Bine Basis info 01 Energie

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basisEnergie 1
Energiethemen begreifen
Klima und Energie
Erdklima schützen und alle Menschen
mit Energie versorgen
Die Menschheit beeinflusst das Klima der Erde. Wir Menschen
verbrennen immer mehr fossile Energieträger, wie z. B.
Erdöl, Erdgas oder Kohle. Das dabei frei werdende Kohlen­
dioxid verstärkt den natürlichen Treib­hauseffekt. Für die
kommenden Jahrzehnte sagen Experten eine deutliche
Erwärmung der Erde und eine Zunahme von extremen
­Wetterereignissen voraus.
Der Begriff „Klima“ bezeichnet den langjährigen, mittleren Zustand der Atmosphäre.
Dagegen beschreibt „Wetter“ die kurzfristigen Klimaereignisse in der Atmosphäre (z. B.
Regen, Stürme). Das Klima wird gesteuert vom Zusammenspiel externer und interner
Einflussfaktoren, die als Klimasystem bezeichnet werden.
Bei den externen Faktoren dominiert die Sonneneinstrahlung. Zu den internen
Faktoren gehören Atmosphäre, Hydrosphäre (Gewässer, Ozeane), Biosphäre (vor
allem die Vegetation), Kryosphäre (eisbedeckte Meer- und Festlandflächen) und
Lithosphäre (Gesteinszone) als Untersysteme. Zwischen diesen laufen schon immer
vielfältige Austauschprozesse ab. Die Abb. 1 auf der nächsten Seite zeigt das Klimasystem mit den Einflussfaktoren.
Während der letzten Jahrhunderte wuchs der Einfluss der Menschen, z. B. durch Waldrodungen, auf das natürliche Klimasystem und damit den Wärmehaushalt der Erde.
Seit der industriellen Revolution wird der Energiehunger der Menschheit vor allem
durch das Verbrennen fossiler Energieträger gestillt. Es gilt heute als sicher, dass sich
besonders durch diese Abgase das natürliche Klima der Erde ändert.
Die Folgen sind bereits deutlich zu erkennen: So steigt die globale Durchschnittstemperatur, es häufen sich extreme Wetterereignisse wie Überflutungen, Stürme
und Dürren, Gletscher schmelzen ab und ein Anstieg des Meeresspiegels sowie eine
zunehmende Versauerung der Ozeane sind zu beobachten. All das sind Indizien
dafür, dass eine Klimaänderung bereits im vollen Gange ist.
2
BINE-basisEnergie 01
Das Treibhaus Erde
Die Atmosphäre besteht zu etwa 78 % aus Stickstoff, zu
21 % aus Sauerstoff und zu knapp 1 % aus Edelgasen.
Dazu kommt eine Gruppe von Gasen, die zusammen gerade einmal 0,1 % ausmachen: die Treibhausgase. Diese wirken wie die Glasscheiben eines Treibhauses, indem sie das einstrahlende Sonnenlicht in Richtung
Erdboden passieren lassen, jedoch die vom Erdboden
zurückstrahlende Wärme zum Teil reflektieren.
Ohne den natürlichen Treibhauseffekt wäre kein Leben
auf der Erde möglich. Die globale Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfläche läge bei etwa –18 °C, anstatt
bei komfortablen +15 °C. Die Differenz beruht zu rund
60 % auf dem in der Atmosphäre enthaltenen Wasserdampf. Doch auch Kohlendioxid – CO2 (ca. 20 % der Differenz) sowie Ozon, Lachgas, Methan und andere Gase
(zusammen weitere ca. 20 %) erhöhen natürlicherweise
die globale Temperatur.
Es sind vor allem die menschlichen Aktivitäten seit der
Industrialisierung, die zu einem Anstieg der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre führen. Dies
verstärkt den natürlichen Treibhauseffekt und wird als
„anthropogener“ (= vom Menschen verursachter) oder
„zusätzlicher“ Treibhauseffekt bezeichnet. Das bewirken insbesondere die Emissionen der vier langlebigen
Treibhausgase: CO2, Methan, Lachgas und halogenierte Kohlenwasserstoffe (Verbindungen, die Chlor, Fluor
oder Brom enthalten). Hauptquellen sind die Verbrennung fossiler Energieträger, die Land- und Forstwirtschaft und der Verkehr. Menschliche Aktivitäten haben
dazu geführt, dass heute pro Quadratmeter Erdoberfläche in der Bilanz zwischen Einstrahlung und Abstrahlung netto durchschnittlich 1,6 Watt mehr in der Atmosphäre bleiben als vor der Industrialisierung. Dazu trägt
der Anstieg des CO2 mit etwa + 1,7 Watt und der übrigen
Gase mit + 1,3 Watt bei. Im Gegenzug senken die durch
Luftverschmutzung in der Atmosphäre hinzugekommenen Partikel diesen Wert um – 1,4 Watt.
Änderungen in der Atmosphäre:
Zusammensetzung, Zirkulation
Änderungen
im Wasserkreislauf
Änderungen
der Einstrahlung
Wolken
Atmosphäre
Interaktion
Eis-Atmosphäre
Niederschlag,
Verdunstung
Wärmeaustausch
Wind
N2, O2, Ar,
H2O, CO2, CH4, N2O, O3, etc
Aerosole
Interaktion
Atmosphäre-Biosphäre
Vulkantätigkeit
Abstrahlung
der Oberfläche
Menschliche Einflüsse
Seeeis
Hydrosphäre:
Ozean
Kopplung
Eis-Ozean
Eisschicht
Glacier
Interaktion
LandAtmosphäre
Landfläche
Änderungen der Kryosphäre: Schnee,
Frostboden, Seeei, Eisdecken, Gletscher
Biosphäre
Interaktion
Boden-Biosphäre
Hydrosphäre:
Flüsse, Seen
Änderungen im Ozean:
Zirkulation, Meeresspiegel, Biogeochemie
Änderungen der Landoberfläche:
Orografie, Landnutzung, Vegetation, Ökosysteme
Abb. 1 Das Klimasystem der Erde mit Einflussfaktoren.
Quelle: Enquete-Kommission
Jahr
KohlendioxidMethanLachgasFCKW-12
(ppb)
(ppb)
1750
280
715270–
1900
296
974293–
(ppm) (ppb)
bitte Original
senden
1970325
1.421299 0,12
1980337 1.569303 0,27
2000370
1.700310
2010389 1.808322
0,50
0,54*
Abb. 2 Atmosphärische Mischungsverhältnisse treibhausrelevanter Spurengase
seit 1750 (ppm = parts per million [106]; ppb = parts per billion [109] und * Wert 2005)
Im Frühsommer 2013 hat das CO2 an der Messstelle auf Hawaii erstmals für Stunden
den Wert von 400 ppm überschritten.
Quelle: BINE Informationsdienst
Der „Energiegewinn“ aus diesem zusätzlichen Treibhauseffekt führt zu einem Anstieg der Temperaturen
und einer Verstärkung atmosphärischer Prozesse (z. B.
Verdunstung, Wind).
Das Klima ändert sich
Klimaänderungen sind bereits in vollem Gange. So ist
die globale Erdoberflächentemperatur im Zeitraum
1906 – 2005 um 0,74 °C angestiegen. Elf der 12 wärmsten Jahre, die seit dem Beginn der instrumentellen Aufzeichnung der globalen Erdoberflächentemperatur im
Jahr 1850 gemessen wurden, lagen im Zeitraum 1995 –
2006. Das Jahrzehnt von 2000 – 2009 war das wärmste
je gemessene Jahrzehnt in diesem Zeitraum. Die Auswertung von Eisbohrkernen zeigt, dass in den letzten
650.000 Jahren der CO2-Gehalt der Atmosphäre nie
über 300 ppm lag und sich jetzt 400 ppm annähert.
In Zukunft werden die Klimaänderungen weiter fortschreiten. Wissenschaftler versuchen das Ausmaß und
die regionale Verteilung der Veränderungen mit Hilfe
von Klimamodellen vorherzusagen. Demnach wird sich
Forstwirtschaft 17,4 %
Abfall und Abwasser 2,8 %
Energieversorgung 25,9 %
Verkehr 13,1 %
Wohn- und Betriebsgebäude 7,9 %
Industrie 19,4 %
Landwirtschaft 13,5 %
Abb. 3 Der Anteil einzelner Sektoren an den gesamten anthropogenen
Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2004 weltweit als CO2 -Äquivalente.
Forstwirtschaft schließt dabei Entwaldung mit ein.
Quelle: IPCC
Die prognostizierte Zunahme extremer Wetterereignisse durch den Klimawandel lässt sich bereits statistisch
nachweisen. Die Zahl der Naturkatastrophen weltweit
lag – nach einer Auswertung der Münchener Rückversicherung – in den 1980er Jahren zwischen 300 und leicht
über 500 Ereignissen, in den 1990er Jahren zwischen
500 und knapp 800 Ereignissen und im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zwischen 600 und leicht
über 1.000. Dabei bilden die vom Menschen unabhängigen vulkanischen Aktivitäten und Beben durchgehend einen nur gering schwankenden Sockel (Abb. 5,
rote Flächen). Ähnliche Trends sind auch für die Zahl der
großen Katastrophen, der Todesopfer, der Schäden insgesamt und der versicherten Schäden nachweisbar. Im
Jahr 2012 wurden besonders die USA von wetterbedingten Katastrophen getroffen. Der Hurrikan Sandy und
eine Dürre verursachten Schäden von 70 Mrd. US$.
Noch härter treffen derartige Wetterkatastrophen häufig
die Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern.
Oft ist in diesen Ländern die Vorsorge, die Katastrophenhilfe und die Deckung durch Versicherungen weniger gut. Wetterereignisse wie Taifune und Hurrikane hat
es immer gegeben, aber sie kommen mittlerweile häufiger vor und verursachen größere Schäden.
0,6
14,6
0,4
14,4
0,2
14,2
0
14,0
0,2
13,8
0,4
13,6
0,6
13,4
0,8
3
Geschätzte aktuelle
globale Durchschnittstemperatur [°C]
die globale Durchschnittstemperatur im Verlaufe dieses
Jahrhunderts um 1,1 bis 6,4 °C erhöhen und der Meeresspiegel um 18 bis 59 cm ansteigen.
Temperaturabweichung [°C]
vom Durchschnitt 1961 – 1990
BINE-basisEnergie 01
13,2
1860
1880
1900
1920
1940
1960
1980
Zeitraum in Jahren
2000
Rate pro Jahrzehnt
25
0,177 = 0,052
Jahresmittel
geglättete Zahlenreihe
50
0,128 = 0,026
100
0,174 = 0,018
dekadische 5 – 95 % Fehlerbereiche
150
0,145 = 0,012
Abb. 4 Die gemessene Jahresdurchschnittstemperatur (graue Punkte) zusammen
mit Ausgleichsgeraden. Die linke Achse zeigt die Abweichungen bezüglich des
Durchschnitts von 1961 bis 1990. Die rechte Achse zeigt die geschätzten tatsächlichen
Temperaturen (°C). Gezeigt werden lineare Trends für die letzten 25 (gelb; 1981 bis 2005),
50 (orange; 1956 bis 2005), 100 (violett; 1906 bis 2005) und 150 Jahre (rot; 1856 bis 2005).
Zu beobachten ist, dass die Steigung bei den kürzeren neueren Zeiträumen größer ist und
damit eine beschleunigte Erwärmung andeutet.
Quelle: IPCC
Die modernen erneuerbaren Energien, wie Solar- und
Windenergie und Geothermie, werden von allen Ener-
1.000
800
600
400
200
Geophysikalische Ereignisse
(Erdbeben, Tsunami,
Vulkanausbruch)
Hydrologische Ereignisse
(Überschwemmung,
Massenbewegung)
Meteorologische Ereignisse
(Sturm)
Klimatologische Ereignisse
(Temperaturextreme, Dürre,
Waldbrand)
Abb. 5 Naturkatastrophen weltweit 1980 – 2012.
Quelle: Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung,
NatCatSERVICE – Stand Januar 2013
2012
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
0
1982
Der weltweite Energieverbrauch wird in den kommenden Jahrzehnten weiter wachsen. Die Internationale
Energie Agentur (IEA) hat für das Jahr 2030 bei einer
Weltbevölkerung von 8,5 Mrd. Menschen drei mögliche
Energieszenarien (Abb. 6) entwickelt: Die Fortsetzung
der bisherigen Politik, die Umsetzung aller angekündigten Maßnahmen der Regierungen (New Policies) und
ein Szenario „450“. Hierin wird eine Weltenergieversorgung beschrieben, die den Temperaturanstieg auf 2 °C
begrenzt. Im Hauptszenario New Policies geht die IEA
von einer Zunahme des Weltenergieverbrauchs um
mehr als ein Drittel bis 2035 aus. Dieser wird von den
asiatischen Staaten, z. B. Indien und China, sowie bisherigen Entwicklungs- und Schwellen­
ländern verursacht, während der Bedarf der nördlichen Industriestaaten weitgehend unverändert bleibt. Bei den
Energieträgern werden vor allem Erdgas und Kohlen
weiter wachsen. Der Bedarf an Erdöl schwankt in den
Szenarien zwischen einem moderaten Wachstum und
Rückgang, abhängig von politischen Entscheidungen.
Selbst New Policies wird zu einer Klimaerwärmung von
3,6 °C bis 2100 führen.
1.200
1980
Seit der Industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich der weltweite Primärenergieverbrauch
um das Vierzigfache erhöht. Im Jahr 2010 betrug er
knapp 532 Exa­joule (EJ = 1018 J). Diese Rohenergie
stammt zu 32,3 % aus Rohöl, 27,3 % aus Kohlen, 21,4 %
aus Erdgas, 10 % aus Bioenergie, 5,7 % aus Kernenergie, 2,3 % aus Wasserkraft und 0,9 % aus den modernen erneuerbaren Energien.
Anzahl
Energie und Kohlendioxid
Um Klimaszenarien im Computer durchzurechnen, entwickeln Wissenschaftler sogenannte Klimamodelle, in die
alle Messwerte und Annahmen einfließen. Die Modelle
versuchen alle klimarelevanten Vorgänge in der Atmo­s­phäre, den Ozeanen, der Biosphäre und den Eis- und
Schneeflächen mathematisch abzubilden. Es gibt Modelle
für das gesamte Erdklima und für regionale Aussagen.
Um die Zuverlässigkeit von Klimamodellen zu testen,
werden diese auch eingesetzt, um die durch Messungen
dokumentierten Klimaänderungen vergangener Jahrhunderte mathematisch zu beschreiben. Hierbei konnte nachgewiesen werden, dass die Modelle dann zum richtigen
Ergebnis kamen, wenn neben den natürlichen Faktoren
(z. B. Vulkanismus) auch der anthropogene Anstieg der
Treibhausgase berücksichtigt wurde. Derartige „histo­
rische“ Berechnungen dienen dazu, die Qualität der
Klimamodelle fortlaufend zu prüfen und zu verbessern.
Da in die Modelle sehr viele Parameter einfließen und sehr
lange Zeiträume betrachtet werden, sind trotz des Einsatzes der leistungsfähigsten Computer nur Aussagen
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (z. B. zum Anstieg
des Meeresspiegels) möglich.
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
1980
1990
2000
2010
2020
2030
Fortschreibung der laufenden Entwicklung
Umsetzung aller von Regierungen angekündigten Maßnahmen
Alle notwendigen Maßnahmen für das 2°-Ziel
Abb. 6 Wie stark wird der Primärenergiebedarf der Welt bis 2035 wachsen?
[Mtoe = Millionen Tonnen Öleinheit]. Quelle: IEA
35.000
30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
Mittlerer Osten
Übrigens Europa
Europäische OECD – Länder
Asien und Ozeanien
Abb. 7 Weltweit steigen die energiebedingten CO2-Emissionen
Quelle: BMWi, zitiert nach: www.kraftwerkforschung.info
Abb. 8 Ein Modell für den Kohlenstoffkreislauf der Erde
(1 Gigatonne [Gt] = 1 Milliarde Tonnen).
Quelle: NASA, Übersetzung: Fisch X
Es gibt daneben andere Modelle mit hiervon abweichenden Werten.
2009
2007
Nordamerika
Südamerika
2008
2006
2005
2003
2004
2001
2002
2000
1999
1997
1998
1995
1996
1994
0
1993
5.000
1991
Alleine die jährlichen CO2-Emissionen aus der Energieversorgung tragen fast 9 Mrd. Tonnen Kohlenstoff in die
Atmosphäre ein. Das sind ca. 3 Mrd. Tonnen mehr als
die Biosphäre und die Ozeane umsetzen können. Die
Aufnahmefähigkeit der einzelnen Senken, ihre Wechselwirkungen und Rückkopplungen sind weltweit ein
Thema der Wissenschaft. Ein Beispiel aus der Bios­
phäre zeigt die Komplexität: So können eine Zunahme
der Temperatur und ein CO2-Anstieg in der nördlichen
Hemis­phäre zu einem verstärkten Pflanzenwachstum
(„Düngeeffekt“) führen, was Kohlenstoff bindet. Doch
andererseits verlangsamt sich oberhalb einer optimalen Temperatur das Wachstum und kommt zum Stillstand, da die an der Photosynthese beteiligten Enzyme
hitzeempfindlich sind.
16.000
1982
Die Treibhausgase sind Teil des Stoffkreisläufe der Erde.
Die natürlichen und anthropogenen Kohlenstoffemis­
sionen sind in Bewegung und werden zwischen der
­Atmosphäre und verschiedenen Senken (Abb. 8) aus­
getauscht. Chemische, physikalische, biologische und
geologische Prozesse sind Motor dieses Austauschs. Es
gibt langfristige (z. B. Erdölbildung, Carbonatgesteine)
und kurzfristige (z. B. Pflanzenwachstum) Vorgänge. Die
Biosphäre verfügt nur über relativ geringe Speicherkapazitäten für Kohlenstoff.
18.000
1990
Wo bleibt das CO2
4
20.000
Mt
gieträgern am schnellsten zunehmen, aber dies wird
bis 2035 in erster Linie die Weltstromerzeugung betreffen, für die die IEA ein Wachstum von 75 % bis 2035 erwartet. Dann stammt fast ein Drittel der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und diese ziehen
damit mit der bisher in diesem Bereich dominierenden
Kohle gleich.
In ihrer Prognose betont die IEA, dass 80 % der CO2Emissionen des Jahres 2035 bereits durch die heute
existierenden Gebäude, Fabriken und Kraftwerke festgeschrieben sind. Um Zeit für eine nachhaltige Energiepolitik zu gewinnen, sollten nur noch effiziente Energietechniken neu eingesetzt werden.
Mtoe
BINE-basisEnergie 01
Afrika
5
BINE-basisEnergie 01
Wie arbeitet die Weltklimaforschung?
In der Klimaforschung gibt es eine weltweite Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Regierungen. Im Jahr
1988 haben die Weltorganisation für Meteorologie (WMO)
und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP)
den Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC)
gegründet. Der IPCC soll alle Entscheidungsträger objektiv, politisch neutral, transparent und umfassend mit wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen
Informationen über das globale Klima und Klimaänderungen informieren. Der Ausschuss erstellt keine politischen Handlungsempfehlungen, sondern erschließt das
aktuelle Wissen. Hunderte von Fachwissenschaftlern aus
aller Welt arbeiten weltweit als Gutachter oder Autoren
mit. Alle Mitgliedsstaaten der UNEP und der WMO können
Mitglied werden.
Der IPCC betreibt also keine eigenen Forschungseinrichtungen oder Messeinrichtungen, sondern wertet weltweit
die erschienenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen
zur Klimaforschung aus. Er ist unterteilt in drei Arbeitsgruppen, die unterschiedliche Schwerpunkte haben
(Abb. 9), und eine Projektgruppe zu den nationalen
Treibhausgasinventaren. Diese soll international anerkannte Methoden und Praktiken entwickeln, um die
nationalen Treibhausgasemissionen zu berechnen und
zu bewerten.
Seit seiner Gründung hat der IPCC etwa im Abstand von
5 bis 6 Jahren Sachstandsberichte veröffentlicht. Der
derzeit gültige 4. Bericht ist 2007 erschienen und der 5.
Bericht wird Ende 2014 erwartet. Daneben gibt der Ausschuss noch Sonderberichte (z. B. zu erneuerbaren
Energien), technische Berichte und methodologische
Berichte heraus. Die Öffentlichkeit nimmt besonders den
„Synthesebericht – Zusammenfassung für politische
Entscheidungsträger“ intensiv war, weil dieser die Ergebnisse der Sachstandsberichte kompakt und gut verständlich darstellt. Auch in Deutschland gibt es eine
Kontaktstelle des IPCC. Auf deren Webportal stehen viele Informationen und Publikationen des IPCC kostenfrei
zum Download (Linkadresse: s. Seite 6).
Alle Veröffentlichungen des IPCC durchlaufen ein mehrstufiges Verfahren zur Qualitätssicherung (Abb. 10). Kurz
gesagt werden nur die von mehreren Experten für fachlich relevant eingestuften Veröffentlichungen in die Auswertung einbezogen (Peer-Review-Verfahren). Die Entwürfe für die Berichte werden zuerst von Fachgutachtern auf
Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft. In der zweiten
Stufe werden die Entwürfe durch Regierungen und Fachleute erneut kontrolliert. Anschließend müssen alle Anmerkungen ausgeräumt werden und der Text kann in
den Entwurf der Arbeitsgruppe aufgenommen werden.
Der Gesamtbericht aller Arbeitsgruppen muss dann noch
von der Vollversammlung des IPCC gebilligt werden. Für
die Mitarbeit am 5. Sachstandsbericht haben sich weltweit ca. 3.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beworben, von denen 830 ausgewählt worden sind.
Darunter befinden sich auch 36 Deutsche, die fast alle an
Universitäten, dem Max-Planck-Institut für Meteorologie,
dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, weiteren wissenschaftlichen Forschungsinstitutionen und bei
Rückversicherern arbeiten.
WMO
UNEP
IPCC- Vollversammlung
IPCC-Sekretariat
IPCC- Vorstand
Arbeitsgruppe I Physikalische
Grundlagen
Arbeitsgruppe I
Arbeitsgruppe III
Projektgruppe zur
AuswirkungenKlimaschutz
nationalen TreibhausVerwundbarkeit
gasinventaren
AnpassungSchadensminderung
SekretariatSekretariatSekretariat
Sekretariat
Autoren
–
Mitwirkende
–
Gutachter
–
Begutachtungseditor
–
Fachleute
Abb. 9 Drei Arbeitsgruppen des IPCC werten die weltweite Fachliteratur zur
Klimaforschung aus und erschließen diese damit für die politischen Entscheidungsträger.
Quelle: IPCC
IPCC verabschiedet
Entwurf für
Grobstruktur
Veröffentlichung
des Berichts
WG & IPCC billigen
Bericht und SPM
Regierungen und
Organisationen
nominieren Fachleute
Leitungsgremien wählen
Autoren aus
Letzte Verteilung und
Regierungsbegutachtung
der Zusammenfassung für politische
Entscheidungsträger (SPM)
Autoren erstellen
endgültigen Entwurf
Autoren erstellen
ersten Entwurf
Autoren erstellen
zweiten Entwurf
Fachbegutachtung
Fach- und Regierungsbegutachtung
Wissenschaftliche, technische und sozioökonomische Literatur, die das
peer review-Verfahren durchlaufen hat; Manuskripte, die für IPCC bereitgestellt
wurden, und ausgewählte Literatur ohne peer review-Verfahren aus anderen
relevanten Institutionen einschließlich der Industrie
Abb. 10 Es ist ein langer Weg mit vielen Hürden zu überwinden,
bis ein Detailergebnis in einen IPCC-Bericht aufgenommen wird.
Quelle: IPCC
BINE Projektinfo 01/2010
BINE-basisEnergie
01
Klimapolitik
Eine Klimaerwärmung hat weitreichende Konsequenzen für die gesamte Menschheit,
auch wenn diese in einzelnen Regionen sehr unterschiedlich ausfallen werden. Neben der
Zunahme extremer Wetterereignisse bedroht der Temperaturanstieg die Nahrungsmittel­
produktion, die biologische Vielfalt, küstennahe Siedlungsbereiche und die Trinkwasser­
versorgung einzelner Gebiete. Auch Krankheitserreger können sich in neuen Regionen
ausbreiten. Der Schutz des Klimas erfordert ein länderübergreifendes Engagement.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Treibhausgas-Emissionen bis zur Mitte dieses
Jahrhunderts um 50 – 80 % reduziert werden müssen, um die Klimaänderungen noch
eindämmen zu können. Je früher weltweit emissionsarme Energietechniken eingesetzt
werden, desto geringer fallen die Gesamtkosten aus.
Der Grundstein für den globalen Klimaschutz wurde im Jahr 1992 bei der UN-Konferenz
für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro gelegt. Mehr als 150 Staaten unterzeichneten
damals die Internationale Klimarahmenkonvention. Seit der Ratifizierung finden jährlich
internationale Klimakonferenzen statt. Auf der 3. Konferenz 1997 in Kyoto wurden in einem
Protokoll erstmals Emissionshöchstmengen für Industrieländer festgelegt. Nach einer
langen Ratifizierungsphase wurde dieses Protokoll 2005 völkerrechtlich verbindlich.
Alle Konferenzen der letzten Jahre diskutierten eine Anschlussvereinbarung für das
Kyotoprotokoll. Die Hoffnung ist, bis 2015 ein Abkommen global abzustimmen, welches
spätestens 2020 in Kraft treten kann.
Die europäische Union und insbesondere Deutschland haben beim Klimaschutz eine
Vorreiterrolle übernommen. In Deutschland sollen die Treibhausgasemissionen bis 2020
um 40 % und bis 2050 um 80 bis 95 % – jeweils gegenüber dem Stand von 1990 – reduziert
werden. Der Beitrag der erneuerbaren Energien zum Bruttostromverbrauch soll von 35 %
im Jahr 2020 auf 80 % im Jahr 2050 wachsen. Bis zu diesem Jahr soll auch der deutsche
Primärenergieverbrauch halbiert werden. Das erfordert pro Jahr eine Steigerung der
Energieproduktivität um ca. 2,1 %, bezogen auf den Endenergieverbrauch.
Die deutsche Politik setzt bei dieser Energiewende in erster Linie auf den weiteren Ausbau
der erneuerbaren Energien, eine höhere Energieeffizienz und die energetische Sanierung
der Gebäude. Auch eine neue Mobilitätsstrategie mit mehr Elektroautos und die Fortsetzung
der erfolgreichen Energieforschung sind zentrale Bausteine.
Impressum
ISSN
1438-3802
Herausgeber FIZ Karlsruhe GmbH · Leibniz-Institut
für Informationsinfrastruktur
Hermann-von-Helmholtz-Platz 1
76344 Eggenstein-Leopoldshafen
Autor
Uwe Milles
Titelbild
panthermedia.net
Grischa Georgiew
Stand
Mai 2013
Urheberrecht
Eine Verwendung des Textes dieser
Publikation ist nur mit Zustimmung
der BINE-Redaktion gestattet.
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Literatur
0228 92379-44
BINE Informationsdienst
Energieforschung für die Praxis
und Antworten, Bonn, September 2011. Die kostenfreie Publikation beantwortet auf 45 Seiten
Forstwirtschaft 17,4 %
Ein Service von FIZ Karlsruhe
die häufigsten Fragen zum Klimawandel auf Basis des 4. Sachstandsberichts aus 2007.
Abfall und Abwasser 2,8 %
(Webadresse: s. u.)
Kaiserstraße
Energieversorgung
25,9 % 185-197
53113
Bonn
Verkehr 13,1 %
Tel. 0228 92379-0
Wohn- und Betriebsgebäude 7,9 %
Fax 0228 92379-29
>> Deutsche Koordinierungsstelle des IPCC | www.de-ipcc.de
Industrie 19,4 [email protected]
%
>> Potsdam Institut für Klimafolgenforschung | www.pik-potsdam.de
www.bine.info
Landwirtschaft
13,5 %
>> Hamburger Klimacampus | www.klimacampus.de
>> Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit | www.bmu.de
>> Kampagne „Klima sucht Schutz“ | www.klima-sucht-schutz.de
>> Internationale Energieagentur | www.iea.org
>> Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle (Hg.): Klimaänderung 2007: Häufig gestellte Fragen
Links
Mehr vom BINE Informationsdienst
>> BINE Informationsdienst berichtet aus Projekten der Energieforschung in seinen Broschürenreihen und
dem Newsletter. Diese erhalten Sie im kostenlosen Abonnement unter www.bine.info/abo
Gestaltung: KERSTIN CONRADI · Mediengestaltung, Berlin
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