Grundlagentext - Parteienkompass

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Lernmodul
Wahlen
Der Text bietet einen Überblick über das schweizerische Zweikammersystem
(Nationalrat und Ständerat). Der Schwerpunkt liegt in der Darstellung der
beiden hauptsächlichen Wahlsysteme (Proporz und Majorz). Das Ergebnis der
National- und Ständeratswahlen von 2007 wird mit einem kurzen Kommentar versehen.
Autor: Martin Fenner
Foto: Alessandro Della Bella / Keystone
Grundlagentext
Einleitung
Der Parteienkompass ist, wie der Name sagt,
auf das Thema Parteien ausgerichtet. Es ist
aber sinnvoll, sich mit diesem Thema im Zusammenhang mit Wahlen (in der Gemeinde,
im Kanton oder im Bund) auseinanderzusetzen. Auch für die Arbeit der Parteien selbst ist
der Blick auf die nächsten Wahlen wichtig,
gemäss dem alten Spruch: «Wahltag ist Zahltag.» Deshalb stehen hier Wahlen und Parteien in einer engen Beziehung zueinander.
Wir kennen das schon von der Schule: Für
die Mitwirkung im Schülerrat, für die Organisation von grösseren Anlässen oder andere
Gelegenheiten werden in den Klassen Leute
gesucht, die bereit sind mitzumachen. Oft ist
man froh, wenn sich überhaupt jemand für
solche Aufgaben zur Verfügung stellt. In einem solchen Fall braucht man natürlich nicht
zu wählen. Denn Wählen heisst Auswählen,
und das ist erst möglich, wenn verschiedene
Leute an einem Posten interessiert sind. In
vielen Organisationen, zum Beispiel in Vereinen, ist es gesetzlich vorgeschrieben, einen
Vorstand zu wählen, der die wichtigen Aufgaben der Gruppe an die Hand nimmt. Auch
hier ist man oft froh, wenn sich überhaupt
Leute bereit erklären, mitzuwirken. Schon anders sieht das Bild aus, wenn es um die Mit-
wirkung in Arbeitsgruppen usw. im Berufsleben geht (sei es in der Privatwirtschaft oder
im öffentlichen Dienst). Da stehen sich oft
verschiedene Leute gegenüber, die Interesse
am Mitmachen zeigen und zum Teil bewusst
gegeneinander auftreten. Die Gruppe, welche für die Wahl zuständig ist, muss dann die
eingegangenen Kandidaturen unter die Lupe
nehmen und eine Auswahl treffen.
Im politischen Leben denkt man beim
Thema Wahlen vor allem an die personelle
Besetzung von Parlamenten und Regierungen. Parlamente werden von den Stimm- und
Wahlberechtigten gewählt. Dasselbe gilt in
der Schweiz auch für die Regierungen in den
Kantonen und Gemeinden. Eine Ausnahme:
Der Bundesrat wird durch das Parlament gewählt. In anderen Ländern ist die Wahl der
Regierung durch das Parlament die Regel.
Das schweizerische Parlament ist zweigeteilt in den Nationalrat und den Ständerat.
Die kantonalen Parlamente heissen in der
Regel Kantonsrat oder Grosser Rat. Auch die
grösseren Gemeinden haben ein Parlament
(Grosser Gemeinderat). In kleineren Gemeinden steht die Gemeindeversammlung aller
Stimm- und Wahlberechtigten an der Stelle
eines Gemeindeparlaments.
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 2 Zwei Parlamentskammern – ein Parlament
Die Schweiz hat zwei gleichberechtigte Parlamentskammern:
Im Nationalrat sind alle Kantone nach der
Bedeutung ihrer Bevölkerungszahl mit einer unterschiedlichen Anzahl Sitze (aber
mindestens einem Sitz) vertreten.
Im Ständerat haben alle Kantone – ohne
Berücksichtigung der Bevölkerungszahl –
je zwei Sitze. Ausnahmen davon bilden 6
Kantone, die sich im Laufe ihrer Geschichte einmal geteilt hatten (Obwalden und
Nidwalden; Appenzell Innerrhoden und
Ausserrhoden; Basel-Stadt und BaselLandschaft). Diese Kantone haben je einen Sitz.
Die 200 Mitglieder des Nationalrats und die
46 Mitglieder des Ständerats treten jährlich
viermal für je drei Wochen zusammen.
Sie tagen je gesondert, behandeln aber
die gleichen Geschäfte. Sie befassen sich
hauptsächlich mit Verfassungsänderungen, verabschieden Bundesgesetze und
bestimmen, wofür das Budget des Bundes
verwendet wird. Alle Vorlagen müssen von
beiden Parlamentskammern beraten werden, und Entscheidungen sind nur dann
gültig, wenn ihnen sowohl der Natio­
nalrat als auch der Ständerat zustimmen.
Falls die Entscheide von Nationalrat und
Ständerat nicht übereinstimmen, geht
das Geschäft zwischen den beiden Räten
hin und her, bis eine Einigung erzielt wird.
Falls das Hin und Her («politisches Pingpong») längere Zeit ohne gemeinsames
Ergebnis endet, landet das Geschäft im
Papierkorb.
Die vielleicht etwas seltsam anmutende
Form eines Parlaments mit zwei gleichberechtigten Teilparlamenten geht von der
Grundidee aus, die grossen Kantone dürften nicht ein zu grosses Gewicht haben.
Im Nationalrat besetzen die 5 grössten
Kantone tatsächlich mehr als die Hälfte
der Sitze, im Ständerat dagegen haben sie
nur 10 der 46 Sitze. Die Schweiz hat dieses
Modell eines Parlaments mit 2 Kammern
nicht selbst erfunden, sondern 1848 von
den USA übernommen.
Nur selten treffen sich National- und Ständerat zu einer gemeinsamen Sitzung, zum
Beispiel anlässlich der Bundesratswahlen.
Diese Vereinigung der 200 Nationalratsund 46 Ständeratsmitglieder nennt man
die Vereinigte Bundesversammlung.
Am 23. Oktober 2011 finden – wie alle vier
Jahre am zweitletzten Sonntag im Oktober – die nächsten Nationalratswahlen
statt. Gleichzeitig werden in den meisten
Kantonen auch die Mitglieder des Ständerats neu bestimmt, in einigen Kantonen zu
einem anderen Zeitpunkt. Im Dezember
nach den Nationalratswahlen wählen Nationalrat und Ständerat dann gemeinsam
die Landesregierung, den Bundesrat.
Nationalrat: Unterschiedliche Anzahl Mitglieder pro Kanton
Die Anzahl Sitze, welche den 26 Kantonen zustehen, ist von der Wohnbevölkerung abhängig
und variiert 2011 zwischen 1 und 34. Die Sitzzuteilung wird alle 10 Jahre aufgrund der Volkszählung neu berechnet. Dabei erhält jeder Kanton unabhängig von der Bevölkerungszahl mindestens einen Sitz. Für die Wahlen von 2011 gilt die folgende Sitzzuteilung:
Zürich
Bern
Waadt
Aargau
St. Gallen
Genf
34
26
18
15
12
11
Luzern
Tessin
Solothurn
Basel-Land
Wallis
Freiburg
10
8
7
7
7
7
Thurgau
Basel-Stadt
Graubünden
Neuenburg
Schwyz
Zug
6
5
5
5
4
3
Schaffhausen
Jura
Uri
Obwalden
Nidwalden
Glarus
2
2
1
1
1
1
Appenzell AR 1
Appenzell IR 1
Total
200
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 3 Wer darf wählen? Wer kann gewählt werden?
Aktives Wahlrecht
(= das Recht, wählen zu dürfen)
Wahlberechtigt sind die Schweizerbürgerinnen und Schweizerbürger, die mindestens 18
Jahre alt sind. Dazu zählen auch die Auslandschweizerinnen und -schweizer.
Passives Wahlrecht
(= das Recht, gewählt werden zu können)
Alle aktiv Wahlberechtigten dürfen sich auch
zur Wahl stellen. Es gelten also keine Einschränkungen (dass man zum Beispiel älter
als 18 sein müsste, um wählbar zu sein).
Für die Nationalrats- und Ständeratswahlen bildet jeder Kanton einen Wahlkreis. Man
darf deshalb nur Personen die Stimme geben,
die im eigenen Kanton kandidieren.
Zwei merk-würdige Fremdwörter, zweierlei Wahlsysteme
Bei Wahlen kommt entweder das Majorz- oder das Proporzsystem zur Anwendung
Proporz
Proporzwahl heisst Verhältniswahl
(proportional = verhältnismässig).
Bei der Proporzwahl stehen die Parteien im Mittelpunkt. Das Proporzwahlsystem geht von zwei Hauptüberlegungen aus:
In erster Linie sind die politischen Parteien und
ihre Programme für die Gestaltung der Politik entscheidend. Erst in zweiter Linie zählt auch die einzelne Persönlichkeit.
Zweitens: Das Proporzwahlverfahren soll auch den
kleineren Parteien Chancen zu Sitzgewinnen geben.
Deshalb wird eine doppelte Gewichtung vorgenommen: Man bestimmt mit der Wahl gleichzeitig den
Stimmenanteil der Parteien (= Listenstimmen oder
Parteistimmen) und den der kandidierenden Personen (= Kandidatenstimmen). Die Sitze werden dann
zunächst den Parteien im Verhältnis zu den gewonnenen Parteistimmen zugeteilt und in einer zweiten
Verteilung an die in den Parteien jeweils stärksten
Kandidierenden vergeben.
Ein Beispiel: In einem Wahlkreis mit 10 Sitzen erhält Partei A 20 Prozent aller Parteistimmen. Sie hat
somit Anrecht auf 2 Sitze (rechnerische Details dazu
in der «Berechnung der Sitzzuteilung»). Gewählt sind
dann die beiden Personen, die auf dieser Liste am
meisten Stimmen erhalten.
Majorz
Majorzwahl heisst Mehrheitswahl
(Majorität = Stimmenmehrheit).
Bei der Majorzwahl stehen die Kandidatinnen und
Kandidaten im Mittelpunkt. Das Majorzsystem soll
die Wahl starker Persönlichkeiten begünstigen und
eröffnet vor allem Vertreterinnen und Vertretern der
grossen Parteien Chancen, während kleinere Parteien
leer ausgehen. Das muss aber nicht notwendigerweise so sein: Kandidierende kleinerer Parteien können
sich dann Erfolgschancen ausrechnen, wenn sie von
einer grösseren, politisch benachbarten Partei unterstützt werden oder wenn es sich um bekannte und in
weiten Kreisen anerkannte Persönlichkeiten handelt.
Bei Majorzwahlen werden nur Kandidatenstimmen gezählt. Dabei sind oft zwei Wahlgänge nötig: Im
ersten Wahlgang sind nur die Personen gewählt, welche die Hälfte der gültigen Stimmen plus 1 Stimme
erreicht haben. Das ist das absolute Mehr. Im zweiten
Wahlgang gilt dann das relative Mehr: Gewählt sind
diejenigen, die am meisten Stimmen erhalten haben.
Die Voraussetzung des absoluten Mehrs gilt im zweiten Wahlgang also nicht mehr.
Ein Beispiel: In einem Wahlkreis mit 10 Sitzen werden im ersten Wahlgang 7 Kandidierende von mehr
als 50 Prozent der Wählenden gewählt. Sie sind damit nach der Regel des absoluten Mehrs gewählt. Im
zweiten Wahlgang, der einige Wochen später erfolgt,
werden zusätzlich zusätzlich diejenigen 3 gewählt,
die relativ am meisten Stimmen auf sich vereinen.
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 4 Wo wird wie gewählt?
Im Bund, in Kantonen und Gemeinden werden die Parlamente in der Regel nach Proporz
und die Regierungen nach Majorz gewählt.
Von dieser Grundregel gibt es allerdings einige Ausnahmen. Eine Besonderheit betrifft die
Wahlen in die Bundesversammlung:
Der Nationalrat wird nach Proporz gewählt. Einen Spezialfall bilden die 6 Kantone mit nur einem Sitz. Hier gibt es keine
andere Möglichkeit als eine Majorzwahl.
Der Ständerat wird nach Majorz gewählt
(Ausnahme: Kantone Jura und Neuenburg). Das hängt mit der geringen Sitzzahl
pro Wahlkreis zusammen: Da nur 2 Sitze
pro Wahlkreis zu vergeben sind, würden
auch Proporzwahlen kleineren Parteien
kaum Chancen bieten.
Was ist Majorz? Was ist Proporz?
Eine bildliche Darstellung in einem politischen Plakat (1910/1918)*
Im 19. Jahrhundert wurden die Parlamente
nach Majorz gewählt. Kurz vor 1900 gingen
einige Kantone zum Proporz für das Kantons­
parlament über. Versuche, den Proporz auch
für den Nationalrat einzuführen, scheiterten in Volksabstimmungen 1900 und 1910,
hatten dann 1918 Erfolg. Das oben abgebildete Plakat von Melchior Annen, einem
der bedeutendsten politischen Grafiker des
20. Jahrhunderts, diente 1910 und 1918 den
Befürwortern des Wechsels als Illustration.
Auf dem linken Bild (Majorz) verschlingt der
freisinnige Kapitalist allein die auf dem Tisch
liegenden Würste, während die Vertreter der
anderen Parteien ( je ein Bauer, Arbeiter, Liberal-Konservativer und Katholisch-Konservativer) zuschauen müssen und sich Mutter Helvetia im Hintergrund entsetzt von der Szene
abwendet. Auf dem rechten Bild (Proporz)
herrscht dagegen ein freundliches Einvernehmen aller Parteien am Tisch; Mutter Helvetia
teilt die Wurst gemäss der Devise auf dem
Plakat: «Gerechtigkeit erhöht ein Volk».
*Abbildung aus: Jean Meylan, Philippe Maillard, Michèle Schenk: Aux urnes, citoyens! 75 ans de votations
fédérales par l’affiche, Prilly/Lausanne 1977, Seite 27.
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 5 Die parteipolitische Zusammensetzung (Sitzverteilung)
des Nationalrats und des Ständerats
Gemäss den Wahlen vom Herbst 2007; Zusammenschluss FDP – Liberale 2008 und Ausscheidung SVP – BDP
2008 berücksichtigt
Nationalrat
Ständerat
200 Sitze
 PdA 1
 SPS 43
 GPS 20
 GLP 3
 EVP 2
 CSP 1
 CVP 31
 FDP 35
46 Sitze
 BDP 5
 EDU 1
 SVP 57
 Lega 1
Kurzer Kommentar:
Die Statistik lässt sich mit Hilfe des Parteienkompasses leicht erweitern: Unter dem
Link «Parteiprofile» stösst man auf «Parteistärke». Hier ist die Entwicklung des
prozentualen Wähleranteils zugunsten
der Parteien in den letzten Jahrzehnten
dargestellt. Die Statistik betrifft die Nationalratswahlen. In der Zusammenstellung
oben sind die erzielten Sitze angegeben.
Im Nationalrat, der nach Proporz gewählt
wird, ist die proportionale Wählerstärke
der Parteien mit der Zahl der erzielten Sitze ziemlich identisch. Ein Beispiel: Die SVP
hat eine Wählerstärke von ungefähr 30 %,
und die 62 Gewählten unter den 200 Mitgliedern (vor der Abspaltung der BDP) entsprechen genau dieser Stärke.
Ganz anders im Ständerat (Majorzwahl).
Hier belegen die Mitglieder der Freisinnigen und der CVP zusammen fast 60 % der
Sitze, obwohl sie eine Wählerstärke von
je nur 15 % haben. Die Sozialdemokraten
haben, gemessen am Wähleranteil, im
 SPS 9
 GPS 2
 GLP 1
 CVP 15
 FDP 12
 BDP 1
 SVP 6
Ständerat einen Sitz zu wenig. Ganz merkwürdig ist das schlechte Abschneiden der
SVP: Als 30 %-Partei sollte sie nicht 7, sondern doppelt so viele Sitze haben.
«Majorzwahlen begünstigen die grossen
Parteien»: Das besagt die «Theorie». Diese
Rechnung geht in unserem Beispiel nicht
auf. Die geringe Präsenz der SVP im Ständerat mag verschiedene Gründe haben.
Einer liegt darin, dass es ihr schwerfällt,
Unterstützung durch andere Parteien zu
erhalten. Und mit 30 % der Wählerstimmen ist man vom absoluten Mehr noch
weit entfernt.
Nationalrat und Ständerat im Vergleich:
Das Gewicht der Parteien ist in den beiden
Parlamentskammern unterschiedlich. Der
Nationalrat und der Ständerat haben das
gleiche politische Gewicht und müssen
in allen Geschäften, die sie beraten, am
Schluss zu einem gemeinsamen Ergebnis
kommen. Das zeigt, wie schwierig eine Einigung oft ist.
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 6 Weiterführende Materialien
Dieser Teil enthält zusätzliche Angaben zum Wählen nach dem Proporzsystem. Er dient als detaillierte Vorbereitung auf die «Wahlsimulation: Jugendliche wählen das Parlament» im Arbeitsteil.
Die Nationalratswahl nach Proporz: Die Spielregeln
Nochmals zwei Fremdwörter
Wie schon erwähnt wurde, sind Proporzwahlen deshalb etwas kompliziert, weil auf dem
Wahlzettel immer gleichzeitig Listenstimmen (= Parteistimmen) und Kandidatenstimmen vergeben und gezählt werden müssen.
Grundsätzlich gilt: Nichts ist unabänderlich. Auch nicht eine vorgedruckte Parteiliste.
Man hat drei Möglichkeiten, dem eigenen
politischen Willen eine persönliche Note zu
geben:
Kumulieren: Man kann Kandidatennamen
auf dem Wahlzettel im Maximum zweimal schreiben. Diese Kandidaten bzw. diese Kandidatinnnen erhalten also je zwei
Partei- und Kandidatenstimmen. Das erhöht ihre Wahlchancen.
Panaschieren: Es können Kandidatinnen
und Kandidaten aus verschiedenen Listen
auf den Wahlzettel übertragen werden,
d. h., sie werden gemischt («panaschiert»).
Diese Fremdstimmen schwächen die bevorzugte Partei. Panaschieren wird oft
aber auch als Zeichen eines bewussten,
unabhängigen Wählerwillens gedeutet.
Es ist auch möglich, auf einem Wahlzettel
gleichzeitig zu panaschieren und zu kumulieren.
Streichen: Man kann auch vorgedruckte
Namen streichen, ohne gleichzeitig zu kumulieren oder zu panaschieren.
Spielregeln
Man darf nur einen einzigen amtlichen
Wahlzettel abgeben. Das kann ein leerer
oder ein bedruckter Wahlzettel sein.
 Der Wahlzettel muss mindestens einen
gültigen Namen enthalten.
In Kantonen mit mehr als einem Sitz sind
nur die Namen gültig, die auf einem der
vorgedruckten Wahlzettel stehen.
Alle Eintragungen muss man handschriftlich vornehmen und sie müssen gut lesbar
sein.
Der Wahlzettel darf nicht mehr Namen
aufführen, als Sitze im Wahlkreis zu vergeben sind. Falls man also panaschiert oder
kumuliert, muss man entsprechend andere Namen streichen.
Bei handschriftlich eingesetzten Kandidatinnen und Kandidaten müssen der Name
sowie die Kandidatennummer angegeben
werden.
Bemerkungen wie " oder «dito» sind ungültig.
Die Wahlzettel dürfen nicht unterschrieben oder sonst wie gekennzeichnet werden.
Wahlzettel mit ehrverletzenden Äusserungen sind ungültig.
Wie erfolgt die Stimmabgabe?
Seit vielen Jahren ist sowohl die Wahl im
Abstimmungslokal wie die briefliche Wahl
üblich. In verschiedenen Gemeinden sind in
den letzten Jahren Erfahrungen mit der elektronischen Stimmabgabe, dem sogenannten
E-Voting, gesammelt worden. Diese Form der
Wahl wird in nächster Zeit ohne Zweifel zunehmen. Bei den National- und Ständeratswahlen 2011 wird dieses Verfahren aber noch
nicht angewendet.
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 7 Die fünf Varianten zum Wählen
Variante 1: Leerer Wahlzettel
Dieser vorgedruckte Wahlzettel enthält weder einen Parteinamen noch Namen von
Kandidierenden, man kann ihn also ganz
frei ausfüllen. Der Wahlzettel muss mindestens einen handschriftlich eingetragenen,
gültigen Namen enthalten. Wenn oben ein
Listenname eingesetzt wird, kommen die
leeren Linien als Zusatzstimmen der entsprechenden Liste zugute, sonst werden sie
keiner Liste zugerechnet.
Liste Nr.:
Stefan S.
0104
Michel W.
Marianne M.
Variante 2: Bedruckte Parteiliste
unverändert einreichen
Die Partei erhält alle Listenstimmen und
alle aufgeführten Kandidierenden erhalten
je eine Kandidatenstimme.
Liste Nr. 02 Partei B
0201
Stefan S.
0203
Simon L.
0202
0204
0205
Liste Nr. 01 Partei A
0101 0105 Hanna K. Charlotte E.
0102 0103
Cédric E. Silvan J.
0104
Michel W.
0103
0201
0202
Variante 4: Kumulieren
Namen höchstens zweimal aufführen und
gleichzeitig gleich viele gedruckte Namen
streichen. Die kumulierten Kandidatinnen
oder Kandidaten erhalten so je 2 Stimmen.
Alle Listenstimmen bleiben bei derselben
Partei.
Marianne M.
Marionna U.
0105
Silvan J.
Charlotte E.
Variante 5: Panaschieren
Namen, die auf einer anderen Liste stehen,
in eine vorgedruckte Liste einsetzen. Dabei
verliert die Partei mit der gedruckten Aufschrift die entsprechenden Listenstimmen
an andere Parteien.
Liste Nr. 01 Partei A
0101
Hanna K.
0202
0102
Cédric E. Marianne M.
0103
Silvan J.
0105
Charlotte E.
0104 0203 Michel W. Simon L.
Lisa A.
Variante 3: Streichen
Auf vorgedrucktem Wahlzettel einen oder
mehrere Namen streichen, ohne sie zu ersetzen. Die Zeilen mit den gestrichenen Namen verbleiben als Listenstimmen bei der
Partei.
Liste Nr. 02 Partei B
0201
Stefan S.
0203
Simon L.
0202
0204
0205
Marianne M.
Marionna U.
Lisa A.
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 8 Rechnerisches: So werden bei Proporzwahlen
die Wahlergebnisse ermittelt
Die Sitzverteilung berechnet sich auf Grund
der Parteistimmen. Die von den einzelnen
Parteien eroberten Stimmen werden ins Verhältnis zur Gesamtstimmenzahl gebracht.
Das Berechungsverfahren
1. Die Gesamtzahl aller Parteistimmen wird
durch die um eins erhöhte Zahl der Sitze geteilt. Die nächsthöhere ganze Zahl
heisst Verhältniszahl.
2. Jede Partei erhält so viele Sitze, wie die
Verhältniszahl in ihrer Parteistimmenzahl
enthalten ist.
3. Sind auf diese Weise noch nicht alle Sitze
verteilt, werden in einer zweiten Runde
die Restsitze vergeben: Die Stimmenzahl
jeder Partei wird durch die um eins erhöhte Zahl der bereits erhaltenen Sitze geteilt.
Der Liste, welche dabei die höchste Zahl
erreicht, wird ein weiterer Sitz zugeteilt.
Dieses Verfahren wird wiederholt, bis alle
Sitze verteilt sind.
Bei Nationalratswahlen können verschiedene
Parteilisten auch Listenverbindungen eingehen. Dabei wird bei der Sitzberechnung zuerst jede Gruppe der miteinander verbundenen Listen wie eine einzige Liste behandelt.
In einem zweiten Durchgang werden dann
die Mandate an die beteiligten Parteien verteilt. Aus Gründen der Einfachheit wurde hier
das Thema Listenverbindung bewusst ausgeklammert.
Musterbeispiel
11 350 Stimmen = 10 Sitze
11 350 : 11 (10 + 1) = 1031,8 Stimmen
Verteilungszahl: 1032
Liste A 4900 : 1032 = 4 Sitze
Liste B 3400 : 1032 = 3 Sitze
Liste C 2150 : 1032 = 2 Sitze
Liste D 900 : 1032 = 0 Sitze
Verbleibender Rest: 1 Sitz
Liste A 4900 : 5 (4 + 1) = 980
Liste B 3400 : 4 (3 + 1) = 850
Liste C 2150 : 3 (2 + 1) = 716
Liste D 900 : 1 (0 + 1) = 900
Partei A erhält den Restsitz.
Lernmodul Wahlen | Grundlagentext 9 
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