Zustandsmonaden

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Zustandsmonaden
Wir betrachten noch einmal den Datentyp für beschriftete Binärbäume
data Tree a = Empty | Node (Tree a) a (Tree a)
und wollen eine Funktion definieren, die die Knoten so eines Baums von links
nach rechts durchnummeriert.
numberTree :: Tree a -> Tree (Int,a)
Beispiel (verkürzt):
ghci> numberTree (N (N E ’a’ E) ’b’ (N E ’c’ E))
N (N E (1,’a’) E) (2,’b’) (N E (3,’c’) E)
Zur rekursiven Definition dieser Funktion über die Struktur von Binärbäumen
benötigen wir einen zusätzlichen Parameter, der angibt, welche die nächste
verfügbare Nummer ist. Wir könnten daher versuchen, die Funktion wie folgt
zu definieren
numberTree t = numberTreeWithNum t 1
wobei numberTreeWithNum den Typ Tree a -> Int -> Tree (Int,a) hat. Beim
Versuch, den rekursiven Fall von numberTreeWithNum zu definieren, bekommen
wir aber das Problem, dass wir die Größe des linken Teilbaums kennen müssen
um die nächste freie Nummer für den rechten zu berechnen. Statt den linken
Teilbaum zweimal zu durchlaufen (einmal zur Nummerierung und einmal zur
Berechnung der Größe) ist es besser, wenn unsere Hilfsfunktion nicht nur den
nummerierten Baum sondern auch die nächste freie Nummer zurückgibt. Die
nächste freie Nummer wird dadurch zu einer Art Zustand, der durch die Berechnung durchgereicht wird.
numberTreeWithState
:: Tree a -> Int -> (Tree (Int,a), Int)
Mit dieser Funktion können wir numberTree definieren und müssen nur das erste
Element des Ergebnisses selektieren also die letzte freie Nummer ignorieren.
numberTree t = fst (numberTreeWithState t 1)
Unsere Hilfsfunktion definieren wir wie folgt. Einen leeren Baum braucht man
nicht zu nummerieren und die nächste freie Nummer bleibt unverändert:
1
numberTreeWithState Empty n = (Empty,n)
Bei einem inneren Knoten nummerieren wir erst den linken Teilbaum, ergänzen
die Beschriftung durch die dann nächste freie Nummer und nummerieren dann
den rechten Teilbaum mit einer um 1 größeren Nummer.
numberTreeWithState (Node l x r) n =
let (l’,n1) = numberTreeWithState l n
(r’,n2) = numberTreeWithState r (n1+1)
in (Node l’ (n1,x) r’, n2)
Definitionen wie diese sind fehleranfällig, da man Variablen wie n1 und n2 leicht
verwechseln kann. Das manuelle Auspacken und Weiterreichen des Zustands
wird bei größeren Programmen schnell unübersichtlich.
Die sequentielle Struktur dieses Programms (erst den linken Teilbaum nummerieren, dann den rechten), wirft die Frage auf, ob wir es nicht eleganter mit
do-Notation implementieren können. Es folgt eine wünschenswerte monadische
Variante unserer Hilfsfunktion, die einen Zustand mit Hilfe von Funktionen get
und put manipuliert.
numberTreeState Empty = return Empty
numberTreeState (Node l x r) =
do l’ <- numberTreeState l
n <- get
put (n+1)
r’ <- numberTreeState r
return (Node l’ n r’)
Können wir eine Monade definieren, die diese Definition erlaubt? Angenommen numerTreeState soll den selben Typ haben wie numberTreeWithState,
dann müsste die return-Funktion den Typ a -> Int -> (a,Int) haben. Den
Typkonstruktor IntState für die zugehörige Monade müssten wir dann so
definieren:
type IntState a = Int -> (a,Int)
Der bind Operator hätte den Typ IntState a -> (a -> IntState b) -> IntState b.
Außerdem haben wir Funktionen get und put verwendet, die in dem Fall folgende Typen haben müssten:
get :: IntState Int
put :: Int -> IntState ()
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Zur Implementierung dieser und der monadischen Funktionen ist der konkrete
Typ des Zustands (hier Int) unerheblich, wir können von diesem also abstrahieren. Außerdem definieren wir statt eines Typsynonyms einen neuen Typ
mit newtype um Berechnungen in Zustandsmonaden von anderen Funktionen
zu unterscheiden, die zufällig einen passenden Typ haben.
newtype State s a = State (s -> (a,s))
Zu diesem Typ definieren wir eine Funktion
runState :: State s a -> s -> (a,s)
runState (State f) = f
mit der man Berechnungen in Zustandsmonaden ausführen kann. Es gilt offensichtlich runState (State f) = f und für alle a :: State s a auch State (runState a) = a.
Wir geben nun eine Monad-Instanz für den Typkonstruktor State s an. Die
return-Funktion lässt den Zustand unverändert und der bind-Operator reicht
ihn durch sein erstes Argument in die Berechnung des zweiten.
instance Monad (State s) where
return x = State (\s -> (x,s))
a >>= f = State (\s -> let (x,s’) = runState a s
in runState (f x) s’)
Wir müssen nun zeigen, dass diese Implementierung die Monadengesetze erfüllt.
return ist eine Links-Identität für bind:
return x >>= f
= State (\s -> let (x’,s’) = runState (return x) s
in runState (f x’) s’)
= State (\s ->
let (x’,s’) = runState (State (\s -> (x,s))) s
in runState (f x’) s’)
= State (\s ->
let (x’,s’) = (\s -> (x,s)) s
in runState (f x’) s’)
= State (\s ->
let (x’,s’) = (x,s)
in runState (f x’) s’)
= State (\s -> runState (f x) s)
= State (runState (f x))
= f x
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return ist auch eine Rechts-Identität für bind:
a >>= return
= State (\s -> let (x,s’) = runState a
in runState (return x)
= State (\s -> let (x,s’) = runState a
in runState (State (\s
= State (\s -> let (x,s’) = runState a
in (\s -> (x,s)) s’)
= State (\s -> let (x,s’) = runState a
= State (\s -> runState a s)
= State (runState a)
= a
s
s’)
s
-> (x,s))) s’)
s
s in (x,s’))
Schließlich zeigen wir noch das Assoziativgesetz für den bind Operator.
(a >>= f) >>= g
= State (\s -> let (x,s’) = runState (a >>= f) s
in runState (g x) s’)
= State (\s ->
let (x,s’) = runState (State (\t ->
let (y,t’) = runState a t
in runState (f y) t’)) s
in runState (g x) s’)
= State (\s ->
let (x,s’) = (\t -> let (y,t’) = runState a t
in runState (f y) t’) s
in runState (g x) s’)
= State (\s ->
let (x,s’) = let (y,t’) = runState a s
in runState (f y) t’
in runState (g x) s’)
= State (\s ->
let (y,t’) = runState a s
(x,s’) = runState (f y) t’
in runState (g x) s’)
= State (\s ->
let (y,t’) = runState a s
in let (x,s’) = runState (f y) t’
in runState (g x) s’)
= State (\s ->
let (y,t’) = runState a s
in (\t -> let (x,s’) = runState (f y) t
in runState (g x) s’) t’)
= State (\s ->
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let (y,t’) = runState a s
in runState (State (\t ->
let (x,s’) = runState (f y) t
in runState (g x) s’)) t’)
= State (\s -> let (y,t’) = runState a s
in runState (f y >>= g) t’)
= a >>= \x -> f x >>= g
Es fehlen noch die Definitionen für get und put. Die get-Funktion lässt den
Zustand unverändert und gibt ihn zusätzlich als erstes Argument des Ergebnispaares zurück.
get :: State s s
get = State (\s -> (s,s))
Die put-Funktion ignoriert den durchgereichten Zustand und ersetzt ihn durch
den übergebenen.
put :: s -> State s ()
put s = State (\_ -> ((),s))
Mit diesen Definitionen können wir die Funktion numberTree nun unter Verwendung der monadischen Hilfsfunktion numberTreeState definieren:
numberTree :: Tree a -> Tree (Int,a)
numberTree t = fst (runState (numberTreeState t) 1)
Es stellt sich die Frage, ob die gezeigte Implementierung die einzig mögliche
einer Zustandsmonade ist. Analog zur Verallgemeinerung der Listenmonade
durch die MonadPlus Typklasse können wir die State s-Monade zu beliebigen
Zustandsmonaden abstrahieren, indem wir die Schnittstelle in einer Typklasse
spezifizieren.
Zustandsmonaden stellen neben den monadischen Operationen zwei Funktionen
get und put zur Verfügung, die wir wie folgt in einer Typklasse abstrahieren
können:
class Monad m => MonadState s m where
get :: m s
put :: s -> m ()
MonadState ist eine sogenannte Multi-Parameter-Typklasse, denn sowohl der
Zustandstyp als auch der Monaden-Typkonstruktor sind Parameter von MonadState.
Multi-Parameter-Klassen gehören nicht zum Haskell’98 Standard können aber
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im GHC oder GHCi durch das Flag -fglasgow-exts (Glasgow Extensions)
aktiviert werden.
Wir können den Typkonstruktor State s zu einer Instanz der Klasse MonadState s
machen, indem wir die vorherigen Defnitionen von get und put in die Instanzdeklaration schreiben.
instance MonadState s (State s) where
get
= State (\s -> (s,s))
put s = State (\_ -> ((),s))
Wie bei MonadPlus können wir uns auch bei MonadState fragen, welche Gesetze
für Zustandsmonaden erfüllt sein sollen. Zwei sinnvolle Gesetze sind zum Beispiel
das Gesetz
get >>= put
=
return ()
welches besagt, dass das Setzen des Zustands auf den aktuellen Zustand keinen
Effekt hat und das Gesetz
put s >> get
=
put s >> return s
welches besagt, dass get den zuvor gesetzten Zustand liefert und diesen nicht
verändert.
Das folgende zeigt, dass unsere Implementierung diese Gesetze erfüllt.
get >>= put
= State (\s ->
let (x,s’) = runState get s
in runState (put x) s’
= State (\s ->
let (x,s’) = runState (State (\s -> (s,s))) s
in runState (put x) s’)
= State (\s ->
let (x,s’) = (s,s)
in runState (put x) s’)
= State (\s -> runState (put s) s)
= State (\s -> runState (State (\_ -> ((),s))) s)
= State (\s -> ((),s))
= return ()
Auch das zweite Gesetz gilt:
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put s
= State
let
in
= State
let
in
= State
let
in
= State
= State
= State
let
in
= State
let
in
= put s
>> get
(\t ->
(x,t’) = runState (put s) t
runState get t’)
(\t ->
(x,t’) = runState (State (\_ -> ((),s))) t
runState get t’)
(\t ->
(x,t’) = ((),s)
runState (State (\s -> (s,s))) t’)
(\t -> (s,s))
(\t -> let (x,t’) = ((),s) in (s,t’))
(\t ->
(x,t’) = runState (State (\_ -> ((),s))) t
runState (State (\s’ -> (s,s’))) t’
(\t ->
(x,t’) = runState (put s) t
runState (return s) t’
>> return s
Durch die MonadState-Klasse kann die numberTreeState-Funktion in beliebigen Zustandsmonaden ausgeführt werden, denn sie hat den Typ
numberTreeState
:: MonadState Int m => Tree a -> m (Tree (Int,a))
Bisher kennen wir keine anderen Zustandsmonaden, wir werden aber später
alternative Implementierungen kennen lernen.
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