DAS GIESSENER DISKURSFESTIVAL WIRD 25! WIR FREUEN UNS AUF UNSERE GÄSTE UND EIN FRÖHLICHES FEST! ATELIER 09 Sieben junge KünstlerInnen aus ganz Europa wurden dazu eingeladen, im Rahmen von DISKURS 09 an einem künstlerischen Laboratorium teilzunehmen. Als Ausgangspunkt dienten Franz Kafkas Texte "Die Verwandlung" und "Die Sorge des Hausvaters", mit denen das Konzept des Unheimlichen erkundet und sowohl dessen Zusammenhang mit Technologie und Automaten als auch dessen Realisierungen in der zeitgenössischen Kunst untersucht wurden. Der Workshop wurde von dem belgischen Architekten und Performance-/Installationskünstler Kris Verdonck geleitet, der in vielen seiner Arbeiten unidentifizierbare, hybride Charaktere und unheimliche Transformationen erforscht. Die KünstlerInnen haben sich an den Schnittstellen zwischen Kunst und Theater, Tanz und Architektur, Installation und Performance bewegt und eröffnen mit ihrer Arbeitspräsentation das Jubiläums-Diskursfestival am 6. Oktober 2009. „Er hält sich abwechselnd auf dem Dachboden, im Treppenhaus, auf den Gängen, im Flur auf. Manchmal ist er monatelang nicht zu sehen; da ist er wohl in andere Häuser übersiedelt; doch kehrt er dann unweigerlich wieder in unser Haus zurück. Manchmal, wenn man aus der Tür tritt und er lehnt gerade unten am Treppengeländer, hat man Lust, ihn anzusprechen. Natürlich stellt man an ihn keine schwierigen Fragen, sondern behandelt ihn - schon seine Winzigkeit verführt dazu - wie ein Kind. »Wie heißt du denn?« fragt man ihn. »Odradek«, sagt er. »Und wo wohnst du?« »Unbestimmter Wohnsitz«, sagt er und lacht; es ist aber nur ein Lachen, wie man es ohne Lungen hervorbringen kann. Es klingt etwa so, wie das Rascheln in gefallenen Blättern. Damit ist die Unterhaltung meist zu Ende. Übrigens sind selbst diese Antworten nicht immer zu erhalten; oft ist er lange stumm, wie das Holz, das er zu sein scheint. Vergeblich frage ich mich, was mit ihm geschehen wird. Kann er denn sterben? Alles, was stirbt, hat vorher eine Art Ziel, eine Art Tätigkeit gehabt und daran hat es sich zerrieben; das trifft bei Odradek nicht zu. Sollte er also einstmals etwa noch vor den Füßen meiner Kinder und Kindeskinder mit nachschleifendem Zwirnsfaden die Treppe hinunterkollern? Er schadet ja offenbar niemandem; aber die Vorstellung, daß er mich auch noch überleben sollte, ist mir eine fast schmerzliche.“ Auszug aus „Die Sorge des Hausvaters“ Franz Kafka ATELIER 09 - Julia Schulz (Berlin) Kristine Vitola (Riga) Viktor Markos (Budapest) Wolfram Sander (Berlin) Tobias Rosenberger (Frankfurt) Jean Le Peltier (Brüssel) Marialena Marouda (Gießen), sowie Jan Rohwedder (Gießen) und Sebastian Schulz (Frankfurt Kris Verdonck studierte Architektur und Kunst an der Akademie für bildende Kunst SHIKV, gefolgt von einem Theaterstudium beim RITS in Brüssel. 2001 begann er sein abschließendes Studium an der Kunstakademie Hoger Instituut Schone Kunsten. Zoo aktör&vänner (Schweden) Unentschieden, ob als Wissenschaftler oder Versuchstier, ist der Zuschauer zu einem Trip in eine andere Realität eingeladen. Haben Sie schonmal ein Insekt getötet? Wie genau? Warum? Wie ist Ihr Verhältnis zur Natur? Der ominöse Captain hält eine Ansprache, kurz darauf verwandelt sich das Gewächshaus in ein Raumschiff. Am Ende der Reise haben die Teilnehmer ihre Mission erfüllt und werden wieder in der Realität willkommen geheißen. Zoo ist eine herausfordernde Nonsens-Performance für Erwachsene, die in eine Phantasiewelt mitgenommen werden, um in der Käfer-Disco ein Wesen zu adoptieren und daraufhin den großen Fragen des Lebens ausgeliefert zu sein. Gemeinsam mit den auf reizende Weise Intimität kreierenden Akteuren findet sich das Publikum in einer gleichermaßen poetisch und ernsthaft anmutenden Atmosphäre wieder. Von und mit: Johan Forsman, Johan Rodström, Joaquin Nabi Olsson, Tomas Björkdal, Ampersand, Daniel Andersson, Gunilla Lagneryd, Alva Rödström, Andreas Johansson, Emma Johannesson, Niklas Börjesson, Frida Melbin, Linda Stridh Die Performance Zoo von Johan Rödström und Johan Forsman wurde von aktör&vänner produziert, einer Plattform für Performancekunst in Göteborg. Die Aufführung ist auf 20 Zuschauerplätze begrenzt. point of view Nora de Baan und Marie Zahir (Schweiz/Österreich) Mit zarter Stimme singt ein Knabe einen dreistimmigen Kanon mit sich selbst. Gezeigt wird ein Ausschnitt aus einer von einem Knabenchor gesungenen Opernverfilmung von „Dido and Aeneas“, der über Umlenkrollen von einem Filmprojektor zum andern wandert. Das Flackern des Bildes und das immergleiche Geratter der Vorführgeräte werden zum unscheinbaren Rhythmus der Bild- und Tonebene, inmitten derer der Zuschauer steht und mit dem Betreten der Installation die vierte Wand durchbricht. In dieser Maschinerie ist er umgeben von einem Reigen von Bildern, Gesang und Projektorgeräuschen. Nora de Baan, *1978 in Zürich, und Marie Zahir, *1979 in Wien, arbeiten seit mehreren Jahren zusammen im Bereich Film-Installation. Hardware Hacking Lilian Beidler (Schweiz) Lilian Beidler stattet das Festival mit einer Jukebox aus: Hardware Hacking füllt den Raum mit einem elektronischen Dauergeräusch. Erst der brachiale Übergriff auf die Skulptur aus Elektroteilen entlockt ihr musikalische Klänge. Die Installation verändert sich fortwährend, der Elektroschrott wird zerstört und die Skulptur kehrt zurück zu ihrem Ausgangsmaterial. Lilian Beidler, *1982 in der Schweiz, studierte Musik und Medienkunst und seit 2008 Contemporary Arts Practice (CAP) in Bern. Through The Light Chamber Tammuz Binshtock (Niederlande) Die Lichtkammer ist ein Raum, in dem zwei Realitäten koexistieren: eine sichtbare und eine unsichtbare. Bilder werden erzeugt, Erscheinungen eingefangen und die Präsenz wird in der Zeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgespürt. Die Performance ist eine in drei unterschiedliche Episoden zerteilte Erfahrung. Nur wenn sich die drei Teile übereinander legen, offenbart sich der Kern des Experiments. Der Titel der Performance nimmt Bezug sowohl auf „Through the Looking Glass (and what Alice found there)“ von Lewis Carrol als auch die „Camera Lucida“, ein optisches Gerät, durch das das Abbild eines Objekts auf eine ebene Fläche projiziert werden kann. Die Performance versucht, einen Raum zu schaffen, der eine ähnliche Funktion erfüllt wie eine Gedächtniskamera, die die physikalischen Elemente um ihren Fokus herum einfängt. Through The Light Chamber ist ein DasArts Abschlussprojekt. Konzept: Tammuz Binshtock; Künstlerische Mitarbeit und Photographie: Avital Wiebern; Performance: Tammuz Binshtock, Sarah Van Lamsweerde; Produktionsassistenz: Yuval Binshtock Tammuz Binshtock, * 1979 in Tel Aviv, studierte audiovisuelle und Performancekunst in Amsterdam und arbeitet interdisziplinär in beiden Feldern. Sie lebt in Amsterdam und Tel Aviv. Aufführung für jeweils eine Person; Dauer: ca. 20 Minuten Disturbance Friðgeir Einarsson, Ragnar Ísleifur Bragason, Margrét Bjarnadóttir, Kristján Loðmfjörð, Björn Elvar Sigmarsson (Island) Physischer Schrecken ist ein nützlicher Mechanismus des menschlichen Körpers - er erzwingt eine Reaktion auf Gefahren und bringt uns aus schwierigen Situationen heraus. Der Nutzen der Angst ist schwieriger zu beschreiben - eine Reaktion auf unbekannte Bedrohungen und unklare Halluzinationen, die uns den Schlaf rauben und Phobien entstehen lassen. Disturbance ist ein Lehrstück über Furcht, das Seelenleben und das Wuchern der Einbildungskraft. Performance: Friðgeir Einarsson, Margrét Bjarnadóttir, Ragnar Ísleifur Bragason Technical support: Björn Elvar Sigmarsson Soundscape: Kristján Loðmfjörð Friðgeir Einarsson, *1981, ist Mitglied der Performancegruppen Me and my friends und 16 lovers. Ragnar Ísleifur Bragason, *1977, arbeitet als Schriftsteller und Theatermacher. Er lebt in Reykjavik. Margrét Bjarnadóttir, *1981, ist Choreographin und Mitglied der Performancegruppe Me and my friends. Kristján Loðmfjörð, *1977, arbeitet als freischaffender Künstler in den Bereichen Sound und Film. Björn Elvar Sigmarsson, *1981, betreibt ein Theater in Reykjavik. Six Saints: Niels Bohr Ellen Friis (Dänemark) Sechs dänischen Wissenschaftlern – Physikern, Philosophen, Astronomen –, die auf komplexe Weise über Zeit und Licht nachgedacht haben, wird in der Performancereihe Six Saints Tribut gezollt. Mit möglichst einfachen Mitteln versucht Ellen Friis zunächst den Kern von Niels Bohrs Überlegungen zur Quantenphysik darzustellen. Niels Bohr (1885-1962) formulierte, wie Elektronen, die den Kern des eines Atoms umkreisen, imstande sind, ihre Umlaufbahn zu verlassen, je nachdem ob sie mit Energie gespeist werden oder ihnen Energie entzogen wird. In der „Kopenhagener Interpretation“ heißt es, dass dabei die Bewegung des Elektrons nicht exakt bestimmt werden kann – außer wenn sie gestoppt und dadurch zerstört wird. Ellen Friis beschäftigt sich im Besonderen mit Konzepten von Zeit und wie diese die Wahrnehmung und Narration eines Werkes bestimmen. Sie lebt in Berlin und Kopenhagen. pearl harbor mon amour (maßstab 1:48) (Schweiz) Wolfram Höll Modellbau hat mit Theater gemein, das in beiden versucht wird, Abwesendes präsent zu machen. Sie unterscheiden sich jedoch erheblich in der Art, wie sie es tun: Während Modellbau geradezu das perfekte Abbild sucht und sich darin dem Film nähert, wird das Theater auch dann interessant, wenn es mit seiner eigenen Gemachtheit spielt: Das Scheitern im Abbilden kann zugleich sein größter Sieg sein. Wolfram Höll erforscht in der Theateradaption des Films „Pearl Harbor“ die Theatralität des Modellbaus. Und während die Schauspieler in Bern pearl harbor mon amour proben, baut er an einem Modell der Bühne - mit Flugzeugen, Schauspielern und Palmen - und dokumentiert dies in Modellbauinternetforen. Doch die Premiere rückt näher, und so macht er Fernproben, per Telefon und im Maßstab 1:48. Mit den Modellbauern Wolfram Höll und Reto Stadler. Wolfram Höll, *1986 in Deutschland, studiert Deutsch-Französische Studien und Literarisches Schreiben in Deutschland und der Schweiz. Er schreibt, inszeniert und macht Lecture Performances als Teil des Instituts für Zukunftsmusik. Reto Stadler, *1986 in der Schweiz, absolvierte eine Lehre zum Konstrukteur mit anschließender Erwachsenenmatur. Er studiert Schauspiel. URAUFFÜHRUNG Heavenly Story - Ein Stück für Kinder und Erwachsene. Pidulikud (Estland) „Dann winkte der Fremde mit der Hand und sofort begann ein himmlischer Chor zu singen. Der Bräutigam hatte nie zuvor etwas so Verlockendes gehört. Ach, wenn sie doch noch eine Strophe singen könnten!“ ... Das Stück basiert auf dem estnischen Volksmärchen Himmlische Hochzeit. Mit viel Bewegung, Kostümen und Schattenspiel sowie Musik auf traditionell estnischen Instrumenten hofft die Gruppe Pidulikud (die Vergnügten) Menschen jeden Alters in eine Märchenwelt zu entführen, die in unserer Kultur vielleicht etwas bizarr wirken kann, aber gerade deshalb eine Menge Charme besitzt und trotzdem verständlich wird. „Nur drei himmlische Verse gehört und schon sind dreihundert Jahre vergangen...“ Von und mit Tanel Kadalipp, Mari Kalkun, Kadri Karu, Madis Mäeorg, Sander Pòllu, Helen Rekkor, Karl Saks, Liisa Taul Die Gruppe Pidulikud besteht aus Studenten und Absolventen der Tartu Universität in Viljandi. Das Anliegen des Ensembles ist es, Theater für jedermann zu machen und die estnische Folkloretradition weiter zu führen und zu interpretieren. Bevorzugt treten die Darsteller nicht im Theater auf, sondern z.B. in Kindergärten, Büchereien und auf Geburtstagsfeiern. Wenn schon, dann richtig Rosalie Schweiker (Großbritannien) Rosalie Schweiker wird den Seminarraum A118 der Angewandten Theaterwissenschaft umbauen. Es ist aber noch nicht sicher, was dabei herauskommt. Wird sie die Bedürfnisse der Studenten befriedigen und ihnen ungeahnte Arbeitswelten eröffnen? Werden etwa schöne Theorien der Architektur auf den grauen Universitätsalltag angewandt? Oder ist es am Ende doch eine unbrauchbare Kunstinstallation? Kommen Sie vorbei. Finden Sie es heraus. Rosalie Schweiker, geb. 1985, studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Seit geraumer Zeit konzentriert sie sich stärker auf Perspektiven der Bildenden Kunst an Hochschulen in Dartington und London. URAUFFÜHRUNG Galactic Gigolo skart (Deutschland) Die Ganzheit des lebenden Organismus wird vom Nervensystem und zahlreichen Wirkstoffen vermittelt; die Versorgung der Organe und Zellen mit lebensnotwendigen Stoffen und der Abtransport von Stoffwechselprodukten vollzieht sich über das Blut auf dem Wege eines komplizierten und reich verzweigten Kanalsystems, des Kreislaufs. Zentrale Blutpumpe ist das Herz, ein Wundergebilde an sinnreicher, verwickelter Konstruktion, präziser Funktion und Steuerung. Doch wie ist ein Organ aufgebaut, das so gewaltige Leistungen vollbringt? Warum tut es, was es tut? Und wer pumpt noch? Und was wohin? Und: warum ist ein Schwellkörper kein vernünftiger Herzersatz? Galactic Gigolo ist eine multimediale Bühnenperformance mit zwei Akteuren. Den narrativen Dreh- und Angelpunkt bilden dabei die Themen Travestie, Pornographie und Homosexualität. Gezeigt werden soll das gesellschaftlich Unbekannte, Tabuisierte und Verbotene. skart sind Caroline Creutzburg, Stephan Janitzky, Philipp Karau, Jan Rohwedder, Mark Schröppel, Sina Schröppel, Sebastian Schulz, Katharina Stephan. Juchheisa! Heisa! He! vor dem theater (Deutschland) Juchheisa! Heisa! He! ist ein zweiteiliger Volkslied und – tanzabend. In Tollkühnes Singen bewirten Daniela Aue und Kathrin Veser das Publikum mit Bier und Salzbrezeln. Sie erinnern sich an ihre Zeit im Kinderchor, an Wandertage und Lagerfeuer. Das Ergebnis stellen sie zu einer Collage zusammen, die eine heimliche Begeisterung für das volkstümliche Liedgut verrät. In Mit frohem Mute reien erzählen Lukas Aue und Felix Ahlert die Geschichte des deutschen Volkstanzes und gewähren Einblicke in fast vergessene Volksbräuche. Sie begeben sich bei ihren Nachforschungen bis ins Mittelalter zurück und wagen sich an den Snidertanz, den Schüddelbüx und scheuen auch nicht vor einem Ländler oder dem Föftehalftouringen zurück. Konzept/Idee: vor dem theater; DarstellerInnen: Daniela Aue / Kathrin Veser; Lukas Aue / Felix Ahlert ; Sprecher: Simon Brauer; Britta Steffenhagen; Ton: Florian Bald; Puppen: Katrin Grenz, Gäste: Wolfram Sander, Chris Herzog Das Ensemble vor dem theater ist zusammengesetzt aus Theaterwissenschaftlern, Tänzern und Musikern, wohnhaft in Bayreuth und Berlin. Vom Verschwinden Angelika Wischermann (Deutschland) In Vom Verschwinden legt Angelika Wischermann Spuren zum Diskurs und markiert gleichzeitig Wege zum Gehen durch die Stadt. Der Ytongstein, den sie während ihrer Performance hinter sich herzieht, wird im Laufe der Zeit leichter, der Weg weniger beschwerlich. Gleichzeitig nutzt sich der Stein zunehmend weniger ab - der Weg wird länger. Jeden Tag erweitert die Künstlerin ihr Wegenetz in einem sechsstündigen Gang, erläuft weitere Teile des Gießener Stadtraums und führt die Fährte am Ende zum Knotenpunkt zurück. Angelika Wischermann, *1983 in Deutschland, studiert seit 2006 an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel, in der Bildhauer- und Medienklasse. RETROSPEKTIVE Durch eine Kontinuität des Bruchs zeichnet sich seit nunmehr 25 Jahren das DISKURS-Festival aus. Die Kontinuität ist das, was das Festival ist. Ein Festival, ein Rahmen, der gefällt, organisiert und kuratiert werden muss. Wechselnde Teams haben sich seitdem selbst aus den Reihen der Studierenden des Instituts zusammengestellt, um dem Festival einen neuen 'Bruch' zuzufügen, um eine Tradition der Nicht-Tradition fortzusetzen. So erhält jedes Festival seinen eigenen Schwerpunkt, sein eigenes Gesicht, seinen eigenen Charakter. DISKURSgeschichte ist daher immer auch eine Historie des ästhetischen Diskurses, eine Historie des Sprungs, der Frage und des Perspektivenwechsels. Die Überlegungen, welche der Retrospektive des Festivals 2009 zugrunde liegen, versuchen diese Charakteristika aufzunehmen und zum Thema zu machen. Sprunghaft bewegt sie sich durch die Geschichte des Diskurses, indem sie dem Festival, dieser heterogenen Einheit, ein Buch schenkt. Von 1984 bis 2009 versammelt sie eine Auswahl von Beiträgen, dokumentiert das Erinnern und das Vergessen an Arbeiten aus 25 Jahren DISKURS und des dokumentarischen Aktes selbst. ' ; ' - DISKURS heißt: Weiterschreiben und Innehalten, Lauschen im Getöse. Es ist der Versuch eines Rückblicks im Windkanal. Vorträge Rok Vevar (Ljubljana) How my life turned into a festival "Unermüdliche Diskussionen und fröhliches Beisammensein bis spät in die Nacht" - kommt als Antwort auf das Stichwort "Rok", fragt man die DISKURSmacher von 2004. Rok Vevar war damals schon einmal zu Gast in Gießen, beim DISKURS "Hope" - dem "Auferstehungs-DISKURS". Damals streifte Rok Vevar mit einer Gruppe von Leuten im Rahmen von "WORK IN" durch das Gießener Stadtgebiet und zeigte überdies, gemeinsam mit Simona Semenič, die Performance: "A fistful of empty hands". Nachdem in der DISKURSwohnung wieder Ruhe eingekehrt war, entwickelte Rok Vevar 2005 aus den Fragen, Erfahrungen und Kontakten seiner DISKURSzeit gemeinsam mit Simona Semenič die Performance: "A Cartography of the Feature-Length Slide Show". 2009 nun kehrt Rok Vevar nach Gießen zurück und wird in seiner Lecture-Perfomance "How my life turn into a festival" eine "schonungslos ehrliche Aufarbeitung seiner Position im Rahmen eines internationalen Festivalnetzwerkes" vortragen. Auf diese "kritische" Haltung sind wir natürlich gespannt. Insbesondere bei jemandem, der jährlich in mindestens einer Jurorenposition zu finden ist und freuen uns auf einen profunden Kenner der west- und osteuropäischen Performing Arts. Goran Sergej Pristaš (Zagreb) Die Höhle Platons ist ein gemütlicher und beunruhigender Ort zugleich. Die Behaglichkeit der Projektion, gleichsam Fiktion und Imgagination, ist immer wohl auch dunkel - durch den, der redet kommt das "Außen" als Gefährdung in den abgeschlossenen Bereich des "Innen". Wie wäre es nun, wenn - die Geschichte nach Diderot gelesen - der Herausgeführte nach seiner Rückkehr nicht berichten, sondern schweigen würde? Diderot, so Goran Sergej Pristaš, lässt diese Möglichkeit bestehen. Grund genug, dieser zu folgen. In seinen "notes on the spaces and intervals" möchte er nach Bedingungen des Diderot'schen kinematographischen Blicks fragen. Slavoj Zizek hätte sicher seine Freude daran und würde wohl, vielleicht tanzend, im gefaketen Bühnenraum seine Analysen darbieten. Jenseits davon stellt sich natürlich tatsächlich die Frage, wie es denn aussieht mit unserem geschnittenem Blick, gerade auf dem Theater. Wir sind gespannt auf eine reichhaltige Diskussion. Pirkko Husemann (Berlin) Mit den Fragen: Wie ist dein Verhältnis zu Festivals? Was ist deine schlimmste und/oder beste Erinnerung an den Diskurs? Was war in Gießen zu deiner Zeit "in" und was "out"? konfrontierte Pirkko Husemann eine Anzahl von Ex-GießenerInnen und sammelt die Ergebnisse in einer "kollektiven Diskursanalyse". Sie macht sich dabei die Möglichkeiten jener kulturwissenschaftlichen Methode zu Nutze, welche den Gründungsvätern des DISKURS-Festivals namentlich Pate gestanden haben könnte. Pirkko Husemann begibt sich also - begrifflich und inhaltlich - an die Wurzeln des Festivals und des Instituts und seiner (personellen) Geschichte, wobei die Fragen von kuratorischer Praxis, kritischer Kunstproduktion, -rezeption und -präsentation, die als Leitmotive betrachtet werden können. Als jemand, der den DISKURS nur vom "hören sagen" kennt, versucht Pirkko Husemann dadurch eine kollektive Selbstannäherung; mit den Antworten derjenigen im Rücken, die den DISKURS hautnah miterlebt haben, setzt sie ihr "kritisches" Bild auf den DISKURS zusammen; angeleitet durch die Überlegungen Nancys, dass Kritik nichts Gegebenes, nichts Konstantes, sondern etwas Prozessuales und Veränderliches sein muss. Pohlheim Wie bitte was? der / die / das DISKURS? Parallel zu dem Vortragspanel und der zugehörigen Publikation kommentiert die Gruppe Pohlheim die Retrospektive zum 25jährigen Bestehen des Diskursfestivals. Für den Zeitraum von DISKURS 09 zieht Pohlheim in das Festivalzentrum in die Alte Stadtbücherei in Gießen. Hier geht die Gruppe auf die Suche nach Arbeitsprozessen zwischen Euphorie und Langeweile und kollektiver Handlungsfähigkeit - immer auf dem Sprung vom "Handeln-Wollen“ ins „Handeln-Können“. In Gießen wohnt Pohlheim in einem realen Raum und lädt alle ein, diesen fiktiv zu überschreiben. Zu finden sein wird ein bewegliches Archiv, voll von Verknüpfungen, Antworten, Widersprüchen und Spannungen … eine To-Do-Liste für den Tag. Entstehen wird ein Monument das unsichtbarer Arbeit, verworfenen Plänen, ungehörten Kommentaren, verpassten und vergessenen Aufführungen, gekürzten Budgets und entleerten Begriffen Sichtbarkeit verleiht. Möbel und Objekte werden von Frankfurt über Land- und Ludwigstraße zum Gedächtnis und zur Rekonstruktion des stattfindenden und der gewesenen Diskurse gezogen. Bilder schmücken die Stadt. Aufzählungen an jeder Ecke. Ein Festival, an dem man nicht vorbeikommt, weil wir uns mit allem unserem sinnvollen und blödsinnigen Kram in den Weg stellen. Ein Denkmal, das all der gewesenen und nun unsichtbaren Arbeit und Zeit unzähliger HelferInnen in 25 Jahren Diskurs gedenkt. Alles was uns bewegte, alle Diskurse in Stein gemeißelt. Über allem ein Konfettiregen, aus dem was blieb, wenn keine/r mehr lesen mag. www.derdiedasdiskurs.wordpress.com Pohlheim sind Florian Ackermann, Katharina Kellermann und Frank Max Müller Sie wurden in Brackenheim, Hanau und Augsburg geboren, studieren / studierten Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Seit 2007 leben sie in Frankfurt am Main, seit Herbst 2008 arbeiten sie gemeinsam als Pohlheim an Formen der konzeptionellen Arbeit und Selbsthilfe. Die Kunst der Agitation Die Kunst der Aneignung Workshop mit Gudrun Lange und Veit Sprenger 3.-6.10.2009 Der künstlerische Prozess, basierend auf einem unbestimmten Bedürfnis zu handeln, wird lebendig sowie der persönliche Standpunkt involviert ist – ob politisch oder ästhetisch. Kunst zu machen, wird spaßig sobald man anfängt Dinge zu hassen. Und andere Dinge zu lieben. Und sobald man es schafft seine Haltung in eine Form zu bringen, realisiert man, dass die Zuschauer folgen. Wenn du Demagoge mit politischen Ziel oder Rebell ohne Grund bist, wenn du Manifeste schreiben willst, in das Leben anderer mit lauter Stimme eindringst oder Massenbewegungen organisierst ...Dieser Workshop dient dazu deinen Standpunkt, deine Überzeugung, deine Idee - alles, für das es in deinen Augen wert ist, einzustehen. Der Wert und die Geltung werden unsere Interessenpunkte darstellen und die Weise wie wir deiner Arbeit näherkommen. Deshalb werden wir die performative und physische Seite deiner Meinung genauer betrachten und dir dabei helfen, herauszufinden welcher der überzeugendste Weg ist, sie zu zeigen. Die Untersuchung historischer und gegenwärtiger Beispiele aus Performance, Tanz und Politik werden dir dabei helfen, deine Form zu finden. Am Ende werden wir ein Konglomerat von Überzeugungen beisammen haben, die wir im Rahmen des Festivals propagieren werden. Gudrun Lange, gebürtige Gießenerin, hat in Rotterdam und New York Tanz studiert. Seit einigen Jahren arbeitet sie als freie Choreographin, wohnt in Düsseldorf und Hamburg und performt, unterrichtet und produziert an unterschiedlichen Orten. www.gudrunlange.com Veit Sprenger hat Medizin und Musik, sowie in Gießen Angewandte Theaterwissenschaft studiert. Er arbeitet als Theatermacher, Publizist und Kurator. Veit ist Mitglied des in Berlin ansässigen Performancekollektivs Showcase beat le mot. www.showcasebeatlemot.de Der Workshop findet statt mit freundlicher Unterstützung des MasterStudiengangs Choreographie und Performance (CuP), der ein Bestandteil von Tanzlabor_21 / ein Projekt von Tanzplan Deutschland ist. Programm Dienstag, 6.10.09 18:00 19:30 22:00 Eröffnung Präsentation ATELIER Party Festivalzentrum Festivalzentrum chez Dieter Programmpunkte 13:00 Kritikgespräch Festivalzentrum Installationen 15:00-19:00 15:00-19:00 15:00-19:00 Hardware Hacking Festivalzentrum point of view Orakel Wenn schon, dann richtig A118, Institut Performances 14:30 14:30-16:30 15:00 19:30-22:00 20:30 Zoo Neuapostolische Kirche Through The Light Chamber Kümmerei pearl harbor mon amour Festivalzentrum Through The Light Chamber Kümmerei Disturbance TiL Stadtraum 15:00 tagsüber Six Saints: Niels Bohr Vom Verschwinden beim Festivalzentrum Stadtraum Gießen Retrospektive 17:00 22:00 Lecture: Rok Vevar Pohlheim Festivalzentrum Festivalzentrum Programmpunkte 13:00 Kritikgespräch Festivalzentrum Installationen 15:00-19:00 15:00-19:00 15:00-19:00 Hardware Hacking Festivalzentrum point of view Orakel Wenn schon, dann richtig A118, Institut Performances 11:00 12:30 15:30 20:00 20:30 Heavenly Story Heavenly Story Zoo Zoo Disturbance Mittwoch, 7.10.09 Donnerstag, 8. 10. 09 TiL TiL Neuapostolische Kirche Neuapostolische Kirche TiL Stadtraum 15:00 Vortrag zur Stadtraumperformance Six Saints Festivalzentrum tagsüber Vom Verschwinden Stadtraum Gießen Retrospektive 17:00 21:30 Lecture: Goran Pristaš Pohlheim Festivalzentrum Festivalzentrum Kritikgespräch Festivalzentrum Freitag, 9.10.09 Programmpunkte 13:00 Installationen 18:30 Institut ab 15:00 ab 15:00 Lecture zu Wenn schon, dann richtig Hardware Hacking point of view A118, Festivalzentrum Orakel Performances 11:00 12:00-14:30 15:00 15:30-18:00 19:30 20:30 Heavenly Story Through The Light Chamber pearl harbor mon amour Through The Light Chamber Juchheisa! Heisa! He! Galactic Gigolo Stadtraum tagsüber Vom Verschwinden Stadtraum Gießen Retrospektive 17:00 22:00 Lecture: Pohlheim Festivalzentrum Festivalzentrum Programmpunkte 13:00 ab 22:00 Kritikgespräch Party Festivalzentrum Wilsonstraße Installationen 18:30 ab 15:00 ab 15:00 Lecture zu Wenn schon, dann richtig A118, Institut Hardware Hacking Festivalzentrum point of view Orakel TiL Kümmerei Festivalzentrum Kümmerei TiL Probebühne Samstag, 10.10.09 Performances 14:00 14:00-16:30 16:00 17:30 20:30 Zoo Neuapostolische Kirche Through The Light Chamber Kümmerei Juchheisa! Heisa! He! TiL Zoo Neuapostolische Kirche Galactic Gigolo Probebühne Sonntag, 11.10.09 Programmpunkte 12:00 13:00 Brunch Kritikgespräch Festivalzentrum Festivalzentrum Eintrittspreise: 8 EUR / erm. 4 EUR // Festivalpass 30 EUR / erm. 15 EUR // Freundschaftspass 50 EUR Räume Festivalzentrum Alte Stadtbibliothek, Kongresshalle/ Eingang Lonystraße, 35390 Gießen Theater im Löbershof (TiL) Löbershof 8, 35390 Gießen Neuapostolische Kirche Ederstraße 13, 35390 Gießen Kümmerei Schottstraße 11, 35396 Gießen A118 / Probebühne / Wilsonstraße Institut für Angewandte Theaterwissenschaft, Philosophikum II, Haus A, KarlGlöckner-Str. 21, 35394 Gießen Orakel Ladenlokal, Grünberger Str. 10, 35390 Gießen Ausführlichere Informationen und Ansprechpartner unter www.diskursfestival.de Karten unter [email protected] und Tel. + 49 (0) 170 986 27 12.