Friedrich-Schiller-Universität Jena Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre – Makroökonomik – PD Dr. Markus Pasche Wiederholungsklausur BM Einführung in die Volkswirtschaftslehre Wintersemester 2015/2016 – MUSTERLÖSUNG – Hinweise: • Die Antworten müssen nicht wörtlich, sondern nur sinngemäß der Musterlösung entsprechen. • Bei Grafiken sollten Kurven und Achsen beschriftet sein. 1 Aufgabenblock A: Grundlagen [25 Punkte] 1. Was versteht man unter Allokation? [3] • Aufteilung knapper Ressourcen (Mittel, Güter) auf alternative (konkurrierende) Verwendungsmöglichkeiten. 2. Was versteht man unter Opportunitätskosten? [3] • Unter Opportunitätskosten versteht man den entgangenen Nutzen der nächstbesten, nicht gewählten Alternative. 3. Welche der folgenden Ausdrücke sind Anwendungen des ökonomischen Prinzips? [4] ⊠ ⊠ ⊠ Gegebenen Output zu minimalen Kosten herstellen. Eine Allokation wählen, die pareto-effizient ist. Mit minimalem Mitteleinsatz den maximalen Output herstellen. Ein Gut technisch effizient herstellen. 4. Gegeben seien folgende Transformationskurven. Die angegebenen Punkte stellen die jeweilige Produktion bei Autarkie dar. [9] B B Erni Bert 12 8 6 4 4 8 A 8 16 A • Erni hat einen komparativen Vorteil bei Gut A ⊠ B • Wie hoch sind Ernis Opportunitätskosten einer Einheit von B? 2/3 A • Wie hoch sind Berts Opportunitätskosten einer Einheit von A? 1/2 B • Gehen Sie von vollständiger Spezialisierung auf die Güter aus, bei dem Erni bzw. Bert jeweils einen komparativen Vorteil haben. Im Vergleich zum Autarkiefall steigt die Gesamtproduktion... ... bei Gut A um 4 Einheit(en). (16 − (8 + 4)) ... bei Gut B um 2 Einheit(en). (12 − (6 + 4)) 5. In einer Sozialen Marktwirtschaft folgt staatliches Handeln u.a. konstituierenden und regulierenden Prinzipien. Was ist damit gemeint? [3 + 3] Konstituierende Prinzipien: Staat schafft die Voraussetzungen für eine funktionierende Marktwirtschaft durch Schaffung und Durchsetzung von Rechten (z.B. Privateigentum, Vertragsfreiheit,...) Regulierenede Prinzipien: Staat greift regulierend in Märkte ein, wenn dort kein funktionsfähiger Wettbewerb herrscht (z.B. durch Kontrolle von Marktmacht), oder wenn diese Funktionsdefinizte aufweisen wie z.B. bei externen Effekten. 2 Aufgabenblock B: Mikroökonomik [30 Punkte] 1. Was versteht man unter einer Indifferenzkurve? [2] • (Geometrischer Ort aller) Güterbündel, die dem Individuum denselben Nutzen stiften (zwischen denen das Individuum deshalb indifferent ist). 2. Wie ist die Kostenfunktion eines Unternehmens definiert? [2] • Die Kostenfunktion ordnet jeder Outputmenge die jeweils minimalen Kosten zu, die bei der Produktion dieser Menge entstehen. 3. Leiten Sie die Angebotsfunktion eines Unternehmens bei vollkommener Konkurrenz ab. [3] Start: Maximiere Gewinn π = p · x − K(x) dπ = p − K ′ (x) = 0 dx ⇒ p = K ′ (x) (Preis = Grenzkosten = ˆ Angebotsfkt.) BEO: Verringern sich die Grenzkosten für alle x, so verschiebt sich die Angebotskurve [1] nach links, ⊠ nach rechts (im üblichen Preis-Mengen-Diagramm). 4. Eigenschaften der Marktform vollkommener Konkurrenz: [4] Die Güter sind heterogen. Die Unternehmen setzen die Preise. Die Unternehmen reagieren auf das, was ihre Konkurrenten tun. Die Unternehmen maximieren ihren Gewinn. wahr wahr ⊠ falsch ⊠ falsch wahr ⊠ wahr ⊠ falsch falsch 5. Gegeben seien nachfolgende Marktdiagramme (vollkommene Konkurrenz): Preis Preis Konsumentenrente p Angebot Angebot NÜ Produzentenrente x Nachfrage Nachfrage Menge Menge • Zeichen Sie links eine Situation, in der ein Nachfrageüberschuss vorliegt. Welche Menge wird dann am Markt getauscht? Mit welcher Preisanpassung ist dann zu rechnen? (Kennzeichnung mit einem Pfeil reicht) [2] • Kennzeichnen Sie links für die Situation des Nachfrageüberschusses die Produzentenund die Konsumentenrente. [2] • Zeichnen Sie rechts, wie sich das Marktgleichgewicht verändert, wenn sich die Nachfrage verringert. [2] 3 6. Welche Aussagen über Öffentliche Güter sind zutreffend? [5] Sie sind charakterisiert durch Nichtausschießbarkeit und Rivalität in der Nutzung. Sie sind charakterisiert durch Nichtrivalität bei der Nutzung und Ausschließbarkeit. ⊠ Sie sind ein positiver externer Effekt. Sie müssen vom Staat produziert werden. Ohne staatliche Regulierung käme es zu einer Überversorgung mit öffentlichen Gütern. 7. Gegeben sei ein neoklassisches Modell eines Arbeitsmarktes. w p Arbeitsangebot wm p AL ∗ w p Arbeitsnachfrage L L (Arbeit) L∗ • Vervollständigen Sie die Beschriftung in der Grafik. [2] • Zeichnen Sie eine Situation ein, in der ein fixierter Mindestlohn zu Arbeitslosigkeit führt. [2] • Nennen Sie einige Annahmen des neoklassischen Arbeitsmarktmodells, die besonders kritisch zu sehen sind (nur Stichpunkte). [3] – Grenzproduktivität der Arbeit ist nicht beobachtbar (asymmetrische Information). – Arbeitsmarkt ist kein vollkommener Wettbewerbsmarkt. – Arbeit ist kein homogenes Gut. Aufgabenblock C: Makroökonomik [20 Punkte] 1. Wie ist das Nettoinlandsprodukt zu Marktpreisen zusammengesetzt? [2] N IP = C + CSt + I netto + Ex − Im Vom Inlands- zum Sozialprodukt kommt man Addition von [1] ⊠ +(Einkommen der Inländer im Ausland - Einkommen der Ausländer im Inland) +(Einkommen der Ausländer im Inland - Einkommen der Inländer im Ausland) gar nichts, denn beide Begriffe bedeuten dasselbe. Nach der Buchungslogik der VGR gilt stets: [1] I netto − S = Ex − Im, ⊠ S − I netto = Ex − Im, S − I brutto = Ex − Im Das reale Einkommenswachstum ist definiert durch [1] Nominales Einkommenswachstum plus Inflationsrate ⊠ Nominales Einkommenswachstum minus Inflationsrate Nominales Einkommenswachstum geteilt durch Inflationsrate 4 2. Welche Aussagen treffen nach der keynesianischen Konsumhypothese zu? [3] Eine Erhöhung des verfügbaren Einkommens um 100,-... ... erhöht die Konsumnachfrage um mehr ⊠ weniger als 100,Eine Erhöhung des Zinssatzes wirkt auf die Konsumnachfrage positiv negativ ⊠ gar nicht. Eine Erhöhung des verfügbaren Einkommens erhöht / ⊠ senkt die durchschnittlichen Konsumausgaben. 3. Die keynesianische Erklärung von Arbeitslosigkeit beruht auf einer zu geringen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage Y D im Gleichgewicht. Illustrieren Sie dies anhand folgender (zu ergänzender) Grafik: [4] YD 45◦ Y ∗ Y voll Y 4. Wie sind die folgenden Geldmengen definiert? [2] M0 = Bargeld + Reserven [Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank] M1 = Bargeldumlauf + täglich fällige Einlagen 5. Zu den Instrumenten der Zentralbank gehört der sog. Leitzinssatz. Erläutern Sie kurz, was man darunter versteht. [2] • Zinssaztz, zu dem sich Geschäftsbanken im Rahmen der Hauptrefinanzierungsgeschäfte Zentralbankgeld bei der Zentralbank leihen können. 6. Wechselkurstheorie: [4] Nach der Kaufkraftparitätentheorie wertet die Währung des stärker inflationierenden Landes Steigt der Zinssatz im Inland, nimmt die Nachfrage nach ausländischer Währung Eine Aufwertung der heimischen Währung bedeutet, dass der Wechselkurs in Preisnotierung Steigt der Wechselkurs in Preisnotierung werden Importe teurer 5 auf ⊠ ab ⊠ ab zu steigt ⊠ fällt ⊠ wahr falsch Aufgabenblock D: Wahlteil Bitte wählen Sie eine der vier Aufgaben! [15 Punkte] 1. Wachstum und Innovation • Das BIP ist im Vergleich zum Vorjahr um 1,7% gewachsen. In der Wirtschaftspresse wird von einer “guten Konjunktur” gesprochen. Wie unterscheiden sich Konjunktur und Wachstum? Welche Information fehlt um sagen zu können, ob es sich bei dem Anstieg des BIP um 1,7% um Wachstum handelt? [3] – Wachstum = langfristiger Anstieg des Produktionspotezials. – Konjunktur = Schweankungen im tatsächlich produzierten Output (Einkommen) und somit Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotenzials. – Es fehlt die Information über den Anstieg des Produktionspotenzals. • Wie beeinflussen Bevölkerungswachstum und Ersparnisbildung das Wachstum? [6] – Wächst die Bevölkerung, so wächst auch der Inputfaktor Arbeit. Somit kann mehr hergestellt werden (= höheres Einkommen). – Ein Teil des wachsenden Einkommens wird gespart = investiert. Dadurch erhöht sich der Kapitalstock und somit der zweite Inputfaktor. – Unter bestimmten Bedingungen (Solow-Modell) wachsen dann die Inputfaktoren Arbeit, Kapital, sowie der Output mit derselben Rate (gleichgewichtges Wachstum). • Beschreiben Sie kurz die Rolle von Bildung bzw. Humankapital für das Wachstum. [6] – Humankapital H ist ein wichtiger Produktionsfaktor: Y = Y (K, A, H). – Humankapital muss durch Bildung erzeugt werden (Schule, Universitäten etc.). Dies erfordert einen Ressourcenaufwand, der anderen Verwendungsmöglichkeiten entzogen wird (Opportunitätskosten). – Ohne Humankapital gäbe es auch keine Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die zu technischem Fortschritt führen. 2. Strategisches Verhalten • Gegeben sei folgendes Spiel: [5] x y a -1,3 0,5 b 2, m 1,-1 Geben Sie für m einen Wert an dergestalt, dass (x, b) zu einer Nash-Lösung wird: m = 4 (es muss mindestens m ≥ 3 sein). Ist diese Nash-Lösung (x, b) in Ihrem gewählten Zahlenbeispiel pareto-efficient? ⊠ ja, nein Welche Strategiekombinationen sind nicht pareto-efficient? (x, a) und (y, b). • Erläutern Sie kurz das Konzept des Nash-Gleichgewichts. Welche Informationsanforderungen müssen erfüllt sein, damit rationale Spieler dieses Gleichgewicht bestimmen können? [5] 6 – Ein Nash-GG ist eine Situation, in der jeder Spieler seine beste (optimale) strategische Antwort auf die ihrerseits optimalen Strategien der anderen Spieler wählt (= Zustand wechselseitig bester Antworten). Es besteht somit kein Anreiz, als einziger seine Strategie zu ändern. – Rationale Spieler müssen in der Lage sein, das optimale Verhalten der anderen Spieler antizipieren zu können. Dazu müssen alle spielrelevanten Informationen (Strategien, Auszahlungsfunktionen) gemeinsames Wissen sein. • Welche der folgenden Aussagen sind aus Sicht der Spieltheorie richtig? (Achten Sie auf die Bedeutung der verwendten Fachausdrücke!) [5] Sind Ankündigungen von Entscheidungen durch Spieler A unglaubwürdig... ... so wird Spieler A Reputation verlieren. ⊠ ... können die anderen Spieler antizipieren, dass A sich nicht an die Ankündigung halten wird. ... so ist Spieler A offenbar irrational. Der Aufbau von Reputation durch Spieler A impliziert... ⊠ ... dass andere Spieler eine Eigenschaft von A nicht kennen. (Informationsasymmetrie) ... dass Spieler A glaubwürdig ist. 3. Ökonomische Theorie der Politik • Erläutern Sie kurz das Problem der “zyklischen Präferenzen” (kein konkretes Beispiel erforderlich). [5] – Die individuellen Präferenzen lassen sich nicht konsistent zusammenfassen, da die kollektiven Präferenzen nicht transitiv sind (also z.B. A ≻ B ≻ C ≻ A). Daher kann die Reihenfolge einer paarweisen Abstimmung das Ergebnis beeinflussen. • Betrachten Sie folgende drei Wähler, die über zwei Vorhaben A und B abstimmen: Nutzen Homer Marge Bart A +5 -4 -2 B -3 -4 +6 Stimmt jeder gemäß der eigenen Präferenzen, werden folgende Vorhaben realisiert: nur A, nur B, A und B, ⊠ keines von beiden [1] Welche Wähler könnten sich strategisch verhalten und einen sog. “Stimmentausch” vornehmen? [1] Homer und Marge, ⊠ Bart und Homer, Marge und Bart Welche der Aussagen trifft auf das Abstimmungsergebnis nach einem Stimmentausch in diesem Beispiel zu? [3] ⊠ Das Abstimmungsergebnis führt zur Realisation von Projekt A, welches mehrheitlich abgelehnt wird. Das Gesamtergebnis wird von der Mehrheit abgelehnt.∗) Das Gesamtergebnis ist pareto-ineffizient.∗) ∗) Bedenken Sie, dass sich bei Stimmentausch die beiden betreffenden Wähler besser stellen als ohne Stimmentausch, sonst würden sie diesen nicht durchführen! 7 • Erläutern Sie die ökonomische Verhaltensannahme für den Politiker. [3] – Politiker haben ein Interesse an der Umsetzung ihrer ideologischen Ziele sowie an den Vorzügen eines öffentlichen (Regierungs-) Amtes. Beide Ziele können sie am besten erreichen, wenn sie die Wahlen gewinnen. Deshalb haben Politiker primär ein Wiederwahlinteresse. Welche Rolle spielt für ihn der Medianwähler? [2] – Der Medianwähler hat Präferenzen, welche die Verteilung der Präferenzen der Gesamtbevölkerung in zwei Hälften teilt. Da in einer repräsentativen Demokratie der Wahlsieger 50% plus eine Stimme benötigt um die Wahl zu gewinnen, sind die Prfärenzen des Medianwählers entscheidend. Der politische Wettbewerb ist daher (auch) auf diesen Medianwähler ausgerichtet. 4. Empirische und experimentelle Wirtschaftsforschung • Welche Vorteile hat man bei der experimentellen Wirtschaftsforschung, wo die Daten im Labor erzeugt statt außerhalb des Labors erhoben werden? [5] – (i) Bedingungen des daten-erzeugenden Prozesses gut kontrollierbar (Design des Experiments). (ii) Das Design kann genau so entworfen werden, dass ein Test der Zielhypothese möglich ist. (iii) Im Prinzip sind beliebig große Datensätze erzeugbar. • Kann man mit einem statistischen Test die Gültigkeit einer Theorie “beweisen”? (mit Begründung) [5] – Empirische Forschung kann nie den “Beweis” für eine Hypothese erbringen, sie kann lediglich mit einer gewissen Irrtumswahrscheinlichkeit sagen, dass eine Hypothese nicht abgelehnt werden kann. Widersprechen die Daten nicht der Theorie, so schließt das nicht aus, dass es alternative Theorien gibt, denen die Daten ebenfalls nicht widersprechen. • Man beobachtet eine negative Korrelation der Größen A und B. Welche möglichen erklärenden Aussagen sind konsistent mit dieser Beobachtung? [5] ⊠ ⊠ ⊠ ⊠ A wirkt positiv auf B B wirkt negativ auf A C wirkt positiv auf A und negativ auf B C wirkt positiv auf A und B, aber keine kausale Beziehung zwischen A und B C wirkt negativ auf A und B, aber keine kausale Beziehung zwischen A und B 8