Presse-Fokus © mal,"newspaper", Quelle: www.photocase.de Presse-Fokus 6. Dezember 2011 Klimadiskussion: Eine Vielzahl der beobachteten Medien berichtet über die UN-Klimakonferenz in Durban (vgl. PresseFoki der vergangenen Tage): China habe unerwartet Bewegung in die UN-Klimakonferenz gebracht, meldet die Frankfurter Rundschau (Joachim Wille). Xie Zhenhua, Leiter der chinesischen Delegation in Durban, habe signalisiert, dass sein Land Willens sei, von 2020 an einem Abkommen mit verbindlichen CO2-Reduktionszielen beizutreten. China stelle jedoch unter anderem die Bedingung, dass die Industrieländer ihre im Kyoto-Protokoll fixierten Klimaschutzziele erreichten und sich zu einer Verlängerung des Protokolls bis 2020 mit verschärften CO2 Reduktionszielen verpflichteten, so das Blatt. Rechtzeitig zur „zweiten wichtigen Woche“ der UN-Klimakonferenz bekräftigten zwei Studien die Annahme, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgase, vor allem Kohlendioxid, Hauptursache der globalen Erwärmung sei (Süddeutsche Zeitung – Christopher Schrader). Eine Untersuchung von Forschern der ETH Zürich weise den Treibhausgasen zu drei Vierteln die Verantwortung für die Erderwärmung zu. Eine weitere Studie eines deutsch-amerikanischen Teams zeige, wie eindeutig die Wärmekurve nach oben weise, wenn natürliche Klimafaktoren aus den „Thermometerwerten“ heraus gerechnet würden. Versorgungssicherheit: Die Bundesregierung wolle das Förderprogramm für den Bau neuer Kohle- und Gaskraftwerke vor strengen Auflagen der Europäischen Kommission schützen, berichtet die Financial Times Deutschland (Nikolai Fichtner, Michael Gassmann). Man werde sich für „praxisnahe Kriterien“ einsetzen, so eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Die Europäische Kommission bestehe darauf, dass subventionierte Kraftwerke bis 2020 die CCS-Technologie anwendeten. Weitere Themen: + Im Interview mit der Berliner Zeitung erklärt Saskia Ludwig, Landes- und Fraktionsvorsitzende der CDU in Brandenburg, die Landesregierung blockiere „ideologiegetrieben gerade bei dem wichtigen Thema Energie“ (Gerold Büchner, vgl. Presse-Fokus von gestern). Die Linke sei gegen die CCSTechnologie. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers wolle die Klimaschutzziele senken. Was die SPD wolle sei „bis heute“ nicht klar, so das Blatt. + Der französische Energieversorger EDF investiere 1,8 Milliarden Euro in den Bau eines neuen Kohlekraftwerkes in Polen, meldet die Financial Times Deutschland (Reuters) kurz. Die Verbrennungseinheit für das neue Werk solle 30 Prozent weniger CO2 ausstoßen als alte Einheiten, so das Blatt. CO₂-Technologien: Wissenschaftler erprobten „verschiedenste Verfahren, um das Treibhausgas zu bändigen“ , schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Beitrag mit dem Titel „Wohin mit dem Kohlendioxid“ (Andreas Mihm). Forscher bei Bayer hätten zum Beispiel einen Katalysator entwickelt, in dem Kohlendioxid, das zuvor im RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaußem abgetrennt worden sei, in eine Chemikalie umgewandelt werde. Diese werde zur Herstellung von Polyurethan verwendet. Transport und Speicherung: Nahezu alle beobachteten Medien berichten über die Entscheidung Vattenfalls, das geplante CCSDemonstrationskraftwerk Jänschwalde nicht zu realisieren: Es sei ein „herber Rückschlag für Innovation, Klimaschutz und die deutsche Wirtschaft“, zitiert der Tagesspiegel Tuoma Hatakka, Vorstandsvorsitzender von Vattenfall Europe, in einem Beitrag mit dem Titel „Ende einer Vision“ (ohne Autorenangabe). Hatakka habe angekündigt, die Erkundung möglicher Speicher in Brandenburg ebenfalls einzustellen. Im Ausland, wie etwa in Großbritannien, setze man jedoch weiter auf die CCS-Technologie. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck hoffe nun auf einen „neuen Versuch“ ab dem Jahr 2025. Die derzeit laufenden Gespräche im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat würden aller Voraussicht nach „nicht zu substanziellen Verbesserrungen der gesetzlichen Rahmenbedingen führen“ , so Hatakka in einem Gespräch mit der Welt (Daniel Wetzel). Außerdem könne Vattenfall wegen der Verzögerung im Gesetzgebungsprozess die „Terminschiene“ für das EU-geförderte Projekt nicht mehr halten. Man treibe die Forschung und Entwicklung jedoch weiter voran, so Hatakka. Für einen Technologiestandort, der gerade in der Umwelttechnik führend sein wolle, sei die Entscheidung Vattenfalls ein „herber Rückschlag“, kommentiert die Berliner Morgenpost (Daniel Wetzel). Sollte der Rechtsrahmen nach „jahrelangem Streit“ jetzt doch noch fertig werden, sei niemand mehr da, der ihn nutzen könne, so das Blatt. Jetzt stehe fest: „Ein Exportschlager aus Deutschland wird CCS nicht mehr.“ Überraschend sei das „Aus“ für das CCS-Demonstrationskraftwerk „nun wirklich nicht“, kommentiert die Märkische Oderzeitung (ohne Autorenangabe). Angesichts der fortgeschrittenen Zeit, der befristeten EU-Fördermittel, des massiven Widerstands der Bürger und des Scheiterns des CCS-Gesetzes habe es keine andere Entscheidung geben können, so das Blatt. Weitere Berichte: + Vattenfalls Beschluss dürfte „branchenweite Signalwirkung“ haben, schreibt das Handelsblatt (Jürgen Flauger). Für die Stromproduzenten sei die CCS-Technologie die einzige Hoffnung, auch langfristig Kohle verstromen zu können. Durch den „scharfen Klimaschutz“ und die steigenden Kosten für den Kauf von CO2 -Zertifikaten werde die Produktion „ansonsten immer teurer“, so das Blatt. + Vattenfall wolle dennoch am Standort Jänschwalde, der CCS-Technologie und der Braunkohle festhalten, berichtet die Sächsische Zeitung (Tilo Berger). „Wir werden CCS jetzt also nicht selbst entwickeln, sondern später als Paket auf dem Weltmarkt einkaufen“, so Hartmuth Zeiß, Leiter des Ressorts Bergbau bei Vattenfall. Ab 2020 wolle Vattenfall dann in Jänschwalde ein Großkraftwerk mit der neuen Technologie bauen. + „In Anbetracht des Unvermögens der schwarz-gelben Bundesregierung, einen mehrheitsfähigen Gesetzentwurf vorzulegen, war die jetzige Entscheidung von Vattenfall absehbar“, zitiert die Märkische Oderzeitung Matthias Platzeck (Mathias Hausding). Zufrieden hingegen habe sich der Fraktionsvorsitzende der grünen Landtagsfraktion Axel Vogel gezeigt: „Die CO2 -Verpressung in Brandenburg ist mit dem heutigen Tage mausetot“, so Vogel. Vertreter von Bürgerinitiativen der Region seien überrascht und erleichtert von der Entwicklung. + Nach der Entscheidung Vattenfalls stehe die Landesregierung nun vor einem „Scherbenhaufen ihrer Energiepolitik“, konstatiert die Märkische Allgemeine (ohne Autorenangabe). Um die sich selbst auferlegten Klimaschutzziele einzuhalten, sei jahrelang „blind auf eine Technologie gesetzt“ worden. Dabei habe man sich auf „ein Spiel mit vielen Unbekannten“ eingelassen. „Jetzt rächt es sich, dass nie ernsthaft über eine Alternative zur CCS-Technologie nachgedacht wurde“. + „Deutschland vertut eine Chance“, kommentiert die Sächsische Zeitung das „Aus des Milliardenprojekts“ (Tilo Berger). Es sei zu erwarten gewesen, dass Vattenfall die „Hängepartie“ der deutschen Politik „zu lästig“ geworden sei und es nach mehr als 250 Millionen Euro Investitionen nun die „Reißleine“ gezogen habe. Dieses Geld sei jedoch nicht verloren, da „früher oder später“ in Deutschland oder „anderswo“ CCS oder eine vergleichbare Technik kommen werde. + Die Folgen der Absage an das Demonstrationskraftwerk seien noch nicht wirklich absehbar, schreibt die Märkische Allgemeine (Klaus Stark). Für Ottmar Edenhofer, stellvertretender Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), sei die CCS-Technologie auf globaler Ebene „noch nicht vom Tisch“. Er denke wohl an die „vielen Kohlekraftwerke in China“, wenn er sage, man brauche Projekte, um die Wirtschaftlichkeit zu testen, so das Blatt. Recht und Regulierung: + Die Bundesregierung habe die Landesregierung Nordrhein-Westfalens aufgefordert, „endlich ein klares Bekenntnis für das Kraftwerk in Datteln abzulegen“, meldet die Westdeutsche Allgemeine (Dietmar Seher). Auch müsse das Land der CCS-Technologie im Bundesrat zustimmen, so der Chef des Bundeskanzleramtes Ronald Pofalla. „Wir werden ohne Kohle und Gas die Energiewende nicht schaffen“, so Pofalla. PDF-Ausgabe