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Berichte & Abstracts
Bad-Honnef-Symposium 2010
Infektionen in der Schwangerschaft und neonatale Infektionen
22. bis 23. März 2010, Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter
Abstracts – Reihenfolge nach Programm
Tagungsprogramm:
siehe PEG-Mitteilungen, Seite 52
Montag, 22. März
Impfen vor und während
der Schwangerschaft sowie
Konzepte bei unreifen
Neugeborenen
Markus Knuf, Dr.-Horst-Schmidt-Klinik, Klinik für Kinder
und Jugendliche, Ludwig-Erhard-Straße 100, 65199 Wiesbaden, Pädiatrische Infektiologie, Universitätsmedizin
Mainz, 55101 Mainz, E-Mail: markus.knuf@hsk-wies­
baden.de
Zum Thema „Impfen und Schwanger­
schaft“ gehören die korrekte, zeitge­
rechte Durchführung von Impfungen
vor der Schwangerschaft, möglicher­
weise in der Schwangerschaft (strenge
Indikationsstellung) sowie die Vakzi­
nation von Angehörigen und Mitarbei­
tern im Gesundheitsdienst.
Vor einer Schwangerschaft sollte der
Impfpass bei Erstkontakt überprüft
werden. Es gilt Impflücken, insbeson­
dere bei Lebendimpfungen mit Rele­
vanz in der Schwangerschaft und für
das Neugeborene (Röteln, Windpo­
cken, Masern, Mumps) sowie Totimp­
fungen gegen Erkrankungen, die nach
der Entbindung eine Rolle spielen
können (z. B. Pertussis) zu schließen.
Die ständige Impfkommission (STIKO)
stellt bezüglich der Thematik „Imp­
fungen in der Schwangerschaft“ fest:
„Nicht dringend indizierte Impfungen
sollten während der Schwangerschaft
nicht durchgeführt werden. Dies gilt
vor allem für Impfungen mit Lebend­
impfstoffen gegen Gelbfieber, Masern,
Mumps, Röteln und Varizellen“. Den­
noch kann es notwendig sein während
der Schwangerschaft zu impfen.
Hierzu gehören eventuell die Auffri­
schung von Routineimpfungen bzw.
Indikationsimpfungen (Tetanus, Diph­
therie, Influenza, Pneumokokken), die
postexpositionelle Impfung (Tollwut,
Tetanus, Hepatitis B, Varizellen, Ma­
sern), gegebenenfalls Reiseimpfungen
(Hepatitis A,
Hepatitis B,
Typhus,
Gelbfieber, Japanische Enzephalitis,
Tollwut) oder Impfungen bei arbeits­
medizinischer Indikation (Hepatitis B,
Influenza, Tollwut).
Tabelle 1 gibt die amerikanischen
Empfehlungen der CDC zur Verwen­
dung von Totimpfstoffen während der
Schwangerschaft wieder.
Die Rationale für die Empfehlung
der Influenza-Impfung während der
Schwangerschaft ist das Fehlen von
unerwünschten
Nebenwirkungen
sowie der schwere Verlauf der Influen­
za in der Schwangerschaft und der po­
tenzielle, postnatale Schutz durch die
Impfung für das Kind.
Folgende Totimpfstoffe können nach
sorgfältiger Abwägung eventuell wäh­
rend der Schwangerschaft gegeben
werden:
Hepatitis A: Die Sicherheit in der
Schwangerschaft ist bislang nicht
hinreichend untersucht, das Risiko
jedoch „theoretisch sehr niedrig“.
Poliomyelitis-Impfung: Bislang sind
keine unerwünschten Wirkungen
bei Schwangeren oder Neugebore­
nen aufgetreten, aber „theoretisch
denkbar“.
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Tab. 1. Impfungen mit Totimpfstoffen während
der Schwangerschaft (CDC) [CDC 5/2007,
Advisory Committee on Immunization Practices
(ACIP)]
Impfstoff
Bei
­Indikation
Kl Abwägung
Hepatitis A
X
Hepatitis B
Influenza
X
Empfohlen
Polio (IPV)
X
Pneumokokken
X
Tetanus/Diphterie
X
Pneumokokken: Auch hier sind bis­
lang bei der versehentlichen Imp­
fung in der Frühschwangerschaft
keine unerwünschten Wirkungen
aufgetreten; dennoch ist aus grund­
sätzlichen Erwägungen heraus Vor­
sicht während der Impfung im ers­
ten Trimenon geboten.
Lebendimpfungen sind grundsätzlich
kontraindiziert während der Schwan­
gerschaft; eine mögliche Alternative
ist die passive Immunisierung (sofern
verfügbar) mit Hyperimmunglobulin
oder mit polyspezifischem Immunglo­
bulin.
Tabelle 2 fasst die Zusammenhänge
einer versehentlichen Rötelnimpfung
Tab. 2. Verlauf nach versehentlicher Rötelnimpfung in der Schwangerschaft [nach Enders, 2005; Bar-Oz,
2005; Namaei, 2008; Minussi, 2008]
Land
Impfung:
± 3 Monate
~ Konzeption
–2 Wochen/
+6 Wochen Konzeption
IgM im Nabel­
schnurblut
Röteln­
embryopathie
6/222 (3 %)
0/324
USA
324
113
Deutschland
314
188
7/139 (5 %)
0/314
75
25
4/52 (8 %)
1*/75
5
?
0/5
0/5
94
?
Iran
106
?
0/106 (0 %)
0/107
Brasilien
171
?
10/171 (7 %)
0/171
Gesamt
1 089
326
27/695 (3,9 %)
1*/1090
GB
Schweden
Kanada
0/94
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40 Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 Berichte & Abstracts
Tab. 3. Verlauf nach versehentlicher Varizellenimpfung in der Schwangerschaft [nach Wilson JID,
2008;197:178 f.; Shields, 2001]
Exposition Seronegativer insgesamt
N
Fetale Todesfälle
131
9 (7 %)
Kongenitale
VZV
Kongenitale
Fehlbildung
0
3 (2,3 %)
Hohes Risiko (0–24 SSW)
82
0
3 (3,7 %)
Mittleres Risiko (> 24 SSW bis –4 SSW)
24
0
0
Geringes Risiko (< –4 SSW)
25
0
0
Nach Impfung bei unklarem Serostatus
Nach Impfung nach potenziellem VZV-Kontakt
400
55 (14 %)
0
13 (3,3 %)
21
4 (19 %)
0
1
während der (noch nicht bekannten)
Schwangerschaft zusammen.
Tabelle 3 gibt die Datenlage nach einer
versehentlichen Varizellenimpfung in
der Schwangerschaft wieder.
Bezüglich der Indikationsimpfungen
mit einem Lebendimpfstoff in der
Schwangerschaft ist die GelbfieberImpfung herauszuheben. Bei der Gelb­
fieber-Erkrankung handelt es sich um
eine Erkrankung mit biphasigem Ver­
lauf und etwa 200 000 Fällen pro Jahr.
Aktuelle Ausbrüche wurden aus Gui­
nea, dem Sudan, Mali und der Elfen­
beinküste gemeldet. Wegen der hohen
Sterblichkeit (bis zu 50 %) müssen Rei­
sende in Endemiegebiete konsequent
geimpft werden.
Kleinere, retrospektive Studien aus
Brasilien, Trinidad und Europa mit re­
trospektivem Design konnten Hinwei­
se dafür geben, dass nach der Gelbfie­
ber-Impfung in der Schwangerschaft
keine erhöhte Fehlbildungsrate gegen­
über der Normalbevölkerung auftrat.
Management vor der
Schwangerschaft
Totimpfungen können ohne zeitliche
Einschränkung auch vor einer Schwan­
gerschaft verwendet werden. Nach Le­
bendimpfungen sollte vier Wochen
lang eine Schwangerschaft verhütet
werden. Diese Empfehlung ist vor
allem dem Fehlen von Studien geschul­
det und weniger der Tatsache, dass bei­
spielsweise eine Rötelnimpfung bei un­
bekannter Schwangerschaft zu einer
Rötelnembryopathie durch den Impf­
stoff führen könnte (Tab. 2). Liegt vor
der Schwangerschaft ein Röteln-Titer
von 1 : 8 oder 1 : 16 im HHT-HAH-Test
vor, so sollten maximal zwei Rötelnimp­
fungen durchgeführt werden. Wenn
bereits zwei Impfungen dokumentiert
sind, aber Zweifel an der Korrektheit
der Impfung bestehen, sollte noch ein­
mal mit Titerkontrolle nachgeimpft
werden. Wenn sich auf eine korrekte
Impfung kein Titeranstieg einstellt,
ist dieses der Beweis für Immunität. In
jedem Falle ist es also anzustreben, vor
einer Schwangerschaft den Impfschutz
zu vervollständigen. Eine Titerkontrol­
le ist nur in Ausnahmefällen angezeigt.
Gegen Impftiter-Kontrollen sprechen
deren Verwendbarkeit als „Surrogat­
marker für Immunreaktion“, jedoch
nicht „Protektion“. Darüber hinaus
sind die Testverfahren oftmals nicht
standardisiert.
Zusammenfassend ist es in jedem Fall
besser, einer Impfung von Schwange­
ren die vollständige Immunisierung
vor der Schwangerschaft und die Impf­
prävention von Angehörigen und me­
dizinischen Mitarbeitern vorzuziehen.
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Malaria in der Schwanger­
schaft – Prävention und
Therapie
Annette Kapaun, Sektion Klinische Tropenmedizin, Universitätsklinik Heidelberg, INF 324, 69120 Heidelberg,
E-Mail: [email protected]
Schwangeren sollte grundsätzlich vor
Reisen in Malariagebiete abgeraten
werden. Sie haben ein höheres Risiko,
an einer komplizierten Verlaufsform
von P.-falciparum-Malaria zu erkran­
ken, als Nichtschwangere. Komplikati­
onen (schwere hämolytische Anämie,
Hypoglykämie, Ikterus, Hyperpyre­
xie, Niereninsuffizienz, Lungenödem)
treten häufiger auf und in der Folge
erhöhte maternale Letalität und Mor­
bidität, Aborte, Frühgeburten oder
Kindstod.
Die Sequestration der Plasmodien in
der Plazenta führt zur Plazentainsuffi­
zienz, die Malaria-induzierte hämoly­
tische Anämie kann die Minderversor­
gung des Feten verstärken.
Schon beim geringsten Verdacht auf
Malaria (insbesondere Fieber, Kopfund Gliederschmerzen) bei einer
Schwangeren sollte umgehend die
Expertise einer tropenmedizinischen
Einrichtung eingeholt werden.
Wichtige Medikamente, die norma­
lerweise zur Prävention und Therapie
der Malaria eingesetzt werden, sind für
Schwangere nicht geeignet bzw. es lie­
gen keine ausreichenden Erfahrungen
vor.
Ist der Aufenthalt in Malariaendemie­
gebieten aus privaten oder beruflichen
Gründen unvermeidbar, sollte eine
ausführliche Beratung bezüglich Ex­
positionsprophylaxe, medikamentöser
Prophylaxe und Therapie rechtzeitig
vor Ausreise in einer tropenmedizi­
nischen Einrichtung erfolgen.
Präventive Maßnahmen
Expositonsprophylaxe
(während
Dämmerung und Nacht Aufenthalt in
moskitosicheren Räumen, unter im­
prägnierten Moskitonetzen und/oder
Klimaanlagen benutzen).
Bei Aufenthalten im Freien helle,
körperbedeckende Kleidung tragen,
Repellenzien (wie z. B. DEET) sollten
so sparsam wie möglich (nur die un­
vermeidlich nicht kleidungsbedeck­
baren Hautareale) und nicht in hoher
Konzentration (< 50 %) aufgetragen
werden. Permethrin-Imprägnation der
Kleidung ist eine weitere Option.
Zusätzlich wird eine kontinuierliche
medikamentöse Prophylaxe für Regio­
nen mit mittlerem oder hohem Infek­
tionsrisiko empfohlen.
Medikamente zur Prophylaxe
Chloroquin und Proguanil: Geeignet,
wegen unzureichender Wirksamkeit
in multiresistenten Malaria-Gebieten
nicht mehr empfohlen.
Mefloquin: gute Wirksamkeit, beispiels­
weise in Afrika, jedoch nicht im 1. Tri­
menon, im 2. und 3. Trimenon nur
unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Ab­
schätzung
Doxycyclin: kontraindiziert
Atovaquon/Proguanil: nicht empfohlen
Medikamente zur Therapie
Die Auswahl des Medikaments ist ab­
hängig von der jeweiligen Resistenz­
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Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 41
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lage und von der Schwere der Erkran­
kung (orale oder i. v. Gabe).
Chloroquin: Zur oralen Therapie von
Malaria tertiana (cave Resistenzen in
Ozeanien und Südostasien) und Mala­
ria quartana und bei unkomplizierter
P.-falciparum-Malaria aus Gebieten
ohne Chloroquin-Resistenz (Haiti/Dom.
Republik/Mittelamerika nördlich des
Panamakanals)
Chinin (oral oder i. v.) plus Clindamycin: zur
Therapie von P.-falciparum-Malaria
Atovaquon/Proguanil: nicht empfohlen,
unzureichende Datenlage
Artemisinin-Kombinations-Therapie: nicht
empfohlen, unzureichende Datenlage
Intermittierende präventive
Malariatherapie (IPT) bei
Schwangeren (gilt nicht für
Reisende und auch nicht für
Langzeitaufenthalter)
Asymptomatische Schwangere in Ge­
bieten mit hohem Infektionsrisiko
werden in regelmäßigen Abständen
vorzugsweise mit Kombinationsthera­
pien behandelt, mit dem Ziel, Dauer
und Höhe der Parasitenlast zu verrin­
gern. In einigen Studien konnte gezeigt
werden, dass die Rate der Malaria-asso­
ziierten Erkrankungen bei Schwange­
ren (z. B. Anämie) und den Neugebore­
nen (z. B. „low birth weight“) gesenkt
wurde.
Unterschiedliche Kombinationsthera­
pien werden derzeit in verschiedenen
Ländern und Studien eingesetzt bzw.
getestet.
Literatur
1. DTG-Empfehlungen zur Malariaprophylaxe
und -therapie, 2009.
2. Guidelines for Malaria Prevention in Travel­
lers from the United Kingdom (2007).
3. Nosten F, et al. Antimalarial Drugs in Preg­
nancy: A Review. Curr Drug Safety 2006;1:
1–15.
4. Malaria in Pregnancy. In: Cook GC (ed.). Man­
son’s Tropical Diseases. 22nd edition. Philadel­
phia: Saunders, 2010:1271–3.
5. Schlagenhauf P, Petersen E. Malaria chemo­
prophylaxis: Strategies for risk groups. Clin
Microbiol Rev 2008;21:466–72.
Vaginale Infektionsrisiken in
der Schwangerschaft
Eiko E. Petersen, Sektion Gynäkologische Infektiologie
an der Universitäts-Frauenklinik, Hugstetter Straße 55,
79106 Freiburg, E-Mail: [email protected]
In den letzten 20 Jahren hat sich unser
Wissen über die Zusammensetzung
der Vaginalflora und die Bedeutung
der verschiedenen Mikroorganismen
deutlich verbessert.
Nicht nur, dass neue Mikroorganismen
hinzugekommen sind, wir unterschei­
den viel genauer zwischen pathogenen
Keimen und fakultativ pathogenen
Kolonisationskeimen. Nur wenige pa­
thogene Mikroorganismen lösen am
kräftigen Vaginalepithel eine Entzün­
dungsreaktion aus (A-Streptokokken,
Candida albicans, S. aureus, Tricho­
monaden, Herpes-simplex-Viren). Alle
anderen Keime führen in hoher Kon­
zentration zu einer gestörten Vaginal­
flora mit geänderten physikalischen
Eigenschaften wie Konsistenz, Geruch,
Farbe, was die Patientin in den meis­
ten Fällen auch stört. In der Schwan­
gerschaft jedoch und vor Eingriffen
bedeuten sie mehr als ein ästhetisches
Problem, sondern können zum Risiko
werden.
Der gefährlichste Keim in der Vagina
für die Mutter ist auch heute noch
Streptococcus pyogenes, der Erreger
der Puerperalsepsis, wie an Fallbeispie­
len gezeigt wird.
Von hohem aktuellem Interesse in der
Pädiatrie sind wegen ihrer Häufigkeit
die Gruppe-B-Streptokokken-(GBS-)In­
fektionen des Neugeborenen. Hier
gibt es klinische Leitlinien und große
Anstrengungen, die Zahl der schweren
Infektion zu senken. Nach Hochrech­
nungen werden etwa 240 Fälle pro
Jahr erwartet, von denen nur 1/3 er­
fasst werden. Die bisherige ScreeningEmpfehlung aller Schwangeren, deren
Kosten von ihr selbst getragen werden
müssen, und die Antibiotikaprophyla­
xe aller GBS-Positiven unter der Ent­
bindung ist derzeitig eine Möglichkeit,
aber keine optimale.
Der Spätabort, der oft infektionsbedingt
ist, und die mit 7 % häufige Frühgeburt
sind bislang ungelöste Probleme in
der Geburtshilfe. Die gestörte Vaginal­
flora spielt als einer der Auslöser bzw.
Risikofaktoren eine erhebliche Rolle.
Dabei scheinen Synergismen zwischen
verschiedenen Bakterienarten die In­
fektion zu begünstigen. Proteinasen
der Anaerobier degradieren das schüt­
zende Zervixsekret und begünstigen
somit (vor allem E. coli) die Aszension
und die Auslösung einer Amnionitis.
Sobald die Infektion die Fruchthöhle
erreicht hat, kommt es zu Wehen und
zur Ausstoßung oder Geburt des Kindes.
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Die frühzeitige Erkennung von patho­
genen Erregern oder pathologischen
Keimzusammensetzungen
in
der
Vagina und die Verbesserung der Va­
ginalflora schon früh in der Schwan­
gerschaft ist die beste Prophylaxe für
Mutter und Kind.
Hämolysierende Strepto­
kokken bei Neugeborenen
Barbara Spellerberg, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Ulm, Albert-EinsteinAllee 11, 89081 Ulm, E-Mail: barbara.spellerberg@
uniklinikum-ulm.de
Unter den hämolysierenden Strepto­
kokken haben vor allem die Spezies
Streptococcus pyogenes (Gruppe-AStreptokokken), Streptococcus aga­
lactiae (Gruppe-B-Streptokokken) und
Streptococcus dysgalactiae subspecies
equisimilis (Gruppe-C- und -G-Strepto­
kokken) humanpathogene Bedeutung.
Schwere invasive Infektionen in der
Neugeborenenperiode werden fast
ausschließlich durch S. agalactiae ver­
ursacht. Die Erreger werden aus dem
Urogenitaltrakt der Mutter unter der
Geburt auf die Neugeborenen übertra­
gen und führen in 1 bis 2 % der koloni­
sierten Kinder zu einer invasiven Infek­
tion. Diese manifestiert sich als Sepsis,
Pneumonie oder Meningitis, häufig
innerhalb der ersten 24 Stunden nach
der Geburt. Eine Reihe von Virulenzund Pathogenitätsfaktoren spielen in
der Entwicklung invasiver Verläufe
eine wichtige Rolle. Neugeborenen­
infektionen können effektiv durch eine
peripartale Antibiotikaprophylaxe der
Mutter verhindert werden, die nach
den nationalen Leitlinien bei allen mit
S. agalactiae kolonisierten Schwan­
geren empfohlen wird. Aktuell findet
man in Deutschland eine Kolonisie­
rung schwangerer Frauen in ungefähr
16 %. Bei strikter Einhaltung aller Indi­
kationen zur peripartalen Prophylaxe
führt das zu einer Antibiotikagabe in
bis zu 20 % aller Geburten. Bedrohlich
erscheint in diesem Zusammenhang
die Entwicklung einer verminderten
Empfindlichkeit gegenüber Penicillin,
die im Jahre 2008 erstmals beobachtet
wurde und deutliche Parallelen zu der
Penicillinresistenz von Pneumokok­
ken aufweist. Eine enge Beobachtung
dieser Entwicklung ist notwendig, um
eine Ausbreitung dieser Stämme recht­
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42 Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 Berichte & Abstracts
zeitig zu erfassen und die empirischen
Antibiotikaempfehlungen im Bedarfs­
fall dieser Situation anzupassen.
Listeriose in der
Schwangerschaft und bei
Neugeborenen
Herbert Hof, Labor Limbach, Im Breitspiel 15, 69126
Heidelberg
Sepsis bei Neugeborenen
– Early und Late onset
Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Härtel, Klinik für Kinderund Jugendmedizin Lübeck, Ratzeburger Allee 160,
23538 Lübeck, E-Mail: [email protected]
Die Inzidenz der neonatalen Sepsis,
definiert als klinische Infektion inner­
halb der ersten 28 Lebenstage mit Er­
reger-positiver Blutkultur, beträgt zwi­
schen 1 und 10/1 000 Lebendgeborene,
wobei für Frühgeborene mit einem Ge­
burtsgewicht < 1 500 Gramm (very-lowbirth-weight, VLBW) ein neonatales
Sepsisrisiko von 10 bis 30 % verzeichnet
wird. Die Bedeutung der neonatalen
Sepsis für Morbidität und Mortalität
hat in den letzten zwanzig Jahren vor­
nehmlich deshalb zugenommen, weil
durch die Fortschritte in der intensiv­
medizinischen Versorgung, beispiels­
weise durch den Einsatz von antena­
talen Steroiden, die Verabreichung
von Surfactant und durch schonendere
Beatmungsverfahren, bessere Überle­
benschancen für VLBW-Frühgeborene
erreicht wurden, jedoch insbesondere
das niedrige Gestationsalter ein hohes
Risiko für invasive Infektionen zur
Folge hat. Die präsentierten Daten ba­
sieren auf einer multizentrischen, Po­
pulations-bezogenen Studienkohorte
VLBW-Frühgeborener, welche die Basis
für die Gründung des Deutschen Früh­
geborenennetzwerks GNN (German
Neonatal Network) bildete. Insgesamt
liegen Datensätze von 2 433 VLBWFrühgeborenen vor (mittleres Gestati­
onsalter ± SD: 28,9 ± 2,7 Wochen; mitt­
leres Geburtsgewicht: 1 077 ± 295 g).
348/2 433 VLBW-Frühgeborene erlitten
eine Sepsis. Es werden Risikofaktoren
und Erregerspektren von Early- (Le­
bensalter < 72 Stunden) und Late onset
vorgestellt und die Bedeutung von zen­
trumsspezifischen Unterschieden hin­
sichtlich Prävention und Inzidenz von
Infektionen diskutiert.
Listerien sind typische Umweltkeime.
Ihr eigentlicher Standort ist die Erde.
Von dort gelangen sie mit Staub auf
ganz verschiedene Lebensmittel, wo
sie sich sekundär vermehren können
– sogar bei Kühlschranktemperaturen,
so dass beim Verzehr schon beträcht­
liche Keimkonzentrationen vorlie­
gen können. Listeria monocytogenes
ist der einzige aus dieser Gruppe von
grampositiven
Stäbchenbakterien,
dem eine humanpathogene Bedeu­
tung zukommt. Die meisten Infekti­
onen entstehen durch Verzehr von
Kopfsalat, von Weichkäse (Romadur,
Brie, Roquefort, wobei meistens nur
die Rinde kontaminiert ist), von Sa­
lami (wobei wiederum die Listerien
meistens außen auf der Pelle sitzen)
und von geräuchertem Lachs (wobei
die Fische selber nicht infiziert sind;
vielmehr werden die Listerien bei der
Weiterverarbeitung in der Fabrik ein­
getragen). Dagegen sind alle erhitzten
Speisen, aber auch Karotten und Äpfel
frei von Listerien.
Nach oraler Aufnahme können Liste­
rien die Darmwandbarriere überwin­
den und in die Zirkulation gelangen.
Da sie sich selbst in Makrophagen
und Endothelzellen intrazellulär ver­
mehren können, gelingt es ihnen, in
praktisch alle Organe sogar über die
Blut-Hirn-Schranke ins ZNS und über
die Plazenta hinweg in den Fötus zu
gelangen.
In Deutschland wie in Europa nimmt
die Zahl der registrierten Fälle zu; pro
Jahr werden 400 bis 500 Erkrankungen
gemeldet, wobei vor allem Alte und
Immungeschwächte gefährdet sind.
Gelegentlich kommen auch Ausbrü­
che vor. Die Zahl der Infektionen in
der ­ Neonatalperiode ist mit etwa 40
pro Jahr recht konstant.
Bei Erwachsenen tritt eine Listeriose in
Form einer Sepsis und einer Meningi­
tis (eventuell auch einer Enzephalitis)
auf. Bei Schwangeren, die ein etwa
12fach höheres Risiko als die Normal­
bevölkerung haben, eine Listeriose zu
erleben, ist der Verlauf meist blande;
ein grippaler Infekt mit kurzfristigem
Fieber ist zumeist die einzige subjektiv
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spürbare Manifestation. Je nach Sta­
dium der Schwangerschaft hat eine
intrauterine Infektion des Fötus unter­
schiedliche Folgen, nämlich Abort oder
Frühgeburt (auffällig ist ein grünliches
Fruchtwasser) oder Zeichen dissemi­
nierter Infektion bei Geburt (granulomatosis infantiseptica), die sogenannte
Early-Onset-Listeriose. Auch eine Infek­
tion unter der Geburt bei Exposition in
den Geburtswegen ist möglich, was
dann einige Tage später („late onset“)
zu Infektionssymptomen führt.
Eine frühzeitige Diagnose durch An­
tikörper- oder Antigennachweis ist
nicht möglich, denn nur die Kultur
(bzw. PCR-Nachweis) aus Blut der Mut­
ter bzw. Amnionflüssigkeit wären die
einzigen Chancen dafür. Erst bei Er­
krankung kann die Ätiologie geklärt
werden.
Die Prognose für die Mutter ist sehr
gut, denn die Infektion heilt für sie
ohne Folgen aus. Die Prognose für das
Kind ist schlecht; eine Early-Onset-Lis­
teriose hat in 30 bis 50 % einen letalen
Ausgang; eine Late-Onset-Infektion
lässt sich durch Ampicillin gut behan­
deln.
Eine Impfung oder Immunität gibt es
nicht; die Vermeidung der Nahrungs­
mittel mit hoher Listerienbelastung ist
die einzig sinnvolle Prävention.
Toxoplasmose in der
Schwangerschaft
Priv.-Doz. Dr. med. Ioannis Mylonas, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Klinikum
Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität München,
Maistraße 11, 80337 München, E-Mail: ioannis.mylona@
med.uni-muenchen.de
Wenn eine schwangere Frau erstmals
während der Gravidität Kontakt mit
Toxoplasma gondii hat, kann der Para­
sit während der akuten Infektionspha­
se auf den Feten übergehen. Im Vorder­
grund steht neben der Problematik der
seltenen schweren Erkrankungsfälle
vor allem die Langzeitprognose der
häufigen Fälle subklinisch infizierter
Kinder.
In etwa 50 % der Primärinfektionen
während einer Schwangerschaft ist mit
einem Übertritt des Erregers auf den
Feten zu rechnen. Wird die Infektion
erst in der letzten Schwangerschafts­
woche erworben, steigt die Übertra­
gungsrate auf etwa 90 %. Die Gefahr
für eine schwere Erkrankung des Fetus
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Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 43
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sinkt dagegen mit dem Gestationsal­
ter. Vor der 16. SSW schädigen Toxo­
plasmaherde den Trophoblasten so
offenbar schwer, dass Spontanaborte
Folge der Infektion sind. Durch Toxo­
plasmose verursachte Embryopathien
sind deshalb quasi nicht zu erwarten.
Nur selten treten bei der Mutter die ty­
pischen klinischen Zeichen mit Lymph­
adenitis, Fieber und Kopfschmerzen
auf. Die klassische Trias mit Hydroze­
phalus, Chorioretinitis und intraze­
rebralen Verkalkungen tritt nach der
Geburt um so eher klinisch in Erschei­
nung, je massiver der postenzephali­
tische Schaden ist. Kardiopulmonale
und hepatische Symptome stehen im
Vordergrund einer fetalen Infektion.
Neue Untersuchungsmethoden wie
beispielsweise die PCR und verbesserte
Routinetests ermöglichen heute so­
wohl bei Screening-Untersuchungen
als auch im schwierigen Einzelfall eine
sehr sichere Diagnostik. Indirekt ist der
Nachweis einer akuten Infektion durch
serologische Methoden möglich.
Wurde eine fetale Infektion nachgewie­
sen und bestehen gleichzeitig sonogra­
phische Anzeichen für eine Schädigung
des Kindes, muss die Möglichkeit einer
Abruptio mit den Eltern besprochen
werden. Bei unauffälligem Schwanger­
schaftsverlauf sollten infizierte Kinder
intrauterin (über eine Therapie der
Mutter) sowie postpartal mindestens
bis zum 12. Lebensmonat antibiotisch
behandelt werden (4-wöchige Kombi­
nationstherapie mit Pyrimethamin/
Sulfadiazin/Folinsäure/Spiramycin).
Gesundheitliche Aufklärung und sero­
logische Überwachung müssen bei der
Bekämpfung der pränatalen Toxoplas­
ma-Infektion beachtet werden.
Konnatale Toxoplasmose
Ingrid Reiter-Owona, Institut für Medizinische Mikrobio­
logie, Immunologie und Parasitologie, Sigmund-FreudStraße 25, 53105 Bonn; E-Mail: [email protected]
Die konnatale Toxoplasmose (KT) wird
verursacht durch eine pränatale Infek­
tion des Feten mit dem Parasiten To­
xoplasma gondii. Das vorherrschende
Krankheitsbild hat sich in den letzten
50 Jahren stark gewandelt: standen
früher Fruchttod und schwere gene­
ralisierte Formen mit Beteiligung des
Zentralnervensystems (Hydrozepha­
lus, Chorioretinitis, Verkalkungen) im
Vordergrund, so werden heute meist
subklinische Verlaufsformen beobach­
tet. In West- und Mitteleuropa stellt die
okuläre Toxoplasmose die häufigste
Manifestation der KT dar. Erste irre­
versible Schädigungen an der Retina
entstehen bereits intrauterin, weitere
okuläre Läsionen können in jedem Le­
bensalter auftreten und bei bis zu 25 %
der Betroffenen zur Erblindung füh­
ren. Krankheitsbild und Häufigkeit der
KT werden wesentlich bestimmt vom
Zeitpunkt der fetalen Infektion, aber
auch vom Parasiten und möglicherwei­
se vom genetischen Hintergrund der
Mutter.
Eine sichere pränatale Diagnose ermög­
licht auch eine frühzeitige Therapie.
Die PCR aus Amnionflüssigkeit bietet
hier höchste diagnostische Sensitivität
und Spezifität. Die postnatale Diagno­
se stützt sich auf Ergebnisse von kli­
nischen Befunden, serologischen Test­
verfahren und den Erregernachweis.
Das Risiko für Kinder, an einer KT zu
erkranken, wird mit 6 bis 7 % (mater­
nale Infektion im 1. Trimenon), 24 bis
47 % (Infektion im 2. Trimenon) bzw. 59
bis 81 % (Infektion im 3. Trimenon) an­
gegeben. Die medizinischen Erkennt­
nisse, dass eine möglichst frühzeitige
(< 4 Wochen nach maternaler Infekti­
on) Therapie mit Pyrimethamin plus
Sulfadiazin die Schwere der KT günstig
beeinflusst (intrakraniale Läsionen
versus Augenläsionen) und sich bei
klinisch manifester KT Spätschäden
durch eine postnatale Langzeitthera­
pie vermeiden oder abmildern lassen,
müssen durch randomisierte Dop­
pelblindstudien abgesichert werden.
Untersucht wird derzeit auch, ob ein
Zusammenhang zwischen Serumspie­
gelkonzentration und Effektivität der
parasitären Therapie besteht.
© WVG
Literatur
1. Dunn D, Wallon M, Peyron F, Petersen E, et al.
Mother to child transmission of toxoplasmo­
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mosis. Mem Inst Oswaldo Cruz, Rio de Janeiro
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3. McLeod R, et al. Outcome of treatment for
congenital toxoplasmosis, 1981–2004: the
National Collaborative Chicago-Based, Con­
genital Toxoplasmosis Study. Clin Infect Dis
2006;42:1383–94.
Dienstag, 23. März
Chlamydien in der
Schwangerschaft
Prof. Dr. Klaus Friese, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Klinikum Innenstadt und
Grosshadern, Ludwig-Maximilians-Universität München,
Maistraße 11, 80337 München, E-Mail: klaus.friese@med.
uni-muenchen.de
Eine urogenitale Infektion mit Chlamy­
dia trachomatis ist die am häufigsten
vorkommende sexuell übertragbare
Erkrankung in der Welt. Auch ohne
klinisch apparente Zervizitis kann
eine durch C. trachomatis verursachte
Salpingitis entstehen, die vor allem in
chronischer oder subklinischer Form
zur Schädigung und Vernarbung der
Salpingen führen kann. Frauen mit
einer anamnestischen Adnexitis/PID
haben schwerwiegende gesundheit­
liche und reproduktionsmedizinische
Probleme einschließlich Infertilität
(etwa 20 %), chronische pelvine Schmer­
zen (etwa 18 %) und extrauterine Gravi­
dität (etwa 6 %).
Außer der sexuellen Transmission
hat ebenfalls die peripartale Übertra­
gung, die bei 36 bis 60 % der infizierten
Mütter zu erwarten ist, eine große
Bedeutung hinsichtlich der perina­
talen Morbidität der Neugeborenen.
Eine Infektion während der Schwan­
gerschaft kann mit Fehlgeburten und
Spontan­aborten, Frühgeburten, einem
geringen Geburtsgewicht, vorzeitigem
Blasensprung und einer erhöhten pe­
ripartalen Mortalität einhergehen.
Unter der Geburt kommt es bei Befall
der Cervix uteri bei zwei Drittel der ex­
ponierten Neugeborenen zur Infektion
mit Einschlusskörperchenkonjunktivi­
tis, atypischer Pneumonie, Otitis media
oder Entzündungen des Nasopharynx.
Das routinemäßige Screening auf Chla­
mydia trachomatis ist in den Mutter­
schaftsrichtlinien verankert und sollte
bei der ersten Schwangerschaftsvorsor­
geuntersuchung aus dem Urin vorge­
nommen werden. Mittlerweile ist die
einzige zugelassene Nachweismethode
die Polymerase-Kettenreaktion (PCR).
Die Behandlung sollte möglichst un­
mittelbar nach der Diagnosestellung,
aus Sicherheitsgründen aber nicht vor
Abschluss der 14. SSW begonnen wer­
den. Es wird empfohlen, den Thera­
pieerfolg durch eine Kontrolle drei bis
vier Wochen nach Behandlungsende
© Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2010
44 Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 Berichte & Abstracts
sicherzustellen. Die Partnertherapie
ist in jedem Falle obligat.
Chlamydieninfektionen des
Neugeborenen
Christian Gille, Abteilung für Neonatologie, Universitätsklinikum Tübingen, Calwer Straße 7, 72076 Tübingen,
und Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene,
Elfriede-Aulhorn-Straße 6, 72076 Tübingen,
E-Mail: [email protected]
Chlamydia-trachomatis-Infektionen
der Geburtswege werden in bis zu 5 %
aller Schwangerschaften gefunden.
Unter der Geburt wird der Keim in
etwa 70 % auf das Neugeborene über­
tragen. Primäre Infektionsorte sind die
Konjunktiven und der Nasopharynx,
von wo aus der Erreger die unteren
Atemwege infizieren und zu protra­
hierten interstitiellen Pneumonien
führen kann [2]. Bei exponierten Neu­
geborenen wird die Inzidenz der Chla­
mydien-Konjunktivitis auf 15 %, die In­
zidenz der Chlamydien-Pneumonie auf
7 % geschätzt [3]. Eine systemische Pro­
phylaxe mit Erythromycin nach Expo­
sition wird nicht empfohlen [3]. Auch
die prophylaktische Gabe von Augen­
tropfen mit Silbernitrat nach Credé
oder alternativ mit Erythromycin oder
Povidon-Iod zur Verhinderung der
Konjunktivitis ist umstritten, da auch
sekundär vom Nasopharynx aus eine
erneute Infektion stattfinden kann.
Außerdem kann eine diagnostizierte
Chlamydien-Konjunktivitis
dienlich
sein bei der Einschätzung von respira­
torischen Symptomen. Wichtig ist die
korrekte Abnahme von Probenmate­
rial mit Gewinnung von Epithelzellen
der Konjunktiven und des Nasopha­
rynx. Nukleinsäure-Amplifikationsver­
fahren sind zur Diagnose geeignet [4].
Zur Assoziation von Chlamydien-Infek­
tionen der Mutter und Frühgeburtlich­
keit, vorzeitigem Blasensprung, Hypo­
trophie und perinataler Sterblichkeit
liegen widersprüchliche Daten vor [1].
Der pränatalen Diagnose und Therapie
einer Chlamydien-Infektion kommt
die größte Bedeutung zu. Seit Aufnah­
me eines Chlamydien-Screenings in
die Mutterschaftsrichtlinie ist die Inzi­
denz der Neugeborenenerkrankungen
zurückgegangen [2].
Literatur
1. Andrews WW, Klebanoff MA, Thom EA,
Hauth JC, et al.; National Institute of Child
Health and Human Development MaternalFetal Medicine Units Network. Midpregnancy
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trachomatis: association with subsequent pre­
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Braun R, Kimmig P (editors). Mikrobiologische
Diagnostik. Stuttgart: Thieme, 2009:610–9.
Herpes-Infektionen in
der Schwangerschaft und
konnatal
Prof. Dr. med. Rüdiger W. Braun, Arzt für Labormedizin,
Labor Enders & Partner, Rosenbergstraße 85, 70193
Stuttgart und Hirschlandstraße 97, 73730 Esslingen,
E-Mail: [email protected]
Im Rahmen der Mutterschaftsrichtli­
nien werden Untersuchungen auf In­
fektionen mit Chlamydia trachomatis,
Hepatitis B, HIV und Lues sowie Röteln
seit vielen Jahren durchgeführt und
empfohlen. Während die epidemiolo­
gische Bedeutung der Röteln und der
Hepatitis B bedingt durch die zuneh­
mende Akzeptanz von Impfungen in
den letzten Jahren abgenommen hat,
ist die Bedeutung von Infektionen mit
Herpesviren in der Schwangerschaft,
insbesondere mit dem humanen Zy­
tomegalievirus (HCMV), dem Herpessimplex-Virus (HSV) und dem Varizel­
la-Zoster-Virus (VZV) gleich geblieben,
bzw. hat sich nur marginal verändert.
So schätzt man, dass etwa 2 000 Neu­
geborene pro Jahr von prä- oder peri­
natalen CMV-Infektionen betroffen
sind und, trotz der seit einigen Jahren
verfügbaren VZV-Impfung, immer
noch einige hundert Fälle pränataler
Varizelleninfektionen auftreten. Für
den verantwortlichen Gynäkologen
ergibt sich in Zusammenarbeit mit
dem Labor zunächst die Schwierig­
keit, eine in der Schwangerschaft auf­
tretende Primärinfektion sicher zu
erkennen und von einem endogenen
Rezidiv abzugrenzen. Hierzu haben
sich unter anderem Aviditätstests, aber
auch weitere Testformate, zum Nach­
weis von Antikörpern gegen einzelne
Virusantigene als hilfreich erwiesen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass,
© WVG
auch in Abhängigkeit von der Schwan­
gerschaftswoche, nicht jede Infektion
auf das Kind übertragen wird. Sofern
eine Infektion des Kindes erfolgt, führt
diese ebenfalls in Abhängigkeit von
der Schwangerschaftswoche und vom
Erreger nicht in jedem Fall zu einer
kindlichen Schädigung mit den ent­
sprechenden Spätfolgen. Auch hier
ist es Aufgabe des Labors, durch die
Auswahl entsprechender Nachweisver­
fahren, auch unter Zuhilfenahme von
Direktnachweismethoden mit PCR,
den Infektionsstatus des Kindes fest­
zustellen. Der Beitrag nimmt Stellung
zur Epidemiologie der genannten Her­
pesvirusinfektionen in der Schwanger­
schaft und zum diagnostischen Vorge­
hen bei definierten Fragestellungen.
Voraussetzung, um solch schwierige
Fälle abklären zu können und für die
Patientin und deren Kind ein bestmög­
liches Ergebnis zu erreichen, ist jedoch
die enge Kooperation zwischen dem
Frauenarzt und dem Labor.
Enterovirus und
Parechovirusinfektionen bei
Neugeborenen
Andreas Müller, Universitätsklinikum Bonn, Zentrum für
Kinderheilkunde, Abteilung Neonatologie, Spezielle Päd­
iatrische Infektiologie, Adenauerallee 119, 53113 Bonn,
E-Mail: [email protected]
Die humanen Enteroviren (hEV) gehö­
ren in die Familie der Picornaviridae
und werden in der traditionellen Taxo­
nomie in Echoviren, Coxsackie A und B,
Polioviren und andere hEV unterschie­
den. In der aktuellen Taxonomie wird
nur noch in humane Enteroviren A–D
unterteilt. Die humanen Parechoviren
(hPeV) gehörten früher zu den Echovi­
ren und werden nun als eigenständiger
Genus unter der Familie der Picornavi­
ridae geführt. Eine Vielzahl von hEV,
aber auch hPeV wurden als Infektions­
erreger bei Neugeborenen beobachtet.
Dabei kann die Infektion antenatal,
intrapartal oder postnatal erworben
werden. hEV konnten in Fruchtwasser,
Nabelschnurblut sowie in abortierten
Feten nachgewiesen werden, was eine
vertikale Transmission wahrscheinlich
macht. Während der Geburt können
hEV über mütterliches Blut, Vaginal­
sekret oder Stuhl übertragen werden.
Postnatal werden hEV und hPeV vor­
wiegend über Tröpfcheninfektion von
engen Kontaktpersonen auf das Neuge­
© Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2010
Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 45
Berichte & Abstracts
borene weitergegeben. Ausbrüche und
sporadische Übertragungen wurden
aus Neugeborenenintensivstationen
beschrieben. Das klinische Spektrum
der neonatalen hEV- und hPeV-Infekti­
onen ist breit und reicht von unspezi­
fischem Fieber bis zu sepsisähnlichen
Krankheitsbildern. Etwa die Hälfte
der Neugeborenen zeigen Zeichen
einer Hepatitis. Bei einigen Kindern
steht eine Myokarditis mit Arrhyth­
mien, dilatativer Kardiomyopathie
und Herzinsuffizienz im Vordergrund.
Bei Krampfanfällen, fokalen neurolo­
gischen Symptomen und Vigilanzstö­
rungen muss an eine Meningitis und/
oder Enzephalitis gedacht werden.
Die Diagnose erfolgt über molekular­
biologische Methoden mit RT-PCR aus
Blut, Liquor, Rachensekret oder Stuhl
je nach Symptomatik. Zu beachten ist,
dass die hPeV nicht von den allgemein
verwendeten hEV-RT-PCR-Methoden
erfasst werden und deshalb geson­
dert angefordert werden müssen. Die
meisten hEV- und hPeV-Infektionen
verlaufen gutartig. Risikofaktoren für
schwere Krankheitsverläufe sind Früh­
geburtlichkeit, maternale Symptome
bei Entbindung, Symptome in der ers­
ten Lebenswoche sowie der Serotyp.
Klinische Manifestationen wie sep­
sisähnliche Erkrankung, Myokarditis
oder Enzephalitis sind wichtige Pro­
gnosefaktoren und haben eine hohe
Morbidität und Mortalität. Die Thera­
pie der hEV- und hPeV-Infektionen ist
supportiv, da antivirale Medikamente
für den Routineeinsatz nicht zur Verfü­
gung stehen.
Klinik, Prävention und
Therapie der CMV-Infektion
bei Frühgeborenen
Rangmar Goelz, Abt. Neonatologie der Universitätsklinik
für Kinder- und Jugendmedizin, Calwer Straße 7, 72070
Tübingen, E-Mail: [email protected]
Zahlreiche Leitlinien inklusive die
WHO empfehlen die Brustmilchfütte­
rung insbesondere auch für Frühgebo­
rene, unabhängig von ihrem Geburts­
gewicht und ihrem Gestationsalter.
Allerdings können sich Frühgeborene
in den ersten Wochen ihres Lebens
durch rohe Muttermilch mit Cyto­
megalievirus infizieren, weil fast alle
CMV-IgG-positiven Mütter dieses Virus
in der Brustdrüse während der Laktati­
on reaktivieren und in die Brustmilch
ausscheiden. In Südwestdeutschland
ist ungefähr die Hälfte aller Mütter
CMV-positiv, in anderen Ländern und
Regionen ist die Prävalenz zum Teil er­
heblich höher.
Die Befunde und Symptome der erwor­
benen CMV-Erkrankung bei Frühgebo­
renen, evaluiert in einer Studie durch
den Vergleich infizierter und nicht
infizierter Frühgeborener, sind Granu­
lozytopenie, Thrombozytopnie, CRPErhöhung auf 10 bis 20 mg/l, seltener
Hepatitis mit Cholestase und Pneumo­
nie. Meist ist der Verlauf selbstlimi­
tierend, bei Therapienotwendigkeit
ist Ganciclovir i. v. möglich. In einer
epidemiologischen Studie konnten
wir zeigen, dass 96 % der Trägermüt­
ter das Virus reaktivierten, etwa ein
Drittel der Frühgeborenen infizierten
sich, wovon die Hälfte symptomatisch
wurde. Dies wurde seither in mehre­
ren internatio­nalen Studien bestätigt.
In einigen internationalen Berichten
wurden schwere und manchmal auch
letale Verlaufsformen der CMV-Infekti­
on beschrieben.
Die einzige Möglichkeit, diese Infekti­
on zu vermeiden, besteht in der Virus­
inaktivierung durch Hitzebehandlung
der Brustmilch. In systematischen
Laboruntersuchungen konnten wir
zeigen, dass eine ultrakurze Erhit­
zung auf 62 °C von 5 Sekunden Dauer
das Virus komplett zerstören kann,
während dagegen andere Methoden
wie die Gefrier-Auftau-Methode nicht
vollständig wirksam waren. Bei der Er­
hitzung auf 62 °C/5 Sekunden können
wichtige Inhaltsstoffe der Brustmilch,
wie Enzyme, Wachstumsfaktoren und
andere bioaktive Substanzen geschont
werden. Die meisten dieser Faktoren
werden zerstört oder signifikant redu­
ziert, wenn kommerziell erhältliche
Holder-Pasteurisierungen angewandt
werden (62,5 °C, 30 Minuten Erhit­
zungsdauer).
Zum Langzeit-Outcome gibt es im
Tübinger Kollektiv keinen Hinweis
auf vermehrte Hörstörungen der infi­
zierten Frühgeborenen, ein Einfluss
auf die kognitive Entwicklung kann al­
lerdings nicht ausgeschlossen werden.
© WVG
Literatur
1. Goelz R, Hamprecht K, Vochem M, Masch­
mann J, et al. Breast feeding of very preterm
infants of HCMV-seropositive mothers: Re­
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breast milk associated cytomegalovirus infec­
tion. Pediatr Infect Dis J 2010;29:84–6.
HIV in der Schwangerschaft
Anke Reitter, Schwerpunkt für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Frankfurt, Theodor-Stern-Kai 7, 60596
Frankfurt/Main, E-Mail: [email protected]
HIV und Schwangerschaft sind keine
Gegensätze mehr. Laut Robert KochInstitut (Jahresbericht 2009) leben in
Deutschland 67 000 Menschen mit
HIV/AIDS, davon 12 000 Frauen (etwa
16 %). Die Mutter-Kind-Übertragung
(MTCT) liegt in der westlichen Welt
bei optimaler Transmissionsprophyla­
xe erfreulich niedrig bei 1 bis 2 %. Die
Transmission findet fast ausnahmslos
kurz vor oder während der Geburt
statt. Dabei korreliert die Wahrschein­
lichkeit der HIV-Transmission maßgeb­
lich mit der Viruslast im mütterlichen
Blut.
Die Betreuung und Behandlung von
HIV-positiven Schwangeren steht auf
drei Säulen. Nach der medikamentösen
Prophylaxe und geplanten Entbindung
folgt die postnatale Behandlung des
Neugeborenen. Diese Maßnahmen
führen zur Reduktion der Transmissi­
on von unbehandelt 25 % auf 1 bis 2 %.
Das Ziel der medikamentösen Behand­
lung ist die Reduktion der HI-Viruslast
unter die Nachweisgrenze. Dieses Ziel
sollte spätestens bis zum Zeitpunkt
der Entbindung erreicht sein. Zur Ver­
meidung einer Resistenzentwicklung
werden überwiegend Kombinations­
therapien eingesetzt (Highly active an­
tiretroviral treatment, HAART).
© Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2010
46 Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 Berichte & Abstracts
In großen europäischen Studien konn­
te die deutliche Reduktion der HIVTransmission bei Sectio caesarea mit
perioperativer Zidovudin-(AZT-)Gabe
im Vergleich zur Spontangeburt ge­
zeigt werden. Neuere Daten zeigen,
dass bei negativer Viruslast und ef­
fektiver HAART eine Spontangeburt
möglich ist und daraus keine erhöhte
MTCT resultiert. Risikopatientinnen
erhalten jedoch weiterhin die geplante
Sectio caesarea.
Die Postexpositionsprophylaxe (PEP)
des Neugeborenen erfolgt nach jewei­
liger Risikoeinschätzung, diese Ein­
gruppierung entscheidet über die Art
und Dauer der PEP.
Das Stillen ist ein unabhängiger Risiko­
faktor für die MTCT. Deshalb wird ein
primäres Abstillen in der westlichen
Welt empfohlen.
Zusammenfassung
Soweit heute bekannt, wird der natür­
liche Verlauf der HIV-Infektion durch
die Schwangerschaft nicht negativ be­
einflusst. Aus unserer Sicht ist die in­
terdisziplinäre Betreuung von HIV-po­
sitiven Schwangeren und ihrer Kinder
in Zentren notwendig.
Literatur
1. Connor EM, Sperling RS, Gelber R, Kiselev P,
et al. Reduction of maternal-infant transmis­
sion of human immunodeficiency virus type
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Blanche S, et al. Mother-to-child HIV trans­
mission despite antiretroviral therapy in the
ANRS French Perinatal Cohort 2008. AIDS
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7. www.rki.de
8. www.aidsinfo.nih.gov
Perinatale HIV-Infektion
Julia Prusseit, Pädiatrische Infektiologie, Zentrum
für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums Bonn,
Adenauerallee 119, 53113 Bonn, E-Mail: Julia.Prusseit@
ukb.uni-bonn.de
Die Hauptursache der HIV-Infektion
im Kindesalter ist die Mutter-Kind-
Transmission (MKT). Daher kommt der
Behandlung und vor allem der Präven­
tion einer perinatalen HIV-Infektion
eine besondere Bedeutung zu. Nach
Schätzungen von UNAIDS waren Ende
2008 33,4 Millionen Menschen mit HIV
infiziert, darunter 2,1 Millionen Kin­
der < 15 Jahre. 2008 wurden weltweit
430 000 Kinder neu mit HIV infiziert.
In Deutschland leben zum Vergleich
nach Angaben des RKI Ende 2009 etwa
67 000 Menschen mit HIV-Infektion,
darunter etwa 200 Kinder. Von 3 000
gemeldeten Neuinfektionen im Jahr
2009 wurde 25 bei Kindern diagnos­
tiziert. Ohne jegliche Vorbeugemaß­
nahmen zur Vermeidung einer MKT
von HIV werden bis zu 40 % der Kinder
perinatal infiziert. Seit Bekanntwer­
den der ersten MKT von HIV wurden
viele Risikofaktoren ermittelt. Hier­
zu zählen beispielsweise ein höheres
mütterliches Alter, fortgeschrittene
HIV-Erkrankung, konkomitante sexu­
ell übertragbare Erkrankungen (z. B.
Hepatitis C), hohe Viruskopien, Virus­
phänotyp sowie Schwangerschafts­
faktoren wie Frühgeburtlichkeit, Am­
nioninfektionssyndrom,
vorzeitiger
Blasensprung und Wehen. Es zeigte
sich, dass eine effiziente Prävention
eine gleichzeitige Umsetzung verschie­
dener synergistisch wirkender Strate­
gien bedarf. Unter anderen setzt sich
das Präventionsprogramm aus 1. einer
allgemeinen Reduktion der HIV-Infek­
tionen von Frauen im gebärfähigen
Alter, 2. der Bereitstellung der Medika­
mente für Frauen während und nach
der Schwangerschaft für eine risiko­
adaptierte Therapie, 3. primäre Sectio
caesarea am wehenfreien Uterus, 4.
adäquate postnatale Versorgung des
Kindes, 5. risikoadaptierte prophylak­
tische Therapie des Kindes, 6. Stillver­
zicht und 7. einer adäquaten Nachsorge
des Kindes zusammen. Unter Einhal­
tung aller Präventionsmaßnahmen
kann das Infektionsrisiko des Kindes
auf unter 2 % gesenkt werden. Bis zum
3. Lebensmonat kann in der Regel eine
perinatale HIV-Infektion ausgeschlos­
sen werden. Wegen der Gabe von po­
tenziell toxischen Medikamenten an
die Schwangere und das Neugeborene
sollten jedoch alle HIV-exponierten
Kinder bis zum Alter von 24 Lebens­
monaten nachuntersucht werden. Die
Behandlung der HIV-Infektion in der
Schwangerschaft sowie die Verhinde­
© WVG
rung einer perinatalen HIV-Übertra­
gung auf das Neugeborene erfordert
eine enge Zusammenarbeit zwischen
Infektiologen, Geburtsmedizinern und
Kinderärzten und sollte spezialisierten
Zentren vorbehalten sein.
Parvovirus-B19-Infektionen
in der Schwangerschaft
Susanne Modrow1, Simon Bredl1, Johannes Möst2, Birgit
Seelbach-Göbel3
1 Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene,
Universität Regensburg, Franz-Josef-Strauss-Allee 11,
93053 Regensburg, E-Mail: susanne.modrow@klinik.
uni-regensburg.de
2 Mikrobiologisches Labor und Gemeinschaftspraxis für
Reisemedizin, Franz-Fischer-Straße 7, 6010 Innsbruck,
Österreich
3 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe St. Hedwig,
Steinmetzstraße 1–3, 93049 Regensburg
Parvovirus-B19-(B19V-)Infektionen fin­
det man bevorzugt bei Kindern, sie ver­
ursachen die Ringelröteln (Erythema
infectiosum), ein mit Anämie einher­
gehendes Exanthem. Die Infektionen
können neben dieser meist problem­
losen Symptomatik auch schwere Er­
krankungen unterschiedlicher Organe
wie Arthritiden und Arthralgien, Hepa­
titiden, Enzephalitiden, Meningitiden
und Myokarditiden verursachen. Nach
der Infektion bleibt B19V-DNS vermut­
lich lebenslang latent in verschiedenen
Geweben des Organismus erhalten.
In Deutschland findet man bei Frauen
im gebärfähigen Alter eine Seroprä­
valenz von 72 %. Bei seronegativen
Schwangeren können akute B19VInfektionen bis einschließlich der
20. Schwangerschaftswoche zu Spon­
tanaborten oder Hydrops fetalis füh­
ren. Die Symptome treten im Fetus
mit mehrwöchiger Verzögerung zur
Infektion der Schwangeren auf. Beim
Hydrops fetalis zerstört B19V nach
transplazentarer Übertragung die ery­
throiden Vorläuferzellen in der fetalen
Leber. Dies bewirkt eine fetale Anämie,
die sich als Hydrops fetalis unterschied­
licher Schweregrade äußern und den
Tod des Feten bewirken kann. Bei früh­
zeitiger Erkennung der Anämie durch
Dopplersonographie ist die Therapie
mittels Bluttransfusion über die Na­
belschnurvene meist erfolgreich, die
Kinder sind bei Entbindung gesund.
Deswegen ist bei Schwangeren mit un­
bekanntem B19V-Status, die Kontakt
mit B19V-infizierten Personen hatten,
das Vorliegen einer akuten Infektion
© Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2010
Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 47
Berichte & Abstracts
labordiagnostisch abzuklären. Akut in­
fizierte Personen sind hoch virämisch
und zeigen häufig seronegative Test­
ergebnisse, weil initial niedrige Anti­
körpermengen mit den Viruspartikeln
komplexieren; deswegen ist der allei­
nige Antikörpertest nicht ausreichend,
es muss der Nachweis der Virus-DNS
mittels PCR erfolgen. B19V-IgG-posi­
tive Frauen mit zurückliegender Infek­
tion gelten als immun. In einem Teil
der seropositiven Schwangeren findet
man bei kontinuierlicher Abnahme
der humoralen und zellulären B19Vspezifischen Immunantworten in der
Spätschwangerschaft Reaktivierungen
der latenten Virusgenome: In diesen
Phasen können sowohl B19V-spezi­
fisches IgM wie auch B19V-DNS im Blut
nachgewiesen werden. Im Rahmen
dieser Reaktivierungen in der Spät­
schwangerschaft waren bislang weder
bei der Schwangeren noch beim Kind
Symptome zu beobachten.
Literatur
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tion in der Schwangerschaft. Dtsch Ärtzebl
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no evidence of dilated cardiomyopathy or
myocarditis. Clin Infect Dis 2009;49:1660–6.
HPV-Infektionen
Gerd Gross, Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universität Rostock, Strempelstraße 13, 18057 Rostock, E-Mail: gerd.gross@med.
uni-rostock.de
Die sexuelle Übertragbarkeit von Lowrisk-(LR-) und High-risk-(HR-)HPVs ist in
vielen Untersuchungen nachgewiesen
worden. Untersuchungen zu HPV-In­
fektionen schwangerer Frauen und
zur Übertragung von HPV auf das Kind
haben zu widersprüchlichen Ergebnis­
sen geführt.
Zahlreiche Studien haben untersucht,
ob HPVs „vertikal“ während der Ent­
bindung von der Mutter auf das Kind
oder „horizontal“ durch Manipulati­
onen mit infizierten Händen oder über
infizierte Gegenstände übertragen
werden.
Genitalwarzen bei der Schwangeren
werden als schwerstes Risiko für die
Entstehung juveniler Larynxpapillome
beim Kind angesehen. In diesen auch
„juvenile-onset recurrent respiratory
papillomatosis“ (JORPP) genannten
Papillomen werden am häufigsten die
HPV-Typen 6 und 11 gefunden, nur
sehr selten HPV 16 und HPV 18. Das
Risiko für die Entwicklung von JORPP
in einem Kind ist allerdings sehr ge­
ring (Inzidenz in den USA 4,3 von
100 000 Kindern).
Die Sectio caesarea wird noch immer
von einigen Autoren als Schutz vor
der vertikalen HPV-Übertragung ange­
sehen. Große Studien widerlegen dies
eindeutig.
Larynxpapillome können häufig re­
zidivieren und zu bleibenden Stimmund Atemstörungen durch zahlreiche
Abtragungen führen. Bei chronischen
Verläufen ist vor allem bei HPV-11-po­
sitiven JORPP auch eine maligne Ent­
artung möglich.
Zur Senkung der Rezidivrate und
als kurative Therapie werden neben
der Laserablation adjuvante Thera­
pieformen eingesetzt. Hierzu gehören
Immunstimulation mit Interferon
alpha, die lokale Applikation von Cido­
fovir, die photodynamische Therapie
und andere.
Ein neuer hoffnungsvoller Ansatz ist
der „Off-Label-Use“ des quadrivalenten
prophylaktischen VLP-HPV-6/11/16/18Impfstoffes. Dieser Impfstoff induziert
Impfvirus-typspezifische neutralisie­
rende Antikörper. Bei Kindern mit
JORPP wird versucht, mit Hilfe dieses
Impfstoffes frühzeitige Remissionen
oder eine Absenkung der Rezidivrate
zu erzielen.
Schwangerschaft beträgt die Übertra­
gungsrate bei ausbleibender Therapie
bis 100 %. Zu einer Übertragung der Er­
reger auf den Feten kommt es bei aus­
bleibender oder inadäquater Therapie
der Syphilis der Schwangeren, unter
Umständen auch nach einer adäquaten
Therapie durch eine Reinfektion.
Die intrauterine Infektion kann eine
Fehl- bzw. Totgeburt, die Geburt eines
deutlich kranken Neugeborenen, aber
in vielen Fällen auch die Geburt eines
infizierten, aber klinisch unauffälligen
Kindes zur Folge haben. Bei Letzteren
kommt es meist in den ersten zwei Le­
bensjahren zu klinischen Symptomen
(z. B. Fieber, Hepatosplenomegalie,
Hauteffloreszenzen,
Lymphknoten­
schwellung, Rhinitis), in manchen Fäl­
len treten die Symptome erst nach Jah­
ren auf (z. B. ZNS-Symptome, Uveitis,
Keratitis, Taubheit, Rhagaden, Zahnund Knochenveränderungen).
Die Diagnose wird serologisch durch
den Nachweis von treponemenspezi­
fischen und lipoidalen Antikörpern
gestellt.
Die Therapie besteht in der Gabe von
Penicillin G intravenös. Bei Benza­
thin-Penicillin kommt es nur zu un­
zureichenden Liquorspiegeln, unter
Umständen zum Therapieversagen.
Die beste Prophylaxe der konnatalen
Syphilis ist die rechtzeitige Erkennung
und adäquate Therapie der Syphilis bei
der Schwangeren.
Konnatale Syphilis
Man geht davon aus, dass zwischen 0,3
und 0,4 % der Schwangeren chronische
Hepatitis-B-Virusträger sind. Das Ri­
siko einer perinatalen Infektion bei
einer HBeAg-positiven Mutter beträgt
90 %, bei einer anti-HBe-positiven Mut­
ter zwischen 15 und 20 %. Es können
allerdings bei der Mutter Mutationen
im Prä-Core-Bereich des Hepatitis-BVirus aufgetreten sein. Ist dies der Fall,
dann besteht das Risiko, dass infizierte
Kinder im Alter zwischen 3 und 4 Mo­
naten eine fulminante Hepatitis B ent­
wickeln. Seit Jahren wird die aktive
und passive Immunisierung unmit­
telbar nach der Geburt bei Kindern
© WVG
Michael Borte1, Werner Handrick2
1 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum St. Georg gGmbH Leipzig, Akademisches Lehrkrankenhaus der
Universität Leipzig, Delitzscher Straße 141, 04129 Leipzig, E-Mail: [email protected]
2 Institut für Medizinische Diagnostik, Ärztliches Labor
Dr. F. Berthold & Kollegen, Am Kleistpark 1, 15230
Frankfurt an der Oder, E-Mail: [email protected]
Die konnatale Syphilis kommt in
Deutschland selten vor. Es handelt sich
in den meisten Fällen um transplazen­
tare Infektionen. Die Übertragungsrate
ist umso höher, je kürzer die seit der
Infektion der Mutter vergangene Zeit­
spanne ist. Bei Infektion während der
Konnatale Hepatitis B und C
Stefan Wirth, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin,
HELIOS Klinikum Wuppertal, Universität Witten-Herdecke, Heusnerstraße 40, 42283 Wuppertal,
E-Mail: [email protected]
© Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2010
48 Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 Berichte & Abstracts
HBsAg-positiver Mütter durchgeführt.
Damit können zwischen 90 und 95 %
der Infektionen erfolgreich verhindert
werden. Bei den trotz aktiver und pas­
siver Immunisierung infizierten Kin­
dern ist entweder die Infektion bereits
intrauterin erfolgt und ist daher nicht
verhinderbar oder es handelt sich um
eine seltene Mutation in der a-Determi­
nante des HBsAg des Hepatitis-B-Virus
der Mutter. Ein kleiner Teil muss auch
als Impfversager registriert werden.
Eine diagnostische Verlaufskontrolle
empfiehlt sich nach sechs Monaten.
Man sollte zunächst das HBsAg und das
anti-HBs bestimmen.
Auch für die chronische Hepatitis C
geht man von einer Häufigkeit von 0,3
bis 0,4 % anti-HCV-positiver werdender
Mütter aus. Eine Impfprävention ist
bei der chronischen Hepatitis C nicht
möglich. Patientinnen, die zusätzlich
eine HIV-Infektion haben, sollen durch
einen Kaiserschnitt entbunden werden,
was bei alleiniger chronischer Hepati­
tis C nicht empfohlen wird. Die perina­
tale Übertragungswahrscheinlichkeit
ist aufgrund der relativ geringen Virus­
replikation mit 1 bis 6 % gering. Säug­
linge von Hepatitis-C-erkrankten Müt­
tern können gestillt werden. Postpartal
sollten nach drei und sechs Monaten
Kontrollen durchgeführt werden, die
die HCV-RNS-Bestimmung beinhalten.
Die Bestimmung des anti-HCV ist vor
dem Alter von 15 bis 18 Monaten nicht
sinnvoll, da die Mütter anti-HCV trans­
plazentar übertragen. Kommt es zu
einer Infektion, kann die spontane Vi­
ruselimination bis zum Alter von vier
Jahren erfolgen und liegt bei etwa 15
bis 20 %, wobei der Genotyp 3 gegen­
über dem Genotyp 1 eine etwas höhere
Eliminationsrate zeigt. Eine therapeu­
tische Intervention wird nicht vor dem
vollendeten 3. Lebensjahr erfolgen.
Recurrent juvenile onset
respiratory papillomatosis
Andreas H. Groll, Infectious Disease Research Program,
Center for Bone Marrow Transplantation and Department of Pediatric Hematology/Oncology, University
Children’s Hospital Muenster, Albert-Schweitzer-Straße
33, 48129 Münster, E-Mail: [email protected]
Juvenile recurrent respiratory papil­
lomatosis (RRP) is caused by human
papillomavirus (HPV) types 6 and 11
which are responsible for more than
90 % of genital condylomata. RRP is
characterized by the proliferation of
benign squamous papillomas within
the aerodigestive tract and has been
associated with vertical transmission
during vaginal delivery from an infect­
ed mother. While it is likely that the
host immune system plays an impor­
tant role in the pathogenesis of HPVinduced lesions, the exact mechanisms
and molecular genetic predispositions
remain to be elucidated.
Juvenile RRP is the most common be­
nign neoplasm of the larynx among
children. Reports estimate the inci­
dence of RRP in the United States at
4.3 per 100,000 in this population with
75 % of children being diagnosed before
the age of five years. RRP has an unpre­
dictable clinical course, tends to recur
and spread throughout the aerodiges­
tive tract, and may undergo malignant
conversion. Younger age at diagnosis
is associated with more aggressive dis­
ease and the need for more frequent
endoscopic surgical procedures and
the need for tracheotomy. In RRP,
HPV 11 is associated with more aggres­
sive disease than HPV 6 and a higher
rate of malignant transformation and
death (36 and 24 % vs. 0 % at 20 years in
an interferon treated cohort of 42 pa­
tients).
Since the vocal fold is usually the first
and predominant site of papilloma le­
sions, changes in voice and stridor are
the most common initial symptoms.
Less common presenting symptoms in­
clude chronic cough, recurrent pneu­
monia, failure to thrive, dyspnea, dys­
phagia, or acute respiratory distress;
differential diagnoses include asthma,
croup, allergies, vocal nodules, or
bronchitis. Extralaryngeal spread of re­
spiratory papillomata has been identi­
fied in approximately 30 % of children
with RRP and may include the oral
cavity, trachea, bronchi and esopha­
gus. Of note, tracheotomy appears to
be the primary cause of extension to
the lower airways. Lung involvement
has been reported to occur in approxi­
mately 3 % of children; patients may
present with recurrent bronchiectasis,
pneumonia, and declining pulmonary
status. The clinical course is insidious
and may progress over years but even­
tually manifests as respiratory failure
caused by destruction of lung paren­
chyma; malignant transformation has
been reported in 16 %.
© WVG
When surgical therapy is needed
more frequently than four times in
12 months or there is evidence of RRP
outside the larynx, adjuvant medical
therapy should be considered. Adju­
vant therapies that have been investi­
gated or used include antiviral agents
(systemic alpha-interferon, acyclovir,
ribavirin; and intralesional and sys­
temic cidofovir), chemotherapeutic
agents (methotrexate), photodynamic
therapies, dietary supplements, con­
trol of extra-esophageal reflux dis­
ease, and, more recently, inhibition
of signal transduction from the epi­
dermal growth factor receptor (EGFR)
(13-cis-retinoic acid, celecoxib, small
molecules and antibodies) and HPVvaccines. Although several of these
modalities have shown promise, none
to date has cured RRP, and some may
have serious side effects. Because RRP
is so difficult to control and can cause
severe morbidity and death, better
therapies are needed. Perhaps more
important, however, given its predomi­
nant mode of transmission, universal
or near-universal use of an HPV vac­
cine with activity against HPV 6 and 11
may greatly reduce the global burden
of the disease.
Konnatale und neonatale
Tuberkulose
Andreas Müller, Universitätsklinikum Bonn, Zentrum für
Kinderheilkunde, Abteilung Neonatologie, Spezielle Päd­
iatrische Infektiologie, Adenauerallee 119, 53113 Bonn,
E-Mail: [email protected]
Das klinische Bild der Tuberkulose (TBC)
in der Schwangerschaft unterscheidet
sich nicht von dem nicht schwangerer
Individuen. Bei der Übertragung von
Mycobacterium tuberculosis von der
Mutter auf den Feten bzw. das Neu­
geborene spielt der maternale Fokus
der Infektion eine wesentliche Rolle.
Die TBC des Neugeborenen kann kon­
natal über folgende Wege übertragen
werden: 1. über die infizierte Plazenta
via Umbilikalvene und 2. durch Aspi­
ration bzw. Inhalation von infizierten
Fruchtwasser. Bei einer tuberkulösen
Zervizitis kann das Neugeborene durch
direkten Kontakt mit dem Geburts­
kanal während des Geburtsvorgangs
infiziert werden. Postnatal erfolgt die
Übertragung der Mykobakterien am
häufigsten über Tröpfcheninfektion
entweder durch Inhalation oder Inges­
© Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2010
Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 49
Berichte & Abstracts
tion infektiöser Tröpfchen. Eine eher
untergeordnete Rolle spielt die Inge­
stion infizierter Muttermilch oder die
Kontamination verletzter Haut oder
Schleimhaut. Kriterien für eine konna­
tale TBC sind tuberkulöse Läsionen in
der ersten Lebenswoche, ein primärer
hepatischer Komplex bzw. eine verkä­
sende Läsion in der Leber oder eine In­
fektion der Plazenta und/oder des ma­
ternalen Genitaltraktes. Die Diagnose
der konnatalen und neonatalen TBC
ist oft schwierig. Am häufigsten im­
ponieren die Neugeborenen durch ein
sepsisartiges Krankheitsbild mit Hepa­
tosplenomegalie. Häufig besteht eine
pulmonale Symptomatik, die in voller
Ausprägung einem Atemnotsyndrom
des Neugeborenen gleichen kann. Bei
nicht ausreichendem Ansprechen auf
eine empirische Antibiotikatherapie
sollte bei diesen Kindern auch eine Tu­
berkulose in die Differenzialdiagnose
einbezogen werden. Die Diagnose er­
folgt durch den direkten Nachweis von
säurefesten Stäbchenbakterien in Kör­
perflüssigkeiten beispielsweise Magen­
sekret, Trachealsekret, Knochenmark
oder Biopsien aus den betroffenen
Organen. Bei der Therapie werden die
üblichen Medikamente verwendet.
Hierbei ist zu beachten, dass keine Stu­
dien zur Pharmakokinetik dieser Medi­
kamente bei früh- und reifgeborenen
Kindern existieren. Hauptbestandteil
einer Kombinationstherapie ist Isoni­
azid, da dieses Medikament eine gute
Gewebsgängigkeit aufweist und im
Allgemeinen gut vertragen wird. Bei
frühzeitiger Diagnose und effektiver
Therapie hat die konnatale und neona­
tale TBC heute eine gute Prognose.
Influenza bei jungen
Säuglingen
Arne Simon, Zentrum für Kinderheilkunde, Adenauerallee
119, 53113 Bonn, E-Mail: [email protected]
Die Pandemie durch das neue Grippe­
virus Influenza A H1N1 09 hat erneut
die Frage aufgeworfen, welche pädiat­
rischen Patienten besonders gefähr­
det sind, im Verlauf einer Influenza
schwerwiegende Komplikationen zu
erleiden oder an einer Influenza akut
zu versterben [1].
In diesem Referat soll der Frage nach­
gegangen werden, ob Neugeborene
und Säuglinge in den ersten sechs Le­
bensmonaten zu diesen Hochrisikopo­
pulationen gehören [2].
Da insbesondere im dritten Trime­
non der Schwangerschaft das Risiko
einer Influenza-assoziierten Hospita­
lisierung und Influenza-assoziierter
schwerer Komplikationen erhöht ist [3],
ergab sich auch im Verlauf der H1N109-Pandemie im Einzelfall die Aufga­
be des peripartalen Managements bei
Neugeborenen, deren Mutter kurz vor
der Geburt an einer H1N1-09-Influenza
erkrankt war.
Weitere in diesem Kontext relevante
Themen sind
die Impfung von Schwangeren
(nach STIKO-Empfehlung nicht mit
dem Squalen-adjuvantierten Impf­
stoff Pandemrix®) und der daraus
resultierende Nestschutz für das
Neugeborene,
die Impfung von Frühgeborenen
oder von Säuglingen vor dem 6. Le­
bensmonat und
die Behandlung von Neugeborenen
und Säuglingen mit Oseltamivir
nach der aufgrund der Pandemie
aktualisierten EMA-Zulassung.
Neben den international publizierten
Daten werden auch Ergebnisse eines
eigenen Erfassungsinstruments zur
Dokumentation stationär behandelter
Influenzapatienten dargestellt.
© WVG
Literatur
1. Centers for Disease Control and Prevention
(CDC). Surveillance for pediatric deaths as­
sociated with 2009 pandemic influenza A
(H1N1) virus infection – United States, April–
August 2009. MMWR Morb Mortal Wkly Rep
2009;58:941–-7.
2. Bueving HJ, van der Wouden JC, Berger MY,
Thomas S. Incidence of influenza and associa­
ted illness in children aged 0–19 years: a syste­
matic review. Rev Med Virol 2005;15:383–91.
3. Jamieson DJ, Honein MA, Rasmussen SA, et al.
H1N1 2009 influenza virus infection dur­
ing pregnancy in the USA. Lancet 2009;374:
451–8.
Freie Beiträge
Management einer
alveolären Echinokokkose
während der
Schwangerschaft
Beate Grüner, Kerstin Wahlers, Peter Kern,
Sektion Infektiologie und Klinische Immunologie, Klinik
für Innere Medizin III, Universitätsklinikum Ulm, AlbertEinstein-Allee 23, 89081 Ulm, E-Mail: beate.gruner@
uniklinik-ulm.de
Die alveoläre Echinokokkose bei Echi­
nococcus-multilocularis-Infektion ist
die gefährlichste Parasitose Mitteleu­
ropas. Sie manifestiert sich primär in
der Leber, ist charakterisiert durch ein
invasives, tumorartiges Wachstum und
die Letalität ohne Behandlung wird mit
> 90 % in zehn Jahren angegeben. Die
Erkrankung verläuft meist über Jahre
asymptomatisch und wird häufig als
Zufallsbefund im Ultraschall entdeckt.
Da das Durchschnittsalter bei Erstdia­
gnose etwa 55 Jahre beträgt, besteht
naturgemäß eine seltene Koinzidenz
von Schwangerschaft und alveolärer
Echinokokkose.
Wir beschreiben die Erstdiagnose
einer alveolären Echinokokkose bei
einer 35-jährigen Frau in der 14. SSW.
Bei Oberbauchschmerzen erfolgte
eine Sonographie mit Nachweis einer
Leberraumforderung links, die Echino­
kokken-Serologie war positiv.
Bei der Vorstellung ergaben sich fol­
gende Probleme für das weitere Ma­
nagement:
1.Kann die Schwangerschaft ausgetra­
gen werden?
2.Welche Therapiemöglichkeiten be­
stehen (Benzimidazol-Therapie/Ope­
ration/Watch and Wait)?
3.Welcher Entbindungsmodus kommt
in Frage?
Auf eine Benzimidazol-Therapie wurde
bei möglichen teratogenen Effekten
verzichtet. Bei in der Bildgebung beste­
hendem Kontakt der Läsion zur Pfort­
ader bestand keine Möglichkeit einer
kurativen Resektion. Daher erfolgten
regelmäßige sonografische Kontrol­
len und einmalig ein Leber-MRT ohne
Nachweis einer Größenprogression.
Termingerecht wurde ein gesunder
Sohn vaginal entbunden. Nach dem
Abstillen erfolgte ein FDG-PET-CT mit
Nachweis eines vitalen parasitären
Leberherdes. Daraufhin erfolgte die
Einleitung einer antihelminthischen
© Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2010
50 Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 Berichte & Abstracts
Therapie mit Eskazole® (Albendazol),
welches bislang gut toleriert wird. Im
Verlauf soll die Möglichkeit einer kura­
tiven Resektion re-evaluiert werden.
Molekulare
Charakterisierung von
Enterokokken-Isolaten aus
einer Neugeborenenstation
einer Kinderklinik
Guido Werner1, Carola Fleige1, Ingo Klare1, Wolfgang
Witte1, Henning Böhme2
1 Robert Koch-Institut Wernigerode, Burgstraße 37,
38855 Wernigerode; E-Mail: [email protected]
2 Kinderklinik Harz-Klinikum Wernigerode-Blankenburg
GmbH, Steinbergstr., 38855 Wernigerode
Zielstellung
Analyse von 18 Enterokokkenisola­
ten von 15 neonaten Patienten, die in
einem epidemiologischen Zusammen­
hang standen mit Verdacht auf Multi­
resistenz.
Material und Methoden
Die Isolate wurden nach primärdia­
gnostischer Analyse an das Robert
Koch-Institut Wernigerode für eine
weitere Charakterisierung und Typi­
sierung gesandt. Antimikrobielle Re­
sistenzen wurden durch Bestimmung
der MHK im Mikrobouillonverdün­
nungstest ermittelt, die Spezies wurde
biochemisch bestätigt. Ausgewählte
Marker wurden mittels PCR amplifi­
ziert. Verwandtschaft der Isolate wurde
mittels MLST (Multi-Locus-Sequenzty­
pisierung) und Makrorestriktionsana­
lyse in der PFGE (Pulsfeld-Gelelektro­
phorese) analysiert.
Ergebnisse
Neun der eingesandten Isolate waren
E. faecalis und die anderen neun E. fae­
cium. Multiresistenzphänotypen lie­
ßen sich nicht bestätigen; 17/18 der
Isolate zeigten Empfindlichkeit gegen
Aminoglykoside (keine Hochresistenz
gegen STR, GEN), Ampicillin und Gly­
kopeptide (VAN, TPL) als den therapeu­
tisch wichtigsten Klassen. Eine Aus­
nahme bildete ein E.-faecium-Isolat mit
Ampicillin- und Hochresistenz gegen
Streptomycin und Ciprofloxacin. Eine
Verwandtschaftsanalyse mittels PFGE
zeigte Cluster von 3 bis 4 eng verwand­
ten Isolaten, die jeweils auf nosokomi­
© WVG
ale Verbreitung schließen lassen. Zwei
E.-faecalis-Isolate ergaben in der MLSTAnalyse den Sequenztyp ST40 und in
der PFGE-Analyse Verwandtschaft mit
E.-faecalis-ST40-Isolaten aus unter an­
deren auch invasiven Infektionen bei
Erwachsenen (Bakteriämie). Das ein­
zige multiresistente E.-faecium-Isolat
ergab in der MLST-Analyse Sequenz­
typ ST192 und entspricht somit einem
deutschlandweit verbreiteten Epide­
mietyp; in der PFGE-Analyse gruppiert
dieses Isolat zusammen mit anderen,
multiresistenten E.-faecium-Blutkul­
turisolaten aus adulten Patienten.
Fazit
Obwohl E. faecalis zu den Erstbesied­
lern bei Neugeborenen zu zählen ist,
waren die hier analysierten Isolate zu­
mindest teilweise keine klassischen Be­
siedlungsenterokokken. Eine Verbrei­
tung von E. faecalis und E. faecium,
welche eng verwandt mit Isolaten aus
septischen Verläufen bei erwachsenen
Patienten sind, wenn auch hier nur
aus Stuhlproben von Neugeborenen
isoliert, sollte besonders beobachtet
werden.
PEG-Mitteilungen
Wolfgang-Stille-Preis
ausgeschrieben
Der Wissenschaftspreis der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für
Chemotherapie (PEG) ist jetzt zum sechsten Mal ausge­
schrieben worden. Er wird zur Erinnerung an den Infekti­
ologen und früheren Vorsitzenden der PEG, Professor Dr.
Wolfgang Stille (1935–2004), verliehen.
Der Wolfgang-Stille-Preis wird alle zwei Jahre für eine he­
rausragende Arbeit auf dem Gebiet der antimikrobiellen
Therapie vergeben. Der Preis, der mit 10 000 Euro dotiert
ist, wird von der Pfizer Pharma GmbH gestiftet. An der Be­
werbung können sich Wissenschaftler(innen) beteiligen,
die zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht älter als 45 Jahre
sind. Der Preis kann an eine einzelne Person oder eine Ar­
beitsgruppe vergeben werden.
Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen der 22. Jahresta­
gung der PEG am 8. Oktober 2010 in Bonn. Die Bewerbungs­
kriterien können im Mitgliederbereich der PEG-Website
(www.p-e-g.org) in der Rubrik Stipendien/Preise eingesehen
werden.
Bewerber können ihre Unterlagen bis zum 30. Juni 2010 bei
der Geschäftsstelle der PEG einreichen:
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V., z. Hd.
Herrn Dr. Michael Kresken, Campus Hochschule BonnRhein-Sieg, Von-Liebig-Straße 20, 53359 Rheinbach
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Chemotherapie Journal 19. Jahrgang · Heft 2 · 2010 51
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