„Newtons Planet“ Vortrag DD 9.1 am 8. März 2010 zur Frühjahrstagung der DPG in Hannover Elmar Schmidt SRH Hochschule Heidelberg Prof. Dr. E. Schmidt School of Engineering & Architecture Fachhochschule Heidelberg Folie 1 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Isaac Newton (1643-1726) § zeigte die Herkunft der Kepler-Gesetze aus der Planetenanziehung durch die Sonne und § formulierte das Gravitationsgesetz m1m2 F: 2 r Folie 2 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Gewicht G = Schwerkraft auf Masse m G = m⋅ g mit der Fallbeschleunigung g ≈ 9,81m s 2 m M R g Gravitationsgesetz m⋅M γM FG = γ = m R2 R2 wobei noch zu zeigen ist, daß Erdmasse im Mittelpunkt vereint wirkt (u.a. Gauß) γM gR 2 Also: g = 2 ⇒ M = R γ Folie 3 m ← Gravitationskonstante? © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Cavendish (1731-1810) „wiegt“ die Erde Die Gravitationskonstante mußte aus der Anziehung zweier bekannter Massen bestimmt werden, und die ist sehr klein (bei Cavendish 10-6 N entsprechend 0,1 mg) Lösung: Drehwaage von John Michell (ca. 1790) Seit 50 Jahren: Schulversuch Folie 4 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Versuche von 1798 m = 2. 0,73 kg Cavendish bestimmte eigentlich die Dichte der Erde und publizierte ? = 5,48 g/cm3, doch war das ein Fehler beim Abschreiben des Resultats. Im Mittel seiner 29 Messungen kommt 5,448 raus, d.h. ρ = ( 5, 45 ± 0, 22 ) g cm 3 M = ρ ⋅ V ≈ 5, 90 ⋅ 10 24 kg M = 2.158 kg Folie 5 (- 1,3%) © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Newton und die frz. Revolution (? m & kg) • sorgten zwar für gleich mehrere Faustformeln g = 9,80665 ms-2 ≈ 10 ms-2 (genau auf 1,9%) p = 1013, 25 hPa ≈ 1 bar (auf 1,3 %) o ∆p = ρ g = 10052 Pa ⋅ m -1 = ∆h = 0,993 p / 10 m ≈ p / 10 m (auf 0,7%) 0 0 • doch auch dafür, daß Kräfte, obwohl m direkt spürbar, kinematisch, d.h. 1 N = 1 kg ⋅1 2 s über eine Normbeschleunigung, definiert sind Folie 6 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Das Newton N • als Gewichtsäquivalent bleibt unanschaulich 1 N A 102 g Das „gute, alte“ Kilopond kp • hatte trotz des Nachteils der geographisch uneinheitlichen Reproduzierbarkeit den Vorteil der ugf. Kilogramm-Äquivalenz Folie 7 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ „Newtons Planet“ Vor diesem Hintergrund kam es zu einer etwas albernen Klausuraufgabe (Jahr 2000): Das Ergebnis war ernüchternd…. Warum? Folie 8 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Erdmond kommt dem Ziel scheinbar nahe MondschwereBeschleunigung g M = 1, 62 m s2 „Zeitlupenfaktor“ gE = 2, 46 gM zum „Newton-Planeten“ fehlt also nur noch gM = 1, 27 2 1 m/s Folie 9 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Rechnen wir lieber mal genau 2 1 m s kg 10 Also: = g =1 2 ⇒ 2 = = 1, 5 ⋅ 10 2 2 R s m R γ γM m ! M bzw. als Zahlenwertgleichung in astronom. Stücken M M Erde R = 0,32 R Erde und wg. M = ρ ⋅ V = ρ 4 π R auch 3 3 bzw. Folie 10 ρ g cm -3 ⋅ R R Erde 2 ( ρR) = 3 ⋅1 m s 4π ⋅ γ 2 = 3, 6 ⋅ 10 kg/ m 9 2 = 0, 56 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Einige „Newton-Planeten“ vom Reißbrett Aus M M Erde = 0,32 R R Erde 2 folgt etwa, daß eine „Newton-Erde“ gleicher Masse mehr als den dreifachen Radius haben müßte und folglich 1/30 der mittl. Dichte der Erde. Ein Planet mit 1/1000 MErde läge noch bei 10% des Erdradius. Aus ρ g cm -3 ⋅ R R Erde = 0,56 wiederum folgt für einen Planeten der Dichte 2,75 g cm-3, daß er 1/5 des Erdradius bräuchte, um ein g = 1 m s-2 aufzuweisen Folie 11 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Etwas systematischer (mit 8 Planeten) 1.000.000,00 Radius / km 100.000,00 Jupiter Saturn Neptun Uranus 10.000,00 Erde Mars 1.000,00 Venus R ~ M 0,412 statt ~ M 0,33 Merkur g=0,1 m/s2 g= 1 m/s2 100,00 g=10 m/s2 10,00 0,00001 0,0001 0,001 0,01 0,1 1 10 100 Masse / MErde Folie 12 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ „Newtons Mond“ (oder Asteroid)!? … und nun die Monde 10.000,00 Radius / km Es gibt auch „Galilei-Planeten“ 1.000,00 R ~ M 0,335 g=10 m/s2 g=0,01 m/s2 =1 Gal g=1 m/s2 100,00 g=0,1 m/s2 10,00 1,00 0,000001 0,000010 0,000100 0,001000 0,010000 0,100000 1,000000 10,000000 Masse / MMond Folie 13 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Radius- u. Dichteforderung für „Newton-Planeten“ 3000 9,0 km Ganymed 2500 Callisto Radius 7,5 Titan Masse zu hoch 2000 1500 g / cm3 Io Masse zu klein Europa Triton Eris Pluto 1000 Mond 4,5 Masse/Radius einiger Sonnensystem-Körper Makemake Haumea Sedna 500 6,0 3,0 Dichte Quaoar 1,5 Kleinplaneten (zu massearm) 0 0,00 0,0 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 Masse / MMond Folie 14 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Zusammenfassung Im Sonnensystem gibt es wohl keinen „Newton- Planeten“ mit g = 1 m/s2 Ø die acht Planeten sind zu dicht oder schwer Ø die Großmonde (bis auf Triton) ebenfalls Ødie transneptunischen Objekte sind nicht dicht genug Ødie Kleinplaneten haben zu wenig Masse, es gibt keine plausible Dichte mehr, um „Newton-Planetoiden“ zu generieren Folie 15 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Bauen wir uns halt einen „N-Planeten“ 3000 9,0 g / cm3 km 2500 2000 1500 1000 500 0 0,00 7,5 Radius Kandidat 3: der „Eiserne“ ? ˜ 8 g/cm3 R ˜ 400 km 6,0 Kandidat 1: der „Eisige“ ? ˜ 1,6 g/cm3 R ˜ 2200 km Kandidat 2: der „Steinige“ ? ˜ 3,2 g/cm3 R ˜ 1100 km 4,5 3,0 Dichte 1,5 0,0 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 Masse / MMond Folie 16 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Noch eine Hilfslösung Äquatoriale Zentrifugalbeschleunigung kann zu große g reduzieren: Bedingung: γM R 2 − 4π 2 R T2 m = g =1 2 ⇒ s ! 2π ⇒T = γM R 3 − g R 2π = 4 3 πγρ − g R liefert etwa für den Erdmond Umlaufszeit T = 10500 s = 2,9 h Äquatoriale Geschwindigkeit v = 1,04 km/s (44% der Fluchtgeschwindigkeit) Folie 17 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010 DPG Didaktik-Tagung 2010 – E. Schmidt „Newtons Planet“ Meta-Lernziele • Umgang mit mehrwertigen Formeln • Einsatz zugeschnittener Größengleichungen • grafische Lösungsraumverdeutlichung • physikalische Plausibilitätsprüfung • konkrete Lösung(en) als „Ingenieurleistung“ Ausblick • Vertiefung der Planetologie • Druck-/Dichte-Verläufe, Geochemie • Erweiterung auf Exo-Planeten und Fixsterne Folie 18 © Dr. E. Schmidt; Heidelberg 2010