Mechanik - schnoegl.at

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Mechanik
Skriptum zur Fachvorlesung
Mag. Peter Schnögl
Mag. Harald Wiltsche
Mechanik 1
Einheitensysteme
Physikalische Einheiten und Größen
Physikalische Größen zu messen bedeutet immer, sie mit einer genau definierten Einheit dieser
Größe zu vergleichen.
Physikalische Größe = Maßzahl * Maßeinheit
Viele Größen basieren auf drei fundamentalen Größen: Zeit, Länge und Masse
SI-System (Système Internationale)
Basiseinheit der Länge: Meter (m)
Früher Urmeter; Längenkreis durch Paris vom Pol bis zum Äquator die Streck 107
AktuelIe Definition:
Jene Länge, die das Licht im Vakuum in einer Zeit von 1/299 792 458 s zurücklegt.
Basiseinheit der Zeit: Sekunde (s)
Früher über Drehung der Erde als 1/60 . 1/60 . 1/24 eines mittleren Sonnentages festgelegt.
Aktuelle Definition:
Die beim Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstruktrurniveaus des Grundzustandes von Cäsium
133 ausgesandte Strahlung besitzt eine Frequenz von 9 192 631 770 Schwingungen pro Sekunde.
Basiseinheit der Masse: Kilogramm (kg)
Durch die Masse des Einheitskörpers (Urkilogramm) in Sèvres bei Paris festgelegt.
Weitere Basiseinheiten (insgesamt 7)
Temperatur: Kelvin (K)
Stoffmenge: Mol (mol)
Stromstärke: Ampere (A)
Lichtstärke: Candela (cd)
Seite 2
Mechanik 1
Wichtige physikalische Größen und ihre SI-Einheiten
Größe
Name der SI-Einheit
(Basiseinheit bzw.
abgeleitete Einheit)
Symbol, Zusammenhang
mit Basiseinheiten
Länge
Zeit
Masse
Fläche
Volumen
Frequenz
Geschwindigkeit
Beschleunigung
Kraft
Druck
Arbeit. Energie, Wärmemenge
Leistung
Dichte
Temperatur
Stromstärke
Ladung
Stromdichte
Spannung
Widerstand
Kapazität
elektrische Feldstärke
magnetische Feldstärke
magnetische Induktion
Induktivität
Lichtstärke
Energiedosis
Aktivität
Stoffmenge
Meter
Sekunde
Kilogramm
Quadratmeter
Kubikmeter
Hertz
Meter/Sekunde
Meter/Quadratsekunde
Newton
Pascal
Joule
Watt
Kilogramm/Kubikmeter
Kelvin
Ampere
Coulomb
Ampere/Quadratmeter
Volt
Ohm
Farad
Volt/Meter
Ampere/Meter
Tesla
Henry
Candela
Gray
Becquerel
Mol
m
s
kg
m2
m3
Hz = s-1
m s-1
m s-2
N = kg m s-2
Pa = N m-2 = kg m-1 s-2
J = N m = kg m2 s-2
W = J s-1 = kg m2 s-3
kg m-3
K
A
As
A m-2
V = J C-1 = kg m2 s-3 A-1
Ω = V A-1
F = C V-1
V m-1
A m-1
T = V s m-2
H = V s A-1
cd
Gy = J kg-1
Bq = s-1
mol
Vorsilben für Zehnerpotenzen
Vielfaches
Vorsilbe
Abkürzung
1018
1015
1012
1019
106
103
102
101
10-1
10-2
10-3
10-6
10-9
10-12
10-15
10-18
Exa
Peta
Tera
Giga
Mega
Kilo
Hekto *
Deka *
Dezi *
Zenti
Milli
Mikro
Nano
Piko
Femto
Atto
E
P
T
G
M
k
h
da
d
c
m
µ
n
p
f
a
Die zu Hekto (h), Deka (da) und Dezi (d) gehörigen Vielfachen sind keine Potenzen von 103 und
werden kaum noch benutzt. Eine Ausnahme macht die Vorsilbe Zenti (c), die bei der Längeneinheit,1
cm = l0-2 m, verwendet wird.
Seite 3
Mechanik 1
Messergebnisse, Messgenauigkeit und Messfehler
Systematische Fehler
Treten bei wiederholten Messungen unter gleichen Bedingungen in gleicher Weise auf.
z.B.
Bei einer Längenmessung wird ein Maßstab verwendet, dessen Teilungen alle ein bisschen
zu klein geraten sind. Dann werden alle Längenangaben falsch sein - alle Längenangaben
werden etwas größer als der jeweils genaue Wert sein.
Statistische (zufällige) Fehler
Treten bei Wiederholungen in unterschiedlicher Weise auf und sind um den wahren Wert herum
verteilt (Gaußsche Normalverteilung).
Das Messergebnis wird in der Form x = x ± ∆x angegeben.
Das arithmetische Mittel aller Messergebnisse nähert sich umso mehr dem wahren Wert, je weniger
sich die Einzelergebnisse voneinander unterscheiden und je mehr Messungen durchgeführt wurden.
Die verbleibende Abweichung lässt sich durch die sogenannte Standardabweichung abschätzen:
Die gleiche Messung hat unter gleichen Bedingungen n Werte x1, x2, x3, ..., xn ergeben.
Mittelwert:
∑x
x=
n
i
Standardabweichung:
∆x =
∑x
n
2
i
− x2
x ist in diesem Fall die beste Annäherung an den wahren Wert von x und weicht mit der
(großen) Wahrscheinlichkeit 0,67 (das sind 67% aller Fälle) um nicht mehr als ∆x von diesem
wahren Wert ab.
Abb. aus Basiswissen 1
Interpolationsverfahren
Mittels Interpolation kann man eine mathematische Funktion finden, deren Graph durch eine
vorgegebene endliche Menge von Stützstellen – den Punkten (x1, y1), ... (xn, yn) – gegeben ist.
Die einfachste Methode, eine interpolierende Funktion zu finden, ist, aufeinander folgende Punkte
durch eine Strecke zu verbinden. Diese Näherung des Funktionsgraphen nennt man lineare
Interpolation. Mit der Zahl der Stützstellen steigt meistens auch die Qualität des erhaltenen Bildes.
Aus einer beliebigen Anzahl von Messwerten können mit Hilfe von Interpolationsverfahren somit die
zugehörigen Funktionen näherungsweise berechnet werden.
Seite 4
Mechanik 1
Physikalischen Größen
Die Dimension einer physikalischen Größe zeigt, wie diese Größe von den Basisgrößen Länge, Zeit
und Masse abhängt. So hat z.B. die Geschwindigkeit die Dimension „Länge durch Zeit“ L/T.
Die Dimension ist unabhängig von der jeweiligen Einheit und erlaubt ein schnelles Überprüfen von
physikalischen Gleichungen.
1
x = vt + at kann aufgrund der Inkonsistenz der Dimensionen nicht stimmen.
2
z.B.
Weitere Anwendung: Herleitung von möglichen Formeln (bis auf Proportionalitätsfaktoren)
Beispiel(siehe Tipler S.6):
Herleitung eines Ansatzes für die Schwingungsdauer eines Fadenpendels in Abhängigkeit seiner Masse,
der Pendellänge und der Erdbeschleunigung:
t ≈ mα l β g γ
α
β
2 γ
α
β +γ
bzw. angeschrieben in Dimensionen: T ≈ M L ( L / T ) = M .L
Ein Vergleich der Exponenten liefert folgende Bedingungen:
1
1
.T −2γ
1
1
− 2γ = 1,α = 0; β + γ = 0 bzw. γ = − β = − und somit t ≈ l 2 g − 2 =
2
l
g
Bis auf den Proportionalitätsfaktor 2π erhält man also durch diese Überlegungen die richtige
Formel!
Rechnen mit physikalischen Größen - Größenordnung
Die Zahl der gültigen Stellen beim Ergebnis einer Multiplikation oder Division ist gleich der kleinsten
Zahl gültiger Stellen in allen Faktoren.
Das Ergebnis einer Addition oder Subtraktion zweier Zahlen besitzt keine gültigen Stellen jenseits der
letzten Dezimalstelle, an der beide Zahlen eine gültige Stelle hatten.
Mit Hilfe von Größenordnungen können Näherungslösungen vernünftig berechnet werden (FermiFragen). Rundet man eine Zahl auf die nächste Zehnerpotenz, so spricht man i.a. von der
Größenordnung dieser Zahl. (z.B. Größenordnung einer Ameise 10-3m, Größenordnung eines
Menschen 100m; der Mensch ist somit um drei Größenordnungen größer als eine Ameise, das
Größenverhältnis beträgt 1000 : 1)
Beispiel:
Um welchen Betrag verringert sich die Dicke eines Autoreifens auf einer Fahrstrecke von 1km?
Wir nehmen an; dass die Dicke eines neuen Autoreifens etwa 1 cm beträgt, Dies mag um den Faktor 2
falsch sein, aber 1 mm wäre bestimmt zu dünn,10 cm zu dick. Da die Reifen nach etwa 60000 km ersetzt
werden müssen, nehmen wir an, dass der Gummi nach 60 000 km vollständig abgerieben ist. Die Dicke,
die pro Kilometer abgerieben wird, ist damit
1cm
cm
µm
= 1,7 ⋅ 10−5
≈ 0,2
60000km
km
km
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Mechanik 1
Größenordnungen verschiedener Strecken
Strecke
M
Protonenradius .
Atomradius
Radius eines Virus
Radius einer Riesenamöbe
Radius einer Walnuss
Körpergröße eines Menschen
Höhe der größten Berge der Erde
Erdradius
Sonnenradius
Abstand zwischen Erde und Sonne ,
Radius des Sonnensystems
Abstand zum nächsten Fixstern
Radius der Milchstraße
Radius des sichtbaren Universums
10-15
10-10
10-7
10-4
10-2
100
104
107
109
1011
1013
1016
1021
1026
Größenordnungen verschiedener Massen
Masse
kg
Elektron
Proton
Aminosäure
Hämoglobin
Grippevirus
Riesenamöbe
Regentropfen
Ameise
Mensch
Saturn-5-Rakete
Pyramide
Erde
Sonne
Milchstraße
Universum
10-30
10-27
10-25
10-22
10-19
10-8
10-6
10-2
101
106
1010
1024
1030
1041
1052
Größenordnungen verschiedener Zeitintervalle
Zeitintervall
s
Licht durchquert einen Atomkern
Schwingungsperiode von sichtbarem Licht
Schwingungsperiode von Mikrowellen
Halbwertszeit eines Myons
Schwingungsperiode der höchsten hörbaren Töne
Zeit zwischen zwei Herzschlägen beim Menschen
Halbwertszeit eines freien Neutrons
Dauer einer Erdumdrehung (Tag)
Dauer einer Drehung der Erde um die Sonne (Jahr)
Lebensdauer eines Menschen
Halbwertszeit von Plutonium-239
Lebensdauer einer Gebirgskette
Alter der Erde
Alter des Universums
10-23
10-15
10-10
10-6
10-4
100
103
105
107
109
1012
1015
1017
1018
Seite 6
Mechanik 1
Bewegung in einer Dimension – Kinematik
In der Kinematik geht es um die Beschreibung von Bewegungen, ohne sich um die Ursache dieser
Bewegungen zu kümmern (d.h. wie und nicht warum bewegt sich ein Körper; das „Warum“ wird bei
der Behandlung der Newton'schen Axiome geklärt).
Ein Gegenstand, dessen Bewegung es zu beschreiben gilt, wird i.a. als Teilchen (oder Massenpunkt,
Punktmasse) bezeichnet (egal wie groß oder klein der Gegenstand ist). Betrachtet wird die Bahnkurve
des Teilchens. Wir beschränken uns vorerst auf eindimensionale Bewegungen (Translation).
Die Geschwindigkeit
Die Durchschnittsgeschwindigkeit
Durchschnittsgeschwindigkeit =
Gesamtstrecke
Gesamtzeit
Diese Definition ist zu ungenau; Probleme durch physikalische- und Alltagsinterpretation der
Gesamtstrecke.
Eindeutiger als der Begriff Gesamtstrecke ist die Verschiebung ∆x eines Teilchens.
∆x = x2 – x1
Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist somit das Verhältnis der Verschiebung zur Länge des
Zeitintervalls ∆t = t2 – t1
v=
∆x x 2 − x1
=
t 2 − t1
∆t
[v ] =
m
s
Die Verschiebung ∆x und damit die Durchschnittsgeschwindigkeit können sowohl positives als auch
negatives Vorzeichen besitzen.
Abb. aus Tipler, Physik
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Mechanik 1
Beispiel:
Der Unterschied zwischen der physikalischen und der „Alltagsinterpretation“ der
Durchschnittsgeschwindigkeit wird bei folgender Situation deutlich:
Eine Läuferin läuft 100m in 12 s, dreht um und joggt 50m in Richtung des Startpunktes in 30s. Wie groß
ist ihre Durchschnittsgeschwindigkeit?
v Alltag =
100 − 0 + 50 − 100 m 150 m
m
=
= 3,57
12 + 30
42 s
s
s
v Physik =
m
∆x x3 − x1 50 m
=
=
= +1,19
t 3 − t1
s
∆t
42 s
Die Momentangeschwindigkeit
Abb. aus Tipler, Physik
x − x1 dx
∆x
=
= x&
= lim 2
∆t →0 ∆t
t 2 →t1 t − t
dt
2
1
v = lim
Die Momentangeschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt entspricht der Steigung der Tangente
an die x(t)-Kurve in diesem Zeitpunkt.
Mathematisch errechnet sich die Momentangeschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt somit als
Ableitung der Weg-Zeit-Funktion x(t) nach der Zeit.
Seite 8
Mechanik 1
Die Beschleunigung
Verändert sich die Geschwindigkeit eines Teilchens mit der Zeit, so wird das Teilchen beschleunigt.
Wie bei der Geschwindigkeit wird auch hier zwischen der mittleren Beschleunigung und der
Momentanbeschleunigung unterschieden.
∆v v 2 − v1
=
∆t t 2 − t1
Mittlere Beschleunigung:
a=
Momentanbeschleunigung:
a = lim
[a] =
m
s2
∆v dv
d (dx / dt ) d 2 x
=
= v& =
= 2 = &x&
∆t →0 ∆t
dt
dt
dt
Die Momentanbeschleunigung zu einem bestimmten Zeitpunkt entspricht der Steigung der Tangente
an die v(t)-Kurve in diesem Zeitpunkt.
Mathematisch errechnet sich die Momentanbeschleunigung zu einem bestimmten Zeitpunkt somit als
Ableitung der Geschwindigkeits-Zeit-Funktion v(t) nach der Zeit, oder als Zweite Ableitung der WegZeit-Funktion x(t) nach der Zeit .
Beispiel:
Ein Dragster der stärksten Leistungsklasse (ca. 5000 PS) beschleunigt innerhalb von 5 s von 0 km/h auf
eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 500 km/h. Vergleichen Sie seine mittlere Beschleunigung mit der
Erdbeschleunigung g=9,81 m/s².
a=
∆v 500 m
m
=
= 27,8 2 ≈ 3 g
2
∆t 3,6.5 s
s
Zusammenhang zwischen x(t) – v(t) – a(t) - Diagramm
Durch Differenzieren kann aus der x(t)-Funktion die v(t)- und die a(t)-Funktion berechnet werden.
Daher kann mit Hilfe der Umkehroperation – dem Integrieren – aus der a(t)- bzw. v(t)-Funktion die
x(t)-Funktion berechnet werden.
Diese mathematischen Zusammenhänge verwendet man z.B. bei der Auswertung von
Fahrtenschreibern.
Seite 9
Mechanik 1
Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit
(gleichförmige Translation)
Ein Körper bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit. Seine Bewegung ist unbeschleunigt!
a(t) = 0
v(t) = const.
x(t) = x0 + vt
Die x(t)-Funktion wird oft auch als s(t)-Funktion bezeichnet. Daher kommt auch die oft verwendete
Formel s=vt .
Das zugehörige x-t-Diagramm ergibt eine (homogene oder inhomogene) Gerade – je nach
Ausgangspunkt der Bewegung und Wahl des Bezugssystems.
Das zugehörige v-t-Diagramm ergibt eine Gerade parallel zur Zeitachse.
Bewegung mit konstanter Beschleunigung
(gleichförmig beschleunigte Translation)
Ein Körper bewegt sich mit konstanter Beschleunigung. Seine Geschwindigkeit nimmt somit
gleichmäßig zu oder ab.
a (t ) = const.
v(t ) = v o + at
x(t ) = x 0 + v0 t +
1 2
at
2
Für die Durchschnittsgeschwindigkeit im Intervall ∆t erhält man:
v=
∆x
=
∆t
v0 t +
1 2
at
1
1
1
2
= v 0 + at = v0 + (v − v0 ) = (v0 + v)
t
2
2
2
Eine besonders hervorzuhebende gleichförmig beschleunigte Bewegung ist der freie Fall
(Fallbeschleunigung a = g = 9,81 m/s²). Beim freien Fall interessiert man sich i.a. für den
Zusammenhang zwischen der Fallhöhe und der Aufprallgeschwindigkeit:
a = g = 9,81 m/s², x0 = 0, v0 = 0, x(t) = h
aus v = gt und h =
1 2
gt erhält man
2
v = 2gh
Auch die Bewegung auf einer schiefen Ebene erfolgt auf Grund der Fallbeschleunigung. Diese wird
allerdings durch die Schräge verringert.
g = g * sin α
α ... Neigungswinkel
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Mechanik 1
Diagramme
Zu den einzelnen Bewegungsarten gehören jeweils typische Diagramme.
In jedem Fall kann aus diesen Diagrammen heraus der Bewegungsablauf vollständig abgelesen bzw.
rekonstruiert werden.
Andere Diagramme
In der Praxis schreiben z.B Fahrtenschreiber jede Bewegung eines LKWs oder Busses in Form eines
v-t-Diagrammes mit. Da es sich bei dieser Bewegung um keine der oben genannten speziellen
Bewegungen handelt, nimmt das zugehörige v-t-Diagramm auch keine der oben ersichtlichen Kurven
an.
Seite 11
Mechanik 1
Beispiel:
Ein Ball wird mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 30 m/s nach oben geworfen. Er erfährt dabei eine
Beschleunigung 10 m/s² nach unten (d.h. a = -10 m/s²).
Wie lange braucht der Ball bis zu seinem höchsten Punkt? Welche Höhe erreicht der Ball? Wie lange ist
der Ball insgesamt in der Luft?
Zeichnen Sie das x-t- das v-t- und das a-t- Diagramm. (Tipler S.33/34)
Beispiel:
Ein Auto fährt mit 60 km/h gegen ein Hindernis und wird plötzlich zum Stehen gebracht. Der Fahrer ist
angegurtet. Der Gurt dehnt sich und bringt den Oberkörper des Fahrers auf einem Weg von 30 cm zur
Ruhe.
a) Welche durchschnittliche Beschleunigung erfährt der Oberkörper des Fahrers?
60
( )2
v2
v2
m
3, 6 m
s=
⇒a=
=
= 463 2
2
2a
2s 2.0,3 s
s
Beispiel:
Ein Wagen fährt mit 80 km/h durch eine Tempo-30-Zone. Ein Polizeiwagen startet aus dem Stand heraus
genau in dem Moment, als der Raser ihn passiert und beschleunigt konstant mit 8 km/(h.s).
Wann holt die Polizei den Temposünder ein? Wie schnell fährt der Polizeiwagen in diesem Moment?
Zeichnen Sie die Weg-Zeit-Kurven für beide Autos in ein gemeinsames Diagramm ein. (Tipler S.35)
Beschleunigung in der Formel 1
Es sind Raketen auf Rädern die Formel1-Boliden!
Ein Kilogramm wird von 1,23 PS bewegt, somit sind Frontal- und
Querbeschleunigung die Höchstgeschwindigkeit und Bremsverzögerung enorm.
Japan - Suzuka - ein kurvenreicher Hochgeschwindigkeitsparcour Höchstbelastungen für die Piloten, die nur in der Raumfahrt oder bei
Kunstfliegern übertroffen werden.
Sie bringen 75 Kilos auf die Waage? Dann wiegen Sie beim Abbremsen nach
einer langen Geraden 300 kg! Zudem erreichen Sie dann 4 g, dem Vierfachen
der normalen Erdanziehungskraft! In schnellen Kurven misst man zwischen 3,0
und 3,6 g (Anmerkung: Gehen Sie doch bitte auf die Strecken-Beschreibungen
und klicken Sie auf die Skizze der Strecken - das nächste Bild, das sich öffnet,
zeichnet ihnen in fast jeder wichtigen Kurve diese Werte auf!!). 200 Kraftakte
sind das auf die Nackenmuskulatur bei 53 Runden! Den Spitzenwert erreichte
Alexander Wurz im Benetton beim Grossen Preis von Japan in der DunlopKurve bei rund 220 km/h - 3,6 g.
Die Boliden erreichen in 2,8 Sekunden Tempo 100 und in 4,2 Sekunden bereits
Tempo 160 km/h. Tritt er dann auf die Bremse, steht der Wagen nach 2
Sekunden!
Aus Sicht des Arztes: Bei diesen extremen Beschleunigungen bzw.
Verzögerungen kommt es ständig zu Verschiebungen der Hirnmasse und der
Blutmenge im Herzen. Dies führt kurzfristig zu Minderdurchblutung dies geht
hin bis zum "Blackout". Allerdings ist diese Gefahr bei den total
durchtrainierten Fahrer relativ gering. Deshalb gibt es schon jetzt
Ueberlegungen, spezielle Druckanzüge, wie bei JetPiloten oder Astronauten,
einzuführen.
So verwundert es auch nicht, dass der McLaren 2-Sitzer nur Benzin für rund 23 Runden aufnehmen kann. Mehr würde der Passagier hinten gar nicht
"überleben"!!
(Quelle: www.f1-racing.ch/technik/beschleunigung.htm)
Seite 12
Mechanik 1
Beispiel:
Anhalteweg eines Fahrzeugs
Anhalteweg = Reaktionsweg + Bremsweg
Während der Reaktionszeit fährt der Wagen mit v = const ungebremst weiter. Die Reaktionszeit hängt
von vielen Faktoren ab (Alter, körperliche Verfassung, Veranlagung, Einnahme von Alkohol, Drogen, ...)
Für die Rechnung wird eine Reaktionszeit tr von 1s angenommen, für die Geschwindigkeit v = 50 km/h ≈
14 m/s
Der Bremsweg hängt von der Geschwindigkeit und der maximalen Bremsbeschleunigung a ab.
ungefähre Werte von a:
s=
6 m/s2
1,5 – 4 m/s2
1 – 1,5 m/s2
6 m/s2
PKW auf ebener trockener Fahrbahn
PKW auf Neuschnee
PKW auf Eis
Mofa auf trockener Fahrbahn
1 2
at
2
v
a
2
1 v
v2
s= a 2 =
2 a
2a
v = at , t =
z.B. s =
142 m 2 s 2
= 16 m
2.6 s 2 m
ACHTUNG s ≈ v² !!!!
Î Anhalteweg auf trockener Fahrbahn bei v=50 km/h: s = 14m + 16m = 30m
Anhalteweg bei verschiedenen Geschwindigkeiten
v (in km/h) v (in m/s)
0
0,0
20
5,6
40
11,1
60
16,7
80
22,2
100
27,8
120
33,3
140
38,9
160
44,4
180
50,0
200
55,6
sr (tr=1s)
0,0
5,6
11,1
16,7
22,2
27,8
33,3
38,9
44,4
50,0
55,6
sb
0,0
2,6
10,3
23,1
41,2
64,3
92,6
126,0
164,6
208,3
257,2
sa
0,0
8,1
21,4
39,8
63,4
92,1
125,9
164,9
209,1
258,3
312,8
Anhalteweg
350,0
300,0
250,0
200,0
150,0
100,0
50,0
0,0
0
50
100
150
200
250
Geschw indigkeit (km /h)
Seite 13
Mechanik 1
Beispiel:
Eine Ladung Steine wird von einem Kran mit einer konstanten Geschwindigkeit von 5 m/s nach oben
gezogen. 6 m über dem Boden fällt ein Stein aus der Ladung heraus. Beschreiben Sie die Bewegung des
fallenden Steines, indem Sie die Funktion x(t) skizzieren.
a) Welche größte Höhe über dem Boden erreicht der Stein?
b) Wie lange dauert es, bis er den Boden erreicht?
c) Mit welcher Geschwindigkeit trifft er am Boden auf?
Lösung:
Beispiel:
Ein Zug fahre in einem Bahnhof mit einer konstanten Beschleunigung von 0,40 m/s² an. Eine Reisende
erreiche einen bestimmten Punkt des Bahnsteigs 6 s, nachdem das Ende des Zuges diesen Punkt verließ.
Mit welcher Geschwindigkeit muss sie mindestens laufen, um den Zug gerade noch zu erreichen?
Skizzieren Sie die Bewegungen der Reisenden und des Zuges als Funktionen der Zeit.
Lösung:
Es müssen die Positionen nnd die Geschwindigkeiten von Zug (Z) und Reisender (R) gleich sein, damit
diese aufspringen kann. Damit gilt xz = (0,2 m/s²) t² und v z = (0,4 m/s²) t und xr = v (t-6s) sowie vr = v.
Aus der Bedingung dass dieGeschwindigkeiten gleich sein müssen, folgt t = v/(0,4 m/s²) und daraus v =
4,8 m/s.
Seite 14
Mechanik 1
Die Kreisbewegung
Bewegt sich ein Teilchen mit konstanter Geschwindigkeit auf einer Kreisbahn (Translation !), so
handelt es sich dabei um eine beschleunigte Bewegung! Die zeitliche Änderung der
Bahngeschwindigkeit betrifft dabei nicht den Betrag, sondern die Richtung des
Geschwindigkeitsvektors. Die Beschleunigung heißt Zentripetalbeschleunigung und ist zum
Kreismittelpunkt hin gerichtet.
Der Betrag der Zentripetalbeschleunigung ist
v2
a=
r
Die gleichförmige Rotationsbewegung
Den Größen Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung einer Translationsbewegung entsprechen
die Größen Drehwinkel, Winkelgeschwindigkeit und Winkelbeschleunigung bei der
Rotationsbewegung.
Der Drehwinkel ϕ für die Drehbewegung wird im Bogenmaß gemessen. Dieses ist definiert durch
Drehwinkel =
Bogenlänge
Radius
Einheit: [ϕ ] =
1 rad = 57,29°
ϕ=
s
r
1m
= 1 ( Radiant ) = 1 rad
1m
90° = 1,57rad
180° = π rad
360° = 2π rad
Unter der (momentanen) Winkelgeschwindigkeit ω versteht man die zeitliche Änderung des
Drehwinkels:
ω=
∆ϕ
∆t
[ω ] = 1
rad 1
= = s −1
s
s
Die Winkelgeschwindigkeit ist eine vektorielle Größe, die Richtung ist durch die
Rechtsschraubenregel festgelegt.
Unter der (momentanen) Winkelbeschleunigung α versteht man die zeitliche Änderung der
Wnkelgeschwindigkeit:
α=
∆ω
∆t
[α ] = 1
1
rad
= 2 = s −2
2
s
s
Die Winkelbeschleunigung ist eine vektorielle Größe, die Richtung folgt aus der Richtung der
Winkelgeschwindigkeit (Rechtsschraubenregel).
Seite 15
Mechanik 1
Unter der Frequenz f versteht man allgemein die Anzahl der periodischen Vorgänge pro Sekunde. Im
Fall der Rotation sind das die Umdrehungen pro Sekunde (d.h. die Frequenz stimmt mit der Drehzahl
n=U/s überein).
[f]=
1
= 1 Hz ( Hertz )
s
Die Umlaufzeit T ist die Zeit für eine ganze Umdrehung (für einen Drehwinkel von 2π ). Es gilt somit
der Zusammenhang
T=
1
f
ω=
ϕ
t
=
2π
= 2πf
T
Der Zusammenhang zwischen der Winkelgeschwindigkeit ω und der Bahngeschwindigkeit v eines
Körpers ergibt sich aus folgender Überlegung:
v=
s 2πr
2π
=
=r
= rω
t
T
T
Bei einer gleichförmigen Rotation ist die Winkelgeschwindigkeit für alle Punkte eines Drehkörpers
(z.B. einer Scheibe) gleich groß. Die Bahngeschwindigkeit wächst hingegen mit dem Abstand von der
Drehachse.
Beispiel:
a) Bestimmen Sie die Winkelgeschwindigkeit der Erde.
t = 24h = 24.60.60 s = 86400s
ω=
ϕ
t
=
2π rad
1
= 7,27.10 −5
s
86400 s
b) Bestimmen Sie die Bahngeschwindigkeit eines Körpers, der sich am Äquator befindet (wenn man das
Weltall als ruhendes Bezugssystem voraussetzt) Erdradius=6378km.
v = r.ω =
r.2π
m
km
= 6378.10 3 m.7,27.10 − 5 s −1 ≈ 463 = 1670
T
s
h
c) Ein Körper am Äquator erfährt auf Grund der Erdrotation eine Beschleunigung in Richtung des
Erdmittelpunktes. Weiterhin erfährt er auf Grund der Rotation der Erde um die Sonne eine
Beschleunigung in Richtung der Sonne. Berechnen Sie beide Beschleunigungen und drücken Sie sie in
Abhängigkeit von der Erdbeschleunigung g aus (Entfernung Erde-Sonne: 1,5.1011m).
az =
v2
464 2
m2
m
=
≈ 3,375.10 − 2 2 ≈ 3,4.10 −3 g
3
2
R E 6378.10 s m
s
az = (
2π .1,5.1011 m 2
1
1
m
) .
= 5,93.10 −3 2 ≈ 6.10 − 4 g
3,16.10 7 s 1,5.1011 m
s
Seite 16
Mechanik 1
Die Newtonschen Axiome
(Sir Isaac Newton 1643-1727: engl. Physiker, Mathematiker, Astronom; Professor an der Uni in
Cambridge – Trinity College)
Die drei Newtonschen Axiome stellen die Grundlage der sogenannten Newtonschen (oder
klassischen) Mechanik dar. Erst für Geschwindigkeiten in der Größenordnung der
Lichtgeschwindigkeit und im atomaren Bereich muss die Newtonsche Mechanik durch die ihr
übergeordnete Relativitätstheorie und die Quantenmechanik ersetzt werden.
Erstmals veröffentlicht wurden die drei Newtonschen Axiome im Jahre 1686 im Werk "Philosophiae
naturalis principia mathematica" (mathematische Prinzipien der Naturwissenschaft).
Im Gegensatz zur Kinematik, der rein geometrischen Beschreibung der Bewegungen, geht es jetzt um
die Dynamik, um die Ursache der Bewegungen.
Erstes Newtonsches Axiom (Trägheitsprinzip):
Ein Körper bleibt in Ruhe oder bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit weiter, wenn keine
resultierende äußere Kraft auf ihn einwirkt ( F =
∑F
i
= 0 ).
i
m.a.W.: Ursache jeder Änderung des Bewegungszustandes eines Körpers ist das Wirken von Kräften.
Beispiele für die Trägheit von Körpern:
Stehplatz im Autobus
Serviette unter einem Teller
Feile (Hammer,...) und Stiel
Sicherheitsgurt im Auto
...
Kraft ist eine vektorielle Größe.
Die Wirkung einer Kraft hängt von deren Größe (Betrag), Richtung und Angriffspunkt ab
F
F
Kippen
Schieben
Seite 17
Mechanik 1
Als Wirkungslinie einer Kraft bezeichnet man jene Gerade, auf welcher der Kraftvektor liegt.
Kraftvektoren können entlang ihrer Wirkungslinie beliebig verschoben werden, ohne an den
Kraftverhältnissen etwas zu verändern.
F
F
F
Superpositionsprinzip
Wirken auf einen Körper zwei oder mehrere Kräfte, so folgt er ihrer Resultierenden.
Die Resultierende kann mit Hilfe des Kräfteparallelogramms oder des Kraftecks ermittelt werden.
zu betrachtende Fälle:
♦ Gemeinsamer Angriffspunkt:
gleiche Wirkungslinie
verschiedene Wirkungslinie (Sonderfall F1 normal auf F2 )
♦ (Verschiedene Angriffspunkte ... --> Statik des starren Körpers!)
Abb.: Kräfte mit gemeinsamem Angriffspunkt. grafisches Ermitteln der
Resultierenden (Kraker-Pail Physik 1)
Kräftezerlegung:
zurück zum ersten Newtonschen Axiom:
Das 1. Newtonsche Axiom unterscheidet nicht zwischen ruhenden Körpern und Körpern, die sich mit
konstanter Geschwindigkeit bewegen!
Seite 18
Mechanik 1
Zur Angabe der Größen Position, Geschwindigkeit, Beschleunigung benötigt man ein
Koordinatensystem. Dieses bezeichnet man als Bezugssystem.
Beispiel:
Eisenbahnwaggon, der sich gleichförmig bewegt:
S... Bezugssystem, das mit den Schienen verbunden ist: Waggon und Orange auf Tisch
bewegen sich gleichförmig
S'... Bezugssystem, das mit dem Waggon verbunden ist: Waggon und Orange auf Tisch
befinden sich in Ruhe.
In S und S' gilt das 1.N.A.
S''... Bezugssystem, das mit dem Waggon verbunden ist, während sich der Waggon mit
konstanter Beschleunigung a bewegt: die Orange wird mit gleichförmiger
Beschleunigung -a nach hinten bewegt, obwohl auf sie keine horizontale Kraft wirkt. Diese
Kraft wäre jedoch notwendig, um sie bezüglich S'' in Ruhe zu halten.
Æ das 1. N.A. gilt in S'' nicht !!
S
y
S'
y'
v
x'
O'
x
O
Ein Bezugssystem, in dem das erste Newtonsche Axiom gilt, heißt Inertialsystem. Jedes
Bezugssystem, das sich relativ zu einem Inertialsystem mit konstanter Geschw. bewegt, ist selbst
wieder ein Inertialsystem. Ein Bezugssystem, welches relativ zu einem Inertialsystem beschleunigt ist,
ist kein Inertialsystem. Ein Bezugssystem, das mit der Erde verbunden ist, kann näherungsweise als
Inertialsystem betrachtet werden.
Seite 19
Mechanik 1
Zweites Newtonsches Axiom (Aktionsprinzip):
Die Beschleunigung eines Körpers ist umgekehrt proportional zu seiner Masse und direkt
proportional zur resultierenden Kraft, die auf ihn wirkt:
a=
F
oder F = m ⋅ a
m
Aus den ersten beiden Newtonschen Axiomen folgt: erst, wenn auf einen Körper eine Kraft wirkt, so
ändert dieser seine Geschwindigkeit, wird also beschleunigt; d.h. die Kraft wird mit Hilfe einer
Beschleunigung definiert: Eine Kraft von 1 N erzeugt bei einem Körper der Masse 1 kg eine
Beschleunigung von 1 m/s².
Die träge Masse eines Körpers ist dabei jene Körpereigenschaft, die dessen Widerstand gegen
eine Beschleunigung angibt. Die Masse eines Körpers hängt nicht davon ab, wo er sich befindet!
F = a1 m1 = a2m2
-->
m1 a2
=
m2 a1
Die Gewichtskraft
Unter der Gewichtskraft G eines Körpers versteht man die Gravitationskraft zwischen dem Körper und
der Erde.
Allgemein:
F = m.a;
a=g
G = m.g
Die Masse in dieser Formel wird als schwere Masse bezeichnet
Die Gewichtskraft ist keine Körpereigenschaft! Sie hängt von der Größe der Beschleunigung g und
damit vom Ort ab (z.B. auf dem Mond ca. 1/6 des Wertes auf der Erde).
Beispiel:
Unterschied zw. Masse und Gewicht bzw. träger und schwerer Masse:
Bowlingkugel auf dem Mond:
Zum Aufheben benötigt man nur 1/6 der Kraft, die man auf der Erde aufwenden muss.
Zum Werfen ist dieselbe Kraft wie auf der Erde notwendig, da diese Kraft nur von der Masse des Körpers
abhängt; und die ist ja eine ortsunabhängige Körpereigenschaft.
Eine Wägung im Sinne eines Massenvergleichs ist deshalb zulässig, da an einem Ort die
Erdbeschleunigung für beide Massen gleich groß ist und daher das Verhältnis der Gewichtskräfte dem
Verhältnis der Massen entspricht.
Seite 20
Mechanik 1
Drittes Newtonsches Axiom (Reaktionsprinzip):
Kräfte treten immer paarweise (als Kraft-Gegenkaft-Paar) auf. Wenn Körper A eine Kraft auf Körper
B ausübt, so wirkt eine gleich große, aber entgegengesetzt wirkende Kraft von Körper B auf Körper A
(actio=reactio).
Jede Kraft erzeugt eine gleich große Gegenkraft. Kraft und Gegenkraft greifen immer an
verschiedenen Körpern an (so dass sich diese Kräfte nicht aufheben können)!
z.B: Gewichtskraft und Gegenkraft
F1
r
r
F1 = − F2
F1 = F2
F2
(ohne Gegenkraft F2 würde der Körper aufgrund der Gewichtskraft beschleunigt in der Erde
versinken!)
anderes Beispiel: Federkraft und Gegenkraft
weitere Beispiele:
1.Experiment
a) zwei Skateboardfahrer gleicher Masse ziehen an den Enden eines Seiles: sie bewegen sich
aufeinander zu.
b) nur einer der beiden Skateboarder zieht am Seil: der Effekt ist der gleiche!!
Seite 21
Mechanik 1
2.Experiment
Auf einen Schwimmer (Glasschale) wird ein Magnet, auf den anderen ein Eisenstück gelegt: sie
bewegen sich aufeinander zu, bleiben aneinander haften und verharren von da an im Zustand
der Ruhe.
Eisenstück
Magnet
3.Experiment
"Umschupfspiel", bei dem zwei sich gegenüberstehende Partner versuchen, sich durch Stöße
mit den Armen umzuschupfen.
4. Beispiel (schwierig !!):
Ein Pferd weigert sich, einen Karren zu ziehen. Es argumentiert folgendermaßen:
"Nach dem dritten Newtonschen Gesetz führt jede Kraft, mit der ich den Karren ziehe, zu einer
gleich großen und entgegengesetzt gerichteten Kraft, mit der der Karren mich zurückzieht.
Damit ist die Gesamtkraft Null, und ich habe überhaupt keine Chance, den Wagen zu
beschleunigen."
Was ist an dieser Argumentation falsch ?
Seite 22
Mechanik 1
Das Pferd zieht mit der Kraft Z nach rechts. Die Reaktionskraft Z' wirkt auf das Pferd und hat
keinen Einfluß auf die Bewegung des Wagens.
Sobald Z größer ist als die Reibungskraft FR , und es eine vom Boden auf das Pferd ausgeübte
Kraft F > Z gibt, wird der Wagen nach rechts beschleunigt.
Die Gewichtskraft G wird dabei von der Kraft FN (Auflagekraft) ausgeglichen.
Die Bedeutung des Wechselwirkungsgesetzes wird vor allem bei zwei Arten der Fortbewegung
deutlich:
1. Fortbewegung durch Rückstoßkräfte
Ein Mann sitzt im Boot und schleudert Steine nach hinten. Die gleiche Kraft, die der Mann auf die
Steine ausübt, wirkt als Gegenkraft von den Steinen auf den Mann zurück. Dieser ist fest mit dem
Boot verbunden und treibt daher gemeinsam mit dem Boot nach vorne.
Hat der Mann keine Steine mehr, so kann er auch Wasser schöpfen und nach hinten schleudern.
Einfacher: Paddel, Schiffsschraube, Raddampfer
Raketen: Verbrennungsgase werden mit einer Kraft F (Explosion) abgestoßen. Eine gleich große,
entgegengerichtete Kraft wirkt auf die Rakete.
Rückstoßkraft bei Schusswaffen (leichtes Gewehr: hohe Beschleunigung, schweres Gewehr: geringe
Beschleunigung)
2. Fortbewegung durch Reibungskräfte
Der Fuß drückt mit einer Kraft F nach hinten, die Erde übt eine gleich große, entgegengerichtete Kraft
auf den Fuß aus. (Aufgrund der sehr hohen Masse der Erde wird diese nicht merklich nach hinten
beschleunigt m1 a1 = m2 a2 )
Reibung macht Fortbewegung erst möglich!! (Gehen und Autofahren bei Glatteis !!)
Experiment:
Baron Münchhausen soll sich angeblich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen haben!! Warum
wird es sich dabei wohl doch um eine Lüge gehandelt haben ?
Die Bedeutung der Newtonschen Axiome
Das Trägheitsgesetz, die Bewegungsgleichung, das allgemeine Wechselwirkungsgesetz und der Satz vom Kräfteparallelogramm bilden die Grundgesetze der
Mechanik. Sie haben eine fundamentale Bedeutung. Kennt man nämlich die Kräfte,
welche zwischen den einzelnen materiellen Punkten wirken, kennt man ferner die
Massen der materiellen Punkte und zu einem bestimmten Zeitpunkt ihre Lagen und
ihre Geschwindigkeiten, so kann man die Bewegung der materiellen Punkte für
jeden zukünftigen Zeitpunkt in einem Inertialsystem berechnen, das zukünftige
Verhalten des physikalischen Systems also im Rahmen der Messgenauigkeit vorhersagen.
Seite 23
Mechanik 1
Beispiel:
Physik und Verkehrssicherheit
Ein Auto fährt mit 60 km/h gegen ein Hindernis und wird plötzlich zum Stehen gebracht. Der Fahrer ist
angegurtet. Der Gurt dehnt sich und bringt den Oberkörper des Fahrers auf einem Weg von 30 cm zur
Ruhe.
a) Welche durchschnittliche Beschleunigung erfährt der Oberkörper des Fahrers?
b) mit welcher Kraft wirkt der Gurt auf den Oberkörper des Fahrers (m=50 kg)?
60
( )2
v2
v2
m
3, 6 m
s=
⇒ a=
=
= 463 2
2
2a
2 s 2.0,3 s
s
F = ma = 50kg ⋅ 463
m
= 23148 N
s2
Die letzte Sekunde ohne Gurt
Wer glaubt Anschnallen ist nur etwas für Angsthasen, den lehrt eine Zeitstudie über die letzte
Sekunde bei einem Frontalaufprall mit 80 km/h das Fürchten:
1,0 sek: Starr vor Schreck springen Sie auf die Bremse, ein Ausweichen ist nicht mehr möglich.
0,9 sek: Sie umklammern krampfhaft das Lenkrad und die Fingergelenke werden weiß.
0,8 sek: Noch zirka 30 cm bis zum Aufprall.
0,7 sek: Frontalaufprall - die Stoßstange beginnt, in das Fahrzeug einzudringen.
0,6 sek: Ihr Körper wird mit 80 km/h nach vorne geschleudert. Sie haben nun ein Gewicht von 3
t und werden mit 20-facher Schwerkraft aus dem Sitz gehebelt. Ihre Beine brechen an
den Kniegelenken. Ihr Bremsfuß drückt sich in das Becken, und es bricht.
0,5 sek: Ihr Körper löst sich mit verspanntem Nacken und starr aufgerichtetem Kopf aus dem
Sitz, die gebrochenen Kniegelenke bohren sich in das Armaturenbrett und deformieren
es. Das Lenkrad verbiegt sich unter dem Druck ihrer Hände.
0,4 sek: Ihr Auto ist nun um zirka 60 cm kürzer. Ihr Fahrzeug beginnt anzuhalten, Sie jedoch
bewegen sich noch immer mit 80 km/h ihrem Lenkrad entgegen.
0,3 sek: Ihre Hände sind am Lenkrad verkrallt, die Daumen brechen, es folgen Gelenke und
Unterarme. Schließlich bohrt sich das Lenkrad und Lenksäuke in ihren Brustkorb. Die
Lunge wird perforiert und die Arterien werde zerfetzt.
0,2 sek: Ihre Füße werden aus den Schuhen gerissen und der Kopf prallt gegen die
Windschutzscheibe. Bisher hatten Sie noch keine Zeit zu Schreien. Sie werden auch nie
mehr dazukommen.
0,1 sek: Das Fahrzeug vollbringt seine letzte Deformation und Ihr Oberkörper wird
unbarmherzig gegen Lenksäule und Armaturen gepreßt. Ein Blutschwall bricht aus
ihrem Mund und Ohren. Der Schock löst einen Herzstillstand aus.
0,0 sek: Sie sind tot.
Manfred Jurkowski, Der Falter
Seite 24
Mechanik 1
Dichte
Unter der Dichte eines Stoffes versteht man das Verhältnis seiner Masse pro Volumseinheit
Dichte =
Masse
Volumen
ρ=
m
V
kg
[ ρ ] = m3
einige Vergleichswerte:
Stoff
Dichte in kg/m³ bei 20° C
Hartschaum
Kork
Holz (Fichte)
Wasser
Glas
Aluminium
Eisen, Stahl
Messing
Nickel
Kupfer
Silber
Blei
Quecksilber
Gold
15
200
500
1000
2500
2700
7800
8500
8800
8900
10500
11300
13600
19300
(bei 4°C)
Reibungskraft
Man unterscheidet innere und äußere Reibung.
Innere Reibung: Energieverzehr bei Bewegung der Atome bzw. Moleküle eines Stoffes
gegeneinander (z.B. Strömungen in Flüssigkeiten)
Äußere Reibung: Energieverlust bei Bewegung zweier verschiedener Körper relativ zueinander.
Wir betrachten in diesem Kapitel nur die äußere Reibung:
Der Grund für die Reibungskraft liegt darin, dass es keine völlig "glatten" Oberflächen gibt, und bei
Berührung bzw. Relativbewegung zweier Körper immer Teilchen der Oberflächen abgebrochen
werden:
Körper A
Körper B
Seite 25
Mechanik 1
F
mg
FR
FN
Der Betrag der Reibungskraft hängt von der Oberflächenbeschaffenheit der sich berührenden Flächen
und der Belastung senkrecht zur Berührungsfläche (Normalkraft FN) ab.
Die Reibungskraft ist unabhängig von der Größe der Berührungsfläche!
(kann mit einem Quader überprüft werden, den man auf verschiedene Seitenflächen stellt)
(Gedanken-)Experiment:
m1
m3
m2
F
mg
FR
FN
m
Haftreibung
Sie tritt auf, wenn sich zwei Körper berühren und gegeneinander verschoben werden sollen.
Die Haftreibungskraft FH ist dabei die Gegenkraft zur maximalen Zugkraft, ohne dass sich der Körper
bewegt.
FH = µ H ⋅ FN
µ H ... Haftreibungszahl
Wird diese maximale Zugkraft überschritten, so bewegt sich der Körper. Jene Kraft, die dann die
Bewegung hemmt, bezeichnet man als Gleitreibungskraft.
Seite 26
Mechanik 1
Gleitreibung
für die Gleitreibungskraft gilt:
FG = µ G ⋅ FN
µ G ... Gleitreibungszahl
Aus Experimenten geht hervor:
µG
µG
ist im allgemeinen kleiner als µ H
hängt von der Relativgeschwindigkeit der beiden Körper ab, kann jedoch im Bereich von 1cm/s
bis zu mehreren m/s näherungsweise als konstant betrachtet werden.
Zusammenhang zwischen Haft- und Gleitreibung:
Experimentelle Bestimmung der Haftreibungszahl auf einer geneigten Ebene:
sin α =
FH
mg
cos α =
FN
mg
sin α FH
=
= tan α = µ H
cos α FN
Seite 27
Mechanik 1
Näherungswerte einiger Reibungszahlen
µH
Materialien
Stahl auf Stahl
Blech auf Stahl
Kupfer auf Gußeisen
Glas auf Glas
Teflon auf Teflon
Teflon auf Stahl
Gummi auf Beton (trocken)
Gummi auf Beton (naß)
Gewachster Ski auf Schnee (0°C)
0,7
0,5
1,1
0,9
0,04
0,04
1,0
0,3
0,1
µG
0,6
0,4
0,3
0,4
0,04
0,04
0,8
0,25
0,05
Beispiel:
Die Haftreibung zwischen einem Autoreifen und der Straße betrage an einem bestimmten Tag 0,7. Wie
groß ist der steilste Neigungswinkel einer Straße, auf der man das Auto mit blockierten Rädern parken
kann, ohne dass es den Berg hinunterrutscht? (Lösung: α = arctan( µ H ) = arctan 0,7 ≈ 35° )
Ein Wagen fährt auf einer horizontalen Straße im Kreis, wobei der Kreisradius 30m beträgt, die
Haftreibungszahl sei µ h = 0,6 . Wie schnell kann der Wagen fahren, ohne seitlich wegzurutschen?
(Lösung: v=13,3 m/s)
Bemerkung zur Haft- bzw. Gleitreibung:
Der Bremsweg ist beim Bremsen eines Autos durch Haftreibungkraft kürzer als durch
Gleitreibungskraft mit blockierten Rädern (ABS!).
Beim Durchfahren einer Kurve: wenn Haftreibung in Gleitreibung übergeht --> Abflug
Rollreibung
Rollreibung tritt auf, wenn Reifen mit konstanter Geschwindigkeit ohne durchzudrehen über eine
horizontale Straße rollen. Die Oberfläche des Reifens wird ständig verformt. Zusätzlich müssen sich
die Oberflächen von Reifen und Asphalt ständig voneinander lösen.
Rollreibungkraft ist jene Kraft, die zur Aufrechterhaltung der Rollbewegung aufgewendet werden
muss:
FR = µ R ⋅ FN
µ R ... Rollreibungszahl
µ R = 0,01 bis 0,02 für Gummireifen auf Beton
µ R = 0,001 bis 0,002 für Stahlräder auf Stahlschienen
Seite 28
Mechanik 1
Beispiel
Alpines Schilaufen
Die vielen wirkenden Kräfte können vereinfachend zu drei Kräften zusammengefasst werden:
a) Kräfte, die am Schwerpunkt angreifen (Gewicht)
b) Kräfte an Kontaktflächen mit dem Schnee (Reibungskraft, Kräfte durch den Stockeinsatz)
c) innere Kräfte (Muskelkräfte)
Mulden werden immer tiefer! (selbst beim Geradeausfahren)
In der Vertiefung muss die vom Untergrund ausgeübte Normalkraft FN nicht nur das Gewicht FG
ausgleichen, sondern auch die für die Kurvenbewegung notwendige Zentripetalkraft FZ aufbringen.
mv 2
FN = mg +
R
Der Läufer verspürt in der Mulde die Gewichtskraft und die Zentrifugalkraft nach unten.
An der Kuppe umgekehrt:
mv 2
FN = mg −
R
z.B.: R = 10m, m = 70kg
70v 2
FN = 700 +
= 700 + 7v 2
10
v [m/s]
0,0
2,8
5,6
8,3
11,1
13,9
16,7
19,4
22,2
25,0
27,8
30,6
33,3
Fn [N]
700
754
916
1186
1564
2050
2644
3347
4157
5075
6101
7235
8478
Normalkraft beim Schifahrer
Normalkraft [N]
v [km/h]
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
9000
8000
7000
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
0
20
40
60
80
100
120
140
Geschwindigkeit [km/h]
Seite 29
Mechanik 1
Bei v = 10 m/s steigt FN schon auf das Doppelte des Körpergewichts an, d.h. der Schifahrer sinkt stärker
in den Schnee, die Mulde wird tiefer.
Wenn man in eine Mulde fährt, ohne die Körperhaltung zu ändern, fällt man auf die Nase!
FGl = µ ⋅ FN
d.h. bei doppeltem FN verdoppelt sich auch die Gleitreibungskraft FGl ; es kommt zu
einer Verzögerung der Schier, der Schwerpunkt bewegt sich aber unverändert weiter Î Sturz nach
vorne.
Um zu starke Abbremsung zu vermeiden, kann man mit den Beinen Mulden und Wellen "schlucken".
Abfahrtslauf
Luftwiderstand ... FL =
1
cW ρ Av 2
2
cW ... Luftwiderstandsbeiwert
ρ ... Dichte der Luft (Geschwindigkeitsrekorde in großer Höhe, 2000 – 3000m)
A ... Frontfläche des Körpers
v ... Geschwindigkeit
F// = FG sin α
F⊥ = FG cos α
Für die Bewegung des Läufers ergibt sich folgende Grundgleichung:
F = F// − µF⊥ − FL
1
m ⋅ a = mg sin α − µmg cos α − cW ρ Av 2
2
Bei niederen Geschwindigkeiten überwiegt die Reibungskraft. Der Luftwiderstand steigt mit dem Quadrat
von v.
Die Geschwindigkeit v steigt bis zu einem bestimmten Grenzwert an (wie beim Fallschirmspringen).
Dann ist die Summe der Reibungskräfte glei der antreibenden Kraft. Die Beschleunigung ist Null:
1
0 = mg sin α − µmg cos α − cW ρ Av 2
2
z.B. Hahnenkammabfahrt:
Streckenlänge 3510m,
Höhendifferenz h=860m,
m=80kg,
µ=0,03 (gut gewachst),
A=0,3m² (tiefe Abfahrtshocke),
cW = 0,7 (Rennanzug),
Luftdichte ρ=1,3 kg/m³
Seite 30
Mechanik 1
sin α =
860
3510
⇒
α = 14,18°
... durchschnittliche Hangneigung
1
0 = mg sin α − µmg cos α − cW ρ Av 2
2
1
cW ρ Av 2 = mg sin α − µmg cos α
2
2mg
(sin α − µ cos α )
v² =
cW ρ A
v = 35,57
m
≈ 128km / h
s
tatsächliche Durchschnittsgeschwindigkeit v ≈ 108 km/h wegen der Kurven.
Abfahrtslauf
200,0
antreibende Kraft
150,0
100,0
50,0
0,0
0
50
100
150
200
-50,0
-100,0
Geschw indigkeit [km /h]
Seite 31
Mechanik 1
Scheinkräfte
Darunter versteht man Kräfte, die aus der Sicht eines mit einem Nicht-Inertialsystem
(=beschleunigtes Bezugssytem) mitbewegten Beobachters auftreten.
Beispiel 1:
Ein Ball wird in einem gleichmäßig beschleunigten Eisenbahnwaggon losgelassen. Die Fallbewegung
wird von einem ruhenden und einem in Waggon mitgeführten Beobacher betrachtet:
Der ruhende Beobachter sieht einen Ball, der senkrecht nach unten fällt, während sich der Waggon
weiterbewegt.
Für den mitbewegten Beobachter bewegt sich der Ball zusätzlich nach hinten. Der Beobachter im
Waggon führt diese nach hinten gerichtete Bewegung auf eine Scheinkraft FS = -m.a zurück.
Seite 32
Mechanik 1
Beispiel 2:
Zentrifugalkaft
Ein Körper ist über ein Seil mit dem Mittelpunkt einer gleichförmig rotierenden Scheibe verbunden.
Für einen ruhenden Beobachter im Inertialsystem bewegt sich der Körper auf einer Kreisbahn mit
einer Zentripetalbeschleunigung az = v2/r , die von der Zugkraft im Seil verursacht wird.
Für einen Beobachter auf der Scheibe befindet sich der Körper in Ruhe, er wird also nicht
beschleunigt. Dies kann nur mit der Existenz einer zur Zentripetalkraft entgegengerichteten gleich
großen Kraft erklärt werden. Diese fiktive Kraft wird als Zentrifugalkraft bezeichnet. Sie existiert nur
als Scheinkraft in rotierenden Nicht-Inertialsystemen!
Abb.: Tipler, Physik
Beispiel 3:
Corioliskraft
Ein Bub steht im Zentrum einer rotierenden Scheibe und wirft seinem Freund, der am Rand der
Scheibe steht, einen Ball zu.
Für einen Beobachter im Inertialsystem bewegt sich der Ball geradlinig und verpasst den zweiten
Jungen, da dieser sich mit der Scheibe weggedreht hat.
Im Bezugssystem der rotierenden Scheibe ist der zweite Junge in Ruhe; der Ball wird aus seiner Sicht
seitlich (normal zur Geschwindigkeitsrichtung) abgelenkt. Die Scheinkraft, die den Ball von seiner
geradlinigen Bahn abbringt, heißt Corioliskraft.
Bemerkung:
Die Zentrifugalkraft und die Corioliskraft treten aufgrund der Erddrehung in allen
Bezugssystemen auf, die mit der Erde fest verbunden sind.
Dabei besitzt die Corioliskraft eine Bedeutung für das Wetter:
Passatwinde bilden sich zwischen dem subtropischen Hochdruckgürtel auf der Nord- und
Südhalbkugel und der äquatorialen Tiefdruckrinne (hohe Temperaturen!) aus. Die
Corioliskraft bewirkt (für einen Beobachter auf der Erde) eine Rechtsablenkung auf der
Seite 33
Mechanik 1
Nordhalbkugel und eine Linksablenkung auf der Südhalbkugel (wenn man Richtung
Äquator blickt) bzw. allgemein ein immer wirbelförmiges Einströmen der Luft in
Tiefdruckgebiete (Zyklonen).
Beispiel 4:
Foucaultsches Pendel
Jean Bernard Léon Foucault (1819 bis 1868)
Lieferte 1851 mit einem im Panthéon in Paris aufgehängten Pendel (mit Blei ausgegossene
Messingkugel der Masse m=28 kg an einer l=67m langen Klaviersaite --> T=16,42s) einen Beweis für
die Erddrehung.
Rechenbeispiele:
1. Eine Wäscheschleuder rotiert mit 1400 U/min. Welche Kraft wirkt auf ein Wäschestück mit der
Masse m=0,2 kg in 20 cm Entfernung von der Drehachse. (Lösung: F=860 N)
2. Welchen Krümmungsradius muss eine Kurve mindestens besitzen, wenn sie bei einem µH =0,6 von
einem Auto mit 100 km/h durchfahren werden soll? (Lösung: r=130m)
3. Wie lange müsste ein Tag dauern, damit am Äquator (r=6378km, g=9,78m/s2) die Erdbeschleunigung
verschwinden würde. (Lösung: 24/17 Stunden)
Seite 34
Mechanik 1
Die Federkraft (elastische Verformung einer Schraubenfeder)
Die Federkraft (Rückstellkraft) ist im Elastizitätsbereich immer proportional der Verformung:
Fx ~ x-x0
Fx ~ ∆x
Fx = -k .∆ x
.... Hooke´sches Gesetz (lineares Kraftgesetz)
k ... Federkonstante, Richtgröße, [k] = N/m
F
(N)
harte Feder
weiche Feder
x (cm)
Beispiel:
Eine Feder wird durch 5,25N um 2,5cm verlängert. Wie groß ist die Federkonstante und welche Kraft
kann die Feder um 1,5cm verlängern?
(Lösung: k = 210 N/m; F = 3,15N)
Seite 35
Mechanik 1
Spannung, Druck
Spannung wird durch eine äußere Kraft verursacht. Die Kraft greift dabei nicht an einem Punkt an,
sondern ist über eine Fläche verteilt.
Spannung =
Kraft
Flä che
σ=
F
A
N
[σ ] = 1 m2
= 1Pascal = 1Pa
Da sich bei der Einheit Pa häufig sehr große Maßzahlen ergeben, verwendet man in der Technik oft
die Einheit Bar (bar); 1 bar = 105 Pa (= 105 N/m² = 10 N/cm²)
Je nach Richtung der Kraft spricht man von Zug-, Schub- bzw. Druckspannung. Druckspannung wird
häufig auch als Druck p bezeichnet.
Beispiele:
1. Ein Draht soll für eine maximale Last von 300N bemessen werden. Wie groß muss sein
Durchmesser gewählt werden, damit die Zugspannung von 100N/mm² nicht überschritten wird?
(Lösung: A=3mm², d=2mm)
2. Eine Frau mit einer Gewichtskraft von 580N steht auf ihren beiden Absätzen mit je 2cm2 Fläche.
Wie groß ist der Druck auf den Boden, wenn sich ihre Gewichtskraft gleichmäßig auf beide Schuhe
verteilt?
(Lösung: p=14,5 bar)
Seite 36
Mechanik 1
Drehmoment - statisches Gleichgewicht
Das Drehmoment ist ein Maß für die Drehwirkung einer Kraft. Es ist definiert als Produkt aus Kraft und
Kraftarm. Der Kraftarm ist der Normalabstand der Wirkungslinie der Kraft von der Drehachse.
Drehmoment = Kraft . Kraftarm
M = F.l
[M] = Nm
--> Drehmomentschlüssel!
(Vergleich: Pedalstellung bei einem Fahrrad; Kraker S. 35)
allgemein:
M = F ⋅ l = F ⋅ r ⋅ sin α
r
r r r r
vektoriell: M = F x r = F . r .sin α
Das Drehmoment ist eine vektorielle Größe. Der Drehmomentvektor liegt in der Drehachse. Seine
Richtung kann mit Hilfe der Rechtsschraubenregel ("Korkenzieherregel") ermittelt werden.
Seite 37
Mechanik 1
Kräftepaar
Zwei gleich große entgegengerichtete Kräfte, die nicht auf einer gemeinsamen Wirkungslinie
liegen, werden als Kräftepaar bezeichnet. Jedes Kräftepaar erzeugt ein Drehmoment.
z.B. Kräftepaar am Korkenzieher (Das Gegenkräftepaar wird von der Hand auf die Flasche ausgeübt)
Kräftepaar bei einem Schraubenschlüssel
a) Doppelseitiger Schlüssel (z.B. zum Reifenwechseln, Gewindeschneider)
b) "Einseitiger Schlüssel
Abb.: einseitiger und zweiseitiger Schlüssel (Kraker-Paill)
Das Drehmoment ist nur von der Größe der Kräfte F und ihrem gegenseitigen Normalabstand
abhängig. Es ist von der Lage des Drehpunktes unabhängig. (Die zweite Kraft (Lagerkraft) ist nicht
immer leicht zu finden!)
Wird ein Drehmoment durch ein äußeres Kräftepaar erzeugt, so kommt es zu keiner Lagerbelastung.
Abb.: Drehsinn von Rollen (Kraker-Paill):
Gleichgewicht am Hebel
Der Hebel ist im Gleichgewicht, wenn die Summe der linksdrehenden Momente gleich ist der
Summe der rechtsdrehenden Momente.
Hebelgesetz als Spezialfall dieser Gleichgewichtsbedingung:
F1.l1 = F2.l2
Kraft . Kraftarm = Last . Lastarm
Seite 38
Mechanik 1
Bei Hebeln tritt eine Kraftübersetzung ein. Man kann mit Hebeln Kraft sparen. Die Kraftersparnis
wird allerdings durch einen längeren Weg ausgeglichen.
("Goldene Regel der Mechanik": Arbeit kann zwar erleichtert, aber nicht verringert werden.)
Beispiel Getriebe:
bei einem Getriebe wird eine konstante Kraft übertragen. Die Drehmomente der Zahnräder sind aber
verschieden; es kommt zu einer Drehmomentübersetzung.
Man unterscheidet "einseitige" und "zweiseitige" Hebel:
a) Einseitige Hebel:
bei einseitigen Hebeln greifen Kraft und Last in entgegengesetzter Richtung auf derselben Seite der
Drehachse an
Scheibtruhe, Nußknacker
Hammer beim Herausziehen eines Nagels
b) zweiseitige Hebel:
Kraft und Last greifen auf gegenüberliegenden Seiten des Drehpunktes an und zeigen in die gleiche
Richtung.
Seite 39
Mechanik 1
Beispiele:
Beißzange
Wellrad
Anwendung des Wellrades: Brunnen
Wasserrad
Tretkurbel des Fahrrads
Lenkrad beim Auto, Lenkstange
Seilwinde
Einfache mechanische Maschinen
Vorrichtungen, in denen das Hebelgesetz zur Anwendung gelangt, bezeichnet man als "einfache
Maschinen".
Allgemein haben einfache Maschinen die Aufgabe, Größe oder Richtung der erforderlichen Kraft
zu verändern. (An der Größe der Arbeit können die Maschinen natürlich nichts verändern!)
− Rollen
− Feste Rolle
− Lose Rolle
− Flaschenzug
− Geneigte Ebene
− Schraube (um Achse gewickelte schiefe Ebene)
− Keil
Beispiel:
Die Ganghöhe einer Schraube beträgt 1mm. Mit welcher Kraft wird die Schraubspindel
verschoben, wenn an einem 25cm langen Schraubenschlüssel mit 100N gedreht wird?
(Lösung: F2 = 157 080 N (Gleichsetzen der Arbeit))
Seite 40
Mechanik 1
Statisches Gleichgewicht
Ein Körper ist dann im Gleichgewicht (in Ruhe), wenn weder eine Verschiebung (Translation)
noch eine Drehung (Rotation) des Körpers erfolgt.
Damit keine Verschiebung auftritt, muss der Betrag der Resultierenden aller Kräfte gleich Null sein.
Damit keine Drehung auftritt, muss der Betrag der Resultierenden alle Drehmomente gleich Null sein.
Der Schwerpunkt (Massenmittelpunkt)
Die Gewichtskraft eines Körpers ergibt sich aus der Summe aller einzelnen Gewichtskräfte auf die
Teile des Körpers. Ersetzt man diese Einzelkräfte durch eine Gesamtkraft, so muss man als deren
Angriffspunkt jenen Punkt wählen, bei dem kein resultierendes Drehmoment entsteht. Diesen Punkt
bezeichnet man als Schwerpunkt oder Massenmittelpunkt des Körpers.
Beispiel: Bestimmung des Schwerpunktes einer ebenen Figur:
Der Körper wird an zwei (zur Probe drei) verschiedenen Punkten aufgehängt. Der
Schwerpunkt ergibt sich als Schnittpunkt der Schwerlinien.
Der Schwerpunkt kann auch außerhalb eines Körpers liegen:
Seite 41
Mechanik 1
Beispiel:
Die Höhe des Schwerpunktes eines aufrecht stehenden Mannes mit einer Größe von 188cm
soll bestimmt werden. Dazu legt er sich waagrecht auf ein Brett mit zu vernachlässigender
Masse, das auf zwei Waagen ruht. Wo befindet sich (von den Füßen aus gemessen) sein
Schwerpunkt, wenn die Waage beim Kopf 445N und jene bei den Füßen 400N anzeigt.
(Lösung: x = 99 cm)
Abb.: Tipler, Physik
Welche Kraft ist mindestens notwendig, um das Brett (Gewichtskraft 40 N) zu kippen?
(Lösung: F = 20 N)
Mit welcher Kraft FM muss der Bizepsmuskel 3,4 cm vom Ellenbogengelenk angreifen, um
ein Massestück (Gewichtskraft = 60 N) wie in der Abbildung zu halten. Wie groß ist die Kraft
FO im Drehpunkt O (sie wird vom Oberarm am Ellenbogengelenk ausgeübt)?
(Lösung: FM = 529 N; FO = 469 N)
Seite 42
Mechanik 1
Gleichgewichtslagen
-
Stabiles Gleichgewicht:
-
Labiles Gleichgewicht:
-
Der Körper kehrt von selbst wieder in diese Ruhelage zurück
Bei einer Störung entfernt sich der Körper "für immer" aus dieser Lage
und geht in eine stabile Lage über
Indifferentes Gleichgewicht: Der Körper bleibt in jeder Lage in Ruhe
Abb.: Gleichgewichtsarten (Kraker-Paill, Physik 1)
Ein Körper hat immer das Bestreben, eine Lage einzunehmen, in welcher der Schwerpunkt möglichst
tief liegt.
Seite 43
Mechanik 1
Arbeit und Energie
Begriff der Arbeit
Im täglichen Leben: "Arbeit ist alles, was Ermüdungserscheinungen hervorruft."
Beispiel:
a) Eine "Arbeit" soll verrichtet werden durch Heben von Bierfässern mit einem Gewicht FG
auf einen Bierlastwagen der Höhe h:
W = FG . ∆h
b) Zur Erleichterung der Arbeit wird eine schiefe Ebenen benutzt:
aus der Ähnlichkeit der Dreiecke
ergibt sich:
FP : FG = ∆h: ∆s
FP ∆h
=
FG ∆s
FP . ∆s = FG . ∆h = W
Arbeit ist definiert als:
Arbeit = Kraftkomponente in Wegrichtung . Weg
W = Fs .∆s [W ] = 1Nm = 1Joule = 1J
rr r r
vektoriell :W = F .s = F . s . cos ϕ
Beispiele:
− Arbeit beim Tragen eines Koffers: W=0 ( F ⊥ s; cos 90°=0)
andere Begründung für W=0: die Energie des Koffers ändert sich durch das Tragen nicht
− Hochhalten einer Langhantel:
Beim Halten wird kein Weg zurückgelegt! W=0
− Arbeit der Schwerkraft beim freien Fall:
W = F. ∆s = m.g. ∆h
− Reibungsarbeit: W = FR . ∆s
Seite 44
Mechanik 1
Hubarbeit:
W = m.g.∆h
Beschleunigungsarbeit:
Ein Körper wird aus der Ruhelage mit konstanter Beschleunigung auf eine Geschwindigkeit v
beschleunigt:
W = Fs .∆s =m.a.∆s
bei der gleichförmig beschleunigten Translation gilt :
1
v
∆s = .a.∆t 2 v = a.∆t ⇒ ∆t =
2
a
somit erhält man :
1
1
1
v2 1
W = m.a.∆s = m.a. a.∆t 2 = m.a 2 ∆t 2 = m.a 2 . 2 = m.v 2
2
2
2
2
a
Arbeit bei konstanter bzw. bei veränderlicher Kraft:
Die Arbeit entspricht der Fläche unter der Kraft-Weg-Kurve
a) konstante Kraft:
F
F=const
W = F∆ x
W
x1
x2
b) veränderliche Kraft:
F
x2
F=F(x)
W = ∫ F ( x)dx
x1
W
x1
x2
x
Seite 45
Mechanik 1
Beispiel:
Welche Arbeit wird beim Spannen einer Feder geleistet?
F
k.x0
W
x0
x
F = kx
x
x
0
0
W = ∫ Fdx = ∫ kxdx =
1 2
kx
2
(kann man auch ohne Integralrechnung mit der Dreiecksfläche lösen)
Der Energiesatz
Der Energiebegriff hängt eng mit dem Begriff der Arbeit zusammen: "Energie ist die Fähigkeit,
Arbeit zu verrichten."
Energie ist eine Erhaltungsgröße; d.h. die Gesamtenergie eines Systems und seiner
Umgebung ändert sich nicht. Wenn ein System Arbeit an einem anderen System verrichtet,
dann wird Energie zwischen diesen Systemen ausgetauscht.
andere Formulierung:
Die Gesamtenergie in einem abgeschlossenen System bleibt konstant.
Ein abgeschlossenes System ist ein System, auf das von außen nicht eingewirkt wird, und das auch
selbst auf seine Umgebung nicht einwirkt.
Beispiel:
Ziehen eines Schlittens:
Arbeit beim Ziehen (=Abnahme der chemischen Energie des Körpers) -->
Bewegungsenergie des Schlittens + Wärmeenergie (durch Reibung)
Seite 46
Mechanik 1
Kinetische Energie:
Bewegungsenergie
Ekin
mv 2
=
2
Potentielle Energie:
Lageenergie; gespeicherte Energie, die von der räumlichen Anordnung der Bestandteile eines
System zueinander abhängt (z.B. auch "Spannenergie" einer gespannten Feder oder eines
gespannten Bogens)
z.B. gespeicherte Hubarbeit:
E pot = mgh
Beispiel:
Ein Dachdecker trägt Ziegelsteine aufs Dach: Arbeit wird in Form potentieller Energie
gespeichert. Diese wird erst nach Jahren wieder frei, wenn sich der Ziegelstein löst und
jemandem auf den Kopf fällt.
Speicherkraftwerk (Pumpspeicherkraftwerk)
Kinetische und potentielle Energie werden auch als mechanische Energie bezeichnet. Sieht man
von Reibung ab, so vereinfacht sich der Energieerhaltungssatz zum sog. Energiesatz der Mechanik:
Die Summe aus potentieller und kinetischer Energie bleibt stets konstant
Eges = Ekin + E pot = const .
Beispiel:
Freier Fall eines Körpers der Masse m=5kg aus einer Höhe h=125m
1
h = h0 − at 2
2
Zeit (s)
0
1
2
3
4
5
h
125
120
105
80
45
0
Ep=mgh
6250
6000
5250
4000
2250
0
v = at
v
0
10
20
30
40
50
Ek=1/2mv²
0
250
1000
2250
4000
6250
Eg=Ep+Ek
6250
6250
6250
6250
6250
6250
Seite 47
Mechanik 1
Weitere Beispiele für die Umwandlung von potentieller Energie in kinetische Energie und umgekehrt:
-
Fadenpendel, Federpendel
-
Kugel, die in eine Schale hineinrollt
-
Gummiball
-
Stahlkugel, die auf eine Metallplatte oder Steinplatte fällt
Bei real ablaufenden Bewegungen muss die Reibung in die Energiebetrachtung miteinbezogen
werden. Dabei findet eine Umwandlung "mechanischer Energie" in Wärmeenergie statt. Da
Wärmeenergie mit der molekularen Bewegung innerhalb eines Systems zusammenhängt, wird
Wärmeenergie auch als Innere Energie U bezeichnet.
Energieerhaltungssatz:
Eges = Ekin + E pot + U = const.
Beispiele:
-
Erwärmung eines Squashballs !
Schmiedehammer
Beispiel:
1. Ein Wagen soll, ohne seine Bahn zu verlassen, eine Loopingbahn vom Radius r
durchfahren. Aus welcher Höhe muss der Wagen starten, wenn die Bahn als reibungsfrei
angesehen wird (und die Rotationsenergie der Reifen vernachlässigt wird)?
E p1 = E p 2 + E k
mv 2
mgh1 = mgh2 +
2
m
mgh1 = mg 2r + gr
2
r 5
h1 = 2 r + = r
2 2
mv 2
= mg ⇒ v 2 = gr
r
2. Ist es von der Energiebilanz gleichgültig, ob man ein Auto von 0 auf 50 km/h oder von 50
km/h auf 100 km/h beschleunigt?
Seite 48
Mechanik 1
Trägheitsmoment und Rotationsenergie
Bei der Bestimmung der Bewegungsenergie eines
rotierenden Körpers ist zu beachten, dass im Gegensatz
zur Translation die einzelnen Massenpunkte
unterschiedliche Geschwindigkeiten besitzen. Diese
Bahngeschwindigkeiten hängen von der
Winkelgeschwindigkeit und dem Abstand des Punktes
vom Drehpunkt ab.
v i = riω
Für die Bewegungsenergie eines Massenpunktes mi gilt:
mi v i 2 mi ri 2ω 2
Ei =
=
2
2
Die Rotationsenergie des gesamten Körpers ergibt sich aus der Summe der Rotationsenergien aller
Massenpunkte:
1
2
Erot = ∑ Ei = ω 2 .∑ mi ri
2
i
Die Summe
∑m r
i i
2
heißt Trägheitsmoment I des Körpers bezüglich der Drehachse D
Für die Rotationsenergie ergibt sich somit:
Erot
Iω 2
=
2
Bemerkung: Das Trägheitsmoment I bei der Rotation entspricht der Masse m bei der Translation
Die Bestimmung des Trägheitsmomentes erfolgt i.a. mit Hilfe der Integralrechnung
I = ∫ r 2 dm
Seite 49
Mechanik 1
Trägheitsmomente symmetrischer Körper:
Dünner Hohlzylinder (z.B. Reifen)
I = m.r²
Homogener Vollzylinder:
I = ½ m r²
Homogene Kugel:
I = 2/5 m r²
Experiment:
a) Ein Hohlzylinder und ein Vollzylinder gleicher Masse und mit gleichem Radius rollen eine schiefe
Ebene hinunter: der Vollzylinder kommt früher unten an.
Erklärung: die potentielle Energie wird in kinetische Energie und in Rotationsenergie verwandelt.
Je höher das Trägheitsmoment, umso höher die Rotationsenergie und daher umso kleiner der
Anteil der kinetischen Energie (und umso kleiner die Geschwindigkeit!)
b) "Eierprobe":
Ein rohes Ei ist schwerer in Rotation zu versetzen, als ein gekochtes Ei.
Erklärung: Ein gekochtes Ei kann mehr Rotationsenergie aufnehmen, da sich alle Teilchen wie bei
einem starren Körper mitdrehen.
c) Ein rohes Ei rollt schneller auf einer schiefen Ebene herab, weil das Innere praktisch ohne
Drehung nach unten gleitet.
Beispiel:
Berechnen Sie die Endgeschwindigkeit eines Massivzylinders, welcher längs einer schiefen
Ebene der Höhe h herunterrollt (Hinweis: diese Angaben sind ausreichend zur Lösung der
Aufgabe).
Nach dem Energieerhaltungssatz gilt:
E pot = Ekin + Erot
mv 2 Iω 2
mgh =
+
2
2
2
mv
mv 2
mgh =
+
2
4
2 gh
v=
3
1 2
mr
2
v
ω=
r
I=
v ist unabhängig von m und r! aber abhängig von der Form der Körpers und der Höhe h.
Rotierende Körper können in Form von Schwungrädern zur Energiespeicherung verwendet werden.
z.B: bei Verbrennungskraftmaschinen zum Überwinden des Totpunktes, für einen "runden Lauf"; VW
Ökodiesel, ...
Seite 50
Mechanik 1
Beispiel:
Welche Energie ist in einem Schwungrad aus Stahl (ρ=7900kg/m³) mit einem Durchmesser
von 3m und einer Höhe von 2m gespeichert, wenn es mit 300 Umdrehungen pro Minute (5
Ups) rotiert.
Wie lange könnte mit dieser Energie ein Heizstrahler mit einer Leistung von 2kW damit
betrieben werden?
a)
Erot =
Iω 2 mr 2ω 2
=
2
2.2
, . 5 kg = 112t
m = ρ.V = 7900kgm−3 .1,5 2 π .2m3 = 11210
ω = 2πf = 2π .5 = 10π
Erot =
, . 5 .1,5 2 .100π 2
11210
. 7J
≈ 210
4
b)
W
W = Pt ⇒ 1J = 1Ws
t
. 7 Ws
W 210
=
= 10 4 s ≈ 2h47m
t=
. 3W
P 210
P=
Steinerscher Satz
Dreht sich ein Körper um eine Achse, die zu einer Achse durch den Massenmittelpunkt parallel liegt,
jedoch von dieser den Abstand a besitzt, so besitzt das Trägheitsmoment den Wert:
I = I S + ma 2
Beispiel:
Ein Ring dreht sich um eine Achse, die senkrecht auf die Ringebene steht und durch den
Rand des Ringes geht:
I = I S + mr 2 = mr 2 + mr 2 = 2mr 2
Bewegung um freie Achsen - Hauptträgheitsachsen
Bei allen Körpern gibt es kräftefreie (ohne Lagerbelastung) Rotationsachsen:
Elektromotoren, Kinderkreisel, Erde, ...
I.a. gibt es drei besondere, jeweils durch den Schwerpunkt verlaufende Rotationsachsen, um die das
Trägheitsmoment Extremwerte (Maximum, Minimum, Sattelpunkt) besitzt.
z.B.: Hauptträgheitsachsen eines Quaders
Am stabilsten ist immer die Achse mit dem größten Trägheitsmoment (A); danach kommt jene mit
dem kleinsten TM (B); am instabilsten ist jene mit dem mittleren TM (C).
Seite 51
Mechanik 1
Leistung
Ein Arbeiter hebt ein Loch in 1 Stunde, ein anderer Arbeiter ein gleich großes Loch in 3 Stunden aus:
Sie verrichten die gleiche Arbeit innerhalb verschiedener Zeiten; sie unterschieden sich in ihrer
Leistung.
Leistung gibt an, wie schnell Energie von einem System auf ein anderes System übertragen wird.
Leistung =
Arbeit
Zeit
P=
W
t
J
[ P] = 1 s = 1Watt = 1W
alte Einheit: PS (hp) 1 PS = 75 kp m / s =735,5 W
Bemerkung: Im Zusammenhang mit der Stromrechnung darf Energie nicht mit Leistung verwechselt
werden. Bezahlt wird die verbrauchte Energie (in kW.h) und nicht die Leistung!
Beispiel:
Ein Auto (m=800kg) wird von einem Motor mit 60 kW Leistung vom Stand auf 25m/s
beschleunigt. Welche Zeit wird dabei benötigt, wenn von Reibungsverlusten abgesehen
wird?
W Ek mv 2
=
=
t
t
2t
2
mv
800kg.( 25m / s) 2 800kg.625m2 s −2
t=
=
=
= 4,2s
2P
2.6010
. 3W
12010
. 3 kg. m2 . s −3
P=
Seite 52
Mechanik 1
Der Impuls
Der Impuls eines Teilchens ist definiert als Produkt aus einer Masse und seiner Geschwindigkeit
r
p = mv
Zusammenhang zwischen Impuls und Kraft:
dp d (mv)
dv
=
=m
= ma = F
dt
dt
dt
dp = Fdt ...Kraftstoß
Beispiel
Ein Puck (m =160 g) bewegt sich mit 16 m/s auf einen Eishockeyspieler zu. Dieser erteilt
ihm mit dem Schläger eine Geschwindigkeit von 20 m/s in entgegengesetzter Richtung. Die
Kraft des Schlages wirkt auf den Puck 0,01 s lang. Berechnen Sie die durchschnittliche
Kraft, die vom Spieler auf den Puck ausgeübt wird.
∆p = F .∆t
m.∆v = F .∆t
m.∆v
F=
∆t
Da die Geschwindigkeiten entgegengesetzt sind, gilt:
∆v = v 2 − (−v1 ) = v 2 + v1
m.(v1 + v 2 )
F=
=
∆t
0,16kg − 36
0,01s
m
s = 576 N
Betrachtet man zwei Teilchen, die aufeinander entgegengesetzt gleich große Kräfte ausüben, so
erhält man:
dp1
dt
dp
F21 = 2
dt
F12 = − F21 F12 + F21 = 0
F12 =
dp1 dp 2 d ( p1 + p 2 )
+
=
dt
dt
dt
⇒ p1 + p 2 = const
0=
al lg emein ( für n Teilchen ) gilt: p ges = mges v S = ∑ mi v i = const
i
Seite 53
Mechanik 1
Gesetz von der Impulserhaltung:
Wirkt auf ein System von Massenpunkten keine resultierende äußere Kraft, dann ist die
Geschwindigkeit seines Massenmittelpunktes konstant und der Gesamtimpuls des Systems bleibt
erhalten (d.h. der Impuls stellt eine Erhaltungsgröße dar).
andere Formulierung:
In einem abgeschlossenen System bleibt der Gesamtimpuls erhalten.
Beispiel:
Mann im Boot
zuerst ist p=0; da der Gesamtimpuls konstant bleibt, muss der Impuls zu jedem Zeitpunkt null sein!
m1 v1 + m2 v 2 = const = 0
m2 v 2 = − m1 v1
m
v 2 = − 1 v1
m2
Stoßvorgänge
Elastischer Stoß:
Die Verformungen beim Zusammenprall werden zur Gänze rückgängig gemacht. Die Gesamtenergie
bleibt als Bewegungsenergie erhalten.
vor dem Stoß: m1v1, m2v2
nach dem Stoß: m1u1, m2u2
Unelastischer Stoß:
Die Verformungen bleiben bestehen; ein Teil der kinetischen Energie wird in innere Energie
umgewandelt:
vor dem Stoß: m1v1, m2v2
nach dem Stoß: (m1 + m2)u
Beispiel:
Kugelpendel
Dass auf der anderen Seite auch zwei Kugeln wegfliegen, lässt sich allein mit der Energieerhaltung
nicht erklären; man benötigt auch den Impulserhaltungssatz
Nach dem Energieerhaltungssatz könnte auf der rechten Seite auch nur eine Kugel mit größerer
Geschwindigkeit wegfliegen.
Seite 54
Mechanik 1
Annahme: 1) Es werden links zwei Kugeln ausgelenkt, rechts wird nur eine Kugel mit größerer
Geschwindigkeit weggestoßen
Impulserhaltung :
mv + mv = mv ′
Energieerhaltung :
mv 2 mv 2 mv ′ 2
+
=
2
2
2
Widerspruch !!
⇔ 2mv = mv ′
⇔ 2
⇔ v ′ = 2v
mv 2 v ′ 2
=
⇔ v ′ = v. 2
2
2
Annahme: 2) Es werden rechts zwei Kugeln mit verschiedenen Geschwindigkeiten weggestoßen
I : mv + mv = mv1 + mv 2
1
1
1
1
2
2
E : mv 2 + mv 2 = mv1 + mv 2
2
2
2
2
I : 2v = v1 + v 2 → v1 = 2v − v 2 → einsetzen in E
2
2
2
E : 2v 2 = v1 + v 2 = (2v − v 2 ) 2 + v 2 = 4v 2 − 4vv 2 + 2v 2
v 2 = 2v 2 − 2vv 2 + v 2
0 = v 2 − 2vv 2 + v 2
2
2
2
0 = (v − v 2 ) 2 ⇒ v = v 2
v1 = 2v − v 2 = 2v − v = v
⇒ v = v1 = v 2
weitere Beispiele:
a) Ballistisches Pendel
m2 v = ( m1 + m2 )u
u = 2 gh
v=
( m1 + m2 ) 2 gh
m2
b) Raketenantrieb: Eine Rakete stößt Verbrennungsgase der Masse ∆m mit der Geschwindigkeit v0
aus. Ihre Geschwindigkeit erhöht sich um ∆v. Es gilt:
∆mv 0 = ( m0 − ∆m)∆v
∆mv 0
∆v =
m0 − ∆ m
Seite 55
Mechanik 1
c) Ein von einem Raumschiff getrennter Astronaut bemerkt, dass sich das Raumschiff mit v = 0,12
m/s von ihm entfernt. Er hat einen Hammer (m= 1,2 kg) bei sich. Auf welche Weise kann er das
Raumschiff erreichen, wenn seine Masse samt Ausrüstung 115 kg beträgt ? (Lösung: v >
11,5m/s)
Drehimpuls
Unter dem Drehimpuls L versteht man das Produkt aus Trägheitsmoment I und
Winkelgeschwindigkeit ω
L=Iω
Die Richtung des Drehimpulsvektors stimmt mit jenem der Winkelgeschwindigkeit überein (zeigt in
Richtung der Drehachse).
Dem Kraftstoß bei der Translation entspricht bei der Rotation der Drehmomentstoß M∆t = I∆ω .
Analog zur Formulierung des 2.Newtonschen Axioms für die Translation in der Form F = dp/dt kann
das 2.NA für die Rotation in der Form
M=
dL d ( Iω )
dω
=
=I
= Iα
dt
dt
dt
α ... Winkelbeschleunigung
angeschrieben werden.
Gesetz von der Erhaltung des Drehimpulses:
In einem abgeschlossenen System bleibt der Gesamtdrehimpuls erhalten (L = const).
Für ein abgeschlossenes System (ein System, auf das keine äußeren Kräfte und Drehmomente
wirken) gibt es daher drei Erhaltungsgrößen:
♦ Energie
♦ Impuls
♦ Drehimpuls
"Drehstuhlexperiment"
Bei Verringerung des Trägheitsmomentes durch Heranziehen der Gewichte kommt es zu
einer Erhöhung der Winkelgeschwindigkeit. Das Produkt I.ω und damit der Drehimpuls L
bleibt konstant.
Beachte: Die Rotationsenergien sind keineswegs gleich: wenn ω1 < ω2, dann folgt
2
2
I 1ω 1
I ω
< 2 2
2
2
Beim Anziehen der Arme muss Arbeit gegen die Zentrifugalkraft verrichtet werden. Diese
von der Person aufgebrachte Arbeit wird in Rotationsenergie umgewandelt.
Seite 56
Mechanik 1
Die Erhaltung des Drehimpulses wird auch bei verschiedenen Sportarten ausgenutzt:
•
Beim Eislaufen kann die Eisläuferin bei der Pirouette durch ein seitliches Ausstrecken der Arme
ihre Winkelgeschwindigkeit herabsetzen, durch Anziehen der Arme erhöhen.
•
Beim Schlagen eines Saltos wird durch das Anziehen der Arme und Beine die
Drehgeschwindigkeit erhöht.
Drehimpulssatz in einem nicht abgeschlossenen System
Wirkt auf ein System z.B. ein äußeres Drehmoment (in Form eines Kräftepaares), so gilt:
dL
∆L
= M bzw.
=M
dt
∆t
Die zeitliche Änderung des Drehimpulses ist gleich dem gesamten von außen angreifenden
Drehmoment.
Mit anderen Worten (klingt dieser Zusammenhang hoffentlich verständlicher): Der Drehimpulsvektor
hat das Bestreben, sich gleichsinnig parallel zum angreifenden Drehmomentvektor zu stellen:
Dieses Zusammenhang bietet z.B. die Grundlage zum "Freihändig - Radfahren"
Anwendung des Erhaltungssatzes des Drehimpulses:
•
•
Jongleure: versetzen Bälle und Ringe in Rotation
Kanonen und Gewehre besitzen gezogene Läufe, ...
Seite 57
Mechanik 1
Kreisel
Als Kreisel bezeichnet man einen in höchstens einem Punkt festgehaltenen rotierenden Körper. Ist
dieser rotationssymmetrisch, so bezeichnet man seine Symmetrieachse als Figurenachse. Ihre Lage
stimmt mit der des Drehimpulsvektors überein.
Bei einem im Schwerpunkt unterstützten Kreisel bleibt diese Achse raumfest.
Befindet sich der Schwerpunkt oberhalb des Unterstützungspunktes, so erzeugt die Gewichtskraft ein
Drehmoment.
Ein ruhender Kreisel würde dadurch nach unten kippen; der rotierende Kreisel weicht jedoch
senkrecht zu dieser wirkenden Kraft aus. Die Rotationsachse umschreibt dabei einen Drehkegel.
Diese Bewegung wird als Präzession bezeichnet.
Präzession der Erde:
Die Erde kann als Kreisel betrachtet werden. Aufgrund der Abplattung (man kann sich die Erde als
Kugel mit Ring um den Äquator vorstellen), sind die Gravitationskräfte der Sonne auf beide Erdhälften
verschieden groß. Das resultierende Drehmoment versucht die Erde aufzurichten, wodurch es zu
einer Präzessionsbewegung kommt, bei welcher die Erdachse in 26000 Jahren einen Kegelmantel
durchläuft (platonisches Jahr).
Seite 58
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