HIRNGERECHTES LERNEN NEUESTE ERKENNTNISSE AUS DER HIRNFORSCHUNG BUNDESWEITE FACHTAGUNG 2009 FÜR LEHRER/INNEN HÖRBEEINTRÄCHTIGTER SCHÜLER/INNEN Freitag, 23. Oktober 2009 SCHWERHÖRIGENSCHULE WIEN 1220 Wien, Hammerfestweg 1 Tel.: 01/ 282 58 04, e-mail:[email protected] IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung I/8, Mag.a Lucie Bauer, Minoritenplatz5, 1014 Wien Für den Inhalt der einzelnen Beiträge sind die Autor/innen verantwortlich. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen sich nicht mit der Meinung der Redaktion decken. Redaktion: Leiterin der Schwerhörigenschule OSRin Dirin Brigitte Aigner Frau Brigitte Anger Dipl. Pädin Nadja Braunstingl Gestaltung und Layout: Dipl. Pädin Nadja Braunstingl Michael Trnka, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung I/8 Fotos: Vortragende Erscheinungsdatum: Mai 2010 Downloadversion: www.schwerhoerigenschule.at und www.cisonline.at 2 INHALT Vorwort .................................................................................................. 4 Programm ............................................................................................... 6 Hirnforschung und Lernen- hilft neurobiologisches Wissen in der Schule weiter? ......................................................................................... 7 Die neuronalen Grundlagen von Gebärdensprachen .....................................10 Individualisiertes Lernen braucht emotionale Intelligenz ...............................13 EVA und Methodentraining nach Dr. Heinz Klippert ......................................15 Wunderwerk Gehirn- gehirngerechtes Lernen ..............................................19 Lerntechniken nach Birkenbihl...................................................................27 Neurobiologische Erkenntnisse und pädagogisches Handeln ..........................29 Mehr merken – Mnemotechniken im Unterricht............................................33 3 VORWORT OSR Brigitte Aigner in ls vor 3 Jahren Prof. DDr. Manfred Spitzer in der Wiener Stadthalle über neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung sprach, wurde vielen Lehrer/innen bestätigt, warum das, was sie tun, wirkt. Die Erklärung bringt die Neurodidaktik. Sie beschäftigt sich mit Fragen wie z. B.: · Was kann uns die Hirnforschung über das Lernen lehren? · Wie funktionieren Lernen und Gedächtnis? · Unter welchen Bedingungen lernen wir am besten und wie kann man Lerninhalte geeignet vermitteln? · Können Schule und Lehrer/innen von der Hirnforschung profitieren? Dass Kinder „mit Kopf, Herz und Hand“ lernen sollen, hat bereits der Pädagoge Pestalozzi vor mehr als 200 Jahren gefordert. Von Nervenzellen, kortikalen Arealen und Synapsen konnte er damals noch nichts wissen. Die Neurowissenschaftler entdecken in unserer Zeit nicht unbedingt die Prinzipien neu. Die Hirnforschung liefert die naturwissenschaftlichen Beweise für erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse. Bekannt ist und bleibt, wer beim Lernen aufmerksam, motiviert und emotional dabei ist, der wird mehr behalten. 4 Lernen ist dann erfolgreich, wenn: · die Inhalte gut strukturiert vermittelt und mit ausreichend Zeit erlernt werden · es in einer anregenden, auf Wissensvermittlung ausgerichteten Umgebung, ohne negative Emotionen stattfindet · die Motivation durch das bewusste Erleben von Erfolg gestärkt wird Um diese Erkenntnisse noch besser in die Praxis umsetzen zu können, wählten wir Vortragende zu speziellen Schulalltagsthemen. In der Hoffnung auch die letzten Zögerer überzeugt zu haben, wie in der Schule kindgerechtes Lernen stattfinden soll, wünsche ich allen Lehrenden viel Freude und Erfolg mit ihren Schüler/innen. 5 PROGRAMM 09.00 Uhr Eröffnung und Begrüßung BSI Reg.Rat Richard Felsleitner 09.10 Uhr Dr. Jirovec „Erkenntnisse der Hirnforschung – Erkenntnisse für die Schule?“ 10.30 Uhr Pause 11.00 Uhr Dr. Steinbach „Die neuronalen Grundlagen von Gebärdensprachen“ 12.30 Uhr Mittagspause 14.00 Uhr Workshops 15.30 Uhr Pause 16.00 Uhr Workshops 18.00 Uhr Gemütlicher Abend mit Abendessen Workshop 1: MAG.A GABRIELE BEER „Individualisiertes Lernen braucht emotionale Intelligenz“ Workshop 2: MAG. REINHOLD KLETZANDER „Eigenverantwortliches Arbeiten-Methodentraining nach Heinz Klippert“ Workshop 3: MAG. ALBERT MATTES „Gehirngerechtes Lehren und Lernen. Lernen mit allen Sinnen“ Workshop 4: MAG.A CÄCILIA SCHUSTER „Lerntechniken nach Vera F. Birkenbihl“ Workshop 5: MAG. PETER SCHWARZMANN „Neurobiologische Erkenntnisse und pädagogisches Handeln“ Workshop 6: KATHARINA TURECEK „Mehr merken – Mnemotechniken im Unterricht“ 6 HIRNFORSCHUNG UND LERNEN – HILFT NEUROBIOLOGISCHES WISSEN IN DER SCHULE WEITER? Dr. Alfred Jirovec 1. AUSGANGSPOSITION irnforschung – anatomische Grundlagen (Neuronennetze, Synapsen, Neuro-transmitter, Kerne, evolutionstheoretische Annahmen–Tierversuche) bildgebende Verfahren (PET,fMRT,.) Lernen und Gedächtnis – ein ganz spezieller Bereich, der erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat (traditionelle Themen: Alzheimer / Demenz /Parkinson / „Schwachsinnigkeit“, diverse Syndrome, Verletzungen des Gehirns und ihre Auswirkungen auf Sprache / Gedächtnis / Verhalten / Kreativität / …., Bewusstsein, Psychoanalyse, Willensfreiheit, psychische „Lebenslehren“,…) Kandel Dimensionen „kleine rote wie Pille Glaube, gegen das Vergessen“… Roth: sorry – ihr Gedächtnis ist, wie es ist… aber Tricks gibt es schon, z.B. Assoziation. pädagogische Berufe – humanwissenschaftliche Grundlagen ohne Hirnforschung? Mir war das zu wenig… 2. EINIGE GRUNDPRINZIPIEN unser Hirn lernt immer – Plastizität Lokalisation ja – aber Zusammenhänge beachten: räumliche Auflösung dominiert die Diskussionen – aber wie sieht es mit der zeitlichen aus (z.B. Wolf Singer) Sinneserfahrungen sind nicht alles – Gehirn als „selbstreferentielles“ Organ, in dem Emotionen und Fakten nicht unbedingt korrelieren müssen – Kinder mit traumatischem Erlebnisse, Vernachlässigung, „Spätentwickler“ schaffen durchaus ein Aufholen bei der Intelligenz, aber kaum bei der emotionalen („Asozialität“, „,mangelnde Empathie“, „Soziopathie“ haben neurobiologische Korrelate – Regionen und Transmitter… genetische Grundlagen – aber durch die Umwelt „angeschaltet“ – oder eben nicht pränatales Lernen – klar, aber hier gibt es noch viel zu forschen…. frühkindliches Lernen – speziell Mutterbeziehung, Traumatisierungen, Lernen elementarer Lebensbewältigung durch Imitation, ständiges Versuchen, Freude 7 am Erfolg + Freude an Bestätigung (Lob) – Vertrauen als Grundprinzip erfolgreichen Lernens Entwicklungsphasen („Fenster“) neurobiologisch erhärtet – Zeitpunkt genetisch, aber Zeitspanne umweltbedingt (Katharina Braun, Magdeburg) Denken geht auch ohne Sprache – und zwar nicht nur beim Kind (Einstein!). Aber Sprache hilft beim Denken – wie übrigens jeder richtige Gebrauch von Symbolen. 3. AUSGEWÄHLTE THEMEN Lernen als Aktivität (Lerntypen sind plausible Systematisierungsversuche für das gezielte Lernen z.B. einer Fremdsprache – aber der Aufenthalt in Frankreich schlägt alle Französischkurse, z.B. von historischen Daten – aber nicht für die Lebenssituation der Steinzeitmenschen - ab nach Asparn an der Zaya, z.B. von musiktheoretischem Wissen – aber das Erlernen eines Instruments, Stimmbildung, das Erarbeiten von Liedern schlägt jedes Arbeitsblatt etc.) Lernen von Menschen schlägt Lernen von Bildern / Schriften / Filmen /…. (z.B. Chinesisch für Kleinkinder – Lehrerin schlägt sich selbst…) Wer dir nicht vertraut, wird von dir nicht viel lernen – zerstöre den Vertrauensvorschuss nicht leichtfertig… Und vergiss nicht: „Angst lernt nicht“ – vielleicht nur bei „Furcht lehrt beten!“ Lernen heißt zuerst einmal crashen – wiederholen, wiederholen, wiederholen (Michael Jacksons Tanzschritte, Passagen eines Gedichts aus der Schulzeit (die Bürgschaft und das Götzzitat sind beides literarische Texte – aber ehrlich – was braucht man öfter?) / einem Spruch – z.B. „ nach l, m n , r oh siehe da steht kein tz und kein ck “, „vor dem Essen, nach dem Essen – Händewaschen nicht vergessen“ / was konnten die Kolleg/innen in Perg gut? – nichts aus der Schule, sondern kochen, mountainbiken, gärtnern, lateinamerikanisch tanzen, reiten, …) Dopamin, Noradrenalin & Co – vom positiven Stress, den Glücksgefühlen, den Flow und der Freude an der Bestätigung (Sacks, Czikszentmihaly) Lernen als Kooperation – Spiegelneuronen, Authentizität, Tutoring, Integration, Individualisierung Muster / Algorithmen / „verlässliche“ Methoden nachhaltig Lernen – Gedächtnis hat weniger mit Speicherung von Daten zu tun, sondern mit damit verbundenen Emotionen…. Fakten? „Geschichten treiben uns an!“ (Spitzer) Materialien – selber Herstellen bringt’s…. angenehme Umgebung (Suggestopädie / Superlearning , Montessori, …) 8 Selbstvertrauen (positiv Denken – NLP für Kinder?!) das Problem 1 Lehrer – 1 Fach – 1 Stunde Methodenwechsel – ja bitte – aber erst beim Festigen und Transfer. Rituale fördern das Lernen – Sicherheit, Ruhe, „ein vergnügtes Gehirn lernt besser als ein angestrengtes“ haben nichts mit der „Spaßgesellschaft“ zu tun. Berücksichtigung der Verfassung des Kindes (wir selbst nehmen das selbstverständlich in Anspruch!) – Müdigkeit, Wickel mit anderen, Krankheit, Eltern in Scheidung,…. Eingehen auf die Kinder hat nichts mit „Kuschelpädagogik“ zu tun, sondern mit Wertschätzung, die man sich für sich selbst einfordert. Serotonin, fehlendes Dopamin, neuronale Fehlfunktionen – die Grenzen zum Einsatz einer Therapie oder von Medikamenten sind fließend (ADHS als Modediagnose…. / neurobiologische Grundlagen von Neurosen / Psychosen / Traumata im Dialog mit der Psychoanalyse, z.B. Solms / Turnbull, Kandel, Joachim Bauer – warum nicht mit der Pädagogik bzw. der akademischen Psychologie? Daraus folgte nämlich: Hirnforschung in Aus-, Fort- und Weiterbildung für pädagogische Berufe – wie sieht das im Moment aus? Interdisziplinärer Dialog – hilft den Lehrer/innen und damit den Schüler/innen… hoffentlich! 9 DIE NEURONALEN GRUNDLAGEN VON GEBÄRDENSPRACHEN Prof. Dr. Markus Steinbach Georg-August-Universität Göttingen n jeder Gesellschaft leben viele sprachliche und kulturelle Minderheiten. Über einige wissen wir sehr viel, über andere eher wenig. Eine sprachliche und kulturelle Minderheit, über die viele Menschen fast nichts wissen, sind gehörlosen Menschen, die sich in einer eigenen Sprache, der Gebärdensprache, verständigen. Die Vorurteile gegenüber gehörlosen Menschen und ihrer Sprache stehen in einem krassen Gegensatz zu den Erkenntnissen der Wissenschaft und sie spiegeln in keiner Weise den Stellenwert wider, den Gebärdensprachen für die moderne Sprachwissenschaft, Psychologie und Neurowissenschaft haben. Erst durch die vergleichende Untersuchung von Lautund Gebärdensprachen ist es uns möglich, verlässlich Auskunft über sprachliche Universalien, grundlegende psycholinguistische Prozesse und die neuronale Organisation des menschlichen Sprachsystems zu geben, denn Gebärdensprachen sind eine zweite Form der Kommunikation, die jedem Menschen zur Verfügung steht und die von gehörlosen Menschen als natürliche Muttersprache genutzt wird. Für die Kommunikation stehen Menschen zwei grundsätzlich verschiedene Modalitäten der Produktion und Wahrnehmung zur Verfügung. Lange Zeit gingen aber selbst Sprachwissenschaftler davon aus, dass natürliche menschliche Sprachen notwendigerweise an die Artikulation von Lauten gebunden sind. Erst Mitte des letzten Jahrhunderts haben erste linguistische Studien gezeigt, dass Gebärdensprachen über dieselbe grammatische Komplexität wie Lautsprachen verfügen und dieselben Sachverhalte in derselben Geschwindigkeit ausdrücken können. Neuere typologische und psycho- und neurolinguistische Untersuchungen zeigen außerdem, dass die grundlegenden grammatischen Strukturen genauso wie die mentalen Repräsentationen und kognitiven Prozesse bei natürlichen Sprachen weitgehend modalitätsneutral sind. Dies bedeutet, dass 10 Gebärdensprachen und Lautsprachen dieselben grammatischen Strukturen, dieselben psycholinguistischen Prozesse und dieselben Gehirnregionen verwenden und dass sich Unterschiede in allen drei Gebieten vor allem aus den verschiedenen Modalitäten der Produktion und Wahrnehmung ergeben, also eher Oberflächeneffekte sind. In meinem Vortrag habe ich die drei oben aufgelisteten Aspekte genauer betrachtet. Nach einer kurzen Einführung in die grammatische Struktur von Gebärdensprachen mit Hilfe von Beispielen aus unterschiedlichen Bereichen der Grammatik habe ich wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Laut- und Gebärdensprachen diskutiert. Im Hauptteil des Vortrags habe ich mich anschließend den psycho- und neurolinguistischen linguistischen Prozessen zugewandt. Anhand von Versprechern und Vergebärdlern wurde zunächst gezeigt, dass die grundlegenden Prozesse der Sprachproduktion modalitätsneutral sind, also gleichermaßen für Laut- und Gebärdensprachen gelten. Zudem wurde die Frage diskutiert, ob Gebärden- und Lautsprachen in denselben Gehirnregionen repräsentiert sind. Neuere neurolinguistische Studien mit gehörlosen Signern Gebärdensprachaphasien und zeigen, patholinguistische dass Untersuchungen Gebärdensprachen im von Wesentlichen ebenfalls linkslateral repräsentiert werden und dieselben Sprachzentren nutzen wie Lautsprachen. WEITERFÜHRENDE LITERATUR Achilles, I. (2008): Die Geheimnisse der fliegenden Hände. In: Vernäht und zugeflixt! Von Versprechern, Flüchen, Dialekten & Co. Verfasst von I. Achilles und G. Pighin im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft. Herausgegeben von M. Butt und M. Steinbach. Mannheim: Duden Verlag, 162179. Boyes Braem, P. (1995): Einführung in die Gebärdensprache und ihre Erforschung. Hamburg: Signum. Keller, J./Rech, T. (1993): Gegen Vorurteile: Gebärdensprache. In: Sprache & Kognition 12, 130-144. Leuninger, H. (2000): Mit den Augen lernen: Gebärdenspracherwerb. In: Grimm, Hannelore (Hg.): Sprachentwicklung: Enzyklopädie der Psychologie. Band C 3.3. Göttingen: Hogrefe, 229-270. 11 Steinbach, M. (2007): Gebärdensprache. In: Steinbach, M. et al., Schnittstellen der germanistischen Linguistik. Stuttgart: Metzler, 137-185. Steinbach, M. (2008): Gebärdensprachen und das Gehirn: psycho- und neurolinguistische Grundlagen einer sichtbaren Sprache. In: H. Fink und R. Rosenzweig (Hgg.), Neuronen im Gespräch - Sprache und Gehirn. Paderborn: Mentis Verlag, 99-128 12 INDIVIDUALISIERTES LERNEN BRAUCHT EMOTIONALE INTELLIGENZ Dr Gabriele Beer in inleitend reflektierten wir über die Begrifflichkeiten »Lernen«, »Individualisierung und Differenzierung«. Die Qualität von Schule wurde mit der Verbindung Schüler/innen - Lehrer/innen und Unterricht in Verbindung gebracht. Mit dem Tool „Wie lernen unsere Schüler/innen?“ wurde den Teilnehmer/innen eine Möglichkeit aufgezeigt, in Erfahrung zu bringen, welche Wege Kinder zum Lernen nutzen/genutzt haben, um letztlich dieses Wissen für individualisiertes Lernen in der Klasse einsetzen zu können. »Emotionale Intelligenz« wurde in Anlehnung an die Publikationen von Goleman (1995, 1996) erklärt und daraus ein Stufenkompetenzmodell emotional Lernen Beziehungsmanagement: Umgang mit Beziehungen Soziale Bewusstsein: Selbstmanagement: Selbstwahrnehmung: Empathie Emotionen handhaben eigene Emotionen kennen motivationale Kompetenzen Soziale, empathische Kompetenzen Motivation Persönliche Kompetenzen In div idu ali sie rte s Le rn en br au ch te m ot ion ale In te llig en z intelligenten Handelns abgeleitet. Mag. Dr. Gabriele Beer Abb.1 Kompetenzstufenmodell Emotionaler Intelligenz (vgl. Goleman 1995, 1996) 13 Daraus wurde folgendes Modell (vgl. Abb. 2) entwickelt, bei dem dieses Stufenkompetenzmodell die Basis für erfolgreichen individualisierten Unterricht darstellt. kreativ, angstfrei, eigenverantwortlich selbstständig, erfolgreich, neugierig ausdauernd, selbsttätig, zielstrebig, handlungsorientiert, entdeckend, forschend, angstfrei, zielorientiert, fördernd, fordernd, Fächer verbindend offenes Lernen E.V.A. Lernstationen freie Stillarbeit Wochenplanarbeit „Lerninseln“ Projektunterricht „Ateliers“ „Lernfelder“ Unterricht SchülerInnen denken argumentieren Modelle bilden kommunizieren u. präsentieren lesen, verstehen und interpretieren mathematisieren rechnen und darstellen durch Übernehmen bes. Aufgaben in der Gruppe (Coaching, Präsentation, Organisation, Grafik, Rechner,…) + Sozialform/Organisationsform als Raum für EA, PA, GA, Stationen, Plenum, Präsentationen, Infostände, ... Fachkompetenz, methodische K., didaktische K., soziale Kompetenz LehrerInnen Mag. Dr. Gabriele Beer Abb.2 Kompetenzstufenmodell „Individualisiertes Lernen braucht Emotionale Intelligenz“ Abschließend ermöglichen das Ausfüllen und die anschließende Auswertung eines Fragebogens zur emotionalen Intelligenz jedem/r Teilnehmer/in, Korrelationen mit Daten einer vorliegenden Studie zu erstellen und ihr persönliches Profil zu erfassen. 14 EVA UND METHODENTRAINING NACH DR. HEINZ KLIPPERT Reinhold Kletzander n meinem zweistündigen Workshop habe ich versucht, den Teilnehmer/innen Grundzüge des Eigenverantwortlichen Arbeitens und Lernens (EVA) nach Heinz Klippert näher zu bringen. Als Einstieg dienten einige Karikaturen zum Thema Lernen, zu denen in Kleingruppen Plakate erstellt wurden. Hier ein Beispiel: Aufgaben zu den LERNKARIKATUREN: Überlege allein: Welches Thema wird auf der Karikatur dargestellt? Betrifft mich dieses Thema, habe ich Erfahrungen damit? Welche Lösungsansätze kann ich mir vorstellen? Aus den Stammgruppen wurden dann so genannte Verschnittgruppen gebildet, in denen sich aus jeder Stammgruppe ein/e Teilnehmer/in befand, sozusagen als Experte/Expertin für eine der Karikaturen. In einem Museumsrundgang wurden die Karikaturen und Plakate von den jeweiligen Expert/innen erläutert. Nach einer angeregten Diskussion im Plenum erfolgte ein kurzer theoretischer Input. 15 DAS KONZEPT DES EIGENVERANTWORTLICHEN ARBEITENS UND LERNENS IM ÜBERBLICK: Grundmodule des EVA sind: · METHODENTRAINING: Einüben elementarer Lern- und Arbeitstechniken · EVA IM FACHUNTERRICHT: praktisches Anwenden der erlernten Arbeitsmethoden · KOMMUNIKATIONSTRAINING · TEAMTRAINING: Arbeit in unterschiedlichen Sozialformen Methodentraining als Basisstrategie des EVA wird in Trainingstagen oder einer Trainingswoche durchgeführt. Die Inhalte sind dabei auf die jeweilige Altersstufe und sonstige Bedürfnisse (etwa Schulen mit besonderen Schwerpunkten und Zielsetzungen) abzustimmen. Die Arbeitstechniken lassen sich einteilen in · Produktives Tun (Texte markieren, exzerpieren, Arbeitsblätter erstellen, Rätsel, Lernspiele, Plakate…) · Kommunikatives Handeln (Gespräch und Diskussion in unterschiedlichen Sozialformen, argumentieren, präsentieren…) und · Exploratives Tun (erkunden, beobachten, Expertenbefragung, Reportage, Projektarbeit…). Die erlernten Methoden werden im Fachunterricht eingesetzt. Das Konzept der „Lernspirale“ bewirkt ein immer tieferes Eindringen in ein bestimmtes Stoffgebiet, wobei der Vorgang des Wissenserwerbs im Idealfall von den Lernenden selbst und in Eigenverantwortung organisiert und gesteuert wird. Die Lernspirale, von Klippert auch als „Makrospirale“ bezeichnet, gliedert sich im in drei Bereiche: Vorwissen aktivieren: · Gesprächs- und Fragerunden, · „Begriffslandschaften“ erstellen, · assoziatives Zeichnen… · Neue Erkenntnisse und Verfahrensweisen erarbeiten: Input durch Lehrervortrag, Fachliteratur etc., Beschaffung von weiteren Informationsquellen, Aufgaben lösen, Arbeitsblätter erstellen, Präsentationen… 16 Komplexere Anwendungs- Reportagen, Arbeit im und Transferaufgaben: außerschulischen Bereich Dokumentationen (Medien, und Aufführungen, Ausstellungen…), organisieren von Diskussionsrunden… Das Grundkonzept des EVA fasst Heinz Klippert in seinem „Neuen Haus des Lernens“ zusammen. Aufbauend Kommunikationstraining und auf den drei Teamentwicklung Säulen bildet Methodentraining, EVA die besten Voraussetzungen, dass die Schüler/innen Fachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz erwerben. Die in der pädagogischen Diskussion der letzten Jahre häufig diskutierten Schlüsselqualifikationen sind das Ziel, das es zu erreichen gilt. Nach einem Erfahrungsaustausch, bei dem die Teilnehmer/innen aus ihrer eigenen Praxis berichteten stand zum Abschluss des Workshops noch die Erprobung einer Methode auf dem Programm, die sich auch besonders für den Unterricht mit gehörlosen und hörbehinderten Kindern eignet. In Anlehnung an das so genannte Laufdiktat werden gut lesbare Zettel (A3-Format) mit Informationen zu Sachthemen an den Wänden aufgehängt. Jedes Kind bekommt einen Fragenzettel. Die passenden Antworten dazu sind auf den ausgehängten Zetteln zu finden. Die Reihenfolge des Beantwortens ist beliebig, einzige Bedingung ist, der Fragenzettel muss am Platz liegen bleiben. Dadurch ist es notwendig, sich Fragen und Antworten zu merken, anders ausgedrückt, es findet ein Transfer vom Ultrakurzzeit- ins Kurzzeitgedächtnis statt, was den spontanen Lernertrag wesentlich erhöht. Auch das Herumgehen wirkt sich positiv aus. Diese Methode wird von den Schüler/innen allgemein sehr gut angenommen. Nach meinen Erfahrungen stellt sich in der Klasse ganz von selbst angenehme und entspannte Arbeitsatmosphäre ein. Die Arbeit wird in Ruhe und mit großer Konzentration erledigt. Anwendungsgebiete dieser Technik sehe ich vor allem in einem ersten Aneignen von Wissen zu einem neuen Themengebiet, oder aber in der abschließenden Zusammenfassung eines Stoffgebietes. Auch eine Kombination mir einer Lernzielkontrolle ist möglich: „Welche Fragen kann ich beantworten, ohne dass ich auf die ausgehängten Zettel schauen muss?“ 17 FAZIT: Es zeigte sich, dass viele Kolleg/innen einige der vorgestellten Methoden bereits mit großem Erfolg anwenden. Der theoretische Unterbau war für manche als Ergänzung sehr interessant, andere hätten sich mehr praktische Beispiele gewünscht, ganz im meinem Sinn, jedoch wäre dazu mehr Zeit notwendig gewesen. 18 WUNDERWERK GEHIRN- GEHIRNGERECHTES LERNEN AlbertMattes ÜBERBLICK 1. Der Hirnstamm (oder das Reptilienhirn) 2 2. Das Limbische System (oder Säugetierhirn) 3. Der Neocortex (oder das Denkhirn) 3 4 5 *Quellennachweis Abbildungen Nr.: 1 – 3, „M*A*S*T*E*R – Learning. Die optimale Methode für leichtes und effektives Lernen“ Colin Rose, Malcom J. Nicholl 22002, mvg Verlag, Landsberg - München 19 Wie wahr ist die Wahrnehmung? 6 7 Wie kommen die Informationen ins Gehirn? 8 9 10 *Quellennachweis Abbildungen Nr.: 6 – 10, „Was haben wir im Kopf? Die Grundlagen für gehirngerechtes Lehren und Lernen“ Hans Schachl 2006, Verlag Veritas, Linz 20 Immer dieser Stress! 12 12 Vier Arten der Hirnstromwellen 13 14 *Quellennachweis Abbildung Nr.: 12: „Was haben wir im Kopf? Die Grundlagen für gehirngerechtes Lehren und Lernen“ Hans Schachl 2006, Verlag Veritas, Linz 21 Elf Gebote für gehirngerechtes Lernen 1. ÜBERBLICK vor Einzelinformationen! 2. TRANSPARENZ der Lehr- und Lernziele! 3. INTERESSE wecken! 4. WIEDERHOLEN! 5. MEHRERE SINNE ansprechen! 6. Auf die GEFÜHLE achten! 7. RÜCKMELDEN! 8. PAUSEN einlegen! 9. In der richtigen REIHENFOLGE lehren und lernen! 10. VERNETZEN! 11. Beachten der individuellen BEGABUNGEN! 15 *Quellennachweis Abbildung Nr.: 15: „Was haben wir im Kopf? Die Grundlagen für gehirngerechtes Lehren und Lernen“ Hans Schachl 2006, Verlag Veritas, Linz 22 AUGENBEWEGUNGSMUSTER O´Connor J. / Seymour J., Neurolinquistisches Programmieren: Gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung, VAK Verlag 152005, S.71 23 FRAGEN ZUR BEOBACHTUNG DER AUGENBEWEGUNGEN UM VISUELLE AUGENMUSTER HERVORZURUFEN, KÖNNEN SIE FOLGENDE ODER ÄHNLICHE FRAGEN STELLEN: Welche Farbe hatte dein erstes Fahrrad? Welche Haarfarbe hat deine Mutter? Welche Farbe hat deine Haustür? Wie hoch ist das Haus, in dem du wohnst? (visuell erinnert) Wie schaut deine Mutter mit grünen Haaren aus? Wie würde dein Fahrrad aussehen, wenn es mit violetten Punkten geschmückt wäre? Wenn eine Landkarte verkehrt herum liegt, wo wäre Südost? (visuell konstruiert) UM AUDITIVE AUGENMUSTER HERVORZURUFEN, VERWENDEN SIE FOLGENDE FRAGEN: Wie klingt die Stimme deines besten Freundes? Wie klingen die ersten Takte deines Lieblingsliedes? Welche Tür in deinem Haus knallt am lautesten? Wie ist der Ton, wenn die Telefonleitung besetzt ist? (auditiv erinnert) Wie würde dein Lieblingslied klingen, wenn es von einem Opernsänger vorgetragen würde? Wie würde sich deine Stimme unter Wasser anhören? Denk an dein Lieblingslied, wie es mit doppelter Geschwindigkeit gespielt wird. (auditiv konstruiert) UM AUGENMUSTER IM GEFÜHLSBEREICH (INCL. GERÜCHE UND GESCHMACK) ZU HERVORZURUFEN, FRAGEN SIE FOLGENDERMAßEN (KINÄSTHETISCH): Wie fühlst du dich? Wie fühlt sich Seide auf der Haut an? Fühlt sich dein rechter oder dein linker Arm kälter an? Wie fühlt es sich an, eine Katze zu streicheln? Wie schmeckt Basilikum in der Suppe? Welchen Geruch verbindest du mit Rosenblüten? 24 FRAGEN, UM EINEN INNEREN DIALOG EINZULEITEN (FRAGEN, DIE ZUM GRÜBELN, NACHDENKEN, FANTASIEGESPRÄCH FÜHREN, SÄTZE ODER SATZTEILE, DIE SIE SICH SELBST VORSAGEN): Möchtest du einmal jemandem richtig deine Meinung sagen? Was würdest du da sagen? Singe im Stillen ein Kinderlied. Gibt es etwas, wo du dich schwer entscheiden kannst? Bist du manchmal im Zwiespalt. Um was geht es da? Über was grübelst du gerne? Gaßner E., Lerntypen und Lernstrategien. Ein Leben lang lernen 2, K2-Verlag, Krefeld 2006 S.57f. O´Connor J. / Seymour J., Neurolinguistisches Programmieren: Gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung, VAK Verlag 152005, S.73f. 25 MULTIPLE INTELLIGENZEN Besondere Fähigkeiten Sprachliche Intelligenz Die Fähigkeit, die Sprache richtig einzusetzen (sowohl durch mündliche Instruktion wie durch das geschriebene Wort), Reflexion über Sprache („denke darüber nach, was ich dir gerade gesagt habe"), Sprechflüssigkeit Musikalische Fähigkeit, eine Melodie, einen Intelligenz Rhythmus, die Klangfarbe und Tonhöhe zu unterscheiden Logisch – Fähigkeit, mit Abstraktionen mathematische umzugehen, Verständnis für Intelligenz Zahlen, Raum und Zeit Die Fähigkeit, sich die Welt Räumliche räumlich vorstellen zu können Intelligenz (visuelle Intelligenz) Die körperlich kinästhetische Intelligenz Die intrapersonale Intelligenz Die interpersonale Intelligenz Naturalistische Intelligenz Spirituell – existentielle Intelligenz Die Fähigkeit die eigene Körperbewegung zu koordinieren und zu steuern, Fähigkeit, Bewegungsmuster zu erkennen und umsetzen zu können Zugang zu den eigenen Emotionen, die Fähigkeit, sie zu erkennen und unterscheiden zu können und sie als Mittel zur Steuerung der eigenen Handlungen zu benutzen, die intrapersonale I. befähigt zur Selbstreflexion Beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen den Personen Sensibilität für Naturphänomene Sensibilität für die Grundfragen des Lebens Merkmale Personen mit einer ausgeprägten sprachlichen Intelligenz besitzen auch ein gutes Gedächtnis (z.B. für Wegbeschreibungen oder Spielregeln), sprachliches Ausdrucksvermögen, Talent Metaphern zu verstehen. Denken in Tönen und Melodien Abstraktes Denken Orientierungssinn, Wiedererkennung von Objekten, Umgang mit Symbolen wie Straßen-karten, geometrischen Formen Spezielle Talente im Sport, Lust und Freude an der Bewegung Selbsterkenntnis als Schüssel zur eigenen psychischen Gesundheit, Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen Die Fähigkeit, mit anderen problemlos kommunizieren zu können, Kooperation in einer Gruppe (Teamarbeit) Stark ausgeprägtes Gefühl für Ordnung und Systeme Interesse für spirituelle Themen Gaßner Elisabeth, Konzentration, Gedächtnis und Intelligenzen. Ein Leben lang lernen 3, K2-Verlag, Krefeld 2006, S.90ff. 26 „LERNTECHNIKEN NACH BIRKENBIHL“ Dipl.Päd. Zäzilia Schuster VS St.Marien in J eder, der eine neue Tätigkeit lernen möchte oder in ein bisher fremdes Wissensgebiet einsteigt, betritt den untersten Bereich des LERNBERGES. Im ersten Abschnitt, der, auf Schule umgelegt, den Bereich vom 6. bis zum 12. Lebensjahr umfasst, sollte viel probiert (siehe LERNTOOLS) und wenig kritisiert werden. Das Kind lernt · durch den sogenannten „BALL im TOR-EFFEKT“ und · Der Lehrer/ die Lehrerin wird zum Coach. In dieser Phase spielen Spiegelneuronen eine wichtige Rolle. Die LERNTYPEN und die NEURONALE GESCHWINDIGKEIT werden entdeckt und berücksichtigt. Hier kommen auch die gehirn-gerechten Lerntools zum Einsatz. ABC-LISTEN: Sie stellen eine Bestandsaufnahme des Wissens dar. Sie zählen zu den ASSOZIATIVEN Techniken. Die Teilnehmer/innen erstellten eine ABC-Liste mit dem Thema „Tiere“. Durch Gespräche in der Gruppe wurden viele Möglichkeiten gefunden, das gesammelte Wissen zu verarbeiten: Durch VERGLEICHEN und ABSCHREIBEN voneinander wurden die Begriffe vermehrt. Der Inhalt der ABC-Liste kann nun KATEGORISIERT, HIERARCHISIERT, KOMMENTIERT oder auch mit einer ABC-Liste zu einem völlig anderen Thema als 27 LULLSCHE LEITER verwendet werden. Hier kommt der BISOZIATIVE Ansatz zur Anwendung. ABC-Listen können schon ab der 1. Schulstufe als WÖRTERBUCH angelegt werden. KAWA: KREATIV- ANALOG- WORT- ASSOZIATION: Diese Technik hilft das WESENTLICHE zu einem Thema zu finden. Es wird ein SCHLÜSSELWORT ausgewählt und zu den einzelnen Buchstaben Wesentliches geschrieben. Diese Technik eignet sich hervorragend zur Erstellung von Zusammenfassungen von Sachgebieten, Büchern, zur Vorbereitung eines Vortrages oder zur Präsentation. Beim Workshop wurden KAWAS zum eigenen Vornamen erarbeitet. KAGA: KREATIV – ANALOG- GRAFIK- ASSOZIATION: Was beim KAWA geschrieben wird, übernimmt beim KAGA eine Grafik. Zeichen zu erfinden und entschlüsseln zu lassen, regt die Kreativität an. Eine KOMBINATION aus ABC-Liste und KAWA ist die sogenannte GOETHE-DENKMethode, die zum Schreiben von Aufsätzen eine hervorragende Basis bildet. Am ersten Tag werden Wörter zu einem Thema gesucht, am zweiten Tag werden diese Wörter in eine ABC-Liste eingetragen und wenn nötig, noch ergänzt. Am dritten Tag stellen die Schüler KAWAs zu einem selbst bestimmten SCHLÜSSELWORT her und am vierten Tag kann der Aufsatz geschrieben werden. Die Fehlerquote ist niedriger und die Aufsätze sind inhaltlich anspruchsvoller. 28 NEUROBIOLOGISCHE ERKENNTNISSE UND PÄDAGOGISCHES HANDELN Dir. Peter Schwarzmann m vergangenen Jahrzehnt hat sich für das pädagogische Denken und Handeln eine entscheidende Entwicklung ergeben. Hirnforscher (z.B.: Joachim Bauer, Gerald Hüther, Manfred Spitzer und viele andere) traten ganz bewusst in die Öffentlichkeit, um ihre Erkenntnisse über Vorgänge im Gehirn in der Gesellschaft, vor allem aber im Bereich der pädagogischen Berufe, bekannt zu machen. Moderne bildgebende Verfahren (z.B. Magnetresonanztomographie) machten es möglich, dem Gehirn „beim Lernen“ zuzuschauen. Noch nie zuvor konnte so klar dargestellt werden, dass wir als Eltern, wir als Pädagoginnen und Pädagogen durch unser (pädagogisches) Handeln tatsächlich nachhaltige Veränderungen und Entwicklungen im kindlichen Gehirn auslösen. Joachim Bauer spricht davon, dass wir im Gehirn „aus Pädagogik und Psychologie Biologie machen“. Ganz klar kann gezeigt werden, welche Mechanismen im Gehirn bei positiven, genauso aber auch bei negativen Erfahrungen ausgelöst werden. VORGÄNGE BEI POSITIVEN ERFAHRUNGEN: Es konnte nachgewiesen werden, dass erfolgreiches Handeln oder die Erwartung solcher Erfahrungen im lymbischen System (Teil des Gehirns, wo Gefühle verarbeitet werden) das sog. „Belohnungssystem“ aktiviert. Hierbei kommt es zur Ausschüttung des Botenstoffes Dopamin, welcher zu erhöhter Aktivität des Frontalhirns, also der Steuerzentrale des menschlichen Gehirns, führt. Zusätzlich entsteht im Gehirn durch sog. endogene Opioide „ein gutes Gefühl“, also ein subjektiver Belohnungseffekt. Zahlreiche Erfahrungen von erfolgreichem Handeln (Kompetenz und Selbstwirksamkeit) verstärken neurologische Verbindungen und 29 die Gehirnaktivität. Motivation, Anstrengungsbereitschaft und Freude an Leistung entsteht! „Gelernt wird immer dann, wenn positive Erfahrungen gemacht werden. … wobei klar sein muss, dass für den Menschen die positive Erfahrung schlechthin in positiven Sozialkontakten besteht.“ (Manfred Spitzer) VORGÄNGE IM GEHIRN BEI ANGST, STRESS, SOZIALER VERNACHLÄSSIGUNG BEDROHUNG: ODER Ebenfalls im lymbischen System gibt es die sog. „Mandelkerne“ (lat. Amygdala). Diese Teile des Gehirns schalten sich immer dann ein, wenn wir uns in einer „Gefahr“ befinden. In Bruchteilen von Sekunden werden Botenstoffe wie Noradrenalin im Gehirn, sowie Adrenalin und Cortisol im Körper ausgeschüttet. Diese Botenstoffe führen dazu, dass im Gehirn Synapsen blockiert werden und im Körper alles auf Kampf oder Flucht (Erhöhung der Herzfrequenz, Anspannung der Muskulatur, …), in ausweglos erscheinenden Situationen auch auf „Totstellen“, geschaltet wird. Auswirkungen von sozialer Vernachlässigung, Ausgrenzung und andauerndem Misserfolg: In Versuchen mit Strauchratten an der Universität Magdeburg fand man heraus, was frühkindlicher Stress in den Gehirnen von Kindern bewirkt kann: Es stellt sich heraus, dass die Gehirnaktivität in den verschiedenen Regionen, besonders im lymbischen System, um bis zu 50% reduziert wird. Das Gehirn läuft während der Stressperiode auf Sparflamme. Über längere Zeiträume betrachtet ergeben sich strukturelle Veränderungen im Gehirn. Es verändern sich die Informationskanäle, die synaptischen Kontakte zwischen den Nervenzellen in genau den Zentren des Gehirns, mit denen wir Zeit unseres Lebens lernen, Inhalte im Gedächtnis abspeichern und natürlich auch unsere emotionale Welt wahrnehmen. Das Gleichgewicht zwischen den Neurotransmittern (Dopamin, Oxytocin, …) und ihren Rezeptoren verschiebt sich vollkommen. Längerfristig gibt es weniger Fasern, die Dopamin und Serotonin ausschütten, das körpereigene Belohnungssystem arbeitet nur mehr eingeschränkt. (vergl. Anna Katharina Braun) 30 KONSEQUENZEN FÜR DAS PÄDAGOGISCHE HANDELN: Wenn nun doch relativ klar ist, welche Mechanismen im Gehirn durch unterschiedliche pädagogische und soziale Situationen in Gang kommen, so können daraus Überlegungen abgeleitet werden, wie Sozialisationsprozesse und „Lernen“ gestaltet werden sollten. Im Rahmen des Workshops wurde an Hand des Verlaufes eines ganz konkreten Kinderschicksals veranschaulicht, wie pädagogisches Handeln, das sich zuerst vor allem auf den Einsatz Entwicklungsspirale in von Gang negativen setzte, Maßnahmen die letztendlich konzentrierte, zur Leistungs- eine und Schulverweigerung führte, ja das betroffene Kind in eine massive persönliche Krise stürzte. Soziale Ausgrenzung, die Konzentration auf „den Fehler“ und ein Überangebot an negativem Feedback, erzeugten Hoffnungslosigkeit bei allen Beteiligten (Kind, Eltern, Lehrer/innen) und machten die geforderte Veränderung hin zum Positiven unmöglich. Erst ein Schulwechsel und damit verbunden eine Änderung des pädagogischen Konzeptes, das neurobiologischen sich an Forschung den eingangs orientierte, erwähnten brachte die Erkenntnissen erwünschte der positive Veränderung, die bis heute (6 Jahre später) nachhaltig wirkt. Angebote, wie das Erstellen „individueller Erfolgsbilanzen“, der Einsatz von Tokensystemen, die regelmäßige Abhaltung sog. „Ich-bin-stolz-Runden“, Projekte zum sozialen Lernen, etc., aber natürlich auch Maßnahmen der Individualisierung und Differenzierung trugen dazu bei, dass sich bei diesem Kind eine „innere Kraft“ entwickelte, die die bestehenden Probleme überwinden konnte und eine positive Persönlichkeitsentwicklung ermöglichte. Dieses Kind hat, so wie viele andere auch, uns Pädagog/innen sehr klar gezeigt, dass erst der Aufbau eines positiven Selbstbildes und die Entwicklung des Gefühls kompetent zu sein (vergl. A. Bandura: Selbstwirksamkeit), diese Veränderungen möglich machen. So möchte ich mit drei Zitaten schließen, die wertvolle pädagogische Grundhaltungen beschreiben: · „Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann, so ist es der Glaube an die eigene Kraft!“ (Marie von Ebner-Eschenbach) · „Innerlich liebevoll bleiben: Wo ein liebevoller Blick ist, haben Fehler wenig Bedeutung!“ (Elisabeth Lindner) 31 · „Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen!“ (Guy de Maupassant) Dir. Peter Schwarzmann SPZ-Leiter in Wien, Lehrer an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien / Krems, Lehrbeauftragter an Pädagogischen Hochschulen Österreichs Literatur unter: [email protected] 32 „MEHR MERKEN – MNEMOTECHNIKEN IM UNTERRICHT“ Dr. Katharina Turecek Email: [email protected] Tel: 0676 71 24 796 in ie ältesten Schriften über Gedächtnistechniken stammen von Aristoteles. Er war der erste, der auf die Idee kam, durch Ordnung und Assoziation Erinnerung zu erleichtern und legte den Grundstein für unsere Mnemotechniken: Mnemotechniken basieren auf der Erkenntnis, dass wir nicht nur durch Wiederholung lernen, sondern unser Gehirn wichtige, bemerkenswerte Informationen speichert, sofern es sie in das bestehende Erinnerungsnetzwerk einbauen kann. Die griechischen und römischen Redner verwendeten Mnemotechniken, um sich ihre langen Reden zu merken. Da früher vieles nicht niedergeschrieben war, sondern nur durch Erzählungen weitergegeben wurde, waren die Menschen auf ein gutes Gedächtnis angewiesen. Heute sind diese Techniken durch die Existenz von Terminkalender, Notebooks, Handyspeicher und anderer Gedächtnishilfen ziemlich in Vergessenheit geraten. Gehen Sie auf mit Hilfe dieses Kapitels auf Entdeckungsreise und finden Sie altbewährte Gedächtnistricks! MERKGESCHICHTEN: WENN MÄRCHEN BEIM ERINNERN HELFEN Wenn Sie Ihrem Kind ein Buch vorlesen, hört es gebannt zu. Genauso spannend kann es sich seinen eigenen Lernstoff gestaltet. Eine Liste von Begriffen wird fantasievoll gelernt, wenn man eine lustige oder aufregende Geschichte mit ihnen erzählt. z.B.: die sieben Weltwunder der Antike 1. Die hängenden Gärten der Semiramis zu Babylon 2. Der Koloss von Rhodos 3. Das Grab des König Mausolos II. zu Halikarnassos 4. Der Leuchtturm auf der Insel Pharos vor Alexandria 5. Die Pyramiden von Gizeh in Ägypten 33 6. Der Tempel der Artemis in Ephesos 7. Die Zeusstatue des Phidias von Olympia Anita begibt sich auf eine Zeitreise zurück in die Antike. Doch die Landung mit der Zeitmaschine ist nicht ganz unproblematisch: sie bleibt in einem Garten hängen (die hängenden Gärten). Sie klettert aus der Zeitmaschine und erkundet die Gegend. Auf einmal sieht sie einen riesigen Koloss. (Koloss von Rhodos) Vor Angst läuft sie davon. Da stolpert sie über einen Grabstein. „fasst wäre ich zu Tod erschrocken.“ (Grab von König Mausolo) denkt sie. Da sieht sie in der Ferne ein Licht. Sie läuft darauf zu und erreicht das Meer. Das Licht kommt von einem wunderschönen Leuchtturm (Leuchtturm der Insel Pharos von Alexandria). Im Licht des Leuchtturms erkennt sie aber ein anderes interessantes Bauwerk. Eine Pyramide (Pyramiden von Gizeh in Ägypten). Sie klettert bis auf die Spitze und blickt auf den Horizont. In der Ferne sieht sie einen Tempel (Tempel der Artemis in Ephesos). Sie würde den Tempel gerne aus der Nähe betrachten, doch sie hat keine Lust so weit zu laufen. Es ist schon spät und sie geht zurück zur Zeitmaschine. Dort trifft sie Zeus (Zeusstatue des Phidias von Olympia). Anita verabschiedet sich von ihm und der Antike und fliegt zurück. Ihr Kind kann auch selber derartige Lern-Märchen erzählen. Je absurder, desto besser. MERKGESCHICHTEN SPEICHERN: Zur Übung kann die Geschichte aufgeschrieben werden. Wer nicht gerne schreibt, darf auch eine Bildergeschichte zeichnen. Löschen Sie einige Stellen der Geschichte und entwickeln Sie so einen Lückentext. Ihr Kind soll die fehlenden Worte einsetzen. WISSENSRAUM: DAS KLASSENZIMMER ALS SCHUMMELZETTEL Bei dieser Methode nützen Sie einen realen oder erfundenen Raum als Merkstütze. Sie suchen sich so viele Positionen wie sie brauchen. Sehen Sie sich dazu im Uhrzeigersinn im Raum um. Welche markanten Stellen können Sie verwenden? Anschließend stellen Sie sich die einzelnen Begriffe der Reihe nach an den gewählten Positionen vor. Wie immer sollten diese Bilder möglichst merkwürdig sein. 34 z.B.: Die Bundesländer Österreichs lauten: Vorarlberg – Tirol – Salzburg – Oberösterreich – Niederösterreich – Wien – Burgenland – Steiermark - Kärnten So könnte das Zimmer von einem Schüler/ einer Schülerin aussehen: Wir brauchen neun Positionen um alle Bundesländer unterzubringen. Wir beginnen links im Bild und gehen den Raum im Uhrzeigersinn ab: Schubladen - Fenster - Mistkübel - Schreibtisch - Sessel Kasten - Bett - Nachttisch - Teppich Hinter der Schublade ist ein Berg, deswegen steht sie so weit vorne. (Vorarlberg) Draußen vor dem Fenster steht ein Tier in Lederlosen und mit Tirolerhut. (Tirol) Im Mistkübel finden wir eine Burg aus Sand. (Salz-burg) Oben auf dem Schreibtisch liegt Oberösterreich. Darunter, nieder, liegt Niederösterreich unter dem Sessel. Im Kasten liegt ein Paar Wiener-Würstel (Wien). Auf dem Bett bauen wir viele Burgen. Hier entsteht ein richtiges Burgen-land. Am Nachttisch liegen heilige Eier. (St. Eier-Mark) Der Teppich besteht aus Käse. (Kärnten) Auszug aus: Clever lernen: Kids erfolgreiches Lernen für Schule und Alltag Dr.in Katharina Turecek 2008 Hubert Krenn Verlag 35 36 37