Mistelextrakte weitgehend durch die wissenschaftlich fundierten molekular- und
zellbiologischen Untersuchungen erklärt worden.
3.3 Vorkommen:
Portugal, Sizilien, Mittelengland, Südnorwegen, Südschweden, Iran, China, Amur- sowie
Ussurigebiet, Korea, Japan und Taiwan.
3.4 Anwendungsbereiche und Verwendung:
Phytotherapie, Anthroposophie, Homöopathie, TCM, Onkologie, Kardiologie, Arthrose.
3.5 Inhaltsstoffe:
Für Wirkungen der Droge sind vor allem <W#Glykoproteine#W>, <W#Polypeptide#W>,
<W#Flavonoide#W>, <W#Glycoside#W> und <W#Polysaccharide#W> verantwortlich.
4 Pflanzenbild
Laubholz-Mistel
Auf Laubgehölzen schmarotzend, nur selten auf Sträuchern, Blütezeit: II - IV
Beeren weiß / Samen weiß, mit 2-3 Keimlingen, Höhe: 20-50cm
5 Kriegel- Galerie
6 Synonym
Viscum stellatum D.DON;
Synonyme der 4 Unterarten:
Viscum album L. ssp. abietis BECK (syn. V. laxium BOISS. et REUT. Ssp. abietis (WIESB.)
O. SCHWARZ, V. abietis (WIESB.) FRITSCH), Tannen-Mistel.
Viscum album L. ssp. coloratum KOM. (syn. V. album L. var. Rubroaurantiacum MAKINO,
var. lutescens MAKINO, V. alniformosanae HAYATA, V. coloratum (KOM) OHWI),
Japanische Mistel.
Viscum album L. ssp. laxum FIEK. (syn. V. laxum BOISS. et REUT. Ssp. laxum, V.
austriacum (WIESB.) VOLLM.), Kiefern-Mistel.
Viscum album L. ssp. platyspermum KELL. (syn. V. album L. s. str., V. album L. ssp. album),
Laubholz-Mistel.
(Hager1994)
7 Volkstümliche Bezeichnung
D : Laubholz-Mistel, Affolter, Bocksfutter, Donnerbesen, Drudenfuß, Elfklatte, Geißkrut,
Guomol, Hexenbesen, Hexenkrut, Hexennest, Immergrüne, Kluster, Leimmistel,
Marenklatte, Marentaken, Mischgle, Mischgelt, Misple, Mistel, Mistele, Mistelsenker, Nistle,
Uomol, Vogelchrut, Vogelkälb, Vogellim, Vogelmistel, Weiße Mistel, Wespe, Wintergrün,
Wispel, Wispen, Wösp.
GB: All-heal, Masslin, Mistletoe, White Mistletoe.
F: Gui, Gui commun, Gui de druides. Hexe(n)krut oder Geise(n)futter (Elsaß).
I:
Guatrice, Pania, Scoaggine, Vescovaggine, Vischio, Visco.
E: Muerdago
CH: Mischgelt, Nistle, Hexe(n)nest, Hexe(n)besen, Immergrüne.
AU: Nistl, Wintergrün
(G. Madaus 1938, Hager1994)
8 Namensursprung
Viscum ist der Name der Mistel sowie des aus den Beeren bereiteten Vogelleims bei den
Römern. Der Ursprung des deutschen Namens Mistel ist bis heute ungeklärt geblieben (Madaus
1983).
Viscum <Mistel>: Name von L. mit bislang ungeklärter Bennennungsgeschichte (vorlinn.
Bezeichnung?), lat. Viscum (Nebenform viscus). Das lat. Wort gehört zunächst zu griechisch
Ixos <Vogelleim aus Beeren der Eichenmistel>(seit Hippokrat.), ixiia <Eichenmistel; Weiße
Mistel> (Theophr.), ixoboros (Mistel-Drossel). Eine weitere Verbindung mit althochdeutsch
wihsela, mittelhochdeutsch wihsel (eine Kirschenart), und slawische Namen wie russische
Namen visnja (Kirschbaum, Kirsche als Sammelbezeichnung) ist dann möglich, wenn sie ,auf
die Vogel-Kirsche (P. Avium) bezogen wird, deren Holz gleichzeitig zur Herstellung von
Vogelleim verwendetes Harz ausschwitzt. Die genannten Wörter führen auf indogermanisch
uiks- (im Lateinischen mit Metathese zu visc.-) wohl in der Bedeutung „Leimrute, Vogelleim“
(nicht Mistel) zurück und gehören daher eher zur Wurzel ueik- (biegen, winden) (Gnaust1996).
9 Pflanzenfamilie, lateinischer Name
Visceraceae; auch als Unterfamilie der Loranthaceae (Viscum laxum und Viscum album)
aufgefaßt (Hager1994).
10 Pflanzenfamilie, deutscher Name
Mistelgewächse
11 Verbreitung
Als Halbschmarotzer auf verschiedenen Bäumen, die Unterarten V. album ssp. abietis, ssp.
laxum und ssp. platyspermum südlich von Nordwestafrika über Portugal und Sizilien bis zum
Berg Athos, nördlich bis Mittelengland über Südnorwegen bis Südschweden, im Südosten über
den europäischen Kontinent hinausgehend und im Iran die Ostgrenze erreichend, fehlt in
Australien und auf dem amerikanischen Kontinent; die Unterart V. album ssp. coloratum kommt
in Nord- sowie Nordostchina, im Amur- sowie
Ussurigebiet, in Korea, Japan und auf Taiwan vor (Hager1994).
12 Anbaugebiete
In Mitteleuropa in geringem Umfang firmeneigener Anbau von Viscum album ssp. platyspermum
zur Gewinnung von Visci albi herba recens durch künstliche Infektion
ausgewählter Wirtsbäume, in Nord- und Nordostchina Anbau von V. album ssp. coloratum
(Hager1994).
13 Geschichte
Die Mistel spielte sowohl in der antiken als auch in der germanischen Mythologie eine große
Rolle. "Die goldene Zauberrute", die dem Aeneas den Zugang zu der Unterwelt öffnet, wird gern
mit der Mistel identifiziert.
In der Edda wird erzählt, daß der blinde Gott Hödur den lichten Sonnengott Baldur mit einem
"misteltein" (Mistelzweig) als Lanze tötete. Bekannt ist auch die Erzählung des Plinius, nach der
die Druiden, die Priester der alten Gallier und Britannier, nichts so heilig hielten als eine auf
einer Eiche wachsende Mistel. Eine alte Druidenregel war: "Der Mistelzweig muß mit Achtung
und, wenn möglich, im sechsten Monde gesammelt werden. Er muß mit einem goldenen Messer
abgeschnitten werden. Das Pulver von Mistelzweigen macht Frauen fruchtbar."
Auch wurde geglaubt, daß sie ein Heilmittel gegen allerlei Gift wäre. Noch heute gilt die Mistel
als dämonenabwehrende Pflanze. Mit deutlichem mystischem Bezug ist sie das Grün des
englischen Weihnachten.
Die Verwendung der Mistel in der Heilkunde soll bis auf die vorchristlichen Hippokratiker
zurückgehen. Nach Plinius ist sie ein Mittel gegen <D#Epilepsie#D> und <S#Schwindel#S>, und
zwar wurden besonders die jüngeren Zweige verwendet. Diese Quelle benutzten wohl die
Autoren des Mittelalters, wenn sie alle übereinstimmend die Pflanze als erweichendes und
krampfstillendes Mittel empfahlen. Man glaubte, daß sie gegen Epilepsie nur dann hilfreich sei,
wenn sie nicht die Erde berührt habe.
Die Misteln, die an den Eichen wachsen, Loranthus genannt, galten früher als besonders
heilkräftig. Auch J. Colbatch in London empfahl sie in Verbindung mit der Paeonie gegen
Epilepsie (Abhandlung von der Mistel und ihrer Kraft wider die Epilepsie, Altenburg
1748). Ebenso wurde sie von einer ganzen Reihe von anderen Ärzten des 18. und 19.
Jahrhunderts als gutes Mittel gegen Epilepsie gerühmt, so z.B. von Gentilis de Faligno in Padua,
G. F. Hildebrandt, Fr. G. Voigt und D. le Clerc. –
Schon die alten Griechen und Römer bereiteten aus dem Fleische der Scheinbeeren den
Vogelleim. So findet auch folgender Spruch seine Erklärung: "Turdus ispe sibi cacat malum" (die
Drossel bereitet sich selbst das Unheil). Von Hippokrates werden die Mistelblätter gegen
<D#Milzsucht#D> gebraucht, der Mistelschleim findet bei der hl. Hildegard gegen
<D#Leberkrankheiten#D> Anwendung. Paracelsus läßt die Mistel bei Epilepsie verwenden, eine
Indikation, die auch Lonicerus, Bock und Matthiolus anführen. L. verordnet die Mistel zudem als
resorptionsförderndes, fieberwidriges, blutstillendes, erweichendes, zerteilendes,
wurmtreibendes und geburtserleichterndes Mittel.
1729 (in deutscher Übersetzung 1776) erschien eine Broschüre, die lediglich der Mistel
gewidmet war und die klinischen Erfahrungen des englischen Arztes Colbatch wiedergab, der
die Mistel "beynahe" als "ein solches Specificum wider die epileptischen Krankheiten"
bezeichnete, "wie die Chinarinde wider die abwechselnden <D#Fieber#D>".
Als Antiepileptikum war die Mistel auch im Arzneischrank Hufelands vertreten.
Als schwaches Antispasmodikum wird sie von Clarus bezeichnet.
Die Mistel, die ein altes Volksmittel gegen Krebs ist, wurde systematisch in die Krebsbehandlung
eingeführt durch Rudolf Steiner, den Begründer der Anthroposophie, und durch dessen ärztliche
Schüler, insbesondere Kaelin. Letzterer berichtet über eine Reihe von inoperablen
Karzinomfällen und Rezidiven, die durch injizierbare Extrakte geheilt sind.
Die ihr in der Medizin gebührende Stellung ist der Mistel vorwiegend auf Grund der Forschungen
Gaulthiers wieder eingeräumt worden, der in Untersuchungen die blutdrucksenkende Wirkung
feststellte, die auf einer Beeinflussung des vasomotorischen Nervenzentrums beruhen soll.
Die blutdrucksenkende Wirkung wurde an Hunden, Katzen und Kaninchen von verschiedenen
Autoren bestätigt. Im wesentlichen sind dabei <W#Cholin#W> oder <W#Cholinester#W>
wirksam. Diese erweitern die Arteriolen und Kapillaren durch direkte Beeinflussung. Hinsichtlich
der Pharmakologie der Cholinderivate sei auf die Darstellung Trendelenburgs, hinsichtlich des
<W#Acetylcholins#W> auf Gaddum und Dale, die vorwiegend die Rolle des körpereigenen
Acetylcholins behandeln, verwiesen.
Kochmann isolierte aus Preßsäften von auf Apfelbäumen gewachsener Mistel einen dem
Acetylcholin nahestehenden, parasympathischen Reizstoff, dessen Wirkungen durch Atropin
antagonistisch beeinflußbar sind, und der beim Menschen nach peroraler Zufuhr
Blutdrucksenkung bewirkt.
Nachdem Lesieur, Hanzlik und French, Shin Maie Bijlsma eine digitalisierte Wirkung von
Mistelauszügen festgestellt hatten, konnten Ebster und Jarisch aus der Mistel eine digitalisartig
wirkende Substanz gewinnen; nach Ebster hat Viscum bei Kaninchen "eine ziemlich lange
anhaltende tonische Wirkung" mit Erhöhung des Herzminutenvolumens, die erst im
vorgeschrittenen Stadium absinkt.
(Quelle: Madaus,1938)
Die Einführung der Mistel in die Krebstherapie geht auf Rudolf Steiner und Ita Wegmann zurück,
die in den Jahren 1917 bis 1920 erstmals speziell zubereitete Mistelgesamtextrakte bei
<D#Krebskranken#D> anwendeten.
Der Misteltherapie des <D#Krebses#D> liegen zwei Sichtweisen der <D#Krebserkrankung#D>
zugrunde, die naturwissenschaftlich-schulmedizinische sowie die anthroposophische. Letzere
versteht sich nicht als eine Alternative, sondern als Erweiterung der naturwissenschaftlichen
Erkenntnismethode. In Bezug auf die Tumorerkrankung bedeutet dies, daß ihre
Entstehungsbedingungen im Zusammenhang mit der gesamtmenschlichen Individualität zu
betrachten sind. Der Tumor selbst stellt vor dem Hintergrund einer solchen Sichtweise nicht die
<D#Krebskrankheit#D>, sondern lediglich ein <S#Symptom#S> dar.
14 Botanische Beschreibung
Die Mistel gehört zur Familie der Visceraceae, einer Satellitenfamilie der Loranthaceae. Der
Strauch ist ein zweihäusiger, immergrüner Halbparasit auf Bäumen. Die Mistelart wird in 4
Unterarten aufgeteilt, siehe auch # 6 Synonym.
Viscum album L. ssp. abietis: Tannen-Mistel, nur auf Tannen vorkommend. Scheinbeeren
weißlich, Samen grünlich. Samen meistens nur mit einem Keimling, Blätter länglich-eiförmig
bis lanzettlich, höchstens 3mal so lang wie breit, fast dunkelgrün;
Viscum album L. ssp. coloratum KOM: Japanische Mistel, auf Laubholz, besonders auf
Pyrusussuriensis MAXIM und Celtis sinensis Pers., Scheinbeeren gelb bis orange, Blätter mit
3 derben Rippen.
Viscum album L. ssp. laxum FIEK.:, Kiefern-Mistel, meistens auf Kiefern vorkommend,
selten auf Fichte und Lärche, Scheinbeeren gelblich, Samen grünlich, meistens nur ein
Keimling vorhanden, Blätter linealisch-lanzettlich, 4- bis 6mal so lang wie breit, gelbgrün;
Viscum album L. ssp. platyspermum KELL.: Laubholz-Mistel, nur auf Laubhölzern
vorkommend, Scheinbeeren und Samen weiß, Samen meistens mit 2 bis 3 Keimlingen.
Allgemein
Kleiner, im Durchmesser etwa 1 m erreichender, mehrfach gabelästiger, oft fast kugeliger,
immergrüner, auf Bäumen schmarotzender, 2häusiger Halbstrauch mit kurzem Stamm,
grünbraunen Zweigen, in den Gelenken leicht brechend und am Ende jedes Gabelgliedes eine
meistens blütentragende Spitze aufweisend; Laubblätter gegenständig, oft quirlig sitzend, ledrig,
ungeteilt, ganzrandig, gelbgrün bis dunkelgrün, lanzettlich bis breit-zungenförmig; Blüten
unscheinbar, eingeschlechtlich, zu 3 bis 5 in sitzenden Trugdolden in den Achseln kleiner
Hochblätter; männliche Blüten ohne Kelch, 4teilig, Hülle gelbgrün, mit kurzer Röhre, Staubblätter
4, ohne Staubfäden, sitzend, mit den Perigonblättern vollständig verwachsen, mit zahlreichen
sich nach innen porenförmig öffnenden Pollenfächern; weibliche Blüten kleiner als die
männlichen, Blütenhülle 3- bis 4teilig, Fruchtknoten unterständig, Griffel kurz oder fehlend,
Narbe polsterförmig; Scheinbeere erbsengroß, reif weiß bis gelblich oder orange, mit zähem
Fleisch, mit 1 bis 2 ovalen oder 2kantigen Samen; Blütezeit Februar bis Mai.
(Hager 1994)
15 Angewandter Pflanzenteil
Die ganzen oder geschnittenen, getrockneten, jüngeren Zweige mit Blättern, Blüten und
vereinzelten Früchten.
16 Wirkungsbestimmende Inhaltsstoffe
Für Wirkungen der Droge sind vor allem <W#Glykoproteine#W>, <W#Polypeptide#W>,
<W#Flavonoide#W>, <W#Glycoside>W# und <W#Polysaccharide#W> verantwortlich:
-
Die <W#Mistellektine I – III#W> sind Glykoproteine. Die Mistellektine I –III sind
Gemische von Isolektinen, so konnten u.a. für das isomere Mistellektin I durch
zweidimensionale Gelelektrophorese 25 Isolektine, für Mistellektin II 15 Isolektine
nachgewiesen werden.
Die <W#Mistellektine#W> (ML) ähneln in Struktur dem Ricin, einem Lektin aus dem
Samen von Ricinus communis. Sie bestehen aus A-Ketten, zwei über zwei
Disulfidbrücken miteinander verbundenen Polypeptidketten, die N-glykosidisch
gebundene Oligosaccharidreste tragen.
Die B-Ketten besitzen Bindungsstellen für alpha- und beta-D-Galactose (ML-1, MLII)oder N-Acetyl-D-galactosamin (ML-III); ); sie sind für die Bindung des Lektins an die
Plasmamembran bestimmter Zellen verantwortlich.
-
Die Viscotoxine A2, A3, B und Ps 1 sind relativ kleine (46 Aminosäuren),
kompakte, sehr stabile, amphiphile und basische Polypeptide, die an DNS binden
und außerdem Biomembranen zerstören können.
-
Die Hauptkomponenten der Polysaccharide sind ein (1,6)-alpha-D-Galacturonan, ein
Arabinogalactan und ein verzweigtes Rhamnogalacturonan.
-
Die sog. <W#Vesterschen Proteine#W> (VP16), sind vermutlich Komplexe aus den
Mistellektinen I – III und Viscotoxinen.
-
Flavonoide: Quercetin und diverse <W#Quercetinmethylether#W>, <W#Rhamnazin#W>,
<W#Sakuranetin#W>, <W#Isorhamnetin#W>, W#Homeriodictyolglucosid#W>,
-
<W#Phenylpropanderivate#W>: <W#Phenylallylalkoholglycoside#W>,
<W#Syringin#W>, das <W#Lignan<W# Syringaresinol#W> und dessen Glycoside, die
<W#Penylacrylsäuren#W> <W# Kaffeesäure#W>, <W#Sinapinsäure#W>,
<W#Ferulasäure#W>, <W#Syringasäure#W>, <W#Vanillinsäure#W>,
<W#Anissäure#W> und <W#Gentisinsäure#W>.
-
<W#Ligatoxin B#W>: ein neues cytotoxisches Protein (Li et al. 2002).
.
Weitere Qellen: (Hager 1994, Scheer et al. 1996, Rimpler 1999, Adam et al. 2000)
17 Biologische Wirkprinzipien
Die Mistellektine (ML) ähneln in ihrer Wirkung dem Ricin, einem Lektin aus dem Samen von
Ricinus communis. Die A-Ketten (= Toxomer) enthalten eine Enzymdomäne mit Ca2+abhängiger N-Glycosidase-Aktivität, die nach rezeptorvermittelter Endozytose des Lektins bei
Kontakt mit eukaryotischen Ribosomen in der 28S-rRNS einen Adeninrest deribosyliert. Damit
wird die rRNS-Kette gespalten und die Ribosomen werden inaktiviert, womit die Proteinsynthese
gestoppt wird. Dieser Effekt hat wiederum Ähnlichkeit mit den Eigenschaften von Ricin.
Immunmodulierende Wirkung: <W#Lektine#W> steigern die Phagozytose-Aktivität von
Makrophagen und fördern die Synthese und Freisetzung von TNF-alpha sowie die Freisetzung
von IL-1-alpha, ?
IL-2, IL6 und Interferon-gamma aus Lymphozyten und Monozyten/Makrophagen.
Sie stimulieren außerdem die Bildung von IL-2-Rezeptoren auf T-Zellen und von HLA-DQRezeptoren auf B-Zellen. Mistelextrakte fördern die Proliferation der Lymphoblasten und NKZellen und bewirken Apoptose. Sie beschleunigen auch die Hämatopoese und die
Regeneration des Knochenmarks nach der Bestrahlung mit Gammastrahlen. (Urech et al.1995,
Fischer et al.1997, Ribereau-Gayon et al. 1997, Stein et al. 1998, Pae 2000, Kim 2001, Park et
al. 2001, Lyu et al. 2002). Die Immunmodulation scheint auch von manchen Vogelarten erkannt
und verwendet zu werden. Bestimmte Kräuter, auch Misteln, werden ins Nest gegeben. Helga
Gwinner und Mitarbeiter aus dem Max Planck Institut für Ornithologie in Andechs vertreten in
ihrer „Drogen Hypothese“ daß u.a. die Mistelanteile das Immunsystem der Nestlinge stimulieren
und so Überlebensvorteile bewirken (Gwinner et al. 2000).
Direkte zytotoxische Wirkung: Viele Tumorzellen, aber auch normale Zellen, besitzen
Bindungsstellen für W#Mistellektine#W>. Diese werden über ihre B-Kette gebunden,
was zunächst zur Agglutination der Zellen führen kann. Die Lektine werden dann
endozytotisch in die Zellen aufgenommen. Dort inaktivieren die A-Ketten der Lektine die
Proteinkette in den 60-S-Untereinheiten der Ribosomen zellfreier Systeme. Die Lektine
wirken demnach zunächst cytostatisch auf intakte Zellen und in höheren
Konzentrationen und durch das Eindringen in die Zellen cytotoxisch, worauf die Zelle mit
der Einleitung des programmierten Zelltodes, der Apoptose, reagiert. Oligo- und
<W#Polysaccharide#W> wirken als Adjuvanzien: Sie fördern die Ausbildung von
Konjugaten zwischen NK-Zellen und Tumorzellen und damit die Abtötung der
Tumorzellen durch die Natürlichen Killerzellen. Außerdem fördern sie die Freisetzung
von TNF-alpha aus Monozyten/Makrophagen und die Freisetzung von IFN-gamma aus
T-Zellen.
Die <W#Viscotoxine#W> haben einen hohen Gehalt an L-Arginin und L-Lysin. Dieser
verursacht einen hohen isoelektrischen Punkt, der sie befähigt, histonähnlich mit DNS in
Wechselwirkung zu treten. Der amphiphile Charakter ist für ihre destruktive Wirkung auf
Membranen verantwortlich und somit an ihrer zytotoxischen Wirkung mitbeteiligt. Die
Viscotoxine verstärken darüber hinaus die NK-Zell-vermittelte Cytotoxität (Tabiasco et al. 2002).
<W#Ligatoxin B#W>: ein neues cytotoxisches Protein, hat vermutlich ähnliche Wirkung über
DNS-Bindung wie die Viscotoxine (Li et al. 2002).
Bei hohen (nicht der Therapie entsprechenden) Konzentrationen haben die Mistellektine,
Viscotoxine und Ligatoxin B starke toxische Nebenwirkungen (siehe Abschnitt 16, LD50).
Quellen: (Hager 1994, Urech et al.1995, Fischer et al.1997, Ribereau-Gayon et al. 1997, Stein
et al. 1998, Rimpler1999, Adam et al. 2000).
18 Wirkung
Bei der Behandlung mit „physiologischen“, d.h. noch nicht toxischen Konzentrationen (s.u.),
dominiert die #S#immunmodulierende#S> Wirkung, an der vor allem die Lektine sowie die
Oligo- und <W#Polysaccharide#W> beteiligt sind. Immunzellen werden aktiviert.
<W#Flavonoide#W> und <W#Phenylpropanderivate#W> spielen weiterhin eine Rolle in der
Krebsprävention (Stein et al. 2002, Lyu et al. 2002, Valentiner et al. 2002). Über die Aktivierung
bzw. Inaktivierung von Tumorzellen durch <W#Mistellektine#W> wird dabei konträr diskutiert
(Gabius und Gabius 2002, Maier und Fiebig 2002). Geringe Mistelkonzentrationen können zu
einer begrenzten <S#Aktivierung#S> von Zellen führen, was man als Stressreaktion betrachten
kann, jedoch nicht als <S#Proliferation#S> im Sinne des unkontrollierten Tumorwachstums.
Ähnliche <S#streßbedingte Reaktionen#S> treten auch bei Bestrahlung von Tumorzellen auf.
Bei Konzentrationen oberhalb des „physiologischen“ Bereiches kommt es zu starken
<S#toxischen#S> Nebenwirkungen durch Mistellektine, Polysaccharide und Viscotoxine. Die
Mistellektine sind z.B. parenteral verabreicht hochtoxisch (LD50 für ML I: Maus 28,6 µg/kg
Körpergewicht i.v.). Per os sind sie nicht toxisch wegen fehlender Absorbtion. Parenteral
appliziert sind Viscotoxine ebenfalls hochtoxisch (LD50 Maus: 100µg bzw. 500 µg/kg
Körpergewicht, i.v. bzw. i.p.).
Zellwachstumshemmung in vitro: Gesamtauszüge aus frischer Droge (Mistel-Preßsäfte,
wäßrige Auszüge oder fermentierte, einer Milchsäuregärung unterworfene Mistelauszüge, wie
sie bei Fertigpräparaten eingesetzt werden) zeigen bei isolierten Zellen, u.a. in Tumorzelllinien,
wie He-La Zellen, <S#Wachstumshemmung#S> und in höheren Konzentrationen, die in vivo
weit über den therapeutisch eingesetzten liegen, Cytotoxität.
Die Viscotoxine hemmen in vitro das Wachstum menschlicher Tumorzellen Konzentration 0,2 –1
µg/ml). <W#Viscotoxin#W> enthaltende Phytopharmaka wurden früher biologisch normiert und
in verschiedenen Wirkungsstärken angeboten (Hänsel und Haas 1984, Lyu et al. 2002,
Valentiner et al. 2002).
Antitumorale Wirkung im Tiermodell: Weber, Mengs et al. beobachteten, daß standardisierte
Mistelextrakte (Lektinol®) im Tier-Tumormodell antikrebs- bzw. antimetastatische Effekte haben.
In Mäusen wurde das Wachstum von Nierenzell, Colon,- und Hodentumoren inhibiert. Die
antimetastatische Wirkung zeigte sich als Reduktion von Lungenmetastasen beim primären
Melanom in Mäusen (Weber et al. 1998, Mengs und Leng-Peschlow 2002). Dieser Effekt wird
durch die nachgewiesene antiangiogenetische sowie apoptotische Wirkung der Mistellektine
erklärt (Park et al. 2001).
Antitumorale Wirkung in klinischen Studien: Aus Meta-Analysen alter Studien und aus
aktuellen Studien ergab sich folgendes:
Kiene 1989: Meta-Analyse von 35 Studien: 9 Studien zeigten Überlebensvorteile durch
Misteltherapie bei folgenden Tumorentitäten: <D#Zervix#D>, <D#Bronchial#D>, <D#Ovarial#D>,
<D#Lebermetastasen#D>, <D#Rectum#D>, <D#Colorectum#D>, <D#Mamma#D>,
<D#Magen#D>.
Dold et al. (1991) bei Bronchial Ca und Heiny (1991) bei <D#Mamma-Ca#D> fanden keine
signifikante Überlebenszeit, aber Verbesserung der Lebensqualität.
Kleijnen u. Knipschild (Meta-Analyse) (1994): 15 Studien,: Signifikanter Überlebensvorteil durch
Misteltherapie bei <D#Mamma Ca#D>.
Stumpf et al. (2000) untersuchten Risiko und Effektivität einer Misteltherapie bei <D#malignen
hämatologischen und lymphatischen Erkrankungen#D> bei 223 Patienten retrospektiv über
einen Zeitraum von 16 Jahren und verglichen die Ergebnisse mit Literaturdaten hinsichtlich der
Überlebenszeiten konventionell behandelter Patienten. Der Literaturvergleich ergab nahezu
identische Überlebenszeiten mit konventionell behandelten Patienten. Hinweise auf Risiken
durch die Therapie konnten bei den mit Mistelextrakt behandelten Patienten nicht erbracht
werden.
Grossarth-Maticek 2001: beschrieb prospektive nicht randomisierte und randomisierte MatchedPair-Studien, eingebettet in eine Kohortenstudie. In der epidemiologischen Kohortenstudie mit
10.226 Krebspatienten wurde die Überlebenszeit in definierten Matched-Pairs untersucht. In
einer Gesamtheit von 396 Matched-Pairs lag die mittlere Überlebenszeit von Patienten mit
Mistelextrakt 40% höher als in der Kontrollgruppe. In dieser Studie zeigte sich im Prinzip das
beste Ergebnis bei Patientinnen mit <D#Mamma-Ca#D>. Bei einem stadienabhängigem
Vergleich hatten Patientinnen in der Gruppe mit <D#axillären Metastasen#D> wesentlich
bessere kumulative Überlebenszeitkurven als primär <D#metastasenfreie#D> Patientinnen.
Begrenzung der Studie: es wurden Ergebnisse aus Studien mit verschiedenen Konzentrationen
und Extrakten desselben Herstellers ausgewertet.
Goebell et al. 2002: Bei oberflächlichen <D#Harnblasenkarzinomen#D> pTaG1-2 konnte
innerhalb einer prospektiven randomisierten 18-monatigen Verlaufsstudie bei 45 Patienten nach
subkutaner adjuvanter Misteltherapie (im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne zusätzliche
Therapie) kein Unterschied festgestellt werden hinsichtlich der Anzahl von Primärläsionen,
Rezidiven, Rezidivfreiheit und Gesamtzahl an Rezidiven (p=.0,48).
Nachteile der insgesamt publizierten Studien sind fast immer zu kleine Fallzahlen, fehlende
Kontrollgruppen, fehlende Randomisierung und/oder – Verblindung (Freiman 1978).
Kardiologische Wirkung: Als vermutliche Ursache der (oral applizierter Tee, aber auch Tinktur
i.v.) blutdrucksenkenden Eigenschaft der Mistel fand man ein <W#Cholinderivat#W>, das dem
<W#Acetylcholin#W> verwandt ist. Von den <W#Cholinderivaten#W> ist bekannt, daß sie den
Parasympathicus erregen und die Gefäße erweitern. Weiterhin zeigte sich, daß
Kaltwasserauszüge aus der Mistel auch digitalisartig auf das Herz wirken, jedoch nur bei der
Injektion (Madaus 1983, Weiß 1991). Mit Extrakten von Viscum coloratum Nakai wurden in
experimentellen Untersuchungen Effekte von einem <W#Dihydro-Flavonoid#W> zur
Behandlung von <D#Tachyarrhythmie#D> nachgewiesen (Wu et al. 1994). Extrakte von Viscum
coloratum Nakai können <D#Buthochdruck#D> senken, bei einer gleichzeitigen Verbesserung
der koronaren Herzdurchblutung und einer Senkung des Herzschlagvolumens (Kee Chang
Huang 1999)
Wirkung bei abnutzungsbedingter Gelenkerkrankung (Arthrose)
Viscum album (Herba) hatte zurückliegend als Injektion auch die Indikation: "Zur
Segmenttherapie bei degenerativ-entzündlichen <D#Gelenkerkrankungen#D> durch Auslösung
<S#cuti-viceraler Reflexe#S> nach Setzen lokaler Entzündungen durch intracutane Injektion."
Ein demgemäßes Präparat wurde 1939 erstmals von der Firma Madaus zur Segmenttherapie
bei <D#Arthrosen#D> (Plenosol®) eingeführt.
19 Behandelbare Symptome
Behandlung von Symptomen von
Tumoren:
Arthrose:
Hypertonie:
<S#Konzentrationsschwäche#S>, <S#Infektanfälligkeit#S>, <S#geschwächte
Abwehrlage#S>.
<S#Schmerzhafte Bewegungseinschränkung#S>.
<S#Schwindelgefühl#S>, <S#rotes Gesicht#S>, <S#Druckgefühl im Kopf#S>.
20 Anwendung Phytotherapie
<D#Tumoren#D>:
Verbesserung der Lebensqualität, Stimulierung der Abwehrkräfte,
Palliativtherapie im Sinne einer unspezifischen Reiztherapie bei malignen
Tumoren
<D#Arthose#D>:
Segmenttherapie bei degenerativ entzündlichen
<D#Gelenkerkrankungen#D> durch Auslösung <S#cuti-visceraler
Reflexe#S> nach Setzen lokaler <S#Entzündungen#S> durch intracutane
Injektionen.
<D#Hypertonie#D>: Butdrucksenkung.
21 Anwendung Homöopathie
Die Anwendung erfolgt oral, z. B. als Tee. Die Anwendungsgebiete entsprechen dem
homöopathischen Arzneimittelbild. dazu gehören: <D#Hoher und niedriger Blutdruck#D>,
<S#Schwindelgefühl#S> (Madaus 1938, Weiß 1991)
22 Anwendung TCM
23 Sonstige Anwendung
Anthroposophie
24 Sonstige Verwendung
Speziell englische weihnachtliche Festdekoration
25 D – Monographie
25.1 D – Monographie Viscum Album (Quelle: Keller et al. 1995)
Bezeichnung des homöopathischen Arzneimittels:
Viscum album
Bundesanzeiger v. 22. November 1985 (BAnz 217a), i. d. F. v. 8. März 1990 (BAnz 47).
Bestandteile des homöopathischen Arzneimittels:
Entsprechende Zubereitung aus Viscum album.
Anwendungsgebiete:
Die Anwendungsgebiete entsprechen dem homöopathischen Arzneimittelbild.
Dazu gehören:
Hoher und niedriger <D#Blutdruck#D>, <S#Schwindelgefühl#S>; Herzkranzgefäßverengung
und <S#Herzrhythmusstörung#S>; <S#Verschleißkrankheiten#S> der Gelenke.
Gegenanzeigen: Nicht bekannt.
Nebenwirkungen:
Bis D 7: Bei intravenöser Verabreichung können <S#Überempfindlichkeitsreaktionen#S> und
plötzlicher <S#Blutdruckabfall#S> auftreten.
Hinweis:
Es können sogenannte <S#Erstverschlimmerungen#S> vorkommen, die jedoch ungefährlich
sind.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Nicht bekannt.
Dosierung und Art der Anwendung:
Soweit nicht anders verordnet:
Bei akuten Zuständen häufige Anwendung alle halbe bis ganze Stunde je 5 Tropfen oder 1
Tablette oder 10 Streukügelchen oder 1 Messer- spitze Verreibung einnehmen;
parenteral 1-2 ml bis zu 3mal täglich;
Salben 1-2mal täglich auftragen.
Bei chronischen Verlaufsformen 1-3mal täglich 5 Tropfen oder 1 Tablette oder 10
Streukügelchen oder 1 Messerspitze Verreibung einnehmen;
parenteral 1-2 ml pro Tag;
Salben 1-2mal täglich auftragen.
Definition des Ausgangsmaterials:
Verwendet werden die frischen Zweige mit Blättern und Früchten von Viscum album L.
Angaben über die Herstellung des homöopathischen Arzneimittels:
Urtinktur und flüssige Verdünnungen nach HAB 1, Vorschrift 2a.
Darreichungsformen:
Urtinktur, flüssige Verdünungen, Streukügelchen, Verreibungen,
Tabletten, flüssige Verdünnungen zur Injektion, Salben.
25.2 D – Monographie Viscum Album e foliis (Quelle: Keller et al. 1995)
Bezeichnung des homöopathischen Arzneimittels:
Viscum album e foliis
(Bundesanzeiger v. 11 November 1989 (BAnz 213).
Bestandteile des homöopathischen Arzneimittels:
Entsprechende Zubereitungen aus Viscum album e foliis.
Anwendungsgebiete:
Die Anwendungsgebiete sind nicht ausreichend belegt.
Risiken:
Bis D 7: Bei intravenöser Verabreichung können <S#Überempfindlichkeitsreaktionen#S> und
plötzlicher <S#Blutdruckabfall#S> auftreten.
Ausgangsmaterial:
Verwendet werden frische Blätter von Viscum album L.
26 E – Monographie
Aufbereitungsmonographien (Komm.E, Monographien phytotherapeutischer
Arzneimittel).
Visci albi herba
BAnz-Datum: 05.12.84
Kommission: E
BAnz-Nr.: 228
ATC-Code: L03AL , Monographie: Visci albi herba (Mistelkraut)
Bezeichnung des Arzneimittels
Visci albi herba, Mistelkraut
Bestandteile des Arzneimittels
Mistelkraut, bestehend aus den frischen oder getrockneten jüngeren Zweigen mit Blättern,
Blüten und Früchten von Viscum album LINNÉ sowie deren Zubereitungen in wirksamer
Dosierung.
Anwendungsgebiete
Zur Segmenttherapie bei degenerativ entzündlichen <D#Gelenkerkrankungen#D> durch
Auslösung <S#cuti-visceraler Reflexe#S> nach Setzen lokaler <S#Entzündungen#S> durch
intracutane Injektionen. Zur Palliativtherapie im Sinne einer unspezifischen Reiztherapie bei
<D#malignen Tumoren#D>.
Gegenanzeigen
Eiweiß-Überempfindlichkeit, chronisch-progrediente Infektionen (z. B. Tbc).
Nebenwirkungen
<S#Schüttelfrost#S>, <S#hohes Fieber#S>, <S#Kopfschmerzen#S>, <S#pektanginöse
Beschwerden#S>, <S#orthostatische Kreislaufstörungen#S> und <S#allergische
Reaktionen#S>.
Wechselwirkungen
Keine bekannt.
Dosierung
Soweit nicht anders verordnet: Nach Angaben des Herstellers.
Art der Anwendung.
Frischpflanze, Schnitt- oder Pulverdroge zur Herstellung von Injektionslösungen.
Wirkungen:
Bei intracutaner Injektion entstehen lokale <S#Entzündungen#S>, die bis zur Nekrose
fortschreiten können. lm Tierversuch zytostatisch, unspezifisch immunstimulierend.
Hinweis
Die blutdrucksenkenden Wirkungen und die therapeutische Wirksamkeit bei milden Formen der
<D#Hypertonie#D> (<D#Grenzwerthypertonie#D>) bedürfen einer Überprüfung.
27 Gegenanzeigen, Warnhinweise
Kontraindikationen
Eiweiss-Überempfindlichkeit,
chronisch progrediente <D#Infektionen#D>
Unerwünschte Wirkungen
Bei peroraler Gabe untoxisch
Bei parenteraler Gabe können <S#Schüttelfrost#S>, <S#hohes Fieber#S>,
<S#Kopfschmerzen#S>, <S#pektanginöse Beschwerden#S>, <S#orthostatische
Kreislaufstörungen#S> und <S#allergische Reaktionen#S> auftreten.
<W#Viscumextrakt#W> schwächt in großen nicht-physiologischen Dosen die Atmung
28 Aktuelle Diskussion
<W#Mistelzubereitungen#W> werden seit langem in der Onkologie eingesetzt. Aber auch in der
Kardiologie gibt es Anhaltspunkte für weitere Anwendungsmöglichkeiten, basierend auf
Wirkungen von Mistelinhaltsstoffen wie <W#Flavonoiden#W>, <W#Cholinderivaten#W> und
<W#Glucosiden#W> (Madaus 1983, Weiß 1991,Wu et al. 1994) Neueren Untersuchungen
zufolge kann mit einem Extrakt auf Basis eines speziellen wäßrigen oder auch alkoholischen
Mistelauszugs bei Kaninchen nach i.v. Applikation mit einer Dosis von 1 ml/kg der
Bluthochdruck auf 32% des Originalwertes gesenkt werden. Die Droge bewirkte dabei eine
Verbesserung der koronaren Herzdurchblutung und eine Senkung des Herzschlagvolumens;
dieser Effekt konnte durch <#WAtropin#W> blockiert werden, hingegen der Effekt gegen
<D#Bluthochdruck#D> nicht. Vermutet wird ein Effekt von <W#Glucosiden#W> (Kee Chang
Huang 1999).
Im Rahmen der Komplementär-Onkologie ist die Mistel die bekannteste (und älteste) Vertreterin
von Phytopharmaka mit Akzeptanz innerhalb der klinischen Krebsbehandlung.
Einerseits gibt es den Einsatz der Mistel seit Steiner in der anthroposophischen
Therapierichtung mit ihren von der Kommission C monographierten Indikationen gut- und
bösartiger Geschwulsterkrankungen sowie definierter <D#Präkanzerosen#D> und Vorbeugung
gegen <D#Geschwulstrezidive#D>. Andererseits gibt es die Anwendung neuerer Zeit mit auf
<W#Mistellektin#W> standardisierten Extrakten in der Phytotherapie. Dieser Indikation hat die
Monographie der Kommission E mit den Anwendungsgebieten »zur Palliativtherapie im Sinne
einer unspezifischen Reiztherapie bei <D#malignen Tumoren#D>« neben einem Einsatz bei
bestimmten Ausprägungen im <D#rheumatischen#D> Formenkreis Rechnung getragen.
In den letzten Jahren sind sowohl im pharmakologischen als auch im klinischen Bereich
Anstrengungen unternommen worden, Wirkungen und Wirksamkeit von Mistel-Zubereitungen
mit den in der Schulmedizin üblichen Methoden zu prüfen und es wurden <W#standardisierte
Produkte#W> in wissenschaftlichen Studien geprüft, sowohl von Vertretern der
anthoposophischen als auch der naturwissenschaftlich ausgerichteten Interessengruppen.
Die Monographien der Kommission E galten ursprünglich für die Droge. Dieses Konzept ist aus
heutiger Sicht sehr weit gefaßt, sodaß das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) Art und Umfang der Zubereitungen, die tatsächlich von den Monographien abgedeckt
werden sollen, neu überdenkt.
Inzwischen ist die Misteltherapie, besonders in Deutschland, zu einer der biologischen
Standard-Therapien in der onkologischen Nachsorge geworden. Hervorzuheben ist, daß die
große Mehrzahl der Patienten und Ärzte über eine deutliche Besserung des <S#Befindens#S>
und eine Verminderung des Schmerzmittelbedarfs unter Behandlung mit Mistelextrakten
berichtet.
In den letzten zwei Jahren sind die Inhaltsstoffe der Mistel und deren Wirkungen verstärkt
Gegenstand molekularbiologischen Interesses geworden, wodurch die zunächst in
anthroposophischer Betrachtungsweise gefundenen Wirkungen der Mistelextrakte weitgehend
durch die wissenschaftlich fundierten molekular- und zellbiologischen Untersuchungen erklärt
werden können. Letzteres kann in Zukunft eine noch gezieltere naturwissenschaftliche
Anwendung der Mistel-Drogen ermöglichen.
29 Weiterführende Literatur
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31 Madaus Produkt
Arzneimittel Lektinol® , Wirkstoff: standardisierter Mistelextrakt
Injektionslösung zur subcutanen und intravenösen Injektion, zur Infusion mit isotonischer
Natriumchlorid-Lösung
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