Agenda 2015 /2016

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Agenda
2015
/2016
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18 24 42
Vorwort
Agenda, Übersicht
KomponistInnen und
Uraufführungen
Ensemble und Team
Working like an investigator
—Mats Gustafsson
Ohne ihn wäre ich ein Anderer
geworden
—Georg Friedrich Haas
Rückenwind alter Geschichten
—Uwe Kolbe
Agenda, Details
Sponsoren und Förderer,
Impressum
2Inhalt
Sven Hartberger mit
capsicum chinense
Und wo bleibt denn nun eigentlich das
Neue?!, dessen Heraufkommen die
Älteren nicht wie früher zitternd und
abwehrbereit befürchten, sondern das sie
mit gefestigtem Selbstbewusstsein und
voll freudiger Erwartung von den Jüngeren
verlangen und einfordern. In der virtuellen
Konzerthalle des 21. Jahrhunderts, mit
dem großen Anything Goes über dem
Eingang, sitzen die zu Gunsten der Jungen
durchaus abdankungsbereiten Meister
des späten 20. Jahrhunderts, harren
mittlerweile schon gar nicht mehr
geduldig des fruchtbaren Neuen, erwarten
die genialischen Werke unserer Zeit und
stimmen mit wachsender Verdrossenheit
die Lamentatio über ihr Ausbleiben an.
Vielleicht hilft ein Perspektivenwechsel.
Armin Köhler, der große, wunderbare
Sendungsgestalter, Festivalleiter, Autor
und Gesprächspartner, dessen wir bei den
diesjährigen Musiktagen in Donaueschingen ehrend gedenken werden, hat eine
solche Veränderung des Standpunkts und
der Erwartungen als einer der Ersten
schon am Ende des vergangenen und am
Beginn des neuen Jahrhunderts angeregt.
3Vorwort
Als Titel für einen von ihm herausgegebenen Band mit Texten, die im Rahmen
seiner Musiktage entstanden sind, hat er
deshalb ein Diktum des Philosophen Boris
Groys gewählt – „die innovation bleibt
immer auf einem fleck“ – mit dem deutlich
zur Suche nach anderen Qualitätskriterien
als jenem des Neuheitsgehalts eines
Werkes eingeladen wird.
Tatsächlich ist die stets mit sorgenvoll
gefurchter Stirne und in bedeutungsvollem Ton vorgetragene Frage, was denn nun
neu sei an dieser Neuen Musik, etwa so
klug, wie die Erkundigung nach dem
Mittleren am Mittelalter. Die wesentlich
durch den missverstandenen Kategoriebegriff „Neue Musik“ suggerierte Neuheitsforderung ist wegen der notwendigen
Endlichkeit im Bereich des Materialfortschritts, der die Forcierung dieses
Aspekts bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts befeuert hat, längst
obsolet geworden. Sein Fortdauern in der
aktuellen Diskussion erscheint einerseits
als ein in die Kunst verlagertes Abbild der
Wachstumslogik der gerade regierenden
Weltwirtschaftsdoktrin, andererseits als
eine eskapistische Technik, die es uns
erspart, betreffende Fragen von weitaus
größerem existenziellen Gewicht verhandeln zu müssen.
Solche entschieden lohnenderen Fragen
könnten zum Beispiel jene nach dem
eigentlichen Gehalt und der grundsätzlichen Bedeutung unserer Kunst sein, nach
dem Wesen von Moderne und Reaktion,
nach der verpönten Unterscheidung
zwischen U und E in der Musik (– für die
zuletzt wieder Hans Zender in seinem
schönen Buch „Waches Hören“ mit sehr
guten Gründen eingetreten ist –), nach
einer zeitgemäßen Kontextualisierung der
Musik im 21. Jahrhundert und nach
unserem Angebot an HörerInnen, die den
sehr idealen Vorstellungen der Erfindung
Konzertsaal weder entsprechen noch
entsprechen wollen.
Das Klangforum Wien, das ein Solistenensemble und keine Akademie ist, stellt
sich diesen brennenden Fragen nicht nur
im theoretischen Diskurs, sondern vor
allem laufend in der Praxis und in der
neuen Saison auch programmatisch: mit
seinem „Generationen“-Zyklus, durch
seine Mitwirkung am „Echotecture“Projekt von netzzeit und der Szenografieklasse von Anna Viebrock an der Wiener
Kunstakademie, in seinen „Festlichen
Tagen alter Musik“ und – in einem kleinen
Vorgriff auf die nächste Saison – durch
einen gemeinsam mit den Musiktagen
Donaueschingen erteilten Auftrag, der
dem Ensemble für den Herbst 2016 einen
echten musikalischen Klassenkampf mit
dem Hammond Avantcore Trio Steamboat
Switzerland beschert, welcher nach den
kompositorischen Vorgaben von Bernhard
Gander und Michael Wertmüller auszutragen sein wird.
Die wesentliche Aufgabe überlassen wir
aber wie immer allen unseren Freund­
Innen, die bereit sind, die Musik in sich
selbst entstehen zu lassen und das Neue,
nach dem es sie verlangt, selbst aufzusuchen und zu finden. Zu diesem schönen
Unterfangen wünschen wir Inspiration
und Freude.
—Sven Hartberger
Agenda,
Übersicht
13. Juli 2015
Siena, Teatro dei Rozzi
Accademia Chigiana
Pollini Perspectives
UA
—
31. Juli 2015
Salzburg, Kollegienkirche
Salzburger Festspiele
Salzburg contemporary
—
7. August 2015
Salzburg, Kollegienkirche
Salzburger Festspiele
Salzburg contemporary
4. Oktober 2015
Parma, Teatro Farnese
Festival Traiettorie
... wie stille brannte das Licht
—
6. Oktober 2015
Porto
Casa da Música
... wie stille brannte das Licht
—
12. Oktober 2015
Wien, Konzerthaus
Generationen
Instrumente
—
UA
—
16. August 2015
Duisburg, Gebläsehalle
Ruhrtriennale
Für Gerard Mortier
—
25. August 2015
Alpbach, Erwin Schrödinger Saal
Europäisches Forum Alpbach
Junge Talente
UA UA UA
—
7. September 2015
Wien, d51
Klangforum PLUS
Nachbarn
—
21. September 2015
Wien, Konzerthaus
Generationen
Gegenbeweis?!
EA
—
26. September 2015
Brixen, Damiani-Holz&Ko
Transart
Symposion
—
2. Oktober 2015
Venedig, Teatro alle Tese
Biennale di Venezia
Parole di settembre
—
28. Oktober 2015
Wien, Radiokulturhaus
Echo des Unerhörten
Weimar-Leningrad/
Die verdrängte Avant-Garde
—
6. November 2015
Wien, Konzerthaus
Wien Modern
Carnaval
EA
—
8. November 2015
Stuttgart, Liederhalle
Musik der Jahrhunderte
Lachenmann Perspektiven
—
13. November 2015
Wien, Konzerthaus
Wien Modern
Substantie
UA
—
15. November 2015
Zürich, Kunsthaus
Tage für Neue Musik
Carnaval
—
20. November 2015
Huddersfield, St. Paul‘s Hall
Huddersfield Contemporary Music
Festival
Opening Concert
—
25. November 2015
Salzburg, Mozarteum
Dialoge
Zeit
—
4
Agenda, Übersicht
29. November 2015
Luxemburg, Philharmonie
Rainy Days
Speicher
—
5. Dezember 2015
Shanghai
Shanghai Conservatory of Music
Bai Chuan Award
UA
—
7. Dezember 2015
Wien
Radiokulturhaus
Portrait Alberto Posadas
EA EA
—
15. Dezember 2015
Wien, Konzerthaus
Generationen
Epigramm
17. Februar 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
Klangflächen
11. April 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
Der starke Jahrgang
EA
EA
—
—
2. März 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
Ausreißer
—
15. April 2016
Kairo
Cairo Contemporary Music Days
Klarinettenquintett
9. März 2016
Grenoble
MC2, Auditorium
Musique et architecture
—
9. März 2016
Grenoble
MC2, Garage hélicoïdal
Musique et architecture
—
EA
—
19. Dezember 2015
Gent
De Bijloke
in vain
—
13., 16., 18., 20., 23., 25., 28. und
30. Januar 2016
Wien
Theater an der Wien
Die Dreigroschenoper
—
14. Januar 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
Autodidakte
EA EA EA
—
17. Januar 2016
Wien, Porgy & Bess
Klangforum PLUS
PPCM/ fast foward
—
4. Februar 2016
Stuttgart
Eclat Festival
Koffer
—
5
25. März 2016
Krems
Imago Dei
Das Tuch
—
UA
—
15. Mai 2016
Shanghai
Internationales Musikfest
FAMA
—
4. und 5. Juni 2016
Wien, Konzerthaus
Wiener Festwochen
Polis
—
8. Juni 2016
Paris, Centre Pompidou
ManiFeste
Création
UA
31. März 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Wien ohne Worte
—
—
1. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Die Extremisten
—
UA
2. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Neue Welt
—
2. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Voix étouffées
—
3. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Die große Geste
—
13. Juni 2016
Kopenhagen, Republique Teater
Klang Festival
Toujours vers toi
—
13. Juni 2016
Kopenhagen, Republique Teater
Klang Festival
Portrait Mathias Spahlinger
—
16.-18. Juni 2016
Wien, Semperdepot
Akademie der bildenden Künste
Echotecture
—
24. Juni 2016
Graz, MUMUTH
Klangforum PLUS
PPCM
—
Eva Reiter (*1976)
Salmansdorf, Wien
Thomas Wally (*1981)
Landstraße, Wien
6
Uraufführungen
KomponistInnen
Beat Furrer
—Klarinettenquintett
—Neues Werk
Dieter Ammann
Georges Aperghis
Béla Bartók
Arnold Bax
Franck Bedrossian
Alban Berg
Lord Berners
Pierluigi Billone
Ernest Bloch
Pierre Boulez
Ferruccio Busoni
Alfredo Casella
Aureliano Cattaneo
Friedrich Cerha
James Dillon
Gottfried von Einem
Morton Feldman
Jean Françaix
Uli Fussenegger
Bernhard Gander
Roberto Gerhard
Gérard Grisey
Mats Gustafsson
Georg Friedrich Haas
Pavel Haas
Karl Amadeus Hartmann
Josef Matthias Hauer
Joseph Haydn
Juliana Hodkinson
Charles Ives
Leoš Janáček
Johannes Kalitzke
Rudolf Karel
Erwan Keravec
Gideon Klein
Charles Koechlin
Józef Koffler
Peter Jakober
—Substantie
Ylva Lund Bergner
—Toujours vers toi
Olga Neuwirth
—Eleanor-Suite
Piotr Peszat
—Computer
Chro­nicles
Salvatore Sciarrino
—Carnaval
Thomas Wally
—jeux éoliens III
Yukiko Watanabe
—Color Study
7
KomponistInnen und Uraufführungen
Bernhard Lang
Klaus Lang
Gustav Mahler
Olivier Messiaen
Tristan Murail
Luigi Nono
Arne Nordheim
Nikolai Obuchow
Maurice Ohana
Leo Ornstein
Michael Pelzel
Matthias Pintscher
Enno Poppe
Alberto Posadas
Stefan Prins
Max Reger
Eva Reiter
Silvestre Revueltas
Terry Riley
Nikolai Roslawez
Jorge Sánchez-Chiong
Giacinto Scelsi
Dmitri Schostakowitsch
Arnold Schönberg
Mathias Spahlinger
Simon Steen-Andersen
Karlheinz Stockhausen
Alexandre Tansman
Heitor Villa Lobos
Anton Webern
Kurt Weill
Stefan Wolpe
Iannis Xenakis
Otomo Yoshihide
Alexander Zemlinsky
Agata Zubel
Vito Žuraj
Klangforum
Wien
Joonas Ahonen, Klavier
Annette Bik, Violine
Markus Deuter, Oboe
Lorelei Dowling, Fagott
Andreas Eberle, Posaune
Vera Fischer, Flöte
Eva Furrer, Flöte
Uli Fussenegger, Kontrabass
Gunde Jäch-Micko, Violine
Benedikt Leitner, Violoncello
Andreas Lindenbaum, Violoncello
Florian Müller, Klavier
Anders Nyqvist, Trompete
Dimitrios Polisoidis, Viola
Gerald Preinfalk, Saxophon
Sophie Schafleitner, Violine
Lukas Schiske, Schlagwerk
Krassimir Sterev, Akkordeon
Virginie Tarrête, Harfe
Olivier Vivarès, Klarinette
Christoph Walder, Horn
Björn Wilker, Schlagwerk
Bernhard Zachhuber, Klarinette
Ehrenmitglieder
Sylvain Cambreling
Friedrich Cerha
Beat Furrer
Dramaturgie
Uli Fussenegger
Andreas Lindenbaum
Anders Nyqvist
Vorstand
Thomas Stelzer
Markus Haffner
Armin Thurnher
Recherche
Joonas Ahonen
Vera Fischer
Sophie Schafleitner
Direktorium
Wolfgang Bürgler
Thomas Herndl
Friedrun Huemer
Hans Hurch
Stefan Klestil
Monika Knofler
Michael Landau
Marcel Landesmann
Katarina Noever
Hannah Rieger
Wolfgang Stocker
Ensemblevertretung
Benedikt Leitner
Intendant
Sven Hartberger
Sekretariat
Ingrid Stiller
Produktion
Bettina Mirus
Michael Blamauer
Ernst Rott
Jürgen Semlitsch
Alexej Solowjow
Peter Stenzel
Christine Weitzer
Marketing & PR
Emilija Jovanović
Sidonie Forstreiter
Büroorganisation
Marina Steiger
Buchhaltung
Doris Böhm
Haushalt
Anđa Pejić
Join us!
8
Ensemble und Team
9
Generationen
Der Konzertzyklus
2015/2016
im Wiener Konzerthaus
Auch die neueste Musik kommt
nicht aus dem Nichts. Erfindungen,
Erfahrungen, Wissen aus der
ferneren und näheren Vergangenheit
finden sich, oft in wundersamen
Verkleidungen, im Gegenwärtigen.
Das Klangforum lauscht den
verschlungenen und versteckten
Wegen der Musik aus dem Gestern
ins Heute nach.
Mehr Informationen unter
www.klangforum.at/konzertzyklus
Von einem Längsschnitt der Jahresringe eines Baumes kann
man bei einem Furnier sprechen. Ein Abbild von Zeit –
markante Einschnitte im Wachstum: die mageren und die
fetten Jahre, für Kundige leicht ablesbar. In feinste Schichten
geschnitten – fast nur noch der Schatten eines Baumes,
seines Selbst. All diese Jahre, vielleicht über Generationen
hinweg, von noch größerer Distanz gesehen: bloß ein Blitz,
ein Aufleuchten, ein schneller Pinselstrich in der Zeit.
Magere und fette Jahre,
© Fabian Seiz für das Klangforum Wien, 2015
10Konzertzyklus
Working like an
investigator
—Otomo Yoshihide and Erwan Keravec
interviewed by Mats Gustafsson
Some 150 years separate the first appearance of a
turntable in a concert hall from the application for
a patent for a new type of instrument designed by
a Mr. Sax. True – that covers a few generations.
But that is nothing compared to the distance in
time to the oldest preserved bagpipe from the
15th century.
Mats: How important is the past for you,
the previous history of music?
Erwan: I grew up in traditional music.
Traditional music is the music of heritage. Traditional musicians receive this
heritage and they have to decide, in
the world of the XXI century, what they
have to play, what traditional culture
can be today and to convey it to the next
generation. We don‘t have to forget the
heritage but we need to project it into
this century.
Otomo: I look at myself as living between
interpreting the reality around myself
and interpreting the experience of the
past. Music is the same as my life, there
is no difference between the two.
M: How much inspiration do you draw
from former generations of players for
the music you want to work with? What
is there to learn from the older generations?
O: I got a lot of things from older generations of Japanese free musicians like
Masayuki Takayanagi and Kaoru Abe. I
also got a lot of inspiration from American free jazz and European improvised
music. Not only this, probably also a lot
of things from the older generations like
philosophy, and from Japanese language,
good things and bad things… but I can’t
say that all those things are only a result
of the past.
11
Working like an investigator
E: In 2007, I recorded a CD “Urban Pipes“.
This album tried to show the bagpipe
as a universal instrument and to imagine music for solo bagpipe that would
not evoke its cultural origin. This meant
modifying traditional playing and modes
and working on the bagpipe sound and
harmonic strangeness beyond strictly
melodic parameters. But there is something that I’ve kept: the power, the projection of the sound and the immediacy
of the playing.
M: Erwan – what made you start playing
such an ancient instrument? And how
did you develop your new techniques?
E: As I said before, I grew up in traditional
music. So, what I saw and heard when I
was young were all the instruments of
Breton traditional music; bagpipe is one
of those instruments. Usually, the bagpipe plays the melody but when I started
playing with improvisers, I had to change
this habit. I worked on my instrument
like an investigator, looking for all the
sounds it could possibly produce.
M: Otomo – you are considered a
pioneer, one of the 1st generation of
turntable players. What made you start
playing the turntables? How did you
develop your technique?
O: My father was an electric engineer. My
mother was fond of music. That’s the big
reason why I started to play music with
electronics. Turntable was one of the
important tools, but also tape recorders, radios, handmade oscillators and
amps. I used all kinds of cheap electronics as musical instrument when I was a
teen in the 70’s. Of course I got a strong
influence from Christian Marclay and
the Music Concrete by the French and
Japanese composers when I developed
my turntable techniques.
M: Are there still new techniques to find
on your respective instrument? How can
it be further developed?
O: Yes! During the last 15 years I have
spent a lot of time trying to find the way
on my guitar. I also tried to find ways
of dealing with my turntables without
using actual records. Sound installation
is another way. Also I am now travelling
to other Asian countries. In particular, I
often go to Southeast Asia, this is a very
different context compared to my own
history. It is not always easy for me to get
an instrument to work with, so I have to
rethink how to make music under these
conditions. So, yes, it is necessary for me
to find new ways.
E: It’s still possible to find new techniques, but, I’m not sure that it is
the most important aspect. It’s more
important to find the music using these
techniques. Because a new sound is just
a sound if there is no consideration of
how to make use of it.
M: Did you ever have a teacher on your
instrument?
O: Masayuki Takayanagi was my teacher,
especially when I played guitar, but most
of the time I did not have a teacher.
E: When I started learning the bagpipe,
it was not taught in conservatories or
music schools. It was taught by nonprofessional musicians/teachers. After
this period of learning, I discovered
contemporary music practice with the
musicians I started to play with:
Jean-Luc Cappozzo, Beñat Achiary, Arfi.
They are my “teachers” too.
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M: What kind of music inspired you the
most to become the player you are now?
O: Kayoukyoku – that is the Japanese
Pop music from the 60’s and 70’s. Improvised Music and Free Jazz. Also music by
Toru Takemitsu and Duke Ellington.
E: For me it is free music, contemporary
music, traditional music. When I played
in traditional music I played in a band
who had met a jazz big band, La Marmite
Infernale, from l’Arfi. This meeting was,
for me, the first time I had to improvise. It
was a strange situation for me because I
had never improvised before, but it was
simple and obvious…
M: What single composer inspired you
the most to become the player you are
now?
E: When I started to develop a new music
for bagpipe, I decided to commission
a composer. At that time, there was a
piece which proved to be very important
for my decision. It was 280 mesures pour
clarinette by Georges Aperghis: sound,
form, organisation of the music… A great
piece!
M: Do you see a new generation emerging? Working on the same instruments
as you, going musically in the same
direction? Or in a totally new direction?
Is there a new generation at all?
O: I do not know much about a new
turntable generation. However there
are many interesting artists in the new
generation, such as Tetsuya Umeda,
Yuko Mori and others. They are not like
traditional musicians and not like sound
artists, but for me they are real musicians and they are making new stuff.
E: There’s a new generation of bagpipe
players now, a very good generation of
players. Teaching is really different today.
Teachers are professionals and very
competent. But they all play traditional
music or combine it with rock; they are
not really into contemporary music.
M: When it comes to written contemporary music, is there a generation of
composers that you find particulary
interesting and inspiring?
O: I still don‘t understand… what is
”contemporary” music? I just live with
the music. And I get in contact with the
music that I am interested in. I look it up.
E: Not really a generation, not really a
composer, but I really like the music of
Philippe Leroux for his way of thinking, or
Wolfgang Mitterer for his powerfulness,
or Susumu Yoshida for his patience…
M: Do you have a vision for the future
when it comes to contemporary music and how it will work? On a level in
society? And esthetically?
O: Yes, but it is better not to explain from
the musician‘s perspective. It is all about
improvisation.
M: Improvisation has always been an
important tool in compositional works.
Perhaps most music anyway has its
origin in improvisation (!). How can free
improvisation feed and inspire contemporary composers to work in new ways
and directions?
O: I am not interested in ways of thinking,
that draw boundaries between composition and improvisation. Of course it is a
very important thing, especially in European music history. But I am not only
part of European music history –
I have to think about my own history.
E: By improvisation, we can imagine a
music which cannot be written down and
the interplay is therefore very important.
I think composers and improvisers have
to work together more and more closely.
M: Do you think that future generations
of contemporary composers as well as
interprets of that music will deal more
with free improvisation in the future?
Will free improvisation play a more
important role in contemporary music in
the future?
O: For myself, I do not need the categorical boundaries. I can only say: people
need improvisation. But composition is
also a good idea.
13
Working like an investigator
M: Did you collaborate a lot with perfomers of contemporary classical music
in the past? How do you look at it – is
that something that works for you – to
combine your music with the music and
esthetics of a contemporary classical
ensemble?
E: After “Urban Pipes”, I decided to go
further with this new approach and to
call on the attention of contemporary
music composers. Now I’ve commissioned and premiered 11 solo pieces, 4
pieces with 2 singers (soprano, baritone)
and one piece for 4 traditional instruments. For the last piece – a piece by
Bernard Cavanna for bagpipe solo – it
was the first time I combined my work in
improvised music with the way of thinking as a composer. A very interesting
situation of playing indeed.
Deutsch: www.klangforum.at/gustafsson
Ohne ihn wäre ich ein Anderer geworden
Friedrich Cerha zum Geburtstag
—Georg Friedrich Haas
Er hat lange Zeit nicht darüber gesprochen. Nur wenn er dazu befragt wurde.
Aber ich habe ihn nicht befragt.
Friedrich Cerha ist desertiert. Zweimal.
Zunächst 1943 in Dänemark, – noch
behielt er die Uniform – schloss sich
dem Widerstand an und reiste mit blankounterschriebenen Marschbefehlen
durch Deutschland, die er je nach Bedarf
ausfüllte. Nach seiner Zuteilung zu einer
„Noteinheit“ 1944 organisierte er sich Zivilkleider und tauchte in Thüringen unter
– auf das Kriegsende wartend. Hungernd, frierend, in der ständigen Angst
entdeckt und hingerichtet zu werden.
Den Sommer 1945, nach Kriegsende,
verbrachte er als Bergführer und Hüttenwirt in Tirol. Er hat hier wohl die Kraft
wiedergefunden, nach diesen traumatischen Erfahrungen weiterzuleben. Viel
später, in der Oper Baal wird er diese
Energie der Naturgewalten besingen.
Nein – er schrieb keine romantischen
Alpensymphonien und keine Musik über
irgendwelche Haine und Fluren. Aber ich
erinnere mich noch heute, wie rätselhaft
tief mich jene Szenen in Baal bei der
Uraufführung 1981 berührten. Hier war
spürbar: Da spricht jemand, der Natur
nicht als Tourist konsumiert hatte, sondern der sie als einzige Möglichkeit des
Überlebens erspürt und erlitten hatte.
In der brachialen Ausdrucksgewalt
der Spiegel reflektiert sich das erlebte
Grauen. Die Sprache dieser Musik war
radikal neu als das Werk komponiert
wurde. Dieses neue Material ist aber
nicht aus einem akademischen Wunsch
entstanden, auf experimentellem Weg
bis jetzt unerforschte Klangmaterialien
zu erproben. Dieses Neue ist – wie alles
Wesentliche in der Musikgeschichte
– das Ergebnis eines ungebändigten
Expressionismus.
Wie bei aller großen Musik ist es auch
bei den Spiegeln nicht notwendig, den
autobiographischen Hintergrund zu
kennen. Der emotionale Sog dieser sich
aufbauenden und sich verschiebenden
Klangmassen spricht unmittelbar zu
denjenigen, die dafür ein aufmerksames Ohr haben. Da gibt es nichts in der
Komposition, das vorwiegend durch die
erzählte Geschichte gerechtfertigt wäre.
Alles ist in musikalischen Gesetzmäßigkeiten begründet, die unmittelbar
emotional nachzuvollziehen sind.
Cerha hat sich niemals damit begnügt,
es sich im Gebäude des jeweils neu
gefundenen musikalischen Materials gemütlich einzurichten. Sein Lebensprinzip, zu jedem Zeitpunkt einfach das
Richtige zu tun, – koste es, was es wolle
– bewirkte ein Œuvre, das in seinem
Reichtum und in seiner Vielfalt unüberschaubar ist.
In seiner Oper Netzwerk übertrug er das
musikalische Prinzip einer nonseman­
tischen Kommunikation auf die Vokalpartien. Das Bühnengeschehen ist klar,
die Prozesse zwischen den Agierenden
unmissverständlich nachzuspüren –
alles in abstrakten sprachähnlichen
Vokalisen formuliert. Durch den Verzicht
auf Sprache hat Cerha den Begriff des
Musiktheaters hier konsequent zu Ende
gedacht. Er hat hier Türen in Räume
geöffnet, die noch weitgehend unerkundet sind. Die Fragen „Was verbleibt in der
Oper, wenn der Text eliminiert wird? Wie
verständlich sind Vokalisierungen, die
auf Begriffe verzichten? Wie kann eine
Handlung nur durch Klang, Sprachmelodie und Szene verdeutlicht werden?“
öffnen völlig neue Möglichkeiten.
Unvergesslich ist mir die Uraufführung
der Keintate. Im Gegensatz zu Netzwerk
ist hier die gesprochene, verständliche
Sprache der Ausgangspunkt des Werkes. Kompositionstechnisch betrachtet:
Dieses Stück orientiert sich weitgehend
an den stimmtechnischen Möglichkeiten des Sängers der Vokalpartie, Heinz
Karl Gruber. Und es scheut sich nicht vor
konkreten musikalischen Anspielungen,
es sprüht geradezu vor Witz. Als es zum
ersten Mal erklang, war das Publikum
zunächst beinahe geschockt: Von Cerha
hätte man derart konkret Fassliches
nicht erwartet. Aber der zunächst noch
liebenswürdige Humor zog alle in seinen
Bann und bald herrschte eine geradezu
ausgelassene Stimmung mit brüllendem
Gelächter. Aber der Humor wurde immer
bitterer, immer böser, eine an den „Herrn
Karl“ gemahnende Niedertracht drang
an die Oberfläche. Allmählich erstickte
das Lachen. Es wurde immer stiller, zuletzt lachte nur mehr eine einzige Frau,
geradezu hysterisch, bis es ihr gelang,
sich mit tatkräftiger Unterstützung ihres
Partners unter Kontrolle zu bringen und
auch sie verstummte. Eine beklemmende Stimmung hatte sich breitgemacht,
schließlich sang Gruber vom Tod, der
jedes Mal anders aussieht und jedes Mal
anders riecht.
Es war so etwas wie ein zweischichtiger Kontrapunkt entstanden: einerseits
die differenziert und ausdrucksvoll
gearbeitete Musik mit ihren zahllosen
Anspielungen und Scheinzitaten und
andererseits die Linearität der Publikumsreaktionen (vom Jahrmarkt zum
Friedhof).
„Wån i a Banfleisch ess …“
Heute noch klingt mir die entsprechende Stelle der Keintate im Ohr wenn ich
ein Beinfleisch esse (was geradezu
zwangsläufig immer ein Teil meines
Wien-Aufenthaltes ist). Die Melodie in
ihrer verqueren Traurigkeit fügt sich in
die Struktur und in den Geschmack des
Fleisches ein – und deshalb werde ich
beim Beinfleischessen immer ein wenig
melancholisch.
—
14
Ohne ihn wäre ich ein Anderer geworden
15
Wie kann man es wagen, Alban Bergs
Lulu auch noch nach Cerhas Vollendung
in der zweiaktigen Fassung zu spielen?
Das laszive Ende des 2. Aktes und der
Verzicht auf die alles erklärenden Doppelrollen – Dr. Schön muss ja im 3. Akt als
Jack the Ripper wiederkehren! – DAS ist
ein Eingriff in das Werk Bergs. Auch wenn
nicht jede Note der vollendeten Version
von Berg selbst stammen sollte: Die dreiaktige Fassung steht seinen Intentionen
wesentlich näher als die als „Werktreue“
getarnte Beschränkung auf die zwei von
Berg selbst fertiggestellten Akte.
—
Heute ist Neue Musik wie selbstverständlich in das Kulturleben integriert.
Was einmal Avantgarde war, wird an
den Musikuniversitäten gelehrt und
eine neue Generation von KomponistInnen wird erzogen, die mit der gleichen
Selbstverständlichkeit „avantgardistische“ Techniken in ihren Werken benutzen, mit der konservative TonsetzerInnen
während der 50er, 60er und 70er Jahre
„freitonal“ komponierten. Es fällt heute
schwer, sich in jene Pionierzeit zurück-
zuversetzen, in der das Neue noch
wirklich provozierte und nur gegen den
massiven Widerstand von Teilen des
Publikums und der Presse in der Öffentlichkeit gespielt werden konnte. Und es
gibt heute MusikerInnen, die technisch
und konzeptionell höchst anspruchsvolle
Musik auf höchstem Niveau realisieren
können – im Gegensatz zu den 50er
bis 80er Jahren, wo neue Musik häufig
von unwilligen, schlecht vorbereiteten
und destruktiv agierenden Menschen
gespielt wurde.
Dass es Cerha gelang, mit der „Reihe“
eine Tradition zu beginnen, die heute
zur Existenz von professionell auf Neue
Musik spezialisierten Ensembles geführt
hat, kann ihm gar nicht hoch genug angerechnet werden.
Aber wer als 17-Jähriger den Mut
aufgebracht hat, von der deutschen
Wehrmacht zu desertieren und sich der
Widerstandsbewegung eines Landes
anzuschließen, dessen Sprache er nicht
konnte, der wird sich doch von einer so
läppischen Kleinigkeit wie der konservativen Wiener Nachkriegskulturpolitik
nicht einschüchtern lassen!
—
16
Ohne ihn wäre ich ein Anderer geworden
Und Cerha war Lehrer.
Er zählt zu den Wenigen, von denen
ich sagen kann: Ich wäre ein Anderer
geworden als ich bin, wenn ich diesem
Menschen nicht begegnet wäre.
English: www.klangforum.at/cerha
Klangforum PLUS
Der Proberaum des Klangforum Wien
befindet sich im 5. Wiener Bezirk,
einem Stadtteil abseits der
etablierten Kulturszenerie, mit
einem Reichtum an verschiedenen
Kulturen und Talenten, in dem
gesellschaftliche Ausschlüsse
schnell sichtbar werden. Vielfalt, Dialog und Reflexion
kennzeichnen die Arbeit der
24 MusikerInnen aus zehn
verschiedenen Ländern, die hier
täglich proben, diskutieren und
konzipieren. Aus dem Bedürfnis
des Künstlerkollektivs heraus,
einem möglichst breiten Publikum
seine Arbeit zugänglich zu machen
und somit Neue Musik nachhaltig
in das Musikleben der Stadt und
ihrer Bewohner einzubinden, sind
im Laufe der mehr als 20 Jahre
zahlreiche Vermittlungsprojekte
entstanden.
In seinem Programm Klangforum PLUS setzt das
Ensemble vor allem auf langfristige Partnerschaften
und Begegnungen verschiedener Kulturen. Neben
Kompositions- und Interpretationsworkshops werden
Probenbesuche und Werkeinführungen für Kinder und
Jugendliche angeboten. Durch die Spezialausbildung
Performance Practice in Contemporary Music im Rahmen
seiner Professur an der Kunstuniversität Graz sorgt das
Klangforum für die Weitergabe seines Wissens an die jüngere
MusikerInnengeneration.
Mehr Informationen unter
www.klangforum.at/plus
17
Klangforum PLUS
Rückenwind alter Geschichten
Etwas über Beat Furrers Umgang mit den Mythen
—Uwe Kolbe
18
Rückenwind alter Geschichten
Das musikalische Werk Beat Furrers
kommt von zwei Orten her, gehört ihnen
an, umfasst sie, geht immer wieder zu
ihnen hin. Es hat zwei Angelpunkte,
räumlich gesehen einen rechts, einen
links, auch östlich und westlich, aus der
Nähe betrachtet, soweit möglich, aus
sich selbst, eher oben und unten. Wenn
dieser Text sich darauf beschränkt,
dieses und dieselben zu behaupten und
zu umschreiben und sonst gar nichts,
tut er es im Schutz folgender Erklärung.
Die Erklärung trägt den Charakter einer
Pointe. Danach sollte Stille sein oder
Musik erklingen, das eine als das andere,
Musik als Stille, Stille als Musik, was
grundsätzlich auch die zwei Seiten der
Furrerschen Medaille wären, demnach
alles, worauf dies hier hinauswill. Doch
die Beredtheit desjenigen, von dem die
Erklärung stammt, sie stoppte auch
nicht mit derselben. Hier ist sie: Es „kann
die Sprache, als Organ und Symbol der
Erscheinungen, nie und nirgends das
tiefste Innere der Musik nach außen
kehren, sondern bleibt immer, sobald sie
sich auf Nachahmung der Musik einlässt, nur in einer äußerlichen Berührung
mit der Musik, während deren tiefster
Sinn, durch alle lyrische Beredsamkeit,
uns auch keinen Schritt näher gebracht
werden kann.“ Nietzsche, Die Geburt der
Tragödie aus dem Geist der Musik. Dieses
skeptische Votum im Gepäck, geht es
hier um Beat Furrer und seinen Umgang
mit Mythos und Sprache.
Er selbst ist derjenige, der sich der
Dichtung bemächtigt, der sich Gedicht
und Dichter nimmt, deren Orte, deren
Konstellationen, der Vers, Biographie,
Novelle, und wieder und wieder, scheint
es, die Epen liest und Drama daraus
konzipiert, musikalisches Drama, versteht sich, und von der Bühne her tönen
lässt, der die Bühne verwandelt in den
Sammel- und Ursprungsort der Klänge
diesseits, rechts, und in den Sterbeort,
den Grenzort der Musik jenseits, links.
Wie er das kann und warum er das kann,
hat, wenn ich es recht sehe, eine Ursache. Insbesondere und vor allem entzieht
sich Beat Furrer nicht dem Mythos,
welcher unter allem liegt, was groß an
Literatur und Kunst, wenn sie echt ist. Er
arbeitet also mit jener Kraft, welche die
Oberfläche der Künste seit Menschengedenken aufreißt wie die steinerne Hülle
der Erde, wenn der heiße Kern sich rührt.
Er arbeitet, scheint es, auch durch sie,
durch diese bewusste und konsequente
Anbindung.
19
Wer je einen Klang, einen Sound Bit von
Beat Furrer erhascht, gehört und aufgefasst hat, weiß, dass nicht von Klassizismus, überhaupt nicht von irgendeinem
Ismus oder Neo-Ismus die Rede ist.
Der Mann ist frei. Dieses Ungebundene,
dieses Offene hat eine eigene Tradition
gerade in der Neuen Musik (falls dieser
alte Begriff noch benutzt wird). Rufen wir
einen Zeugen auf, György Ligeti. Zu dem
2006 in Wien verstorbenen Komponisten gibt es bei Beat Furrer zufällig eine
Handvoll biographischer Parallelen: auch
er Wahl-Österreicher, auch er Komponist
Gehen wir zunächst, nicht zufällig mit
Ovid, dessen Metamorphosen eine
unerschöpfliche Zusammenschau der
griechisch-lateinischen Mythen sind,
Richtung Osten, an jenen Ort „mitten
im Raume der Welt, zwischen Meer und
Erde und Himmel“, wo etwas statthat,
das einen Musiker nicht kalt lassen
kann: „jeglicher Laut dringt hier zu den
lauschenden Ohren“. Im CD-Booklet des
Hörtheaters Fama wird Ovid prominent
zitiert. Beschrieben wird da ein Haus,
das es in sich hat, weil es von draußen
her alles sammelt, was die Leute so
Er arbeitet also mit jener Kraft, welche die
Oberfläche der Künste seit Menschengedenken
aufreißt wie die steinerne Hülle der Erde, wenn
der heiße Kern sich rührt.
und Kompositionslehrer, auch bei ihm
„naturgemäß“ Wien. Und last but not
least stellt sie der Große Österreichische Staatspreis nebeneinander. Von
dem Musikjournalisten Eckhard Roelcke
wurde Ligeti einmal gefragt: „Gibt es eine
Grundeinstellung, die Sie Ihren Schülern
vermittelt haben?“ Er antwortete: „Eine
einzige Grundhaltung: Freiheit. Man soll
machen, was man will, und dabei nicht
andere kopieren. …Ich bin für völlige Ungebundenheit und Originalität. Aber auch
für das Handwerk.“ Die Freiheit, von der
Ligeti hier spricht, ist die erste Entdeckung beim Hören der Musik Beat Furrers. Als legte er jeweils ab, was er vorher
gemacht hat. Musikstück um Musikstück
– die Vielzahl der Genres spricht für sich
– wird ein eigener Zugang gefunden, ein
neuer Raum angeeignet und hörbar gemacht. Titel der Stücke, Figuren, die aufgegriffen werden, verweisen, scheint es,
auf mehr Linien, auf mehr Abstammung
als die jeweils wechselnden Herangehensweisen. Darin, in den aufgerufenen
alten Erzählungen und ihren Figuren
gibt die Freiheit dieses Komponisten
ihr pagan-abendländisches Fundament
zu erkennen. Der Gedanke, der immer
neue, der hochproduktive, der dieses
Werk wesentlich vorantreibt, wurzelt in
zweierlei Richtung des Mythos. Ohne
das zur Kenntnis zu nehmen, wäre diese
große und beharrliche Arbeit nicht zu
verstehen.
reden. Wem immer in der Welt das Wort
entschlüpft ist, ob geschrien, geflüstert,
ob gestöhnt oder gewispert, hier wird es
angeschwemmt. Beat Furrer hat dieses
Haus am Rande des Meers der Rede
als Raum und Klangraum rekonstruiert
wie auch erfunden, auf die Hör- und
Schaubühne gestellt zuerst in Donaueschingen 2005, hat sich anderen Text
geholt als den des anregenden Römers,
vor allem aus „Fräulein Else“ von Arthur
Schnitzler. Jenes verzweifelnde Fräulein
insbesondere hat er in die Klangkulisse
des Hauses der Fama gestellt. Wie auch
nicht? Stirbt sie nicht am Gerücht, bevor
es noch aufträte, ist sie nicht ausgesetzt
der Fälschung der Biographie mitten im
jungen Leben, die ihre eigenen Eltern ihr
antun mit dem Verkauf ihrer Unschuld?
Unentrinnbar. Noch Fama, schon Fatum,
Verhängnis. Aber es ist auch das Hotel,
irgendeines, es ist auch das Mietshaus
irgendwo, es ist auch das Leben in der
Stadt oder das dem Dorftratsch Ausgesetztsein, es ist Leben in der Mehrzahl, Allmacht der Stimmen, bewusst,
halbbewusst, unbewusst, gewalttätig für
diejenige, für denjenigen, der ausgesetzt
ist, der hört.
Nicht nur in diesem Hauptwerk, auch in
dem kürzeren Lotófagos wirkt das Chorische, das Vielstimmige des Mythos. Nach
der Überlieferung vermochte Odysseus
kaum, diejenigen seiner Mannen wieder
an Bord zu holen, welche das Leben der
Lotophagen, der Lotosesser nur kurz
mitgelebt hatten. So ergeht es auch dem
Hörer des Stücks. Er möchte rufen: Bitte
hört nicht auf, ihr lockenden SopranEchos! Bitte säge weiter, du Bass, wie ein
Nebelhorn in mein süchtiges Stammhirn!
Es ist der Punkt der Verlockung zum
bequemen, zum nicht mehr selbstverantworteten Leben, eine bei Homer kaum
ausgearbeitete Metapher, die hier, als
Musik, sehr direkt wirkt. Auf diesem
raschen Weg scheinbar ankommen, den
Geist der Gelegenheit opfern, das Ziel
hintan stecken, alle fünfe gerade sein
lassen – wen wandelte es nicht hie und
da an? Nur ein Odysseus lässt sich nicht
beirren und erreicht Ithaka.
Der eine Ursprung also, zu dem uns diese
Musik immer wieder führt, der östliche,
der rechts gelegene, der obere ist hier einer des vielfältigen Lauts, der Lautstärke
auch. Es ist der Pol der Klangwelt, den
die Sprachen erzeugen, sowohl vom Vorbild im Mythos her als auch von Gedanke
und Realisation im Furrerschen Werk
mit seinen mehrsprachigen Referenzen, neben dem Deutschen Italienisch,
Spanisch, Französisch... Nennen wir ihn
provisorisch den sozialen Mythos. Fama
ist ein Ungeheuer, allgegenwärtig durch
unser aller ständiges Miteinanderreden, auch wenn wir es tarnen mögen als
Diskurs etc. pp. Fama ist das Gegenteil
von Schweigen, von Stille. Fama ist ein
mit vielfarbenen, aber farblosen, mit
tonlosen Tönen gefiedertes Monster, das
schon auf dem Dachfirst sitzt, während
wir uns hier unten sicher wähnen in der
Bedeutung. Fama ist die schwarze Art
des antiken Chors, wie er an jener von
Nietzsche benannten Quelle der Tragödie
funktionierte, unheimlich und unausweichlich, nämlich mitreißend alles
und jedes und alle und jeden, die sich
vielleicht gar nicht Teil davon, die sich
unbeteiligt wähnten, nur zu gern selbständige Individuen wären und es hier, in
diesem Nu gar nicht sind.
Und so bedrängt das Stück Fama, das
Hörstück, bedrängt das Gehör, ist Herzhören, schlimmes Hören… Es geht trotz
des gesprochenen, trotz des akustisch
verstehbaren Fräulein-Texts nicht um
Semantik, nicht um Bedeutung dessen,
was Mensch ausdrückt, nicht um das
Verweisende in all jenen Texten, die
Furrer hier wie in anderen Vokalwerken hernimmt. Der Zugriff der Musik
erfolgt direkt in die Magengrube, in den
zuckenden Kehlkopf der Hörenden und
wie gesagt in das Herz, in das blutige.
Warum?
20
Rückenwind alter Geschichten
Weil Beat Furrer uns dicht heranführt
an den gemeinsamen Quell von Sprache
und Musik. Wie kann er das tun inmitten
eines grausam beschallten öffentlichen
Raums, von dem er selbst in einem
Interview sagt, in ihm sei Musik gar nicht
mehr notwendig? Ich behaupte: mit dem
ihm eigenen Ernst. Der auch da ist, wenn
er spricht, wenn er zum Beispiel den
einfachen Satz sagt von der Stille im
gut gebauten Konzerthaus. Weil er kein
Spieler ist, wenn es um den Stoff, um
das Material geht. Weil, wenn ich diese
Musik richtig verstehe, ein wacher, empfindsamer Mensch sie schreibt.
Es gibt zu unserem Glück Personen in
der Geschichte der Musik, der Dichtung,
der bildenden Kunst, die wissen, worum
es geht. Die geben sich nicht zufrieden. Die erarbeiten sich Maßstäbe und
lassen sich nicht beirren. So einer ist
dieser Mann. Manche verschleißen sich
darüber, werden irr daran. So einer ist
er zum Glück nicht. Wo gehen sie genau
hin und warum, warum dringen diese so
tief ein, gehen so weit, während andere
mit leichter Münze glänzen? Weil sie es
müssen. Es gibt keinen anderen Grund.
Beat Furrer gehört zu denen, die künstlerisch keine Rücksicht nehmen. Versteht
sich von selbst, dass hier nicht der viel
reisende Dirigent gemeint ist, der erfolgreiche Ensemblegründer und lehrende
Vermittler. Da folgt er professionellem
Selbstverständnis, man wünscht ihm, in
gesunden Maßen.
Ein Dichter, den der Komponist prominent zum Zeugen aufruft, ist Vergil. Nicht
der Vergil Dantes, obwohl das auf einer
solchen Reise nahe läge. Was Beat Furrer
hier voraussetzt und woran er hier arbeitet, deutet darauf hin, dass er schon weit
vorgedrungen ist in die Tiefe. Großen
Erfolg hatte dort, in jener düsteren, auf
paradoxe Weise fruchtbaren Tiefe, lange
vor ihm ein Mann, dessen Name hier
genannt wird, obwohl und weil er uns wie
dem Komponisten heilig ist.
Wir erreichen den anderen Pol. Wir hören
Begehren, wir hören Canti della tenebra
aus den Orphischen Gesängen des Dino
Campana. Wir geraten in das andere
Land, an das andere Ende, in den Westen
oder auch Nordwesten, das Land der
Kimmerer bei Homer, auf die linke Seite
des Wandels auf Erden, sogar auf den
Darstellungen des Jüngsten Tags noch
der Christenheit (um nur kurz den Monotheismus zu erwähnen) abwärts in die
Unterwelt. Wir treffen dort den anderen
Helden, an dem das Werk des Komponisten sich allerdings heftiger und langfristiger und wieder und wieder entzündet.
Nicht nur mit dem Sujet selbst stellt er
sich in die größte Tradition. Musik und
Dichtung sind hier gleichauf. Man kennt
das Thema der ersten überlieferten
Opern der Musikgeschichte, die Liebe
zwischen dem Sänger aller Sänger und
seiner Frau, die Überwindung des Todes
durch Gesang und die folgende Schwäche des sterblichen Orpheus. Soweit
der allgemeine Teil der Stafette, die seit
Jahrtausenden durch alle Künste zieht.
Die Aufmerksamkeit gelte etwas anderem, zu dem Beat Furrer regelmäßig
zurückkehrt, um wieder davon auszugehen. Es ist die Stille, in dem Fall die Stille
im wichtigsten Moment des Aufstiegs,
der Rückkehr aus der Unterwelt: „indes
der Blick ihm wie ein Hund vorauslief…, //
blieb sein Gehör wie ein Geruch zurück.
/ Manchmal erschien es ihm als reichte
es / bis an das Gehen jener beiden andern, / die folgen sollten diesem ganzen
Aufstieg. / Dann wieder wars nur seines
Steigens Nachklang / und seines Mantels
Wind was hinter ihm war. / Er aber sagte
sich, sie kämen doch; / sagte es laut und
hörte sich verhallen.“ Jene beiden andern,
die der aufsteigende Sänger hinter sich
weiß, sind seine tote Frau Eurydike und
der sie leitende Gott Hermes. Jeder
weiß, was dem Moment, von dem Rilkes
Gedicht „Orpheus. Eurydike. Hermes“
spricht, vorausging: das Konzert des Sängers vor dem Thron des Totenreichs, vor
König Hades und Königin Persephone. Der
größte Triumph, den Musik und Dichtung
als Lied, das sie zusammen sind, jemals
feiern konnten. Der größte Moment in der
Geschichte der Musik. Die Stiftung des
Mysteriums, an dem Hörende bis heute
teilhaben, immer, wenn Musik sie berührt, immer, wenn Musik echt ist, wenn
Stimme, Strich, Rauigkeit, Anschlag das
Wer je einen Klang, einen Sound Bit von Beat
Furrer erhascht, gehört und aufgefasst hat,
weiß, dass nicht von Klassizismus, überhaupt
nicht von irgendeinem Ismus oder Neo-Ismus
die Rede ist. Der Mann ist frei.
Tiefste erreichen, das biologische Wesen,
welches an der Tragik des Göttlichen teilnimmt mit dem Eintritt ins Hören.
Die Szene danach also, um die geht es,
um den stillen Gang hinauf, den leisesten Weg, der je gegangen wurde, nichts
für das grobe Gehör. Orpheus bei Rilke
„sagte es laut und hörte sich verhallen.“
Wir wissen von der Vermutung eines viel
späteren Schriftstellers, der Erfolg des
Sängers hätte nicht die Herausgabe Eurydikes bewirkt. Die Göttin der Unterwelt
selbst wäre ihm verfallen, überwältigt
von der Musik. Wovon sonst? Und klingt
es, klingt es nicht sehr wahrscheinlich?
Erklärt sich nicht so auch das Verbot,
sich umzuwenden, einfacher als auf jede
andere Weise? Was wäre denn dabei
gewesen, wenn der Mann Orpheus seine
Frau als Schatten hätte sehen können?
Aber Persephone selbst – er wäre vielleicht nie mehr ans Tageslicht gekommen, hätte es nicht mehr vermocht oder
nicht gewollt? Sein Lied, das Gebet an
die Weiße Göttin wäre erhört, die Karriere hätte ihr Ziel erreicht: Vereinigung mit
der Göttin, die einerseits die Erbin des
Reichs der Fruchtbarkeit ist, als Herrscherin über die Unterwelt aber personifiziertes unerfüllbares Sehnen. Wir sind
an dem anderen Pol des Werks, seiner
mythischen Rückbindung, der Begründung seiner Gewalt, des Grunds, warum
wir das hören wollen.
Musik überwindet den Tod, das sagt
sich so, mit dem Rückenwind einer
alten Geschichte. Das Lied des Sängers
lässt schwarze, leere, steinerne Herzen
schlagen, als bewegte sie das Blut des
Lebens. Schön und gut. Der zweite Pol
dieses musikalischen Werks aber ist
wie gesagt Stille, Pause, das klangliche Nichts, das wie das Tao der alten
Chinesen das Etwas, den Klang gebiert.
Ohne Atemholen, ohne das Verhallen
des vorigen Tons, des Worts, ohne das
Abebben der älteren Litanei, ohne dieses
Schweigen zwischen dem Einen und
dem Anderen gibt es nichts Neues. Ohne
Innehalten kein Ausdruck, ohne den
Moment vor dem Einsatz keine Musik.
Wenn auch der schalltote Raum eine
Illusion, die wahre Stille wiederum auch
nur ein Mythos ist, abgesehen von ihrem
Vorhandensein im Weltall. Für welches
Ohr allerdings? Denn das Ohr hört, wenn
alles sonst schweigt, die Geräusche des
Körpers. Für wirkliche Stille als wirklichen Ausgangspunkt gibt es nur einen
Ort: die Unterwelt, den Tod, die Stille
jenseits der Pforte – lasst alle Hoffnung
21
fahren! –, das Schweigen über dem
Walten Charons, die Lautlosigkeit blass
blühender Asphodelen, die allmächtige
Stille auf dem Fluss Lethe, die Stille
des Vergessens, die, das sei beachtet,
Voraussetzung ist für Wiedergeburt, für
die weitere Teilnahme am Kreislauf des
Lebens, des Hörens.
Warum geht Beat Furrer dorthin und
nimmt seine Zuhörer mit an einen so
fernen, auch mit Musik nicht oft, nicht
jederzeit erreichbaren Punkt? Ich würde
lieber sagen, ich wüsste es nicht. Ich
konstatierte nur den Fakt und das Erstaunen darüber. Nehmen es denn alle
hin? Nehmen wir es einfach so hin? Wer
Beat Furrers Oper La bianca notte hört,
muss sogar das Folgende schon hingenommen haben:
„…dein unbekanntes Gedicht von Lust
und Schmerz, du bleiches Kind der
Klänge im blutgezeichneten Kreis der
geschwungenen Lippen, Königin der
Musik, doch für das keusche, das geneigte Haupt wache ich, nachtgeweihter
Dichter, über die hellen Sterne in den
Himmelsmeeren, ich… für dein Stillewerden.“ Und weiter: „Die weißen Felsen,
die stummen Quellen der Winde und
Sterne..., die reglos stehn…“ Die Hörenden sind hier ausgesetzt dem Schrei und
der Stille.
sus und mit dem großen Musiktheater
Begehren kompositorisch unterwegs war,
wo er immer wieder hingeht, zur Quelle.
Der soziale Pol des Mythos, derjenige
der Fama, hat sein Gegenstück in Liebe
und Verzicht, in der Einsamkeit, in dem
sprichwörtlichen Pfeifen im Walde, das
ja auch eine sehr genaue, nämlich nützliche Musik ist. Fragen und Antworten,
sich selbst wie Narziss, dem geliebten
Gegenüber wie Orpheus, auf jedes Risiko
hin. Sich umdrehen und das geliebte
Gegenüber verlieren wie schon einmal,
das dürfen wir nicht vergessen, dass es
sich wiederholt.
Wohin kehrt der Komponist zurück, wenn
Triumph und Scheitern so dicht bei­ein­
ander liegen, wie es der Mythos zeigt,
weil es im wirklichen Leben der Fall ist?
Er kehrt zurück an die Arbeit. Und weil
der Ernst groß ist, ist der Erfolg sicher.
(Hamburg, März/Mai 2015)
English: www.klangforum.at/furrer
Der Zugriff der Musik erfolgt direkt in die
Magengrube, in den zuckenden Kehlkopf der
Hörenden und wie gesagt in das Herz, in das
blutige.
Beat Furrer weiht uns ein in das Schicksal des Dichters Dino Campana, dessen
Hauptwerk die hier zitierten Canti orfici
sind, die Orphischen Gesänge, und der
Dichterin Sibilla Aleramo ein, aber auch
wieder nicht. Was er allemal tut, ist,
nah an die Initiation heranzuführen, die
Orpheus selbst erst erfahren hat, als er
aufstieg, sogar erst, nachdem er wieder zurück war. Der Sänger wurde zum
Priester, und seine Mysterien stifteten
Dichtung, die nach ihm benannte orphische Tradition.
Der Komponist führt uns in eine klingende Landschaft, in welcher Lärm des
Gewöhnlichen nicht vorkommt. Er stellt
eine so gravierende Frage, dass ihr nur
Schweigen antworten kann oder Lied,
also Dichtung und Musik. Er führt uns
erneut dorthin, wo er schon mit Narcis-
Agata Zubel (*1978)
Hveravellir, Island
Aureliano Cattaneo (*1974)/
Eva Cattaneo Núñez (*2009)
Cercedilla, Spanien
22
Simon Steen-Andersen (*1976)
Middelfart, Dänemark
Stefan Prins (*1979)
Antwerpen, Belgien
23
Agenda,
Details
13. Juli 2015
Siena, Teatro dei Rozzi
Accademia Chigiana
Pollini Perspectives
Salvatore Sciarrino — Carnaval UA der Gesamtfassung
Daniele Pollini, Klavier
Neue Vocalsolisten Stuttgart
Dirigent: Tito Ceccherini
—
31. Juli 2015
Salzburg, Kollegienkirche
Salzburger Festspiele
Salzburg contemporary
Olivier Messiaen — Couleurs de la cité céleste
Gérard Grisey — Jour, contre-jour
Matthias Pintscher — Verzeichnete Spur
Pierre Boulez — ...explosante-fixe...
Eva Furrer, Flöte
Vera Fischer, Flöte
Thomas Frey, Flöte
Benedikt Leitner, Violoncello
Andreas Lindenbaum, Violoncello
Peter Sigl, Violoncello
Alexandra Dienz, Kontrabass
Florian Müller, Klavier
Peter Böhm, Florian Bogner, Gilbert Nouno, Klangregie
Dirigent: Sylvain Cambreling
—
7. August 2015
Salzburg, Kollegienkirche
Salzburger Festspiele
Salzburg contemporary
Pierre Boulez — Le marteau sans maître
Olga Neuwirth — Lonicera Caprifolium
— Eleanor-Suite UA
Hilary Summers, Alt
Della Miles, Bluessängerin
Tyshawn Sorey, Schlagzeug
Peter Böhm & Florian Bogner, Klangregie
Dirigent: Sylvain Cambreling
—
24
Agenda, Details
Olga Neuwirth
— Eleanor-Suite
Diese Komposition ist für mich ein Tribut
an die vielen Menschen, die es wagten
und wagen, Kritik auszusprechen, trotz
aller sozialen und politischen Widerstände. In unserer ach so weltoffenen Zeit,
wo schon leiser Widerspruch als Bedrohung angesehen wird, sitzt der Finger
skandalös locker am Abzug.
Im Besonderen aber möge Eleanor-Suite
– daher auch der weibliche Vorname im
Titel des Stückes – ein Tribut an mutige
Frauen sein. Der Lichtkegel ist gerichtet
auf die vielen vergessenen afroamerikanischen Jazz-Musikerinnen „when men
ruled the beat“.
Der Name Eleanor ist eine Referenz an
Billie Holiday. Von Kindheit an war ihr
Leben geprägt durch Verletzungen, die
tiefe Wunden hinterließen. Wunden, mit
denen schwer gelebt werden konnte. Ihr
großes Talent, ihre Seelen- und Geistesgröße kämpfte stets gegen ein Gefühl
von Leere. Nichts konnte diesen wahren
Nihilismus schwächen.
Daher setzte ich anstelle der gepflegten
Aura des klassischen Gesangs die
Direktheit des Blues. Eleanor beharrt auf
dem Unaufhebbaren des Schmerzes und
auf ihrer Subjektivität. Sie ringt um
Freiheit, geht einen schweren, aber
selbst gewählten Weg. Trotz aller
Verletzungen sucht sie selbstbewusst
25
ihren eigenen Ausdruck, ihre eigene
Identität. Musik und Text mögen einen
treibenden, unnachgiebigen Sog erzeugen. Die musikalische Form soll eine
Spontaneität vermitteln, die nicht, wie so
oft bei der sogenannten „zeitgenössischen Klassik“, von strukturellen
Limitationen blockiert wird. Die EleanorSuite beginnt zunächst wie ein Sichten
alter Blues-Platten in der Tradition von
Williams, Lambert und Hendricks:
quasi-instrumentaler Jazzgesang.
Transformiert mittels Schlagzeug,
E-Piano und E-Gitarre ins Schein-Jetzt.
Wie schon in meinem Musiktheater
American Lulu (2006-2012) hört man
immer wieder eingespielte Fragmente
von Martin Luther King-Reden und
Gedichten der Schriftstellerin June
Jordan, einer der bedeutendsten
afroamerikanischen Lyrikerinnen der
Gegenwart.
Innerhalb der Polizei ist der Hass auf
Schwarze zunehmend verbreitet. Mehr
Schutz für Afroamerikaner und andere
Minderheiten vor ungerechtfertigter
Polizeibrutalität muss erneut eingefordert werden. Traurig, wenn man bedenkt,
dass Martin Luther King in seiner letzten
Rede folgende Sätze äußerte: „But one
hundred years later, the Negro still is not
free. ... And so we‘ve come here today to
dramatize a shameful condition. ... Now
is the time to make real the promises of
democracy.“ 50 Jahre später sind wir
wieder, oder immer noch, in „beschämenden Zuständen“ – auch in unseren
demokratischen Ländern. Ich wollte zwar
mit American Lulu eine Art musikalischen Protest gegen Rassismus und
Sexismus setzen, die ich während
meiner vielen Aufenthalte in den USA
seit den späten 1980er Jahren wieder
aufflammen sah, aber ich hätte nicht
gedacht, dass mein 2006 begonnenes
Stück American Lulu (noch vor der Wahl
Barack Obamas zum Präsidenten) solch
traurige Aktualität erhalten würde. Man
bedenke allein, dass in den Vereinigten
Staaten gegenwärtig mehr Afroamerikaner in Gefängnissen sitzen, als 1850 in
Sklaverei gehalten wurden.
Eleanor-Suite war ein spontaner Ausdruck meiner hilflosen Empörung gegen
rassistische Gewalt und gegen Gemetzel,
wie in der Redaktion von Charlie Hebdo
geschehen. Ich konnte und wollte nicht
stumm bleiben. Nach dem Schock war
der Moment gekommen, Mut zum
Nachdenken zu finden. Das Stück war da
schon beinahe fertig, aber ich wollte die
Hitze des Augenblicks nicht abklingen
lassen, denn sie führt nicht automatisch
zu einer ausgewogeneren Wahrheit, wie
uns immer wieder erklärt wird. Jetzt
wollte ich reagieren und nicht später,
wenn sich die Dinge wieder „gelegt“
haben.
Eleanor-Suite ist meine Art von Solidarität und mein künstlerischer Protest
gegen geforderte Alltagskonformität
sowie äußere und innere Repression.
(Januar 2015)
English: www.klangforum.at/neuwirth
Uraufführung
7. August 2015
Salzburg, Kollegienkirche
Yukiko Watanabe (*1983)
Köln, Deutschland
Yukiko Watanabe
— Color Study
日常の中で私たちは音の彩(色)を繊細
に聞き分け、耳から想像し、無意識のう
ちに自らの空想を加え、理解したような
気持ちになっている。例えば眠りに入る
直前に聞いた物音は、その過程の中で
(音の在り処は確認されることがない。
そして眠気と戦いながらも。)うつらう
つら形を変えつつ、夢の中に入ってい
く。それがどう矛盾を孕んだものであっ
ても夢の中ではそれが正義であり、それ
がその世界の現実である。毎日見る夢た
ちは、その日あったことと関係がありそ
うでなかったり、ただ自分という因子を
介し、繋がっている。
26
Agenda, Details
この作品は、一つ一つの音の色を小さな
タイルのように見立て、それを並べるよ
うに書かれている。特殊な楽器編成から
生まれる、はっきりと色の異なるタイル
は、各々独立しており、ただ偶然的に隣
り合っているというほかには関係はな
い。これらを一つずつ貼り付けていくと
同時に、それぞれに伴う空想の世界を少
しずつ滲ませるように作曲した。そのタ
イルが異なる人であるならば、彼らが見
るであろう夢の一片を窓から覗くような
気分で。
今まで私は幾つかの曲を同じ時代に生き
る美術作品からインスピレーションを得
る形で作曲している。ここ最近はブラジ
ルの現代アートに惹かれることが多い。
例えばHenrique OliveiraやAdriana
Varejão。今回の作品では後者のAdriana
Varejãoの作品からヒントを得て作曲し
た。彼女の作品の多くは同じくタイルを
モティーフにしている。水色の浴槽の中
で不安気に揺れているように見えるタイ
ル、それは人工的であり自然的でもあ
る。中にはタイルのその内側(中身は肉
片のように赤い)が見えるようになって
いる作品もあり、表面のタイルの静的な
美しさとは真逆の“生”的なイメージを
伴っている。
Deutsch/ English:
www.klangforum.at/watanabe
Uraufführung
25. August 2015
Alpbach, Erwin Schrödinger Saal
16. August 2015
Duisburg, Gebläsehalle
Ruhrtriennale
25. August 2015
Alpbach, Erwin Schrödinger Saal
Europäisches Forum Alpbach
Für Gerard Mortier
Junge Talente
Ferruccio Busoni — Gesang vom Reigen der Geister op. 47
— Berceuse élégiaque op. 42 (arr. Erwin Stein)
Alban Berg — Fünf Orchesterlieder op. 4
(arr. Emilio Pomàrico)
Giacinto Scelsi — Pranam I & II
Anton Webern — Symphonie op. 21
Olivier Messiaen — Couleurs de la cité céleste
Yukiko Watanabe — Color Study UA
Thomas Wally — jeux éoliens III UA
Piotr Peszat — Computer Chronicles UA
Gottfried von Einem — Glück, Tod und Traum
(Alpbacher Tanzserenade) op. 17
Sarah Wegener, Sopran
Natalia Pschenitschnikova, Mezzosopran
Florian Müller, Klavier
Dirigenten: Sylvain Cambreling, Emilio Pomàrico
Unter den Orten, an denen Gerard Mortier als Theaterleiter
und Festivalintendant gewirkt hat, gibt es keinen, der besser
geeignet wäre als Stätte für ein lebendiges Erinnern an ein
außerordentliches und fortwirkendes Lebenswerk und seinen
Urheber. Nirgends hat sich das Besondere an diesem Werk
deutlicher gezeigt als eben hier im Ruhrgebiet, einer terra
incognita auf den Landkarten des mit Recht so genannten
Kulturbetriebs.
In dieser Region, in der es bis dahin für die meisten Menschen
nur wenige Möglichkeiten zur Begegnung mit Neuer Musik,
mit zeitgenössischen Theaterformen oder avancierten
Bühnenproduktionen gab, hat Gerard Mortier in den Jahren
2002-2005 ein Festival etabliert, das durch seine offensive
Programmatik und seine klare, prononciert gegenwarts- und
zukunftsorientierte Haltung das Ruhrgebiet zu einem Zentrum
europäischer Musik- und Theaterkultur gemacht hat.
Die Lamentatio über die angebliche Stumpfheit und Trägheit
des Publikums hat Gerard Mortier durch seine Arbeit
als das entlarvt, was sie ist: als eine schwer erträgliche
Überheblichkeit gegen offene, interessierte Menschen,
denen anstelle der ihnen geschuldeten geistigen Anregung
wohlfeiles Amusement geboten wird, denen Bildungsferne und
intellektuelle Inkompetenz unterstellt werden, während ihnen
aus schierer Bequemlichkeit vorenthalten wird, was Kunst für
sie leisten kann und soll.
Gerard Mortier hat dieser Behauptung über die geistige
Insuffizienz des breiten Publikums stets lebhaft
widersprochen, und er hat nicht nur widersprochen, sondern
durch die Tat bewiesen: in Brüssel, in Salzburg, in Paris, in
Madrid und eben in ganz besonders auffälliger Weise in einer
angeblichen kulturellen Wüstenei, als die das Ruhrgebiet unter
den überheblichen Auguren des Musik- und Theatergeschäfts
gegolten hatte.
Die Gebläsehalle im Industriepark ist deshalb der
prädestinierte Ort, um an ein über den Tod seines Schöpfers
hinaus fruchtbares Lebenswerk und an seine Bedeutung für
Gegenwart und Zukunft zu erinnern. Sylvain Cambreling, Emilio
Pomàrico, Natalia Pschenitschnikova und Sarah Wegener
tun dies zusammen mit dem Klangforum Wien in ehrendem
Gedenken an einen Einzigartigen: Gerard Mortier. (sh)
—
27
Dirigent: Michael Wendeberg
—
7. September 2015
Wien, d51
Klangforum PLUS
Nachbarn
Auf der Suche nach Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung
wurde das Ensemble in seiner unmittelbaren Nachbarschaft
fündig: Nur wenige Meter von seinem Proberaum entfernt,
befindet sich die Volksschule Am Hundsturm, mit der eine langfristige Partnerschaft vereinbart werden konnte.
Details: www.klangforum.at/nachbarn
—
21. September 2015
Wien, Konzerthaus
Generationen
Gegenbeweis?!
Eva Reiter — Alle Verbindungen gelten nur jetzt
Vito Žuraj — Fired-up
Agata Zubel — Not I EA
Simon Steen-Andersen — Chambered Music
Stefan Prins — Fremdkörper #3 (mit Michael Jackson)
Agata Zubel, Sopran
Eva Reiter, Kontrabassblockflöte
Peter Böhm & Florian Bogner, Klangregie
Dirigent: Baldur Brönnimann
—
Thomas Wally
— jeux éoliens III
jeux éoliens III für Bläseroktett ist
das dritte Werk einer Gruppe von
Kompositionen, die ausschließlich
für Blasinstrumente geschrieben
wurden und deren Klanglichkeit
– zumindest teilweise – von der
Möglichkeit „äolischer Klänge“ geprägt
ist. Ähnlich wie bei seinen beiden
Vorgängerstücken (jeux éoliens für
Flöte/Bassflöte und Klarinette in B/
Bassklarinette und jeux éoliens II für
Bassflöte, Bassklarinette und Fagott)
dienten mir als Ausgangspunkte
instrumentenspezifische Techniken und
die damit verbundenen Klangphänomene
– so selbstverständlich dies klingen
mag, so ist dies nicht der einzig
Piotr Peszat
— Computer
Chronicles
Punktem wyjścia dla procesu kompozytorskiego były dwa komentarze prezentera amerykańskiego programu TV Computer Chronicles: „[…] to tylko jeden,
niewielki przykład, jak komputery zmieniły nasze podejście do muzyki” oraz „[…]
oto Kelly Langello, ma 8 lat, jest uczennicą trzeciej klasy, oraz.. jest producentem
video-muzycznym”.
Powyższe cytaty wskazują na pewną
tendencję – zmianę w rozumieniu (nie
tylko na gruncie muzycznym, ale również
w bardziej ogólnym ujęciu) otaczającej
nas rzeczywistości. Sztuka, według mnie
jest reakcją na rzeczywistość. Odrzucając
28
Agenda, Details
mögliche Impuls für ein neues
Werk: Auch können etwa bestimmte
harmonische Konstellationen oder
formale Überlegungen als erste
Anreger für ein neues Stück agieren.
Wie der Titel verrät, spielt hier die
Möglichkeit von Blasinstrumenten,
Luftklänge zu erzeugen, eine
wesentliche Rolle; Luftklänge im Sinne
der den Blasinstrumenten typischen
Klangerzeugung ebenso wie im Sinne
der Technik, einem Ton einen hörbaren
Luftanteil beizufügen oder einen
praktisch ausschließlich aus Luft
bestehenden Ton zu erzeugen. Die
schon in jeux éoliens und jeux éoliens II
wesentlich zum Klangbild beitragenden
chromatisch absteigenden „äolischen“
Skalen sind auch in jeux éoliens III ein
wesentlicher klanglicher Bestandteil,
jedoch in weit geringerem Maße.
Aus den instrumentenspezifischen
Techniken (etwa Doppelflageoletts,
Bisbigliando und Vierteltonglissandi
der Oboe; äolische Klänge, Slaps und
Mehrklänge mit klar erkennbarer
harmonischer Struktur der Klarinetten;
Flaps, „Brassy“-Spiel und Bisbigliando
der Fagotte; gestopftes Spiel und
reine Luftklänge mit unterschiedlicher
Artikulation der Hörner; Spiel mit WaWa-Dämpfer, reine Luftklänge und
Bisbigliando der Trompete) und aus den
mit diesen Techniken einhergehenden
Einschränkungen erwächst die Möglichkeit eines Spiels: jeux éoliens III stellt
eine spielerische Verknüpfung einer
überschaubaren Anzahl klanglicher
Aktionen dar, die zusammenwirkend
ein durch persönliche ästhetische
Entscheidungen geordnetes äolisches
Netzwerk ergeben.
pewne aspekty rzeczywistości – zamykamy się na nią. Zamknięcie się na rzeczywistość, postawa bierna, jest moim
zdaniem, najgorszą z możliwych postaw.
Nie potrafię jednak odpowiedzieć na
pytanie, co może się okazać większą
pułapką - bezrefleksyjna akceptacja
rzeczywistości, czy bezrefleksyjne
zamknięcie się na nią?
wania, zmieniającego w towar wszystko,
co dotąd postrzegaliśmy bezpośrednio.
Również i w Computer chronicles, za
Debord’em, niejako wołam do Hegla,
Lukácsa, Marksa, by „przyjrzeli się
powstawaniu centrów handlowych,
przedmieść, samotnych tłumów miejskich
i kilkudniowych idoli”.
Niezwykle interesującym kontekstem,
dopełniającym zmieniający się obraz
rzeczywistości, były dla mnie teksty Guy
Debord’a, jego koncepcja społeczeństwa
jako spektaklu. Debord w Społeczeństwie
spektaklu stworzył wizję społeczeństwa
jako zbioru obrazów, których biernie
pożądamy, a na które nie mamy żadnego
wpływu. Społeczeństwa fałszu i wyobco-
English: www.klangforum.at/wally
Uraufführung
25. August 2015
Alpbach, Erwin Schrödinger Saal
Właśnie tę mnogość kontekstów, wynikającą ze złożoności obrazu rzeczywistości,
której doświadczamy, staram się uchwycić
w trwającym niespełna 10 minut utworze
– Computer Chronicles.
Deutsch/ English: www.klangforum.at/peszat
Uraufführung
25. August 2015
Alpbach, Erwin Schrödinger Saal
26. September 2015
Brixen, Damiani-Holz&Ko
Transart
4. Oktober 2015
Parma, Teatro Farnese
Festival Traiettorie
Symposion
... wie stille brannte das Licht
Gustav Mahler — Das Trinklied vom Jammer der Erde
Dieter Ammann — Le réseau des reprises
Johannes Kalitzke — Angels Burnout Graffiti
Georg Friedrich Haas — in vain
Bernhard Gander — fluc´n´flex
Beat Furrer — linea dell’orizzonte
Terry Riley — In C
Uli Fussenegger — San Teodoro 8.1
Anton Webern — Sechs Stücke für
Kammerorchester op. 6
Arnold Schönberg — Fünf Orchesterstücke op. 16
(arr. Felix Greissle)
Pierluigi Billone — Ebe und anders
Georg Friedrich Haas — ... wie stille brannte das Licht
Markus Schäfer, Stimme
Krassimir Sterev, Akkordeon
Peter Böhm & Florian Bogner, Klangregie
Dirigent: Bas Wiegers
—
2. Oktober 2015
Venedig, Teatro alle Tese
Biennale di Venezia
Parole di settembre
Aureliano Cattaneo — Parole di settembre
(Madrigale primo
Libro primo
Libro secondo
Frottola
Libro terzo
Madrigale secondo)
mit der visuellen Installation von
AROTIN & SERGHEI — Infinite screen
Donatienne Michel-Dansac, Sopran
Andrew Watts, Countertenor
Otto Katzameier, Bassbariton
Dirigent: Johannes Kalitzke
—
Marisol Montalvo, Sopran
Anders Nyqvist, Trompete
Kevin Fairbairn, Posaune
Dirigent: Johannes Kalitzke
—
6. Oktober 2015
Porto
Casa da Música
... wie stille brannte das Licht
Anton Webern — Sechs Stücke für
Kammerorchester op. 6
Pierluigi Billone — Ebe und anders
Georg Friedrich Haas — ... wie stille brannte das Licht
Johannes Kalitzke — Angels Burnout Graffiti
Programmdetails siehe 4. Oktober 2015
—
12. Oktober 2015
Wien, Konzerthaus
Generationen
Instrumente
Mats Gustafsson/ Erwan Keravec/ Otomo Yoshihide/
Klangforum Wien — Improvisationen
Mats Gustafsson, Saxophon
Erwan Keravec, Bagpipes
Otomo Yoshihide, Turntables
—
29
28. Oktober 2015
Wien, Radiokulturhaus
Echo des Unerhörten
6. November 2015
Wien, Konzerthaus
Wien Modern
Weimar-Leningrad/
Die verdrängte Avant-Garde
Carnaval
Nikolai Roslawez — Poème douloureux, Poème lyrique (aus: Trois poèmes)
— Nocturne (aus: 3 Tänze, Nr. 2)
Nikolai Obuchow — Six prières
Dmitri Schostakowitsch — Klaviertrio Nr. 1 c-Moll, op. 8
Stefan Wolpe — Konzert für neun Instrumente, op. 22
Karl Amadeus Hartmann — Tanzsuite
Salvatore Sciarrino — Carnaval
EA der Gesamtfassung
Joonas Ahonen, Klavier
Neue Vocalsolisten Stuttgart
Dirigent: Tito Ceccherini
—
Sophie Schafleitner, Violine
Benedikt Leitner, Violoncello
Florian Müller, Klavier
Moderation: Irene Suchy
Dirigent: Amaury du Closel
8. November 2015
Stuttgart, Liederhalle
Musik der Jahrhunderte
Aus dem auf den Ersten Weltkrieg folgenden politischen Chaos
entstand in Deutschland unter der neuen Weimarer Republik
und in Russland nach der bolschewistischen Revolution eine
Vielfalt von musikalischen Strömungen, die, vom Dadaismus
bis zur Neuen Sachlichkeit und von der Zweiten Wiener Schule
bis zur Entstehung des Jazz in der E-Musik zu Anfang der
dreißiger Jahre, eine ausgesprochen reichhaltige Entwicklung
erfährt. Unter der Radikalisierung der aufsteigenden
autoritären Ideologien, die in der UdSSR schon an der Macht
oder in Deutschland auf dem Weg zur Machteroberung waren,
ist 1932-33 diese befreiende Kreativität zum Untergang
verurteilt. Im Namen des neuen nationalsozialistischen oder
sowjetischen Menschen wird die Avantgarde in beiden Ländern
gleichzeitig mundtot gemacht, die eine aus rassistischen und
politischen Gründen, die andere im Namen des sozialistischen
Realismus. Die Folgen sind bekannt: das Exil oder die
Verschleppung der Komponisten, die Unterdrückung und das
spätere Vergessen ihrer Werke.
Salvatore Sciarrino — Carnaval
Nicht irgendein Recht auf Gedächtnis ist der Grund, aus dem
das Werk dieser Komponisten Gehör finden soll, sondern
die Bedeutung ihres musikalischen Schaffens und auch das
Versprechen der Erneuerung, das ihre Kompositionen für die
moderne kulturelle Welt darstellen. Ihre Musik wurde in einer
Periode der wirtschaftlichen und geistigen Not geschaffen,
die unserer aktuellen Situation in vielem frappant ähnlich ist,
und sie vertritt Prinzipien, die eine enge Resonanz mit unserer
Gesellschaft finden: Verdinglichung, Freiheit, Entfremdung,
Utopie.
Verschleppt wie Roslawez, ins Exil getrieben wie Stefan Wolpe
(in die USA) oder Obuchow (nach Frankreich), oder ins innere
Exil gezwungen wie Hartmann oder Schostakowitsch, sind alle
diese Schaffenden fehlende Glieder innerhalb der Modernität.
Ziel dieser vom „Erstickte Stimmen – Forum Wien“
veranstalteten Konzertreihe im Rahmen der Serie „Echo des
Unerhörten“ im RadioKulturhaus ist es, diese Kreativität wieder
ins Leben zu rufen. (Amaury du Closel)
—
30
Agenda, Details
Lachenmann Perspektiven
Programmdetails siehe 6. November 2015
—
13. November 2015
Wien, Konzerthaus
Wien Modern
Substantie
Bernhard Lang — DW16 (Songbook 1)
Stefan Prins — Fremdkörper #3 (mit Michael Jackson)
Peter Jakober — Substantie UA
Jorge Sánchez-Chiong — Final Girl 2009
Marisol Montalvo, Mezzosopran
Peter Böhm & Florian Bogner, Klangregie
Dirigent: Bas Wiegers
—
15. November 2015
Zürich, Kunsthaus
Tage für Neue Musik
Carnaval
Salvatore Sciarrino — Carnaval
Programmdetails siehe 6. November 2015
—
Peter Jakober (*1977)
Nussdorf, Wien
Peter Jakober
— Substantie
„Unter Substanz verstehe ich das, was in
sich ist und aus sich begriffen wird; das
heißt etwas, dessen Begriff nicht den
Begriff eines anderen Dinges nötig hat,
um daraus gebildet zu werden.“ (Baruch
de Spinoza)
Das Nebeneinander der Klanggeschehen
verursacht dabei jedoch scheinbare
Zusammenhänge und Verbindungen. Die
autonomen Verläufe werden zueinander
in Beziehung gebracht und verlieren
dabei ihren selbstständigen Charakter.
Substantie ist ein scheiternder Versuch
von Eigenständigkeit, da dieser nur im
Abgleich erkannt werden kann.
English: www.klangforum.at/jakober
Der von Spinoza formulierte Begriff von
Substanz ist zentraler Aspekt des
Stückes: der Frage nachgehend, was
Substantielles kreieren kann und wie
sich dieses zueinander verhält.
Mehrere klangliche Ebenen passieren
gleichzeitig und autonom: leise, fragile
Klangverläufe der Holzbläser, die durch
die Live-Elektronik entfremdet werden,
bewegte, ziselierende Klänge der
Streicher und ein durchgehender, leise
pulsierender Beckenklang, der die
Klangfacetten des Instruments auslotet.
31
Uraufführung
13. November 2015
Wien, Konzerthaus
Folgeaufführung
20. November 2015
Huddersfield, Town Hall
Bai Chuan Award
Der seit dem Jahr 2009 jährlich stattfindende Bai Chuan Award gehört zu den
wichtigsten Kompositionswettbewerben
Chinas. Er wird vom renommierten
Musikkonservatorium in Shanghai
veranstaltet, das auf eine lange Tradition
zurückblickt und seit seiner Gründung
einen intensiven Dialog mit der westlichen Kultur pflegt.
Der Wettbewerb richtet sich an junge
KomponistInnen aus dem In- und
Ausland und wird für kammermusikalische Besetzung (3-6 SpielerInnen)
ausgeschrieben. Im Laufe seines
32
Agenda, Details
fünfjährigen Bestehens sind zahlreiche
neue Werke vielversprechender KomponistInnen entstanden, 45 davon konnten
bereits auf internationaler Bühne
uraufgeführt werden.
Der Name des Wettbewerbs, „Bai Chuan“
– als Sammelname für alle Arten von
Gewässern –, bezieht sich auf das alte
chinesische Sprichwort: „Der Ozean ist
weit, weil er hunderte Flüsse einlässt.“
Großzügigkeit und Toleranz ermöglichen
Austausch und gegenseitiges Lernen –
ein Antrieb, der für den Fortschritt
ausschlaggebend ist. Bai Chuan Award
bleibt diesem Gedankengut treu, mit
dem Ziel, die Leidenschaft für neue
Werke zu wecken und somit die Urheber
(KomponisitInnen und Ausführende)
Neuer Musik zu fördern.
Das Klangforum Wien wird die Kompositionen der neun FinalistInnen im
Rahmen eines Abschlusskonzerts
präsentieren. Es wird das erste Gastspiel
des Ensembles in China sein, bevor es im
Mai 2016 wieder nach Shanghai zurückkehrt, um beim internationalen Spring
Music Festival Beat Furrers Musiktheater FAMA dem chinesischen Publikum
vorzustellen.
English: www.klangforum.at/baichuan
20. November 2015
Huddersfield, St. Paul‘s Hall
Huddersfield Contemporary Music Festival
7. Dezember 2015
Wien
Radiokulturhaus
Opening Concert
Portrait Alberto Posadas
Agata Zubel — Not I
Peter Jakober — Substantie
Pierluigi Billone — Ebe und anders
Beat Furrer — linea dell’orizzonte
Alberto Posadas — La lumière du noir
— Anamorfosis
— Tres pinturas imaginarias EA
— Tratado de lo inasible EA
Agata Zubel, Sopran
Anders Nyqvist, Trompete
Kevin Fairbairn, Posaune
Florian Bogner & Markus Urban, Klangregie
Dirigent: Clement Power
—
Dirigent: Nacho de Paz
—
25. November 2015
Salzburg, Mozarteum
Dialoge
15. Dezember 2015
Wien, Konzerthaus
Generationen
Epigramm
Zeit
Franck Bedrossian — Epigram I & II EA
Gérard Grisey — Jour, contre-jour
Olivier Messiaen — Oiseaux exotiques
Jean Françaix — Nonetto (nach W.A. Mozarts
Quintett in Es-Dur KV 452)
Morton Feldman — Atlantis
Beat Furrer — linea dell’orizzonte
— Nuun
Donatienne Michel-Dansac, Sopran
Florian Müller, Klavier
Peter Böhm & Florian Bogner, Klangregie
Dirigent: Sylvain Cambreling
—
Joonas Ahonen, Klavier
Florian Müller, Klavier
Dirigent: Beat Furrer
—
29. November 2015
Luxemburg, Philharmonie
Rainy Days
Speicher
19. Dezember 2015
Gent
De Bijloke
in vain
Georg Friedrich Haas — in vain
Dirigent: Sylvain Cambreling
—
Enno Poppe — Speicher
Dirigent: Enno Poppe
—
5. Dezember 2015
Shanghai
Shanghai Conservatory of Music
Bai Chuan Award
UA
—
13., 16., 18., 20., 23., 25., 28. und 30. Januar 2016
Wien
Theater an der Wien
Die Dreigroschenoper
Kurt Weill — Die Dreigroschenoper
Libretto: Bertolt Brecht
Inszenierung: Keith Warner
Bühne: Boris Kudlička
Kostüme: Kaspar Glarner
Choreographie: Anthony van Laas
Licht: Bruno Poet
SolistInnen: Tobias Moretti, Florian Boesch,
Anne Sofie von Otter, Nina Bernsteiner,
Angelika Kirchschlager, Markus Butter
Arnold Schoenberg Chor (Ltg. Erwin Ortner)
Klangforum Wien
Dirigent: Johannes Kalitzke
—
33
14. Januar 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
2. März 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
Autodidakte
Ausreißer
Georges Aperghis — Champ-Contrechamp EA
Salvatore Sciarrino — Cantiere del poema EA
James Dillon — New York Triptych EA
Giacinto Scelsi — Pranam I & II
Tristan Murail — Un sogno
Olga Neuwirth — Lost Highway Suite
Anna Radziejewska, Sopran
Florian Müller, Klavier
Dirigent: Johannes Kalitzke
—
Anna Clare Hauf, Mezzosopran
Olivier Vivarès, Klarinette
Gerald Preinfalk, Saxophon
Andreas Eberle, Posaune
Florian Müller, Keyboard
Georg Schulz, Akkordeon
Christopher Brandt, E-Gitarre
Peter Böhm & Florian Bogner, Klangregie
Dirigent: Johannes Kalitzke
—
17. Januar 2016
Wien, Porgy & Bess
Klangforum PLUS
PPCM/ fast forward
Bernhard Lang — DW 3
— scan
Bernhard Lang — DW 1.2
Klangforum Wien gemeinsam mit Studierenden
der Richtungen PPCM und Jazz der Kunstuniversität Graz
IEM Graz, Live-Elektronik
Leitung und Einstudierung: Dimitrios Polisoidis,
Gerald Preinfalk
—
4. Februar 2016
Stuttgart
Eclat Festival
9. März 2016
Grenoble
MC2, Auditorium
Musique et architecture
Iannis Xenakis — Thalleïn
Karlheinz Stockhausen — Kontra-Punkte
Beat Furrer — Xenos-Szenen
Vokalensemble NOVA
Dirigent: Beat Furrer
—
Koffer
9. März 2016
Grenoble
MC2, Garage hélicoïdal
Michael Pelzel — Sempiternal lock-in
Georg Friedrich Haas — Anachronism
Enno Poppe — Koffer
Musique et architecture
Dirigent: Enno Poppe
—
17. Februar 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
Klangflächen
Michael Pelzel — Sculture di suono – in
memoriam Giacinto Scelsi EA
Georg Friedrich Haas — ... wie stille brannte das Licht
Friedrich Cerha — Bruchstück, geträumt
— Mouvements I-III
Sarah Wegener, Sopran
Dirigent: Peter Rundel
—
34
Agenda, Details
Karlheinz Stockhausen — Tierkreis
—
25. März 2016
Krems
Imago Dei
Das Tuch
Joseph Haydn — Die sieben letzten Worte
unseres Erlösers am Kreuze (Sonata III, V-VII)
Bernhard Lang — Monadologie IX (Sonata I, II, IV)
Olivier Messiaen — Quatuor pour la fin du temps
(1. Liturgie de cristal, 6. Danse de la fureur, pour
les sept trompettes)
Salvatore Sciarrino — La Malinconia
— Due notturni crudeli
— Let me die before I wake
Sprecher: Dörte Lyssewski und Hans-Michael Rehberg
—
Das Tuch
La Sindone di Torino – ein zum Gewebe
materialisiertes Stück Zweifel, Liebe und
Hoffnung. Das im Dom von Turin verwahrte Grabtuch zeigt deutlich das Bild
eines Leichnams, der alle Spuren jener
Misshandlungen und Torturen trägt, wie
sie Jesus von Nazareth nach den
übereinstimmenden Berichten der
synoptischen Evangelien zugefügt
worden sind. Seit das Stück Tuch mit
dem rätselhaften Abbild um die Mitte
des 14. Jahrhunderts zum ersten Mal
aufgetaucht ist, war und blieb es
Projektionsfläche für viele Arten von
Glaube, Liebe und Hoffnung, vor allen
Dingen aber auch eine ständige Quelle
vielfacher Zweifel.
In seinem für zwei Sprecher geschriebenen Text verfolgt Martin Mosebach die
Spur aller Zweifel, die sich an diesem
Stück Stoff kristallisieren, mit dem
probaten Mittel der Zusammenschau der
Ergebnisse vielfältiger wissenschaftlicher Untersuchungen, welchen das
Objekt durch die Jahrhunderte bis herauf
in unsere Tage unterworfen wurde.
Im Verlauf von zwei Stunden, in denen
sachlicher Bericht und unaufgeregte
Analyse mit Kompositionen von Joseph
Haydn, Olivier Messiaen, Salvatore Sciarrino und Bernhard Lang wechseln, lernen
wir jene Form des Zweifels kennen, die
eher zu verstehen begehrt, als zu wissen
und zu beweisen, eine Art des fragenden
Staunens, welche durch Zuwendung
Raum lässt für Liebe, Hoffnung und
andere weder mess- noch wägbare
Güter.
English: www.klangforum.at/dastuch
35
Festliche Tage
alter Musik
Im Jahr 2012 hat Friedrich Cerha
angemerkt, dass es weder die Avantgarde noch die klassische Moderne seien,
denen im aktuellen Musikleben nicht
adäquater Raum gegeben werde.
Vielmehr sei es das Fehlen der Meisterwerke aus der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts auf den Spielplänen der
Konzerthäuser und in den Repertoires
von Orchestern und Ensembles, das
nicht nur in Hinblick auf die Bedeutung
dieser verschwundenen Werke selbst,
sondern vor allem auch für das Verständnis und die Rezeption des aktuellen Musikschaffens ein gar nicht zu
überschätzendes Problem darstelle.
Für die große Musik dieser Zeit gebe es
weder adäquate Aufmerksamkeit seitens
der Musikinstitutionen noch entsprechendes Engagement bei öffentlichen
und privaten Fördereinrichtungen.
Tatsächlich entspricht die Hörsituation,
in der das Publikum heute auf zeitgenössische Musik trifft, jener eines Musikfreundes, dessen letzte konsolidierte
Hörerfahrung die Musik der Zauberflöte
ist, und der übergangslos mit Wagners
Tristan konfrontiert wird. Die 70 Jahre
Musikentwicklung und -geschichte, die
dazwischen fehlen, werden ihn kaum
mehr erleben lassen als unverständlichen, mutwilligen Lärm.
Mit den „Festlichen Tagen alter Musik“
unternimmt das Klangforum Wien in
Zusammenarbeit mit dem Forum Voix
Etouffées die Errichtung einer musikalischen Brücke ins Heute. Im Rahmen
seines ab dem Frühjahr 2016 jährlich in
Wien stattfindenden Festivals wird das
Ensemble Werke von Komponisten
vorstellen, die wesentlich zur Formung
unseres Begriffs von Moderne beigetragen haben und deren Schaffen deutlichen Einfluss auf heutiges Komponieren
behalten hat. Die „Festlichen Tage“
zeichnen mit ihren Konzertprogrammen,
mit Textdokumenten aus der Zeit und in
den Konzertgesprächen den Kampf der
Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts gegen die beharrenden Kräfte.
Ebenso zeigen sie das Ringen eben jener
Konservativen um einen eigenen Weg,
der an den äußersten Rändern des alten
Regelwerks ein neues Schaffen jenseits
des platten Epigonentums ermöglichen
sollte.
Im Rahmen der „Festlichen Tage“ wird
das Klangforum Wien gemeinsam mit
dem Forum Voix Etouffées ein Konzert
jenen Komponisten widmen, deren für die
Musik der Gegenwart noch immer bedeutsames Schaffen von den verschiedenen
Totalitarismen des 20. Jahrhunderts
unterdrückt worden ist.
English: www.klangforum.at/festlichetage
—
Forum Voix Etouffées
Wer erinnert sich heute an Viktor
Ullmann, Karol Rathaus oder Franz
Schreker? Wem sagen die Namen Alfred
Tokayer, Stefan Wolpe, Erich Zeisl oder
Aldo Finzi noch etwas? Einige dieser
Komponisten spielten allerdings vor der
Machtergreifung der Nazis eine wichtige
Rolle in der europäischen Musiklandschaft und haben Werke hinterlassen,
die zu den wichtigsten des weltweiten
Musikkulturerbes zählen. Andere, die
noch am Anfang ihrer Karriere standen,
haben die Blüte ihres vielversprechenden Talents nie erlebt.
Unter den Opfern des Dritten Reichs
nehmen diese „erstickten Stimmen“
einen besonderen Platz ein. Als Vertreter
verschiedenster Musikströmungen und
mehrheitlich jüdischer Abstammung
wurden sie aufgrund ihrer angeblich
„entarteten“ Musik zur Flucht ins Exil
gezwungen oder deportiert. Die Rehabilitation dieser Komponisten hat gerade
erst begonnen. Um ihnen wieder eine
Stimme zu geben, muss noch viel getan
werden hinsichtlich Recherche, Verbreitung, Identifizierung (wer sind sie?) und
Bewertung (welchen Wert haben ihre
Werke?): denn über die Umstände ihres
Ablebens hinaus – so schrecklich diese
auch waren – macht die Vermächtnisarbeit nur dann Sinn, wenn durch sie
Komponisten aus dem Vergessen
hervortreten können, denen durch die
Universalität ihrer Werke – unter
anderen Umständen – mit Sicherheit ein
Platz in der Musikwelt erhalten geblieben wäre. Ihnen diese Gerechtigkeit
zukommen zu lassen ist eben das Ziel
des Forums Voix Etouffées.
—
36
Festliche Tage alter Musik
31. März 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
2. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Wien ohne Worte
Voix étouffées
Alban Berg — Vier Stücke op. 5
— Kammerkonzert
Max Reger — Eine Romantische Suite op. 125 (Scherzo)
(arr. Arnold Schönberg)
Alexander Zemlinsky — Sinfonietta (arr. Roland Freisitzer)
—
Pavel Haas — Bläserquintett op. 10
Leo Ornstein — Poems of 1917 (N.1-5)
Józef Koffler — Die Liebe op. 41
Gideon Klein — Streichtrio
Alexandre Tansman — Septett
—
1. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Die Extremisten
Maurice Ohana — Enterrar y callar
Heitor Villa Lobos
— Quinteto em forma de chôros
Charles Koechlin
— Les Heures Persanes op. 65
(La Caravane, Arabesques)
Roberto Gerhard — Bläserquintett
Ferruccio Busoni
— Indianisches Tagebuch
Béla Bartók — Sonate für zwei Klaviere und Schlagwerk
—
2. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Neue Welt
Lord Berners — L‘Uomo dai Baffi
Charles Ives — Largo
Silvestre Revueltas — Planos
Alfredo Casella — L’adieu à la vie
Stefan Wolpe — Konzert für neun Instrumente, op. 22
—
37
3. April 2016
Wien, Konzerthaus
Festliche Tage alter Musik
Die große Geste
Leoš Janáček — Mládí
Arnold Bax — Nonet
Josef Matthias Hauer — Musik-Film op. 51 (arr. Johannes Schöllhorn)
Rudolf Karel — Nonett
—
11. April 2016
Wien, Konzerthaus
Generationen
4. und 5. Juni 2016
Wien, Konzerthaus
Wiener Festwochen
Der starke Jahrgang
Polis
Beat Furrer — linea dell’orizzonte
Georg Friedrich Haas — AUS.WEG
Bernhard Lang — DW26 ‘The Exhausted’ EA
Karl Amadeus Hartmann — Concerto funébre
Luigi Nono — Guai ai gelidi mostri
Arnold Schönberg — Ode an Napoleon Buonaparte
(Lord Byron) op. 41
Georg Friedrich Haas — Wer, wenn ich schriee,
hörte mich…
Marisol Montalvo, Stimme
Peter Böhm & Florian Bogner, Klangregie
Dirigent: Emilio Pomàrico
—
15. April 2016
Kairo
Cairo Contemporary Music Days
Klarinettenquintett
Thomas Wally — Caprice
Arne Nordheim — Flashing
Bernhard Gander — khul
Klaus Lang — origami
Beat Furrer — Klarinettenquintett UA
—
15. Mai 2016
Shanghai
Internationales Musikfest
FAMA
Beat Furrer — FAMA
Eva Furrer, Kontrabassflöte
Bernhard Zachhuber, Bassklarinette
Olivier Vivarès, Bassklarinette
Vokalensemble des Opernhauses Shanghai
Dirigent: Beat Furrer
—
Patricia Kopatchinskaja, Violine
Lukas Schiske, Schlagwerk
Dirigent: Bas Wiegers
—
8. Juni 2016
Paris, Centre Pompidou
ManiFeste
Création
Beat Furrer — Klarinettenquintett
— Lotófagos I
— Neues Werk für Kontrabass und Elektronik UA
Salvatore Sciarrino — Carnaval n. 1-10
Neue Vocalsolisten Stuttgart
Uli Fussenegger, Kontrabass
IRCAM, Klangregie
Dirigent: Beat Furrer
—
13. Juni 2016
Kopenhagen, Republique Teater
Klang Festival
Toujours vers toi
Beat Furrer — Klarinettenquintett
Bernhard Lang — Monadologie XXVIII ‘Seven’
Juliana Hodkinson — Inapparent air and aviary
Ylva Lund Bergner — Toujours vers toi UA
—
13. Juni 2016
Kopenhagen, Republique Teater
Klang Festival
Portrait Mathias Spahlinger
Mathias Spahlinger — adieu m’amour
— apo do (von hier)
— gegen unendlich
—
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Agenda, Details
Piotr Peszat (*1990)
Jordanów, Polen
Ylva Lund Bergner
— Toujours vers toi
I stycket Toujours vers toi (Alltid mot dig)
jobbar jag med tankar omkring gruppdynamik och grupptryck. Tillsammans kan
en grupp musiker finna nya vägar och
ljud, men när de vänder sig emot
varandra, börjar allt falla samman.
I Toujours vers toi vill jag pröva att låta
musiken formas utifrån de personligheter jag tillskriver musikerna. Några
musiker är dominanta medan andra är
mer tillbakadragna. En av dem kommer
ofrivilligt att vara orsak till gruppens
söndertrasande; det blir en kedjereaktion med starkare och starkare känslor i
gruppen. Jag kommer att låta gruppen ha
valet att antingen försonas eller att
skapa ett annat slut.
Titeln är hämtad ur en dikt av den
franske poeten René Char, men musiken
är annars inte inspirerad av dikten.
Deutsch/ English:
www.klangforum.at/lundbergner
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Toujours vers toi
Sans te le dire
Jusqu’à ta bouche
aimée.
Mais l’instant qui coule
Me nomme
Quels que soient les traits
que j’emprunte.
Préférée de l’air la calandre
Ne met pas en terre son chant,
Et dans les blés le vent passe.
J’approche de la rose
La pointe de ma flamme.
L’épine n’a pas gémi !
Seule ma propre poussière
Peut m’user.
—René Char
Uraufführung
13. Juni 2016
Kopenhagen, Republique Teater
Echotecture
Die Befragung der scheinbar unverrückbaren Gesetze des Musiktheaters durch
das Musiktheater selbst und mit seinen
eigenen Mitteln steht im Mittelpunkt
eines neuen Projekts des Klangforum
Wien mit netzzeit und den Studierenden
der Klasse von Anna Viebrock an der
Akademie der Bildenden Künste Wien.
Während sich das Genre Oper an den
großen Häusern zunehmend in der
Bewahrung eines klassischen Repertoirekanons einigelt und sich statt auf
Inhalte auf orchestrale Bravour und
sängerisches Virtuosentum konzentriert,
sucht „Echotecture“ einen Weg zum Kern
des Genres, indem es den Blick auf die
einzelnen Elemente der Kunstform
verschiebt und diese neu ordnet.
Der Grundgedanke von „Echotecture“
ist Opernarbeit, die nicht primär durch
Libretto und Komposition initiiert und
bestimmt ist, sondern durch die Parameter der räumlichen Umgebung, in welcher
das Werk von Librettisten, Komponisten,
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Agenda, Details
SzenografInnen und MusikerInnen
gemeinsam geschaffen wird. Im Verlauf
der sechsmonatigen Zusammenarbeit
wird der umgebende Raum, in dem das
Werk entsteht, in einem kollektiven
Schaffensprozess aller kreativen Kräfte
in Bild, Wort und Musik verwandelt
werden.
Als kreative Kräfte werden in diesem
Prozess sämtliche an „Echotecture“
mitwirkende KünstlerInnen betrachtet,
also insbesondere auch diejenigen,
deren Arbeit gemeinhin als eine bloß
„nachschöpfende“ oder „interpretatorische“ (miss)verstanden wird, also jene
der BühnengestalterInnen und der
MusikerInnen des Ensembles.
Zur Verwirklichung seines vom Raum
inspirierten musikdramatischen Ansatzes
greift „Echotecture“ auf die verloren­
gegangene Idee des Theaterkomponisten
zurück, der in täglicher, enger Zusammenarbeit mit der Kompanie schnell,
mit Frische und Leichtigkeit, zu Musik
macht, was Raum und Tag ihm zutragen.
Mit Peter Jakober und Matthias Kranebitter sind zwei Komponisten der jungen
Generation eingeladen worden, diese
Aufgabe zu übernehmen.
Abseits der verfestigten Tradition von
Oper und Musiktheater versteht sich
„Echotecture“ als prozesshafte Befragung eines alten Genres. Der Weg soll
dabei nicht unbedingt wichtiger sein als
das Ziel, seine Bedeutung für alle
Beteiligten und auch für die Rezeption
des Werks durch das Publikum hat aber
durchaus größeres Gewicht als dies in
den gängigen Vorstellungen über die
Kunstform der Fall ist.
English: www.klangforum.at/echotecture
16.-18. Juni 2016
Wien, Semperdepot
Akademie der bildenden Künste
Echotecture
Ein Projekt von netzzeit mit der Akademie der bildenden
Künste Wien
—
24. Juni 2016
Graz, MUMUTH
Klangforum PLUS
PPCM
Mit seiner Professur an der Kunstuniversität Graz betreut das
Klangforum Wien seit 2009 zwei Ausbildungsprogramme für
junge InstrumentalistInnen: ein Masterstudium sowie einen
postgradualen Lehrgang in der Studienrichtung Performance
Practice in Contemporary Music.
Als Höhepunkt des PPCM–Studienprogramms findet auch im
neuen Studienjahr 2015/16 das jährliche Abo-Konzert der
DozentInnen des Klangforum Wien gemeinsam mit ihren
StudentInnen im Grazer MUMUTH statt. Die Grundidee der experimentellen Projektreihe, die bereits
beim letzten MUMUTH-Konzert mit „scan“ umgesetzt werden
konnte, wird nun fortgeführt. Dabei geht es um den Versuch
einer Neuformulierung eines offenen musikalischen Umgangs
mit dem Werk eines/r Komponisten/in. Spartenübergreifende
Synergien mit anderen Instituten der KUG zu diesem Zweck
sind Teil des Grundkonzepts.
Aktuell stehen Kompositionen von Klaus Lang sowie Musik aus
dem Barock im Mittelpunkt unseres Programms. Gemeinsam
mit dem Komponisten und in Zusammenarbeit mit dem Institut
für Alte Musik der KUG werden verschiedene musikalische
Aspekte in gemeinsamen Workshops durchleuchtet und die
Ergebnisse im Rahmen eines abendfüllenden Konzertereignisses
präsentiert. (Dimitrios Polisoidis, Koordinator der Klang­forum
Wien-Professur an der KUG)
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Klangforum Wien
Diehlgasse 51, 1050 Wien
T +43 1 521 67-0
F +43 1 521 67-30
[email protected]
www.klangforum.at
Impressum
Herausgeber und Verleger:
Klangforum Wien
Redaktion: Emilija Jovanović,
Mitarbeit: Sigrid Kammerer
Design: Bueronardin
Herstellung: Donau Forum Druck
Hauptsponsor
Kooperationen
impuls academy | competition | festival
Fördernde Institutionen
Wenn nicht anders angegeben,
stammen alle in der Agenda
2015/2016 des Klangforum
Wien enthaltenen Textbeiträge
zu den neuen Werken dieser
Saison von den jeweiligen
KomponistInnen.
Bildnachweise:
Cover: Fabian Seiz für das
Klangforum Wien, 2015,
S. 3: Sigrid Kammerer,
S. 9: Edgar Honetschläger,
S. 10: Sidonie Forstreiter,
S. 12: Mats Gustafsson,
S. 15, 16, 32, 35: Elodie Grethen,
S. 17: Maximilian Gehmacher,
S. 18: Didi Sattmann,
S. 37: Arnold Schönberg Center,
S. 40: Anna Viebrock
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Sponsoren und Förderer, Impressum
Beiträge von Körperschaften
öffentlichen Rechts
Wie klingt
Gemütlichkeit?
Was braucht man heute zum Glücklichsein? Einen Ort zum Verschnaufen.
Einen Ort zum Träumen. Einen Ort, um Kraft zu sammeln für die Reise in
den Alltag oder ins Unbekannte. Einen Ort für alle, die durchs Leben reisen.
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