G e s u n d h e i t Gesundheit aus dem Süden Was ist Mittelmeerkost? Michael Hamm, Prof. Dr. troph., Hamburg Die Farbenpracht der Märkte, das Angebot von frischen Gemüsen, Früchten, Kräutern und Fischen gehört mit zu den schönsten Erlebnissen, die ein Urlaub am Mittelmeer bieten kann. Die sogenannte mediterrane Ernährung ist ein hervorragendes Beispiel für eine schmackhafte und gesundheitsfördernde Ernährungsweise, die dazu beiträgt, das Risiko von koronarer Herzkrankheit (KHK) und möglicherweise von Krebs, Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht zu senken. Die mediterrane Küche, in Deutschland häufig nur durch Pizza, Pasta oder Döner Kebab bekannt, ist abwechslungsreich und umfaßt die Landesküche der europäischen Mittelmeerküste von Frankreich über Italien, Griechenland, Türkei, Spanien bis nach Portugal. Überall am Mittelmeer wird viel Gemüse gegessen. Tomaten kommen in den meisten Gerichten vor. Aromatische Kräuter und natürlich Knoblauch sind die typischen Gewürze der mediterranen Küche, die abgerundet wird durch das intensive Aroma des Olivenöls. Fisch, Joghurt und Käse werden regelmäßig gegessen. Brot wird praktisch zu jeder Mahlzeit gereicht. Obst gibt es zwischendurch und als Nachtisch. Es empfiehlt sich, die Eßgewohnheiten der Mittelmeerküche auch nach dem Urlaub in den eigenen Speiseplan einzubauen. Was ist Mittelmeerküche? Die Basis sind pflanzliche Lebensmittel wie Brot, (eifreie) Teigwaren, Reis, Gemüse, Salate, Hülsenfrüchte, Obst und Nüsse. Die Küche enthält Oli4 venöl als Hauptfettquelle, maßvolle Mengen an Fisch, Geflügel, Milchprodukten und Eiern sowie nur geringe Mengen an dunklem Fleisch. Kleine bis mäßige Mengen Wein werden üblicherweise zu den Mahlzeiten getrunken. Diese Ernährungsweise enthält wenig gesättigte Fettsäuren, viele Kohlenhydrate und Ballaststoffe und hat einen hohen Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren, die hauptsächlich aus Olivenöl stammen. Ebenfalls günstig wirken sich der hohe Gehalt an antioxidativen Schutzstoffen wie Vitamin C, Vitamin E, und sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe (Polyphenole und Carotinoide) aus. Essvergnügen und Gesundheit Die mediterrane Kost ist eine erprobte Alltagsdiät. Sie hat sich über Generationen, also im Langzeitversuch, bewährt und als gesundheitlich sicher erwiesen. Die MONICA- Studie der WHO (Weltgesundheitsorganisation) zeigt: In Nordeuropa, wo wenig Obst und Gemüse und relativ fettreich gegessen wird, leiden vier Mal mehr Menschen an HerzKreislauf-Krankheiten (zum Beispiel an Herzinfarkt) als in Ländern des Mittelmeerraums. Insbesondere die Ernährung auf Kreta und in Süditalien gilt in gesundheitlicher Sicht als vorbildhaft. Kennzeichnend für die mediterrane Küche sind ein bevorzugter Verzehr pflanzlicher Lebensmittel und die Verwendung von Olivenöl. Bei der gesundheitlichen Bewertung der Ernährung unserer südeuropäischen Nachbarn spielen vor allem die einfach ungesättigten Fettsäuren und die antioxidativen Nahrungsbestandteile in deren Kost eine Rolle. Das a u s d e m S ü d e n wissenschaftliche Fazit zum Stellenwert von Olivenöl im Rahmen der Mittelmeerländer-Diät lässt sich wie folgt zusammenfassen: Bisher wurden hauptsächlich gesundheitliche Vorzüge der mediterranen Kost, ihr geringer Gehalt an gesättigten und ihr gleichzeitig hoher Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren sowie die reichliche Zufuhr komplexer Kohlenhydrate und Ballaststoffe, erachtet. Die aktuellen Forschungsergebnisse sprechen jedoch überzeugend dafür, dass weitere, in der mediterranen Ernährung reichlich enthaltene Inhaltsstoffe, nämlich Antioxidantien aus Obst, Gemüse, aber auch aus Olivenöl, zur schützenden Wirkung im Hinblick auf Herz-Kreislauf- sowie Krebserkrankungen und anderen chronischen Erkrankungen beitragen. Die für die mediterrane Kost typische, durch den Olivenölkonsum bedingte hohe Zufuhr von einfach ungesättigten Fettsäuren verbindet die Vorteile einer Senkung von Gesamt- bzw. LDL- Cholesterinkonzentration und einer verminderten Oxidationsanfälligkeit der LDL- Partikel. Übrigens: Dem Olivenöl am ähnlichsten ist das Rapsöl. Tomaten und Rotwein: Schutz fürs Herz? Carotinoide sind nicht nur in Karotten enthalten. Der bekannteste Vertreter, das Beta-Carotin, kommt in diesem Wurzelgemüse zwar reichlich vor. Damit der Körper es überhaupt nutzen kann, empfiehlt sich das Pürieren oder Dünsten der Möhren und die Zugabe von etwas Fett (einige Tropfen Pflanzenöl). Carotinoide stecken aber auch in anderen gelbroten und grünen Gemüsen (z.B. Brokkoli, Spinat, Grünkohl). Bislang nahm man an, dass Beta-Carotin den größten Schutzeffekt habe. In neuen Studien erwies sich allerdings das Lykopin – das sogenannte Tomatencarotin – als der stärkste Herzschutzfaktor unter den Carotinoiden. Tomatensaft, Tomatensoße und -suppen sowie Tomatenmark sind gut verfügbare Lykopinquellen. 5 G e s u n d h e i t a u s d e m S ü d e n G e s u n d h e i t S ü d e n ➨ 1 kg kleine Auberginen, für die Marinade: 4 Knoblauchzehen, 2-3 Zweige frischer oder 1 TL getrockneter Oregano, 4 EL Olivenöl, 4 EL Weinessig, 1 getrocknete Chilischote, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer, Salz. ➨ Die Auberginen waschen, vom Stielansatz befreien, und quer in etwa 1 cm dicke Scheiben schneiden. ➨ In einem großen Topf Wasser zum Kochen bringen, salzen und die Auberginenscheiben darin portionsweise in einem großen Topf in kochendem Wasser etwa 5 Minuten ziehen lassen. Danach mit einem Sieblöffel herausnehmen und auf Küchenpapier gut abtropfen lassen. ➨ Den Knoblauch schälen und fein hacken. Oregano zerkleinern. ➨ Auberginenscheiben in eine Schüssel mit fest verschließbarem Deckel schichten und jede Lage mit der Marinade beträufeln. Im Kühlschrank etwa 24 Stunden ziehen lassen, in dieser Zeit die fest verschlossene Schüssel 2-3 mal auf den Kopf stellen. Bruschetta ➨ 8 Scheiben breites Stangenweißbrot oder 16 schmale Baguette-Scheiben, Tomaten, 2 Knoblauchzehen, Salz, 4 EL Olivenöl. ➨ Weißbrotscheiben toasten oder unter dem Grill von beiden Seiten rösten. ➨ Frische Tomaten würfeln, mit feingehacktem Knoblauch, Basilikum und Olivenöl mischen, Bruschetta hoch aufgehäuft damit belegen. Wie die Mittelmeerkost zubereitet wird 6 d e m Marinierte Auberginen Bekannt geworden sind die sekundären Pflanzenstoffe vor allem durch die Polyphenole aus Rotwein und grünem Tee. Besonders Rotwein wird in den Medien gerne als herzgesund herausgestellt. Dafür werden epidemiologische Untersuchungen herangezogen, die zeigen, dass ein gemäßigter Alkoholgenuss (weniger als 30 Gramm Alkohol pro Tag) mit einem geringeren Auftreten der koronaren Herzerkrankung einher geht. Einerseits wird eine Alkoholwirkung in Bezug auf den Anstieg des günstigen HDL-Cholesterins diskutiert, die dann unabhängig vom Rotwein ist. Andererseits können die koronarschützenden Effekte mit den sekundären Pflanzenstoffen im Rotwein zu tun haben, die die Oxidation von LDL-Cholesterin vermindern. Polyphenole lassen sich übrigens auch im Bier nachweisen. Doch es bleibt festzustellen, dass größere Mengen Alkohol nach wie vor ungesund sind, weil der Alkohol die Organe schädigt und sich auch bei Bluthochdruck ungünstig auswirkt. Genießen Sie Rotwein, wenn überhaupt, nur mäßig und zum Essen. Die Frische der Zutaten ist ganz wichtig, die Zubereitung meist einfach, und stets erfreuen Farbe und Aroma die Sinne, wie das einfache Beispiel Caprese, das heißt saftig rote Tomatenscheiben, weißer Mozzarella und frisch gezupfte grüne Basilikumblätter mit etwas kaltgepresstem Olivenöl, Balsamico-Essig und frisch gemahlenem Pfeffer aus der Mühle, zeigt. Für die Zubereitung einer fettbewussten herzgesunden Mittelmeerkost, die Vitamine und sekundäre Pflanzenschutzstoffe gleichermaßen bewahrt, gelten die folgenden Empfehlungen: ➨ Sparen Sie am Streich- und Bratfett, nicht aber am Salatöl. Ein Esslöffel Oliven- oder Rapsöl zur großen Portion Rohkostsalat oder zum gedünsteten Gemüse machen daraus eine gesunde Mischung verschiedener Schutzstoffe für die Gesundheit (einfach ungesättigte Fettsäuren, Vitamin E und C sowie verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe). ➨ Fett sparen Sie auch, wenn Sie in Spezialpfannen braten, im Tontopf oder Wok (asiati- a u s sche, hochgezogene Rührpfanne) garen oder im Backofen grillen. Ein phantasievoller Einsatz von Küchenkräutern und Gewürzen – lieber gut dosiert als zuwenig davon – helfen, die Fettmäßigung geschmacklich voll auszugleichen. Auch die Aromabildung beim Grillen trägt dazu bei. ➨ Dicken Sie Bratensaft und Soßen mit pürierten Kartoffeln, Gemüsen oder Johannisbrotkernmehl ein. ➨ Genießen Sie täglich mindestens zwei Portionen Rohkost, zum Beispiel frisches Obst zwischendurch oder als Nachtisch und einen bunten Salat mit frischen Kräutern und Sprossen. ➨ Essen Sie lieber einfache, kleinere Gerichte mit viel Gemüse und Getreide als zu üppige Portionen. Der Genuss gehört dazu Heitere Gelassenheit, Freude am Genuss, Zeit zum Essen und die Geselligkeit bei einer Mahlzeit – all das gehört zur sinnenfrohen und gesunden Lebensweise und -einstellung der Menschen des Mittelmeerraumes. Versuchen Sie, auch diese Dimension einer gesundheitsfördernden Ernährung mehr und mehr in Ihrem Alltag umzusetzen. So ist es jedenfalls in einer zeitlich knapp bemessenen Mittagspause besser und gesünder, vielleicht nur einen herzhaft-knackigen griechischen Salat mit Olivenbrot oder italienische Gemüse-Antipasti anstelle eines fettreichen und belastenden Mittagessens zu genießen. Lassen Sie sich anregen von der herzgesunden Küche und Ernährungsweise, die die Mittelmeerküche Ihnen bietet. Literatur Hamm, M.; Gohlke, H.; Merklin, A.: Vitalkost für Ihr Herz, Stuttgart 1998. Hamm, M.: Fett ja – aber wenig und richtig, München 1999. Schleicher, P.: Die sensationelle Kreta-Diät, München 1999. Pospisil, E. : Mittelmeerdiät, München 1999. Spanische Gemüseplatte ➨ EL Olivenöl, 500 g mehligkochende Kartoffeln, 200 g Zwiebeln, 300 g rote Paprikaschoten, 300 g Auberginen, 300 g Fleischtomaten, Saft von 1/2 Zitrone, Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer. ➨ Backofen auf 180° vorheizen. Ein Backblech mit 2 EL Olivenöl einpinseln. Kartoffeln schälen, längs halbieren und mit der Schnittfläche nach unten auf das Backblech legen. Im Ofen etwa 15 Minuten backen. Zwiebeln schälen, quer halbieren und nach 15 Minuten Backzeit dazulegen. ➨ Paprika und Auberginen waschen und putzen. Paprika in breite Streifen, Auberginen in große Würfel schneiden. Gemüse 15 Minuten nach den Zwiebeln in den Backofen geben. Mit 2 EL Olivenöl beträufeln und alles weitere 15 Minuten garen. ➨ Tomaten waschen, putzen, halbieren und mit der Schnittfläche nach unten auf das Blech dazulegen. Dabei Paprika und Auberginen wenden. Alles noch etwa 15 Min. weitergaren. ➨ Das Gemüse auf einer Platte anrichten, mit dem restlichen Olivenöl sowie Zitronensaft beträufeln, salzen und pfeffern. Als Hauptgericht oder als Beilage zu Fisch oder Fleisch servieren. Edita Pospisil: Mittelmeerdiät. Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München 1999. 7