Ist das C-reaktive Protein (CRP) ein geeigneter Indikator der subklinischen Mastitis beim Rind? Matthias Speck, 5. SJ, 2011 Projektarbeit im klinisch-praktischen Jahr, erstellt an der Ambulatorischen und Geburtshilflichen Tierklinik und dem Institut für Bakteriologie und Mykologie, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig Betreuerin: TÄ Manuela Heine, verantwortliche Projektleiter: Prof. Dr. Monika Krüger, Prof. Dr. Axel Sobiraj Einleitung und Zielstellung Die Entzündung des milchproduzierenden Drüsengewebes (= Mastitis) eines oder mehrerer Viertel ist bei Kühen weltweit die mit den höchsten Einnahmeeinbußen verbundene Einzeltiererkrankung. Sie entsteht ganz überwiegend infolge galaktogen erfolgenden Infektionen mit Bakterien. Ein Indikator für eine Mastitis ist die erhöhte Anzahl somatischer Zellen im Milchsekret. Diese korreliert jedoch nicht zwangsläufig mit einer bakteriell hervorgerufenen Mastitis1. So kann weder semiquantitativ (CMT) noch mit exakten Zellzählungsmethoden zwischen infektiös bedingten und nicht infektiös bedingten erhöhten Zellzahlwerten unterschieden werden. Der qualitative und quantitative Nachweis von Bakterien ist material- und arbeitsaufwändig. Daraus resultiert der Gedanke, ob ein für bakterielle Entzündungen spezifischer und rasch reagierender Parameter in der Milch gefunden werden kann. Als ein solcher Indikator könnten die Akut-Phase-Proteine (APP) fungieren, da sie bei einem Entzündungsgeschehen schnell ansteigen, aber aufgrund einer relativ kurzen Halbwertszeit von ca. 24h auch eine Heilung zügig anzeigen. Es sollte daher geprüft werden, ob in Milchproben von subklinisch an Mastitis erkrankten Kühen in der Milch das CRP, eines der APP, ein geeigneter Indikator für eine bakteriell bedingte Lokalinfektion ist. Das C-reaktive Protein (CRP) Das C-reaktive Protein2,3,4 ist ein Pentamer, welches zur Gruppe der Pentraxine gehört Es wird in der Leber synthetisiert. Werden Makrophagen durch Bakterien stimuliert, Interleukin 6 (IL-6), Interleukin-1β (IL-1β) und den Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) zu bilden, lösen diese endogenen Pyrogene die Synthese von APP in den Hepatozyten aus. So werden von den Leberzellen unter anderem CRP, Serumamyloidprotein, Fibrinogen und Mannose-bindendes Lektin (MBL) in das Blut sezerniert. CRP und MBL können dabei als Teile des nichtadaptiven Immunsystems die Wirkung von Antikörpern imitieren. Im Gegensatz zu diesen besitzen sie jedoch eine breite Spezifität für Molekülmuster von Pathogenen (PAMP). Das CRP bindet an Phosphatidylcholin, das seinerseits Bestandteil des C-Polysaccharids von Streptococcus pneumoniae ist. Daher leitet sich auch die Bezeichnung Creaktiv ab, die TILLET und FRANCIS (1930) diesem Protein gaben. Aber auch viele andere Bakterien und Pilze tragen Phosphocholin in bestimmten Lipopolysacchariden auf ihrer Zellwand, folglich kann das CRP an viele verschiedene Bakterien binden und sie so auf eine schnelle Eliminierung vorbereiten. Dies kann zum Einen durch Opsonisierung, zum Anderen auch durch Aktivierung der Komplementkaskade erfolgen. Indem es C1q bindet, wird der darauf folgende klassische Weg der Komplement-Aktivierung beschritten. Material und Methoden Ziel der Untersuchung war die Fragestellung, ob die Konzentration von CRP in Kuhmilch mit Mastitiden im Zusammenhang steht. 89 Viertelgemelke von 66 Kühen aus den grobsinnlich unverändert erscheinenden Anfangsviertelgemelken von klinisch gesunden Kühen aus zwei Großbetrieben wurden auf die Konzentration von CRP beprobt. Zuvor erfolgte eine herkömmliche bakteriologische Untersuchung der Milchproben sowie die exakte quantitative Bestimmung der somatischen Zellzahl mittels Fossomatic®. Für die Etablierung einer Gruppe „euterkrank“ wurden Viertel mit Zellzahlen >100.000/ml ausgesucht, die gleichzeitig bakteriologisch positiv ausfielen. In diese Gruppe entfielen 43 Tiere mit 60 Vierteln. Tiere der Gruppe „eutergesund“ wiesen eine Zellzahl (SCC = somatic cell count) von <100.000/ml auf und hatten bei der bakteriologischen Untersuchung ein negatives Ergebnis. In diese Gruppe entfielen 23 Tiere mit 29 Viertelgemelken. Die Bestimmung des CRP erfolgte mit einem spezifischen Immunoassay: Die Milchproben wurden dafür zunächst mit Hilfe einer Tweenlösung (zur Senkung der Oberflächenspannung) und EDTA, einem Chelatbildner für mehrwertige Kationen, aufbereitet. Anschließend wurde α-CRP vom Kaninchen an eine Festphase gebunden und zu den aufbereiteten Proben hinzugegeben. Es folgte eine Markierung mit Peroxidase markierten α-CRP-Antikörpern vom Kaninchen. Zwischen den Arbeitsschritten wurden die 96-Kavitätenplatten gewaschen und ausgeschlagen. Die Detektion erfolgte mittels Zugabe des mit O2 reagierenden Tetramethylbenzidin und H2O2. Die Auswertung wurde photometrisch bei 450 nm Wellenlänge durchgeführt. Ergebnisse In der Gruppe „eutergesund“ betrug die durchschnittliche Zellzahl 44.700/ml, der durchschnittliche CRP-Gehalt lag bei 0,08µg/ml bei einer Standardabweichung von 0,073µg/ml (s. Abbildung) Die Gruppe „euterkrank“ hatte eine Viertelgemelkszellzahl von über 100.000/ml bei gleichzeitig bakteriologisch positivem Befund. Dabei waren in den meisten Fällen (15 Kühe) KNS nachweisbar, sechsmal wurden coryneforme Bakterien isoliert, drei Milchproben waren mit Staphylococcus aureus infiziert. Der Zellzahlmittelwert in dieser Gruppe betrug 1.511.000/ml, wobei das Viertel mit der höchsten gemessenen Zellzahl 2.960.000/ml aufwies. In dieser Gruppe betrug der mittlere CRP-Gehalt 0,474 µg/ml bei einer Standardabweichung von 0,351µg/ml. Die Unterschiede zwischen „eutergesund“ und „euterkrank“ waren beim CRP hoch signifikant (p <0,01). Von den Vierteln, die als euterkrank einzustufen waren, wurde noch eine Untergruppe gebildet, nämlich mit einer Zellzahl von >100.000, aber <1000.000/ml. 33 bakteriologisch positive Viertelgemelke erfüllten diese Kondition. Sie hatten einen CRP-Mittelwert von 0,243 µg/ml mit einer Standardabweichung von 0,151µg/ml. Diskussion der Ergebnisse Es konnten signifikante Unterschiede im CRP-Gehalt im Milchserum von subklinisch kranken Eutervierteln gegenüber gesunden, nicht bakteriell infizierten Eutervierteln gefunden werden. Folglich konnte in Übereinstimmung mit der Studie von SCHRÖDL et al. (1995)5 gezeigt werden, dass der CRPGehalt in der Milch ein guter Indikator für eine subklinische Mastitis ist. Zudem lässt sich ein semiquantitativ brauchbarer Rückschluss auf die Zellzahl ziehen. Damit stellt sich das CRP als guter Indikator vor allem für bakteriell bedingte Mastitiden dar. Die eigenen Untersuchungen lassen keine Ergebnisinterpretationen zum Stadium eines bakteriell bedingten Infektionsgeschehens zu. Hierzu hätten Verlaufsprofile erstellt werden müssen. Auch ist keine Analyse in Kolostrumproben erfolgt. Darin sind per se höhere CRP-Gehalte zu erwarten, sodass es schwer einschätzbar gewesen wäre, zwischen einer physiologisch und einer infektiös bedíngten Erhöhung der CRPKonzentrationen definitiv unterscheiden zu können. Schlussfolgerung Das C-reaktive Protein (CRP) stellt einen sensitiven Indikator für bakteriell bedingte Mastitiden dar. Dies trifft auch für subklinische chronische Mastitiden zu. Literatur: 1. Hill A.W. : Mobilization of neutrophils and defense of the bovine mammary gland. Flem Vet J. 1991; 439 - 457 2. Veterinary Immunology. An Introduction, 2009, Ian R. Tizard, W.B. Saunders Company, Philadelphia. 3. Pepys MB. C-reactive Protein in: Roitt IM, Delves PJ (Hrsg.) Encyclopedia of Immunology. Academic Press, London, 1992 4. Murphy K, Travers P, Walport M. Janeway Immunologie, 2009, Spektrum akademischer Verlag Stuttgart. 5. Schrödl, W, Krüger, M, Hien, TT, Füldner, M, Kunze, R. Das C-reaktive Protein als ein neuer Parameter bei Mastitis. Tierärztl Prax 1995; 23:337-41.