228 Grundwissen Physik Jahrgangsstufe 10 Geozentrisches Weltbild Ein geometrisches Modell von Himmel und Er­ de verdanken wir den Griechen ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. Sie erklärten alle Bewegungen der Gestirne mithilfe von Kugelschalen um die Erde. ↑1 Himmelsmaterie war etwas völlig anderes als die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer des Erdbereichs. Dass die Sonne viel weiter von der Erde entfernt ist als der Mond, bewies Aristarchos von Samos um 260 v. Chr. Er fand heraus, dass die Sonne viel größer als die Erde ist: Deshalb glaubte er, dass die Sonne im Zentrum der Welt stehen müsse. Ptolemaios fasste die Astronomie im 2. Jahrhun­ dert n. Chr. in einem systematischen Handbuch, dem Almagest, zusammen. Erde Mond Sonne Sterne 1 Saturn Jupiter Sonne Erde Mars 2 T T2 große Halbachse A2 Brennpunkte ∆t1 = ∆t2 2 a 3 1 1 dritten Potenzen der großen Halbachsen ihrer Bahnellipsen: ___ = ___ . 2 3 kleine Halbachse A1 Heliozentrisches Weltbild Kopernikus „stellte“ 1543 die Sonne in das Zentrum der Welt, die Erde und alle Planeten umkreisen sie. ↑2 Galilei entdeckte mit dem neu entwickelten Fernrohr Mondgebirge, Ju­ pitermonde (nicht auf Kugelschalen), Venusphasen … Kepler beschrieb zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Planetenbewegun­ gen in drei mathematischen Gesetzen: ↑3 – Die Planeten umlaufen die Sonne auf Ellipsen. Jeweils ein Brennpunkt dieser Ellipsen liegt in der Sonne. – Die gedachte Verbindungslinie Sonne–Planet überstreicht in gleichen Zeitspannen gleich große Flächen. – Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die A1 = A2 3 Erde Mond 4 5 6 a2 Newton zeigte Ende des 17. Jahrhunderts, dass große Massen riesige Gra­ vitationskräfte ausüben, die Planeten und Monde auf ihren Bahnen halten. ↑4 Bewegungen auf der Erde und im Weltall können bei Kenntnis der Kräfte (Wechselwirkungen) zwischen Körpern mithilfe der newtonschen Gesetze erklärt werden: Trägheits­, Bewegungs­ und Wechselwirkungsgesetz. Kosmologisches Weltbild Mithilfe der Spektralanalyse ↑5 von Fraun­ hofer (1814) erkannte man, dass es im Weltall die gleichen chemischen Elemente gibt wie auf der Erde. Der Intensitätsverlauf der Strahlung von Sternen enthält Informationen über die Temperaturen an ihrer Oberfläche. Die Fixsternparallaxe wurde 1838 gefunden: Selbst die nächsten Fixsterne sind 100 Billionen Kilometer entfernt. Im 20. Jahrhundert hat die Astronomie von Einsteins Relativitätstheorien sowie der neuen Atom­ und Kernphysik profitiert: – Bei der Fusion von Wasserstoff zu Helium setzen Sterne gewaltige Ener­ gien frei. Sind rund 10 % des Wasserstoffs verbraucht, blähen sie sich auf, explodieren und stoßen ihre Gashüllen ab. Dabei können Rote Riesen, Weiße Zwerge, Schwarze Löcher … entstehen. – Nach Einstein ist die Lichtgeschwindigkeit die höchste Geschwindigkeit im Kosmos. Raum und Zeit hängen vom Beobachter, dem beobachteten Körper und ihrer Bewegung ab. Die Krümmung von Raum und Zeit durch Materie führt zu den gekrümmten Bahnen von Planeten und Licht. ↑6 – Es gibt Billionen von Galaxien. – Das Universum hat sich wahrscheinlich aus einem Urknall vor rund 14 Milliarden Jahren entwickelt und dehnt sich noch weiter aus. Licht 9783464853184 Inhalt_S228 228 25.08.2008 12:18:22 Uhr 229 Jahrgangsstufe 10 Bewegungen – iterativ berechnet Der Grundgedanke des iterativen Verfahrens ist, dass das Ergebnis eines Rechenschritts zur Eingabe für den nächsten Rechenschritt wird. ↑7 Bei jedem Rechenschritt finden dieselben Operationen statt. Beispiele: – Fall mit Luftwiderstand Die Kraft F auf den fallenden Körper setzt sich aus der abwärts beschleunigenden Gewichtskraft FG und der bremsenden Luftwiderstandskraft FL zusammen: F = FG – FL mit FG = m · g und FL = _12 cW · A · r · v2. Da die Geschwindigkeit nach dem Start (aus der Ruhe) zunimmt, wird die Luftwiderstandskraft zunächst größer und die Gesamtkraft F folglich kleiner. Wenn die Luftwiderstandskraft genauso groß ist wie die Gewichtskraft, nimmt die Geschwindigkeit nicht weiter zu. Die Veränderungen von Kraft, Geschwindigkeit und Ort werden iterativ berechnet. ↑8 Die Diagramme zeigen bei längeren Fallzeiten den bremsenden Einfluss des Luftwiderstands im Vergleich zum freien Fall. ↑9 ↑10 1 c · A · r · v 2 F0 = m · g – __ 0 2 W F v1 = v0 + ___0 · ∆t m 1 · (v + v ) · ∆t x1 = x0 + __ 0 1 2 t1 = t0 + ∆t v in ms 1 c · A · r · v 2 F1 = m · g – __ 1 2 W … 10 mit Luftwiderstand 30 20 0 0 5 10 t in s 8 Rechenschritt (Fall mit Luftwiderstand) 9 t-v-Diagramm (∆t = 1 s) – Harmonische Schwingungen Lineare rücktreibende Kräfte F = – k · x bewirken harmonische Schwingungen. Die Bewegungsfunktionen sind Sinus- und Kosinusfunktionen. ↑11 Allgemein gilt für die Periodendauer T harmonisch schwingender Pendel: __ T = 2 π · __ m . k ___ Federpendel: T = 2π · __ m (k = D) D __ m · g Fadenpendel: T = 2π · __ gl (k = _____ für kleine Auslenkungen) l Die Frequenz f ist jeweils gleich dem Kehrwert der Periodendauer T: 1 . f = __ T Iterationsbeispiel: ↑12 ↑13 Die Graphen der Bewegungsfunktionen verlaufen anfangs nahezu sinus- bzw. kosinusförmig. ↑14 Für größere Zei­ ten nimmt die berechnete Amplitude zu – im Gegensatz zur Realität. √ √ √ – k · x0 a0 = ______ m v1 = v0 + a0 · ∆t 1 · (v + v ) · ∆t x1 = x0 + __ 0 1 2 t1 = t0 + ∆t F 0 12 Federpendel 9783464853184 Inhalt_S229 229 x in sta 0 · ∆t nd 0 out Zu in sta nd 1 · ∆t in sta 2 · ∆t nd Ausgabe Eingabe 1 out Zu Eingabe Ausgabe Eingabe 2 out Ausgabe 7 Prinzip der Iteration x in m freier Fall 40 Zu – k · x1 a1 = ______ m … 13 Rechenschritt (Federpendel) 600 500 400 300 200 100 0 freier Fall mit Luftwiderstand 0 5 10 t in s 10 t-x-Diagramm (∆t = 1 s) ( ) ( ) x(t) = xmax · cos 2π · __t T v(t) = – vmax · sin 2π · __t T __ k __ mit vmax = · xmax m a(t) = – amax · cos 2π · __t T k __ mit amax = · xmax m ( √ ) 11 Bewegungsfunktionen einer harmonischen Schwingung (Start mit maximaler Auslenkung aus der Ruhe heraus) 4 2 0 –2 x a v 1 2 3 t in s –4 14 Iterativ berechnete Graphen 25.08.2008 12:18:25 Uhr 230 Grundwissen Physik von oben von vorn x y von der Seite y(x) = – g · x2 2 · v02 Ausblick: Waagerechter Wurf Der waagerechte Wurf lässt sich mithilfe zweier zueinander senkrechter Teilbewegungen beschreiben. ↑1 Ohne Luftwiderstand gilt: – Von vorn beobachtet man einen freien Fall in negativer y-Richtung. – Von oben beobachtet man eine Bewegung in x-Richtung mit konstanter Geschwindigkeit. g Die Bahnkurve ist Teil einer Parabel: y(x) = – ______2 · x 2. 2 · v0 Sie ist umso weiter geöffnet, je größer die Geschwindigkeit v0 ist. Den Betrag der Bahngeschwindigkeit v erhält man aus den Teilgeschwindigkeiten: __________ v = √v02 + (g · t)2 . x(t) = R · cos(w t) 1 y a=wt R x y(t) = R · sin(w t) 2 v FZ 2 FZ = m ∙ v = m ∙ w2 ∙ R R v = 2πR = w R T 3 Gleichförmige Kreisbewegung Die Periodendauer T ist indirekt proportional zur Winkelgeschwindigkeit w (im Bogenmaß): 2 π (Einheit der Winkelgeschwindigkeit: _1). w = ___ s T Die Winkelgeschwindigkeit w ist proportional zur Frequenz f der Kreisbewegung: w = 2 π f. Für die Bahngeschwindigkeit v des Körpers auf der Kreisbahn gilt: 2 π R = w R (R: Radius der Kreisbahn). v = _____ T Befindet sich der Körper zur Zeit t = 0 s am Punkt (R|0), dann lassen sich die t-x- und t-y-Funktionen als Sinus- und Kosinusfunktionen angeben: ↑2 x(t) = R · cos(w t) und y(t) = R · sin(w t). Es wirkt ständig eine zum Mittelpunkt der Kreisbahn gerichtete Zentripetalkraft FZ auf den Körper. ↑3 Es gilt: 2 Zentripetalkraft: FZ = m · v__ bzw. FZ = m · w 2 · R. R FZ = __ v 2 bzw. a = w 2 · R. Zentripetalbeschleunigung: aZ = ___ Z m R Der Impuls Je größer die Masse m und die Geschwindigkeit v eines Körpers ist, desto größer ist sein Impuls p: p = m · v. ↑4 Der Impuls ist wie die Geschwindigkeit eine gerichtete Größe, seine Richtung stimmt mit der Bewegungsrichtung überein. Impulserhaltungssatz: In einem abgeschlossenen System bleibt der Gesamtimpuls zeitlich konstant. ↑5 Der Gesamtimpuls bleibt erhalten, auch wenn die kinetische Energie abnimmt. Je größer die Impulsänderung in einer bestimmten Zeitspanne ist, desto größer ist die Kraft, die sie hervorruft: ∆p F = ___ . ↑6 ∆t ∆p F = ___ ∆t p=m·v pges vor dem Stoß 4 Impuls (Beispiel) 9783464853184 Inhalt_S230 230 5 Impulserhaltung pges nach dem Stoß 6 Kraft und Impulsänderung 25.08.2008 12:18:29 Uhr 231 Jahrgangsstufe 10 Wellen Bei mechanischen Wellen breiten sich Schwingungen in Materie aus. Sie können Energie übertragen, ohne dass Materie transportiert wird. Bei transversalen Wellen ist die Ausbreitungsrichtung senkrecht zur Schwingungsrichtung der einzelnen Teilchen (Beispiel: Seilwellen). Bei longitudinalen Wellen sind Ausbreitungs- und Schwingungsrichtung parallel zueinander (Beispiel: Schallwellen). – Die Amplitude einer sinusförmigen Welle ist ihre größte Auslenkung. ↑7 – Die Wellenlänge l ist z. B. der Abstand zweier benachbarter Wellenberge. – Die Frequenz f ist gleich der Frequenz der Teilchenschwingungen. – Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c der Welle beträgt: c = l · f. Wenn mechanische Wellen durch eine genügend kleine Öffnung dringen, werden sie merklich gebeugt. ↑8 Interferenz ist die Überlagerung periodischer Wellen mit gleicher Frequenz. Dabei treten Bereiche auf, in denen sich die Wellen verstärken bzw. abschwächen. ↑9–↑11 y y Amplitude 0 x 7 8 Beugung Blick durch die gedachte Ebene y t1 t Summe Wellenlänge l ymax t Summe t2 Bereiche, in denen sich das Wasser heftig auf und ab bewegt 9 Verstärkung durch Interferenz 10 Auslöschung durch Interferenz Quantenphysik Licht verhält sich bei der Interferenz am Doppelspalt wie eine Welle. ↑12 Für die Ausbreitung von Lichtwellen gilt: m c = l · f mit c = 2,997 925 · 108 __ s. Beim punktförmigen Belichten eines Films verhält sich Licht dagegen wie ein Strom aus einzelnen Teilchen. ↑13 Photonen sind weder Welle noch Teilchen, sondern Quantenobjekte. Wellenvorstellung (→ Frequenz) und Teilchenvorstellung (→ Energie) sind durch eine Gleichung verbunden: EPh = h · f mit h = 6,626 · 10–34 Js (plancksche Konstante). Beim Fotoeffekt überträgt jeweils ein Photon diese Energie vollständig auf ein Elektron in einer Metalloberfläche und setzt es damit frei. Auch bei Elektronen kann man Interferenz- und Beugungserscheinungen an geeigneten Spalten beobachten.↑14 Elektronen sind ebenfalls Quantenobjekte. Wellenvorstellung (→ Wellenlänge) und Teilchenvorstellung (→ Masse, h Geschwindigkeit) sind hier durch folgende Gleichung verbunden: l = _____ m ·v. 11 Blick durch eine gedachte Ebene, die parallel zur Doppelspaltebene ist 12 Interferenzbild von Licht hinter einem Doppelspalt 13 Punktförmige Belichtung durch Photonen 0,001 mm e Jedem Quantenobjekt wird eine mathematische Wahrscheinlichkeitswelle zu- 14 Interferenzbild von Elektronen geordnet. Sie berücksichtigt alle möglichen Zustände des Quantenobjekts und hinter einem Doppelspalt erlaubt es, die Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Verhalten zu berechnen. Durch Messung präpariert man aus den möglichen Zuständen einen heraus. 1s-Orbital z In den Atomhüllen lassen sich keine Elektronenbahnen angeben, sondern Orbitale, in denen sich die Elektronen mit großer Wahrscheinlichkeit aufhalten. ↑15 Die Energie der Elektronen ist von Orbital zu Orbital verschieden. Wechselt ein Elektron das Orbital, ist damit die Aufnahme oder Abgabe einer x y ganz bestimmten Energieportion verbunden. 15 1 s-Orbital des Wasserstoffatoms 2p-Orbitale 9783464853184 Inhalt_S231 231 x z y 25.08.2008 12:18:32 Uhr