Der lange Weg zum besten Gewicht

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BLICKPUNKT
Von ABNEHMKURS bis OPERATION:
Wie Ärzte stark Übergewichtigen
helfen, die schon ein Leben lang vergeblich gegen ihre Kilos ankämpfen
Der lange Weg
zum besten
Katharina Schimkus (31)
Gewicht
„In der Klinik
klappt es,
zu Hause nicht“
Ich war schon zweimal in einer Klinik, um
abzunehmen. Das hat
auch prima funktioniert. Aber im Alltag
fiel ich schnell wieder in meine alten Verhaltensmuster zurück
und habe Probleme
mit ­Essen kompensiert. Jetzt plane ich
­eine ­Magenoperation.
Das Abnehmprogramm
„Doc Weight“ hilft mir,
mich darauf – und auf
die Zeit danach – vorzubereiten.
Text: Andrea Grill
8 Diabetes Ratgeber
Foto: W&B/Wolf Heider-Sawall
S
chon mal eine Diät gemacht? Die
zehn Frauen und Männer, die sich jeden Montagabend im Seminarraum der
Münchner Ernährungs­
medizinerin Dr.
Patricia Haberl treffen, können bei so einer Frage nur müde lächeln. Sie haben
nicht eine, nicht zwei oder drei Diäten
ausprobiert, sondern sich jahrzehntelang durch sämtliche gängigen AbnehmKonzepte gearbeitet. Und die Kilos sind
nach einigen Wochen „Schlank im Schlaf“,
„Dinner Cancelling“, „Metabolic Balance“
oder Formula-Diät tatsächlich gepurzelt.
Trotzdem kannte die Gewichtsanzeige 3
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Diabetes Ratgeber
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BLICKPUNKT
10 Diabetes Ratgeber
Fast ein Viertel aller erwachsenen Deutschen ist nach medizinischen Maßstäben
fettleibig, sie haben einen BMI von 30
oder höher. Die Betroffenen müssen oft
schon früh mit gesundheitlichen Risiken
leben. Wohin massives Übergewicht führt,
zeigte jüngst eine Untersuchung aus Dänemark: Forscher beobachteten 6500
Männer vom 22. Geburtstag bis zum 55.
Lebensjahr. Diejenigen, die zu Beginn der
Studie fettleibig waren, hatten in den Folgejahren ein dreimal so hohes Risiko, an
Typ-2-Diabetes zu erkranken, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden oder
zu sterben. Am engsten war die Fettsucht
mit dem Diabetesrisiko verbunden: Jeder vierte Dicke erhielt im Studienverlauf
diese Diagnose, aber nur fünf Prozent der
Normalgewichtigen.
Doris Stenner (50)
„In der Gruppe geht
es leichter“
Für mich war ein Jahr
„Doc Weight“ genau das
Richtige. So eine Gruppe
tut allen gut: Da sitzen jede Woche Menschen, die
genau die gleichen Probleme haben, die gleichen Vorgeschichten, die
gleichen Rückfälle. Und
die auch mal Tipps geben können, wie sie es geschafft haben, mit Krisen
umzugehen. Ich habe viel
Neues gelernt, kaufe
heute bedachter ein und
esse auch bewusster.
Einfach weniger essen?
Foto: W&B/Fritz Stockmeier
auf der Waage, langfristig gesehen, nur einen einzigen Trend: nach oben.
Jetzt sitzen sie beladen mit ihrer schweren Bürde – einige wiegen mehr als 150 Kilogramm – im Schulungsraum und arbeiten gemeinsam daran, von ihrem Übergewicht wegzukommen. Gelingen soll
das mit dem ärztlich betreuten, einjährigen Abnehmprogramm „Doc Weight“.
Die Teilnahme ist Menschen mit Adipositas vom Grad III vorbehalten. Das entspricht einem Body Mass Index (BMI) ab
40 oder zum Beispiel einem Gewicht von
115 kg bei einer Körpergröße von 1,70 m.
Wenn die Fettleibigkeit bereits zu Folgeerkrankungen wie etwa Typ-2-Diabetes geführt hat, kommt der Kurs ab einem BMI
von 35 infrage.
Hinter dem Projekt „Doc Weight“ steht
der Bund Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM). Vizepräsidentin Dr. Birgit
Schilling-Maßmann hat das Programm
mit entwickelt. „Viele extrem übergewichtige Menschen leben mit einem großen
Leidensdruck. Sie werden gesellschaftlich
abgewertet, haben mit gesundheitlichen
und psychischen Problemen zu kämpfen“,
beschreibt sie ihre Klientel, „aber es bedarf oft eines Auslösers, der zur Erkenntnis führt, dass es so nicht mehr weitergehen kann.“ Das könne ein Check-up beim
Arzt sein, der ernste Erkrankungen zutage
fördert. Oder auch der vergebliche Versuch
einer Mutter, sich neben dem eigenen Kind
auf dem Boden niederzulassen, um dort
gemeinsam Bauklötzchen zu stapeln.
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„Selbst schuld, sollen sie doch einfach weniger essen!“ Zeitgenossen, die Dicken mit
solchen Sprüchen begegnen, haben meist
keine Ahnung von den komplexen Ursachen der chronischen Erkrankung Adipositas. Tatsache ist, dass sich immer mehr
Fett anlagert, wenn ein Mensch über Jahre extrem viel isst und sich dabei kaum
bewegt. Aber auch genetische Faktoren,
von der Wissenschaft erst im Ansatz erforscht, spielen eine wichtige Rolle. Stoffwechselvorgänge in Körper und Gehirn,
auf die Betroffene kaum einwirken können, befeuern den Teufelskreis aus immer
mehr Essen und immer mehr Gewicht. 3
Diabetes Ratgeber
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Doc-WeightTeilnehmer beim
Nordic Walking.
In der Gruppe sind
auch Sportmuffel
motiviert
„Abnehmkurse
sind nur das
erste Stück eines
langen Weges“
Dr. Birgit Schilling-Maßmann,
Ernährungsmedizinerin
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fizierter Trainer, wie sie ihren Lebensstil
ändern können – und zwar dauerhaft.
„Wir helfen euch auf dem ersten Stück des
Weges, aber ihr müsst ihn danach für den
Rest des Lebens selbst weitergehen.“ Das
ist die Botschaft, die Ärzte und Trainer bei
Doc Weight vermitteln wollen.
Ein Ausrutscher ist kein Rückfall
Doris Stenner ist heute optimistisch,
dass ihr das gelingen wird. Die 50-jährige Geschäftsfrau war schon in ihrer Jugend mollig und wurde dann dicker und
dicker – obwohl sie immer gerne Sport
gemacht hat. „Als mein Gewicht letztes
Jahr auf einen Höchststand von 118 Kilogramm kletterte, habe ich beschlossen,
es mit Doc Weight zu versuchen.“ Sie hat
bis jetzt, kurz vor Kursende, zehn Kilogramm abgenommen und zum ersten
Mal einen Gewichtsverlust über Mo- 3
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Fotos: W&B/Jens Küsters; privat
Übergewichtige sind außerdem emotional
oft sehr belastet. Viele haben in der Kindheit Vernachlässigung, Missbrauch oder
Gewalt erlebt.
„Eine Diät allein führt da nicht raus“, erklärt Birgit Schilling-Maßmann. Die Betroffenen brauchten professionelle Hilfe.
Das Doc- Weight-Konzept biete diese mit
einer Kombination aus Ernährungsberatung, Bewegung und Verhaltenstherapie.
In insgesamt 77 Kurstagen erfahren und
erlernen die Teilnehmer mithilfe quali-
Diätassistentin Birgit Wachter stellt
Essensgewohnheiten infrage:
„Wenn Sie nichts ändern, wird sich
bei Ihnen auch nichts ändern!“
nate gehalten. „Ich kaufe bewusster ein und esse bewusster, aber ich
steige nicht täglich auf
die Waage“, sagt Doris Stenner. Klar gebe
es zwischendurch auch
Phasen, wo es nicht so
gut klappt mit der Dis„Fünf Portionen am Tag“ lautet die Empfehlung für Gemüse und Obst
ziplin in Sachen Ernährung. Aber sie habe im Kurs gelernt, das
als Ausrutscher zu sehen und nicht als
Rückfall und daraus auch wieder zu gesunden Essgewohnheiten zurückzufinden. „Früher hätte ich mir wahrscheinlich gesagt: Jetzt ist eh schon alles egal, da
kann ich auch gleich weiteressen.“
Viele haben zu ehrgeizige Ziele
14 Diabetes Ratgeber
Die Teilnehmer führen Ernährungsprotokolle,
um ihr bisheriges Essverhalten zu analysieren
Bei massiv Fettleibigen stößt die konservative Therapie allerdings an ihre Grenzen. „Für Menschen mit einem BMI über
50 wird es sehr, sehr schwierig, auf normalem Wege abzunehmen“, räumt Expertin Schilling-Maßmann ein.
Katharina Schimkus, mit einem BMI
von 64 die schwerste Teilnehmerin des
Münchner Doc-Weight-Kurses, ist trotzdem hoch motiviert. Wie alle in der Runde hat sie in den ersten Wochen ein
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Fotos: W&B/ Jens Küsters
Fünf bis zehn Prozent Gewicht sollen die
Doc-Weight-Teilnehmer im Kursjahr verlieren. „Das ist mir zu wenig! Ich will mindestens 30 Kilo abnehmen!“ Mit so ehrgeizigen Zielen treten viele anfangs an.
Der Kurs vermittelt ihnen, dass das unrealistisch ist und sie schon mit viel kleineren Schritten ihrer Gesundheit helfen und
neue Lebensqualität gewinnen können.
Adipöse Diabetiker, die Insulin benötigen, profitieren oft schon immens, wenn
nur wenige Kilos fallen und ein bisschen
Bewegung ins Leben kommt. Blutdruckund Cholesterinwerte verbessern sich,
und die Chancen stehen gut, die Insulindosis verringern zu können oder vielleicht
wieder ganz ohne Spritzen auszukommen.
betrachte Essen seitdem ganz
anders und greife nicht mehr
gedankenlos zu, sondern versuche den Ernährungswert
eines Lebensmittels einzuschätzen.“ Nach zwei Monaten Kurs zeigt die Waage bereits sechs Kilogramm weniger, aber „bei meinem hohen
Ausgangsgewicht spüre ich
das leider noch nicht“. Ihre
Ärzte haben der 31-Jährigen
zu einer Magen­operation geraten. „Auch Patienten wie Frau
Schimkus, die einen chirurgischen Eingriff planen, können von Doc Weight profitieren“, sagt Kursleiterin Patricia
Haberl. Denn jedes Kilogramm
weniger verbessere die Ausgangslage vor einer solchen
Operation. Und die ErnähErnährungsprotokoll geführt. Zweck des rungsberatung vermittle wichtiges WisGanzen: Die Frauen und Männer sehen sen für die Zeit danach.
schwarz auf weiß vor sich, was sie im Lauf
Ein chirurgischer Eingriff ist für massiv
einer normalen Woche täglich an Speisen Fettleibige oft die letzte Hoffnung, wenn
und Getränken zu sich nehmen. Mit der alle Abnehmversuche versagt haben. Mit
Diätassistentin besprechen sie dann, wie verschiedenen Operationstechniken versie ihre oft fett- und kalorienüberladene kleinern Ärzte entweder das MagenvoKost in kleinen Schritten gesund abwan- lumen oder verkürzen die Strecke, auf
deln können.
der Nahrung im Verdauungstrakt verKatharina Schimkus nimmt die Emp- wertet wird. Die Patienten nehmen dafehlungen der Trainerin sehr ernst: „Ich durch meist stark und anhaltend ab. 3
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Diabetes Ratgeber
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Durch eine Adipositas-Operation
verbessert sich oft auch der Diabetes
BLICKPUNKT
Eine bariatrische Operation (griechisch baros: Schwere) kommt infrage, wenn alle anderen Abnehmstrategien versagt haben.
Die häufigste Operation in Deutschland ist der „Magen-Bypass“. Dabei
verkleinert der Chirurg den Magen
und legt einen Teil des Dünndarms
still. Von „Bypass“ spricht man, weil
der Speisebrei am normalen Weg
vorbeigeht. Bei einer anderen Operation, dem „Schlauchmagen“, wird
ein Großteil des Magens entfernt.
Vor der Operation
Speiseröhre
Leber
Magen
Ausgeschalteter
Dünndarm
16 Diabetes Ratgeber
nes Dia­betes genügten Tabletten schon
lange nicht mehr, nur mit Insulin war der
Blutzucker in Schach zu halten. „Schließlich saß ich mit einem BMI von 56 und
172 Kilogramm Lebendgewicht vor einem
Dresdner Klinikarzt, der erstmals das Thema Operation ansprach.“
Bernd Mühle hat sich ausführlich beraten lassen und schließlich zu einer Magenverkleinerung entschlossen. „Die OP
dann gehst du da einmal hin und dann verlief gut, aber die Umstellung danach
enorm“, erinnert er sich. „Früher
nie wieder.“ Jeder Diätversuch scheiterte war ­
früher oder später, auch eine harte Klinik- konnte ich zwei Pizzen wegfuttern. HeuKur, die ihn zwar schlanker machte, aber te kaue ich eine Viertelstunde an einer
nervlich auszehrte. Zur Behandlung sei- halben und bin pappsatt.“ 50 Kilo­ 3
Abschied vom alten Leben
Wer sich zu einer Operation entschließt,
braucht unbedingt eine intensive Aufklärung über alle Risiken und Folgen. Denn
er verabschiedet sich von seinem alten Leben. Auf die Patienten kommen radikale
Veränderungen bei der Ernährung und
eine lebenslange ärztliche Nachbetreuung zu. Nicht zu vergessen die Folgekos­
Nach der Operation
ten. Oft werden zum Beispiel ästhetische
Nachoperationen nötig, die die KrankenVerkleinerter
kasse nicht bezahlt.
Magen
Für Bernd Mühle kam der Wendepunkt
vor vier Jahren. Übergewichtig seit KinderStillgelegter tagen, litt er unter Hänseleien und Ausgrenzung. Je dicker er wurde, umso mehr
Restmagen
isolierte er sich von seiner Umwelt und
suchte Trost in Schnitzel und Schokolade.
Immer wieder versuchte er sein Fett loszuwerden, auch mit Sport. Aber „wenn
Angenähter
du dich im Fitnessstudio abmühst und
Dünndarm
nebenan Wetten abgeschlossen werden,
(Bypass)
wann das Gerät wohl zusammenbricht,
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Foto: 123RF; Infografik: W&B/Ulrike Möhle
Letzte Rettung bei
starkem Übergewicht
Adipositas-Operationen lassen aber nicht
einfach nur Fettgewebe verschwinden,
sondern greifen in den Stoffwechsel ein.
Deshalb sprechen Mediziner auch von
„Metabolischer Chirurgie“. Bei Diabetikern bessern sich oft schon kurz nach der
Operation die Blutzuckerwerte, und die
Stoffwechselerkrankung verschwindet mitunter sogar völlig. Experten bewerten solche Befunde allerdings vorsichtig. Noch
fehlen Langzeitergebnisse zu den „Spontanheilungen“.
BLICKPUNKT
gramm hat er bis heute verloren – und
wieder Freude am Leben gewonnen. „Ich
kann Kleidung von der Stange kaufen und
die Treppen zu Hause ohne Verschnaufpause hochsteigen.“ Insulin benötigt er
nicht mehr, nur noch Tabletten. Viel freie
Zeit widmet er seiner Dresdner Adipositas-Selbsthilfegruppe „Die Molly­betiker“.
2008 von sieben d
­ ickleibigen Leidensgenossen gegründet, hat sie heute über 100
Mitglieder. „Hier fühlen sich Dicke endlich
mal nicht ausgegrenzt, sondern können
ihre Probleme und Erfahrungen teilen.“
Die ­Gruppe fängt Menschen auf, die früher nicht mehr vor die Tür gegangen sind.
Viele hätten bei den gemeinsamen Aktivitäten wieder Freunde und Partner gefunden, freut sich Mühle.
Der magische Uhu
Infos zum Programm Doc Weight und regionalen Angeboten: www.docweight.de
3
18 Diabetes Ratgeber
Bernd Mühle (53)
„Ich war an meinen Grenzen“
Mein hohes Übergewicht hat mich nicht
nur körperlich, sondern vor allem auch
psychisch an meine Grenzen gebracht.
Nachdem jahrzehntelang alle Abnehmversuche gescheitert waren, sah ich in einer
Operation die letzte Chance – schließlich
konnte ich dabei nur gewinnen, zu verlieren hatte ich nichts mehr. Heute, vier Jahre
später und 50 Kilogramm leichter, geht es
mir in jeder Hinsicht besser. Ich wurde von
Anfang an ärztlich gut betreut, gehe auch
heute noch regelmäßig zur Nachsorge und
habe bei Fragen oder Problemen immer
Ansprechpartner in der Fachklinik.
Foto: W&B/Jürgen Lösel
Für sich selbst hat er sich noch einiges
vorgenommen: „Ich will ein UHU werden.“ Was „unter Hundert“ bedeutet, also
die magische Marke von 1
­ 00 Kilogramm
zu knacken. Auch vielen Doc-Weight-Absolventen geistert der „UHU“ durch die
Köpfe. Ärztin Schilling-Maßmann verscheucht den beliebten Vogel: „Das Ziel ist
nicht eine bestim­mte Zahl auf der Waage.
Sondern für jeden Einzelnen das ‚beste
Gewicht‘.“ Nämlich das, bei dem er seinen neuen, gesünderen Lebensstil nicht
ertragen muss – sondern genießen kann.
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Diabetes Ratgeber
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BLICKPUNKT
Warum psychologische
Hilfe so wichtig ist
Welche psychischen
Ursachen kann massives
Übergewicht haben?
Die Wurzeln der Adipositas liegen oft schon in
der Kindheit. Vernachlässigung, Überforderung oder Missbrauch
haben zu seelischem
Leid geführt. Die Betroffenen suchen Trost im
Essen und werden immer dicker, was die Psyche weiter belastet.
Unsere Gesellschaft geht
mit Adipösen auch nicht
gerade feinfühlig um ...
Das ist richtig. Auf die
Straße oder zum Sport
zu gehen gleicht bei
stark Übergewichtigen
einem Spießrutenlauf.
Um den verächtlichen
Blicken und spöttischen
Kommentaren ihrer
Mitmenschen aus dem
Weg zu gehen, bleiben
20 Diabetes Ratgeber
viele lieber daheim. Und
kompensieren Einsamkeit und fehlende Zuwendung mit Essen. Vor
allem adipöse Frauen
haben oft ein niedriges
Selbstwertgefühl.
Ratschläge, wie man sich
gesünder ernähren kann,
helfen dann sicher wenig?
Die Ernährungsberatung
ist neben Bewegung ein
wichtiger Bestandteil von
Abnehmprogrammen für
Adipöse. Mindestens genauso wichtig ist aber die
psychologische Betreuung der Teilnehmer.
Wie kann diese aussehen?
Ein wichtiger Punkt ist
Verhaltenstherapie. An
unserer IFB AdipositasAmbulanz lernen die
Patienten in Einzel- und
Gruppengesprächen,
zum Beispiel auf Stress
und negative Gefühle
nicht mit übermäßigem
Essen zu reagieren. Um
problematische Essgewohnheiten und deren
Auslöser herauszufinden, führen sie ein EssTagebuch.
Sie sprechen von Verhaltenstherapie. Worin besteht der Unterschied zu
einer Psychotherapie?
Eine Psychotherapie, zu
der auch die Verhaltenstherapie gehört, ist umfangreicher und geht
tiefer. Dazu raten wir bei
Depressionen, Ängsten
und Essstörungen. Nach
solchen Problemen
sollte man immer fahnden und sie behandeln.
So steigt auch die Chance, nach einer Gewichts­
reduktion langfristig
nicht wieder zuzunehmen.
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Foto: W&B/Jonas Holthaus
NACHGEFRAGT
Prof. Dr. Anja
Hilbert,
verantwortliche
Psychologin an der
IFB AdipositasAmbulanz der
Uniklinik Leipzig
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