Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen Anpassung an den Klimawandel Eine Strategie für NRW Dr. Barbara Köllner Christina Seidenstücker Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen Autorenname, Fachbereich Begriffserklärung • Wetter = Zustand der unteren Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort • Klima = statistische Größe; mittlerer Zustand der Atmosphäre (eines Ortes/einer Region) • Treibhauseffekt: „Wärmestau“ in der unteren Atmosphäre verursacht durch die enthaltenen Treibhausgase • Natürlicher Klimawandel: gab es schon immer; Ursachen: Milankovich-Zyklen, Kontinentalverschiebung, Änderung der Sonneneinstrahlung und Vulkanausbrüche • Anthropogener Klimawandel: Verstärkung des natürlichen Treibhauseffekts durch rapide Zunahme der Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre verursacht durch den Menschen Klimaschutz - Klimafolgen Klimaanpassung • Klimaschutz: - Maßnahmen, die der globalen Erwärmung entgegen wirken Reduzierung treibhauswirksamer Gase • Klimafolgen: - Reaktionen der Umwelt auf den Klimawandel • Klimaanpassung: - Maßnahmen, die Klimafolgen abmildern können Vermeidung von Schäden für Mensch und Umwelt Nutzen von Chancen Herausforderung Klimawandel • Nur die drastische Reduktion von THG kann den Klimawandel und seine Folgen in erträglichem Rahmen halten • Selbst bei sofortigen Stopp aller Treibhausgasemissionen wird sich das Klima ändern • International wird das sog. 2°C-Ziel angestrebt • Selbst wenn es gelingt, dieses Ziel zu erreichen, wird der Klimawandel Folgen haben • Daher gilt: Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels gehören zu einer verantwortungsvollen Klimapolitik Der Klimawandel ist in NRW angekommen Der Klimawandel ist in NRW angekommen – nicht drastisch aber stetig - Anstieg der Durchschnittstemperaturen: seit Beginn des Jahrhunderts um ca.1,1°C, im Winter um 1,5 °C. Abnahme der Frosttage, Zunahme der Sommertage - Zunahme Gesamtniederschläge: durchschnittlich fällt heute ca. 15% mehr Niederschlag als vor 100 Jahren, Zunahme v.a. im Winterhalbjahr, starke regionale Unterschiede. - Zunahme Extremniederschläge (leichter Trend): Tage mit Starkregen haben zugenommen Der Klimawandel ist in NRW angekommen Trend Temperatur, NRW Mittel 2,0 Abweichung vom Mittelwert 1901-2008 dekadisches gleitendes Mittel linearer Trend 1901-2008 1,0 0,5 -1,0 -1,5 -2,0 2000 1990 1980 1970 1960 1950 1940 1930 1920 -0,5 1910 0,0 1900 Abweichung vom Mittelwert in °C 1,5 Wo wir stehen: das Klima ändert sich – das hat Folgen Wo wir stehen: das Klima ändert sich – das hat Folgen • Verlängerung der Vegetationsperiode um bis zu 14 Tage Verschiebung von Anbauzonen, Fruchtfolgen u. landw. Management Tag im Jahr 150 140 130 120 110 100 90 80 70 1975 Daten: DWD Beginn der Apfelblüte in Nordrhein-Westfalen 1978-2008 linearer Trend Messwerte Mittelwert Refernzperiode (1961 - 1990) 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Wo wir stehen: das Klima ändert sich – das hat Folgen • Erhöhung der Wassertemperatur im Rhein Verlust an Kühlkapazität z.B. für Kraftwerke 30,0 Temperatur [°C] 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 mittlere Wassertemperatur maximale Wassertemperatur 0,0 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Wo wir stehen: das Klima ändert sich – das hat Folgen • Ausbreitung Wärme liebender Arten, Zuzug von Neophyten Biodiversitätsmonitoring NRW / Ökologische Flächenstichprobe (ÖFS) Bestandsentwicklung von Brutvogelarten Basisjahr 2002: Index 100 120 115 114,9 Index 110 105,4 105 103,7 100 95 90 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Klimage winne r Klimav e rlie re r Blässhuhn Buntspecht Eisvogel Gartenbaumläufer Girlitz Grünspecht Haubentaucher Hausrotschwanz Jagdfasan Kernbeiß er Kleiber Mehlschwalbe Mönchsgrasmücke Pirol Schleiereule Steinkauz Teichhuhn Turteltaube Wachtel Waldkauz Waldohreule Wasseramsel Zaunkönig Zilpzalp Alpenbirkenzeisig Erlenzeisig Feldschwirl Fichtenkreuzschnabel Fitis Gelbspötter Grauspecht Haubenmeise Kiebitz Klappergrasmücke Kleinspecht Nachtigall Reiherente Schwarzspecht Sommergoldhähnchen Sumpfrohrsänger Tannenmeise Trauerschnäpper Wacholderdrossel Waldbaumläufer Waldlaubsänger Waldschnepfe Weidenmeise Wiesenpieper Wintergoldhähnchen Jahre Klimagewinner (n=24) Klimaverlierer (n=25) Klimaneutrale (n=51) Gewichtetes geometrisches Mittel der Artenindices LA NUV NRW König / Sant ora M ärz 2009 Das Klima in Nordrhein-Westfalen - womit können/müssen wir rechnen? Klimaprojektionen • Mathematische Modelle berechnen die wahrscheinliche Entwicklung des zukünftigen Klimas Projektionen sind keine Vorhersagen, es können lediglich Tendenzen abgeschätzt werden • Für NRW stehen vier Modelle zur Verfügung • Grundlage: Annahmen zu Treibhausgasemissionen bis 2100 • Neben den Vorgängen in der Atmosphäre werden die globalen Wechselwirkungen mit der Wasseroberfläche berücksichtigt Das Klima in Nordrhein-Westfalen Womit können/müssen wir wahrscheinlich rechnen? • Langfristig steigt die mittlere Jahrestemperatur um ca. 2°C • Die Sommer werden trockener • Sommertage werden häufiger: Häufigere und v.a. längere Hitzeperioden • Die Winterhalbjahre werden feuchter • Starkregenereignisse nehmen evt. zu • Frosttage werden seltener ab 2030 ist mit einer starken Zunahme der Auswirkungen zu rechnen Jahresmitteltemperatur Nordrhein-Westfalen (WettReg Szenario A1B) 1971-2000 2071-2100 Sommertage Nordrhein-Westfalen (WettReg Szenario A1B) 1971-2000 2071-2100 Sommertag: max. Tagestemperatur > 25°C Anpassung an den Klimawandel: Was heißt das? Angesichts der Auswirkungen des Klimawandels vorausschauend handeln, um die Anfälligkeiten von Mensch und Umwelt zu verringern und neue Chancen zu nutzen (Anpassungsstrategie NRW, Hrsg.: MUNLV) Warum ist NRW anfällig? - hohe Bevölkerungsdichte - dicht bebaute und versiegelte Ballungszentren - teure Infrastruktur - ausgeprägte Industrielandschaft - umfangreiche Land- und Forstwirtschaft - vielfältige Natur Anpassungsstrategie NRW – Ziele • Veröffentlicht im April 2009 • Sowohl sektorale als auch regionale Betrachtung • 8 Handlungsfelder • Ziele – – – – Problembewusstsein stärken Wissen erweitern Handlungsoptionen anbieten Maßnahmen initiieren http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/klimawandel/service/publikationen/index.php Mögliche Folgen für die Natur • Verlagerung der Klimazonen nach Norden oder „in die Höhe“ – Arealverschiebungen, Verhaltensänderungen, gebietsfremde Arten etc. Es entstehen neue Lebensgemeinschaften mit neuer Artenkombination Verlierer sind die Spezialisten Schätzung: zwischen 5 bis 30 % der Arten könnten aussterben (Klimawandel ist dabei zusätzlicher Belastungsfaktor) Mögliche Folgen für den Wasserbereich Anpassungsmaßnahmen im Naturschutz • Verringerung vorhandener Stressfaktoren für Arten und Lebensräume • Schutz insbesondere von Feuchtlebensräumen • Aufbau eines Biotopverbunds • Biodiversitätsmonitoring Mögliche Folgen für den Wasserbereich Mögliche Folgen für den Wasserbereich • Mehr Niederschläge im Winter – Überschwemmungen (v. a. Siedlungsbereiche) • Weniger Niederschläge im Sommer – Schiffbarkeit von Wasserstrassen, Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen, Konzentration von Schadstoffen • Höhere Temperaturen im Gewässer – Stoffkreisläufe geändert, Kühlkapazität reduziert, Wasserqualität beeinträchtigt Anpassungsmaßnahmen im Wasserbereich • • • • Dimensionierung von Hochwasserschutzanlagen Überprüfung der Hochwasser-Risikogebiete Wassersparende Technologien in Kraftwerken Sicherung von Abwasserbeseitigung, bspw. Dimensionierung von Kanalisation und Speicherbecken • Optimierung von Wärmelastplänen • Talsperrenmanagement Mögliche Folgen für die Städte • häufigere und v.a. längere Hitzeperioden => Problematik Hitzeinseln => Anstieg Hitze-Mortalität und -Morbidität • zunehmende Starkregenereignisse => häufigere Flusshochwässer => ggf. Anstieg der mittleren Grundwasserstände => Schäden an Gebäuden und Infrastruktur Anpassung in den Städten • Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung • Kühlung in Gebäuden, insb. in Alten- und Pflegeheimen • Freiraumplanung: Grünflächen, Frischluftschneisen, Wasserflächen, Versickerungsbereiche • Vermeidung/Minimierung von Hitzeinseln • Begrünung: Dächer und Fassaden, Straßenzüge • Identifikation von gefährdeten Bereiche bei Starkniederschlägen • Festsetzung von Bebauungsgrenzen Fazit • Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind wichtig • Das Klima in NRW weist geländebedingt starke regionale Unterschiede auf. • Regionen haben eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung, Vernetzung aller Akteure ist essentiell • Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels muss in alle Politik- und Gesellschaftsbereiche integriert werden • Wenn rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zur Anpassung umgesetzt werden, sind die Folgen des Klimawandels in NRW voraussichtlich beherrschbar „Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher.“ Voltaire, französischer Autor (1694 - 1778) Danke für Ihre Aufmerksamkeit!