Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der Pädagogischen Hochschule Wien Die Pädagogische Hochschule Wien sieht sich in ihren Forschungsaktivitäten verpflichtet, Wissen in den Bereichen der bildungswissenschaftlichen Grundlagenforschung, der Lehr- und Lernforschung, der fachdidaktischen Forschung und der Schulentwicklungsforschung zu vermehren und die gewonnenen Erkenntnisse und Fähigkeiten für das Wohl des Individuums und der Gesellschaft einzusetzen. Aus ethischer Perspektive ist Forschung in den oben genannten Bereichen stets sehr sensibel, da sie sich vielfach in einem Spannungsverhältnis zwischen den „Subjekten“ ihrer Forschung (den Forschungsteilnehmerinnen und -teilnehmern) und ihrem „Zweck“ (dem Wohlergehen von Individuen und Gesellschaft) befindet. Es ist daher Aufgabe und Anliegen der Forscher/innen der Pädagogischen Hochschule Wien, ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, ethische Problemstellungen wahrzunehmen. Ihre Verantwortung gegenüber Individuen und Gesellschaft verpflichtet sie, sich in ethischen Problemsituationen auf Entscheidungsprozesse (z.B. Forschungsdesign, Art und Weise der Publikationen) einzulassen, die wohl durchdacht und explizit genug sind, um von nicht involvierten Personen nachvollzogen werden zu können. Als Grundsatz ist jedoch stets zu beachten, dass die Generierung neuen Wissens nie über die Rechte und Interessen des Individuums gestellt werden darf. Was ist Ethik? Ethik ist die Philosophie von Moral, welche Konzepte von „Wahr“ und „Falsch“, „Gut“ und „Böse“ bzw. „Recht“ und „Unrecht“ systematisiert, hervorbringt und verteidigt. Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Forschung ist hier die gesamtheitliche menschliche Integrität von Individuen. Forschungsethik entstand historisch aus den Nürnberger Prozessen 1949, die sich u.a. mit den Verbrechen der nationalsozialistischen medizinischen, anthropologischen und ethnographischen Forschung auseinandersetzten. In zehn international anerkannten Prinzipien, dem Nuremberg Code, wurde die ethische Forschung für die Experimentierung an Menschen festgelegt. Diese wurden später durch die Helsinki Deklaration (1964) und den Belmont Report (1978) erweitert und als Grundlage für die ethische Humanforschung anerkannt. Obwohl sich diese Übereinkommen in erster Linie auf medizinische Forschung beziehen, bilden sie ebenso die Basis für das moderne, ethisch akzeptierte Verhalten von Forschenden in anderen Humanbereichen wie etwa der Soziologie oder der Sammlung von personenbezogenen Daten. Die Europäische Kommission hat diese als „responsible research and innovation“ (RRI) auch für die technologischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen weiter ausformuliert. All diese Ansätze beinhalten den verantwortungsvollen Umgang mit Forschung und ihren direkten und indirekten Auswirkungen auf Mensch, Gesellschaft und Umwelt. Die folgende Aufzählung soll Lehrenden und Studierenden einen Überblick über zu berücksichtigende ethische Aspekte bei der Entwicklung und Durchführung ihrer Forschungsvorhaben geben. Pädagogische Hochschule Wien | Grenzackerstraße 18 | 1100 Wien | ÖSTERREICH | www.phwien.ac.at | Tel. +43 1 601 18-0 1/3 Allgemeine forschungsethische Überlegungen ● Forschende müssen nicht nur über entsprechende fachliche, sondern darüber hinaus auch über Abwägungs- und Beurteilungskompetenzen in ethischer Hinsicht verfügen, diese in kommunikativen Austauschprozessen zur Disposition stellen und bereit sein, diese jeweils zu überdenken und bei Bedarf zu modifizieren oder zu korrigieren. Sinn, Zweck und Anlage der Forschungsarbeit und ihre spätere praktische Umsetzung müssen vor dem Feldzugang präzise formuliert und dokumentiert sein und den allgemein geltenden Regeln guter wissenschaftlicher Praxis entsprechen. ● Forschende sind verpflichtet, ihre Forschungstätigkeit nur innerhalb der Grenzen ihrer Qualifizierung und ihrer erworbenen Kompetenzen auszuüben. ● Die Forschenden sind verpflichtet, sich der Grenzen ihrer Forschungsmethoden und der Grenzen möglicher Schlussfolgerungen aus ihren Forschungsergebnissen in Hinblick auf die Aufklärung bestimmter Fragestellungen bewusst zu sein. ○ In der Forschung an und mit sich zu Untersuchungen oder Studienzwecken zur Verfügung stellenden Personen ist stets das Prinzip des Nichtschadens zu beachten und einzuhalten. Dieses besagt, dass anderen weder physischer noch psychischer Schaden zugefügt oder verursacht werden darf und somit das Wohlergehen, die Sicherheit und die Gesundheit der betroffenen Personen sichergestellt sein müssen. Belastende Situationen für die Probandinnen und Probanden können dadurch eingegrenzt werden, dass auf etwaig vorhandenes Datenmaterial zurückgegriffen wird und/oder darauf geachtet wird, dass das Untersuchungsdesign und die verwendeten Untersuchungsinstrumente und -methoden geeignet sind, um die Fragestellung wissenschaftlich fundiert zu beantworten. Zudem sollen nur solche Informationen erhoben werden, die zum Erreichen der Untersuchungsziele erforderlich sind. ● Sinn, Zweck, Ziel und Anlage der Untersuchung müssen den zu untersuchenden Personen in einer ihnen verständlichen Form zuvor erläutert werden und das Verständnis gesichert sein. Die Teilnahme als Proband/in an einer solchen Forschung muss immer freiwillig und mit informiertem Einverständnis (persönlich, Erziehungsberechtigte) erfolgen. Dieses kann jederzeit, auch während oder nach einer Befragung oder eines Interviews, zurückgezogen werden. ● Grundsätzlich ist nach bestem Wissen und Gewissen alles zu unternehmen, damit nach der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse ein Rückschluss auf die Probandinnen und Probanden nicht gegeben ist. Wenn Anonymisierung angestrebt und zugesichert wird, muss dies in allen Phasen des Forschungsvorhabens eingehalten werden. Pädagogische Hochschule Wien | Grenzackerstraße 18 | 1100 Wien | ÖSTERREICH | www.phwien.ac.at | Tel. +43 1 601 18-0 2/3 ● Die Vertraulichkeit und sichere Lagerung personenbezogener Daten durch die erhebenden sowie die auswertenden Personen sind verpflichtend. Gesetzliche Vorgaben zum Datenschutz und der Löschung von Datensätzen sind in jedem Fall einzuhalten (vgl. GDPR 2016). ● Neben wissenschaftlicher Kompetenz ist auch eine wertschätzende und respektierende Haltung gegenüber den Probandinnen und Probanden erforderlich. ● Im Forschungsdesign sollen Ergebnisoffenheit sowie die Ausgewogenheit und Fairness gegenüber den Untersuchungsgruppen erkennbar sein, die Resultate sollen wertfrei präsentiert sein. ● Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sind stets einzuhalten. Diese umfassen: ○ die Arbeit lege artis, ○ die Dokumentation der Resultate, ○ das konsequente Anzweifeln aller Ergebnisse sowie ○ die Wahrung und den respektvollen Umgang mit Arbeitsleistungen von Kolleginnen und Kollegen bzw. die korrekte Angabe verwendeter Quellen. ● Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn in einem wissenschaftlichen Zusammenhang bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, wenn geistiges Eigentum anderer verletzt oder wenn in einer anderen Form deren Forschungstätigkeit beeinträchtigt wird. Quellen: ● ● ● ● ● ● ● Bundesministerium für Bildung und Forschung https://www.bmbf.de/files/Ethikerklaerung(1).pdf European Federation of Psychologists Associations http://www.efpa.eu/ethics Weindling, P. (2001). The origins of informed consent: the international scientific commission on medical war crimes, and the Nuremberg Code. Bulletin of the History of Medicine, 75(1), 37-71 World Medical Association. (2001). World Medical Association Declaration of Helsinki. Ethical principles for medical research involving human subjects. Bulletin of the World Health Organization, 79(4), 373 National Commission for the Protection of Human Subjects of Biomedical and Behavioral Research, Bethesda, MD. (1978). The Belmont report: Ethical principles and guidelines for the protection of human subjects of research. ERIC Clearinghouse Europäische Kommission (2012). Responsible Research and Innovation. Verfügbar unter: https://ec.europa.eu/research/swafs/pdf/pub_public_engagement/responsible-research-andinnovation-leaflet_en.pdf Europäische Kommission (2016). General Data Protection Regulation. Verfügbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/reform/files/regulation_oj_en.pdf Pädagogische Hochschule Wien | Grenzackerstraße 18 | 1100 Wien | ÖSTERREICH | www.phwien.ac.at | Tel. +43 1 601 18-0 3/3