Sprache und Verständnis Die Sprache des Menschen ist ein wunderbares Phänomen, das viel mehr als eine einfache Laut zu Laut Kommunikation zulässt. So umfasst die Sprache allgemein die Kommunikation zwischen einzelnen Individuen. Wahrscheinlich entstand sie beim Menschen genau einmal vor rund 60 000 Jahren. Leider ist es sehr schwierig festzustellen, wann die ersten Menschen zu einer umfangreichen stark modulierten Sprache mit abstrakten Begrifflichkeiten fähig waren. Deshalb schwanken die Zeitangaben sehr stark (von 100 000 bis 40 000 Jahren). Zur Erforschung gibt es verschiedene Zugänge. So interessiert man sich für die Kommunikation zwischen Tieren. Diese Tiermodelle lieferten interessante Einblicke in die Kommunikation zwischen Individuen. Das einfachste Modell ist die Prägung von Singvögel. Bei diesen Vögeln wird die Paarungsbereitschaft, das Brunftverhalten usw. durch spezielle Gesänge den anderen Tieren mitgeteilt. Die Gesänge werden nicht vererbt, sondern während einer speziellen Prägungsphase, in der das Muttertier dem Jungtier den Gesang vorsingt, kann das Jungtier den Gesang lernen. Das gelernte Muster kann im späteren Leben nicht mehr verändert oder angepasst werden. Interessanterweise können sich über ein paar Generationen neue Dialekte bilden. Die Reproduktion, bzw. das Lernen verläuft nicht perfekt. Es kommt zu kleinen Fehlern, die wiederum an die nächste Generation weitergegeben werden, aber nur dann wenn der Gesang erfolgreich war. Hier hat der Gesang eine einfache Aufgabe: es soll der innere Zustand des Tieres an andere Tiere vermittelt werden. Nur dadurch kommt es zum Beispiel zur Paarung. Das Signal selber ist sehr spezifisch, es tritt sicher nicht per Zufall in der Natur auf. Allerdings kann dieses Signal auch nicht verändert werden, wenn sich zum Beispiel die Umwelt verändert. Eine andere Gruppe von Tieren, die Bienen, benutzt die Kommunikation aus einem anderen Zweck. Wenn Bienen auf Futtersuche einen guten Futterplatz gefunden haben, dann fliegen sie zu ihrem Stock zurück, und beginnen einen speziellen Tanz zu tanzen. In diesem Tanz ist die Entfernung zur Wiese und der Winkel zwischen dem Stand der Sonne und Eingang des Bienenstockes codiert. Die anderen Bienen beginnen nun diesen Tanz mitzutanzen. Wenn sie ihn beherrschen, können sie selber zum neuen Futterplatz fliegen und Futter sammeln. Diese Sprache gibt keine Information über den inneren Zustand der Biene weiter. Es werden Informationen über die Umwelt, die das Überleben des ganzen Bienenstockes ermöglichen, ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 55 an andere Bienen weitergegeben. Allerdings ist die Informationsweitergabe nicht an eine einzelne Biene oder an eine Gruppe von Bienen gebunden. Alle Bienen, die in der Nähe der Biene mit der neuen Information sind, erfahren die neue Information. Das heißt, die Sprache der Bienen ist nicht interpersonell und stereotyp. Natürlich stellte sich die Frage ob nicht auch Affen zu einer menschenähnlichen Kommunikation fähig sind. Das Psychologenehepaar William und Lorna Kellogg versuchten die Schimpansin „Gua“ mit den eigenen Kindern aufzuziehen (für diese Experimente werden ausschließlich weibliche Tiere untersucht, denn sie sind nicht so aggressiv, wie die männlichen Tiere). Sie hofften, daß dadurch die Schimpansin das Sprechen lernen und somit zu einer „menschlichen“ Kommunikation fähig wäre. Aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Bei Schimpansen ist der Stimmapparat für das Sprechen nicht geeignet. Der Kehlkopf liegt sehr weit oben. Dadurch ist es nicht möglich, Vokale verschiedenster Tonalität zu erzeugen. Die Tiere sind zwar in der Lage Geräusche von sich zu geben, aber die Modulation ist stark eingeschränkt. Allerdings bietet ein höhergelegener Kehlkopf die Möglichkeit, gleichzeitig zu essen und zu atmen. Um das Problem mit der Stimme zu umgehen, versuchte das Psychologenehepaar Allen und Beatrice Gardner der Schimpansin „Washoe“ die amerikanische Zeichensprache für taube Menschen beizubringen. Mit Zeichen-Sprache war es möglich, daß ein 4 Jahre alter Affe 160 Wörter erlernte (4-jähriges Kind 3000 Wörter). Der Schimpanse konnte Wörter in eine sinnvolle Reihenfolge stellen, verneinen, Gleichsetzungen und Unterscheidungen durchführen, beherrschte wenn-dann Sätze und konnte Fragen stellen. Das war ein unheimlicher Erfolg. Endlich war es gelungen mit einer anderen Spezies Kontakt aufzunehmen. Die vorgezeigten Erfolge waren aber bei näherer Betrachtung nicht ganz so beeindruckend. Wenn eine andere Person versuchte mit der Schimpansin zu kommunizieren, waren die korrekten Antworten zufallsverteilt. Es zeigte sich, daß die Tiere sehr genau auf die Mimik und Gestik des Gegenübers achteten und danach ihre Reaktionen ausrichteten. Die Tiere lernten eine Reiz-Reaktion, aber keinen kreativen Sprachgebrauch. Wenn die richtigen Symbole oder Umweltreize auftauchten, dann reagierte das Tier in der vorher trainierten Weise. Es scheint so zu sein, daß die „Sprachverarbeitung“ bei Menschenaffen in einem anderen Teil des Gehirn stattfindet, als beim Menschen. Bei den Affen dürften die ReizReaktions-Ketten im präfrontalen Cortex gespeichert sein, während beim Menschen ein Sprachareal zwischen den Hinterhauptslappen und dem Schläfenlappen angesiedelt ist. Zukünftige Untersuchungen (möglicherweise mit einem FMRI) werden Klarheit schaffen. Wenn man das „Sprachverständnis“ von Menschenaffen und Menschenkindern vergleicht, dann ergeben sich interessante Ergebnisse. Bonobos können bis zum zweiten Lebensjahr gleich viel Lernen, wie ein Menschenkind. Allerdings tritt bei den Bonobos ab dem zweiten Lebensjahr eine Stagnation des Sprach-Lernprozesses auf. Aber gerade bei Menschenkindern kommt es ab diesem Alter zu einem explosionsartigem Lernen von Begriffen und grammatikalischen Zusammenhängen. Kinder beginnen mit dem 6. Monat zum Plappern. Dieses Plappern ist wichtig, denn durch das aktive Zuhören der Gespräche der Bezugspersonen, lernen die Kinder die Silben, aus denen die zukünftige Muttersprache zusammengesetzt ist. Durch das Plappern wird versucht diese Silben zu reproduzieren. Nach einem Jahr entwickelt sich eine Ein-Wort-Sprache. Das Kind ist in der Lage, Personen oder Gegenstände die in das Blickfeld geraten, zu benennen, beziehungsweise einfache innere Zustände auszudrücken (Hunger, Angst). Die inneren Zustände werden in diesem Alter aber vor allem auch durch Mimik und Gestik kommuniziert. Es bildet sich nach ungefähr dem 2. Lebensjahr eine Zwei-Wort-Sprache. Meist wird ein Hauptwort und ein Verb kombiniert. Mit dem 3. Lebensjahr wird die Sprache verfeinert, das heißt die Grammatik ist in den Grundzügen vorhanden, es wird aber immer noch eine ZweiWort-Sprache verwendet. Ab dem 3. Lebensjahr kommt es zu einem extremen Wissenserwerb über die Muttersprache, vor allem über die Begriffe über die die Welt definiert wird. Diese Periode hält ungefähr bis zu 14. Lebensjahr an. Im Prinzip ist dann die ____________________________________________________________________________________________ 56 Brain Modelling Sprachentwicklung abgeschlossen. Nach dieser Periode kann Sprache nur mehr explizit und nicht mehr intuitiv erlernt werden, was mit großem Aufwand verbunden ist. Man darf nicht vergessen, daß ein durchschnittlicher Amerikaner rund 40 000 Wörter (oder besser Wortfamilien) kennt. Die meisten dieser Worte wurden bis zum 14. Lebensjahr erlernt. Das bedeutet, dass rund 10 Wörter pro Tag vom 3. bis zum 14. Lebensjahr gelernt werden müssen. Dieses Lernen ist nicht explizit. Die Kinder eignen sich selbstständig (fast) ohne Aufsicht Begriffe und deren Bezeichnungen an. Jeder der einmal eine Fremdsprache gelernt hat, weiß wie schwierig es ist, über einen längeren Zeitraum regelmäßig 10 Wörter pro Tag dauerhaft zu lernen. Es gibt einige interessante Experimente zu diesem Lernverhalten. In einem Kindergarten wurden 3 Tabletts mit den Farben blau, kupferfarben und olivefarben aufgestellt. Die Farbbegriffe kupferfarben und olivefarben waren den Kindern nicht bekannt. Nun bat eine Kindergartentante ein Kind darum, das blaue Tablett zu holen. Das Kind folgte und holte das richtige Tablett – die Farbe war bekannt. Danach bat die Tante das Kind das kupferfarbene Tablett zu holen. Das Kind betrachtete beide Tabletts, kam zur Kindergartentante zurück und teilte ihr mit, dass es nicht weiß welches von beiden das kupferfarbene sei. Die Tante ging mit dem Kind zu den Tabletts und zeigte mit dem Finger auf das richtige Tablett. Am nächsten Tag fragte die Tante nach dem olivefarbenen Tablett – diese Farbe wurde bis dahin nicht erwähnt. Das Kind nahm das richtige Tablett und brachte es der Betreuerin. Ab diesem Zeitpunkt konnte das Kind den Farbbegriff olivenfarben aktiv verwenden, ohne das jemals ein Erwachsener den Begriff erklärte oder über das Zeigen eines olivefarbenen Gegenstandes definierte. Dies zeigt, wie einfach Kinder in der Lage sind, neue Begriffe selbstständig ohne Aufsicht zu lernen. Es gibt dann eine Phase in der es zu einer Kategorisierung von Begriffen kommt. Diese Phasen erreichen Tiere nicht, zumindest gibt es bis jetzt keine Experimente die dies belegen. Es werden Oberbegriffe geschaffen, um die Welt leichter strukturieren zu können. Es handelt sich um eine Abstrahierung der Welt. Dabei gibt es aber eine kurze Phase in der Sprachentwicklung, bei der es zu Problemen mit der Kategorisierung kommt. Bei der Überbezeichnung werden zum Beispiel alle roten und runden Gegenstände als Apfel bezeichnet. Eine Tomate, rot und rund, ist damit auch ein Apfel, für ein Kind. Bei der Untergeneralisierung werden Apfel unterschiedlicher Farbe nicht zu einer Kategorie zusammengefasst. Ein grüner Apfel ist kein Apfel, da er grün und nicht rot ist. Erst durch ein aktives Verwenden der Begriffe und der Erfahrung mit der Umwelt kommt es zu einem differenzierterem Verwenden von Begriffen. Erst durch die Erfahrung von anderen Eigenschaften, zum Beispiel der Oberfläche einer Frucht, beziehungsweise deren Farbverteilung (bei der Tomate extrem glatt und gleichmäßig rot, beim Apfel glatt und unregelmäßig rot) kann eine korrekte Abstrahierung durchgeführt werden. Es gibt einige Definitionen in der Sprachwissenschaft, die für das Verständnis wichtig sind: Phoneme: Sie stellen das phonetische Alphabet dar. Wenn wir ein Wort aussprechen, dann setzt sich dieses Wort aus einzelnen Phonemen zusammen, genauso wie ein geschriebenes Wort aus Buchstaben. Die Lautschrift, die zusammengesetzte Phoneme, ist wohl jedem bekannt, der schon jemals eine Fremdsprache gelernt hat. Genauso wie es beim Alphabet Unterschiede zwischen verschiedenen Sprachen gibt, gibt es dies auch bei der Lautschrift. So kann die Phonemanzahl von Sprache zu Sprache ziemlich variieren. Syntax: Über den Syntax wird die zulässige Kombination von Wörtern zu Sätzen bestimmt. Lexikon: Im Lexikon sind alle Wörter einer Sprache, die bekannt sind, gesammelt. Eigentlich sind damit Wortfamilien gemeint. Theoretisch liefert die Einzahl oder die Mehrzahl von einem Gegenstand zwei unterschiedliche Wörter – und sei es, daß sich nur die Endigung ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 57 unterscheidet. Genauso liefert jede Deklination und Konjugation unterschiedliche Wörter. So werden diese Wörter zu einer Wortfamilie zusammengefasst. Semantik: Über die Semantik ist die Bedeutung aller lexikalischen Einheiten und aller Sätze definiert. Jedes Wort hat eine eindeutige Position im semantischen Raum (siehe unten). Die Sprache des Menschen erlaubt es nicht nur, einfach die Umwelt zu beschreiben, oder eigene innere Zustände zu beschreiben, sie erlaubt auch eine differenziertere Beschreibung von Zusammenhängen. Durch die Abstrahierung ist es möglich, Begriffe zusammenzufassen und Oberbegriffe zu schaffen. Dadurch wird die Kommunikation vereinfacht aber auch verkompliziert. Betrachten wird den Beginn einer Geschichte: „Meinen letzten Urlaub verbrachte ich in Podersdorf am Neusiedlersee. Jeden Tag mussten wir die Straße vom Campingplatz in die Ortschaft gehen um . . .“. Der Begriff >>Straße<< würde wohl niemanden auffallen, oder jemand zum Denken anregen. Aber meinen wir alle das selbe ? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass alle Personen die Straße von Podersdorf kennen. Manche werden es für eine Bundesstraße, andere für eine kleinen Weg und wieder andere für eine Landstraße halten. Jeder von uns hat zu dieser Straße ein Vorurteil (zumindest jeder der diese Straße nicht kennt !). Aber in einem stimmen alle überein: ein langgezogener Bereich, der eben ist und der der Fortbewegung von Menschen und Maschinen dient. In jedem Menschen bildet sich zwangsläufig ein Bild im Kopf über diese Straße. Dies lässt sich nicht verhindern – dieser Effekt ist eine integraler Bestandteil unseres Denkens, der Informationsverarbeitung im Gehirn (siehe Informationsverarbeitung im Gehirn). Leider kann dies auch zu Problemen führen, vor allem wenn die (sprachliche) Information nicht vollständig oder unter falschen Annahmen übermittelt wurde. Wenn man von Sprache und Kommunikation spricht, dann meint man meist die verbale Kommunikation über die Stimmbänder, den Kehlkopf bis hin zum Ohr. Es zeigte sich aber, daß die Sprache unabhängig davon ist. Man entdeckte, daß Zwillinge, die taub auf die Welt kamen, nach einiger Zeit (in der sensiblen Phase des Spracherwerbs) eine eigene Sprache über Handzeichen entwickelten. Die Art der Kommunikation und die Wahl der Sprache ist nicht festgelegt, aber es wird sich „etwas“ entwickeln, das zur Kommunikation dient. Wenn allerdings Kinder ohne sozialen Kontakt aufwachsen, das heißt, ohne sprachliche Stimulation, sei es verbal oder nonverbal, dann kann keine Sprache entstehen. Es gibt kein gegenüber, mit dem man kommunizieren könnte. Die Bereichte über Wolfskinder zeigten dies in dramatischer Weise. Kinder die in frühen Jahren in der Wildnis ausgesetzt wurden, kommunizierten zum Beispiel mit Wölfen. So konnten sie gemeinsam mit ihnen jagen. Sobald sie aber von Menschen entdeckt wurden, und man versuchte sie in die menschliche Gesellschaft zu integrieren, gab es Problem. Diese Kinder konnten meist nicht mehr die „normale“ Sprache erlernen. Meist gelang es nur, den Jugendlichen ein paar Wörter beizubringen, aber zu einem komplexen Sprachgebrauch kam es nie. ____________________________________________________________________________________________ 58 Brain Modelling In den Neurowissenschaften konnte Paul Broca interessante Beiträge zur Sprachverarbeitung liefern. So untersuchte er einige Patienten und stellte bei ihnen spezifische Sprachdefizite fest. Durch eine Obduktion nach deren Tod konnte er feststellen, dass eine Region des Gehirns bei diesen Patienten zerstört war. Dieses Gebiet wurde später ihm zu Ehren als Broca-Areal bezeichnet. Da Broca nur männliche Probanden zur Verfügung standen und sich das spezielle Areal bei ihnen in der linken Hemisphäre befand, vermutete er, dass ausschließlich die linke Hemisphäre zur Sprachverarbeitung verantwortlich sei. Erst später zeigt sich, daß es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. So ist bei den Damen das Areal für die Sprache auf beide Hemisphären verteilt. Dies ist auch der Grund, warum der Balken, weibliches Gehirn männliches Gehirn die Hauptverbindung zwischen den Hirnhälften, bei Frauen stärker ausgeprägt ist. Die Areale sind stark miteinander verknüpft. Sollte eines beschädigt werden, so kann das andere einen wesentlichen Teil der Aufgabe der Kommunikation übernehmen. Die Zahl der für die Sprachverarbeitung zugewiesenen Neuronen scheint aber gleich groß zu sein. Daraus folgt, daß die Abbildung. 5.1: Zwei FMRI-Aufnahmen, mit aktiven Sprachkompetenz bei den Spracharealen. Der Unterschied zwischen weiblichem und Geschlechtern wahrscheinlich gleich männlichem Gehirn ist leicht zu erkennen. gut oder schlecht vorhanden ist. Aus all dem bisher gesagtem, ergeben sich zwei wesentliche Feststellungen: I Die kognitive Verarbeitung von Sprache findet (beim Mann) in der linken Hemisphäre statt und ist unabhängig von den neuralen Verschaltungen, die für die beim Sprechen aktiven sensorischen und motorischen Funktionen verantwortlich sind. II Sprechen und Hören sind keine notwendigen Bedingungen für die Entwicklung von Sprachfähigkeit. Die Patienten von Broca waren vor allem in der Sprachproduktion schwer gestört. Die Patienten blieben einfach stumm, oder es wurden schleppend einfache Wortkombinationen gesprochen. So wird zum Beispiel der Satz „Ich sah einige graue Katzen.“ zu folgendem Konstrukt „Sehen graue Katze.“ für einen Patienten mit einer Schädigung des Broca-Areals. Der Patient ist sich im allgemeinen seiner Störung bewusst, und sein Sprachverständnis ist im allgemeinen gut erhalten. Die Patienten verstehen zwar die Sprache, sind aber nicht in der Lage eine Antwort, sei es verbal oder handschriftlich, zu kommunizieren. Der Neurowissenschafter Wernicke entdeckte, daß es noch eine weitere große Gruppe von Patienten gibt, die starke Gemeinsamkeit von Störungen in der Sprachverarbeitung aufweisen. Diese Patienten hatten ein schweres Verständnisdefizit. Sie sind in der Regel nicht in der Lage, das richtige Wort zu finden. Meist wird ein unpassendes verwendet, oder es werden neue Phantasiewörter gebildet. Sie scheitern daran, Gedanken durch die Sprache zu übermitteln. Auch das Lesen und Schreiben ist stark beeinträchtigt. So antwortet ein Patient, der an dieser Störung leidet, auf die Frage „Wo lebst Du denn ?“ folgendermaßen: „Ich kam dorther vor hier und ging dorthin zurück.“. Die Patienten sind sich normalerweise nicht über ihr Problem bewusst. Wernicke konnte zeigen, dass es im Gehirn ein weiteres Areal gibt, dass für die Sprachverarbeitung verantwortlich ist. ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 59 Fasciculus arcuatus Broca-Areal Wernicke-Areal Abbildung 5.2: Das Broca- und das Wernicke-Areal auf der Großhirnrinde, verbunden durch einen Faserstrang, den fasciculus arcuatus. Nach Brodmanns Unterteilung gilt: Area 4 ist der primäre motorische Cortex, Area 41 der primäre auditorische Cortex, Area 22 ist das Wernicke-Areal und Area 45 das Broca-Areal. Wie man leicht in Abbildung 5.2 erkennen kann, liegen die beiden Areale in der Nähe der jeweiligen wichtigen Gehirnareale. Das Wernicke-Areal liegt im Zentrum der sensorischen übergeordneten Areale. So erhält es Signale aus dem übergeordneten visuellem oder übergeordnetem auditivem Areal. Zudem steht es in Kontakt, zum PTO-Areal. Deshalb wird es auch als das sensorische Sprachareal bezeichnet. Wenn dieses Areal ausfällt oder beschädigt wird, dann kommt es zu schweren Verständnisdefiziten. Möglicherweise können sich die Patienten auch die Wörter nicht mehr vorstellen. Aktuelle Untersuchungen werden mehr Informationen liefern. Das Broca-Areal ist für die motorische Sprachproduktion essentiell. Es liegt in der Nähe der motorischen Areale der Großhirnrinde. Sollte dieses Areal zerstört sein, so ist eine Artikulation oder auch eine handschriftliche Kommunikation nicht mehr möglich. Bei einer teilweisen Beschädigung kommt es zu schweren grammatikalischen Fehlern. Über eine starke Verbindung sind beide Areale miteinander verbunden. Das Wernicke-Geschwind Modell links rechts fasst diese Ergebnisse zusammen. Dieses Modell ist zwar nicht mehr das aktuellste, aber praktisch alle Fasciculus Broca-Areal Modelle der Sprachverarbeitung arcuatus basieren auf ihm. In Abbildung primärer 5.3 kann man gut den Verlauf des motorischer Signals eines gelesenen Wortes Cortex erkennen. Zuerst gelangt über die Retina die Information zum Thalamus. Dort kommt es zur Wernicke-Areal Thalamus ersten Vorverarbeitung. Danach gelangt das Signal in den primären visuellen und parietal-temporalunmittelbar folgend in den okzipitaler übergeordneten visuellen Cortex. Assoziationscortex Nun gibt es zwei Möglichkeiten. sekundärer visueller Cortex primäres visuelles Areal Wenn das Wort Buchstabe für Buchstabe vorgelesen wird, die Abbildung 5.3: Der Verlauf der Signale eines gelesenen Wortes semantische Bedeutung ist dabei über das Wernicke-Areal und Broca-Areal bis zur Aussprache. ohne Relevanz, gelangen die Die Abbildung zeigt einen Gehirnquerschnitt mit allen beteiligten Signale direkt in das Broca-Areal. Arealen. Wird das Wort aber semantisch verarbeitet, so gelangt es zuerst in das Wernicke-Areal. Das heißt das Wort wird gelesen, dann die Bedeutung verarbeitet (verstanden) und dann erst ____________________________________________________________________________________________ 60 Brain Modelling ausgesprochen. Diese Aussprache ist natürlich viel flüssiger, als im vorigen Fall. Das Wernicke-Geschwind-Modell macht eine Vorhersage, wenn die Verbindung zwischen dem Wernicke- und dem Broca-Areal gestört ist. Diese sogenannte Leitungsaphasie führt zu einer nicht flüssigen Sprachproduktion, korrekte Ausdrücke werden durch unpassende ersetzt. Das Bezeichnen von Dingen oder Personen ist stark gestört, aber das Verständnis für Geschriebenes oder Gehörtes ist als normal zu bezeichnen. Sprechen Schreiben motorischer Output motorische Programmierung Codierung der Artikulation bei Broca-Aphasie geschädigt semantische Assoziation bei WernickeAphasie geschädigt phonologische Codierung visuelle Codierung frühe auditorische Verarbeitung frühe visuelle Verarbeitung Sprache hören Schrift lesen Abbildung 5.4: Das Struktogramm eines leicht erweiterten Wernicke-Geschwind-Modells. Die Erweiterung besteht in einem zusätzlichen Areal für die semantische Assoziation. Über diese semantischen Assoziationen kann die Information besser kategorisiert werden. Mit dem Modell aus Abbildung 5.4 können auch noch andere Störungen, die bei der Sprachverarbeitung auftreten können, erklärt werden. So versteht man unter einer Alexie den Verlust der Lesefähigkeit. Sie tritt dann auf, wenn das Areal für die visuelle Codierung gestört ist. Die Buchstaben beginnen zu verschwimmen und damit kann man die Buchstaben gar nicht lesen. Es handelt sich dabei um eine Wortblindheit. Trotzdem kann auditive Sprache korrekt verarbeitet werden. Bei der Agraphie ist der Patient nicht in der Lage, Informationen aufzuschreiben. Es scheint, dass die Verbindung zwischen dem Broca-Areal und dem motorische Areal für die Handbewegung gestört ist. Selten kommt es zu einem gemeinsamen Auftreten von Alexie und Agraphie, trotzdem können die Patienten sprechen und hören. ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 61 motorische Rinde Fasciculus arcuatus Broca-Areal Wernicke-Areal primäres Hörzentrum Abbildung 5.5: Darstellung der Signalweiterleitung auf der Oberfläche des Gehirns, wenn ein Wort gehört wird und unmittelbar danach ausgesprochen wird. motorische Rinde Fasciculus arcuatus Lesezentrum Broca-Areal Wernicke-Areal primäres visuelles Areal Abbildung 5.6: Darstellung der Signalweiterleitung auf der Oberfläche eines Gehirns, wenn ein Wort gelesen wird und unmittelbar danach ausgesprochen wird. Für das Lesen gibt es ein eigenes Areal, das Lesezentrum. Aufgrund der Erkenntnisse, die in den Abbildungen 5.5 bis 5.7 dargestellt sind, ergibt sich für das Lesen ein etwas komplexerer Sachverhalt. Es gibt ein eigenes Areal, das ausschließlich für die Wortbedeutung zuständig ist. Dieses Areal kann aber auch durch das Hören aktiviert werden. Wenn man ein Wort hört, dann entsteht in unserem Kopf das Bild von dem Wort, oder es erscheint die Buchstabenfolge oder auch die phonetische Codierung. Sehen von Wörtern Hören von Wörtern Generieren von Wörtern Sprechen von Wörtern Abbildung 5.7: FMRI-Aufnahmen während verschiedener Sprachverarbeitungsprozesse. ____________________________________________________________________________________________ 62 Brain Modelling Da das Lesen etwas komplexer ist, ergeben sich auch ganz spezielle Störungen. So hatte 1877 Kussmaul die Wortblindheit als eine lebenslang andauernde Leseunfähigkeit diagnostiziert. Der Neurowissenschafter Berlin prägte den Begriff „Dyslexie“, die eine allgemeine Leseunfähigkeit oder Leseschwäche beschreibt. Man unterscheidet zwei Arten von Dyslexien: • Entwicklungsbedingte Dyslexien: Für die Lesefähigkeit wichtige Gehirnteile sind nicht vorhanden oder anormal entwickelt. • Erworbene Dyslexie: Es tritt eine Hirnschädigung auf, nachdem der Patient lesen gelernt hatte, wodurch ein weiteres Lesen behindert wird. Der Neurowissenschafter T. Orton bemerkte, dass Linkshänder überproportional oft beim Lesenlernen Buchstaben und Worte vertauschen. Seiner Meinung war die nicht-dominante Hemisphäre für die Dyslexie verantwortlich, denn sie enthalte ein umgekehrtes Bild der Dinge aus der Realität. Durch ein geeignetes Lernen könne die ursprüngliche Dominanz der dominanten Hemisphäre wieder hergestellt werden. Das Vertauschen von Symbolen wird als Strephosymbolie bezeichnet. Folgende zwei Beispiele sollen dieses Syndrom verdeutlichen: b d nie ein Ähnliche Symbole wurden verwechselt oder in der falschen Reihenfolge geschrieben. Es zeigte sich erst später, daß praktisch alle Kinder während dem Leseerwerb mit Wörtern und Buchstaben spielen. Damit ist auch das absichtliche Vertauschen von Buchstaben oder das spiegelbildliche Schreiben gemeint. Beim Lesen müssen Buchstaben identifiziert werden. Zudem müssen Buchstaben in Laute umgewandelt werden – phonologische Fähigkeit. Um dem Wort eine Bedeutung geben zu können bedarf es einer semantischen Fähigkeit. So gibt es zwei Arten Wörter zu lesen. Das graphemische Lesen entspricht einem lexikalischem Lesen. Das Wort wird als ganzes, als Symbol, wahrgenommen und direkt phonologisch codiert. Diese Leseart gilt vor allem für Wörter, die anders ausgesprochen werden, als sie geschrieben werden. Beim phonologischem Lesen werden Regeln verwendet, um Buchstabenkombinationen in Phoneme umzuwandeln. Diese Regeln führen zur richtigen Aussprache. Deshalb ist es möglich, Wörter die man nicht kennt, korrekt auszusprechen. So gibt es im Deutschen die Regel Wörter mit „-tion“ als [tßion] auszusprechen. Bei Kindern stellt man fest, dass sie zuerst Buchstabe für Buchstabe lesen und sie direkt phonologisch umwandeln. Zuerst kommt es bei Kindern zum phonologischen Lesen und erst später zum graphischen Lesen. Das heißt, ab dem 6.-10. Lebensjahr beginnen die Kinder die Wörter als ganzes wahrzunehmen, und es wird auf das lexikalische Wissen, wo auch die phonetische Codierung gespeichert ist, zurückgegriffen. Wenn Erwachsene lesen, so verwenden sie meist das graphemische Lesen. Dies erklärt auch die Probleme beim Korrekturlesen. Die Wörter werden als Ganzes wahrgenommen, und nicht Buchstabe für Buchstabe. Da man die Wörter, ohne sie exakt lesen zu müssen, leicht erkennen kann, werden falsche Buchstaben nicht oder nur selten erkannt. Theoretisch müsste man bei Kindern 2 Gruppen von Lesestörungen finden. Zum einen Kinder, die die phonologische Methode nicht beherrscht. Das sind Kinder, die schon in der frühen Lesephase Probleme haben. Zum anderen gibt es Kinder bei denen die Probleme erst später auftreten, wenn das graphemische Lesen aufgebaut wird. Tatsächlich hat man diese Differenzierung gefunden. ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 63 Wenn es bei der einen Gruppe von Kindern Probleme mit der phonologischen Methode gibt, so müsste man die Problem schon früher, vor dem Lesebeginn, bemerken. So sprach man den Kindern mehrere Wörter vor, und sie sollten das Wort auswählen, das kein Phonem gemeinsam mit den anderen Wörtern hat: • • • hill, pig, cot, pot, bun, pin, pin hat gun ⇒ hill ⇒ hat ⇒ pin Tatsächlich zeigte sich, dass Kinder die Probleme bei dieser Aufgabe hatten, später Problem mit dem Lesenlernen hatten. Man konnte sogar zeigen, daß schon früher Probleme mit der phonologischen Codierung auftreten, die später zu Leseproblemen führen. Wenn man zwei Töne rasch genug hintereinander präsentiert, dann können sie nicht als getrennt wahrgenommen werden. Normalerweise werden zwei Töne, die näher als 10 - 40 ms zusammenliegen, nicht mehr korrekt als zwei unterschiedliche Töne wahrgenommen. Bei Kindern mit zukünftigen Lesestörungen und Erwachsene mit vorhandenen Lesestörungen werden zwei Töne erst bei rund 350 ms Zeitunterschied als getrennte Töne wahrgenommen. Interessanterweise haben Personen, die zwei aufeinanderfolgende Töne nicht gut unterscheiden können, auch Probleme bei aufeinanderfolgenden Lichtblitzen. phonologisches System visuelle Prozesse "YACHT" YACHT Sprechen visuelles Wortform-System semantisches System Abbildung 5.8: Die phonologische und die semantische Routen liegen parallel. Sie werden unterschiedlich, je nach Wort und Alter des Lesers verwendet. Es gibt aber noch weitere Arten von Lesestörungen. So kann man nach dem Schema aus Abbildung 5.9 erworbene Dyslexien leicht analysieren. ____________________________________________________________________________________________ 64 Brain Modelling Fällt es schwer einen Buchstaben, wenn er neben einem irrelevantem Buchstaben steht, korrekt zu benennen ? JA NEIN Aufmerksamkeitsbezogene Dyslexie Wenn Wörter falsch gelesen werden, beziehen sich die Fehler auf eine Worthälfte ? NEIN JA Werden Wörter häufig Buchstabe für Buchstabe gelesen ? Neglectdyslexie, Positionsdyslexie JA NEIN Buchstabenweises Lesen Werden beim lauten Lesen semantische Fehler gemacht ? NEIN JA Ist lautes Lesen von Nicht-Wörtern (fast) unmöglich ? Tiefendyslexie JA NEIN Phonologische Dyslexie Werden regulär ausgesprochene Wörter besser laut gelesen als Ausnahmen ? JA Oberflächendyslexie Abbildung 5.9: Alle möglichen Lesestörungen, und deren Abhängigkeiten. Ein Modell von Hinten et al. konnte dieses Modell mit einem technischen Netzwerk nachbilden. Es beschreibt vor allem zwei spezielle Dyslexien: die Oberflächendyslexie und die Tiefendyslexie. ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 65 Bei der Oberflächendyslexie lesen Patienten Wörter falsch, die ungewöhnlich ausgesprochen werden. Die phonologische Bahn ist in Ordnung. Ein Beispiel wäre das Wort „yacht“, das im Englischen nicht als >> yatched << oder ähnlich ausgesprochen wird, sondern als ausgesprochen wird. Bei der Tiefendyslexie wählen die Patienten ein anderes aber semantisch gleiches Wort, anstelle des gelesenen. Zum Beispiel wird, wenn das Wort „yacht“ gelesen wird, das Wort „boat“ oder „ship“ ausgesprochen. Es handelt sich um ein anderes Wort, aber mit einer ähnlichen Bedeutung. Um das Modell zu verstehen, ist es wichtig einen semantischen Raum aufzuspannen. Ein semantischer Raum ist durch verschiedene Eigenschaften, bzw. durch verschiedene Bedeutungen, definiert. Nehmen wir als Beispiel die drei Eigenschaften 4 Beine, gefährlich, groß. Diese drei Eigenschaften definieren den semantischen Raum, wobei natürlich der semantische Raum des Menschen um ein vielfaches größer ist. Man kann davon ausgehen, dass beim Menschen die Semantik von rund 10 000 Eigenschaften bestimmt wird. Bär Hai Wolf Schlange Wal gefährlich Elefant groß Maus 4 Beine Abbildung 5.10: Darstellung eines semantischen Raums, aufgespannt durch die drei Eigenschaften „4 Beine“, „gefährlich“, „groß“, können 6 Tiere beschrieben werden. Regenwurm Jedes Wort hat eine spezifische Bedeutung und stellt somit einen Punkt in dem semantischen Raum dar. Damit ergeben sich auch Nachbarschaften. Manche Wörter sind semantisch benachbart, das heißt ihr Abstand in diesem Raum ist gering, während Wörter die nur wenige gemeinsame Eigenschaften besitzen auch weiter voneinander entfernt sind. So versuchte der Neurowissenschafter Hinton, das phonologische und semantische Lesen mit einem technischen Netzwerk zu modellieren. Er schuf eine Verarbeitungsschicht, die die semantische und eine die die phonologischen Informationen verarbeitet. Diese Verarbeitungsschichten sind in Abbildung 5.11 dargestellt und als Semen- und PhonemKnoten bezeichnet. Durch die SemenKnoten wird ein semantischer Raum aufgespannt, genauso wie durch die Phonem-Knoten ein phonetischer Raum aufgespannt wird. Über die GraphemKnoten konnten Buchstaben „gelesen“ werden. Diese Information gelangte in eine Zwischenschicht, und von dort Abbildung 5.11: Darstellung des technischen neuronalen Netzwerkes nach Hinton, um Dyslexien zu erklären. ____________________________________________________________________________________________ 66 Brain Modelling gelangte die Information in den Semen-Knoten. Diese Schichten wurden als einfache technische neuronale Netzwerke programmiert, mit einfachen technischen Neuronen. Über den Algorithmus Back-Propagation wurden die Gewichte der einzelnen Neuronen festgelegt. Es zeigte sich aber, daß der Lernalgorithmus extrem lange benötigte, bis eine korrekte Zuordnung getroffen wurde. Bär Hai Wolf Schlange Wal gefährlich Elefant groß Maus Regenwurm 4 Beine Abbildung 5.12: Darstellung eines fast richtig erkannten Begriffes. Am besten passen die Eigenschaften zum Wolf. Das Wort konnte nur ungefähr einem Begriff zugeordnet werden. Wie in Abbildung 5.12 dargestellt, wurde ein Wort erkannt, das zu 90% mit 4 Beinen, zu 90% groß und zu 85% gefährlich ist. Natürlich liegt, die semantische Wortbedeutung sehr nahe bei dem Wolf, aber es gibt keine 100%ige Übereinstimmung. Wenn der Lernalgorithmus sehr lange lernt, dann ist eine 100%ige Übereinstimmung möglich. Der Neurowissenschafter Hinton löste das Problem auf eine andere Art. Er führte sogenannte Aufräumknoten ein. Diese Aufräumknoten stellen eine Art Iteration dar. Der Reiz, oder besser das Reizmuster, das im Semen-Knoten repräsentiert wird, wird über eine Schicht mit sich selbst rückgekoppelt. Das führt dazu, daß mit ein paar Rückkopplungen die Zuordnung des Wortes zur semantischen Bedeutung 100% korrekt durchgeführt wird. Damit konnte die Lernzeit des Algorithmus wesentlich verkürzt werden. Die Worte wurden zwar nicht mehr ganz in die gewünschte Nähe des semantischen Raumes abgebildet, aber durch den Aufräumknoten war dies nicht mehr notwendig. Diese spezielle Form der Iteration, beziehungsweise der Aufräumknoten, kann einfacher modelliert werden. Durch den Effekt der Synchronisation von „integrate-and-fire“Oszillatoren kommt es zwangsläufig zu einer korrekten Zuordnung. 4 Beine groß gefährlich 4 Beine groß gefährlich Abbildung 5.13: In der linken Darstellung ist eine korrekte Zuordnung von 9 Neuronen, zum Begriff „Wolf“ dargestellt. Die grau gefärbten Neuronen sind synchron aktiv. In der rechten Darstellung ist der Begriff „Wolf“ nur zu erahnen, das Muster ist ähnlich aber es stimmt nicht 100%ig. Durch die Synchronisation zwischen den Neuronen werden geometrische Muster generiert. Wenn ein Muster, aufgrund von mangelnden oder falschen Eingangsdaten, verrauscht ist, dann kann das Muster aufgrund des vorausgegangenen Lerneffekts, vervollständigt werden. Es wird das Muster, das am ähnlichsten ist generiert. Im Fall der Abbildung 5.13 würde das rechte Muster nach ein paar Iterationen sich durch die Synchronisation zum linken Muster wandeln. ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 67 mobil cot cat cot cat hart weich bed cot bed bed starr cat Verschiebung der Attraktoren im AufräumKnotenSemant cot bed Verschiebung der Grenzen im Semen-Knoten cat Bei einem Lesefehler wird falsch abgebildet Abbildung 5.14: Darstellung eines 2-dimensionalen semantischen Raums, mit den Begriffen „cat“-Katze, „cot“Feldbett und „bed“-Bett. Das Netzwerk von technischen Neuronen mit Aufräumknoten beziehungsweise aus biologischen Neuronen konvergiert zu einem stabilen Muster. Dieses stabile Muster stellt einen Fixpunkt dar. Semantisch ähnliche Eingangswerte werden auf den selben Fixpunkt hin abgebildet. Bei Veränderung der Gewichte des Aufräummechanismus verschieben sich die Grenzen der Einzugsgebiete für jedes einzelne Wort. Das heißt, wenn das Netz vorher zu einem bestimmten Wort gezogen wurde (Konvergenz), so bewegt es sich jetzt möglicherweise auf ein anderes, semantisch verwandtes Wort zu. Zum Beispiel: "yacht" => "boat" Dies erklärt die Tiefendyslexie. Bei fast allen Patienten, die semantische Fehler machen, kommt es auch noch zu visuellen Fehlern: Die ersten Schichten (Graphem- und Zwischenknoten) können relativ ungenau arbeiten, das heißt cat und cot führt zu einer sehr ähnlichen Zwischenausgabe. Durch den Aufräumknoten des semantischen Systems wird dann das eigentliche Wort herausgefiltert. Wenn das semantische System nicht funktioniert, kann der Filterprozess nicht arbeiten und das falsche Wort wird möglicherweise ausgewählt. Zum Beispiel: "cat" wird mit "cot" verwechselt. Viele Patienten haben auch Probleme beim Lesen von abstrakten Wörtern: Ein konkretes Wort hat meist mehrere semantische Eigenschaften als ein abstraktes Wort. Die Semantik kann die Worterkennung beträchtlich erleichtern. Wenn also das Netz vor dem Semen-Knoten beschädigt ist, hilft die Semantik bei der Worterkennung. Wenn es aber wenige semantische Zuordnungen zu einem Wort gibt, wie es bei abstrakten Worten der Fall ist, ist die Hilfe dementsprechend gering. Zum Beispiel: "post" (Pfosten, 16 semantische Eigenschaften) => "past" (Vergangenheit, 2 semantische Eigenschaften) ____________________________________________________________________________________________ 68 Brain Modelling Es wurde eine unvollständige Trennung der Zellschichten und Nester mit fehlplatzierten Neuronen in der Großhirnrinde, insbesonders im Lesezentrum, beobachtet. Da bei Männern die Verarbeitung der Entschlüsselung der phonologisch gelesenen Worte nur in der linken Hirnhemisphäre, im Unterschied zu Frauen (beidseitig), stattfindet, erklärt dies auch den erhöhten Anteil von männlichen Legasthenikern. 5.1 Der ELIZA-Effekt: Das Programm ELIZA wurde in den 60er Jahren von dem Computerwissenschaftler Josef Weizenbaum entwickelt, wobei das Ziel des Programmes war, einen Psychiater per Computer zu simulieren. Später gab es dann verbesserte Programmversionen (Doktor, Racter, usw.). Der ELIZA-Effekt besteht darin, aus einer Antwort eine neue Frage zu formulieren. Das ELIZA-Programm geht nach einem sehr einfachen Prinzip vor. Es kennt eine kleine Anzahl von Schlüsselwörtern, die in den meisten Gesprächen vorkommen (zum Beispiel das Wort "my"-"mein[e,er,es]"). Beim Wort "my" gibt es zwei mögliche Alternativen für das Antwortverhalten von ELIZA. In Verbindung mit dem Bezug auf ein Familienmitglied führt "my family" zu: "Erzähl mir mehr von deiner Familie.". Wenn sich der User auf etwas anderes als auf ein Familienmitglied bezieht, dann speichert Eliza die Wortfolge nach "mein" ab und vertauscht die Personal- und Possesivpronomina der ersten mit denen der zweiten Person. "Es stört mich, daß meine Haare immer weniger werden" würde im weiteren Verlauf der Diskussion zu: "Vorhin hast Du gesagt, daß deine Haare immer weniger werden.". Beispiel: User: "I like to swim" => Eliza: "Why do you like to swim ?" oder Eliza: "Do you really like to swim ?" Innerhalb eines Gespräches können zwei Arten von Fragen auftauchen: Fragen die mit ja / nein / vielleicht beantwortet werden können (⇒ Phrase). Fragen die mit wer / wo / was / wie / usw. beginnen und eine umfangreichere Antwort notwendig machen (⇒ Phrase mit Schlüsselwort). Weiteres gibt es eine Suche nach speziellen Schlüsselwörter ("you"). Dann kann das Programm mit einer Phrase antworten: Beispiel: User: "You appear in my dreams" => Eliza: "We are discussing you - not me" Eliza: "Oh, I appear in your dreams" Nach einer gewissen Zeit gibt das Programm irgendwelche Floskeln von sich, um das Thema zu wechseln oder einfach um dem User etwas auszuweichen. ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 69 ____________________________________________________________________________________________ 70 Brain Modelling Eliza: HI, I AM ELIZA TELL ME YOUR PROBLEM RACTER: > I HATE SCHOOL CHAMBERLAIN: Eliza: SAY, DO YOU HAVE ANY PSYCHOLOGICAL RACTER: PROBLEMS? CHAMBERLAIN: > I CAN'T GET NO SATISFACTION RACTER: Eliza: HOW DO YOU KNOW YOU CAN'T GET NO CHAMBERLAIN: SATISFACTION RACTER: > I JUST DON'T HAVE ANY CHAMBERLAIN: Eliza: WHAT DOES THAT SUGGEST TO YOU? RACTER: > I NEED GIRLS AND DRUGS AND ROCKN ROLL CHAMBERLAIN: Eliza: I SEE RACTER: > CAN YOU GIVE ME DRUGS? Eliza: DON'T YOU BELIEVE THAT I CAN GIVE DRUGS! > I LIKE YOU ELIZA Eliza: WE WERE DISCUSSING YOU -- NOT ME > BY THE WAY - MY NAME IS MIKE CHAMBERLAIN: Eliza: NAMES DON'T INTEREST ME RACTER: > DON'T YOU LIKE MY NAME? Eliza: OH, I LIKE YOUR NAME CHAMBERLAIN: > YOU LIE! RACTER: Eliza: YOU ARE NOT REALLY TALKING ABOUT ME, CHAMBERLAIN: ARE YOU? RACTER: > I AM Eliza: DID YOU COME TO ME BECAUSE YOU ARE > YOU MAKE ME SICK Eliza: WE WERE DISCUSSING YOU -- NOT ME > MAYBE I GET SATISFACTION SOON Eliza: YOU DON'T SEEM QUITE CERTAIN > YOU KNOW TO MUCH Eliza: OH, I KNOW TO MUCH > YES CHAMBERLAIN: Eliza: ARE YOU SURE? RACTER: > I HATE YOU! Eliza: I'M NOT SURE I UNDERSTAND YOU > SHUT UP! Eliza: COME COME ELUDICATE YOUR THOUGHTS > WHY DON'T YOU GIVE UP ASKING? Eliza: DO YOU REALLY BELIEVE I DON'T GIVE UP ASKING? > I HOPE SO CHAMBERLAIN: Eliza: CAN YOU ELABORATE ON THAT? RACTER: > YES Eliza: I SEE > WHY CAN'T I GET ANY ROCKN ROLL? Eliza: DO YOU THINK YOU.SHOULD BE ABLE TO GET ANY ROCKN ROLL? CHAMBERLAIN: > HAHAHA RACTER: Eliza: THAT IS QUITE INTERESTING > YOU ARE STUPID! Eliza: WHAT MAKES YOU THINK I AM STUPID? > YOU GIVE ALWAYS STUPID ANSWERS Eliza: YOU'RE NOT REALLY TALKING ABOUT ME, ARE YOU? > YOUR ANSWERS ARE ABSOLUTELY NONSENS Eliza: WHY NONSENS? > I AM BORN TO BE WILD Eliza: HOW LONG HAVE YOU BEEN BORN TO BE WILD? > SINCE I'VE BEEN BORN Eliza: SAY, SO YOU HAVE ANY PSYCHOLOGICAL PROBLEMS? > CAN'T YOU RECOGNIZE THAT? Eliza: WE WERE DISCUSSING YOU -- NOT ME > I AM NOT THE PSYCHIATRIST Eliza: DO YOU BELIEVE IT IS NORMAL TO BE NOT THE PSYCHIATRIST? > YOU WON! Eliza: OH, I WON > YES Eliza: I UNDERSTAND Haben wir uns schon einmal gesprochen? Nein. Bist du ein Mann oder eine Frau? Ein Mann. Wie heißt du mit vollem Namen? Bill Chamberlain. Was bist du von Beruf? Zeit-Reflektometrist. Woher kommst du? Aus New York. Aha. Ein Zeit-Reflektoinetrist bist du also. Hör zu, laß uns zusammen entschlossen losschreien: Ich liebe bezaubernde italienische Musik. Was für Musik magst du? Jazz. Jazz ist o.k. Und was hältst du von klassischer Musik? Die mag ich auch. Aus welchem Land? Ich liebe auch italienische Musik. Ich persönlich bin ganz begeistert von Palestrina. Neben Italien haben auch andere Länder im 17. Jahrhundert hin-reißende Komponisten hervorgebracht. Sewall, zum Beispiel, war ein blind-wütiger, wichtiger Renaissancemeister. Er kam aus Amerika. Seine Musik berei-tet mir großes Vergnügen. Welchen Komponisten magst du am liebsten? Telemann. Ah, Bach kannte Telemann. Ein deutscher Zeit-Reflektometrist aus dem 18. Jahrhundert liebte Salat. Einmal aß Bach mit Telemann zusammen Salat, und dieser barocke Zeit- Reflektometrist ver-langte auch nach Salat. Salat, mit Sprudel geschlürft. Bach trank leidenschaftlich gern Wein. Magst du auch Wein? Ja. Ich auch! Telemann liebte Wein. Er liebte auch Champagner. Telemann jo-delte einmal zu Bach: "Zu Flunder gehört Wein." Ist Wein in New York so beliebt, wie ihn Telemann im 18. Jahrhundert schätzte? Gewiß. Na ja, gut, in diesem Falle ... . Ich bin für Smith als Präsident. Für wen bist du? ___________________________________________________________________________________ Sprache und Verstehen 71 ____________________________________________________________________________________________ 72 Brain Modelling chr – chr -chr schnarch - schnarch Der Schlaf Beim Menschen ist Schlaf NICHT bloß eine fehlende Wachheit oder ein Ruhezustand des Gehirns. Bei vielen Tieren ist der Schlaf nur ein Ruhezustand, die elektrische Aktivierung ist vermindert. Beim Menschen ist der Schlaf eine spezielle Aktivität des Gehirns, wo komplizierte und präzis arbeitende Mechanismen ablaufen. Das Gehirn bleibt aktiv, es werden aber keine Sinnesreize verarbeitet. Das Gehirn steuert nicht nur den Schlaf, es ist auch Hauptnutznießer: Zu wenig Schlaf führt zu mangelnder Aufmerksamkeit und unkoordinierten Bewegungen. Das Lernen ist eingeschränkt. Bei weiterem Entzug entstehen Halluzinationen und der Unterschied zwischen Rationalem und Irrationalem kann nicht mehr festgestellt werden. Es kommt in weiterer Folge zum Wahnsinn. Durch die EEG-Ableitungen ist man in der Lage den Schlaf in verschiedene Stadien zu unterteilen. Wesentlich sind 2 Parameter: die Frequenz und die Amplitude der EEG-Wellen: Schlafstadien I II III IV Frequenz [Hz] 4-8 8-15 2-4 0.5-2 Amplitude [µV] 50-100 50-100 100-150 100-200 ___________________________________________________________________________________ Der Schlaf 73 Abb.6.1: Verschiedene Schlafstadien im EEG. Nach einem Dämmerzustand wird das Schlafstadium I erreicht. Danach wird dann über die Stadien II und III die Tiefschlafphase IV erreicht. Nach einiger Zeit beginnt der Körper wieder "aufzuwachen". Das heißt die Phasen III, II und I werden durchlaufen (Reihenfolge beachten). Das Individuum beginnt aber nicht aufzuwachen, sondern es setzt die REM-Phase (rapid eye movement) ein. Nach der REM-Phase werden wieder alle Schlafphasen durchlaufen bis die Tiefschlafphase erreicht wird und so weiter. I I II II III IV III REM t I II III IV Tiefschlafphase Schlaftiefe Abb. 6.2: Der Verlauf des Schlafes, bzw. der Tiefschlafphasen und der REM-Phase. ____________________________________________________________________________________________ 74 Brain Modelling Von Beginn einer REM-Phase über die Tiefschlafphase bis zu Beginn einer neuen REMPhase vergehen durchschnittlich 100 Minuten. Diese Zeit ändert sich während des Schlafes nicht. Im Laufe der Nacht ändern sich nur die relativen Anteile zwischen den REM und den non-REM-Phasen. Zu Beginn des Schlafes dauert eine REM-Phase zwischen 5 und 10 Minuten, am Ende kann die REM-Phase rund 20-50 Minuten dauern. Der Schlaf-Wachzustand des Gehirns wird von der Formatio Reticularis des Mittelhirns gesteuert. Im Wachzustand innerviert die Formatio Reticularis die spezifischen Thalamuskerne. Damit können sich keine Rückkopplungen zwischen dem betreffenden Cortexareal und dem Thalamus ausbilden. Im Schlaf feuert die Formatio Reticularis nicht. Die Impulse vom Thalamus zum Cortexareal und retour werden nicht gestört und es kann eine thalamo-cortico-thalmische Rückkopplung entstehen. Bei Katzen wurde festgestellt, daß eine Reizung von Thalamuskernen zu Schlaf-, eine Reizung der Formatio Reticularis zu einem Aufwach-Verhalten führt. Beim Menschen regulieren die Nervenzellen des Locus Coeruleus im Stammhirn den Wachzustand über die Ausschüttung von Noradrenalin in der ganzen Großhirnrinde. Im nonREM-Schlaf wird weniger Noradrenalin ausgeschüttet, in der REM-Phase ist dieser Kern praktisch nicht aktiv. Die REM- beziehungsweise die nonREM-Phasen werden über spezielle Zellen in der Formatio Reticularis der Brücke gesteuert. Über diese Zellen werden sehr viele Prozesse beim Schlaf gesteuert. Beim Einschlafen werden die sensorischen Neuronen, die über das Rückenmark ihre somatosensorischen Reize weiterleiten, gehemmt. Das führt zu einer verminderten Wahrnehmung über die Haut und die Muskelstellung. Etwas später werden alle sensorischen Systeme gehemmt, Abb. 6.3: Steuerung der thalamo-cortico-thalmischen das heißt diese Systeme können keine Rückkopplungsschleife durch die Formation reticularis. Information an den Thalamus weiterleiten. Es kommt zusätzlich zu einer motorischen Lähmung. Die Formatio Reticularis hemmt die Motoneuronen im Rückenmark. Das heißt, das Gehirn kann keine Bewegungen mehr ausführen. Da die Formatio Reticularis den Thalamus nicht mehr aktiviert, kommt es zu langsamen Wellen mit einer hohen Amplitude im EEG der Großhirnrinde. Wenn eine REM-Phase erreicht wird, dann entstehen PGO-Wellen (Pons - Geniculatum - Orbito-temporal-lateral Cortex). Diese Wellen nehmen ihren Ausgang in speziellen Zellen in der Brücke (pons). Diese Zellen aktivieren den Thalamus (geniculatum), was zu einer zufälligen Aktivierung der Großhirnrinde führt. Gleichzeitig wird auch die Großhirnrinde über diese Zellen direkt aktiviert. Man kann sagen, daß Gehirn wird mit zufälligen und scheinbar sinnlosen Inputs überschwemmt. Die PGO-Wellen dienen als eine interne Informationsquelle. ___________________________________________________________________________________ Der Schlaf 75 Die PGO-Zellen feuern wahllos in Zielgebiete des Hinterhauptslappen. Das führt dazu, dass die Gruppen von Neuronen in der Großhirnrinde, die tagsüber aktiv waren, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben sich zu synchronisieren. Daraus folgen unter anderem die Erinnerungen an das Tagesgeschehen. Gleichzeitig wird das basale Vorderhirn aktiviert. Über cholinerge Fasern wird der Hippocampus aktiviert. Das PGO-Zellen heißt, die Muster, die im Laufe des Tages im Hippocampus „eingespeichert“ wurden, werden nun aktiviert. Über die retrograden Verbindungen vom Hippocampus zum Hinterhauptslappen werden nun zusätzliche Muster in den Hinterhauptslappen eingespeist. basales Vorderhirn resultierende thalamo-cortico-thalmischen Rückkopplungsschleifen neue Verknüpfungen = "neue" Assoziationen PGO-Zellen In der Großhirnrinde sind viele Gebiete direkt aktiviert worden. Über die Aktivierung des Thalamus wurden zusätzlich andere Gebiete der Großhirnrinde aktiviert. Dies geschieht über die thalamo-corticothalmischen Rückkopplungsschleifen. Aufgrund der lokalen Hemmung in der Großhirnrinde verschwinden wieder viele dieser Synchronisationen (Gedanken). Nur die Gebiete die sich über eine Rückkopplung gegenseitig aktivieren, bleiben weiter aktiv. Diese Aktivität herrscht dann während der Tiefschlafphase vor. Non-REM: Der Cortex bekommt keinen Input, die Motoneuronen im Rückenmark sind gehemmt. REM: Der Cortex wird mit zufälligen Aktivierungen über die PGO-Zellen und den Aktivierungen der Muster aus dem Hippocampus überschwemmt. Es kommt zu lokalen Synchronisationen. Die Motoneuronen im Rückenmark sind stark gehemmt. Aufwachen: Die Verbindung zwischen den sensorische Systemen und dem Thalamus wird wieder hergestellt, das Rückenmark kann wieder motorische Aufgaben wahrnehmen. ____________________________________________________________________________________________ 76 Brain Modelling Nicht nur die neurale Aktivität ändert sich im Schlaf. Auch die chemische Modulation ist massiv verändert. Im Wachzustand ist das colinerge System (Acetylcholin) ungefähr so aktiv wie das aminerge System (Noradrenalin, Dopamin, Serotonin). Im non-REMSchlaf sinkt die Aktivität beider Systeme. Im REM-Schlaf sinkt die Aktivität des aminergen Systems praktisch auf Null, während das cholinerge System besonders aktiv (wie im Wachzustand) ist. Das cholinerge System wird mit der Lernfähigkeit in Zusammenhang gebracht. Konzentration [WE] 2 Cholinerger Spiegel 1 Aminerger Spiegel 0.1 Wachen Non-REMSchlaf REMSchlaf Im Traum ist die Urteilsfähigkeit und Einsicht stark herabgesetzt. Man träumt in allen Phasen des Schlafes. Allerdings ist das Erinnerungsvermögen im REM-Schlaf bedeutend besser, da das cholinerge System aktiv ist. In der REM-Phase erleben wir meist sehr bizarre Situationen und unsere Gefühle sind stark beteiligt. In der non-REM-Phase erinnern wir uns in 10% der Fälle in der Regel an einfache Bildfolgen und Handlungsstrukturen. Diese Bildfolgen und Handlungsstrukturen stehen in einem engen Zusammenhang zu dem Tagesgeschehen. Der Schlafwissenschaftler Hobson schlug ein Modell für verschiedene Bewußtseinsustände vor, indem er wesentliche Parameter, die den Schlafzustand beschreiben, verwendet: 1) Aktivierung: Entspricht der Impulsrate der Formatio Reticularis 2) Input: Gelangt der Input über die sensorischen Systeme oder über die PGO-Zellen in das Gehirn. 3) Modus: Welches der chemischen Systeme ist aktiv (aminerg, cholinerg) ? Zustandsraum Elektroschocktherapie Wachzustand Halluzination Non-REM-Schlaf Aktivierung Koma REM-Schlaf Abb. 6.4: Die Punkte auf einem Würfel repräsentieren verschiedene Bewusstseinszustände. Damit können verschiedene Zustände des Bewußtseins beschrieben werden. ___________________________________________________________________________________ Der Schlaf 77 ____________________________________________________________________________________________ 78 Brain Modelling Das Gedächtnis 7.0 Das Arbeitsgedächtnis Das Arbeitsgedächtnis ist ein Assoziationsgedächtnis, das multimodale Fakten aufnimmt und miteinander abgleicht. Des weiteren werden auch "Vorstellungen" von diesem System produziert. An folgende Aufgaben ist das Arbeitsgedächtnis zum Beispiel beteiligt: - Kopfrechnen mit Zwischensummen - Überlegungen beim Schach - Merken einer Telefonnummer für kurze Zeit Allgemein gesprochen, ist das Arbeitsgedächtnis für schlußfolgerndes Denken mit einem Zwischenspeicher verantwortlich. Das Arbeitsgedächtnis ist Teil des präfrontalen Cortex und liegt im vorderen Bereich des Stirnlappen. Dieser Teil ist verbunden mit allen sensorischen (mit Ausnahme des Geruchsystems), motorischen und limbischen Funktionseinheiten. Durch das Arbeitsgedächtnis werden viele cortico-cortico Bahnen gesteuert. Des weiteren gibt es eine ausgeprägte Verbindung zum Schläfenlappen. Diese Verbindung ist für den aktiven Abruf des Gedächtnisses essentiel. Eine Zerstörung des präfrontalen Cortex führt in leichter Form zu einem Antriebsmangel, was sich bis zur Apathie steigern kann. Bei Verletzungen sind normalerweise alte Erinnerungen nicht betroffen, sehr wohl aber die Schlußfolgerungen mangelhaft. Die ersten Experimente zum Stirnhirn wurden von Piaget durchgeführt. Er untersuchte ab welchem Alter (proportional zum Reifegrad des Stirnhirns) Kinder eine Aufgabe mit Zeitverzögerung lösen konnten. Es gibt zwei Schachteln. In eine der beiden wird vor den Augen des Kindes ein Spielzeug hineingegeben, die andere bleibt leer. Dann wird das Kind für einen kurzen Moment abgelenkt. Danach soll das Kind sagen (oder deuten) in welcher der beiden Schachteln das Spielzeug wohl sei. Bis zum achten Monat versagen die Kinder, es gibt nur eine Reflexantwort, während zu einem späteren Zeitpunkt in der Entwicklung die Antwort praktisch immer korrekt ist. Piagets Experimente wurden wesentlich verfeinert. Man trainierte einen Affen auf ein Kreuz in der Bildmitte eines Bildschirms zu starren. Irgendwo auf dem Bildschirm erscheint ein ___________________________________________________________________________________ Das Gedächtnis 79 Rechteck. Der Affe kann es zwar wahrnehmen, aber er darf nicht dorthinsehen. Danach verschwindet das Rechteck. Erst wenn das Kreuz in der Mitte des Bildschirms verschwindet, dann muß der Affe auf die ehemalige Position des Rechtecks sehen. Bei den Untersuchungen dieses Tests mit Zeitverzögerung konnte eine erhöhte Aktivität im Stirnhirn für die Dauer der Zeitspanne des Merkens festgestellt werden. Abb. 7.1: Darstellung der Augenbewegung auf einen Verzögerten Reiz und die damit verbundenen EEG-Kurven. Diese Experimente werden als "Test auf die Verhaltensreaktionen mit Zeitverzögerung" bezeichnet. Während der Phase der Entscheidung hat der Proband keine Anhaltspunkte. Er muß auf sein kurzfristiges Gedächtnis zurückgreifen. Damit sind wir in der Lage uns ein Objekt vorzustellen, auch wenn wir es gerade nicht wahrnehmen. Damit ist es dem Mensch möglich, abstrakte Konzeptbildungen vorzunehmen. Das Arbeitsgedächtnis dient der zentralen Steuerung von "bewußter" Aktivität, wo eine selektive Aufmersamkeit benötigt wird. ____________________________________________________________________________________________ 80 Brain Modelling 7.2 Das Gedächtnis Als Phänomen Gedächtnis bezeichnen wir die Fähigkeit Wissen zu Speichern und dieses Wissen wieder abzurufen. Dieser Effekt wird auch als Lernen bezeichnet. Lernen: Verknüpfen von zwei verschiedenen bekannten Reizen für eine längere Dauer. Das Lernen ist abhängig von verschiedenen Parametern: 1) Wiederholung: Wenn zwei Reize öfters gemeinsam präsentiert werden, dann können wir uns besser daran erinnern. 2) Bedeutsamkeit:Wenn etwas wichtig ist für uns, dann werden wir es leichter lernen 3) Codierung: Das Wissen muß in geeigneter Weise präsentiert werden. Zwei Versuchsgruppen mußten eine Wortliste lernen. Die eine Gruppe sollte zu den einzelnen Worten Assoziationen vornehmen, während die andere Gruppe sich mit der Geometrie der Buchstaben beschäftigen sollte. Die Gruppe mit den Assoziationen konnte sich später besser erinnern. Die Information muß in bisherige Erfahrungen eingebunden werden. Einer Gruppe von Schachspielern wurden verschiedene Konstellationen von Schachfiguren realer Partien gezeigt. Die Schachspieler konnten die Figuren fast perfekt an die richtigen Positionen stellen, während die NichtSchachspieler nur zwei bis drei Figuren an die richtige Stelle stellen konnten. Wenn auf dem Schachbrett die Figuren zufällig verteilt waren, konnte keine der Gruppen ein gutes Ergebnis liefern. 4) Kontext: Das Umfeld, in dem man die Reizverknüpfung gelernt hat, ist wichtig. In derselben Umgebung können die Versuchspersonen sich besser erinnern als in einer anderen Umgebung. 5) Emotion: Es gibt ein besseres Erinnern in einer traurigen Stimmung an negative Erfahrungen. Ebbinghaus stellte als erster Experimente zum Gedächtnis an. Er ließ Listen von sinnlosen Silben (NEX, LAZ, JEK, ZUP, RIF) auswendig lernen. Er untersuchte unter welchen Umständen man diese Liste leichter lernt beziehungsweise vergißt. Die Vergessenskurve gibt an wie stark wir etwas in Abhängigkeit der Zeit vergessen. Abb. 7.2: Darstellung der Vergessenskurve nach Ebbinghaus. ___________________________________________________________________________________ Das Gedächtnis 81 Gesetz von Ebbinghaus: Bei Anstieg der zu lernenden Menge steigt der Lernaufwand unverhältnismäßig an. Er stellte fest, daß es eine lineare Beziehung zwischen der Anzahl der Wiederholungen beim Erlernen der Liste und dem korrekten Abruf der Liste gibt. Auf gut Deutsch: Übung macht den Meister ! Ebbinghaus konnte auch nachweisen, daß es einen Unterschied zwischen dem Kurzzeitgedächtnis und dem Langzeitgedächtnis gibt. Der Begriff Kurzzeitgedächtnis wurde dann vielfach und äußerst unterschiedlich verwendet. Wir wollen nun die unterschiedlichen Gedächtnisarten nach der Verweildauer der Information klassifizieren: sensorisches Gedächtnis Arbeitsgedächtnis Kurzzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis Abb. 7.3: Verlauf der Einspeicherung in verschiedene Arten von Gedächtnissen. sensorisches Gedächtnis: Die Verarbeitungszeit ist die Zeit bis eine Synchronisation entsteht, beziehungsweise solange die Synchronisation im sensorischen Areal besteht (rund 1 Sekunde). Arbeitsgedächtnis: Im Arbeitsgedächtnis können rund 7±2 Einzelheiten für rund 15 Sekunden bis zu wenigen Minuten gespeichert werden (Zum Beispiel eine Telephonnummer). Es wird eine Rückkopplung zwischen dem (primären) sensorischen Cortexareal und dem präfrontalen Areal hergestellt. Eidetiker, Personen mit einem "photographischem Gedächtnis" besitzen ein Arbeitsgedächtnis mit einer relativ langen Dauer. Kurzzeitgedächtnis: Verschiedene Reizkombinationen werden über NMDA-Rezeptoren in einer speziellen Gehirnregion (temporaler Schläfenlappen - Hippocampus) für einige Stunden bis wenigen Tagen gespeichert. Langzeitgedächtnis: Im Langzeitgedächtnis werden die Information in der Regel ein Leben lang gespeichert. Der Sitz scheint die Großhirnrinde zu sein, im speziellen die Assoziationsfelder. Das Gedächtnis kann aber auch noch nach anderen Kriterien unterteilt werden: Explizites Gedächtnis: Wir lernen etwas über die Welt, Wissen über Menschen, Orte und Dinge. Diese Gedächtnisform ist (größtenteils) ständig verfügbar in unserem Bewußtsein. Der Gedächtnisinhalt kann anderen Personen leicht mitgeteilt werden. Es gibt zwei Hauptklassen von expliziten Gedächtnisinhalten: das semantische und das episodische Gedächtnis. Im episodischen Gedächtnis ist die persönliche Autobiographie gespeichert, wie singuläre Ereignisse (Hochzeit) und Ort und Zeit bestimmter Fakten (Urlaub). Im semantischen Gedächtnis ist unser Schulwissen (√144=12, Wo liegt Peru ?), die Weltkenntnis, sowie semantisch-grammatikalisches Wissen gespeichert. ____________________________________________________________________________________________ 82 Brain Modelling Implizites Gedächtnis: Wir lernen wie etwas zu tun ist, dies ist der Erwerb von motorischen und wahrnehmungsbezogenen Fähigkeiten. Um den Gedächtnisinhalt am einfachsten zu vermitteln, führt man ihn anderen Personen vor (Bewegung beim Sport). Diese Gedächtnisform ist von reflexartiger und automatischer Natur. Es bildet sich langsam, und nur Wiederholungen führen zu einer Verbesserung. Im Regelfall sollte der Abruf dieser Gedächtnisinhalte ohne bewusste Anstrengung erfolgen. Die Inhalte werden in den beteiligten sensorischen und motorischen Strukturen gespeichert. Es gibt zwei Hauptklassen von implizitem (prozeduralem) Lernen: assoziatives und nicht-assoziatives Lernen (siehe Wintersemester). Wilder Penfield führte in den 40er Jahren eine Kartierung des menschlichen Cortex durch elektrische Reizung durch. Mit einer Elektrode wurde verschiedene Areale des Gehirns gereizt und die Reaktionen, der Patient war zu dem Zeitpunkt nicht bewußtlos, untersucht. Es wurde festgestellt, daß bei einer Reizung des Temporallappens die Patienten in ungefähr 8% der Fälle von zusammenhängenden Erinnerungen berichteten. Die Reizung des Schläfenlappens führte sonst zu keiner Reaktion, im Gegensatz zu einer Reizung der visuellen Sehrinde, wo der Proband glaubte zum Beispiel Lichtblitze wahrzunehmen. Brenda Miller untersuchte die Auswirkungen von Verletzungen des Temporallappens. Es stellte sich heraus, daß eine beidseitige Entfernung des Hippocampus (eine Struktur im Temporallappen) zu einer anterograden Amnesie führt. Der Patient kann keine neuen expliziten Gedächtnisinhalte lernen (speichern). Bei Versuchen mit Tieren stellte sich heraus, daß zwei Strukturen wesentlich am Gedächtnisaufbau beteiligt sind: die Amygdala (Mandelkern) und der Hippocampus. Wenn bei Tieren der Hippocampus beidseitig zerstört wurde führte dies zu gemäßigten Amnesien. Nur wenn die Amygdala und der Hippocampus beidermaßen zerstört waren, dann war die Amnesie umfassend. Tiere bei denen die Amygdala entfernt wurde, lernten die Verknüpfung von Reiz und Belohnung nur sehr langsam bis gar nicht. Die Amygdala und der Hippocampus sind mit anderen Kernen sehr stark verbunden. Dieses System wird auch als limbisches System bezeichnet. Abb. 7.4: Darstellung des limbischen Systems. Teile dieses Systems sind für die Gedächtniseinspeicherung verantwortlich. Man versuchte verschiedene Strukturen oder auch Verbindungen dieses Systems zu zerstören um die Auswirkungen auf das Gedächtnis zu untersuchen. ___________________________________________________________________________________ Das Gedächtnis 83 Die Arbeitsgruppe von Mishkin meint, daß die Amygdala und der Hippocampus für das deklarative Gedächtnis eine gleichartige Rolle spielen. Die Neurowissenschafter Squire und Zola meinen, daß die CA1 und CA2 Region (eine Teilstruktur des Hippocampus) für das Gedächtnis wesentlich sind. Der Wissenschaftler Gaffan meint, daß nur über den Fornix (er verbindet den medialen Temporallappen und diencephale Regionen) Gedächtnisinhalte gespeichert werden können. Manch andere vermuten daß der Mammilarkörper essentiell ist und so weiter. Die Zahl der Meinungen ist sehr groß. In einer Untersuchung konnte Markowitsch zeigen, daß es wesentlich ist, wie die Läsionen den Tieren beigebracht wurden. Wenn mit dem Skalpell operiert wurde, wurden meist auch andere Regionen oder Faserverbindungen in Mitleidenschaft gezogen. Beim Absaugen von Gehirnbereichen wurden oft auch benachbarte Strukturen zerstört, ähnlich wie beim Gefrieren. Da mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet wurde, ist es äußerst schwer die Experimente untereinander zu vergleichen. Die Tierexperimente zeigten im wesentlichen, daß eine Entfernung des Hippocampus kaum zu einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses führt. Die Entfernung der Amygdala führt zu massiven Einschränkungen beim Erwerb neuer Gedächtnisinhalte. Die Entfernung beider Strukturen führt zu einer kompletten Unfähigkeit zu lernen. Man unterscheidet 2 Arten von Amnesien (Gedächtnisstörungen): retrograde Amnesie: Der Patient kann sich an früher gelernte Fakten oder Erlebnisse nicht mehr erinnern. Meist ist nur das episodische oder das semantische Gedächtnis gelöscht. Selten kommt es zu einer umfassenden retrograden Amnesie. So kann es zum Beispiel passieren, daß ein Patient der sein semantisches Gedächtnis verloren hat, zwar nicht weiß daß er eine andere Sprache gelernt hat, trotzdem diese Sprache aber anwenden kann. anterograde Amnesie: Der Patient ist nicht in der Lage neue Gedächtnisinhalte (Fakten und Autobiographie betreffend) zu speichern. Das Langzeitgedächtnis und das Arbeitsgedächtnis funktionieren in der Regel normal und es können auch motorische Fertigkeiten gelernt werden (vgl. verschiedene Arten von Gedächtnis). Beim Menschen können keine Experimente durchgeführt werden. Leider kommt es aber zu Schlaganfällen, Sauerstoffmangel, Entzündungen, Operationen oder Erkrankungen. Anhand des verletzten Gebietes und eingehenden Untersuchungen ist man dann in der Lage Modelle aufzustellen. Patient F.R.: schwere anterograde und leichtere retrograde Amnesie, Schädigung der Hippocampusregion. Patient G.J.: Zugriff auf Gattungsnamen und spezielle Hauptwörter ist gestört, Umgang mit betreffenden Gegenständen stellen kein Problem dar, Alzheimer-Krankheit. Patient E.D.: retrograde Amnesie bezüglich der Autobiographie, beidseitige Verletzung des Schläfenlappens. Patient A.B.: schwere anterograde Amnesie und leichte episodische retrograde Amnesie, beidseitiger thalmischer Infarkt. Es gibt dann noch einige Erkrankungen die spezielle Regionen des limbischen Systems betreffen. Alzheimersche Krankheit: Amyloidablagerungen und Absterben von Neuronen im Hippocampus,dem basalen Vorderhirn (Nucleus basalis Meynert und dem Kern des diagonalen Bandes) und in der Großhirnrinde führt zu umfassender Schädigung des Gedächtnisses. ____________________________________________________________________________________________ 84 Brain Modelling Korsakow-Syndrom: Diese Erkrankung führt zu einer Zerstörung der anterioren und medialen Thalamuskerne. Sie tritt meist bei chronischen Alkoholikern auf. Die Intelligenz bleibt in der Regel erhalten, es gibt aber massive Probleme sich neue Fakten zu merken. Emotionale Erlebnisse können aber gespeichert werden. Psychogene Amnesie: Ausgelöst durch einen emotionellen Schock führt dies zu einer retrograden Amnesie, die meist nach ein paar Wochen verschwindet. Urbach-Wiethe Krankheit: Führt zu einer Verkalkung der Amygdala. Kein Einfluss auf kognitive Gedächtnisformen. Massive Einschränkungen bei emotioneller Beurteilung von Situationen oder der Gesichtsmimik. All diese Erkrankungen führen zu folgenden Erkenntnissen: retrograde Amnesie: Der Informationsabruf ist geschädigt, wenn die Verbindung (fasciculus unicatus) von den Schläfenlappenspitzen und dem Stirnhirn zerstört ist. Eine Läsion der vorderen Zonen des limbischen Assoziationscortex führt zum Fabulieren. Anterograde Amnesie: Eine Verletzung des medialen Temporallappens, mit den damit verbunden Strukturen (Hippocampus), führt zu einer Störung des Abspeicherns neuer Information (Reizkombination). Es kann sich kein neues Langzeitgedächtnis bilden. Es wurden verschiedene strukturelle Modelle vorgeschlagen, um den Informationsweg zu beschreiben. Leider ist der Hippocampus eine Region, die mit sehr vielen anderen Regionen in unmittelbaren Kontakt steht. Es ist schwierig zu erkennen welche beteiligten Strukturen wichtig sind, und welche nicht. So sollen nun einige Strukturpläne gezeigt werden. Gyrus cinguli Hippocampus Amygdala Die Leitungsbahn, die ursprünglich James Papez vorgeschlagen hat, ist durch dicke Linien gekennzeichnet. Diese Verbindungen sind durch die Anatomie bekannt geworden. Die Verbindungen, durch die dünnen Linien gekennzeichnet, wurden erst in jüngerer Zeit entdeckt und für wichtig erachtet. Aufgrund von Fehlinterpretationen verschiedenster Läsionen an Tieren vermutete man eine wesentliche Bedeutung des Papezschen Leitungsbogen (dicke Linien). Da aber Verletzungen dieser verbindenden Struktur beim Menschen keine so massiven Schädigungen herbeiführten, musste das Modell überdacht werden. Heute wird dieser Schaltkreis als Modell für das Entstehen von Emotionen betrachtet. Die Synchronisationszustände in verschiedenen Rindenarealen (primärer Assoziations- oder übergeordneter Assoziationscortex) werden über das Arbeitsgedächtnis im Hippocampus kurzfristig (maximal 2 Tage ohne Auffrischung) gespeichert. Im Schlaf in der REM-Phase werden das cholinerge System und die PGO-Zellen aktiviert. Die PGO-Zellen aktivieren ihrerseits die Großhirnrinde und spezielle Thalamuskerne in zufälliger Weise. Das cholinerge System aktiviert den Hippocampus und das Arbeitsgedächtnis. Durch die Aktivierung des Hippocampus werden die gelernten Reizkombinationen über das Arbeitsgedächtnis wieder aktiv. Nach der REM-Phase können nur stabile Synchronisationen, die durch den Hippocampus angeregt wurden, zu einer cotico-thalmischen Rückkopplung führen. Das heißt, ___________________________________________________________________________________ Das Gedächtnis 85 die Neuronen die an der Reizkombination beteiligt sind, werden sehr oft aktivert. Man nimmt an, daß eine starke Wiederholung der synaptischen Aktivität zu einem Umbau der Synapsen führt. Dieser Umbau ist dann besonders stabil. Damit wäre die Entstehung des Langzeitgedächtnisses erklärt. 7.3 Der Hippocampus Der Hippocampus ist eine Region des medialen Temporallappens. Im Prinzip ist es eine eingerollte Schicht der Großhirnrinde, die am unteren Saum des Schläfenlappens sitzt. Der Hippocampus wird in 4 Regionen CA1, CA2, CA3 und CA4 unterteilt. Abb. 7.5: Der Hippocampus im aufgerollten Zustand. Diese Regionen sind massiv untereinander über verschieden Fasern verbunden. Die Neuronen der CA1-Region besitzen NMDA-Rezeptoren. In der Graphik (a) sehen wir einen Querschnitt durch den Hippocampus. In (b) ist die gesamte Hippocampusstruktur entrollt und man kann die einzelnen Verbindungen besser erkennen. Der Hippocampus ist mit vielen Teilen des Gehirns verbunden: Unspezifische Eingänge des Hippocampus: reticuläres System des Hirnstamms, Hypothalamus, Kern des diagonalen Bandes, unspezifische Thalamuskerne, Amygdala. Diese Eingänge dienen dazu das Aktivierungsniveau in diesem Gebiet zu regulieren. Angst führt zu einer Aktivierung der Amygdala, dies führt zu einer Hemmung oder auch zu einer Aktivierung des Hippocampus. Über das reticuläre System wird die Aufmerksamkeit gesteuert, und dies führt zu einer Aktivierung des Hippocampus was zu einer verminderten oder gesteigerten Lernleistung führt. Über die unspezifischen Eingänge werden keine kognitiven Informationen übertragen, sondern es wird eine Kontrolle über den Einfluss der sensorischen Areale ausgeübt. Über die NMDA-Rezeptoren können synchrone Aktivitäten von Neuronen kurzzeitig gespeichert werden. Untersuchungen zeigten, daß ein schwaches Reizmuster an einem Neuron der CA1-Region keine LTP auslöst. Sind die beiden Reize aber synchron, so wird ____________________________________________________________________________________________ 86 Brain Modelling eine LTP an beiden Dendritenästen ausgelöst (Assoziativität). Ist aber ein Reiz besonders stark, ein Neuron feuert sehr oft, dann werden nur an dieser Kontaktstelle die NMDARezeptoren aktiv. Dies scheint nur ein Laboreffekt zu sein und für die allgemeine Gedächtnisleistung ohne Belang. Spezifische Eingänge des Hippocampus: Alle sensorischen und assoziativen Felder der Großhirnrinde sind mit dem Hippocampus verbunden. Über diese Felder kann eine Reizkombination eingespeichert werden. Der entorhinale Cortex stellt den eigentlichen Eingang des Hippocampus dar. Eine Schädigung dieser Region führt zur gleichen Einschränkung der Gedächtnisleistung wie die Zerstörung des Hippocampus selbst. Über den perirhinalen und parahippocampalen Cortex werden die Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Cortexarealen hergestellt und über den entorhinalen Cortex soll sich der Hippocampus "merken", welche dieser Verbindungen im Laufe des Tages aktiv waren. ___________________________________________________________________________________ Das Gedächtnis 87 Konsolidierung und Umbau der Synapsen: Wenn eine Synapse besonders oft aktiv ist, ändert sich der cAMP-Spiegel. Dies führt zu einer Aktivierung der davon abhängigen Proteinkineasen. Dadurch wandern, wenn der cAMPSpiegel ausreichend groß ist, katalytische Untereinheiten zum Zellkern. Dort wird das CREB1 Protein phosphorilisert. Dadurch werden Gene eingeschalten die eine synaptische Modifikation bewirken. Im Tierversuch konnte gezeigt werden, daß das CREB-1 Protein zur Entwicklung neuer Synapsen führt. ____________________________________________________________________________________________ 88 Brain Modelling Neurotransmitter Über Neurotransmitter werden Informationen übertragen. Glutamatrezeptoren wirken erregend, wenn sich Glutamat bindet. Wird GABA an einem dafür geeigneten Neurotransmitter gebunden, dann wirkt dieser Rezeptor hemmend auf das Aktionspotential des nachgeschaltenen Neurons. Diese beiden Neurotransmitter dienen der Invormationsvermittlung, das heiß es wird Information von einem Gebiet in ein anderes transformiert. Neurotransmitter können aber auch modulatorisch wirken. Sie können in einzelnen Regionen Synchronisation erleichtern oder unterbinden. Damit werden viele Zustände des Gehirns geregelt. Aminerges System: Noradrenalin, hemmend Thalamus Basalganglien Amygdala Hippocampus Im Gehirn wird Noradrenalin als Transmitter von Neuronen synthetisiert, deren Zellkörper im Locus coeruleus (blauer Kern) sitzen. Dieser Kern im Hirnstamm übernimmt zahlreiche regulatorische Funktionen. Obwohl diese Neuronen in relativ geringer Zahl vorliegen, ziehen ihre Axone verstreut bis ins Rückenmark, in das Kleinhirn und in alle Bereiche der Großhirnrinde. Locus coeruleus ___________________________________________________________________________________ Neurotransmitter 89 Es gibt mehrere Dopaminbahnen. Zuerst wurde Dopamin im Streifenkörper entdeckt. Dieser Bereich stellt ein motorisches Kontrollzentrum dar. Die Zellkörper für diese Bahn befinden sich in der Substantia nigra. Eine für die Schizophrenie wichtige Bahn erstreckt sich vom unteren Tegmentum zur Stirnrinde und einzelnen Assoziationszentren. Dopamin, hemmend Corpus striatum Septum Substantia nigra Area tegmentalis anteroventralis Aminerges System: Serotonin ist der Transmitter einer besonderen Gruppe von Neuronen, deren Zellkörper sämtlich in den Raphe-Kernen des Hirnstamms liegen. Die Ausläufer dieser Zellen sind weit über das gesamte Gehirn und das Rückenmark verteilt. man nimmt an, daß diese Neuronen an der Regulation von Aufmerksamkeit und anderen komplexen kognitiven Fähigkeiten beteiligt sind. Neuronen die Acetylcholin produzieren finden sich im Hippocampus, der Amygdala, dem Thalamus und verschiedenen Kernen im Stammhirn. Von diesen Kernen ziehen die Bahnen wieder zu den einzelnen Kernen und in weite Bereiche der Großhirnrinde. Über die Rolle der Acetylcholinneuronen im Gehirn besteht immer noch Zweifel, wenngleich man ihnen eine große Rolle für das Gedächtnis zuschreibt (Aktivierung des Hippocampus während REM-Phase). Serotonin, hemmend Thalamus Basalganglien Amygdala Hippocampus Cholinerges System: RapheKerne Acetylcholin ⊕,erregend basales Vorderhirn Amygdala Hippocampus Kniehöcker Formatio Reticularis des Mittelhirns ____________________________________________________________________________________________ 90 Brain Modelling Der kranke Geist Es können verschiedene Leistungen des Gehirns ausfallen. Dies kann zu einer Amnesie, dem Koma, der Alzheimer-Krankheit oder Sprachstörungen führen. Einzelne Strukturen fallen aus und verschiedene Aspekte des Denkens können nicht mehr durchgeführt werden. Es kann aber auch zu Veränderungen von Denkprozessen kommen. Schizophrenie Als Schizophrenie bezeichnet man eine schwere Störung des Denkens, Fühlens, Empfindens, Wahrnehmens und Verhaltens. Personen mit einer Schizophrenie hören Stimmen, oder sehen Dinge die es nicht gibt. Sie haben Halluzinationen. Die Erkrankung trifft einen von hundert. Als auslösende Ursachen gilt ein gestörtes soziales Umfeld und/oder eine Störung der Gehirnfunktion. Eugen Bleuler definierte als erster das Krankheitsbild über Wortassoziationen. Er stellte fest, daß eine Störung des Assoziierens typisch für diese Krankheit ist (Heu = Unterhaltungsmittel für Kühe). Über den semantischen Bahnungseffekt kann relativ leicht das Assoziationsverhalten überprüft werden. Der Proband muss ein Wort lesen und dann angeben ob das zweite Wort aus dem Deutschen stammt oder nicht. Es wurden assoziative Wortpaare wie weiß::schwarz und Bruder::Schwester dafür verwendet. Ein Beispiel für nicht-assoziativen Wortpaare wäre Wolke::Käse oder Kaffee::Benzin. Diese Wortpaare und Wortpaare wo das zweite Wort nicht-deusch war wurden dem Probanden vorgelegt. Der Proband mußte dann über einen Fingerdruck bekanntgeben, ob das zweite Wort aus dem Deutschen stammt. Es wurden nur die "JA"-Entscheidungen gewertet und der jeweilige Mittelwert gebildet. Im Regelfall werden assoziative Wortpaare schneller als nicht assoziierte Wörter erkannt. Dies bezeichnet man als den semantischen Bahnungseffekt. Bei Personen mit einer denkgestörten Schizophrenie ist der Bahnungseffekt besonders groß. ___________________________________________________________________________________ Der kranke Geist 91 Bei schizophrenen Personen können oft indirekte Assoziationen beobachtet werden. Das heißt es gibt ein nicht ausgesprochenes Bindeglied. Assoziation zu Nikotin - Forelle. Nikotin im Rauch verursacht Krebs, Krebse leben im Wasser wie Forellen. Man geht davon aus, daß bei schizophrenen Patienten eine Störung der fokussierten Aufmerksamkeit vorliegt. Verschiedene Systeme im Gehirn versuchen die Synchronisationen zwischen verschiedenen Gebieten im Zaum zu halten. Nur so können wir uns auf etwas konzentrieren. Wenn die Assoziationsfähigkeit zu groß wird, werden nicht korrelierte Reie miteinander verknüpft. Damit können wir die Umwelt nicht mehr sinnvoll einschätzen. Genau diese fokussierte Aufmerksamkeit wird über den Neurotransmitter Dopamin gesteuert. Die Neuronen des Dopaminsystems innervieren vor allem das Arbeitsgedächtnis. Alle Neuroleptika blockieren die Dopaminrezeptoren in der Großhirnrinde. Dies führt zu einer geringeren Assoziationsfähigkeit und es können auch keine spontanen Synchronisationen (Halluzinationen) entstehen. Wahn Auch der Wahn ist eine Störung des Denkinhaltes. Es kommt zu einer gedanklichen Fokussierung auf einen speziellen Gegenstand. Wird die Schizophrenie nicht behandelt, so kommt es zum Wahn. Es existieren gewisse unkorrigierbare Urteile, deren Inhalte unmöglich, unwahrscheinlich oder einfach falsch sind. Bei einer Überprüfung der Fakten hält ein Wahnkranker an seinen Vorurteilen fest. Meist ist dieses Verhalten auch mit Angst, Mißtrauen oder gesteigerter Wachheit verbunden. Belanglose Ereignisse werden überinterpretiert. Im Prinzip handelt es sich um eine Stabilisierung der Synchronisation. Durch die Schizophrenie ausgelöst, können obskure Synchronisationen auftreten. Wenn ein und die selbe Synchronisation beziehungsweise Assoziation öfters auftritt, dann bilden sich neue Synapsen. Bei einem chronischem Wahn helfen keine Neuroleptika mehr. Es haben sich schon neue Synapsen, der Informationsverarbeitung betreffend, gebildet. ____________________________________________________________________________________________ 92 Brain Modelling Depression Plutarch hat diese Krankheitsbild als Erster beschrieben. Es ist gekennzeichnet von: • Gefühl der Niedergeschlagenheit (bei Tod eines Verwandten, räumliche Trennung von einer geliebten Person.) • Die Selbstachtung ist empfindlich gestört (Arbeitslosigkeit, Sitzenbleiben in der Schule) • Verlust des Interesses an sozialen Kontakten und alltäglichen Dingen Es ist nicht immer einfach eine depressive Verstimmung von einer Depression zu unterscheiden. Die Zeit scheint ein wesentlicher Faktor zu sein. Manche Patienten zeigen auch ein anderes Phänomen: die Manie. Der Patient ist in Hochstimmung, energiegeladen und sehr optimistisch. Diese scheinbaren positiven Eigenschaften können des Urteilsvermögen herabsetzen. In der Regel sind die depressiven Phasen länger als die manischen. Bei der Behandlung muss berücksichtigt werden, daß der Selbstmord eine große Gefahr für den Patienten darstellt. Früher verwendete man Opiate zur Behandlung einer Depression. Dies führte zwar zu euphorischen Zuständen, die aber sehr kurzlebig waren. Heute werden tricyclische Antidepressiva zur Behandlung verwendet. Diese haben relativ geringe Nebenwirkungen, die gewünschte Wirkung tritt aber erst nach rund zwei Wochen auf. Diese Antidepressiva hemmen die Inaktivierung des Neurotransmitters im synaptischen Spalt. Ein Neurotransmitter wird normalerweise, nachdem er sich an einen Rezeptor gebunden hat, inaktiviert. Diese Inaktivierung wird durch die tricyclischen Antidepressiva verhindert. Die Inaktivierung betrifft vor allem die Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin. Es zeigte sich, daß bei einer Depression die Neuronen der Großhirnrinde weniger aktiv sind, als im Grundzustand. Während einer Manie tritt das Gegenteil ein. Besonders die Strukturen des präfrontalen Cortex sind überaktiv. Bei einem Viertel aller depressiven Patienten führen Antidepressiva nicht zu einer Besserung. Man geht davon aus, daß es sich dann um eine Fehlsteuerung des Streßsystems handle. Stellt das Gehirn (kognitive Bereiche) Angst oder Streß fest, so wird der Hypothalamus aktiviert. Dieser sondert den cotico-releasing-factor aus und aktiviert damit die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse). Die Hypophyse sondert nun ihrerseits über das Blut das adrenocorticotropes Hormon aus. Zentraler Empfänger ist die Nebenniere, die deshalb Cortison ausschüttet. Damit es zu keiner Übersteuerung kommen kann und das System sich nach der Angst- oder Stress-Situation wieder beruhigt, wird eine Gegenkopplung aktiv. Das Cortison hemmt die Hypophyse und den Hypothalamus. Wenn die Gegenkopplung niedrig ausfällt, kann es zur Depression kommen, denn die ausgeschütteten Hormone steuern auch noch viele andere emotionale Mechanismen. Angststörungen “Es steht außer Frage, daß das Problem der Angst ein Knotenpunkt ist, an dem die verschiedenen und wichtigen Fragen zusammentreffen, ein Rätsel dessen Lösung zwangsläufig eine Lichtflut auf unsere ganze geistige Existenz werfen würde.” Sigmund Freud Nur Dinge die tatsächlich gefährlich werden können, führen zu Angststörungen. Wesentlich ist der Unterschied zwischen Furcht und Angst: Furcht ist auf etwas gerichtet, während Angst gegenstandslos ist. Man kann die Angstörungen in folgendes Schema unterscheiden: - posttraumatische Ängste (Erinnerung an gefährliche Situationen) ___________________________________________________________________________________ Der kranke Geist 93 - Zwangssyndrom (krankhaftes Händewaschen, aus Angst vor Infektionen) - Panik (grundlose Furcht, mit starkem körperlichen Aspekten wie Herzbeklemmung) - Phobie (an ein Objekt oder Szene gebunden) Phobien sind stark umweltabhängig. Eskimos können eine Kanuphobie bekommen und früher gab es die Dromosiderophobie - Eisenbahnfurcht, die sich heute in die Flugangst verwandelt hat. Kleinste ungefährliche Veränderungen im Körper oder in der Umgebung werden überbewertet und es folgt eine Überreaktion. Diese Überreaktion führt zu einer gezielteren Wahrnehmung (besonders auf gefährliche Situationen). Auch die kognitiven Bereiche des Gehirns reagieren sensibler. Auch hier haben wir eine Mitkopplung gegeben. Stress Im Jahr 1959 führte der österreichisch-kanadische Mediziner Hans Seyle den Begriff Stress in die Biomedizin ein und bezeichnete damit die unspezifischen Reaktionen eines Organismus auf jede übermäßige Belastung. Dieses Reaktion dient dazu, die Überlebenschancen in einer lebensbedrohlichen Situation eines Individuums zu erhöhen. Dies ist eine, wenn gleich auch nicht ganz richtige, aber allgemein anerkannte Meinung. Meist spricht man von Stress, wenn der Stressor - der Auslöser auf diesen Effekt - kurz und heftig über eine Erhöhung des Adrenalinspiegels auf das Individuum reagiert. Es ist aber wichtig zu erwähnen, daß langanhaltender Stress wahrscheinlich mehr physiologische und damit psychologisch verbundene Veränderungen im menschlichen Körper verursacht, als eine kurzfristige Aktivierung des gesamten Stresssystems. Die Stressantwort auf eine scheinbar gefährliche Situation kann sehr spezifisch sein, sich gezielt gegen einen Erreger richten oder gegen einen realen oder imaginären angstauslösenden Umstand. Übersteigt die Belastung, beziehungsweise die korrelierte Stressantwort eine gewisse Grenze, dann ist die Reaktion unspezifisch. Eine wesentliche Frage lautet, was denn subjektiv als Stress (langanhaltend) empfunden wird. Das Individuum entscheidet, ob eine Situation als Stress empfunden wird oder nicht. Dies hängt größtenteils von der Vergangenheit, als auch der Zahl der zur Verfügung stehenden Strategien ab. Je mehr Strategien zur Verfügung stehen umso besser für das Individuum. Auch eine Vermeidung des Stressors kann als Kontrolle über die jeweilige Situation betrachtet werden. Aber alle Stressoren zu vermeiden oder zu umgehen führt in den meisten Fällen zu schweren psychischen Störungen und eine normale soziale Interaktion wird fast unmöglich (ausgeprägte Phobien). Die Kontrollierbarkeit einer Situation hängt also auch von den kognitiven Fähigkeiten eines Individuums ab. Wenn keine "sinnvolle" kognitive-emotionelle Verhaltensweise verfügbar ist, um eine angemessene Reaktion zu aktivieren, dann spricht man von unkontrollierbarem Stress. Wenn sich ein Individuum mit einem unkontrollierbaren Stressor auseinandersetzen muß und das innere Gleichgewicht nicht hergestellt werden kann, dann beruhigt sich das zentrale Stresssystem nicht und es bleibt weiterhin aktiviert. Dadurch kommt es zu einer “Verhaltensvermeidung”. Es werden keine äußeren Aktionen gesetzt. Dies hilft nicht nur Energie zu sparen, sondern man kann sich dann in Ruhe mit der Problematik der angespannten Situation beschäftigen und neue Strategien können entwickelt werden. ____________________________________________________________________________________________ 94 Brain Modelling Beschäftigen wir uns nun mit den organischen Korrelaten des Stresssystems. Es war schon lange bekannt, daß wochenlange Arbeitsüberlastung zu Grippe, zu einer Magenschleimhautentzündung oder Herpesbläschen führen kann. Hormone sind Signalstoffe, die das Verhalten und die Empfindungen eines Menschen entscheidend beeinflussen. Sie entstehen in Drüsen, die ihre Sekrete unmittelbar an das durchströmende Blut abgeben. Beim Menschen sind dies die Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse, Die Nebenniere (Mark und Rinde) und die Keimdrüsen. Die meisten Hormone werden aber vom Gehirn - vertreten durch die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) und durch die Epiphyse (Zirbeldrüse) - abgesondert. Im Nebennierenmark werden die Hormone Adrenalin und Noradrenalin (80% zu 20%) gebildet. Die Hormone der Nebennierenrinde bezeichnet man als Corticoide. Eine spezielle Gruppe der Corticoide - die Glucocorticoide - beeinflussen den Kohlehydrat- und Eiweißstoffwechsel. Dazu gehört insbesondere das Cortisol, das außerdem entzündungshemmende Wirkung besitzt. Die Ausschüttung hängt sowohl von internen Faktoren, wie der inneren Uhr (Periode bei der Frau), als auch von äußeren Reizen (Pheromone beim Sexualakt) ab. Sie wirken in außerordentlich kleinen Dosen. Die Hormone sind in der Regel nicht in der Lage sofortige - im Bereich von Sekunden - Reaktionen im Organismus auszulösen. Der Hippocampus steht in direkter Verbindung mit dem Hypothalamus, einem anderen wichtigen Kern. Der Hypothalamus wird aber auch von vielen anderen Regionen im Gehirn innerviert. Über ihn wird durch die Ausschüttung des Coticotropin-Releasing-Faktor die Hypophyse, die verschiedene Hormone ausschüttet, aktiviert. Durch diese Ausschüttung werden andere Teile des Hormonsystems aktiv. Eine Ausschüttung des adrenocorticotropen Hormons führt zu einer Aktivierung der Nebennierenrinde. Es kann aber auch die Aktivität der Keimdrüsen, der Schilddrüse und Teile der Bauchspeicheldrüse beeinflußt werden. Diese setzen ihrerseits wieder Hormone frei. Die Nebenniere produziert Cortisol, eines der wichtigsten Stresshormone. Cortisol reduziert aber die Aktivität der Hypophyse. Damit wird im Körper ein Überschießen der hormonellen Reaktion verhindert. Untersuchungen zeigten, daß dieses wichtige Stresshormon bei psychischen Erregungszuständen wie panischer Angst, Depression oder auch Drogenentzug vermehrt synthetisiert wird. Prinzipiell kann man sagen, daß der Hypothalamus in Abhängigkeit von verschiedenen Erregungszuständen des Gehirns den Hormonhaushalt regelt. Cortisol wird ausgeschüttet bei kurzandauernden körperlichen und psychischen Stresszuständen, es beeinflusst wie alle Hormone den Kreislauf. Das Cortisol reagiert aber auch mit dem Hippocampus, einer wichtigen Gehirnregion. Während einer langandauernden Stresssituation, also einem erhöhten Cortisolausstoß, sterben einzelne Dendritenäste im Hippocampus und dem präfrontalem Cortex ab. Wenn der Cortisolspiegel wieder sinkt, dann regenerieren die Neuronen. Möglicherweise können aber die ursprünglichen Verbindungen nicht mehr hergestellt werden. Somit kann es zu leichten Verschiebungen im Verhalten beziehungsweise in den Strategien oder der Strategienwahl kommen. Zusätzlich scheint chronisch unkontrollierbarer Stress die Dichte der präsynaptischen Serotoninsynapsen im Hippocampus zu erhöhen und im Hypothalamus und der Großhirnrinde zu reduzieren. Zusammenfassend könne wir sagen: • Die Quelle und das Ziel für eine Stressantwort ist das Gehirn, im speziellen die höheren kortikalen und limbischen neuralen Schaltkreise durch die wir die Welt interpretieren. • Kontrollierbarer Stress ist ein Auslöser für die Verstärkung von spezifischen neuralen Wegen. ___________________________________________________________________________________ Der kranke Geist 95 • Im speziellen durch die Interaktion von zirkulierenden Glucocorticoiden wird unkontrollierbarer Stress ein Werkzeug um neurale Schaltkreise und Netzwerke im Bereich der Verhaltensreaktionen umzustrukturieren. So wird psychosozialer Stress ein Auslöser für die adaptive Reorganisation des Gehirns, vor allem im assoziativen Gedächtnis. Reiz Adaption Reorganisation Thalamus Verstärkung von neuralen Strukturen Degeneration von Dendriten Großhirnrinde (präfrontaler Cortex Assoziationscortex) DopaminSystem Hippocampus Amygdala Hypothalamus startet Kaskaden von Stresshormonen und Neurotransmittern Vasopressin CRH CRH Noradrenalin Locus Coeruleus Hypophyse ACTH Zentrales noradrenerges System Sympathicus Adrenalin Nebenniere Cortisol beeinflußt Schlafverhalten Kontrollierbarkeit schwächt Immunzellen Unkontrollierbarkeit ____________________________________________________________________________________________ 96 Brain Modelling Künstliche Intelligenz Wissensrepräsentation: Modell in Formalismus implementiert durch Interpreter ≡ Wissensbasis Die KI hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Schließen über unsere physikalische Umwelt zu formalisieren und die Analyse physikalischer Systeme sowie die Vorhersage ihres Verhaltens zu automatisieren. Ausschließlich qualitative Informat-ion über das System ist ausreichend, um das System zu verstehen und seinen Mechanismus zu erklären: eine Beschreibung der Struktur, das heißt der Beziehungen zwischen den Teilen und Wissen über die Funktionalität dieser Teile (wie sie funktionieren und welche Funktionen sie deshalb prinzipiell im Gesamtsystem übernehmen können). ? Problemmerkmale Problemlösung ___________________________________________________________________________________ Künstliche Intelligenz 97 Expertensysteme: Ein Expertensystem ist ein Computerprogramm, mit dem versucht wird, anhand von erhobenen Gedankengängen und Erfahrungen von Experten eines bestimmten Fachgebiets ein maschinelles System zu konstruieren, das Anwendern Aspekte einer Problemlösungskompetenz zur Verfügung stellt. Das implizite Wissen von Experten, oder besser die Besonderheit des Expertenhandelns, äußert sich vor allem in der Geschwindigkeit und der Qualität: Das rasche Handeln setzt Wissen voraus, aber im Moment des Handelns wird kein bewußter Bezug auf das Wissen erlebt. Semantische Netze: Ein Gedächtnismodell, das auf zwei grundlegenden Typen von Beziehungen basiert: [1] Beziehungen von Konzeptknoten, Is-A-Beziehung, Ober-Konzept - Unter-Konzept Relation. [2] Beziehung zwischen Konzepten und Eigenschaften, Has-Prop-Beziehung. hat Haut Wirbeltier hat Federn kann fliegen kann singen Vogel XXX Kanarienvogel Has-Prop Fisch hat Kiemen Laufvogel Kranich Strauß Is-A ____________________________________________________________________________________________ 98 Brain Modelling Synthetische Psychologie Braitenbergs These: Biologisches Verhalten lässt sich leichter synthetisieren als analysieren. Braitenbergsches Vehikel: Dies ist ein Fahrzeug mit zwei voneinander unabhängig angetriebenen Hinterrädern, wobei der Unterschied in der Drehzahl der Hinterräder bestimmt, wohin das Fahrzeug fährt. Ein Sensor, befestigt am Fahrzeug, bestimmt die Drehzahl eines Rades. Standardvehikel: Hinterrad Motor excitatorische Verbindung zwischen dem Sensor und dem Motor Wenn auf den LDR Licht fällt, sinkt sein Widerstand, und der mit dem LDR verbundene Motor dreht sich schneller. Das Vehikel meidet Licht. (Angst ?) excitatorische überkreuzteVerbindung zwischen dem Sensor und dem Motor Das Vehikel mit den überkreuzten Verbindungen sucht das Licht, und fährt mit voller Geschwindigkeit darauf zu und versucht es zu rammen. (Agressivität ?) LDR (light dependent Resistor) Einführung von Neuroden: Die analogen Signale der Rezeptoren werden übersetzt in Feuerfrequenzen. Das heißt bei maximaler Beleuchtung feuert der LDR-Sensor mit 100 Pulsen pro Sekunde. Neuroden sind nun Rechenelemente die von Rezeptoren und anderen Neuroden Impulse empfangen, verrechnen und an andere Neuroden oder Motoren weiterleiten. Im Neurod tickt eine Uhr mit einem bestimmten Takt. Ein Neurod feuert nur dann, wenn die Uhr gerade einen Takt vollendet hat und die Zahl der Impulse die das Neurod empfangen hat einen gewissen Schwellwert überschritten hat. ___________________________________________________________________________________ Synthetische Intelligenz 99 excitatorisches Neurod 1 inhibitorisches Neurod Je höher die Pulsrate des Sensors, umso langsamer läuft der Motor. Das Vehikel bewegt sich auf die Lichtquelle zu und bleibt in stiller Verehrung vor ihr stehen. (Demut ?) 0 0 Das Vehikel wendet sich von der Lichtquelle langsam ab und sucht hellere Lichtquellen im Dunkeln. Diese werden dann aber ebenso gemieden. (Forschergeist ?) Ab einer gewissen Pulsfrequenz ändert sich das Verhalten des Vehikels drastisch. 1 0 0 2 1 1 1 Behavior Modelling: Braitenbergmodell mit Bedürfnissen: Niedriger Glucosehaushalt im Blut führt zu Hunger. Es gibt verschiedene Bedürfnisse, die sich gegenseitig beinflussen können, und erst bei verschiedenen Stärken aktiv werden. Eine paar Modulationsparameter steuern das gesamte Bedürfnisverhalten. Gefahr => hohe Aktiviertheit => schnelle Reaktion ____________________________________________________________________________________________ 100 Brain Modelling Neuroimplantate Neuroprothesen Es handelt sich dabei um mikroelektronische Implantate im Bereich von Gehirn, Rückenmark, spinalen und peripherer Nerven. Die Anwendung dieser Neuroimplantate kann bei rund 20 Symptomen und Krankheitsbilder zu einer Heilung oder zumindest zu einer Verbesserung der Krankheitssymptome führen. Man unterscheidet: SCS DBS PNS FES SRS Spinal Cord Stimulation Deep Brain Stimulation Peripheral Nerve Stimulation Focal Electro Stimulation Sacral Root Stimulation Rückenmark Tiefenhirnstimulation Stimulation der peripheren Nerven gezielte Stimulation (motorischer Nerven) Stimulation sakraler Rückenmarksnerven Man unterscheidet weiteres zwischen uni- und bidirektionaler Makroelektrosysteme. Die unidirektionalen Systeme können die Nerven nur stimulieren, während die bidirektionalen Systeme auch vom Nervensystem Signale empfangen, verarbeiten und erst danach Nerven stimulieren. Anwendungen von Neuroimplantaten: • Direkte Stimulation der Basalganglien zur Parkinsontherapie • Stimulation des Rückenmarks (speziell die Hinterstränge) bei chronischen Schmerzen • Stimulation der motorischen und sakralen Spinalnerven bei Patienten mit einer Blaseninkontinez bei einer Querschnittslähmung • Stimulation des Hörnervs in der Schnecke bei Innenohrtaubheit • Stimulation von peripheren Nerven bei gelähmten Extremitäten • Stimulation des Herzens - Herzschrittmacher • Stimulation des Nervus phrenicus bei einer Schädigung des Atmungsnerv beziehungsweise bei einer Störung des Atemzentrum im unteren Hirnstammbereich (Lungenschrittmacher) • Stimulation des Nervus vagus für die Stimulation der Magensekretion ___________________________________________________________________________________ Neuroimplantate 101 Die elektrischen Pulse können auf die unterschiedlichste Weise variiert werden, zum Beispiel die Anzahl der Stimulationen pro Sekunde, die Form des Stimulationspulses, die Impulsdauer und Stärke und die Gesamtdauer der Stimulation zur Inaktivität des Implantates. Beispiel Phantomschmerz: Ein Nervenstrang im hinteren Teil des Rückenmarks ist für die Weiterleitung von Schmerzreizen aus der Körperperipherie in das Gehirn zuständig. Diese "Schmerz"-Neuronen werden normalerweise gehemmt von den Neuronen, die Signale, wie Druck, Berührung oder Vibration weiterleiten. Da aber keine Signale mehr von der betroffenen Peripherie in das Rückenmark gelangen, können durch Spontanentladungen die "Schmerz"-Neuronen aktiviert werden und Signale gelangen über die Schmerzbahn in das Gehirn. Deshalb führt man eine Spinal Cord Stimulation durch. Das führt dazu, daß die Neuronen der Schmerzbahn gehemmt werden und keine Signale in das Gehirn gelangen. Die Stimulation erfolgt über Rechteckimpulse der Länge 225 µs mit 180 Pulsen pro Sekunde und einer Stärke von 2.4 Volt. Muskelprothesen Eine Nervenfaser versorgt ungefähr 100-200 Muskelfasern - man spricht von einer sogenannten motorischen Einheit. Bei 10 Aktionspotentialen pro Sekunde beginnen sich einzelne Muskelfasern zu kontrahieren. Bei 20 Impulsen werden sich mehr Muskelfasern zusammenziehen und bei rund 80 Hz kontrahiert sich der Muskel einheitlich. Ein Muskel wie der Bizeps wird von einigen tausend Nervenfasern innerviert. Als eine spezielle Muskelprothese kann der Herzschrittmacher betrachtet werden. Herzschrittmacher Das Herz führt immer die selbe Bewegung aus, es ändert sich nur die Taktfrequenz. Das heißt es müssen nur die Herznerven aktiviert werden, der Rest geschieht von alleine. Bei Herzrhythmusstörungen gibt es leider keine eindeutigen Impulse die das Herz innervieren. Oder die Taktfrequenz des Herzens sinkt. So aktiviert der Herzschrittmacher das Herz mit einer geeigneten Frequenz, die zwischen einem und siebzig Hertz liegt. Dies hängt vom genauen Krankheitsbild ab. Neuere Modelle können auch die Kreislaufbelastung (Schlaf, Stiegensteigen) feststellen, das heißt die Taktfrequenz des Herzschrittmacher variiert in Abhängigkeit der Umgebung. Funktionelle Neuromuskuläre Stimulation Bei der FNS (Funktionellen Neuromuskulären Stimulation) werden die Muskel direkt - ohne den Umweg über die Nerven - mit Hilfe von Elektroden gereizt. Die Muskelfaser selbst kann nicht direkt stimuliert werden, da man eine Zerstörung des Gewebes befürchtet. So werden die Elektroden auf die Haut geklebt oder subkutan (unter die Hautoberfläche) transplantiert. Wenn der Muskel wieder ausreichend aufgebaut ist, das heißt daß wieder ausreichend Muskelmaße zur Verfügung steht, dann muss ein Koordinationsschemata entwickelt werden. In dieses Schemata fließen Kenngrößen, wie die Länge des Knochens, die Reizschwelle des Muskels als auch deren Ermüdbarkeit, die Kraftentwicklung abhängig von der Reizstärke und Reizschwelle ein. Damit ist es möglich das "Gehen" per elektrische Stimulation herbeizuführen. Im Labor funktioniert es schon recht gut, trotzdem dürfen einige Probleme nicht übersehen werden. Die Muskeln beginnen schnell zu krampfen, der Patient spürt zwar nichts, aber es kostet trotzdem viel Kraft. Die Bewegung ist noch nicht flüssig. Es gibt auch ein Problem mit der freien Balance. Bisher ist es regeltechnisch nicht beherrschbar, die Muskels so zu aktivieren, daß der Patient nicht umfällt. Aber es ist ein Ansatz für die Zukunft. Es ist zum Beispiel schon möglich, daß Tetraplegiker, Personen, die einen Halswirbelbruch erlitten hatten, wieder Greifbewegungen durchführen konnten. Die Steuerung erfolgt über die noch ausgeprägte Bewegungsfähigkeit der Hals- und Schultermuskulatur. Diese Idee geht noch um vieles weiter. Es wäre möglich mit einem Enzephalogramm die Hirnströme zu messen und sie mit einem Computer zu analysieren. Damit kann man dann ____________________________________________________________________________________________ 102 Brain Modelling diverse Elektroden steuern. Man denkt an eine spezielle Handlung und der Computer setzt sie um. Computer im Ohr Bei Patienten mit einer Innenohrtaubheit kann ein sogenanntes Cochleaimplantat helfen. Die Innenohrtaubheit ist meist eine angeborene Erkrankung, obwohl auch Krebs oder eine Mittelohrentzündung eine wesentliche Rolle spielen können. Die knöcherne Hörschnecke ist degeneriert, die Nerven bleiben stumm. Zerstört ist meistens nur der Teil, der für die höheren Töne (1500 Hz) zuständig ist - Konsonanten können nicht mehr richtig verstanden werden. Über das Trommelfell, über 3 Hörknöchelchen gelangt der Schall in das Cortischen Organ die Cochlea. In der Hörschnecke befinden sich spiralförmige, mit Flüssigkeit gefüllten Röhren, die sich bis in die Spitze der Cochlea winden. In dem mittleren Innenohrkanal stecken die für den Hörprozess entscheidenden Nerven. Jeder Nerv trägt am Ende ein Haarbüschel als hörsensibler Fortsatz. Gelangen Schallwellen in die Hörschnecke, stoßen sie die in den Innenohrkanälen stehende Flüssigkeit an. Die Schwingungen erreichen damit die Haarbüschel - die Entladungsfrequenz der Neuronen erhöht sich. Innerhalb der Cochlea findet eine Schallanalyse statt. Die Resonanzverhältnisse in der Hörschnecke führen dazu, daß die ganz tiefen Bässe mit 18 Hertz im letzten Ende des Innenohrkanals schwingen, während die hohen Frequenzen gleich am Eingang der Cochlea die Nervenzellen reizen. Die Haarzellen, die entlang der Basilarmembran laufen, registrieren also je nach Lage der im Cortischen Organ immer nur einzelne Töne mit einer wohldefinierten Schwingungszahl. Insgesamt 50 000 Nerven leiten diese Information gebündelt im Hörnerv zum Gehirn. Die ersten Versuche die Taubheit mit Hilfe von neuronalen Prothesen zu bewältigen wurden im Jahr 1957 angestellt. Die kompliziertesten Implantate besitzen heute Elektrodenträger mit 22 Kontakten, das heißt an 22 verschiedenen Stellen wird die Cochlea gereizt. Die Elektrode, die sich in der Spitze der Cochlea befindet, erhält immer dann Signale, wenn tiefe Töne übertragen werden. Für hohe Töne sind die Kontakte am Eingang der Hörschnecke verantwortlich. Ein Mikroprozessor erhält von einem Mikrophon Signale, diese Signale werden der Frequenz und der Lautstärke nach analysiert. Das Ergebnis gelangt zu einem Sender, der hinter dem Ohr versteckt ist. Der Empfänger wurde unter der Haut implantiert, der dann über den Elektrodenträger die Kontakte mit einer Frequenz von 800-1000 Hertz versorgt. Das akustisch wahrnehmbare Frequenzband von 20 bis 20000 Hertz wird nicht in 50 000 Hörnervenzellen unterteilt, sondern nur in 22 Bereiche. Also können Menschen Frequenzen mit rund 0.4 Hertz unterscheiden - beim Cochleaimplantat sind es 90 Hertz. Trotzdem besitzen Patienten ein umfassendes Hörgefühl. Dafür ist es notwendig, daß die Betroffenen wieder das Hören lernen. Die Anpassung an die neuen Verhältnisse leistet das Gehirn (implizites Lernen). Nach einem speziellen Training ist es möglich, daß Personen sogar telephonieren können. Früher hat man eher älteren Personen das Cochleaimplantat eingesetzt, heute sind es vor allem Kinder. Bei den Kindern ist das Gehirn noch viel wandlungsfähiger, die Strukturen bilden sich erst. Neuroprothesen am Gehirn Bei Morbus Recklinghausen - einer gutartigen Geschwulstbildung - wird die Verbindung zwischen Innenohr und Gehirn unterbrochen. In diesem Fall hilft auch kein Cochlea-Implantat, da die Information nicht in das Gehirn weitergeleitet werden kann. Für diesen speziellen Fall wurde eine Stammhirnprothese entwickelt. Es wurde die gleiche Elektronik wie beim CochleaImplantat verwendet, nur der Elektrodenträger wurde verändert. Auf einem länglichen ovalen Elektrodenträger sind die einzelnen Elektroden nebeneinander angeordnet. Der Träger ist 2.5 mm breit und 8 mm lang, die Elektroden sind in 4 Reihen verteilt. Die Größe hat natürlich einen tieferen Grund, der Nucleus Cochlearis im Hirnstamm ist genauso groß. Über diesen Kern gelangt die gesamte Hörinformation in das Gehirn. In diesem Bereich sind die Neuronen auch wieder für verschiedene Tonhöhen zuständig. Die Elektroden müssen nun so angeordnet werden, daß die jeweiligen Gebiete aktiviert werden. Da die Elektroden nur glatt auf dem Nucleus cochlearus aufliegen, müssen sie sehr gut befestigt werden. ___________________________________________________________________________________ Neuroimplantate 103 Sehprothese Bei der Retinitis pigmentosa kann eine direkte Reizung der Retina helfen. Hauptsächlich degenerieren die Zapfen der Netzhaut, später sterben auch die Stäbchen ab. Die Nerven, die die Signale weiterleiten sind aber in Ordnung. Die Idee besteht nun darin, daß Implantate die Aufgabe der Zellen und Stäbchen übernehmen. Leider funktionieren die bisherigen Implantate nur mit sehr großen Problemen. Die Nerven beginnen sofort nach einführen des Implantates zu degenerieren. Prothesen für Arme und Beine Der Ersatz für Arme oder Beine sind schon seit der Antike bekannt. Gerade Kriege führten zu einer raschen Entwicklung der Prothetik. Heute sind es vor allem Verkehrs- oder Arbeitsunfälle die zu einem Verlust von einzelnen Gliedmaßen führen. Ziel von neuronalen Armprothesen ist es, den Arm genauso zu bewegen, wie man es gewohnt ist. Auch sollte man mit dem Arm sensorische Reize, wie Temperatur oder das Gewicht eines gehobenen Gegenstandes fühlen. Das Gehirn soll einen direkten Zugriff auf die künstliche Motorik besitzen. Drei Nerven innervieren einen Arm: Nervus medianus, Nervus radialis und Nervus ulnaris. Der Oberarmmuskel wird durch den Nervus musculocutaneus innerviert. Umgekehrt liefern auch viele sensorische Nerven Signale an das Gehirn. Die Muskelspindeln geben an, wie stark der Muskel gedehnt ist und die Golgiorgane geben an, wie stark die Sehnen gedehnt sind. Natürlich gelangen über die Haut noch viel mehr Reize in das Gehirn: Druck, Temperatur, Schmerz, Berührung oder Vibrationen. Zum Glück kommt es aber zu einer starken Datenreduktion, das heißt nicht jedes einzelne sensible Neuron kann im Gehirn auch tatsächlich etwas bewirken. Heute kann man schon Neuronen in ein Siliziumsubstrat wachsen lassen. Dieses Substrat ist dann in der Lage, die Daten zu analysieren und entsprechend zu handeln. Viel problematischer ist im Moment vielmehr die Stromversorgung und die Elektrotechnik. Die Leistungsdichte der Batterien ist viel zu gering und unter normalen Bedingungen würde ein Arm nach 20-30 Minuten erlahmen. ____________________________________________________________________________________________ 104 Brain Modelling Spieltheorie 13.0 Spieltheorie "Die geringe körperliche Kraft des Menschen, seine geringe Schnelligkeit, der Mangel an natürlichen Waffen werden mehr als ausgeglichen . . . durch seine sozialen Eigenschaften, welche ihn dazu führten seinen Mitmenschen zu helfen und Hilfe von ihnen zu empfangen." Charles Darwin (1809-1882) Kommentkampf - Duell: Falken Tauben Modell Es gibt nur eine begrenzte Kriegsführung, das heißt alle kämpfenden Parteien halten sich an die Spielregeln und niemand wird schwer verletzt. Falke Taube Gewinn bei Sieg: +10 Gewinn bei Niederlage: 0 Falke +1 -5 schwere Verletzung: -5 langer Kampf: +2 Taube 0 +2 E(T,T) = 0.5 . (+10) + 0.5 . (0) + (-3) = +2 E(F,F) = 0.5 . (+10) + 0.5 . (-20) = -5 E(F,T) bzw. E(T,F) = 0 für Taube und +10 für Falke Die Strategie i ist gegenüber j stabil wenn gilt: E(i,i) ≥ E(j,i) bzw E(i,j) ≥ E(j,j) Mischstrategien:Tue immer das was die anderen nicht tun ! ( 8 5 Falken, Tauben ) 13 13 Problem des Modells: Unterschied in Kampfgröße,Stärke und Waffen des Gegners. Motivation (hunger makes agressiv) Einführung von Besitz verändert die Situation: Besitzender verhält sich wie Falke, Habenichts wie eine Taube. Kommt es zwischen zwei Männchen A und B (Pavianen) zu einer Auseinandersetzung, wird ein Beistand C gesucht. Was hat C davon A oder B zu helfen ? Bekommt er auch Hilfe von A (oder B) ? (BETRUG) ___________________________________________________________________________________ Spieltheorie 105 Gefangenendilemma: Lohn für Kooperation: Strafe für beiderseitiges Betrügen: Versuchung zu Betrügen: Gewinn für den Betrogenen: L S V T = = = = -2 -4 0 -5 Spieler 1 Kooperation Betrug Kooperation 0 - Spieler 2 Betrug Kanonische Nutzen-Matrix: -2 -5 -4 - V > L > S > T (1) (V+T)/2 < L (2) Beide Spieler können sich überlegen: Betrügen ist für mich vorteilhafter. Also betrügen beide, um ihren Nutzen zu maximieren und erreichen das Gegenteil, während beide bei beiderseitiger Kooperation einen höheren Nutzen gehabt hätten. iteriertes Gefangenendilemma:Die beiden Spieler treffen öfters hintereinander zusammen und "spielen" miteinander. Strategien: Tit for Tat Ich kooperiere beim ersten mal und tue genau das, was der andere beim letzten mal getan hat. Mehrheitsent. Mild Ich tue was der andere in der Mehrzahl der bisherigen Fälle getan hat. Grimmig Ich kooperiere, bis der andere zum erstenmal betrügt, von da an betrüge ich stets. Hartes Tit for Tat Ich kooperiere, es sei denn der andere hat beim letzten oder beim vorletzten Mal betrogen. Lieb Ich kooperiere immer. Verrückt Ich betrüge durchschnittlich jedes zweite mal abhängig vom Zufall. Böse Ich betrüge stets. Bei der direkten Konfrontation gewinnt (verliert nicht) die Strategie Böse. Es ist besser nett zu sein als böse. Man muß reaktiv sein. Es gibt keine beste Strategie ! Man muß rasch vergeben. List und Tücke bringen nichts. ____________________________________________________________________________________________ 106 Brain Modelling iteratives Gefangenendilemma mit Kündigung: Tit f. Tat mit Schmerzgrenze: Wenn in den letzten fünf Zügen der Gewinn kleiner als zwei Punkte pro Zug war, dann kündige ich. Probieren: Kooperieren, Kooperieren, Betrügen, Betrügen. Wenn der andere in dieser Zeit dreimal betrogen hat kündige ich, sonst kooperiere ich bedingungslos. Brutal: Ich betrüge, solange mein Partner kooperiert. Sobald er betrügt, kündige ich. Spieler 2 Kooperation Betrug Spieler 1 Kooperation 3 5 Betrug 0 1 Kündigung 2 2 ___________________________________________________________________________________ Spieltheorie 107 ____________________________________________________________________________________________ 108 Brain Modelling Literaturverzeichnis: The handbook of brain theory and neural networks / ed. by Michael A. Arbib. Ed. assistant Prudence H. Arbib. - Cambridge, Mass. [u.a.] : MIT Press, 1995. - XV, 1118 S. :Ill., graph. Darst. (A Bradford book)Literaturangaben ISBN 0-262-01148-4 Universitätsbibliothek WienHB- Mag.-->II-1203612 Ein Monument, aber leider etwas veraltet. Exzellente Aufsatzsammlung, wo wirklich nur das Wichtigste und Erwiesenes drinnensteht. Brause, Rüdiger: Neuronale Netze : eine Einführung in die Neuroinformatik / von Rüdiger Brause. - 2., überarb. und erw.Aufl. - Stuttgart : Teubner, 1995. - 462 S. : Ill., graph. Darst. (Leitfäden der Informatik)Literaturverz. S. 433 - 456 Universitätsbibliothek Wien 134 Mag.-->25206 Sammlung der wichtigsten Algorithmen aus dem Gebiet der technischen neuronalen Netze. Gute Erklärung, manche konkreten Beispiele. Braitenberg, Valentin: Vehikel : Experimente mit kybernetischen Wesen / Valentin Braitenberg. Aus dem Engl. von Dagmar Frank und Valentin Braitenberg. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1993. - 156 S. :Ill., graph. Darst. (Rororo ; 9531 : Rororo-Sachbuch : Rororo-Science)Einheitssacht.: Vehicles <dt.>. - Literaturverz. S. [143] - 150 ISBN 3-499-19531-3 Interessant, spannend und witzig. Regt stark zum Nachdenken an. Diese Arbeit löste einen starken Boom in letzter Zeit aus. Models of brain function / ed. by Rodney M. J. Cotterill. - 1. publ. - Cambridge [u.a.] : Cambridge Univ. Pr., 1989. - XIII,574 S. : graph. Darst. Literaturangaben ISBN 0-521-38503-2 Universitätsbibliothek Salzburg NW L -> 73.2.4-82 Wo brain draufsteht, muß nicht brain drinnen sein. Signale und Kommunikation : Mechanismen des Informationsaustauschs in lebenden Systemen / mit e. Einf. von John Dittami. - Heidelberg [u.a.] : Spektrum, Akad. Verl., 1993. - 193 S. : Ill., graph. Darst., Kt. (Spektrum der Wissenschaft : Verständliche Forschung) Literaturverz. S. 184 - 186 ISBN 3-86025-214-3 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> II-1150825 Interessante Aufsatzsammlung, bei der gezeigt wird, wie die Formeln für das Gehirn auch anders verwendet werden können. Dorffner, Georg: Konnektionismus : von neuronalen Netzwerken zu einer "natürlichen" KI / von Georg Dorffner. - Stuttgart :Teubner, 1991. - XV, 448 S. : graph. Darst. (Leitfäden der angewandten Informatik)Literaturverz. S. [426] - 438 ISBN 3-519-02455-1 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> I1119316 Guter Überblick in den Bereich der technischen Neuronalen Netze. Dörner, Dietrich: Die Logik des Mißlingens : strategisches Denken in komplexen Situationen / Dietrich Dörner. - 21. - 30.Tsd. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1993. - 320 S. : Ill., graph. Darst., Kt. (Rororo ; 8314 : RororoSachbuch : Rororo-Science) Literaturverz. S. 311 - 313 ISBN 3-499-19314-0 Universitätsbibliothek Wien 158 HA--> X70.D713.L8 Zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie linear Menschen denken, und wie nichtlinear die Probleme in der Welt sind. Gardner, Howard: Dem Denken auf der Spur : der Weg der Kognitionswissenschaft / Howard Gardner. Aus dem Amerikan. v. Ebba D. Drolshagen. - Stuttgart : Klett-Cotta, 1989. - 456 S. : graph. Darst. Einheitssacht.: The mind's new science <dt.>. - Literaturverz. S. 419 - 438 ISBN 3-608-93099-X Universitätsbibliothek Wien HBMag.--> I-1102624 Nachdenken, fragen, meditieren und Schlußfolgerungen ziehen. Goldbeter, Albert: Biochemical oscillations and cellular rhythms : the molecular bases of periodic and chaotic behaviour /Albert Goldbeter. - Cambridge [u.a.] : Cambridge Univ. Press, 1996. - XXIV, 605 S. : Ill. Einheitssacht.: Rythmes et chaos dans les systèmes biochimiques et cellulaires <engl.>. - Aus d. Franz. übers. Literaturverz. S.526 - 588 ISBN 0-521-40307-3 Zentralbibliothek für Physik in Wien 39061 ->> FR-Gute mathematische Darstellung von biophysikalischen Vorgängen. Einführung in die künstliche Intelligenz / Günther Görz (Hrsg.). - 2. Aufl. - Bonn [u.a.] : Addison-Wesley, 1995. - XIV,1029 S. : graph. Darst. Literaturangaben ISBN 3-89319-858-X Universitätsbibliothek Wien HBMag.--> I-1185763 Hervorragende Zusammenfassung aus dem Bereich der KI. ___________________________________________________________________________________ Literaturverzeichnis 109 Guttmann, Giselher: Ich: sehe, denke, träume, sterbe : sechs Aufsätze über das Hier- und Jetztsein, das Sosein und Nichtsein des Menschen und seiner Seele im Spiegel der naturwissenschaftlichen psychologischen Forschung ; mit einem Vorwort, fünf Zwischentexten und einem Epilog. - München : Ehrenwirth, 1991. - 324 S. : zahlr.Ill., graph. Darst. Literaturverz. S. 321 - 324 ISBN 3-431-03157-9 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> I1120325 Gute Statements zum Bewußtsein und zum Denken. Darüber meditieren ! Hernegger, Rudolf: Wahrnehmung und Bewußtsein : ein Diskussionsbeitrag zu den Neurowissenschaften.Heidelberg [u.a.] : Spektrum, Akad. Verl., 1995. - 552 S. : Ill. Literaturverz. S. 519 - 540 ISBN 3-86025-288-7 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> II-1176928 Eine sehr gute Zusammenfassung über das Gebiet der Gehirnforschung. Es werden die aktuellen Fakten kritisch beleuchtet. Hofstadter, Douglas R.: Gödel, Escher, Bach : ein endloses geflochtenes Band / München : Dt. TaschenbuchVerl., 1991. - XVII, 844 S. : Ill., graph. Darst., Notenbeisp. (Dtv ; 11436 : Dtv-Klett-Cotta). - Literaturverz.S. 805 - 819 ISBN 3-423-11436-3 Dieses Buch sollte man eigentlich erst dann lesen, wenn man schon seine Vision zum Thema Gehirn und Bewußtsein gehabt hat.Regt zum bewußten Nachdenken an. Neurowissenschaften : eine Einführung / Eric R. Kandel ... (Hrsg.). - Heidelberg [u.a.] : Spektrum Akad. Verl., 1996. -XXII, 786 S. : Ill., graph. Darst. (Spektrum Lehrbuch) Einheitssacht.: Essentials of neural science and behavior <dt.>. - Literaturverz. S. [739] - 744 ISBN 3-86025-391-3 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> II-1190247 Beste Darstellung der Biologie, der Medizin, der Genetik und der Chemie des menschlichen Gehirns in einem Buch. ABER: Die amerikanische Ausgabe ist besser, da umfangreicher. Gehirn und Geist / Kenneth A. Klivington. Wiss. Beratung: Floyd Bloom ... Aus dem Amerikan. übers. von Peter Germroth.- Heidelberg [u.a.] : Spektrum, Akad. Verl., 1992. - 240 S. : zahlr. Ill. Einheitssacht.: The science of mind <dt.>. - Literaturverz. S. 234 - 235 ISBN 3-86025-038-8 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> II1132935 Nette Bilder, nette Aufsätze und nette Einführung. Kratzer, Klaus P.: Neuronale Netze : Grundlagen und Anwendungen - 2., durchges. Aufl. - München ;Wien : Hanser, 1993. - XII, 211 S. : graph. Darst. Literaturverz. S. [200] - 206 ISBN 3-446-17315-3 Anderer Weg der Vermittlung des Wissens über technische neuronale Netze als im Brause, etwas zu pessimistisch. Kolb, Bryan: Neuropsychologie / Übers. hrsg. von Monika Pritzel. Aus dem Engl. übers. von Marianne Mauch ... - 2. Aufl. - Heidelberg [u.a.] : Spektrum Akad. Verl., 1996. - XII, 574 S. : Ill., graph. Darst. (Spektrum Lehrbuch) Einheitssacht.: Fundamentals of human neuropsychology <dt.>. - Literaturangaben ISBN 3-8274-0052-X Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> II-1206523 Hervorragende Einführung in die Psychologie auf Basis der Biologie. Nauta, Walle J.: Neuroanatomie : eine Einführung - Heidelberg : Spektrum-d.-Wiss.-Verl.-Ges., 1990. - 342 S. : zahlr. Ill., graph. Darst. Einheitssacht.: Fundamental neuroanatomy <dt.>. - Literaturverz. S. 327 - 331 ISBN 389330-707-9 HB: Exemplare der LBS abgegeben an die UBW006 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> II1114725 Bester, billigster Hirnatlas für angehende Profis. Penrose, Roger: Computerdenken : des Kaisers neue Kleider oder die Debatte um künstliche Intelligenz, Bewußtsein und die Gesetze der Physik . Aus dem Engl. übers. von Michael Springer. - Heidelberg :Spektrum-derWiss.-Verl.-Ges., 1991. - XXI, 454 S. : Ill., graph. Darst. Einheitssacht.: The emperor's new mind <dt.>. Literaturverz. S. 442 - 448 ISBN 3-89330-708-7 Universitätsbibliothek Wien HB- Mag.--> I-1124131 Hervorragende Einführung in die Probleme der Quantenmechanik, der Gravitation und schwarzer Löcher; Vom Gehirn steht fast nichts drinnen. Erwähnenswert: Einführung und Erklärung der Turingmaschine. Neumann, John von: Die Rechenmaschine und das Gehirn. Dt. Übers.: Charlotte und Heinz Gumin. -München : Oldenbourg, 1960. - 80 S. Einheitssacht.: The computer and the brain <dt.> Zentralbibliothek für Physik in Wien Bestandsnachweis 20504 ->> FR-Meditieren, nachdenken, meditieren, nachdenken und sich nicht von aktuellen Forschungsergebnissen beeindrucken lassen und wieder meditieren ! Reihe Physik, Verlag Harri Deutsch, Zentralbibliothek für Physik 032011/x, Serienbuchtitel, Serie über verschiedene naturwissenschaftliche Phänomene. Die Serie widmet sich auch den Phänomenen der kognitiven Modellierung.Es finden sich über 30 Bücher zu diesem Thema in der Serie. ____________________________________________________________________________________________ 110 Brain Modelling Schmid, Ute: Kognitive Modellierung :eine Einführung in logische und algorithmische Grundlagen Heidelberg:Spektrum, Akad. Verl.,1996- 455 S.:Ill.,graph. Darst.(Spektrum Hochschultaschenbuch) Literaturverz. S. [381]-396 ISBN 3-86025-367-0 Universitätsbibliothek Wien HB-Mag.-->I-1199923 Interessante Meinungen, fördert das Nachdenken. Snyder, Solomon H.: Chemie der Psyche : Drogenwirkungen im Gehirn . [Aus d. Amerikan. übers. von Ingrid Horn]. - 3. Aufl. - Heidelberg : Spektrum-d.-Wiss.-Verl.-Ges., 1990. - 224 S. : zahlr. Ill., graph. Darst. (SpektrumBibliothek ; 16)Einheitssacht.: Drugs and the brain <dt.>. - Literaturverz. S. 215 ISBN 3-922508-86-3 Alles was es über Neurotransmitter zu wissen gibt und manches mehr. Beste Darstellung der Chemie der Psyche in aller Kürze. Brain mechanisms : papers in memory of Robert Thompson / ed. by Francis M. Crinella and Jen Yu. - New York, NY : The New York Acad. of Sciences, 1993. - 233 S. : Ill., graph. Darst. (Annals of the New York Academy of Sciences ; 702)Literaturangaben ISBN 0-89766-759-x - ISBN 0-89766-760-3 Zentralbibliothek für Physik in Wien 7306/702 ->> FR-Interessante Aufsatzsammlung. Wiener, Norbert: Kybernetik : Regelung und Nachrichtenübertragung im Lebewesen und in der Maschine / Norbert Wiener.[Übers. von E. H. Serr unter Mitarb. von E. Henze]. - 2., rev. u. erg. Aufl., 8. - 10.Tsd. Düsseldorf ; Wien : Econ-Verl.,1965. - 287 S. : Ill., graph. Darst. Nachdenken ! ___________________________________________________________________________________ Literaturverzeichnis 111