NEWSletter 03/2014 Internationales Geothermiezentrum ICGR www.gfz-potsdam.de/icgr IM FOKUS EGS und induzierte Seismizität Von D. Bruhn, A. Zang Ein im Oktober 2014 publizierter Sonderband der Fachzeitschrift GEOTHERMICS (International Journal of Geothermal Research and its Applications) analysiert raum-zeitliche Muster von Erdbeben, die durch menschliche Eingriffe in den Untergrund bei Geothermieprojekten ausgelöst wurden. Ziel der Betrachtungen ist es, die seismische Aktivität in der Tiefen Geothermie besser zu verstehen und durch geeignete Strategien (insbesondere bei der Entwicklung und beim Betrieb von Enhanced Geothermal Systems, EGS) zu minimieren. Der Sonderband wurde von Wissenschaftlern des GFZ zusammen mit Wissenschaftlern des Lawrence Berkeley National Laboratory herausgegeben. Durch menschliche Eingriffe in den Untergrund hervorgerufene kleinere Erdbeben sind in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. In der Kohlenwasserstoffförderung, CO2-Speicherung oder Tiefen Geothermie – für jede dieser Technologien birgt Hydraulic Fracturing Chancen und Risiken. Forscher des EU-Projektes GEISER (Geothermal Engineering Integrating Mitigation of Induced Seismicity in Reservoirs) aus sieben europäischen Ländern vergleichen in diesem Sonderband Erdbeben, die mit der Erschließung von geothermischen Speichern in Verbindung gebracht wurden, insbesondere durch den Einsatz von Enhanced Geothermal Systems. Der GEOTHERMICS Sonderband untersucht in zwanzig Artikeln raumzeitliche Muster von Erdbeben, die mit Geothermie, Bergbau und HydraulicFracturing in Zusammenhang stehen. Geothermics Vol. 52 (October 2014). Special Issue: Analysis of Induced Seismicity in Geothermal Operations. Guest Editors: Arno Zang (GFZ 2.6 Seismic Hazard and Stress Field), Ernest Majer (Lawrence Berkeley National Laboratory, USA), David Bruhn (GFZ, International Center for Geothermal Research) INHALT Seite 1 IM FOKUS EGS und induzierte Seismizität Seite 2 IN SITU LABOR Groß Schönebeck Tag der Offenen Tür AUS DEN PROJEKTEN Neuer Ansatz in der Erkundung Monitoring superkritischer Systeme Seite 3 IN KÜRZE Kurzmeldungen, Publikationen, Termine Multirisskonzept für kristalline Gesteine Von G. Zimmermann Die Machbarkeit der geothermischen Energiegewinnung aus kristallinen Gesteinen ist prinzipiell nachgewiesen. In Deutschland besitzen sie das größte geothermische Potential (TAB, 2003). Jedoch bestehen ungelöste Probleme in der Konzeption und beim Betrieb petrothermaler Systeme mit Fließraten >50 l/s und einer Nutzungsdauer >20 Jahre. Diesen Fragen geht das vom BMWi geförderte Projekt „Erschließung petrothermaler Geothermiereservoire“ nach. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Multirisskonzepten, nach denen aus einer abgelenkten Bohrung oder einer Horizontalbohrung heraus vielfache künstliche Risse erzeugt werden, um mindestens 2 Bohrungen hydraulisch miteinander zu verbinden. Die Chancen und Risiken in allen Phasen (Abteufen der Bohrungen, Erschließung mittels hydraulischer Stimulationen, Betrieb des untertägigen Wärmetauschers) werden betrachtet und bewertet. Die Untersuchungen sind auf die Bedingungen Mitteleuropas in ca. 5.000 Metern Tiefe ausgerichtet. Die Ergebnisse sollen als Entscheidungshilfe für den Einsatz des Konzeptes in Demonstrationsvorhaben dienen. Projektpartner sind die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover (BGR), die Technische Universität Bergakademie Freiberg (TUBAF) und das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ/ICGR). Abb.: Schematische Darstellung der petrothermalen Erschließung mittels Multiriss-Konzept im kristallinen Gestein in ca. 5.000 Metern Tiefe. (T. Tischner, BGR) 2 • NEWSletter 03/2014 Internationales Geothermiezentrum ICGR IN SITU LABOR Groß Schönebeck AUS DEN PROJEKTEN Wissenschaft zum Anfassen Von E. Jolie Von A. Spalek Wie warm ist es eigentlich da unten? Warum forscht das GFZ gerade hier? Kühlt der Untergrund nicht irgendwann aus? Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker des ICGR stellten sich am 22. August 2014 beim „Tag der Offenen Tür“ den Fragen der Öffentlichkeit. Rund 250 interessierte Bürgerinnen und Bürger der umliegenden Gemeinden nahmen die Gelegenheit wahr, hinter die Kulissen des Geothermieforschungslabors Groß Schönebeck zu schauen. An Infoständen und Modellversuchen, in Führungen und Gesprächen, wurde „Wissenschaft zum Anfassen“ geboten. Bohrkerne, Handwerkszeug des Geologen und ein Polarisationsmikroskop begeisterten Kinder und Erwachsene. Mit großem Interesse wurden die Geologie des Barnims, Methoden zur Überwachung der Arbeiten im Untergrund und das Funktionsprinzip eines geothermischen Kraftwerkes hinterfragt. Besucher und Wissenschaftler gingen mit erkenntnisreichen Eindrücken nach Hause. Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten, insbesondere an den Bürgerverein und die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde, für die organisatorische Unterstützung. Auf Wiedersehen beim Tag der Offenen Tür 2015! Neuer Ansatz in der Erkundung Unter der Annahme, dass Störungen, die im Untergrund geothermische Fluide transportieren, Migrationswege für Gase bis hin zur Erdoberfläche darstellen, wurden OberflächengasMessungen in der Basin-and-Range Province (USA) durchgeführt. Durch die Oberflächengas-Signaturen wurden Störungen mit hohen Gasflussraten detektiert; man erhielt darüber hinaus zusätzliche Informationen über deren innere Struktur. Das ist besonders in den Bereichen von Bedeutung, in denen Störungen gegeneinander versetzt sind (stepover faults) und erhöhte Permeabilitäten beobachtet werden, die für eine nachhaltige Reservoirnutzung erforderlich sind. Das Zusammenführen von Oberflächengas-Signaturen und Daten der Störungs-Spannungsanalyse hat das Ziel, Gasemissionen entlang von Störungszonen bis in das Reservoir zu verfolgen. Die Ergebnisse zeigen, dass Trennflächen mit erhöhten Gas-Emissionen gleichzeitig hohe dehnungsscherende Tendenzen aufweisen. Diese Störungen dominieren wahrscheinlich den Thermalwasserfluss in den geothermischen Systemen dieser Region. Dieser neue Ansatz in der Erkundung störungskontrollierter Systeme wurde in der Dissertation „Detection and charac- terization of permeable fault zones by surface methods in the Basin-andRange Province, USA“ (Egbert Jolie) entwickelt. Der besondere Fokus lag auf Gasen wie CO2, H2S und Radon. Eingesetzt wurden auch gammaspektroskopische Methoden, die für die geothermische Erkundung derzeit weiterentwickelt werden. Für zukünftige Studien soll das Analysespektrum um weitere Parameter ergänzt werden. Die Ergebnisse tragen zu einer verbesserten und dabei kostengünstigeren Exploration in der frühen Erkundungsphase geothermischer Reservoire bei. Für ein Monitoring des Störungsverhaltens unter Betriebsbedingungen ist der Einsatz dieser Methoden ebenfalls denkbar (siehe auch Seite 3). Monitoring superkritischer Systeme Von J. Henninges, T. Reinsch Die Methode des „Distributed Acoustic Sensing“ (DAS) ermöglicht, akustische Signale entlang eines faseroptischen Messkabels aufzuzeichnen. Im EU-Projekt IMAGE (wir berichteten 02/14) wird die Anwendbarkeit für seismische Messungen in heißen geothermischen Reservoiren erprobt. Der Blick durch ein Polarisationsmikroskop gibt Aufschluss über die Eigenschaften von Gesteinen. Foto: ICGR Installation eines Radon-Messpunktes im Brady‘s Geothermalfeld. Foto: M. D. Pope Die Erforschung superkritischer geothermischer Reservoire stellt neue Anforderungen an geophysikalische Explorations- und Monitoringmethoden. Bei DAS dient eine optische Faser als Sensor. Dehnungen können aus der Charakteristik des zurückgestreuten Lichts bestimmt, und so Vibrationen entlang des Sensorkabels mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung aufgezeichnet werden. Das passive Sensorkabel ist gegenüber konventionellen elektronischen Sensoren robuster und einfacher einzusetzen. Erste Feldtests haben gezeigt, dass die Methode gute Ergebnisse für bohrlochseismische Messungen mit aktiven Quellen liefert. Jedoch bestehen auch Einschränkungen, z.B. hinsichtlich der richtungsabhängigen Sensitivität. Die Installation eines solchen Bohrlochmesskabels in einer Hochtemperatur-Geothermiebohrung im Südwesten Islands ist in Vorbereitung. Mit einem zweiten Messkabel an der Oberfläche sollen DAS-Messdaten aufgezeichnet werden. In Verbindung mit Daten aus einem Messnetz mit konventionellen seismischen Stationen wird so die Anwendung passiver Monitoringmethoden erprobt. 3 • NEWSletter 03/2014 Internationales Geothermiezentrum ICGR IN KÜRZE Seismische Messungen in West Java fortgesetzt Die seit Herbst 2012 laufenden seismischen Messungen (wir berichteten 01/2014) werden mit 14 Stationen fortgeführt. Mehr als 400 gesicherte seismische Ereignisse konnten bisher in die Auswertungen einfließen. Die Abbildung zeigt Horizontalschnitte des modellierten 3D Geschwindigkeitsmodells für Tiefen bis 5 Kilometer. Die schwarzen Dreiecke kennzeichnen die Stationen an der Oberfläche, die roten Punkte die Hypozentren (Tiefenbereich +/-500 m zur Darstellungstiefe). Niedrige Geschwindigkeiten sind rötlich gekennzeichnet. Im Ergebnis ist eine Zone niedriger Geschwindigkeiten zu erkennen, die einen deutlichen Hinweis auf eine mögliche strukturelle Verbindung der Vulkane Wayang Windu und Papandayan liefert. Die Ergebnisse werden auf dem WGC 2015 (Jousset et al., 2015, WGC) vorgestellt. Personalia Wir gratulieren zur erfolgreichen Promotion: Muksin Umar „A fault-controlled geothermal system in Tarutung (North Sumatra, Indonesia) investigated by seismological analysis“ Matthis Thorade „Entropiebasierte Bewertungskriterien für den Wärmeübergang in Kraftwerksprozessen und ihre Relevanz für praktische Anwendungen“ Publikationen - Hofmann, H., Babadagli, T., Zimmermann, G. (2014): Numerical Simulation of Complex Fracture Network Development by Hydraulic Fracturing in Naturally Fractured Ultratight Formations. - Journal of Energy Resources Technology, 136, 4, p. 042907. - Kastner, O., Sippel, J., Zimmermann, G. (2015): Regional-scale assessment of hydrothermal heat plant capacities fed from deep sedimentary aquifers in Berlin/Germany. - Geothermics, 53, p. 353367. - Jolie, E., Klinkmueller, M., Moeck, I., 2014. Diffuse surface emanations as indicator of structural permeability in fault-controlled geothermal systems. Journal of Volcanology and Geothermal Research. Kurzmitteilungen Termine Nachwuchspreis 2014 26.-28. Januar 2015 Stanford Geothermal Workshop Der „Preis zur Förde- Stanford University, California, USA rung des wissenschaft- www.pangea.stanford.edu lichen Nachwuchses“ ging in diesem Jahr 26. Februar 2015 an Egbert Jolie vom EGPD 2015, 6th European GeotherICGR Potsdam. Der mal PhD Day, TU Delft, The NetherBundesverband wür- lands digt damit alljährlich www. citg.tudelft.nl auf seiner Fachtagung einen Nachwuchswissenschaftler, der 19.-24. April 2015 hervorragende Leistungen auf dem World Geothermal Congress 2015, Gebiet der Geothermie in Form einer Melbourne, Australien/Neuseeland wissenschaftlichen Arbeit erbracht www.wgc2015.com.au hat. In seiner Dissertation entwickelte Egbert Jolie einen neuen Ansatz im Bereich der Erkundung störungskont- Wir wünschen Ihnen eine besinnlirollierter geothermischer Systeme am che Weihnachtszeit und einen guten Beispiel eines Feldes in Nevada/USA. Start in‘s Jahr 2015! Mehr Seite 2. Korean Paper Award 2014 Den Preis der Korean Society of Rock Mechanics für die beste Publikation 2014, der zu Ehren von Prof. em. Hee-Kun Lee, Seoul National University, verliehen wird, erhielt J. Seok Yoon. Die im Journal „Tunnel and Underground Space“ veröffentlichte Arbeit “Particle based discrete element modeling of hydraulic stimulation of geothermal reservoirs, induced seismicity and fault zone deformation” entstand im Projekt „Erschließung petrothermaler Geothermiereservoire“ (s. Seite 1), an dem Wissenschaftler des ICGR und der Sektion „Erdbebengefährdung und Spannungsfeld“ am GFZ beteiligt sind. IMPRESSUM Herausgeber: Internationales Geothermiezentrum ICGR am Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ Redaktion & Satz: Angela Spalek Dr. Kemal Erbaş Kontakt: [email protected] Layout: Patricia Bäuchler Redaktionsschluss: 10. Dezember 2014 V.i.S.d.P.: Franz Ossing