Depressive Teenager: Screenen lohnt sich 22.03.16 17:37 Ärzte Zeitung, 22.03.2016 06:18 Depressive Teenager Screenen lohnt sich! US-Experten propagieren das Screening Jugendlicher zwischen zwölf und 18 Jahren auf Depressionen. Die Task Force beruft sich auf neuere Studien. Von Elke Oberhofer Der depressiven Störung im Kindesalter folgen oft weitere depressive Phasen im späteren Leben. © Jochen Schönfeld / fotolia.com NEW YORK. Depressionen bei Kindern und Jugendlichen bleiben häufig unerkannt. Studien zufolge erhalten nur 36 Prozent bis 44 Prozent der Betroffenen in dieser Altersgruppe eine adäquate Therapie. Nach repräsentativen Umfragen in den USA berichten etwa 8 Prozent der Jugendlichen, im vergangenen Jahr unter Depressionen gelitten zu haben. Die Voraussetzung für eine adäquate Diagnostik sind entsprechend sensitive und spezifische Screening-Instrumente, die für diese Altersgruppe geeignet sind. Screening-Empfehlung in den USA Bereits 2009 hat die US Preventive Services Task Force (USPSTF) eine Screening-Empfehlung vorgelegt. Diese wurde jetzt durch neuere Studienergebnisse bestätigt. Demnach ist das Screening mit geeigneten Instrumenten bei Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren geeignet, eine "Major Depression" ausreichend zuverlässig zu identifizieren (Pediatrics 2016; 137 (3): e20154467). Den besten Vorhersagewert bescheinigt das Gremium dem PHQ-A (Patient Health Questionnaire for Adolescents). Hierfür werden bei positivem Ergebnis eine Sensitivität von 73 Prozent und eine Spezifität von 94 Prozent angegeben. Ein Schwellenwert wird von den Autoren aber nicht genannt. Mit dem BDI (BeckDepressions-Inventar) werden Sensitivitäten zwischen 84 und 90 Prozent erreicht bei Spezifitäten zwischen 81 und 86 Prozent für einen Schwellenwert von 11 Punkten. Darüber hinaus besteht laut USPSTF hinreichend Evidenz dafür, dass die aufgrund positiver ScreeningErgebnisse erfolgte Behandlung zu einem "mittelgradigen" Nutzen führt, das heißt eine Verbesserung der Symptome und des Schweregrads der Depression sowie eine Verbesserung der Funktionalität bewirkt. http://www.aerztezeitung.de/extras/druckansicht/?sid=906668&pid=916499 Seite 1 von 2 Depressive Teenager: Screenen lohnt sich 22.03.16 17:37 Studien guter oder ausreichender Qualität liegen dem Gremium zufolge für die Behandlung mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (Fluoxetin und Escitalopram) vor. Die Verbesserung der Ansprechraten gegenüber Placebo lag in den verschiedenen Studien zwischen 4 und 25 Prozent; allerdings war der Unterschied nur in zwei von vier Studien signifikant. Escitalopram erwies sich in einer Studie, die nach Altersklassen differenzierte, einer Placebo-Therapie bei Jugendlichen überlegen, nicht jedoch bei Kindern. Bezüglich des Risikos suizidbezogener Ereignisse konnten jeweils keine Unterschiede zwischen den einzelnen SSRI und Placebo nachgewiesen werden. Kombitherapie effektiv Eine kognitive Verhaltenstherapie allein zeigte bei Jugendlichen keine deutliche Verbesserung. Dagegen sprach die Kombination aus kognitiver Verhaltenstherapie und Fluoxetin bei 71 Prozent der Teilnehmer an (Ansprechrate Placebo: 35 Prozent). Wie die Experten betonen, habe die neuere Datenlage gezeigt, dass das Schadpotenzial einer Pharmakotherapie gering ist, sofern die Patienten sorgfältig beobachtet würden. Insgesamt ergebe sich damit ein mittelgradiger Netto-Nutzen für das Screening. Ein initial positives ScreeningErgebnis bedeutet nicht notwendigerweise, dass eine Behandlung indiziert ist. Die Indikation wird erst nach einer zweiten Testphase, in der kontextuelle Faktoren mitberücksichtigt werden, gestellt. Gelegentliche Gefühle von Traurigkeit sind bei Kindern und Jugendlichen normal. Dagegen ist die Depression durch eine oder mehrere depressive Episoden gekennzeichnet, die mindestens zwei Wochen anhalten und den Betroffenen deutlich beeinträchtigen - in der Schule oder in der Arbeit sowie auch im Kreis von Freunden und Familie. Sämtlichen Screening-Studien mit Teilnehmern unter elf Jahren mangelt es an Evidenz. Daher wird das Screening für diese Altersgruppe ausdrücklich nicht empfohlen. Die "Neurologen und Psychiater im Netz" weisen darauf hin, dass depressive Störungen bei Kindern und Jugendlichen schwerwiegende Folgen wie Probleme bei der Bewältigung der Schule, oft aber auch Suizidgedanken nach sich ziehen können. Der Suizid stellt nach Unfällen die zweithäufigste Todesursache im Kindes- und Jugendalter dar; dabei steht der überwiegende Teil der Suizide im Zusammenhang mit einer Depression. Häufig folgen der depressiven Störung im Kindesalter weitere depressive Phasen im späteren Leben. Laut Statistischem Bundesamt werden jährlich rund 12.600 Jugendliche wegen Depressionen stationär behandelt. Seit Juli 2013 liegt eine S3-Leitlinie zur Behandlung von depressiven Störungen bei Kindern und Jugendlichen vor. Copyright © 1997-2016 by Springer Medizin Verlag GmbH http://www.aerztezeitung.de/extras/druckansicht/?sid=906668&pid=916499 Seite 2 von 2