Experimentalvorlesung Allgemeine und Anorganische Chemie

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Experimentalvorlesung
Allgemeine und Anorganische Chemie
WS
16/17
1 Die Begriffe “Chemie” und “Stoff”
Die Chemie ist die Lehre von den Stoffen und Stoffänderungen, die Physik - ihre Schwesterwissenschaft die Lehre von den Zuständen und Zustandsänderungen. Ein Stoff ist ein durch spezifische, d.h. masseund gestaltungsunabhängige Eigenschaften charakterisiertes System. Ein Stoff hat physikalische
Eigenschaften (z. B. Dichte; Glanz und elektrische Leitfähigkeit von Fe) und chemische Eigenschaften
(z. B. Rosten von Fe). Ein chemischer Vorgang ist mit einer Umwandlung verknüpft (chemische
Reaktion); es entsteht ein neuer Stoff mit neuen charakteristischen Eigenschaften.
Versuche:
a)
Hält man einen “Platindraht” in eine nichtleuchtende Gasflamme, so beginnt er zu glühen. Zieht man ihn
wieder aus der Flamme heraus, so kühlt er sich ab, und im abgekühlten Zustand ist an ihm keine
Änderung gegenüber dem Ausgangszustand zu bemerken (  physikalischer Vorgang).
b)
Hält man aber einen “Magnesiumdraht” in die Flamme, so verbrennt dieser mit glänzender
Lichterscheinung zu einem weißen Pulver (“Magnesiumoxid”), das von dem ursprünglichen Magnesium
vollkommen verschieden ist (  chemischer Vorgang).
Mg + 1 O2
2
MgO + Licht und Wärme
c)
Eine Porzellanschale enthält ein Gemisch der beiden Stoffe Schwefel (gelbes Pulver) und Eisen (Späne).
Mit einem Permanentmagneten können die Fe-Späne vom S-Pulver getrennt werden. Erhitzt man ein
Gemisch aus Fe-Spänen und S-Pulver, so reagiert es unter Aufglühen. Aus dem abgekühlten braunschwarzen Reaktionskuchen lässt sich das Eisen nicht mehr mit einem Magneten aufnehmen. Es hat seine
stoffliche Existenz verändert. Eisen und Schwefel haben sich zu einem neuen Stoff, der Verbindung
Eisen(II)-sulfid, verbunden:
Fe + 1 S8
8
FeS + Energie
2
2 Einteilung und Trennung von Stoffen
Klassifizierung der Stoffe:
Materie
Trennung
Heterogene Gemische
(veränderliche Zusammensetzung)
Homogene Stoffe
mit physikalischen
Methoden
Trennung
Homogene Gemische
(Lösungen, veränderliche
Zusammensetzung)
Reine Stoffe
mit physikalischen
Methoden
(feste Zusammensetzung)
Trennung
Verbindungen
mit chemischen
Methoden
Elemente
Ein heterogenes Gemisch besteht erkennbar aus unterschiedlichen Phasen. Im heterogenen Gemisch
Granit erkennt man farblose Quarz-, schwarze Glimmer- und rosafarbene Feldspatkristalle. Ein
homogenes Gemisch erscheint durch und durch einheitlich, es bildet eine Phase, zum Beispiel Luft, eine
Traubenzuckerlösung oder eine Kupfer-Zink-Legierung (Messing); flüssige und feste homogene
Gemische nennt man Lösungen.
Reine Stoffe sind Verbindungen (Kohlendioxid - CO2, Wasser - H2O, Glucose - C6H12O6, Methan - CH4)
und Elemente [Helium - He, (Di)Wasserstoff - H2, (Di)Sauerstoff-O2, (Cycloocta)Schwefel - S8, weißer
Phosphor - P4].
Heterogene und homogene Gemische können mit Hilfe physikalischer Methoden getrennt werden,
während zur Trennung der in Verbindungen enthaltenen Elemente chemische Methoden notwendig sind.
Die Zerlegung erfolgt in der durch die Pfeile angegebenen Reihenfolge.
3
Man unterscheidet folgende heterogene Gemische, zu deren Trennung man die unterschiedlichen
physikalischen Eigenschaften der verschiedenen Phasen nutzt:
Aggregatzustand
der Phasen
Bezeichnung
Beispiele
Verfahren zur
Phasentrennung
(1)
fest + fest
Gemenge
Sand + Kochsalz
Granit
Sortieren, Sieben, Flotation
Scheidung nach Dichte,
elektromagnetische Trennung,
Extraktion
(2)
fest + flüssig
Suspension
Malerfarbe,
Schlamm, Butter
Sedimentieren + Dekantieren,
Zentrifugieren, Filtrieren
(3)
flüssig + flüssig
Emulsion
Milch
Zentrifugieren
(4)
fest + gasförmig
Aerosol
Rauch
Sedimentieren, Filtrieren
elektromagnetische Trennung
(5)
flüssig + gasförmig Aerosol
Nebel, Schaum
Sedimentieren
Gase sind immer vollständig mischbar und bilden deswegen stets ein Einphasensystem. Auch ein
chemisch einheitlicher Stoff kann ein Mehrphasensystem bilden (Eis, flüssiges H2O, Dampf).
Unter einem dispersen System (Mehrkomponentensystem) versteht man ganz allgemein ein aus zwei oder
mehreren Phasen bestehendes System, bei welchem die eine Phase (disperse Phase, dispergierter Stoff) in
der anderen (Dispersionsmittel) fein verteilt (=dispergiert) ist. Je nach dem Zerteilungsgrad
(Dispersionsgrad) der dispersen Phase unterscheidet man grobdisperse, feindisperse (kolloiddisperse) und
molekulardisperse Systeme.
Disperses System
Teilchendurchmesser der
dispersen Phase
Beispiele
grobdispers
> 10000 Å
Suspension, Emulsion
kolloiddispers
100 – 1000 Å
leimartige Lösungen
molekulardispers
< 10 Å
echte Lösungen (Zuckerlösung)
Blut
Butter
Milch
Schlagsahne
Nebel
Dispersionsmittel
Wasser
Fett
Wasser
Sahne
Luft
Dispergierter Stoff
Blutkörperchen
Wasser
Öl
Luft
Wasser
4
Folgende homogene Gemische (Einphasensysteme, Lösungen) werden unterschieden:
(1)
fest/fest
Legierungen
(2)
fest/flüssig
Zuckerlösung
(3)
flüssig/flüssig
Wein, Benzin
(4)
fest/gasförmig
PdHn
(5)
flüssig/gasförmig
Luft in H2O
(6)
gasförmig/gasförmig Luft
(Messing: Cu + Zn; Bronze: Cu + Sn; Amalgam:
Hg + Metall)
(„Palladiumschwamm“ mit atomarem Wasserstoff)
Die Zerlegung von heterogenen in homogene Systeme, und von Lösungen in reine Stoffe erfolgt durch
sogenannte physikalische Grundoperationen. Besonders wichtig sind:
-
Filtration (Versuch: Trennung einer Aufschlämmung von Sand in Wasser); hier erfolgt die
Trennung aufgrund unterschiedlicher Teilchengröße (unterschiedlichen Dispersionsgrades).
-
Flotation; Trennung auf der Basis unterschiedlicher Dichten.
-
Destillation; Trennung aufgrund unterschiedlicher Flüchtigkeit; unterschiedliche Siedepunkte
(Versuch: Destillation einer wässrigen Methylenblaulösung).
-
Extraktion; Trennung aufgrund unterschiedlicher Löslichkeit in zwei nicht miteinander
mischbaren Phasen (Versuch: Ausschütteln von Iod aus einer wässrigen Iod/Iod-Kalium-Lösung
mit Ether).
-
Sublimation; Trennung von Feststoffen aufgrund unterschiedlicher Flüchtigkeit; unterschiedliche
Sublimationspunkte (Versuch: Sublimation von Iod).
-
Adsorptionschromatographie; Bezeichnung für ein Trennverfahren als Methode der
Chromatographie, das auf dem Prinzip der unterschiedlichen Adsorption der zu trennenden
Verbindungen an der stationären Phase (dem Adsorbens) beruht. Die mobile Phase
(Lösungsmittel, seltener Gas) konkurriert mit dem Adsorbat um die aktiven Zentren der
Adsorbentien. Auf einem ähnlichen Prinzip beruht die Affinitäts-, auf einem anderen die
Verteilungschromatographie und deren Spezialfall die Papierchromatographie. Versuch:
Papierchromatographische Trennung der Blattfarbstoffe (gelbgrünes Chlorophyll b, blaugrünes
Chlorophyll a, Xanthophylle (ein oder mehrere Zonen), oranges Carotin).
Die Zerlegung von Verbindungen in Elemente erfolgt auf chemischem Wege, z. B. durch Zersetzung
mittels hoher Temperaturen (Thermolyse), des Lichtes (Photolyse) oder des elektrischen
Stromes(Elektrolyse):
Versuche:
a)
Thermolyse von Quecksilber(II)-oxid
HgO
> 400°C
T_
Hg + 1 O2
2
Nachweis durch Spanprobe
5
b)
Photolyse von Silberbromid
AgBr
Licht (h . )
Ag + 1 Br2
2
grau
c)
Elektrolyse von Wasser (zur Erhöhung der Leitfähigkeit mit
verdünnter Schwefelsäure angesäuert) im Hofmannschen Zersetzungsapparat
Kathode:
2H+ + 2e-
Anode:
2OH-
1O
2 2
H2O
H2
H2
+ H2O + 2e+ 1 O2
2
3 Die chemische Reaktionsgleichung, Energie- und Massebilanz, Stöchiometrie
Einer der ältesten von Menschen durchgeführten chemischen Prozesse ist die Verbrennung, die
Vereinigung eines brennbaren Stoffes mit Sauerstoff zu einem neuen Stoff, einem Oxid (Verbrennung
von Mg zu MgO).
Bei einer Verbrennung, und ebenso bei anderen chemischen Reaktionen gehen weder wägbare Mengen
Materie verloren, noch werden wägbare Mengen neuer Materie erzeugt. Dem trägt man dadurch
Rechnung, dass man eine chemische Reaktionsgleichung “stöchiometrisch korrekt”, d. h. so formuliert,
dass links und rechts des die Reaktionsrichtung anzeigenden Pfeils jede Elementsorte gleich oft auftritt.
Diese Formulierung gewährleistet, dass die Masse der Ausgangsverbindungen (Edukte) gleich der der
Endprodukte (Produkte) ist.
C
+ O2
HgO
CO2
(1)
Hg + 1 O2
2
(2)
Die Edukte stehen auf der linken Seite der Gleichung , die Produkte auf der rechten Seite, zwischen ihnen
steht der Reaktionspfeil, der mit dem Wort „ergibt“ oder „reagieren zu“ zu lesen ist. Die Gleichung
2H2 + O2
2H2O
(3)
sagt aus, dass zwei Moleküle Wasserstoff (H2) und ein Molekül Sauerstoff (O2) miteinander reagieren,
wobei zwei Moleküle Wasser (H2O) entstehen. Die Zahlen vor den Formeln, die Stöchiometriezahlen,
zeigen die Zahl der beteiligten Moleküle an. Multipliziert man die Gleichung mit der Avogadro-Zahl ZA
(oder molare Teilchenzahl) (ZA = 6,022 . 1023 = 1 mol Teilchen ), so sind es 2 ZA Moleküle H2, die sich
mit ZA Molekülen O2 zu 2 ZA Molekülen H2O umsetzen, d. h. 2 mol H2 und 1 mol O2 ergeben 2 mol H2O.
Die quantitative Aussage einer Reaktionsgleichung wird immer auf Molmengen bezogen.
Im Verlaufe einer chemischen Reaktion wird von den beteiligten Stoffen Energie freigesetzt oder
aufgenommen, zu jeder Stoffumsetzung gehört auch eine Energieumsetzung. Die freigesetzte oder
aufgenommene Energie kann in verschiedenen Formen in Erscheinung treten: als Licht, als elektrische
Energie, als mechanische Energie und vor allem als Wärme.
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Die Reaktionen (1) und (3) liefern Energie (Energie wird frei = exothermer Prozess), die Reaktion (2)
verbraucht Energie (Energie wird hineingesteckt = endothermer Prozess). Die bei einer chemischen
Reaktion bei konstantem Druck aufgenommene oder abgegebene Energie wird als Reaktionsenthalpie H
bezeichnet. Die Reaktionsenthalpie H kann man als Differenz von Enthalpien (Wärmeinhalten) H2 und
H1 der Produkte und Edukte auffassen:
H = H2 - H1
Bei einer exothermen Reaktion haben die Produkte einen geringeren Wärmeinhalt als die Reaktanden, bei
einer endothermen Reaktion ist es umgekehrt.
Die Enthalpien chemischer Substanzen hängen von der Temperatur, dem Druck und dem
Aggregatzustand ab. Durch Konvention werden die für chemische Reaktionen angegebenen H-Werte
auf Bedingungen bei 25o C und Norm-Atmosphärendruck (101,3 kPa) bezogen; abweichende
Bedingungen müssen spezifiziert werden.
Der Wert für H wird neben die Reaktionsgleichung geschrieben und bezieht sich auf die in der
Gleichung aufgeführten Stoffmengen in Mol. Wenn 1 mol H2 mit einem halben mol O2 unter Bildung von
Wasser reagiert, wird die Wärmemenge von 286 kJ freigesetzt:
Der Aggregatzustand aller beteiligten Substanzen muss angegeben werden: (g) für gasförmig, (s) für
(solidus), (l) für flüssig (liqidus) und (aq) für Lösungen in Wasser (aqua).
3.1 Stoffmenge, Konzentration, Anteil, Äquivalent
a) Stoffmenge n
Die SI-Einheit der Stoffmenge n(X) ist das Mol (Einheitszeichen: mol).
Ein Mol ist die Stoffmenge einer Substanz, in der so viele Teilchen enthalten sind wie Atome in 12 g des
Kohlenstoffnuklids 12C. Die Teilchen können Atome, Moleküle, Ionen oder Elektronen sein. Die
Teilchenzahl, die ein Mol eines jeden Stoffes enthält, beträgt
NA = 6.022 . 1023 mol-1.
Sie wird als Avogadrosche Konstante bezeichnet.
Beispiele:
n (Na) = 12 mol
n (CO2) = 3 mol
Die Stoffmenge von Na beträgt 12 mol.
Die Stoffmenge von CO2 beträgt 3 mol.
Der Chemiker rechnet vorzugsweise mit der Stoffmenge und nicht mit der Masse. Der Vorteil ist, dass
gleiche Stoffmengen verschiedener Stoffe die gleiche Teilchenzahl enthalten. Bei chemischen Reaktionen
ist die Teilchenzahl wichtig.
b) Atommasse mA
Die Atommasse ist die Masse eines Atoms.
Beispiel: mA (12C) = 1.993 10-26 kg
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c) Relative Atommasse Ar
Die relative Atommasse ist eine dimensionslose Zahl die gleich dem Verhältnis der mittleren Masse je
Atom eines Elements zu 1/12 der Masse eines 12C-Atoms ist.
Ar =
mittlere Masse je Atom eines Elementes in kg
1,6605402 . 10-27 kg
d) Molare Atommasse und molare Molekülmasse M (  Molare Masse oder auch Molmasse)
Die Masse von 1 mol Atomen (1 mol Molekülen) ist die molare Atommasse (molare Molekülmasse).
Die relative Atommasse Ar und die relative Molekülmasse Mr eines Stoffes in g ist gerade die Masse von
1 mol Atomen bzw. 1 mol Molekülen.
Beispiele:
Ar(Na) = 22,99
M(Na) = 22,99 g . mol-1
Mr(CO2) = 44,01
M(CO2) = 44,01 g . mol-1
Die molare Masse M eines Stoffes X ist der Quotient aus der Masse m(X) und der Stoffmenge n(X) dieses
Stoffes.
M(X) =
m(X)
n(X)
[g/mol]
e) Stoffmengenkonzentration c(X)
Die Stoffmengenkonzentration c(X) (oder einfacher Konzentration) ist die Stoffmenge n(X), die in einem
Volumen V vorhanden ist.
c(X) =
n(X)
V
[mol/l]
Die Stoffmengenkonzentration kann für flüssige und feste Lösungen sowie für Gasmischungen benutzt
werden.
Beispiel:
c(HCl) = 0,1 mol/l
In einem Liter einer HCl-Lösung sind 0,1 mol gasförmiger Chlorwasserstoff gelöst.
Alte Schreibweisen und Bezeichnungen:
0,1 M HCl-Lösung
0,1 molare Salzsäure
Molarität für Stoffmengenkonzentration
f) Molalität b
Die Molalität b ist der Quotient aus der Stoffmenge n(x) und der Masse m des Lösungsmittels.
b(X) =
n(X)
m
[mol/kg]
8
Beispiel:
b(NaOH) = 0,1 mol/kg
In der NaOH-Lösung ist 0,1 mol NaOH in 1 kg Wasser gelöst.
Alte Bezeichnung: 0,1 molale Natronlauge
g) Massenanteil w(X)
Der Massenanteil w(X) eines Stoffes X in einer Substanzportion ist die Masse m(X) des Stoffes bezogen
auf die Gesamtmasse.
w(X) =
Beispiel:
m(X)
m
. 100%
Eine verdünnte Schwefelsäure hat den Massenanteil w(H2SO4) = 9 % · 100 g der
verdünnten Schwefelsäure enthalten 9 g H2SO4 und 91 g H2O.
Alte Bezeichnungen: Masseprozent (Gewichtsprozent)
h) Stoffmengenanteil x(X)
Der Stoffmengenanteil (Molenbruch) x(X) eines Stoffes X in einer Substanzportion ist die Stoffmenge
n(X) des Stoffes bezogen auf die Gesamtstoffmenge:
x(X) =
n(X)
n
i) Äquivalentkonzentration
Für quantitative Analysen auf der Basis von Säure-Base- und Redoxtitrationen ist der Begriff des
Äquivalentteilchens zweckmäßig , das abgekürzt einfach Äquivalent genannt wird.
Bei Säure-Base-Reaktionen liefert oder bindet ein Äquivalent ein Proton. Bei mehrwertigen Säuren und
Basen ist damit ein Äquivalent der Bruchteil z*1 eines Teilchens X (z* = Wertigkeit der Säure bzw. der
Base).
Beispiele:
1
1
1
2 H2SO4, 3 H3PO4, 2 Ba(OH)2
,, 1 H2SO4 (aq) + NaOH (aq)
2
1 Na SO (aq) + H O ,,
2
4
2
2
Ein Äquivalent Schwefelsäure kann ein Äquivalent Natriumhydroxid neutralisieren.
Bei Redoxreaktionen nimmt ein Äquivalent (Redoxäquivalent) ein Elektron auf oder gibt es ab.
9
Beispiel:
1 KMnO , 1 H O
4 2 2 2
5
+VII
,, 1 MnO4- +
5
-I
H2O2 + 3 H+
5
+II
0
1
1 O + 4 H O ,,
2+
Mn
+
5
5 2
2 2
Ein Äquivalent Permanganationen kann ein Äquivalent Wasserstoffperoxid oxidieren. Bei Multiplikation
der Redoxgleichung mit 10 verschwinden die gebrochenen Zahlen:
2MnO4- + 5H2O2 + 6H+
2Mn2+ + 5O2 + 8H2O
Eine KMnO4-Lösung mit der Stoffmengenkonzentration c(KMnO4) = 1 mol/l besitzt 5 mol
Redoxäquivalente, da ein mol KMnO4 5 mol Elektronen aufnehmen kann (das Permanganation ist hierbei
„fünfwertiges“ Oxidationsmittel, z* = 5)
Äquivalentkonzentration = z* · Stoffmengenkonzentration
c( 1 ) = z*(X)
z*
Beispiel: c( 1 H2SO4) = 2 . c(H2SO4)
2
c ( 1 KMnO4) = 5 . c(KMnO4)
5
Molare Masse von Äquivalenten:
M( 1 X)
z*
=
M(X)
z*
[g/mol]
M( 1 H2SO4) =
2
98 g/mol
M( 1 KMnO4) =
5
158,034 g/mol
= 31,607 g/mol
5
2
= 49 g/mol
Alte Begriffe, Bezeichnungen und Schreibweisen:
Normalität für Äquivalentkonzentration
0,2 normale KMnO4-Lösung
0,2 N KMnO4-Lösung
4 Der Aufbau der Atome: Elementarteilchen und Rutherfordsches Atommodell
Am Ende des 18. Jhr. waren die folgenden grundlegenden Gesetze chemischer Reaktionen bekannt:
a)
Gesetz von der Erhaltung der Masse
10
Bei allen chemischen Umsetzungen bleibt die Gesamtmasse der Reaktionsteilnehmer erhalten.
mProdukte = mEdukte
Aufgrund des Massen-Energie-Äquivalenz-Gesetzes: E = m · c2 von Einstein weiß man heute, dass das
vorstehende Gesetz nur ein Grenzfall des allgemeinen Prinzips von der Erhaltung der Energie ist.
b)
Erste chemische Grundgesetz, das Gesetz von den konstanten Proportionen:
Zwei oder mehrere Elemente treten in einer Verbindung stets in einem konstanten Massenverhältnis
zusammen.
Beispiel:
c)
Quecksilber(II)-oxid, HgO
1 g Sauerstoff verbindet sich immer mit 12,5 g Quecksilber.
Das zweite chemische Grundgesetz, das Gesetz von den multiplen Proportionen:
Bilden zwei Elemente mehrere Verbindungen miteinander, so stehen die Massenverhältnisse, die die
Elemente in den einzelnen Verbindungen miteinander bilden, im Verhältnis kleiner ganzer Zahlen.
Beispiel:
HgO
Hg2O
1 . 12,5 g Hg
2 . 12,5 g Hg
verbinden sich mit 1 g O
verbinden sich mit 1 g O
Diese Gesetze wurden 1805 durch Dalton mit der Atomhypothese gedeutet:
1)
Jede Materie ist aus kleinsten, nicht weiter zerlegbaren Teilchen aufgebaut, die Atome genannt
werden (atomos (altgriech.): unteilbar).
2)
Alle Atome eines chemischen Elements sind untereinander gleich.
3)
Atome verschiedener Elemente unterscheiden sich durch ihre Masse und Größe.
4)
Bei chemischen Reaktionen verbinden sich die Atome verschiedener Elemente in kleinen,
ganzzahligen Verhältnissen zu Verbindungen, die entweder aus kleinen Einheiten - den
Molekülen - oder ausgedehnten Verbänden wie bei den Salzen bestehen.
Die Existenz von Atomen ist heute ein gesicherter Tatbestand. Auf der Oberfläche eines Stoffes können
Atome durch die Scanning Tunnelmikroskopie (STM) sichtbar gemacht werden.
In der zweiten Hälfte des 19. Jhr. führten die Entdeckung der Ionisation verdünnter Gase im elektrischen
Feld, wobei positiv geladene Teilchen (Kanalstrahlen) und negativ geladene Teilchen sehr kleiner Masse
(Kathodenstrahlen) entstehen, sowie vor allem die Entdeckung der Radioaktivität zur Annahme, dass
Atome entgegen der Hypothese von Dalton nicht unteilbar sind.
Das Elektron
J.J. Thomson untersuchte Kathodenstrahlen, Strahlen die ausgesandt werden, wenn eine große
Potentialdifferenz (große Spannung) zwischen zwei Elektroden (Metallkontakten) in einer evakuierten
Glasröhre angelegt wird. Thomson zeigte, dass die Kathodenstrahlen ein Strom negativ geladener
Teilchen sind. Sie kamen aus dem Inneren der Atome, wodurch die negativ geladene Elektrode entstand,
die Kathode genannt wurde. Thomson fand, dass die geladenen Teilchen immer die gleichen waren,
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unabhängig davon, welches Metall als Kathode benutzt wurde. Er schlussfolgerte daraus, dass die negativ
geladenen Teilchen Bestandteil aller Atome sind und nannte sie Elektronen* (Symbol: e-).
Aus der Ablenkung der Kathodenstrahlen (Elektronenstrahlen) in elektrischen und magnetischen Feldern
bestimmte Thomson den Wert für qe/me, das Verhältnis der Größe der Elektronenladung qe zu seiner
Masse me :
qe/me = - 1,7588 . 108 C/g
R. A. Millikan führte Versuche durch, die es ihm gestatteten die Ladung des Elektrons zu bestimmen.
qe = - 1,6022 . 10-19 C = -e
e = Elementarladung (kleinste beobachtete elektrische Ladung, elektrisches Elementarquantum)
Alle auftretenden Ladungsmengen können immer nur ein ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung
sein.
me = 9,1094 . 10-28 g
* Die Bezeichnungen „Elektron“, „Elektrizität“ usw. stammen daher, dass Bernstein - griech. Elektron-,
wie schon im Altertum bekannt war, nach Reiben mit einem Fell leichte Körper (z. B. HolundermarkKügelchen) anzieht, also nach unseren heutigen Erkenntnissen „elektrisch“ aufgeladen ist.
Das Proton
Wenn sich in einer Kathodenstrahlröhre ein Gas befindet, werden durch die Kathodenstrahlen
(Elektronenstrahlen) Elektronen aus den Gasatomen herausgeschossen. Die dabei gebildeten positiv
geladenen Ionen werden zur negativen Elektrode (Kathode) beschleunigt und können hinter ihr, wenn sie
Kanäle enthält, als sogenannte Kanalstrahlen nachgewiesen werden.
Kathodenstrahl
+
+
+
+
-
+
-
Anode
(+)
Kanalstrahlen
Kathode
(-)
zum Vakuum
12
Wenn verschiedene Gase in der Entladungsröhre eingesetzt werden, so entstehen verschiedene Arten von
positiven Ionen. Das positive Ion mit der kleinsten jemals beobachteten Masse (und somit mit dem
größten q/m-Wert) entsteht bei der Verwendung von Wasserstoff. Dieses kleinste positive Ion wird Proton
genannt. Es ist Bestandteil aller Atome. Seine Ladung hat den gleichen Betrag wie die des Elektrons,
seine Masse ist 1836 mal größer als die des Elektrons.
qp/mp = 9,5791 · 104 C · g
qp
= 1,6022 · 10-19 C = e
mp
= 1,6726 · 10-24 g
Das Neutron
Da Atome elektrisch neutral sind, muss ein Atom gleich viele Elektronen wie Protonen enthalten. Die
tatsächlichen Massen der Atome (ausgenommen 1H) sind größer als die Summe der Massen der darin
enthaltenen Protonen und Elektronen. Es muss also noch zusätzliche ungeladene Teilchen geben. Solche
Teilchen sind wegen ihrer fehlenden Ladung schwer nachweisbar.
I. Chadwick konnte 1932 aus Messwerten von Kernprozessen, bei denen Neutronen entstehen, die Masse
des Neutrons ermitteln:
9 Be
4
12C + 1 n
6
0
+ 4 He
2
mn = 1,6749 . 10-24 g
ne - utrom (lat.) = keines von beiden (weder positiv noch negativ geladen)
Neben Elektron, Proton und Neutron kennt man gegenwärtig einige Hundert Elementarteilchen, die
jedoch für das Verständnis der Chemie ohne Bedeutung sind.
Vergleich der Eigenschaften subatomarer Teilchen
Elementarteilchen
Elektron
Proton
Neutron
Symbol
e
p
n
Masse in kg
9,1094 · 10-31
1,6726 · 10-27
1,6749 · 10-27
Masse in u*
5,4859 · 10-4
1,0072
1,0086
Ladung
-e
+e
keine Ladung, neutral
Natürliche Radioaktivität
1896 Becquerel
Radioaktivität von Uranpechblende
Radioaktiver Zerfall - spontane Kernumwandlung instabiler Atomkerne, die sich durch Ausstoßung von
Elementarteilchen oder kleinen Kernbruchstücken in andere Atomkerne umwandeln. Drei Arten
radioaktiver Strahlung werden von den natürlichen radioaktiven Atomkernen ausgesandt:
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-Strahlung: Sie besteht aus -Teilchen (Atomkern, der aus 2 Neutronen und 2 Protonen besteht
= positiver Heliumkern 4 He2+ )
2
-Strahlung: Sie besteht aus -Teilchen (Elektronen)
-Strahlung: Sehr energiereiche (harte) elektromagnetische Strahlung.
Reichweite und Durchdringungsfähigkeit der Strahlungen nehmen in der Reihenfolge  <  <  stark zu.
Massenzahl
Ladung des Ions
4 2+
2 He
Protonenzahl
Elementsymbol
Massenzahl = Protonenzahl + Neutronenzahl = Nukleonenzahl nucleus (lat.) = Kern
Protonenzahl = Kernladungszahl = Ordnungszahl im PSE= Elektronenzahl (bei ungeladenem Atom)
Nuklide - eine durch Protonenzahl und Neutronenzahl charakterisierte Atomsorte
Kernprozesse können mit Hilfe von Kernreaktionsgleichungen formuliert werden. Die Summe der
Nukleonenzahlen und der Kernladungen muss auf beiden Seiten der Gleichung übereinstimmen
(Ionenladungen werden nicht beachtet).
-Zerfall:
226 Ra
88
222 Rn +
86
4 He
2
Radon
-Teilchen
Tochterelement rückt im Vergleich zum
Mutterelement zwei Stellen im PSE nach links
Radium
-Zerfall:
14C
6
14 N
7
+
0e-1
+
0 - ( 1 n
0 e 0
1 p + 0 e- + 0- )
-1
0 e
1
-Teilchen Antineutrino
Tochterelement rückt im Vergleich zum
Mutterelement eine Stelle im PSE nach rechts
“Kohlenstoff-Uhr”
Das  -strahlende Kohlenstoffnuklid 146 C wird für die Altersbestimmung kohlenstoffhaltiger historischer
und prähistorischer Organismen verwendet. Unter der Einwirkung der kosmischen Strahlung, die in der
1 H + 14C )
oberen Atmosphäre, Stickstoff in Kohlenstoff umzuwandeln vermag ( 14 N + 1 n
7
0
1
6
14
hat sich in der Atmosphäre im Laufe der Jahrmillionen eine Gleichgewichtskonzentration von 14CO2
eingestellt. Sie entspricht 16 14C-Atom-Zerfällen je g Kohlenstoff pro Minute, ist also außerordentlich
gering. Analoges gilt für die Pflanzen, die bei der Assimilation, und für die Tiere, die über die Pflanzen
die Gleichgewichtskonzentration von 14C in sich aufnehmen und sie während ihrer Lebenszeit infolge des
dauernden Ausgleichs mit der Umwelt konstant halten. Sobald aber ein lebender Organismus stirbt,
vermag er keinen neuen radioaktiven Kohlenstoff mehr zu inkorporieren. Damit sinkt die 14C-Aktivität
nach Ablauf von 5730 Jahren auf die Hälfte (Halbwertszeit, Zerfall von 8 14C-Atomen je g C pro Min.),
nach Ablauf von 11460 Jahren auf ein Viertel (Zerfall von 4 14C-Atomen je g C pro Min.) usw.
Umgekehrt kann man somit aus dem Maß der in einem abgestorbenen Organismus (z. B. der Holzplanke
eines alten Schiffes, den Knochenresten eines prähistorischen Tieres) je Gramm C noch vorhandenen 14CAktivität mit Hilfe der Halbwertszeit von 14C zurückrechnen, zu welchem Zeitpunkt er noch volle
Aktivität besaß, d. h. wann er gestorben ist. Auf diese Weise ist eine experimentelle Überprüfung
geschichtlicher und vorgeschichtlicher Zeitangaben (Altersbestimmungen zwischen 400 und 30000
Jahren mit einer Fehlergrenze von durchschnittlich 5 %) möglich.
Das Rutherfordsche Atommodell
1911 berichtete Rutherford über Experimente zur Untersuchung des Atomaufbaus mit Hilfe der Strahlen. Ein Strahl von -Teilchen (226Ra-Quelle) wurde auf eine 0,004 mm dicke Folie aus Gold
gerichtet.
- Die Mehrzahl der -Teilchen flog geradlinig durch die Folie hindurch.
- Einige -Teilchen, jedes Hunderttausende, wurden seitwärts abgelenkt und noch weniger auf die
Strahlenquelle zurückgeworfen.
Wenn die Atome elastische Bälle wären, müsste aber jedes -Teilchen abgelenkt oder reflektiert werden.
Dieses Ergebnis lässt sich nur so erklären, dass der größte Teil der Masse des Atoms auf einen kleinen
Raum konzentriert ist und der größte Teil des Atomvolumens fast leer ist. Das Atom besteht aus einem
Atomkern und einer Atomhülle.
Atomkern
-mehr als 99,9 % oder Gesamtmasse des Atoms
-  ~ 1 fm ( 1 fm = 10-15 m)
- enthält gesamte positive Ladung als
Vielfaches von e  Kernladungszahl
(charakteristisch für jedes Element)
Atomhülle
-  ~100-400 pm (1 pm = 10-12 m)
- Elektronen nehmen fast das gesamte
Volumen des Atoms ein
- Träger der optischen, magnetischen und
chemischen Eigenschaften des Atoms
- Zusammenhalt durch starke Kernkraft
m
Meter
mm
Milli10-3
µm
Mikro10-6
nm
Nano10-9
pm
Piko10-12
fm
Femto10-15
100 pm = 0,1 nm = 10-10 m = 10-8 cm = 1Å (Angström)
Chemische Elemente, Isotope
Ein chemisches Element besteht aus Atomen mit gleicher Protonenzahl (Kernladungszahl), die
Neutronenzahl kann unterschiedlich sein.
Nuklide mit gleicher Protonenzahl, aber verschiedener Neutronenzahl heißen Isotope.
15
Reinelemente bestehen in ihrem natürlichen Vorkommen aus einer Nuklidsorte (9Be-Beryllium, 19F-Fluor,
23
Na-Natrium).
Mischelemente bestehen aus Isotopen (C: 12C, 13C, 14C;
N: 14N, 15N;
O: 16O, 17O, 18O).
Isotope werden mit dem Massenspektrometer nachgewiesen. Nach dem Verdampfen der Probe werden
die gasförmigen Teilchen ionisiert und im elektrischen Feld beschleunigt. Durch Ablenkung in einem
elektrischen und anschließend in einem magnetischen Feld erreicht man, dass nur Teilchen mit gleicher
spezifischer Ladung (Quotient aus Ladung und Masse) an eine bestimmte Stelle gelangen und dort z. B.
photographisch nachgewiesen werden können. Die Teilchen werden also nach ihrer Masse getrennt, man
erhält ein Massenspektrum.
Aufbauprinzip eines Massenspektrometers
Sample
Electron
gun
Pump
Ion
detector
c
b
a
Mass
spectrum
High
Ion
voltage beam
Electromagnet
Die Atommasse eines Elements („mittlere Masse je Atom“) erhält man aus den Atommassen der Isotope
unter Berücksichtigung der natürlichen Isotopenhäufigkeit. Die Atommasse eines Elements in u ist
nahezu ganzzahlig, wenn die Häufigkeit eines Isotops sehr überwiegt.
16
Beispiele:
Isotope
Atommasse
in u
Atomzahlanteil
in %
Wasserstoff
H
1
H
H
3
H
1,0078
2,0141
99,985
0,015
Spuren
Bor
B
10
10,01294
11,00931
19,78
80,22
2
B
B
11
mittlere Atommasse
in u
1,00794
10,811
Der Zahlwert der mittleren Atommasse in u ist gleich der relativen Atommasse Ar.
Massendefekt
Die Masse eines jeden aus Protonen und Neutronen zusammengesetzten Atomkerns ist kleiner als die
Summe der Massen seiner Bestandteile.
Massendefekt bei der Bildung des Heliumkerns ( 42 He2+ ):
wirkliche
2 x mp = 2 x 1,007277 u
2 x mn = 2 x 1,008665 u
4,0319 u
m =
4,0015 u
m = 0,030 u
Der Massenverlust m wird als Massendefekt bezeichnet. Er tritt bei allen Nukliden auf.
Der Massendefekt kann durch das Einsteinsche Gesetz der Äquivalenz von Masse und Energie gedeutet
werden:
E = m · c2
c = Lichtgeschwindigkeit im leeren Raum = 2,99793 · 108 m . s-1
Das Gesetz sagt, dass Masse in Energie umwandelbar ist und umgekehrt.
0,03 u entspricht einer Energie von 28,3 MeV.
Bei der Vereinigung von Neutronen und Protonen zu einem Kern wird Kernbindungsenergie frei. Der
Energieabnahme des Kerns äquivalent ist eine Massenabnahme. Die Kernbindungsenergie des He-Kerns
beträgt 28,3 MeV, der äquivalente Massendefekt 0,03 u. Dividiert man die Gesamtbindungsenergie durch
die Anzahl der Kernbausteine, so erhält man eine durchschnittliche Kernbindungsenergie pro Nukleon.
Für
4 2+ beträgt sie 28,3 MeV/4 = 7,1 MeV.
2 He
17
Die Kernbindungsenergie/Nukleon (= Gesamtkernbindungsenergie/Nukleonzahl) ist ein vergleichendes
Maß für die Stabilität von Atomkernen. Die Abbildung zeigt die Kernbindungsenergie pro Nukleon mit
zunehmender Nukleonenzahl. Kerne mit der Nukleonenzahl um 60 (Fe, Ni, Co) sind besonders stabile
Kerne:
Der Massenverlust und die Bindungsenergie pro Nukleon für die Bindung von Atomkernen aus
Elektronen, Protonen und Neutronen.
Kernfusion ist ein Prozess bei dem zwei sehr leichte Kerne zu einem größeren Kern verschmolzen
werden.
Kernspaltung ist ein Prozess, bei dem ein schwerer Kern in zwei Kerne mittlerer Masse gespalten wird.
- In beiden Fällen werden Nuklide mit höherer Bindungsenergie pro Nukleon gebildet. Es entstehen
stabilere Kerne und sehr große Energiemengen werden freigesetzt (siehe Punkt Kernchemie).
5 Wasserstoff
Element Nr. 1 (= Ordnungszahl im Periodensystem der Elemente),
Elementsymbol H, abgeleitet von Hydrogen [= Wasserbildner, hydor (gr.) = Wasser; gennan (gr.) =
erzeugen]
18
Wasserstoff ist ein Mischelement (polynuklides Element).
Das häufigste Isotop 1H besitzt einen Atomkern ohne Neutronen. Damit besitzt Wasserstoff das einfachste
gebaute Atom (Atomkern mit einem Proton, Atomhülle mit einem Elektron).
Isotope
Relative Häufigkeit
1
1
2
1,5 · 10-4
3
10-18
H (leichter Wasserstoff)
H (auch D Deuterium)
H (auch T Tritium)
Tritium ist radioaktiv (schwacher -Strahler).
Wasserstoff ist das kosmisch häufigste Element (91 Atom -%). Man nimmt an, dass bei der Entstehung
des Weltalls durch einen “Urknall” primär neben kleineren Mengen Helium ausschließlich Wasserstoff
gebildet wurde, der sich dann in der Folgezeit durch kernchemische Reaktionen teilweise in die übrigen
Elemente umwandelte. So gehen die unendlich vielseitigen Erscheinungsformen der belebten und
unbelebten Natur letztlich auf Wasserstoff zurück (“Am Anfang war der Wasserstoff”).
Die Sonne besteht zu 70% aus Wasserstoff (+28% He und 2% andere Stoffe). Sie ist eine riesige Kugel
aus heißem Gas (Oberfläche etwa 5500°C), die von innen durch Kernenergie aufgeheizt wird. In ihrem
Zentrum beträgt die Temperatur 15 Millionen °C. Bei dieser Temperatur reagieren die Gaspartikel der
Sonne miteinander und Wasserstoff wird in Helium und Energie umgewandelt.
Kernfusion in der Sonne:
4 11 H+
4
2
He2+ +
2 01e+ + 2 00 ve + 26,72 MeV
Positron Neutrino
Je Mol 42 He werden 2580 Millionen kJ entwickelt. Eine kontrollierte Wasserstoffverschmelzung zu
Helium, wie sie auf der Sonne stattfindet, ist auf der Erde im Laboratorium noch nicht geglückt.
Die Sonne (UV-Aufnahme)
19
In der Erdkruste ist jedes sechste Atom ein H-Atom.
Wasserstoff kommt auf der Erde außer im organischen Material und den fossilen Brennstoffen (Kohle,
Erdöl, Erdgas: CH4, H2S) im Wesentlichen als freies Wasser (Ozeane) und gebundenes Wasser
(Kristallwasser: Gips - CaSO4 · 2H2O, Carnallit - KMgCl3 · 6H2O) und in Hydroxiden vor (z. B.
AlO(OH) als Hauptbestandteil von Bauxit).
Aufbau der Erdkugel
Die stabile Vorkommensform des elementaren Wasserstoffs ist der Diwasserstoff. Im Diwasserstoff sind
zwei H-Atome, die je ein Elektron besitzen zu einem Molekül mit einem bindenden Elektronenpaar
verknüpft.
.
.
H + H
atomarer
Wasserstoff
H H
molekularer
Wasserstoff
H = -436,2 kJ/mol
20
Da Wasserstoff (H2) unter allen Stoffen die kleinste Molekülmasse besitzt, zeigt er außergewöhnliche
physikalische Eigenschaften.
a)
H2 hat unter allen Elementen die kleinste Dichte [  (H2) = 0,089 · 10-3 g/ml;  (H2-flüssig) auch
nur 0,07 g/ml; vergl.  (Luft) = 1,29 · 10-3 g/ml und  (CO2) = 1,98 · 10-3 g/ml]
Versuch: H2-Ballon schwebt über gasförmigen CO2
b)
H2 hat ferner das am stärksten ausgeprägte Diffusionsvermögen (Versuch: Diffusion von H2 und
Luft durch die poröse Wand einer Tonzelle); die Geschwindigkeiten, mit denen zwei Gase 1 und
2 durch eine poröse Wand diffundieren [diffundere (lat.) = ausbreiten, sich zerstreuen] sind
umgekehrt proportional zu den Quadratwurzeln aus ihren Molmassen (Grahamsches Gesetz):
v1 : v2 =  M2 :  M1. Vergleicht man z.B. die Diffusionsgeschwindigkeit von Wasserstoff (H2)
und Sauerstoff (O2), so ergibt sich v(H2) : v(O2) =  32 :  2 :  16 = 4; d.h. Wasserstoff
diffundiert viermal so schnell durch poröse Wände wie Sauerstoff.
c)
Die Schallgeschwindigkeit (c) ist in H2 am größten:
N2
c (m/s)
349
M (g/mol)
28
He
1007
4
H2
1309
2
Die Atom- bzw. Molekülmasse bestimmt die Dichte eines Gases und ist somit über die
Schallgeschwindigkeit auch die Frequenz der schwingenden Luftsäule. Nach dem Einatmen von
Wasserstoff, hat man infolge der großen Schallgeschwindigkeit in Wasserstoff eine sehr hohe Stimme
(Versuch).
Emissionsspektrum von Wasserstoff
Bringt man Wasserstoff unter vermindertem Druck in eine mit Elektroden versehene Glasröhre (GeislerRöhre,) und setzt ihn der Entladung eines Induktoriums aus, so beobachtet man ein rotviolettes Leuchten
angeregter Wasserstoffatome (H*):
a)
Bildung angeregter (energiereicher) H-Atome (H*) durch Bombardierung von Diwasserstoff mit
Elektronen im 10-20eV Energiebereich
b)
Angeregte H-Atome geben Energie ab (emittieren elektromagnetische Strahlung).
Zerlegt man das emittierte Licht durch ein Prisma, so beobachtet man im sichtbaren Spektralgebiet vier
getrennte Linien, die als H, H, H, H bezeichnet werden.
H = 656,6 nm (rot), H = 486,3 nm (grünlichblau), H = 434,2 nm (violett), H = 410,3 nm (violett)
Gewinnung
a)
elektrochemisch aus Wasser (s. S. 5 c)
H2O
H2
1
+ 2 O2
(Nachweis von H2 durch die Knallgasprobe, von O2 durch die
Glimmspanprobe)
21
b)
Reduktion von Wasserstoffionen H+ (aus Säure) mit unedlen Metall (Labor)
Kippscher Gasentwickler:
c)
Zn + 2H3O+
H2
+ Zn2+ + 2H2O
Wasserdampf wird mit dem Nichtmetall Kohlenstoff (in Form von Koks) reduziert
800 - 1000 °C
H2O(g) + C
CO + H2
H = 131 kJ/mol
"Wassergas" oder "Synthesegas"
Die Abtrennung des Kohlenmonoxids aus Wassergas erfolgt in der Technik mit weiterem
Wasserdampf. Kohlenmonoxid wird mit Wasser unter Neubildung von Wasserstoff zu
Kohlendioxid oxidiert („Kohlenoxid-Konvertierung“):
H2O(g) + CO
H2 + CO2
H = -41,2 kJ/mol
Kohlendioxid lässt sich im Unterschied von CO unter Druck leicht mit Wasser oder Methanol
herauswaschen, durch Tiefkühlung abtrennen oder durch Basen chemisch binden.
d)
Steam-Reforming-Verfahren (wichtigstes Verfahren)
Methan aus Erdgasen oder leichte Erdölfraktionen (niedere Kohlenwasserstoffe) werden bei
Temperaturen zwischen 700 und 830o C und bei Drücken bis 40 bar mit H2O-Dampf in
Gegenwart von Ni-Katalysatoren umgesetzt:
CH4 + H2O
3H2 + CO
H = +206 kJ/mol
Verwendung
a)
Synthesegas
54 %
Ammoniaksynthese
(Haber-Bosch-Verfahren)
3H2 + N2
38 %
2NH3
H = -92,28 kJ/mol
Petrochemie
-Hydrocracking (thermisch mit H2 “zerbrechen”)
C12H26 + H2

C4H10 + C8H18
Symbol ““ steht für Wärmezufuhr
Erhöhung der Ausbeute an Oktanen (Hauptbestandteile des Benzins)
22
-Hydrotreating (mit H2 “behandeln”)
C 8H16 + H2
C8H18
ungesättigte Kohlenwasserstoffe
6%
gesättigte Kohlenwasserstoffe
Fischer-Tropsch-Synthesen
z.B. Methanol
CO + 2H2
Magarinehärtung, ungesättigte Fetsäuren + H2
b)
gesättigte Fettsäuren
Reduktionsmittel in der Metallurgie für die Herstellung von sehr reinen Metallen:
Fe2O3 + H2
c)
CH3OH
2Fe + 3H2O
Energieträger der Zukunft
-Brennstoffzelle
-kontrollierte Kernfusion
Chemische Eigenschaften
a)
Thermisches Verhalten von Diwasserstoff und atomarem Wasserstoff
Bei der Bildung von Diwasserstoff aus atomarem Wasserstoff wird sehr viel Reaktionswärme frei, d. h.
für die homolytische Spaltung von H2 zu atomarem Wasserstoff, also die umgekehrte Reaktion muss die
Energie von 436,22 KJ pro mol H2-Moleküle aufgewendet werden:
H
.
H
H
.
+ H
H = 436,22 kJ/mol
Diese Energie ist recht groß. Für die thermische Spaltung von H 2 sind deshalb recht hohe Temperaturen
notwendig:
T [Kelvin]
300
3000
6000
% Spaltung
10-34
7,85
99,3
Auf der Sonnenoberfläche (~5500°C) wird Diwasserstoff gespalten und im Sonnenmantel (~10 5 Kelvin)
atomarer Wasserstoff ionisiert:
H
H + + e-
Im Sonnenkern (107 Kelvin) verschmelzen die Protonen zu Heliumkernen (s. S. 18) unter Freisetzung von
Kernenergie.
23
„Langmuir-Fackel“
In der Langmuir-Fackel verwendet man die bei der Rückbildung von H2-Molekülen aus Atomen
freiwerdende Rekombinationswärme zum Schweißen und Schmelzen hochschmelzender Metalle
[Wolfram, (Smp. 3410 °C) Tantal (Smp. 3000 °C]. Die maximale Temperatur der Langmuir-Fackel
(4000 °C) ist um rund 1000 °C höher als die des Knallgasgebläses (s. unten). In der Langmuir-Fackel
wird ein H2-Strom durch einen Lichtbogen (7000 °C) geleitet, wodurch ein Strom von heißen atomaren
Wasserstoff erzeugt wird, der unmittelbar auf die zu schmelzende Metalloberfläche gerichtet wird.
Eine Weiterentwicklung der Langmuir-Fackel ist der „Plasma-Brenner“, bei dem Gase durch ein
20 MHz-Hochfrequenzfeld in Atomionen und Elektronen gespalten werden, die sich am Brennerausgang
in sehr starker exothermer Reaktion wieder zu normalen Gasmolekülen vereinigen und dabei
Temperaturen von 15000-19000 °C erzeugen.
Wasserstoff „in statu nascendi“ (im Augenblick des Entstehens)
Bei der chemischen und elektrochemischen Darstellung des molekularen Wasserstoffs aus Wasser oder
Säuren entsteht der Wasserstoff im ersten Augenblick atomar oder wenigstens in einem angeregten,
energiereicheren Zustand Hnasc.
Zn + 2H+
Zn2+ + 2Hnasc.

Wasserstoff „in statu nascendi“ ist deshalb viel reaktionsfreudiger als gewöhnlicher molekularer
Wasserstoff.
Versuche:)
a) in eine mit Schwefelsäure angesäuerte Kaliumpermanganat-Lösung wird molekularer Wasserstoff (aus
Kippschem Gasentwickler oder Vorratsflache) eingeleitet:
MnO4- + H2 + 
keine Reaktion
Permanganat
violett
b) in die schwefelsaure KMnO4 -Lösung werden Zink-Granalien gegeben:
b)
Redoxverhalten
Die wichtigste chemische Eigenschaft des Wasserstoffs ist seine Brennbarkeit. Entzündet man
Wasserstoff an der Luft, so verbrennt er mit fahler, bläulicher, heißer Flamme zu Wasser:
24
Ein Gemisch aus H2 und O2 reagiert bei Raumtemperatur nicht (metastabiles Gemisch), da der molekulare
Wasserstoff infolge seiner hohen Dissoziationsenergie recht reaktionsträge ist. Durch einen Zündfunken
(600 °C) oder einen Katalysator (z. B. feinverteiltes Palladium oder Platin, diese Metalle lösen H 2
chemisch als atomaren Wasserstoff) kommt die Reaktion in Gang (wird aktiviert). Die freigesetzte
Wärmeenergie bewirkt, dass sich die Umsetzung schließlich von der erhitzten Stelle ausgehend unter
starker Temperatursteigerung explosionsartig durch das ganze Gemisch hindurch fortsetzt
(„Knallgasexplosion“).
Versuch: Mit Knallgas gefüllte Seifenblasen werden mit einem Glimmspan entzündet.
Mischt man Wasserstoff erst im Moment des Entzündens den zur Verbrennung notwendigen Sauerstoff
bei, so wird eine Explosion vermieden, da sich dann die Verbrennung wegen des Fehlens eines
zündfähigen Gasgemisches nicht ausbreiten kann. Man bedient sich dieser Art der gefahrlosen H2Verbrennung zur Erzeugung hoher Temperaturen im Knallgasgebläse. Bei diesem Gebläse werden die
beiden Gase H2 und O2 mittels eines „Daniellschen Hahns“ getrennt voneinander einer gemeinsamen
Austrittsöffnung zugeführt, an der das entströmende Gasgemisch entzündet wird.
Die Temperatur der Knallgasflamme kann bis 3000 °C betragen, so dass sich in dieser Flamme
hochschmelzende Stoffe wie Platin (Smp. 1772 °C), Aluminiumoxid (Smp. 2050 °C) oder Quarz (Smp.
1550 °C) leicht schmelzen lassen. Technisch wird das Knallgasgebläse in großem Umfang zum
autogenen Schweißen und Scheiden von Metallen angewendet.
In der Brennstoffzelle kommt es zu einer „kalten Verbrennung“ von Wasserstoff. Die chemische Energie
der Verbrennung wird direkt in elektrische Energie umgewandelt.
Die Knallgasreaktion ist nach dem Reaktionsmechanismus eine Radikalreaktion mit verzweigter
Reaktionskette (mehrere Kettenträger).
Radikal: ein Teilchen mit ungerader Elektronenzahl oder bei gerader Elektronenzahl mit ungepaarten
Elektronen
Auch bei der Reaktion von Chlor mit Wasserstoff steigert sich die Reaktionsgeschwindigkeit aufgrund
der freigesetzten Wärme bis zur Explosion.
H2(g) + Cl2(g)
2HCl(g)
H = - 184 kJ/mol
Gemische aus Cl2 und H2 nennt man Chlorknallgasgemische. Wie die Reaktion von H2 und O2, muss auch
die Reaktion von H2 und Cl2 aktiviert werden.
Durch die Aktivierung werden Cl2-Moleküle in Cl-Atome gespalten. Diese initiierende (aktivierende)
Reaktion erfordert einen hohen Energiebetrag (243 kJ/mol) und ist für die Reaktion von H2 mit Cl2 die
Aktivierungsbarriere, die überwunden werden muss.
25
H2 + 2Cl
Energie
Ea= Aktivierungsenergie (-barriere)
Ea
H2 + Cl2
H
H = Reaktionsenthalpie
2HCl
Reaktionsachse
Die energetisch eigentlich begünstigte Reaktion von H2 und Cl2 zu HCl ist somit durch eine
Aktivierungsbarriere gehemmt (metastabiles Gemisch). Die zur Cl 2-Spaltung erforderliche Energie kann
zum Beispiel in Form energiereichen, blauen Lichtes zugeführt werden. Der explosionsartige Ablauf
dieser Chlorknallgasreaktion wird durch einen Radikalkettenmechanismus mit verzweigter Kette (nur ein
Kettenträger [Chlorradikale]) bewerkstelligt.
Da die Energie E eines Lichtquants (Photons) der Frequenz  durch die Planck-Beziehung E = h · 
gegeben ist, kann hieraus durch Multiplikation mit NA die Energie  eines Mols Photonen berechnet
werden.
E = h ·  · NA

h = Plancksche-Konstante = 6,62608 · 10-34 J · s
c
λ
E  NA  h 
c
λ

h  c  NA
6,62 10-34  J  s  3  108 m  s -1  6,023 1023 mol-1

E
243,5 103 J  mol-1
 4,912 10-7 m  491nm
26
Licht der Wellenlänge  (nm)
Farbe
E (kJ/mol Photonen)
700
600
550
450
400
Rot
Gelb
Grün
Blau
Violett
179,7
199,2
217,1
265,7
298,7
Erst blaues Licht ist also hinreichend energiereich, um die Cl2-Spaltung photochemisch einzuleiten und
damit die Reaktion von Cl2 mit H2 auszulösen. Für die Spaltung von Wasserstoff reicht die Energie des
sichtbaren Lichtes nicht aus (H2
2H·
H = 436 kJ/mol).
Wasserstoffverbindungen
Wasserstoff bildet mit fast allen Elementen Verbindungen, mehr als irgendein anderes Element. Nach der
vorherrschenden Bindungsart können drei Gruppen von H-Verbindungen unterschieden werden:
a)
Kovalente H-Verbindungen (Molekulare)
- mit Nichtmetallen und Halbmetallen, im Allgemeinen flüchtig (meist Gase oder Flüssigkeiten)
- Halogenwasserstoffe, H2O, H2S, NH3, Phosphane, Kohlenwasserstoffe, Silane, Borane
b)
Salzartige H-Verbindungen (Hydride)
-werden von stark elektropositiven Metallen (Alkali- und Erdalkalimetalle) gebildet,
kristallisieren in Ionengittern
- NaH Natriumhydrid [ Ionengitter aus Na+ und H- (Hydridion)]
c)
Metallartige H-Verbindungen
Den metallartigen H-Verbindungen, zu denen die Übergangsmetallhydride zählen, liegen typische
Metallstrukturen zugrunde, in welche atomarer Wasserstoff eingelagert ist (Wasserstoff„Einlagerungsverbindungen“). Die H-Atome besetzen Tetraederlücken oder Oktaederlücken des
Metallgitters.
z. B.: PdH0,8, VH0,05
27
Unterschiedliche Klassen binärer H-Verbindungen
und ihre Verteilung im PSE
18
1 2
13 14 15 16 17
3
4
5
6 7
8
9 10 11 12
Saline
Molecular
Metallic
Uncharacterized or unknown
6 Der Aufbau der Atome: Das Bohrsche Atommodell
Angeregte Atome emittieren Energie in Form elektromagnetischer Strahlung. Jedes Element sendet ein
charakteristisches Linienspektrum (Emissionsspektrum) aus. Man kann daher die Elemente durch
Analyse ihres Spektrums identifizieren (Spektralanalyse).
Atomemissionsspektrum
Wenn ein Atom aus einem Zustand höherer in einem Zustand niederer
Energie übergeht, verliert es Energie in Form eines Photons.
Ein großer Energieverlust ist verknüpft mit einer hohen Frequenz (oder
kurzen Wellenlänge) der emittierten Strahlung.
28
Das Linienspektrum der H-Atome besteht aus mehreren Serien, die nach ihren Entdeckern Lyman(Ultravioletter-Bereich), Balmer-(Ultravioletter und sichtbarer Bereich), Paschen- (Infraroter Bereich),
Brackett- (IR) und Pfund-Serie genannt werden. Die auf Seite 20 hervorgehobenen vier Emissionslinien
im sichtbaren Bereich gehören zur Balmer-Serie.
Balmer-Serie des Wasserstoffs
H
H
H H
Seriengrenze
kontinierliches
Spektrum
700
600
500
400
300
nm
1 = R

8
Die Spektrallinien des H-Spektrums lassen sich durch eine einfache Gleichung beschreiben:
1
n2
1
m2
 ist die Wellenlänge irgendeiner Linie, m und n sind ganze positive Zahlen, wobei m größer als n ist.
R  ist die Rydberg-Konstante = 109678 cm-1.
Das Linienspektrum des Wasserstoffs lässt sich nur erklären, wenn man annimmt, dass das einzelne
Elektron in der Atomhülle nur ganz bestimmte Energiewerte annehmen kann. Die Beschreibung der
Atomhülle muss durch ein Energieniveaumodell erfolgen. Diesen Schritt vollzog Niels Bohr.
Seine Theorie basiert auf folgenden Postulaten:
1. Postulat
a) Das Elektron kann sich auf Kreisbahnen (orbits) um den positiven Atomkern bewegen. Es strahlt dabei
keine Energie ab.
b) Es sind nur solche Bahnen vom Radius r „erlaubt“ („stationäre Elektronenzustände  Energieniveaus“),
für die der Drehimpuls m · v · r des Elektrons (m = Masse, v = Geschwindigkeit, r = Radius der
Umlaufbahn) gleich h/2 (h = Plancksches Wirkungsquantum) oder einem ganzen Vielfachen davon
ist („Impulsquantelung“ des Bohrschen Atommodells).
29
me v
r = n
h
2
n ist ein ganze Zahl (1, 2, 3, ...,  ), sie wird Quantenzahl genannt
Das Elektron kann nicht beliebige Energiewerte annehmen, sondern es gibt nur ganz bestimmte
Energiezustände, die durch die Quantenzahl n festgelegt sind (Energie des Elektrons ist quantisiert).
Jede Kreisbahn entspricht einem bestimmten Energiewert (Quantenzustand) für das Elektron.
Die Radien der möglichen Kreisbahnen für das Elektron im H-Atom werden mit folgender Gleichung
berechnet:
Das Elektron darf sich also nicht in beliebigen Abständen vom Kern aufhalten, sondern nur auf
Elektronenbahnen mit den Abständen 1 · 0,053 nm (1. Bahn), 4 · 0,053 nm (2. Bahn), 9 · 0,053 nm
(3.Bahn) usw..
2. Postulat
Das Elektron kann zwischen den Bahnen wechseln, beim Bahnwechsel wird Energie quantenhaft
absorbiert (Sprünge auf äußere Bahnen - weiter vom Kern entfernt) oder emittiert (Sprünge von äußeren
auf innere Bahnen)  charakteristische Emissionslinien.
Wenn sich das Elektron auf der innersten Bahn befindet und die geringste Energie hat, befindet es sich im
Grundzustand. Durch Zufuhr von Energie kann das Elektron auf eine äußere Bahn springen und einen
höheren Energiezustand annehmen (angeregter Zustand).
Die kernnächste Schale, die der Quantenbedingung für den Bahndrehimpuls n = 1 entspricht, ist die KSchale. Die Bezeichnung der darauf folgenden Schalen (n = 2, 3, 4....) folgt dem Alphabet (L, M, N ....).
Das Emissionsspektrum wird so zum Abbild der verschieden möglichen Energiezustände des Atoms und
damit zu einem Abbild der Struktur der Elektronenhülle.
30
Das Zustandekommen der verschiedenen Serien des Wasserstoffspektrums zeigt die Abbildung:
Lyman-Serie
(ultraviolett)
Balmer-Serie
(sichtbar)
H
H
H
H
Paschen-Serie
(infrarot)
n=1
n=2
n=3
n=4
n=5
Brackett-Serie
Pfund-Serie
n=6
Das Elektron bewegt sich auf einer durch die natürliche Zahl n (Hauptquantenzahl) gekennzeichneten
Kreisbahn um das Proton. Beim Übergang von einer Kreisbahn mit größerem Radius und höherer Energie
wird ein Lichtquant oder Photon ausgesandt. Übergänge, die auf der gleichen Kreisbahn enden, bilden
eine Serie, z. B. gehören zu der Balmer-Serie Übergänge von Kreisbahnen mit n>2 auf die Kreisbahn mit
n=2.
7 Atombau und Periodensystem
Mit Hilfe des Bohrschen Atommodells kann nur das Emissionsspektrum des Wasserstoffs erklärt werden.
Eine allgemeine Deutung für die Atomspektren aller Elemente ist nicht möglich. Zur Interpretation dieser
Atomspektren muss man annehmen, dass die durch n charakterisierten Kreisbahnen noch in l
Unterbahnen aufgespalten sind. Die Zahl n heißt auch Hauptquantenzahl, sie beschreibt die
Hauptenergieniveaus. Ein Hauptenergieniveau ist unterteilt in l Unterenergieniveaus, wobei l die Werte
von 0 bis n-1 annehmen kann. Die Unterniveaus l für ein bestimmtes n werden durch Buchstabensymbole
gekennzeichnet, die auf dem Aussehen der Spektren beruhen, an denen diese Niveaus beteiligt waren:
s (l = 0) „scharf“,
p (l = 1) „prinzipal“,
d (l = 2) „diffus“,
f (l = 3) „fundamental“.
Im Magnetfeld kommt es zu einer weiteren Aufspaltung der Unterniveaus, welche durch die
Magnetquantenzahl m charakterisiert wird. Die Magnetquantenzahl kann die Werte von +l bis -l
annehmen.
31
Energie
Unter n = 1 erhält man so das 1s-Niveau (l = 0 [= s-Unterniveau mit m = 0]).
Unter n = 2 erhält man zusätzlich zum 2s-Niveau (l = 0, m = 0) das 2p-Niveau (l = 1 [= p-Unterniveau]),
das im Magnetfeld in die “magnetischen” Unterniveaus 2p (m = 1), 2p (m = 0) und 2p (m = -1) aufspaltet.
In Abwesenheit eines Magnetfeldes haben 2p (m = 1), 2p (m = 0) und 2p (m = -1) die gleiche Energie
(man spricht dann von drei entarteten Energieniveaus).
Unter dem Hauptenergieniveau n=3 erhält man neben dem 3s-Unterniveau, den drei 3p-Unterniveaus (l =
1, m = +1, 0 und -1) noch fünf 3d-Unterniveaus (l = 2 [= d-Unterniveaus]) mit m = +2, +1, 0, -1 und -2.
Ab n = 4 sind noch sieben f-Unterniveaus (l = 3 [= f-Unterniveau]) m = +3, +2, +1, 0, -1, -2 und -3 zu
berücksichtigen.
Auf einem Hauptenergieniveau nimmt die Energie der Unterniveaus in folgender Reihe zu s < p < d < f.
Da mit zunehmender Hauptquantenzahl die energetischen Abstände zwischen den Hauptniveaus kleiner
werden, kommt es ab dem 3. Hauptniveau zu Überschneidungen der höheren Unterniveaus mit den
energetisch niederen Unterniveaus des nächsten Hauptniveaus. So liegt z. B. das 3d-Unterniveau
energetisch höher als das 4s-Unterniveau.
8s
7p
7s
6p
5d
5p
4d
4p
3d
6d
6s
5s
4s
5f
4f
3p
3s
2p
2s
1s
s-
p-
d-
f- Elektronen
Relative Energien der 1s- bis 8s- Energieniveaus (nicht maßstabgetreu)
Ausgehend von diesem Energieniveauschema und unter Berücksichtigung der magnetischen
Energieniveaus, sowie des Spinzustandes der Elektronen [das Elektron besitzt einen Spin
(Eigendrehimpuls)] der entsprechend der Spinquantenzahl s = + 1/2 oder -1/2 betragen kann (graphische
Darstellung  bzw.  ) kann man die Elektronenhülle der Elemente aufbauen.
Der Aufbau der Elektronenhüllen der Atome vollzieht sich nun so, dass beginnend mit dem Wasserstoff,
Elektron für Elektron in die Energieniveaus eingefüllt wird. Hierfür gelten drei
Energieminimierungsprinzipien (= Aufbau-Regeln):
1. Aufbau-Prinzip:
Die Elektronen belegen stets zuerst die energieärmsten zur Verfügung stehenden Niveaus.
32
2. Pauli-Prinzip (Ausschließungsprinzip):
Zwei Elektronen in einem Mehrelektronensystem müssen sich in mindestens einer der vier
Quantenzahlen (n = Hauptquantenzahl, l = Nebenquantenzahl, m = „magnetische“ Quantenzahl, s =
Spinquantenzahl) unterscheiden, d. h. ein Energieniveau kann mit maximal zwei Elektronen besetzt
werden (z. B. zwei Elektronen („1’’ + „2’’) auf dem 1s-Niveau - Elektron „1’’: n = 1, l = 0, m = 0, s =
+ 21 (  ) , Elektron „2’’: n = 1, l = 0, m = 0, s = - 21 (  ) , die Elektronen besitzen einen entgegengesetzten
Spin):
1s
Spin von Elektronen (Eigendrehimpuls)
a)
Zwei Elektronen sind gepaart,
wenn sie einen entgegengesetzten
Spin besitzen (im Uhrzeigersinn,
entgegen dem Uhrzeigersinn).
b) Zwei Elektronen besitzen einen
parallelen Spin, wenn ihre Spins
in die gleiche Richtung orientiert
sind.
3. Hundsche-Regel (Prinzip der größtmöglichen Multiplizität):
Nach der Hund-Regel verteilen sich Elektronen auf entartete magnetische Niveaus (d.h. energiegleiche)
so, dass eine maximale Zahl von “ungepaarten” Elektronen mit parallelem Spin resultiert. Drei
Elektronen (1, 2 und 3) verteilen sich auf die drei entarten 2p-Niveau so, dass jedes magnetische
Unterniveau einfach besetzt wird.
E
s (1) = 1/2
s (2) = 1/2
s (3) = 1/2
33
Gesamtspinquantenzahl S = s (1) + s (2) +s (3)
1 + 1 + 1 = 3
2
2
2
2
.
3
Multiplizität = 2S + 1 = 2 2 + 1 = 4
Elektronenkonfiguration: Verteilung der Elektronen eines Atoms auf die Energieniveaus im
Grundzustand.
Valenzelektronenkonfiguration: Verteilung der Elektronen auf die Energieniveaus der äußeren Schale.
Unter der Beachtung der drei “Aufbauregeln” und der relativen Energie der Energieniveaus (vgl. Abb.
Seite 31) können die Elektronenkonfigurationen aller Elemente generiert werden.
Elektronenkonfiguration der ersten zehn Elemente
Für die ersten zehn Elemente des Periodensystems ergibt sich folgende Verteilung der Elektronen im
Grundzustand:
Energieniveau
1s
2s
2p
Konfigurationsbezeichnung
2p
2p
1H
1s 1
2 He
1s 2
3 Li
1s 2 2s 1
4 Be
2
1s 2s
5B
1s 2 2s 2 2p 1
6C
1s 2 2s 2 2p 2
7N
1s 2 2s 2 2p 3
8O
1s 2 2s 2 2p 4
9F
1s 2 2s 2 2p 5
10 Ne
1s 2 2s 2 2p 6
1s-Elemente
2s-Elemente
2
2p-Elemente
H - Ein H-Atom besitzt nur ein Elektron, das im Grundzustand das 1s-Niveau besetzen muss.
He - Im Heliumatom kann sich das 2. Elektron ebenfalls noch im 1s-Niveau aufhalten, wenn sein Spin
dem des ersten entgegengesetzt ist (Pauli-Prinzip).
Li - Zwei Elektronen füllen das ls-Niveau; das dritte Elektron im Li muss nach dem Aufbau-Prinzip das
nächsthöhere Energieniveau, nämlich das 2s-Niveau, besetzen.
Be, B - Das vierte Elektron im Be füllt das 2s-Niveau, und das fünfte Elektron im B muss daher in einem
der energetisch höher liegenden 2p-Unterniveaus eingebaut werden.
C, N - Beim sechsten Element, besetzen die beiden 2p-Elektronen mit gleicher Spinrichtung zwei
verschiedene (entartete magnetische p-Unterniveaus), und beim siebten Element, N, sind die drei 2pElektronen über alle 2p-Niveaus verteilt und nicht etwa zwei Elektronen in einem 2p-Orbital unter
Spinkopplung (Hund-Regel der max. Multiplizität).
34
Ab dem Element O beginnt die Besetzung der 2p-Niveaus mit zwei Elektronen.
Beim Neon ist die n = 2-Schale mit acht Elektronen vollständig besetzt.
Beim weiteren Auffüllen mit Elektronen ist es ermüdend, die abgeschlossenen oder vollen Schalen immer
wieder neu zu zeichnen. Als Kurzschreibweise für Elektronenkonfigurationen kann man die inneren
Elektronen mit dem chemischen Symbol des vorausgehenden Edelgases, in eckige Klammern gesetzt,
bezeichnen.
Der Aufbau der 3. Periode verläuft in genau derselben Weise, wie der Aufbau der 2. Periode.
[Ne] 3s1
und
12Mg
: [Ne] 3s2 p1
bis
18
3s-Elemente
11Na:
3p-Elemente
13 Al
: [Ne] 3s2
Ar : [Ne] 3s2 p6
Vor der Besetzung der fünf 3d-Unterniveaus erfolgt die Auffüllung des 4s-Niveaus.
: [Ar] 3d04s1
4s-Elemente
19K
3d-Elemente
21 Sc
: [Ar] 3d14s2
und
20 Ca
: [Ar] 3d04s2
bis
26 Fe
: [Ar] 3d64s2
22Ti
: [Ar] 3d24s2
27 Co
: [Ar] 3d74s2
23V
: [Ar] 3d34s2
28 Ni
: [Ar] 3d84s2
29 Cu
: [Ar] 3d104s1
30 Zn
: [Ar] 3d104s2
24Cr
: [Ar] 3d54s1
25Mn
: [Ar] 3d54s2
besitzt im Grundzustand die Elektronenkonfiguration [Ar] 3d54s1 anstelle von [Ar] 3d44s2. Auf diese
Weise entsteht ein halbbesetztes (d5) d-Niveau, das sich durch eine besondere Stabilität auszeichnet. Die
Elektronenkonfiguration [Ar]3d44s2 ist der erste angeregte Zustand des Cr-Atoms. Aus ähnlichen
Gründen besitzt 29Cu im Grundzustand ein vollbesetztes (d10) d-Niveau anstelle von d9.
24Cr
21Sc
bis 30Zn: 3d-Elemente, 1. Reihe der Übergangsmetalle
36 Kr
: [Ar] 3d104s24p6
und
38 Sr
: [Kr] 5s2
bis
48Cd
: [Kr] 4d105s2
- halbbesetztes d-Niveau:
42Mo
: [Kr] 4d55s1
- und vollbesetztes d-Niveau:
46Pd
: [Kr] 4d105s0
47Ag
: [Kr] 4d105s1
4p-Elemente
31Ga
: [Ar] 3d104s24p1
bis
In der fünften Periode wiederholt sich dasselbe Muster.
5s-Elemente
37Rb
: [Kr] 5s1
4d-Elemente, 2. Reihe der Übergangsmetalle
39Y
: [Kr] 4d15s2
35
5p-Elemente
49In
: [Kr] 4d105s2p1
bis
54Xe
: [Kr] 4d105s2p6
und
56Ba
: [Xe] 6s2
In der sechsten Periode wird das 4f-Niveau gefüllt.
6s-Elemente
55Cs
: [Xe] 6s1
57La
: [Xe]5d16s2
Das erste Elektron nach Ba wird in das 5d-Niveau im La eingefüllt und füllt nicht das 4f-Niveau auf. Das
Lanthan ist deshalb eher ein Übergangsmetall als ein inneres Übergangsmetall.
4f-Elemente, Lanthanoide, Seltene Erden
Ce : [Xe]4f15d16s2
halbbesetztes f-Niveau (f7)
bis
Lu : [Xe]4f145d16s2
-
Gd : [Xe] 4f 7 5d16s2
Da die aufeinander folgenden Elektronen in die tiefer liegenden 4f-Niveaus eingebaut werden, ändern
sich die chemischen Eigenschaften noch weniger als bei den Übergangsmetallen
(
Innere Übergangsmetalle).
5d-Elemente, 3. Reihe der Übergangsmetalle
6p-Elemente
72Hf
: [Xe]4f14 5d26s2
bis
80Hg
: [Xe]4f14 5d106s2
81Tl
: [Xe]4f14 5d106s2p1
bis
86Rn
: [Xe]4f14 5d106s2p6
und
88Ra
: [Rn]7s2
bis
103Lr
: [Rn]5f146d17s2
Siebente und letzte Periode:
: [Rn]7s1
1 2
89Ac : [Rn]6d 7s
7s-Elemente
87Fr
5f-Elemente, Actinoide
90Th
: [Rn]6d27s2
Bei den Actinoiden treten vom idealisierten Besetzungsschema (erst f- dann d-Besetzung) mehr
Abweichungen auf, als bei den Lanthanoiden. Die ersten Actinoidenelemente zeigen infolgedessen eine
größere Vielfalt von chemischen Eigenschaften als die Lanthanoide.
Transactinoide
: [Rn]5f146d27s2
bis
112Cn
: [Rn]5f146d107s2p1
Ununtrium
bis
118Uuo
6d–Elemente
104Rf
7p–Elemente
113Uut
: [Rn]5f146d107s2
Copernicium
: [Rn]5f146d107s2p6
Ununoctium
36
Die Reihenfolge, in der die verschiedenen durch n und l gekennzeichneten Niveaus besetzt werden, lässt
sich durch folgendes Schema versinnbildlichen:
Bei Inspektion der Elektronenverteilung in der äußeren Schale der Elemente findet man, dass sich die
Valenzelektronenkonfiguration periodisch wiederholt. Schreibt man die Elemente mit gleicher
Valenzelektronenkonfiguration untereinander, erhält man die Langform des Periodensystems, das aus
sieben Perioden besteht und von links nach rechts in 4 Blöcke (s-, f-, d- und p-Block) unterteilt werden
kann. Elemente mit gleicher Valenzelektronenkonfiguration (=ähnlichen chemischen Eigenschaften)
werden in 18 Gruppen zusammengefasst.
37
Die vier Element-Blöcke:
s-Block-Elemente
Diese Elemente sind durch die Valenzelektronenkonfigurationen ns1 und ns2 charakterisiert. Sie bilden die
1. und 2. Gruppe der Hauptgruppenelemente mit den Alkali- und den Erdalkalimetallen.
f-Block-Elemente
Bei diesen Elementen werden die sehr tief liegenden (n-2) f-Niveaus aufgefüllt. Sie existieren nur für (n2)>3, d.h. in den Perioden 6 und 7. Diese Elemente, die eine praktisch identische Konfiguration (n-1) d1
ns2 in den beiden äußeren Schalen aufweisen und damit formal zur dritten Nebengruppe gerechnet werden
können, besitzen äußerst ähnliche chemische Eigenschaften (Innere Übergangsmetalle).
d-Block Elemente
Bei diesen Elementen werden die weniger tief liegenden (n-1) d-Niveaus besetzt. Sie existieren nur für
(n-1) >2, d.h. für Periode 4 und höher. Auch als Block der Nebengruppen bezeichnet
(Nebengruppenelemente). Die erste Periode der Nebengruppen-Elemente geht von 21Sc(3d14s2) bis
10 2
30Zn(3d 4s ). Jedes dieser zehn Elemente steht am Kopf einer Familie verwandter Elemente (z. B.
Chrom-Familie, sechste Nebengruppe). Alle Elemente in den Nebengruppen sind Metalle. Soweit die
Atome im Grundzustand unvollständig gefüllte d-Niveaus haben, d.h. von d1 bis d9 werden sie als
Übergangsmetalle bezeichnet.
p-Block-Elemente
Bei diesen Elementen werden die drei np-Niveaus besetzt, wobei die dritte bis achte Hauptgruppe mit den
Nichtmetallen und den auf die Übergangsmetalle folgenden Metallen gebildet wird. Die p-BlockElemente zeichnen sich durch eine große Vielfalt verschiedenster chemischer Eigenschaften aus
(Nichtmetalle, Halbmetalle, Metalle).
Die Kenntnisse über die Elektronenstruktur der Mehrelektronenatome versetzen uns in die Lage, die
periodischen Änderungen bestimmter Kenngrößen der Atome, insbesondere ihre Ausdehnung (Radius)
und die mit der Entfernung oder der Addition eines Elektrons verbundenen Energien, in Abhängigkeit
von der Ordnungszahl zu verstehen.
7.1 Trends im Periodensystem der Elemente (PSE)
Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Elemente ändern sich in den einzelnen Perioden
und Gruppen mit steigender Ordnungszahl weitgehend gleichsinnig. Daher kann man aus der Stellung
eines Elementes im PSE grundsätzliche Eigenschaften ablesen. Von den Eigenschaften, die sich
periodisch ändern, seien als wichtigste genannt: Atom- und Ionenradien, Ionisierungsenergien,
Elektronenaffinität, Elektronegativitätswert, Metall- und Nichtmetallcharakter.
a) Atomradien
Neben Anzahl und Art der Valenzelektronen bestimmen vor allem die Radien der Atome die
Eigenschaften der Elemente. Elemente bei denen Valenzelektronen und Atomradius übereinstimmen,
besitzen nahezu gleiche Eigenschaften.
Die Atomradien nehmen innerhalb einer Gruppe des PSE von oben nach unten zu, da jeweils eine neue
Elektronenschale hinzukommt.
Innerhalb einer Periode der Hauptgruppenelemente nehmen die Atomradien von links nach rechts ab, da
die hinzukommenden Elektronen in dieselbe Schale eingebaut werden und die Anziehung zwischen Kern
und Hülle zunimmt.
38
Atomradien der Hauptgruppenelemente
Period
Group
1
2
2
Li
157
Be
112
3
Na
191
13
14
15
16
17
18
Ne
B
88
C
77
N
74
O
66
F
64
Mg
160
Al
143
Si
118
P
110
S
104
Cl
99
Ar
Ca
197
Ga
153
Ge
122
As
121
Se
117
Br
114
Kr
4
K
235
Rb
250
Sr
215
In
167
Sn
158
Sb
141
Te
137
I
133
Xe
5
Ba
224
Po
167
At
Rn
6
Cs
272
Tl
171
Pb
175
Bi
182
Ionic
radius
pm
251-300
201-250
151-200
101-150
51-100
Innerhalb der Periode kommt von Atom zu Atom je ein Elektron zur gleichen Schale hinzu, bei
gleichzeitiger Erhöhung der Kernladung. Elektronen in der gleichen Schale bewirken kaum eine
Abschirmung der Kernladung. Die zunehmende Kernladung bewirkt eine Schrumpfung der
Elektronenwolke innerhalb der Periode.
Periodische Veränderung der Atomradien
der Elemente
39
b) Radien der Ionen der Hauptgruppenelemente
Ionenradien nehmen in einer Gruppe zu und in der Periode ab.
Ionenradien der Ionen der
Hauptgruppenelemente
Group
Period
1
2
13
Li+
Be2+
Be3+
2
58
27
3
Na+
102
4
K+
138
5
6
15
16
17
N3-
O2-
F-
12
171
140
133
Mg2+
72
Al3+ Si
53
P3212
S2184
Ca2+
100
Ga3+ Ge
62
As3222
Sr2+
In3+
Sb
149
116
72
Cs+
170
Ba2+
136
Tl3+
88
Rb+
14
C
Sn
Pb
Bi
18
Ne
Ionic
radius
ppm
Cl181
Ar
201-250
Se2198
Br196
Kr
151-200
Te2-
I-
Xe
221
220
Po
At
101-150
51-100
Rn
1-50
Kationen sind kleiner als die Atome aus denen sie gebildet wurden und Anionen größer.
Die relative Größe von Kationen, Anionen
und neutralen Atomen
40
c) Erste Ionisierungsenergie (1.IE) und Metallcharakter
Aufzuwendende Energie, um einem neutralen, gasförmigen Atom im Grundzustand, das am schwächsten
gebundene Elektron zu entreißen:
A(g)
A+(g) + e-
HIE = + kJ/mola)
Na+(g) + e-
HIE = +496 kJ/mol
A = Atom
Na(g)
a)
Da das Atom gegen die Anziehungskraft des Atomkerns entfernt werden muss, ist beim Ionisierungsprozess in jedem Fall
Energie zuzuführen.
Für alle Metalle ist eine relativ niedrige HIE (< 1000 kJ/mol) charakteristisch. Bei chemischen
Reaktionen verlieren sie leicht Elektronen und werden zu positiv geladenen Ionen. Nichtmetalle haben
dagegen relative hohe HIE (> 1000 kJ/mol).
Mit steigendem Atomradius nimmt die IE ab und der Metallcharakter zu. Der Metallcharakter nimmt also
in einer Hauptgruppe zu und in den Perioden der Hauptgruppenelemente ab. Den „größten“
Metallcharakter besitzen die schweren Alkalimetalle.
Erste Ionisierungsenergie der
Hauptgruppenelemente
18
H
1
2
Period
3
4
5
6
2
Group
13
1301
14
15
He
16
17
2370
Li
Be
B
C
N
O
F
Ne
519
900
799
1090
1400
1310
1680
2080
Na
Mg
Al
Si
P
S
Cl
Ar
494
736
577
786
1011
1000
1255
1520
K
Ca
Ga
Ge
As
Se
Br
Kr
418
590
577
784
947
941
1140
1350
Rb
Sr
In
Sn
Sb
Te
I
Xe
402
548
556
707
834
870
1008
1170
Cs
Ba
Tl
Pb
Bi
Po
At
Rn
376
502
590
716
703
812
1037
1036
Ionization
energy
kJ·mol-1
2001-2500
1501-2000
1001-1500
501-1000
1-500
41
d) Elektronenaffinität (EA)
Energie, die bei der Aufnahme eines Elektrons durch ein Atom im Gaszustand umgesetzt wird:
A(g) + e-
HEA = - oder + kJ/mol
A-(g)
Im Unterschied zur Ionisierung von Atomen, die stets ein endothermer Vorgang ist, kann die Aufnahme
von Elektronen je nach Element sowohl exotherm als auch endotherm sein.
F(g)
+ e-
Ne(g) + e-
F-(g)
HEA = -328 kJ/mol
Ne-(g)
HEA = +29 kJ/mol
Die Aufnahme von Elektronen durch kleine Atome mit fast voller Valenzschale (6.HG.: ns2 np4 und
7.HG.: ns2 np5) ist exotherm. In den Perioden ist das Atom mit der größten Tendenz zur
Elektronenaufnahme (negativste EA) dasjenige der 7. HG. (F, Cl, Br, und I). Diesen Elementen fehlt
gerade ein Elektron, um die Edelgaskonfiguration ns2 np6 zu erreichen.
Elektronenaffinitäten der Hauptgruppenelemente
H
18
-73
He
1
2
13
14
15
Li
Be
B
C
-27
-122
N
+7
-60
 0
Na
Mg
Al
Si
P
-53
 0
-43
-134
-72
16
O
-141
+844
S
-200
+532
17
>0
F
Ne
-328
>0
Electron
affinity
kJ·mol-1
Cl
Ar
-349
>0
>400
200-300
K
Ca
Ga
Ge
As
Se
Br
Kr
-48
-2
-29
-116
-78
-195
-325
>0
Rb
Sr
In
Sn
Sb
Te
I
Xe
-47
-5
-29
-116
-103
-190
-295
>0
Cs
Ba
Tl
Pb
Bi
Po
At
Rn
-46
-14
-19
-35
-91
-174
-270
>0
100-200
0-100
<0
f) Elektronegativität
Dimensionslose Vergleichszahl, welche die Fähigkeit eines Elementes charakterisiert, Elektronen einer
kovalenten Bindung anzuziehen (höchste Elektronegativität Fluor  = 4,0, kleinste Elektronegativität
Cäsium  = 0,79). Die Nichtmetalle der 4. bis 7. HG. (C, N, P, O, S, Se Halogene) besitzen hohe
Elektronegativitätswerte ( = 2,2-4,0).
42
Elektronegativitäten der
Hauptgruppenelemente
H
He
2,2
Li
Be
B
C
N
O
F
1,0
1,6
2,0
2,6
3,0
3,4
4,0
Na
Mg
Al
Si
P
S
Cl
0,93
1,3
1,6
1,9
2,2
2,6
3,2
K
Ca
Ga
Ge
As
Se
Br
0,82
1,3
1,6
2,0
2,2
2,6
3,0
Rb
Sr
In
Sn
Sb
Te
I
0,82
0,95
1,8
2,0
2,1
2,1
2,7
Cs
Ba
Tl
Pb
Bi
Po
At
0,79
0,89
2,0
2,3
2,0
2,0
s
Ne
Ar
Kr
Electronegativity
4,03,0-3,9
2,0-2,9
Xe
1,0-1,9
Rn
0-0,99
p
8 Sauerstoff (I) und Luft
Luft ist ein Gasgemisch, das sich im trocknen Zustand im Wesentlichen aus Stickstoff (Volumenanteil
78,08 %), Sauerstoff (20,95 %), dem Edelgas Argon (0,934 %) und Kohlendioxid (0,035 %)
zusammensetzt.
Mittlere Zusammensetzung trockener Luft
in der Troposphäre
Stickstoff
Sauerstoff
78,08
20,95
Argon
Neon
Helium
Krypton
Xenon
0,934
0,0018
0,0005
0,0001
0,000009
Kohlenstoffdioxid
Methan
Distickstoffmonoxid
Kohlenstoffmonoxid
Wasserstoff
Ozon
0,035
0,00017
0,00003
0,00002
0,00005
0,000001
wechselnde Anteile H2O (bis zu 4%)
43
Der Siedepunkt von Luft liegt bei -194,5 °C (O2 = -183 °C, N2 = -196 °C).
Flüssige Luft reichert sich beim Stehen in offenen Gefäßen mit Sauerstoff an! Dabei nimmt sie immer
deutlicher eine blaue Farbe an. Dies kommt daher, dass der farblose Stickstoff schneller absiedet als der
bläuliche Sauerstoff. Flüssiger Sauerstoff ist stark verbrennungsfördernd; viele Stoffe verbrennen in fl. O2
explosionsartig.
Flüssiger Sauerstoff ist blass blau.
(Das Gas ist farblos.)
Flüssiger Stickstoff wird für Arbeiten bei sehr tiefer Temperatur und zur Aufbewahrung biologischer
Proben verwendet. Beim Abkühlen auf die Temperatur des flüssigen Stickstoffs erfahren die Stoffe
Eigenschaftsänderungen.
Versuche:
Farbe: Taucht man ein mit Schwefel gefülltes Reagenzglas in flüssige Luft, so wird der gelbe Schwefel
weiß wie Kreide.
Elastizität: Ein in flüssige Luft getauchter Gummiball wird glashart und zerspringt in Splitter, wenn man
ihn auf den Boden fallen lässt.
Aggregatzustände: Wird eine Rose oder eine Tomate in flüssige Luft getaucht, so gefriert augenblicklich
das Wasser in den Zellen; das Gewebe wird dadurch so spröde, dass man es im Mörser zu Pulver
zerreiben kann.
„Leidenfrostsches Phänomen“: Trotz der tiefen Temperatur kann man flüssige Luft gefahrlos über die
Hände gießen, ohne dabei das Gefühl von Kälte zu haben, da sich zwischen der warmen Haut und der
kalten Flüssigkeit sofort eine schützende dünne Dampfhaut bildet, welche die Kälte nur schlecht leitet
(Vorsicht, Ringe abnehmen, da sonst schlimme Erfrierungen erfolgen!).
44
8.1 Sauerstoff (I)
O (Oxygen), Element der 6. HG. (16. Gruppe des PSE), typisches Nichtmetall
Sauerstoff ist ein starkes Oxidationsmittel. Es besitzt eine große Elektronegativität ( = 3,5).
Vorkommen:
a)
elementarer
als diatomares Molekül O2 (Disauerstoff oder Sauerstoff) in der Atmosphäre
als triatomares Molekül O3 ( Ozon) ebenfalls in der Atmosphäre
b)
gebunden als
Oxid
Oxosalz
Verbindungen in der Biosphäre
ionische (O2-):
Fe3O4 (Magnetit)
Silikate: NaSiO3 (Natriumsilicat)
Carbonate: CaCO3 (Calciumcarbonat)
Sulfate: BaSO4 (Bariumsulfat)
Zucker: C6H12O6 (Glucose)
Aminosäuren:
kovalente:
H2O
in den Gesteinen ist tausendmal mehr
Sauerstoff gebunden als im Wasser
der Weltmeere
(Alanin)
Erdhülle (Massenanteile):
O 48,9 % , Si 26,3 % , Al 7,7 % , Fe 4,7 % , Ca 3,4 %
weit verbreitete Alumosilicat-Mineralien
(Feldspäte, Zeolithe und Talke)
45
Die häufigsten Elemente auf der Erde
Ca
3,4%
Fe
4,7%
Sonstige
9,0%
O
48,9%
Al
7,7%
Si
26,3%
Drei natürlich vorkommende Isotope: 16O (99,762%),17O (0,038%), 18O (0,2%)
Löslichkeit in Wasser:
Lö slichk eit inVo l.-%
In Wasser ist Stickstoff nur etwa halb so gut löslich wie Sauerstoff von gleichem Druck. 1 l Wasser von
0 °C löst 23,2 cm3 Stickstoff bzw. 49,1 cm3 Sauerstoff. Die aus Wasser ausgetriebene Luft ist somit
sauerstoffreicher (O2 : N2 = 1 : 2) als die atmosphärische (O2 : N2 = 1 : 4) und enthält, bezogen auf den
Stickstoff, zweimal mehr Sauerstoff als die letztere. Dieser größere prozentuale Sauerstoffgehalt ist von
Wichtigkeit für die Atmung der Fische im Wasser. Die Wasserlöslichkeit von Sauerstoff nimmt mit
steigender Temperatur ab, ein für alle Wasserlebewesen wichtiger Vorgang. Bei 20 °C lösen sich
maximal 3,03 Vol.% Sauerstoff im Wasser (8 mg/L).
5
N o rm a le r L uftdruc k
4
Minimalbedarf der meisten
Meeresbewohner
3
2
1
0
0
50
W a s s e rte m pe ra tur in ° C
100
46
„Henry-Daltonsches Gesetz“: Die Löslichkeit eines Gases ist bei gegebener Temperatur proportional
seinem Druck. Erhöht man also den Druck eines Gases - z.B. von Sauerstoff - aufs Vierfache, so steigt
auch seine Löslichkeit - z.B. in Wasser - aufs Vierfache.
Chemische Eigenschaften:
Sauerstoff bildet mit allen Elementen (außer den Edelgasen He, Ne, Ar und Kr) isolierbare OVerbindungen. Bei Raumtemperatur verhält sich normaler gasförmiger Sauerstoff (  Triplett-Sauerstoff)
ausgesprochen reaktionsträge. Bei höheren Temperaturen („nach Zündung“) kommt es zu stark
exothermen Oxidationsreaktionen (Verbrennungen).
Flüssiger Sauerstoff reagiert schon bei Raumtemperatur explosionsartig mit vielen Stoffen.
Versuche:
Verbrennen von rotem Phosphor (Prot) in Luft (Nachweis, dass Luft zu ~ 1/5 aus O2 besteht):
Verbrennen von Schwefel und Fe-Spänen in O2:
Zum Unterschied von Umsetzungen des gasförmigen Sauerstoffs verlaufen viele Oxidationsreaktionen
von in Wasser gelösten Sauerstoff mehr oder minder ungehemmt. So oxidiert sich im luftgesättigten,
Eisen(II)  Eisen(III).
4Fe2+ + O2 + 2H2O
fahlgrün
4[Fe(OH)]2+
gelb
Gewinnung:
a) großtechnisch durch fraktionierende Destillation verflüssigter Luft (Linde-Verfahren):
47
Schema der Luftverflüssigung nach Linde:
Komprimierte Luft
Expandierte Luft
GegenstromWärmeaustauscher
Kühler
Luft
Drosselventil
Verdichter
Flüssige Luft
Angesaugte Luft wird im Verdichter auf ca. 200 bar komprimiert, dann im Kühler vorgekühlt und mittels
des Drosselventils wieder entspannt und dabei abgekühlt. Mit dieser abgekühlten Luft wird im
Gegenstrom-Wärmeaustauscher die nachkommende verdichtete Luft vorgekühlt. Die Temperatur sinkt
immer mehr, bis schließlich bei der Entspannung flüssige Luft entsteht. Bei Druckerniedrigung um 1 bar
sinkt die Temperatur um etwa 1/4 °C.
Die Abkühlung des Gases beim Linde-Verfahren beruht auf dem Joule-Thomson-Effekt. Wenn sich ein
komprimiertes Gas ausdehnt, so kühlt es sich ab. Bei der Ausdehnung muss Arbeit geleistet werden, um
die Anziehungskräfte zwischen den Gasteilchen zu überwinden. Die Energie dazu wird der inneren
Energie des Gases entnommen, die kinetische Energie und damit die Temperatur nehmen daher ab. Nur
bei Gasen, die sich ideal verhalten, sind zwischen den Gasteilchen keine Anziehungskräfte wirksam. Luft
verhält sich bei Normalbedingungen ideal, nicht aber im komprimierten Zustand.
Joule-Thomson-Effekt: Der bei der Expansion der meisten Gase auftretende Abkühlungseffekt.
b) durch Elektrolyse von Kalilauge:
c) im Labor durch katalytische Zersetzung von Wasserstoffperoxid mit Braunstein (Mangandioxid):
d) im Labor durch thermische Zersetzung von Kaliumchlorat in Gegenwart von Mangandioxid als
Katalysator:
Die nichtkatalysierte thermische Zersetzung von KClO3
erfolgt erst oberhalb von 400 °C [Smp.(KClO3) = 368 °C].
48
Katalyse:
Bezeichnung für die Beeinflussung der Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion durch die Gegenwart
eines Stoffes, der die Reaktion scheinbar unverändert übersteht. Der Katalysator tritt in der BruttoReaktionsgleichung nicht auf:
(Kat.)
A +B
AB
E
A+ B
AB
E amit Kat.
A + B + Kat.
E aohne Kat.
Kat.
Kat.
A
+B
AB
AB + Kat.
Potentielle Energie (E) entlang der Reaktionskoordinate bei unkatalysierter
bzw. katalysierter Reaktion der Teilchen A und B zu AB. Ea =
Aktivierungsenergie; Kat. - Katalysator.
Eine Reaktion, welche thermodynamisch nicht möglich ist, kann durch einen Katalysator nicht ausgelöst
werden, er kann lediglich die Reaktionsgeschwindigkeit oder besser die Geschwindigkeit, mit der sich ein
chemisches Gleichgewicht einstellt, beeinflussen.
Der Katalysator verändert den Mechanismus der Reaktion durch die Bildung energieärmerer aktivierter
Zwischenstufen. Durch die Veränderung der Energie des Systems entlang der Reaktionskoordinate
resultiert eine niedrigere over-all Aktivierungsenergie als bei der nicht-katalysierten Reaktion und die
Reaktionsgeschwindigkeit der Reaktion wird erhöht.
Beispiel:
Zerfall von H2O2: Für den Zerfall in wässeriger Lösung beträgt die scheinbare Aktivierungsenergie
75,4 kJ/mol, jedoch in Gegenwart von feinverteiltem Platin nur 49 kJ/mol und in Gegenwart von Katalase
nur 23 kJ/mol.
49
Wirkung der Katalyse
Verwendung:
-
-
über 60 % in der Roheisen und Stahlerzeugung
[in das geschmolzene Roheisen wird zur oxidativen Entfernung von Verunreinigungen O2
(7-10 bar)
eingeblasen]
Schweißtechnik, z. B. Verbrennen von Acetylen
2C2H2 + 5O2
4CO2 + 2H2O
 H = -2596 kJ/mol
Physiologisches:
Sauerstoff ist - abgesehen von einigen Bakterienarten (“Anaerobier”) - für alle Organismen
lebensnotwendig. Der Mensch veratmet täglich 900 g O2. O2 wird vom Hämoglobin (dem roten
Farbstoff der Erythrocyten) aufgenommen, über die Blutbahn zum Gewebe transportiert, dort von
Myoglobin (dem roten Farbstoff im Muskelfleisch) übernommen und zu der mit Energiegewinn
verknüpften Oxidation organischen Substrates (z.B. Glucose) verwendet.
Atem-Gasgemische mit O2-Partialdrückena) < 0,08 bar führen beim Menschen zur Bewusstlosigkeit
und schließlich zur Erstickung. O2-Partialdrücke > 0,6 bar wirken für den Menschen toxisch (Bildung
des schädlichen Hyperoxidradikals O2-, das nicht rasch genug abgebaut werden kann).
a)
In einer Mischung aus idealen Gasen übt jede einzelne Komponente einen Druck aus, der als
Partialdruck bezeichnet wird. Der Gesamtdruck des Gasgemisches ist gleich der Summe der
Partialdrücke der Komponenten.
50
Z.B. zwei Komponenten A und B:
pGesamt = pA + pB
pA =
nA
nA + nB
pGesamt
nA, nB = Stoffmengen von A und B
Evolution der Erdatmosphäre:
In geologischen Zeiträumen betrachtet war die Zusammensetzung der Erdatmosphäre niemals stabil
und wird es auch in der vorhersehbaren Zukunft nicht sein. Das liegt vor allem daran, dass biologische
Prozesse seit 4 Milliarden Jahren die Zusammensetzung der Atmosphäre weitgehend verändert haben.
Umgekehrt wurde auch die Evolution der Lebensformen durch die sich ändernde Zusammensetzung
der Atmosphäre beeinflusst.
Atmosphäre mit Wolken
Die Uratmosphäre vor 4,4 Milliarden Jahren enthielt große Mengen H2O-Dampf, N2, CH4, NH3 und
SO2, Salzsäure kam ebenfalls vor, O2 jedoch fehlte.
Atmosphärischer Sauerstoff lag - wenn überhaupt - nur in äußerst geringen Konzentrationen vor. Das
geht aus dem Oxidationszustand des Eisens (vorwiegend Fe2+) in Sedimentgesteinen mit einem Alter
von 3,7 Milliarden Jahren hervor; Minerale wie Pyrit (FeS2) wären von gasförmigem Sauerstoff
oxidiert worden.
Nachdem sich vor etwa vier Milliarden Jahren die glutflüssige Erde genügend abgekühlt hatte, konnte
der H2O-Dampf der Atmosphäre kondensieren und Ozeane bilden. Durch die Entstehung der Meere
konnte sich das in der Uratmosphäre in hohen Konzentrationen vorhandene CO2 zu einem
beträchtlichen Teil in den Ozeanen lösen. Das Meerwasser enthielt Metallionen - neben Na+-Ionen
insbesondere Ca2+- und Fe2+-Ionen -, die bei der Verwitterung (ohne Sauerstoffeinfluss) aus Gesteinen
herausgelöst worden waren. Das gelöste CO2 konnte mit den darin gelösten Ionen, insbesondere den
Ca2+-Ionen, reagieren und Carbonate bilden, die dann auf dem Meeresboden große Kalksteinlager
bildeten.
51
Vor etwa 4 Milliarden Jahren entstanden im wässerigen (aquatischen) Milieu die ersten einzelligen
Lebewesen ohne Zellkern, die zunächst die allgegenwärtigen Kohlenstoff-, Schwefel- und
Stickstoffverbindungen sowie Metallionen (Fe2+-Ionen) für ihren Energiehaushalt nutzten. Sie hatten
einen anaeroben (sauerstoffunabhängigen) Stoffwechsel. Schon kleine Mengen freien Sauerstoffs
waren Gift für sie, da sie noch keine Enzyme entwickelt hatten, die die schädlichen
Oxidationsprodukte des Stoffwechsels in unschädliche umwandeln konnten.
Vor drei bis vier Milliarden Jahren traten Blaualgen (Cyanobakterien) mit einer anderen Form des
Stoffwechsels auf. Sie konnten das Licht durch die sogenannte Photosynthese zur Bildung organischer
Verbindungen nutzen. Ihnen gelang es, das reichlich vorhandene Kohlenstoffdioxid als Nährstoff zu
erschließen und mit Hilfe von Lichtenergie in z. B. Kohlenhydrate umzuwandeln, wobei Sauerstoff als
Nebenprodukt freigesetzt wird. Der bei der Photosynthese in das Meer entlassene Sauerstoff oxidierte
zunächst Eisen(II)-Salze zu schwerlöslichem Eisen(III)-oxid, das sich als eisenreicher Schlamm
absetzte. Nur ein geringer Anteil des Sauerstoffs gelangte in die Atmosphäre.
Vor ca. 1-2 Milliarden Jahren war der Fe2+-Ionen-Vorrat der Meere weitgehend verbraucht. Freier
Sauerstoff begann sich im Meerwasser und in der Atmosphäre anzureichern, da sauerstoffbindende
Prozesse im Wasser nur noch in untergeordnetem Maße stattfanden.
52
Aus dem - chemisch gesehenen - reduzierenden Milieu entstand allmählich eine
sauerstoffhaltige, oxidierende Umwelt. Gleichzeitig bildete sich durch Photolyse des Sauerstoffs
in der Atmosphäre eine Ozonschicht aus (s. S. 54), die die Erdoberfläche vor energiereicher UVStrahlung schützte und damit eine Entwicklung von Lebensformen an Land ermöglichte.
Wechsel von einer vorwiegend reduzierenden zu
einer vorwiegend oxidierenden Atmosphäre
Vor annähernd 0,5-1 Milliarde Jahren entstanden pflanzliche Organismen, die einen
Verdunstungsschutz hatten und dadurch breite das Raum-, Licht- und Nährstoffangebot der Uferzonen
und des Landes nutzen konnten.
Infolge erhöhter Photosyntheseraten kam es zu einem weiteren Anstieg des atmosphärischen
Sauerstoffgehaltes. Heute beträgt die Gesamtmenge an freiem Sauerstoff etwa 1,3 · 1015 t.
Der überwiegende Teil des insgesamt biologisch produzierten Sauerstoffs (ca. 6 · 1015 t) liegt in der
Erdkruste in gebundener Form vor, hauptsächlich in Metalloxiden, Sulfaten, Silikaten und Carbonaten.
Durch Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Lithosphäre und Biosphäre bleibt der
atmosphärische Sauerstoffgehalt heute weitgehend konstant.
53
Ozon (O3)
-zweite allotrope Modifikation des Sauerstoffs; energie- und sauerstoffreicher als O2 und damit
wesentlich reaktiver, „Träger des atomaren Sauerstoffs“
-ozein (gr.) = riechen, starkes Gift für alle Lebewesen
-Sdp.: -119,9 °C, dunkelblaue Flüssigkeit
Die Erscheinung, dass Elemente in verschiedenen Molekülgrößen existieren bezeichnet man als
Allotropie
Ozon ist ein blaues Gas, das zu einer tiefblauen
explosiven Flüssigkeit kondensiert
-gewinkeltes Molekül:
O
O
128 pm
O
O-O-Bindungsabstand
entspricht einem Bindungsgrad
von 1,5
117°
Mindestens zwei Lewis-Formeln (mesomere Grenzstrukturen) müssen zur Resonanz gebracht werden,
um den Bindungszustand im O3-Molekül richtig wiederzugeben:
O
O
O
O
O
= Formalladungen
O
54
Darstellung:
Ozon wird ganz allgemein durch Einwirkung von O-Atomen auf O2-Moleküle dargestellt:
O + O2
O3
H = -106 kJ/mol
Die verschiedenen Bildungsweisen unterscheiden sich dabei in der Art und Weise der Erzeugung von
O-Atomen.
Am gebräuchlichsten ist die Bildung von O-Atomen aus molekularem Sauerstoff O2:
1
2
O2
O
H = 249 kJ/mol (1)
O + O2
O3
H = -106 kJ/mol (2)
O3
H = 143 kJ/mol (3)
1
1 2 O2
Ganz allgemein wird die Reaktionsenthalpie für die Bildung einer Verbindung aus den Elementen in
deren stabilster Form als Bildungsenthalpie (HB) bezeichnet.
Da bei der Bildung von Ozon aus Sauerstoff eine Enthalpie von 143 kJ/mol verbraucht wird
(= endotherme Reaktion), wird Ozon als „endotherme Verbindung“ bezeichnet. „Endotherme
Verbindungen“ sind thermodynamisch instabil, ihr Zerfall ist unter bestimmten Bedingungen (z. B.
tiefe Temperaturen, kleine Konzentrationen) gehemmt (kinetisch gehemmt); sie werden als
metastabile Verbindungen bezeichnet. Metastabile Verbindungen sind im Allgemeinen reaktiver als
thermodynamisch stabile Verbindungen.
Die für die O3-Bildung benötigten O-Atome erhält man am besten bei niederen Temperaturen durch
Zufuhr von elektrischer, optischer (s.u. energiereiche Sonnenstrahlung in der Stratosphäre) oder
chemischer Energie.
Im „Siemensschen Ozonisator“ erfolgt die Zufuhr von elektrischer Energie in einem
Hochspannungsfeld.
Versuche:
Luft wird durch einen „Siemensschen Ozonisator“ geleitet und das den Ozonisator verlassende
Gasgemisch auf O3-Reaktivität geprüft:
a) Beim Einleiten in eine neutrale Kaliumiodid-Lösung wird - unter gleichzeitigem Auftreten einer
(bei anderen Oxidationsmitteln wie Cl2 nicht eintretenden) alkalischen Reaktion - Iod gebildet:
-I
0
2I- + O3 + H2O
0
-II
0
I2 + 2OH- + O2
Die Lösung wird gelb (Bildung des braunen Triiodidions I3-) und bei Gegenwart von Phenolphthalein
(pH-Indikator) rot.
Die charakteristische Eigenschaft des Ozons ist sein starkes Oxidationsvermögen: O3  O2 + O.
Ozon ist eines der stärksten bekannten Oxidationsmittel. Es wirkt dabei meistens nur mit einem der
drei O-Atome oxidierend und ist damit gewissermaßen ein Träger atomaren Sauerstoffs.
O2 + 3H2O
O3 + 2H3O+ + 2e-
E° = 2,07V
55
Es bildet mit einigen Metallen Ozonide, oxidiert fast alle Metalle zu ihrer höchsten Oxidationsstufe,
Sulfide zu Sulfaten, Ammoniak zu Salpetersäure, Kohle schon bei gewöhnlicher Temperatur zu
Kohlenstoffdioxid.
b) Auch organische Stoffe werden von Ozon kräftig oxidiert (gebleicht). Man darf daher z.B. Ozon
nicht durch Gummischläuche leiten, da diese in wenigen Augenblicken zerfressen werden (Schlifffette entflammen).
Versuch: Gummi eines aufgeblasenen Luftballons wird zerstört.
Mit ungesättigten organischen Verbindungen reagiert O3 unter Ozonolyse. Diese
Ozonisierungsreaktion macht Ozon zu einem präparativ und analytisch (zum Nachweis von
Doppelbindungen) sehr nützlichen Reagenz im chemischen Laboratorium.
Verwendung:
Ozon wird technisch z.B. zur Luftverbesserung und -desinfektion, zur Sterilisation von Lebensmitteln
(O3-Bildung durch Bestrahlung) und zur Entkeimung von Trinkwasser und Schwimmbadwasser
verwendet.
Ozon in der Atmosphäre
- 90 % in der Stratosphäre als „Ozonschicht“
- in der Troposphäre als Spurengas (Treibhauseffekt, siehe Abschnitt Kohlenstoffdioxid)
- erdbodennahe Luftschicht (oxidiert Luftverunreinigungen, zu hohe Ozonkonzentrationen –
gesundheitsbeeinträchtigende Wirkungen möglich)
1)In der Stratosphäre
56
Als Folge der O2-Produktion auf der Erde entstand auch die Ozonschicht in der Stratosphäre, die die
Erdoberfläche vor energiereicher UV-Strahlung schützte und damit eine Entwicklung von
Lebensformen an Land ermöglichte. („Die Ozonschicht ist die beste Strategie des Lebens“).
In der Stratosphäre (12-50 km Höhe) existiert neben den Luftbestandteilen Stickstoff N2 und
Sauerstoff O2 auch Ozon O3. Die sogenannte Ozonschicht hat ein Konzentrationsmaximum in ca.
25 km Höhe. Die Gesamtmenge des atmosphärischen Ozons ist klein. Würde es bei
Standardbedingungen die Erdoberfläche bedecken, dann wäre die Ozonschicht nur etwa 3,5 mm dick.
In der Stratosphäre kommt es zur Bildung und zum Zerfall von Ozon, was insgesamt zu einer
Gleichgewichtskonzentration an Ozon führt.
Schichtung der Atmosphäre mit
Temperaturprofil
Exosphäre
Thermosphäre
Stratosphäre
Troposphäre
a) Bildung
Durch energiereiche Sonnenstrahlung (kurzwellige UV-Strahlung,  < 242 nm = 499 kJ/mol, vgl. S.
26) wird molekularer Sauerstoff photochemisch in O-Atome gespalten.
Die O-Atome reagieren mit O2-Molekülen zu Ozon unter Wärmeabgabe:
O2
O + O2
3O2
Photonenaufnahme
h v (< 242 nm)
Wärmeabgabe
Stoßpartner
Ozonbildung
Wärmeabgabe
2O

O3
2O3
b) Zerfall
Das gebildete Ozon absorbiert seinerseits längerwellige UV-Strahlung der Sonne ( <310 nm) unter
Zerfall des Ozons in Sauerstoffatome, die ihrerseits unter Wärmeabgabe mit Ozon reagieren:
57
O3
O + O3
2O3
Photonenaufnahme
h v (< 310 nm)
Wärmeabgabe
Stoßpartner
Ozonzerfall
Wärmeabgabe
O2 + O
2O2
3O2
Auf dem Wege der Bildung und des Zerfalls von Ozon im Zuge einer Wechselwirkung des
Sonnenlichtes mit Luftsauerstoff wird energiereiche Sonnenstrahlung in Wärme umgewandelt. Dem
Umsatzmaximum entspricht ein Temperaturmaximum der Atmosphäre von 20-30 °C in ca. 50 km
Höhe (vergl. Abb. S. 56).
Durch die Bildung und den Zerfall des Ozons sowie durch einige weitere atmosphärische Prozesse
wird die harte (kurzwellige) Ultraviolettstrahlung im Wellenlängenbereich < 175 nm bis zur
Mesopause (  90 km Höhe) sowie die Strahlung im Bereich 175 - 290 nm bis zur Tropopause
(  10 km Höhe) vollständig und die Strahlung im Bereich 290 - 340 nm bis zur Erdoberfläche
teilweise absorbiert (s. Abb. unten), während der überwiegende Anteil der weichen UV-Strahlung
(340 - 400 nm) und des gesamten sichtbaren Lichts (400 - 800 nm) ungehindert durch die
Erdatmosphäre wandern kann.
Eindringtiefe schädlicher Strahlung bei
Absorption durch Gase in der Atmosphäre
Die Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung, Bereich > 800 nm) wird andererseits größtenteils durch den
Wasserdampf, das Kohlenstoffdioxid und einigen anderen natürlichen anthropogenen Quellgasen
absorbiert (vgl. hierzu Kohlenstoff - Kohlenstoffdioxid - Treibhauseffekt).
Die gemessene Ozonkonzentration in der Stratosphäre ist etwa eine Größenordnung kleiner als die
nach obigem Mechanismus berechnete. Ursache dafür sind natürlich entstandene Spurengase wie CH4,
H2O, N2O (Distickstoffoxid) und CH3Cl (Chloroform), die zum Ozonabbau beitragen.
Z.B. N2O:
Durch UV-Strahlung ( < 320 nm) wird N2O gespalten, die entstandenen O-Atome reagieren mit N2O
zu NO-Radikalen (Stickstoffmonoxid).
58
N2O
h .v
N2O + O
N2 + O
2NO
Die NO-Radikale zerstören in einem katalytischen Reaktionszyklus Ozonmoleküle.
Reaktionsbilanz:
NO + O3
NO2 + O2
NO2 + O
NO + O2
O + O3
Reaktionskette
2O2
Nicht nur natürlich entstandenes N2O, sondern auch N2O anthropogenen Ursprungs (durch Menschen
verursacht, Hauptquelle Stickstoffdüngung) gelangt in die Atmosphäre.
Anthropogene Spurengase, vor allem Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), verursachen auch den
Abbau der Ozonschicht („Ozonloch“ im Oktober über dem antarktischen Kontinent).
Die FCKW sind chemisch inert (kinetisch stabil), sie wandern daher unverändert durch die
Troposphäre und erreichen in ca. 10 Jahren die Stratosphäre. Sie werden dort in Höhen ab 20 km
durch UV-Strahlung ( < 220 nm) unter Bildung von Cl-Atomen gespalten.
CF3Cl
h ·
CF3 + Cl
Jedes Cl-Atom kann katalytisch im Mittel 104 O3-Atome zerstören.
Reaktionsbilanz:
Cl + O3
ClO + O
ClO + O2
Cl + O2
O3 + O
2O2
Reaktionskette
59
Aufstieg in die Stratosphäre, Reaktion und
Auswaschung von FCKW
kurzwelliges
UV-Licht
30
Cl
+ ClO x
Ozon-Abbau
20
Photolyse
der FCKW
Höhe [km]
HCl
10
0
Stratosphäre
Troposphäre
+ CH4
+ H2O
Diffusionsengpass
Ausregnen
von HCl
Emission
der FCKW
(Insgesamt ist der Ozonabbau durch FCKW, besonders über der Antarktis, viel komplizierter).
Stickstoffoxide (NOx) werden durch den Luftverkehr (Überschallflugzeuge) direkt in die Stratosphäre
emittiert und führen ebenfalls zum Abbau des Ozons (Mechanismus s. Abbau von Ozon durch N2O NO als reaktives Radikal).
Die alarmierenden Nachrichten über die Vergrößerung des Ozonlochs führten bis 1999 zu einer
Verringerung der FCKW-Produktion um 50 %.
2) In der erdbodennahen Luftschicht
In der erdbodennahen Luftschicht entstehen Stickstoffoxide durch biologische Prozesse im Boden, aus
Vulkanen und durch Blitze. Nadelwälder und natürliche Gärprozesse setzen Kohlenwasserstoffe frei.
Aus diesen natürlich entstandenen Vorläuferstufen bildet sich Ozon. In Europa ist die natürliche
Ozonkonzentration – je nach Region – mit etwa 20 bis 60 µg/m3 Luft anzusetzen.
Drei Voraussetzungen werden üblicherweise für hohe Ozonkonzentrationen genannt:
a) die Gegenwart von Stickstoffoxiden (z. B. Verbrennungsmotoren)
b) starke Sonneneinstrahlung bei sommerlicher Hitze
c) die Gegenwart von Kohlenwasserstoffen (z. B. Verbrennungsmotoren)
Das aus Motoren zunächst entweichende farblose Stickstoffmonoxid NO wird während seines
Transportes durch die Luft zu braunem Stickstoffdioxid, NO2, oxidiert, das in einer Folgereaktion
unmittelbar an der Ozonbildung beteiligt ist.
1
NO + 2 O2
NO2
Sommerlicht aus dem UV-Bereich (320 nm <  < 420 nm) führt zur Photolyse der NO2-Moleküle:
60
NO2
h.v
O + NO
(1)
Das dabei entstehende Sauerstoffatom kann dann äußerst rasch mit einem Sauerstoffmolekül zu einem
Ozonmolekül O3 kombinieren:
O + O2
O3
(2)
Das in der Reaktion (1) gleichzeitig entstandene NO wirkt allerdings ozonabbauend,
NO + O3
NO2 + O2
(3)
so dass sich ein photostationärer Zustand mit relativ geringem Ozongehalt einstellt.
Eine echte Nettoproduktion von Ozon erfolgt erst dann, wenn das ozonabbauende NO auf einem
anderen Weg als nach (3) zu ozonbildendem NO2 oxidiert wird. Diesen Part übernehmen die
Kohlenwasserstoffe. Sie reagieren zunächst mit den in der Luft in ausreichender Zahl vorhandenen
Hydroxyl-Radikalen (über 500 000 pro cm3) zu Peroxoradikalen ROO, die dann NO in NO2
umwandeln:
RH + HO . + O2
ROO . + H2O
NO + ROO .
RO .
+ NO2
So entsteht ein Kreislauf, der bei jedem Umlauf zusätzliches Ozon produziert.
Die Bildung hoher Ozonkonzentrationen in Bodennähe spielt vor allem während der Sommermonate
an der windabgewandten Seite von Ballungszentren in den späten Nachmittags- und Abendstunden
eine wichtige Rolle. Ab einer Ozonkonzentratrationen von 180 µg/m3 wir die Bevölkerung
unterrichtet.
Die Einführung von Abgaskatalysatoren (siehe Abschnitt Stickstoffmonoxid) hat die
Ozonkonzentration in Ballungszentren deutlich verringert. In Berlin wurden im Jahr 1989 an 25 Tagen
Ozonkonzentrationen über 180 µg/m3 Luft gemessen, 1999 nur noch an 3 Tagen.
9 Der Aufbau der Atome (Das Orbitalmodell)
1. Unbestimmtheitsbeziehung (Heisenberg, 1927)
Sie besagt, das es unmöglich ist, den Impuls und den Aufenthaltsort eines Elektrons gleichzeitig zu
bestimmen. Das Produkt aus der Unbestimmtheit des Ortes x und der Unbestimmtheit des Impulses
x (m · v) wird stets gleich oder größer als das durch 4 dividierte Plancksche Wirkungsquantum.
.
.
x (m v) >
h
4
Bei genau bekannter Geschwindigkeit ist der Aufenthaltsort des Elektrons im Atom vollkommen
unbestimmt.
61
Bei makroskopischen Körpern ist die Masse so groß, dass Geschwindigkeit und Ort scharfe Werte
haben (Grenzfall der klassischen Mechanik).
Im Bohrschen Atommodell stellt man sich das Elektron als Teilchen vor, das sich auf seiner Bahn von
Punkt zu Punkt mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegt. Nach der Unbestimmtheitsrelation ist
dieses Bild falsch.
Zu einem bestimmten Zeitpunkt kann dem Elektron kein bestimmter Ort zugeordnet werden, es ist im
gesamten Raum des Atoms anzutreffen. Daher müssen wir uns vorstellen, dass das Elektron an einem
bestimmten Ort des Atoms nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzutreffen ist. Dieser
Beschreibung des Elektrons entspricht die Vorstellung einer
über das Atom verteilten
Elektronenwolke. Die Gestalt der Elektronenwolke gibt den Raum an, in dem sich das Elektron mit
größter Wahrscheinlichkeit aufhält. Die Elektronenwolke des Elektrons des H-Atoms im
Grundzustand besitzt Kugelsymmetrie. Die Ladungswolke hat nach außen keine scharfe Begrenzung.
Üblicherweise wählt man eine Grenzfläche, die eine Kugel umschließt, in der zu 90 % das Elektron
anzutreffen ist.
62
Verschiedene Darstellungen des Elektrons im
H-Atom im Grundzustand (1s)
Elektron
electron
cloud
Bohrsches H-Atom
mit einer Elektronenbahn
Probability
Dreidimensionale
Elektronenwolke
Innerhalb der Kugel
hält sich das Elektron
zu 90% auf
2) Wellencharakter von Elektronen
Die Versuche mit Kathodenstrahlen (S. 11) zeigten, dass Elektronen sich wie Teilchen verhalten
(besitzen Teilchencharakter).
1927 zeigten Davisson und Germer, dass eine Aluminiumfolie einen Elektronenstrahl auf genau
dieselbe Weise beugt wie sie einen Röntgenstrahl (energiereiche elektromagnetische Strahlung) beugt
und das die Wellenlänge eines Elektronenstrahls durch die de Broglie-Beziehung richtig
wiedergegeben wird.
63
Wellencharakter von Elektronen
b
a
Die Beugung der Wellen durch eine AI-Folie
a) Röntgenstrahlen  = 71 pm

  = 50 pm
b) Elektronen der Energie von 600 eV
Die Ähnlichkeit dieser beiden Beugungsbilder ist
Welleneigenschaften (Wellencharakter) von Elektronen.
ein
überzeugender
Beweis
für
die
Die de Broglie-Beziehung (1924)
Nach de Broglie kann nicht nur ein mit Lichtgeschwindigkeit c fliegendes Photon, sondern auch jedem
anderen fliegendem Teilchen eine Wellenlänge zugeordnet werden:
=
h
m·v
m = Masse, v = Geschwindigkeit des Teilchen, m · v = Impuls. Jedes bewegte Objekt kann als Welle
aufgefasst werden. Bei gewöhnlichen Objekten sind die zugehörigen Wellenlängen so extrem klein,
dass die Welleneigenschaften nicht nachweisbar sind. Bei Teilchen mit sehr kleinen Massen, wie z.B.
Elektronen oder Neutronen ist dies jedoch anders, ihre Wellenlängen können experimentell bestimmt
werden. Elektronen sind keine Wellen, und sie sind auch keine Teilchen.
Je nach den experimentellen Bedingungen können Elektronen sowohl Welleneigenschaften zeigen als
sich auch wie kleine Partikel verhalten. Welleneigenschaften und Partikeleigenschaften sind
komplementäre Beschreibungen des Elektronenverhaltens.
Nach de Broglie muss es im Atom Elektronenwellen geben. Das Elektron befindet sich aber nur dann
in einem stabilen Zustand, wenn die Elektronenwelle zeitlich unveränderlich ist. Eine zeitlich
unveränderliche Welle ist eine stehende Welle. Eine nicht stehende Elektronenwelle würde sich durch
Interferenz zerstören, sie ist instabil.
Elektronenwolken
sind
dreidimensionale
schwingende
Schwingungszustände dreidimensional stehende Wellen sind.
Systeme,
deren
mögliche
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Die Welleneigenschaften des Elektrons können mit einer von Schrödinger aufgestellten
Wellengleichung beschrieben werden.
Durch Lösen der Schrödinger-Gleichung erhält man für das Elektron im Wasserstoffatom eine
begrenzte Zahl erlaubter Schwindungszustände, die dazu gehörenden räumlichen Ladungsverteilungen
und Energien . Diese erlaubten Zustände sind durch drei Quantenzahlen festgelegt.
Diese Quantenzahlen ergeben sich bei der Lösung der Schrödinger-Gleichung und müssen nicht wie
beim Bohrschen Atommodell willkürlich postuliert werden. Eine vierte Quantenzahl ist erforderlich,
um die spezifischen Eigenschaften eines Elektrons zu berücksichtigen, die beobachtet werden, wenn
es sich im Magnetfeld befindet.
Die durch die drei Quantenzahlen n, l und ml charakterisierten Quantenzustände werden als
Atomorbitale (AO) bezeichnet. N, l und ml werden daher Orbitalquantenzahlen genannt.
Die AO unterscheiden sich hinsichtlich der Größe, Gestalt und räumlichen Orientierung der
Ladungswolken. Diese Eigenschaften werden durch die Quantenzahlen bestimmt.
Bedeutung der Quantenzahlen im Orbitalmodell:
Hauptquantenzahl n = 1, 2, 3 ....-charakterisiert das Hauptenergieniveau auf dem sich das Orbital
befindet
Reihe zunehmender Energie: 1s < 2s < 3s < 4s ...
Nebenquantenzahl l = 0, 1, 2 ....n-1 -charakterisiert das energetische Unterniveau, bestimmt die Form
des Orbitals  Orbitalgestaltsquantenzahl
l=0
s - Orbital
kugelförmig
l=1
p - Orbital
hantelförmig
l=2
d - Orbital
rosettenförmig
l=3
f - Orbital
keine allein gültige Form der Darstellung
Reihe zunehmender Energie: 4s < 4p < 4d < 4 f
Magnetische Quantenzahl ml = -l....0....+l
- bestimmt die Ausrichtung der Orbitale im
Koordinatensystem, gekennzeichnet durch die Indizes x, y und z (p-Orbitale) bzw. xy, xz, yz, z2 und
x2-y2 (d-Orbitale) - Orbitalrichtungsquantenzahl
Spinquantanzahl s = + 1 , - 1
2
2
- definiert den Spin eines Elektrons (seinen Eigendrehimpuls), ein Orbital kann mit maximal zwei
Elektronen besetzt werden
65
Gestalt, räumliche Orientierung und Vorzeichen
der Orbitallappen der s,p- und d-Orbitale
z
z
y
y
x
y
x
py
px
z
z
y
x
pz
dxy
z
z
y
y
y
x
x
dxz
z
y
x
dyz
y
x
s
z
z
y
x
x
dx2-y2
dz2
s-Orbitale sind kugelsymmetrisch. Sie haben keine räumliche Vorzugsrichtung.
drei p-Orbitale: Jedes Orbital ist hinsichtlich einer Drehung um eine der Hauptachsen des
Koordinatensystems x, y oder z zylindrisch symmetrisch = px, py und pz. Jedes p-Orbital besitzt zwei
Lappen, die von einer Knotenebene der Elektronendichte null getrennt werden. Das Vorzeichen der
Wellenfunktion ist in einem Lappen positiv, während es im anderen Lappen negativ ist.
fünf d-Orbitale:
- drei: dxy, dyz, dxz besitzen dieselbe Gestalt, unterscheiden sich nur durch die Orientierung, jedes
Orbital besitzt vier Elektronendichtelappen, die die Winkel zwischen den kartesischen Achsen in der
durch die Indices gekennzeichneten Ebene halbieren
- dx2 - y2 -Orbital, ebenfalls vier Elektronendichtelappen, die sich entlang der x-Achse und der y-Achse
erstrecken
- dz2 - Orbital
zwei Lappen entlang der z-Achse, dazu noch ein kleiner Ring in der xy-Ebene
s-Orbitale (1s, 2s ...), p-Orbitale (2p, 3p...) und d-Orbitale (3d, 4d....) werden mit zunehmender
Hauptquantenzahl größer (die Orbitale werden „ausladender und diffuser“).
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