Luftfahrt und globales Klima Luftfahrt und globales Klima | Inhalt Inhalt Einleitung4 Klimawandel5 Luftfahrt und sein Einfluss auf das Klima 7 Flughafen Zürich und Klimawandel 11 Thesen und Aussagen 13 Referenzen und Glossar 15 3 Luftfahrt und globales Klima | Einleitung Einleitung Unsere Gesellschaft sieht sich mehr und mehr mit globa­len Herausforderungen konfrontiert. Natur­ katastrophen, Energieverbrauch, Klimawandel, s­ oziale Gefälle, aber auch Mobilität und Wirtschaftsvernet­ zung sind alltägliche Themen. Besonders die (inter­ nationale) Mobilität ist heute ein wesentlicher Bestandteil unseres Alltags geworden. Die wissen­ schaftliche, öffentliche und politische Diskussion um das Thema Luftverkehr und seine Auswirkungen auf das Klima nimmt heute einen breiten Raum in der Öffentlichkeit und in den Medien ein. Die vorliegende Broschüre soll konkret darauf eingehen. Neben der wissenschaftlichen Dimension werden auch die neus­ ten Erkenntnisse bezüglich der Rolle der Luftfahrt und die Situation des Flughafens Zürich erläutert. Schluss­ endlich sollen heute gängige Thesen und Aussagen auf ihren Inhalt hin beleuchtet werden. Wichtig ist zu erkennen, dass anthropogene Emis­ sionen – wie der Name sagt – durch den Menschen in seinen vielfältigen Aktivitäten verursacht werden. Die Wissenschaft kann darlegen, was die möglichen Entwicklungen und Konsequenzen sind und wie viel unser Ökosystem ohne Schaden absorbieren kann. Die Gesellschaft und konkret die Politik als deren Ver­ tretung muss festlegen, ob wir uns eine langfristig negative Entwicklung leisten wollen oder ob wir nicht Massnahmen zu deren Reduktion treffen müssen. Es ist dann entscheidend, dass Massnahmen dort getrof­ fen werden wo das grösste Einsparpotenzial bei gleich­ zeitig den geringsten anfallenden Kosten liegt. 4 Luftfahrt und globales Klima | Klimawandel Klimawandel Was ist Klimawandel und wie wird er beschrieben? Klimawandel im Sinne des IPCC bezieht sich auf den Zustand des Klimas, der durch eine Veränderung des Durchschnitts oder der Variabilität seiner Eigen­ schaften identifiziert werden kann und der über län­ gere Zeitspanne, typischerweise Dekaden oder län­ ger anhält. Klimawandel wird gewöhnlich mit dem Mass «Strah­ lungsantrieb» (oder englisch «Radiative Forcing») quantifiziert. Die dazu gebräuchliche Einheit ist der Wärmefluss in Watt pro Quadratmeter (W/m2). Die Auswirkung dann wird als Veränderung der durch­ schnittlichen globalen Temperatur ausgedrückt. Der Strahlungsantrieb ist geeignet für rückwärts gerich­ tete Betrachtungen (Messung der Erwärmung durch Emissionen in der Vergangenheit). Wichtiger wird die Zukunftsbetrachtung, für die eine andere Metrik ver­ wendet werden muss, z.B. die durch Emissionen in der Zukunft verursachte Temperaturänderung (Schumann, 2008). Welches sind die Eigenschaften des Klimawandels? Seit 1861, dem Beginn systematischer meteorologi­ scher Aufzeichnungen, stieg die global gemittelte Temperatur um 0,6° C (+/– 0,2°). Dabei handelt es sich um die stärkste Temperaturerhöhung während der letzten 1000 Jahre auf der nördlichen Erdhalb­kugel. Darüber hinaus waren die 90er Jahre des 20. Jahr­ hunderts weltweit das wärmste Jahrzehnt und 1998 das wärmste Jahr seit 1861. Die seit 1861 zehn wärms­ ten Jahre traten alle nach 1989 auf (UBA, 2004). Der Meeresspiegel erhöhte sich im vergangenen Jahr­ hundert um 10 bis 20 cm. Die Schneebedeckung der Nordhemisphäre sank seit 1960 um 10%, und die Dauer der Eisbedeckung von Seen und Flüssen verrin­ gerte sich um ca. 14 Tage. Der Niederschlag über den mittleren und höheren Breiten der Nordhemisphäre nahm im 20. Jahrhundert um 0,5 bis 1% pro Dekade zu. Über den subtropischen Breiten nahm der Nieder­ schlag dagegen ab. Dies führte besonders in den letz­ ten Jahrzehnten dazu, dass in einigen Teilen Afrikas und Asiens häufigere und intensivere Dürren auf­ traten. Im pazifischen Ozean werden seit 1970 häufigere, län­ ger andauernde und intensivere Temperaturanomalien (sog. «El Niño–Ereignisse») mit oft nachteiligen Aus­ wirkungen für die menschliche Gesundheit, für Sied­ lungen, für die Land- und Forstwirtschaft u. a. beob­ achtet. Bereits heute kann mittels einer Vielzahl wissenschaft­ licher Studien nachgewiesen werden, dass sich unser Klima in den letzten zwei Jahrhunderten wesentlich verändert hat und dass der Mensch einen wesent­ lichen Einfluss darauf genommen hat. In diesem Zusammenhang lassen sich auch wesent­ liche Veränderungen in der Atmosphäre nachweisen: • Für Kohlendioxid (CO2) stieg die Konzentration seit der Industrialisierung um nahezu 30%. Hier sind sowohl das inzwischen erreichte Niveau (367 ppm gegenüber 280 ppm in der vorindustriellen Zeit) als auch die aktuellen Anstiegsraten (derzeit ca. 1,5 ppm pro Jahr) für die letzten 20’000 Jahre einzig­ artig. Zieht man in die Betrachtung weit zurück lie­ gende Zeiträume ein, so findet man während der letzten 420’000 Jahre keine vergleichbaren Konzen­ trationen. • Die Methankonzentration (CH4) hat sich mehr als verdoppelt. Ein solches Konzentrationsniveau wurde ebenfalls in den letzten 420’000 Jahren nicht erreicht. • Die Konzentration von Distickstoffoxid (N2O) erhöhte sich um 17% und steigt weiterhin an. Eine solche Konzentration trat nach unserer heutigen Kenntnislage in den letzten 1000 Jahren niemals auf (UBA, 2004). Der Klimawandel, dies ist heute in genügender Weise wissenschaftlich belegt, wird durch eine Reihe von direkt und indirekt wirksamen Gasen verursacht, die teilweise nur durch anthropogene Tätigkeiten verur­ sacht werden oder deren Emissionsmengen mass­ geblich durch den Menschen beeinflusst werden. 5 Luftfahrt und globales Klima | Klimawandel Was ist das Kyoto-Protokoll? Das Kyoto-Protokoll ist ein internationales Über­ einkommen zur Reduktion von relevanten Treibhaus­ gasen; es trat am 16.2.2005 in Kraft. Es gibt den Indus­ trieländern quantifizierte, verbindliche Reduktionsziele für die Emission von verschiedenen direkt wirksamen Treibhausgasen vor (Kasten). Durch das Kyoto-Protokoll in ihrer Emission begrenzte Treibhausgase: • Kohlendioxid (CO2) • Methan (CH4) • Distickoxid (N2O) • Perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) • Fluorkohlenwasserstoffe (HCF) • Schwefelhexafluorid (SF6) Von weiterer Bedeutung sind aber auch nicht im Proto­ koll erfasste Gase wie Wasserdampf, FCKW oder indirekt klimawirksame Spurengase (so genannte Vorläufer­substanzen) wie Ozon (O3), Kohlenmono­ xid (CO), die Stickstoffoxide (NOx) sowie die flüch­ tigen organischen Verbindungen (VOC ohne Methan). Wasserdampf ist das wichtigste Treibhausgas für die Erde, weil es natürlicher Weise in hoher Konzentration vorkommt. Der Anteil von emittiertem Wasserdampf durch menschliche Aktivitäten ist vergleichsweise sehr gering. Eine offene Frage ist jedoch die lang­fristige klima­tische Wirkung von Kondensstreifen, welche aus Wasserdampf gebildet werden. Ebenfalls klima­ wirksam sind andere Partikel (Staub, Seesalz, ­Nitrat) Diese Teilchen und Gase absorbieren die Infrarot­ strahlung selber nur in geringem Ausmass, sind aber in der Atmosphäre teilweise chemisch aktiv und fördern die Bildung und verlängern die Lebensdauer von klima­ wirksamen Spurengasen wie Methan (CH4). Abfall und Abwasser 2,8% Forstwirtschaft 17,4% Energieversorgung 25,9% Landwirtschaft 13,5% Transport 13,1% Industrie 19,4% Haushalt und Gewerbe 7,9% Anteile an den anthropogen verursachten CO2-Emissionen (IPCC). 6 Wie können die unterschiedlichen Gase verglichen werden? Die verschiedenen Treibhausgase wirken unterschied­ lich in der Atmosphäre; dies durch ihre unterschied­ lich lange Verweildauer und ihren unterschiedlich hohen Strahlungsantrieb. So hat z.B. Kohlendioxid eine Verweil­dauer von 30–300 Jahren (8–12 km Höhe), Wasserdampf in der oberen Troposphäre von 2–20 Tagen, Methan von 8–12 Jahren, Ozon von 1 Stunde bis 1 Monat und Distickoxid von 120 Jahren (Schumann, 2008). Auch der Strahlungsantrieb ist unterschiedlich: so hat z.B. 1 kg SF6 die gleiche Wirkung wie 23’000 kg CO2. Oft wird als Mass das Kohlendioxid-Äquivalent verwendet, das die unterschiedlichen Werte umrech­ net auf das CO2. Damit sind in der Klimadiskussion fast immer zwei Betrachtungsweisen zu berücksichtigen: Einerseits die reinen Emissionen eines bestimmten Stoffes und andererseits seine Klimawirksamkeit. Diese dürfen nicht miteinander vermischt werden. Von den im Kyoto-Protokoll aufgeführten Treibhaus­ gasen hat das Kohlendioxid mit rund 75% den gröss­ ten Anteil am Temperaturanstieg. Welches sind die Verursacher? Die Energieversorgung trägt mit gut 25% am meisten zu den anthropogen verursachten globalen Treibhaus­ gasemissionen bei (Abbildung, ausgedrückt als CO2eq, IPCC, 2007). Auf Grund der globalen Aus­wirkungen werden auch die Auswirkungen in der Regel global betrachtet. So ist es nicht zweckmässig, z.B. für eine kleine Region die klimarelevanten Emissionen und deren Wirkung im Einzelnen zu betrachten, auch wenn Massnahmen dann natürlich sehr lokal angesetzt wer­ den müssen. Weiterführende Informationen: • www.ipcc.ch • www.uba.de • www.bafu.admin.ch Luftfahrt und globales Klima | Luftfahrt und ihr Einfluss auf das Klima Luftfahrt und ihr Einfluss auf das Klima Welche Flugzeugemissionen tragen zum Klimawandel bei? Flugzeuge brauchen für den Antrieb entweder Flug­ benzin (für Kolbenmotoren) oder Kerosin (für Gas­ turbinen- oder Turboprop-Triebwerke). Kerosin (Jet A-1 oder auch Petroleum) ist ein Gemisch von Kohlen­ wasserstoffen (Kohlenwasserstoffzahl C9–C16) und enthält mehr als 500 Einzelsubstanzen. Die Zusam­ mensetzung ist abhängig vom Rohöl, vom Raffina­ tionsprozess und vom Mischungsverhältnis einzelner Raffinerieströme. Es wird hergestellt als Destillat von Mineralöl oder über einen Crack-Prozess aus schwe­ rem Heizöl. Dem Kerosin müssen verschiedene Addi­ tive beigegeben werden (Antioxidantien und AntiStatic), weitere sind möglich (Metalldeaktivatoren, Korrosions­inhibitoren, Anti-Icing und Biozide). Sie ent­ halten keine Halogene. Kerosin findet als Brennstoff für Petroleum­lampen auch in Haushalten Verwendung. Die bei der Verbrennung von Kerosin entstehenden Abgase sind die Luftbestandteile Sauerstoff, Stickstoff, Wasserdampf und Kohlendioxid (total 99,97%) und die Schadstoffe Stickoxide, Kohlenmonoxid, Kohlen­ wasserstoffe, Schwefeldioxid und Russ (0,03%). Von diesen Emissionen wird nur das Treibhausgas Kohlendioxid im Kyoto-Protokoll berücksichtigt. Hin­ gegen können auch die anderen Emissionen durch Beeinflussung des globalen Strahlungshaushaltes teil­ weise zum Klimawandel beitragen. Dies kann z.B. der Wasserdampf mit der Bildung von Kondensstreifen sein oder Stickoxide als eine Vorläufersubstanz von Ozon. Der Luftverkehr beeinflusst das Klima vor allem durch die Emission von Kohlendioxid. Auf Grund der rela­ tiv langen mittleren Verweilzeit verteilt sich das CO2 nahezu gleichmässig in der Atmosphäre. Emis­ sionen von CO2 im Reiseflug haben längerfristig eine gleich starke Klimawirkung wie die gleiche Emissions­ menge am Boden. Hingegen ist der Anteil aus der Luft­ fahrt zu klein, als dass der Beitrag in der Atmosphäre gemessen werden könnte. Dazu müssen spezialisierte Modelle verwendet werden. Was ist der Anteil des Luftverkehrs am Klimawandel? Die Emissionen aus dem Luftverkehr sind durchwegs sehr viel kleiner als diejenigen aus anderen Quellen am Boden. Viele der am Boden emittierten Schadstoffe werden rasch in andere Stoffe umgewandelt, am Boden deponiert oder mit dem Niederschlag aus­gewaschen und gelangen daher nur zu einem sehr kleinen Anteil in die obere Troposphäre, während der Luftverkehr direkt in diese Schicht emittiert. Dies kann dadurch unter­ schiedlich starke Wirkungen zur Folge haben. Ein Verkehrsflugzeug verbraucht heute im Mittel etwa 0,03 kg Treibstoff pro Kilogramm Transportnutzlast und Flugstunde; dabei werden etwa 49 kg/min oder 6 kg/km Treibstoff verbraucht (ICAO, 2007). Auf die Passagiere bezogen verbraucht ein Flugzeug im Durch­ schnitt 3,5 Liter pro 100 Passagierkilometer. Dies ent­ spricht weniger als 100 Gramm CO2 pro Passagier­ kilometer. Weitere wesentliche Emissionsstoffe, die zur Verän­ derung der Atmosphäre beitragen, sind Stickoxide, Wasser­dampf und Partikel. Einerseits absorbiert ein Teil davon Wärmestrahlung, welche von der Erd­ oberfläche abgestrahlt wird. Dadurch tragen sie zur globalen Erwärmung bei. Andererseits absorbieren sie Sonnenlicht oder streuen es in alle Richtungen in den Weltraum zurück. Dies trägt zur Kühlung der Erde bei. 7 Luftfahrt und globales Klima | Luftfahrt und ihr Einfluss auf das Klima Der Anteil des Luftverkehrs an den gesamten globa­ len, mensch-verursachten CO2-Emissionen beträgt 2% (mit einer Bandbreite von 1,6–2,8%). Der daraus resul­ tierende Anteil am Strahlungsantrieb, also die Klima­ wirksamkeit unter Berücksichtigung der anderen Emis­ sionsstoffe, wird heute mit rund 3% abgeschätzt (mit einer Bandbreite von 2%–8%). Verschiedentlich wird versucht, die CO2-Emis­sionen aus dem Luftverkehr mit einem «Klimafaktor» (oder einem Strahlungsantriebs-Index, RFI) zu multipli­zieren. Damit soll die gesamte Treibhauswirkung (inklusive NOx und Kondensstreifen) des Luftverkehrs erfasst werden. Der RFI ist als Metrik jedoch un­geeignet. Eine der Schwierigkeiten liegt nämlich darin, dass ein sol­ cher RFI nicht konstant ist, sondern sich über die Zeit hinweg verändert. Dies ergibt sich aus der unter­ schiedlich langen Wirkungsdauer der Emissionen. Beispielsweise können die Effekte wegen der Stick­ oxide und Kondensstreifenbildung je nach Jahreszeit und geographischer Breite unterschiedlich sein. Damit könnten Verzerrungen geschaffen werden, die einen Anreiz für Massnahmen in emissionsarme Technik und Operation verhindern. Strahlungsantrieb Luftverkehr 120 100 1992 (IPCC, 1999) 1992 (Minnis et al., 2004) 2000 linear hochskaliert aus IPCC, 1999 2000 (TRADEOFF, 2003, mittel) Strahlungsantrieb [mWm2] 80 60 40 20 0 -20 -40 O3 CH4 { CO2 durch NOX gut mässig mässig H2O direkt Sulfat direkt Russ Kondensstreifen Zirren Summe (ohne Zirren) wissenschaftlicher Kenntnisstand mässig mässig mässig mässig schlecht Strahlungsantrieb des Flugverkehrs für das Jahr 2000: rote Werte aus der Studie TRADEOFF (2003); Zum Vergleich die blauen Werte für 1992 (IPCC, 1999) und die weissen Werte für 2000 ­(hochgerechnet aus IPCC für 1992). 8 Im Kyoto-Protokoll hat man ein ähnliches Problem mit der Umrechnung von Nicht-CO2-Gasen in CO2Äqui­valente auf einem Zeithorizont von 100 Jahren. Die Auswirkungen sind nicht für alle Emissionsstoffe gleich gut bekannt und es muss mit teilweise hohen Unsicherheiten gerechnet werden (siehe Grafik). Der bevorzugte Weg zu einer Berücksichtigung von Nicht-CO2-Effekten des Luftverkehrs könnte die heute noch fehlende Einführung von zeit- und ortabhän­gigen Masszahlen für Einheitsemissionen sein (Schumann, 2008). Wie verhält sich der Luftverkehrsanteil zu anderen Quellen? Der Strassenverkehr trägt etwa 13% zu den anthro­ pogen verursachten CO2-Emissionen bei und der Schiffsverkehr etwa 2,7%. Der Anteil des Luftverkehrs ist mit 2% also vergleichsweise gering. Die Proble­ matik liegt darin, dass die verschiedenen Zukunfts­ szenarien zeigen, dass andere Quellen ihre Emissionen senken, der Luftverkehr durch das erwartete Wachs­ tum aber weiter zunimmt. Dadurch kann der Anteil der Luftfahrt bis ins Jahr 2050 auf 5–15% steigen. Ein weiterer Punkt besteht in der Tatsache, dass Flug­ zeuge die persönliche CO2-Bilanz der einzelnen Passa­ giere verschlechtern können. Nicht weil Flugzeuge inef­fi zient sind – im Gegenteil – sondern weil mit Flug­ zeugen innert kürzester Zeit grosse Distanzen zurück­ gelegt werden können. Hohe pro Kopf CO2-Emissionen sind damit das Resultat langer Reisedistanzen, welche typisch für den Luftverkehr sind. Luftfahrt und globales Klima | Luftfahrt und ihr Einfluss auf das Klima Welche Massnahmen trifft der Luftverkehr? Seit Beginn des Düsen-Zeitalters für Flugzeuge hat die Technik weltweit enorme Fortschritte erzielt. Die Triebwerke wurden deutlich sicherer, zuverläs­ siger, unterhaltsärmer und auch sparsamer gemacht. Derzeitige Strahlflugzeuge sind in Bezug auf den Treibstoff­verbrauch zumindest 50% effizienter als Strahlflugzeuge vor 40 Jahren. Gleichzeitig hat die Verbesserung der Verbrennung auch eine markante Reduktion der Kohlenwasserstoffemissionen (VOC) mit sich gebracht. Die neuesten Technologien setzen auf ein Brennkammersystem mit zwei Verbrennungs­ kammern und/oder variable Treibstoff-Luftmischun­ gen, womit auch der Stickoxidausstoss (NOx) um etwa 30–40% gesenkt werden kann. Die Einhaltung der Grenzwerte wird von allen ICAO Mitgliedstaaten verlangt (u.a. der Schweiz) und von der Luftfahrtbehörde des jeweiligen Herstellerlandes anlässlich der Triebwerk-Zertifizierung überprüft. Die effektiven Emissionswerte werden wie bei einem Auto in einem Abgasdokument festgehalten. Eine Nach­ messung der Emissionswerte wie beim Auto ist auf­ grund der komplexen und aufwendigen Messverfah­ ren nicht möglich. Detaillierte Wartungsvorschriften für Flugzeugtriebwerke lassen hingegen nur geringste Toleranzen zu, so dass ein Abweichen von den Mess­ werten als sehr gering angenommen werden kann. Eine Abgaswertverschlechterung auf Grund der Alte­ rung der Triebwerke wird auf etwa 4–5% geschätzt (DfT, 2006). Während die CO2-Emissionen des inländischen Luft­ verkehrs durch das Kyoto-Protokoll erfasst wer­ den, sind die internationalen Emissionen durch das Umweltkomitee CAEP der ICAO geregelt (Committee on Aviation and Environmental Protection). Die ICAO legt auch seit 1983 Emissionsgrenzwerte für Flugzeug­ triebwerke mit mehr als 26,7 kN Schub fest (ICAO Annex 16, Band II). Neben diesen technischen Massnahmen an der Quelle gewinnen operationelle Verbesserungen und markt­ orientierte Instrumente an Bedeutung. Die operatio­ nellen Verbesserungen beziehen sich vorwiegend auf die Flugzeugführung (kürzere und effizientere Flug­ routenwahl), während bei den marktorientierten Ins­ trumenten die Einführung eines Emissionshandels­ systems für Flugzeuge vorbereitet wird. Die ICAO hat Anleitungen für den Emissionshandel (ICAO Doku­ ment 9885), für operationelle Möglichkeiten (z.B. ­Circular 303) und für freiwillige Industrievereinbarun­ gen entwickelt. Der Umweltausschuss der ICAO hat den NOx-Grenz­ wert in mehreren Stufen verschärft (siehe Abbildung). Die neuste Verschärfung wurde 2010 von CAEP/8 beschlossen und tritt ab 1.1.2014 in Kraft. Die Fest­ legung von Grenzwerten für Feinstaub (PM10) ist der­ zeit bei der ICAO in Bearbeitung; erste Resultate sind auf Grund der Komplexität der Messverfahren nicht vor 2013 zu erwarten. gültig ab Die Verbesserung der Treibstoffeffizient wird durch die wirtschaftliche Entwicklung des Treibstoff­preises ­weiter entscheidend vorangetrieben. So stieg der Kerosinpreis zwischen Juni 1986 und Mai 2008 von 35.00 ¢/Gallone auf 377.84 ¢/Gallone, bei noch 97.42 ¢/Gallone im April 2004 (EIA, 2008). 1986 140 130 120 1996 2004 2008 110 100 90 80 70 NOX (g/kN Schub) 60 50 40 30 20 NOX Daten von Triebwerken in Produktion NOX kürzlich zertifizierter Triebwerke 10 0 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 Dp/F00-Triebwerk-Druckverhältnis NOx-Grenzwerte für Jet-Triebwerke. 9 Luftfahrt und globales Klima | Luftfahrt und ihr Einfluss auf das Klima Wie aktiv sind Europa und die Schweiz? In Europa hat eine breite Trägerschaft aus Staaten, der EU und der Luftverkehrsindustrie detaillierte Ziele bezüglich des Treibstoffverbrauchs, der Stickoxidund Lärmemission der Flugzeuge festgelegt (www.­ acare4europe.org). Damit soll der Forschungs- und Entwicklungsstandort Europa weiter gestärkt und dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die negati­ ven Auswirkungen des internationalen Luftverkehrs in Europa mit hoher Priorität reduziert werden sollen. Als konkrete Massnahme hat die EU beschlossen, ab 2011 das bestehende Emissionshandelsystem in der EU auf den Luftverkehr auszuweiten. So würden den Luftverkehrsgesellschaften Emissionsrechte zugeteilt und über Auktionen verfügbar gemacht. Dies soll für EU-Flüge ab 2011 und alle anderen Flüge ab 2012 gel­ ten. Anzurechnen ist dann der gesamte Treibstoff­ verbrauch für die Haupt- und das Nebentriebwerk der Flugzeuge. Die Flughafen Zürich AG unterstützt verursacher­ bezogene Massnahmen zur Reduktion klimawirk­ samer Emissionen über ausgewogene Massnahmen­ pakete, die regulatorische, technische, operationelle und marktwirtschaftliche Elemente umfassen. Bei den marktwirtschaftlichen Massnahmen sind Anreiz­ systeme zu bevorzugen, die dem Verursacher die grösstmögliche Freiheit lassen, wie er im Gesamt­ system die Emissionen reduzieren will. Dazu zählt auch das vorgesehene Emissionshandelssystem (ETS) der Europäischen Union in einem offenen System. Ein solches ETS muss so ausgestaltet werden, dass keine Wett­bewerbsverzerrungen entstehen können. Die Flug­hafen Zürich AG kooperiert mit den Luftverkehrs­ gesellschaften für die Umsetzung von emissions­ mindernden Massnahmen am Flughafen, die wirt­ schaftlich, technisch realisierbar und ökologisch vorteilhaft sind. Intensiv diskutiert wird auch die Frage nach einer Besteuerung des Kerosins oder des CO2 zur Reduktion der Klimaauswirkungen. Dazu müssen folgende Fakto­ ren beachtet werden: • Kerosin wird in der Schweiz und verschiedenen ande­ ren Ländern bereits für alle Inlandflüge besteuert. • Eine Kerosinsteuer bewirkt lediglich eine Verteue­ rung des Luftverkehrs, aber keine emissionsrelevan­ ten Verbesserungen, da die Einnahmen aus dem Sys­ tem Luftfahrt entfernt werden und für allgemeine Staatsaufwendungen eingesetzt werden statt für z.B. neue Technologien. • Es hat sich gezeigt, dass der Kerosinpreis kaum einen Einfluss auf die Mobilitätsbefriedigung der Gesell­ schaft hat. So stiegen in Europa die Passagier­zahlen zwischen 2002 und 2007 um total 22% obschon der Treibstoffpreis im gleichen Zeitraum um 310% anstieg. • Da die Treibstoffkosten derzeit die höchsten Kosten des Fliegens darstellen, ist der Anreiz bereits genü­ gend gegeben, möglichst treibstoffeffiziente Trieb­ werke einzusetzen. • Die internationalen Abkommen im Luftverkehr schliessen eine Besteuerung des Kerosins im inter­ nationalen Flugverkehr aus. Weiterführende Informationen: • www.flughafen-zuerich.ch/Umweltschutz • www.icao.int • www.iata.org • www.acare4europe.org • www.europa.eu 10 Luftfahrt und globales Klima | Flughafen Zürich und Klimawandel Flughafen Zürich und Klimawandel Was ist der Beitrag des Flughafens zum Klimawandel? Die Flughafen Zürich AG betreibt die Infrastruktur­ anlagen zur Abwicklung des internationalen Luft­ verkehrs am Flughafen Zürich. Dabei werden viele Aktivitäten, die auch mit Umweltauswirkungen ver­ bunden sind, von vielen verschiedenen Firmen am Flughafen wahrgenommen. Auf einem Betriebsgelände von knapp 9 km2 werden jährlich etwa 270’000 Flug­ bewegungen durchgeführt und verkehren täglich etwa 80’000 Personen, die zu 43% öffentliche Verkehrs­ mittel benützen. Die Kohlendioxid-Emissionen des Flughafens Zürich werden gemäss dem anerkannten GreenhouseGas-Protocol berechnet. Dabei wird unterschie­ den zwischen den selber verursachten Emissionen (Scope 1), den Emissionen von eingekaufter Elektrizi­ tät (Scope 2) und Emissionen, die im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Flughafens entstehen (Scope 3). Diese werden zusätzlich unterschieden zwi­ schen den Emissionen, die die Flughafen Zürich AG beeinflussen kann und denen, die sie nicht beeinflus­ sen kann. CO2-Emissionen Flughafen Zürich nach Scopes Scope 2: Flughafen Zürich – Elektrizität Scope 1: Flughafen Zürich Scope 3A: Fremde Quellen, beeinflussbar Die Flughafen Zürich AG verursachte mit ihren direk­ ten Emissionsquellen (Fahrzeug- und Maschinenpark, Wärme-/Kälteversorgungen und Notstrom­anlagen) und dem Elektrizitätsbezug im Jahr 1991 knapp 50’000 t CO2 (Scopes 1 und 2 gemäss GHG-Proto­ koll). Trotz Ausbauten und Verkehrszunahme wur­ den die CO2-Emissionen seit 1991 stetig gesenkt; der­ zeit emittiert die Flughafen Zürich rund 35’000 t CO2 (2009). Über 80% der CO2-Emissionen der Flug­hafen Zürich AG stammen aus der Heizzentrale der Flug­ hafen Zürich AG. Die Emissionen nach Scopes 1 und 2 entsprechen 0.065% der gesamtschweizerischen CO2-Emissionen im Jahr 2007. Die Flughafen Zürich AG hat folgende Klimaschutz­ position verabschiedet: «Der Beitrag des Luftverkehrs zum Klimawandel ist mit derzeit rund 2% aller anthropogenen CO2-Emis­ sionen vergleichsweise gering. Es wird jedoch erwar­ tet, dass die Luftfahrt durch die zunehmende Mobi­ litätsnachfrage weiter wachsen wird. Die Flughafen Zürich AG als Flughafenbetreiberin ist Teil des Sys­ tems Luftverkehr und anerkennt die zunehmende Bedeutung eines langfristigen Klimaschutzes, auch wenn sie nur für rund 10% der CO2-Emissionen des Flughafensystems Zürich verantwortlich ist. Wir set­ zen uns für eine klimaschonende Entwicklung des Luft­ verkehrs ein. Unser Ziel ist es, unter Berücksichtigung von rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingun­ gen, die von uns selbst verursachten CO2-Emissionen weiter zu senken.» Klimaschutzziele Daraus abgeleitet hat die Flughafen Zürich AG die fol­ genden anspruchsvollen Klimaschutzziele festgelegt: Scope 3B: Fremde Quellen, nicht beeinflussbar Die Flughafen Zürich AG senkt ihre selbst verur­ sachten CO2-Emissionen nach Scopes 1 und 2 auf total 30’000 Tonnen im Jahr 2020 (gemessen am Mittelwert der Jahre 2019–2021) und weitergehend auf total 20’000 Tonnen im Jahr 2030 (gemessen am Mittelwert der Jahre 2029–2031). CO2-Emissionsanteile nach Scopes 2009. Dies entspricht einer absoluten Reduktion gegenüber 1991 von 40% für 2020 und von 60% für 2030. 11 Luftfahrt und globales Klima | Flughafen Zürich und Klimawandel Die Massnahmen zur Erreichung der Klimaziele umfassen die Verwendung alternativer Brenn- und Treibstoffe (Erdgas statt Heizöl/Diesel), die Fahrzeugund Maschinenbeschaffung und die konsequente Minimierung des Energiebedarfs (Heizung, Lüftung, Elektrizität) bei neuen Infrastrukturanlagen und der Sanierung von Gebäuden. Massnahmen, die im internationalen Zusammenhang und über Behörden entwickelt werden müssen, lie­ gen ausserhalb der Handlungsmöglichkeiten des Flug­ hafens. Die Flughafen Zürich AG engagiert sich jedoch in hohem Ausmass über die Flughafenverbände (z.B. dem Airport Council International) in verschiedenen Arbeitsgruppen und unterstützt internationale Pro­ gramme und Entwicklungen mit dem vorhandenen Fachwissen. CO2-Emissionen Flughafen Zürich AG 60’000 50’000 Tonnen CO2/a 40’000 30’000 20’000 10’000 0 1991 1992 1993 1994 1995 Flughafen Zürich AG (Scope 1) 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Flughafen Zürich AG – Elektrizität (Scope 2) CO2-Emissionen (Scopes 1 und 2, bis 1993 zusammengerechnet) der Flughafen Zürich AG. Internationale Akkreditierung Das Klimaschutzprogramm der Flughafen Zürich AG wurde im November 2010 auf der Stufe 3 des ­Airport Carbon Accreditation des ACI EUROPE akkreditiert. Es dokumentiert die Reduktion der eigenen Emis­ sionen und das Engagement bei Flugafenpartnern. Damit zählt Zürich zu den fortschrittlichsten Flug­häfen ­Europas. 2010-2011 CERTIFICATE of ACCREDITATION This is to certify that Airport Carbon Accreditation, under the administration of WSP Environment & Energy Ltd, confirms that the carbon management processes at ZURICH AIRPORT implemented by Flughafen Zurich have earned the accreditation level of OPTIMISATION, in recognition of their exemplary work in managing, reducing and engaging other stakeholders on the airport site, in minimising CO2 emissions as part of the European airport industry’s response to the challenge of Climate Change. www.airportcarbonaccreditation.org 12 Olivier Jankovec Director General ACI EUROPE Peter Sharratt Global Director WSP Environment & Energy Weiterführende Informationen: • www.aci.aero • www.aci-europe.org Luftfahrt und globales Klima | Thesen und Aussagen Thesen und Aussagen «Luftverkehr ist der Klimakiller Nummer 1» Der Luftverkehr ist nicht die grösste Ursache für den Klimawandel. Der Luftverkehr trägt zur Veränderung der Zusammensetzung der Erdatmosphäre bei, durch das Treibhausgas Kohlendioxid, durch Ozonbildung aus Stickoxiden und durch Veränderung der Bewöl­ kung durch Kondensstreifen und Partikel auf Reise­ flughöhe. Die Stickoxidemissionen tragen teilweise auch zum Abbau von Kohlenwasserstoffen, Kohlen­ monoxid und dem Treibhausgas Methan bei. Der Luftverkehr emittiert global derzeit etwa 2% aller anthropogenen CO2-Emissionen; 98% stammen aus anderen Quellen, darunter Strassenverkehr, Energie­ erzeugung oder Industrie. Die gesamte globale Klima­ wirkung durch den Luftverkehr wird heute auf einen Anteil von 3% geschätzt. «Die Klimaauswirkungen der Luftverkehrsemis­ sionen sind um Faktor 2–5 grösser als Emissionen anderer Quellen» Richtig ist, dass die Auswirkungen der Emissionen des Luftverkehrs im Reiseflug gesamtheitlich grösser sind als am Boden und dort den Treibhauseffekt (in posi­ tiver und negativer Richtung) stärker beeinflussen als die gleichen Emissionen am Boden. • Emissionen von CO2 haben langfristig den gleichen Effekt in der Höhe wie am Boden. • Emissionen von NOx und Wasserdampf mit Ein­ fluss auf Ozon, Methan, Kondensstreifen und Cirrus­ wolken müssen in Beziehung gesetzt werden zu einer Atmosphäre ohne Luftverkehr. Die robuste Bewer­ tung von erwärmenden und kühlenden Auswirkun­ gen von nicht-CO2-Effekten ist Gegenstand aktueller wissenschaftlicher Diskussion. «Fliegen ist die energieintensivste Art der Fortbewegung» Richtig ist, dass der Treibstoffverbrauch pro Flug-­ Passagier im Durchschnitt geringer ist als pro AutoPassagier. Der Kerosinverbrauch beträgt pro Pas­sagier und 100 km etwa 3,5 Liter, unter Berücksichtigung der effektiv transportierten Passagiere. Dies entspricht weniger als 100 Gramm CO2 pro Passagierkilometer. In der Schweiz liegt der durchschnittliche Treibstoff­ verbrauch von Autos bei 7,5 Liter/100 km. Mit einer durchschnittlichen Auslastung von 1,4 Personen gibt dies rund 140 Gramm CO2 pro km und Person. Zudem schafft das Flugzeug bei weniger als 100 Gramm CO2 pro km und Passagier eine Geschwindigkeit von 800 km/h, kommt also in der gleichen Reisezeit natürlich sehr viel weiter, respektive ist das Auto bei Strecken über Ozeane oder ganze Kontinente keine Alternative. Ein Land kann durch einen Flugplatz von wenigen Kilo­ metern Abmessung an die ganze Welt angeschlos­ sen werden. Erdgebundene Transportmittel brauchen Bauten (Strassen, Schienen, Brücken, Tunnel), wel­ che sich quer durch die Länder bis ans Ziel erstrecken müssen. Der Energieaufwand für Bau und Unterhalt von Tausen­den von Strassen- und Schienenkilometern, sowie der Landbedarf fallen bei der Luftfahrt weit­ gehend weg. Bei kurzfristigem Bedarf für eine neue Flugverbindung wird diese meist ohne zusätzliche Bauten eingerich­ tet, sozusagen auf dem Papier. Ist der Bedarf für eine Verbindung nicht mehr gegeben, wird die Verbindung eingestellt, und es bleibt meist nichts zurück, weil das Flugzeug nur «Luftstrassen» benutzt hat. 13 Luftfahrt und globales Klima | Thesen und Aussagen Bisherige Betrachtungen auf der Grundlage des Strah­ lungsantriebs-Index (RFI) haben zu der Annahme geführt, dass die Klimawirkung des bisherigen Luft­ verkehrs etwa 2- bis 5-mal grösser war, als auf Grund des Kohlendioxids alleine. Schon 1999 wurde im IPCC darauf hingewiesen, dass der RHI keine Kons­tante ist. In der Zwischenzeit wurde allgemein eingesehen, dass der RFI insbesondere für die nicht-CO2-Effekte keine geeignete Metrik ist. Der daraus abgeleitete Faktor kann nicht auf den in der Zukunft ablaufenden Luft­ verkehr übertragen werden Der Grund liegt z.B. in der unterschiedlichen Verweildauer der Emissions­ stoffe in der Atmosphäre. Der Faktor hängt daher vom willkürlich gewählten Zeitraum und von der Wachs­ tumsrate der Emissionen ab und kann Werte zwi­ schen 1 und einer grossen Zahl annehmen; für sehr lange Zeiträume geht der Faktor gegen 1. Eine zusätz­ liche Schwierigkeit entsteht durch den Umstand, dass einige nicht-CO2-Effekte zunehmen können, wenn CO2 abnimmt. Beispiele: Zunahme von NOx-Emis­sionen durch Abnahme der CO2-Emissionen. Zunahme von Kondensstreifen durch Abnahme der CO2-Emissionen (effizientere Triebwerke). Ein kons­tanter Multiplika­ tionsfaktor – sei er nun 2 oder 3 oder 5 – ist daher wissen­schaftlich und von der Zielrichtung her zum heutigen Zeitpunkt nicht begründet (Schumann, 2008). «In grösseren Flughöhen sind die Klimaeffekte grösser» Richtig ist, dass die Effekte gering sind und nicht unbe­ dingt höher werden. Flugzeuge fliegen heute auf Treib­ stoff- und damit CO2-optimierten Flughöhen. Eine Reduktion der Flughöhe um 300m würde durch den höheren Luftwiderstand eine Zunahme des Treibstoff­ verbrauchs und des CO2 um etwa 2% verursachen. Bezüglich des Ozons wurde festgestellt, dass Flüge im Unterschallbereich in grossen Höhen nicht einen Ozon­abbau zur Folge haben (kein Beitrag zum «Ozon­ loch»). Eine Änderung der jetzigen Flughöhen kann ein wenig zur Reduktion des Klimaeffekt beitragen. Betref­ fend der Bildung von Kondensstreifen und den damit verbundenen Strahlungsantrieb wäre ein grundsätz­ liches Vermeiden des Fliegens in feuchten Luftschich­ ten vorteilhaft; ob dies operationell handhabbar ist, wird derzeit untersucht. Zudem kann das in einzelnen Fällen deutlich höhere, in anderen Fällen deutlich tie­ fere Flughöhen erfordern (Schumann, 2008). «Ein Urlaubsflug ans Rote Meer ist klimaschädlicher als ein Jahr lang Auto fahren» Richtig ist, dass der jährliche CO2-Ausstoss durch ein Auto einige Male höher ist als ein Urlaubsflug ans Rote Meer. Bei einem Flug mit einem Charter-A320 (180 Passagiere) verursacht ein Passagier auf dem Flug von Zürich nach dem 3114 km enfernten Sharm-el-Sheikh und zurück 486 kg CO2 (ICAO Carbon Calculator). Die durchschnittliche jährliche CO2-Emission pro Perso­nenwagen beträgt in der Schweiz für das Jahr 2005 etwa 2890 kg. Dem liegt ein Fahrzeugbestand von etwa 3,85 Millionen Personenwagen mit einer Gesamtemission von etwa 11.12 Millionen t CO2 zu Grunde (BAFU, 2004). Somit ist der CO2-Ausstoss durch den Personenwagenverkehr etwa 6mal höher als eine Flugzeugreise ans Rote Meer. Oder anders berechnet: Der durchschnittliche CO2Ausstoss von Autos in der Schweiz liegt bei rund 140 Gramm CO2 pro km und Passagier. Bei heutigen Flug­ zeugen liegt dieser Wert unter 100 Gramm. Mit einem Flugzeug kann man ungefähr eineinhalb Mal so viel km zurücklegen, wie mit dem Auto, bis gleichviel CO2 aus­ gestossen wurde (ohne Berücksichtigung der Infra­ struktur). 14 Luftfahrt und globales Klima | Referenzen und Glossar Referenzen und Glossar Referenzen BAFU, 2004Bundesamt für Umwelt: Luftschadstoffemissionen des Strassenverkehrs 1980–2030. Schriftenreihe SR355, 2004 DfT, 2006Department for Transport (UK): Project fort he Sustainable Development of Heathrow, 2006 ICAO 2007 International Civil Aviation Organisation: ICAO Environmental Report 2007 EIA, 2008 Energy Information Administration, www.eia.doe.gov, 27.6.2008 IPCC 2007Intergovernmental Panel on Climate Change, Fourth Assessment Report, Synthesis Report. Geneva, 2007 Schumann, 2008Prof. Dr.-Ing. Ulrich Schumann, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt: Persönliche Mitteilungen, 2008 UBA 2004Umweltbundesamt Deutschland: Globaler Klimawandel, Klimaschutz 2004. Berlin, Mai 2004 Glossar ACI EUROPE Airport Council International EUROPE, Brüssel APUAuxiliary Power Unit: Hilfstriebwerk des Flugzeugs zur Stromversorgung und Klimatisierung des Flugzeuges BAFU Bundesamt für Umwelt, Schweiz CAEP Committee on Aviation and Environmental Protection, Umweltkomitee der ICAO CO2eqKohlendioxidäquivalent: Die Menge an CO2, die denselben Strahlungsantrieb erzeugen würde wie eine emittierte Mengen eines gut durchmischten Treibhausgases oder einer Mischung gut durchmischter Treibhausgase, alle multipliziert mit ihrem jeweiligen GWPs, um die unterschiedliche Verweildauer in der Atmosphäre zu berücksichtigen GWPGlobal Warming Potential: Potenzial für die globale Erwärmung durch einen bestimmten Stoff ICAOInternational Civil Aviation Organization: Internationale Zivilluftfahrtorganisation, eine Organisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Montreal (Kanada). Die Schweiz ist mit weiteren rund 140 Staaten ein Vertragsstaat der ICAO IPCCIntergovernmental Panel on Climate Change: Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klima­ wandel mit Sitz in Genf. Ein Ausschuss des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und der meteorologischen Weltorganisation (WMO) NOxStickoxide LTOLande- und Startzyklus von Flugzeugen; umfasst alle Flugbewegungen unterhalb von 3000 Fuss über Grund (knapp 1000 Meter) UBA Umweltbundesamt, Deutschland VOC Flüchtige organische Verbindungen Impressum Copyright: Flughafen Zürich AG Fotografie: Flughafen Zürich AG Stand: November 2010 15 Flughafen Zürich AG Umweltschutz Postfach, CH-8058 Zürich-Flughafen Telefon +41 (0)43 816 22 11 Telefax +41 (0)43 816 47 60 [email protected] www.flughafen-zuerich.ch