www.schlaganfall-hilfe.de Rehabilitation und das tägliche Leben Hilfsmittel erleichtern das Leben Informationsbroschüre REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE Rehabilitation und das tägliche Leben Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe MOBIL NACH SCHLAGANFALL – eine Initiative der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und Otto Bock Healthcare zur Stärkung der Reha nach Schlaganfall Ziel ist es, Patienten und Angehörigen zu helfen, zu mehr Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit zu gelangen und ihnen zu einem Höchstmaß an Mobilität zu verhelfen. Dabei setzen sie auf eine integrierte Versorgung als Voraussetzung, Schlaganfall-Betroffenen eine rechtzeitige und adäquate Rehabilitation zu ermöglichen. 2 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE INHALT 4 Vorwort 4 Was sind Hilfsmittel? 5 Welche Hilfsmittel gibt es für Schlaganfall-Patienten? 6 Wie stelle ich fest, ob mein Hilfsmittel zugelassen ist? 7 Zugang zu Hilfsmitteln 8 Auswahl des geeigneten Hilfsmittels 9 Aspekte der Verordnung / Beantragung 10 Finanzierung von Hilfsmitteln 12 Widerspruch / Klage 13 Alternativen 13 Hilfsmittelversorgung durch die private Krankenversicherung 14 Der richtige und erfolgreiche Einsatz von Hilfsmitteln 15 Checkliste Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Carl-Miele-Straße 210, 33311 Gütersloh Service- und Beratungszentrum Telefon: 01805 093093 (0,14 EUR/Min., Mobilfunk max. 0,42 EUR/Min.) Telefax: 01805 094094 E-Mail: [email protected] Internet: www.schlaganfall-hilfe.de Spendenkonto: Sparkasse Gütersloh Konto-Nr: 50 Bankleitzahl: 478 500 65 IMPRESSUM Herausgeber Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Carl-Miele-Straße 210 33311 Gütersloh Redaktion Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Stand: August 2010 3 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN Nach einem Schlaganfall benötigt der Patient Hilfsmittel, die den Erfolg seiner Behandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder nach Abschluss der Rehabilitation eine Behinderung ausgleichen helfen. Bereits in der Akutbehandlung in der Klinik kommen Hilfsmittel zum Einsatz. Im Idealfall kann der Patient später auf Hilfsmittel verzichten. Als Folge eines Schlaganfalls bleiben jedoch sehr oft körperliche Einschränkungen, die das Leben im Alltag erschweren. Viele Dinge im alltäglichen Ablauf können nicht ohne Hilfsmittel bewältigt werden. Was aber genau sind Hilfsmittel, wie kommen sie zum Patienten und wie sieht es mit der Finanzierung aus? Hilfsmittel werden in der Akutphase für die Dauer der Behandlung von der Klinik gestellt. In der Reha-Klinik erfahren die Patienten im Idealfall, welche Hilfsmittel gut für sie sind und auf welche sie Anspruch haben. Trotzdem müssen sich Patienten und STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE Angehörige später durch einen Dschungel von Vorschriften und Definitionen kämpfen. In dieser Phase empfiehlt sich die Kontaktaufnahme zu einem Sanitätshaus Ihres Vertrauens oder ein persönlicher Termin bei dem zuständigen Sachbearbeiter Ihrer Krankenkasse (sofern diese ortsnah eine Geschäftsstelle hat). Darüber hinaus ist die Versorgung mit Hilfsmitteln in Deutschland noch verbesserungswürdig. Ärzte sind häufiger über aktuelle Regelungen nicht ausreichend informiert, die Schulung im Gebrauch des Hilfsmittels ist sehr häufig unzureichend, Gewöhnungsschwierigkeiten führen dazu, dass das Hilfsmittel nicht konsequent verwendet wird. Mit anderen Worten: es gibt viele Hürden zu überwinden. Diese Informationen sollen helfen, einen guten Überblick zu bekommen und SchlaganfallPatienten zu einer besseren Versorgung mit Hilfsmitteln verhelfen. 1 Was sind Hilfsmittel? Hilfsmittel sind ausschließlich bewegliche Gegenstände, wie etwa ein Rollstuhl, eine Orthese oder eine Anziehhilfe. Sie sind Ersatz für fehlende und unzulängliche Körperfunktionen, mildern oder beseitigen eine Beeinträchtigung. Mit einem Hilfsmittel lassen sich bestimmte Ziele schneller, einfacher oder besser erreichen als es ohne dieses Hilfsmittel möglich wäre. Hilfsmittel sollen auch zur Entlastung der Angehörigen und zur größtmöglichen Selbstständigkeit des Patienten in Bezug auf Mobilität und Aktivitäten des täglichen Lebens beitragen und den Eintritt einer Pflegebedürftigkeit vermeiden. Umbauten innerhalb der Wohnung (z.B. der Einbau eines Treppenlifts) gehören also nicht in die Kategorie Hilfsmittel. Dies gilt ebenso für Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, deren therapeutischer Nutzen gering ist (z.B. Wärmflaschen) oder deren Abgabepreis gering ist (z.B. Alkoholtupfer). Abzugrenzen von den Hilfsmitteln sind Pflegehilfsmittel. Letztere erleichtern die Pflege, lindern Beschwerden oder ermöglichen eine selbstständigere Lebensführung. Um ein Pflegehilfsmittel zu bekommen, muss Pflegebedürftigkeit bestehen. 4 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE 2 Welche Hilfsmittel gibt es für Schlaganfall-Patienten? Sobald nach dem Schlaganfall der Allgemeinzustand des Patienten stabil ist, beginnt die Mobilisierung. Wichtig sind jetzt Maßnahmen zur Vermeidung von Beweglichkeitseinschränkungen, Herz-Kreislauftraining und Maßnahmen zur Vorbeugung von Osteoporose. Zum Einsatz kommen dann Hilfsmittel zur Förderung der Mobilität, z.B. individuell einstell- und zurüstbare Pflegerollstühle, Lagerungsmaterialien zur Vermeidung von Druckgeschwüren (Dekubitus) oder Stehbrett/Stehständer zum sicheren und stabilen Aufrichten des Patienten, elektronische Antriebshilfen für den bereits vorhandenen Rollstuhl, Sitzhilfen- und schalen, Spezialkissen, Positionierungsgurte, Gehhilfen (Stöcke, Rollatoren u.a.), Orthesen oder Spezialschuhe. Als Folge eines Schlaganfalls leiden viele Patienten unter Halbseitenlähmungen und damit einhergehend unter Funktionseinschränkungen des Arms, der Hand und/oder des Beins und des Fußes. Ziel der Physio- und Ergotherapie ist es, grob- und feinmotorische Funktionen bestmöglich wieder herzustellen. Hier sind insbesondere Hilfsmittel zur individuellen Förderung der Funktionalität hilfreich. Zur Ergänzung von Physio- und Ergotherapie kommen Orthesen für die verschiedenen Extremitäten sowie funtionelle Elektrostimulation zum Einsatz. Leidet der Patient unter einer Störung des Verstehens von Sprache, des Schreibens Hilfsmittel zur Unterstützung der Kommunikation mit der Umwelt. Zur Verfügung stehen vielfältige elektronische Hilfen wie Sprachcomputer, Sprachtrainer, Vor-Lesegeräte, Bildschirmlesegeräte, Hilfen für mobile Kurzansagen, Zeichnungen, Fotos, Texte, Notizen etc. Hilfsmittel zur Unterstützung bei Sehstörungen kommen zum Einsatz, wenn als Folge des Schlaganfalls die Sehfunktionen gestört sind. Dazu gehören spezielle Sehhilfen oder auch geeignete Prismen oder Prismenfolien. Auch der Einsatz von Vergrößerungshilfen und eine gute Beleuchtung können im Einzelfall hilfreich sein, um das Lesen wieder zu ermöglichen. Gerade bei diesen Hilfsmitteln ist vorab jedoch die Finanzierung durch den Kostenträger zu klären. 5 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN Hilfsmittel für den häuslichen Bereich stehen ebenfalls zur Verfügung. Dazu gehören Rampen zur Türschwellenbeseitigung und zur Überwindung von Stufen, Haltegriffe, Toilettenerhöhungen, Duschstühle, etc. Treppenlifte sind keine Hilfsmittel, können aber eventuell im Rahmen einer Wohnungsumbaumaßnahme als Leistung der Pflegeversicherung anerkannt werden. Ist der Patient sehr schwer betroffen und auf Langzeitpflege angewiesen, gibt es spezielle Hilfsmittel für die Langzeitpflege (wie z.B. ein Pflegebett), die dann als Pflegehilfsmittel zur Verfügung stehen. Voraussetzung dafür ist jedoch das Vorliegen einer Pflegestufe beim jeweiligen Patienten. Bereits während der Rehabilitation lernt der Patient individuelle Hilfsmittel zur Wiedererlangung oder zur Erleichterung von STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE Alltagstätigkeiten wie Essen und Körperpflege kennen. Diese Hilfsmittel für den Alltag sind für viele Patienten eine unverzichtbare Unterstützung im täglichen Leben. Hierzu zählen Griffverdickungen, spezielles Besteck, Greif- und Anziehhilfen, Spezialverschlüsse, Antirutschunterlagen, Einhandwerkzeug, Fixier- und Klemmbretter u.a. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Hilfen, bei denen es sich jedoch nicht um Hilfsmittel nach der Definition der Krankenkassen handelt, sondern um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens (z.B. Dosenöffner, Rückenbürsten, Kammverlängerungen etc.), die von den Krankenkassen nicht übernommen werden. Sie werden hier jedoch erwähnt, um Patienten einige Hinweise und Tipps zu geben, was ihnen im Alltag ohne größeren finanziellen Einsatz helfen kann. Lassen Sie sich dazu in Ihrem Sanitätshaus beraten. 3 Wie stelle ich fest, ob mein Hilfsmittel zugelassen ist? Das aktuelle Verzeichnis der Gesetzlichen Krankenversicherung ist über die Website des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkasse als Download abrufbar: www.gkv-spitzenverband.de. In Sanitätshäusern steht der jeweils aktuelle Hilfsmittelkatalog oder eine Übersicht der von der jeweiligen Krankenkasse genehmigungsfähigen Hilfsmittel zur Verfügung. 6 STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN 4 Zugang zu Hilfsmitteln Seit 1. Januar 2010 können Versicherte jedoch Hilfsmittel nicht mehr von jedem Leistungserbringer beziehen. Das hat der Gesetzgeber so beschlossen. Infolgedessen haben verschiedene Krankenkassen Verträge mit Hilfsmittelanbietern geschlossen, die „gute Qualität zu günstigen Preisen bieten“. Dies ist jedoch nicht bei allen Kassen der Fall. Bitte erkundigen Sie sich daher im Einzelfall bei Ihrer Kasse oder im Sanitätshaus Ihres Vertrauens. Selbst wenn Ihre Kasse Verträge mit bestimmten Anbietern hat, Sie sich jedoch nach Rücksprache mit Ihrem Arzt und dem Sanitätshaus Ihrer Wahl begründet für ein (teureres oder auch preisgünstigeres) Hilfsmittel eines anderes Anbieters entscheiden, erkundigen Sie sich in ihrer Kasse und klären Sie die Finan- zierung. Es ist durchaus möglich, dass Sie dann das Hilfsmittel Ihrer Wahl auch von einem anderen Anbieter beziehen können, wenn Sie eventuelle Mehrkosten selbst übernehmen. Sehr wichtig ist hier die Beratung durch Sanitätshäuser, deren Fachleute die Probleme von Schlaganfall-Patienten kennen und wissen, welches Hilfsmittel bei einer bestimmten Tätigkeit nützlich sein kann. Oft wissen Patienten nicht, welche Hilfen zur Verfügung stehen. Daher ist es wichtig, sein Problem im Sanitätshaus zu schildern und entsprechende Hilfsmittel unter fachlicher Anleitung zu testen. Danach empfiehlt sich eine erneute Rücksprache mit dem Arzt, der dann das Hilfsmittel aus der entsprechenden Produktgruppe verordnet. 7 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE 5 Auswahl des geeigneten Hilfsmittels Unabhängige Beratung bieten z.B. die Sozialverbände (VdK, Der Paritätische Gesamtverband u.a.), Selbsthilfegruppen, Pflegestützpunkte, Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (wie z.B. Caritas, Arbeiterwohlfahrt u.a.), Integrationsämter oder Beratungszentren an Universitäten an. Beim VdK gibt es auch die Beratungsstellen für technische Hilfsmittel und Wohnraumanpassung. Unter www.barrierefrei-leben.de kann man sich online beraten lassen. Hilfsmittelmessen und Gesundheitstage sind ebenfalls eine gute Gelegenheit, sich über das Produktangebot verschiedener Hersteller einen Überblick zu verschaffen. Bevor die endgültige Entscheidung getroffen wird, leiht man sich vorzugsweise das gewünschte Hilfsmittel zum Testen aus. Nun gilt es noch zu klären, ob das gewünschte Produkt im Hilfsmittelverzeichnis der Kranken- und Pflegekassen aufgelistet ist, da es ansonsten von den zuständigen Kostenträgern in der Regel nicht übernommen wird. Hilfe findet man ebenso unter www.betanet.de (Suchmaschine für Krankheit & Soziales). 8 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN 6 STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE Aspekte der Verordnung / Beantragung Ein gutes Sanitätshaus wird das Rezept und ihren Antrag gern überprüfen. Das Rezept schickt man zusammen mit einem Kostenvoranschlag sowie dem Antrag auf Kostenübernahme an den zuständigen Kostenträger (s. Abschnitt 7). Generell ist es ratsam, im Antrag die genauen Lebensumstände, den medizinischen Ist-Zustand wie den zu erwartenden Nutzen des Hilfsmittels zu schildern und gegebenenfalls die Vorteile im Vergleich zu einer kostengünstigen Alternativversorgung anzuführen. Ist das Rezept bzw. der Kostenvoranschlag von der Kasse bzw. vom Kostenträger genehmigt, wird das Hilfsmittel über das Sanitätshaus oder direkt bei der Vertragsfirma bestellt. Nur in begründeten Einzelfällen kann man das Hilfsmittel über eine andere Firma beziehen, so z.B. bei Hilfsmitteln mit individuellem Anpassungs- und Beratungsbedarf, bei denen nur eine wohnortnahe Versorgung als zumutbar gilt. Die dadurch möglicherweise anfallenden Mehrkosten muss der Patient selbst tra- gen. Auch wenn im Vorfeld Festpreise für ein Hilfsmittel vereinbart wurden und das ausgesuchte Hilfsmittel teurer ist, muss der Antragsteller für den Preisunterschied aufkommen. In jedem Fall sind die Kassen berechtigt, von ihren Mitgliedern für Hilfsmittel eine Selbstbeteiligung zu verlangen. Diese Zuzahlung ist von Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zu leisten – in Höhe von 10 % des Anschaffungspreises, mindestens aber 5 Euro und höchstens 10 Euro. Die meisten Hilfsmittel bleiben Eigentum des Sanitätshauses oder der Krankenkasse und müssen zurückgegeben werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Wurde ein Aufpreis geleistet, bekommt man dafür später von der Krankenkasse keinen finanziellen Ausgleich. Die Krankenkassen sind auch dazu angehalten, möglichst gebrauchte technische Hilfsmittel, die zum Wiedereinsatz instand gesetzt wurden, leihweise durch den jeweiligen Vertragspartner zu überlassen. 9 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE 7 Finanzierung von Hilfsmitteln Um später keine böse Überraschung zu erleben, empfiehlt es sich, schon vor der Anschaffung zu klären, ob und in welcher Höhe die Kosten übernommen werden. Wichtig ist dabei zunächst festzustellen, ob das beantragte Hilfsmittel mit einer Hilfsmittelnummer im Hilfsmittelkatalog der Krankenkassen verzeichnet ist. Erfahrene Sanitätshäuser werden Ihnen dazu Hilfe anbieten. Wer finanziert was? Welcher Kostenträger ist jedoch zuständig, wenn man als Schlaganfall-Patient einen Rollstuhl, eine Sprachhilfe oder ein Pflegebett benötigt? Je nach Lebenssituation und Einsatzbereich (privat oder beruflich) des benötigten Hilfsmittels können unterschiedliche Kostenträger verantwortlich sein: Hilfsmittel für den privaten Gebrauch Werden Hilfsmittel für den privaten Gebrauch benötigt, ist die Krankenkasse der richtige Ansprechpartner. Das gewünschte Hilfsmittel darf allerdings allein zum Ausgleich der Behinderung dienen. So finanzieren die Krankenkassen zwar unter Umständen bei einer Halbseitenlähmung eine Spezialtastatur für den heimischen PC, nicht aber den PC selbst. Die Logik bei der Finanzierung eines Hilfsmittels ist, dass damit die Beeinträchtigung durch eine Erkrankung so gut wie möglich ausgeglichen wird. Es soll aber keine Besserstellung gegenüber einem nicht eingeschränkten Menschen entstehen. Das bedeutet dann z.B., dass eine Spezialtastatur bei einer Armlähmung als Hilfsmittel finanziert wird. Den zugehörigen PC muss man sich aber selbst kaufen, da auch ein Mensch ohne Einschränkung sich den Computer selbst anschafft. Ganz wichtig: Ein Hilfsmittel muss immer die Situation des Betroffenen verbessern, die des Angehörigen spielt dabei keine Rolle. So reicht als Begründung für die Kostenübernahme eines elektrischen Rollstuhls nicht die Begründung, dass es für den Angehörigen zu anstrengend ist, den Rollstuhl zu schieben. Die Begründung muss lauten: Für die Sicherung der Teilhabe des Patienten ist ein E-Rolli notwendig, da er selbst nicht die Kraft zur Bedienung eines normalen Rollstuhls hat. Hilfsmittel für den Arbeitsplatz Bei Hilfsmitteln für den Arbeitsplatz kommen als Kostenträger die Rentenversicherung oder die Arbeitsagentur in Frage. Welcher Kostenträger im Einzelfall zuständig ist, hängt davon ab, wie viele Jahre man bereits sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat. Empfänger von Arbeitslosengeld II müssen ihre Ansprüche dagegen an die Arbeitsagentur bzw. bei den sogenannten „optierenden Kommunen“ an die dort zuständigen Stellen geltend machen. In Einzelfällen kann auch das Integrationsamt die Kosten für Hilfsmittel tragen. Pflegehilfsmittel Pflegebedürftige haben unabhängig von ihrer Pflegestufe Anspruch auf Pflegehilfsmittel. Darunter versteht man alle Hilfsmittel, die dazu bestimmt sind, die häusliche Pflege zu erleichtern, Beschwerden zu lindern, der Körperpflege und 10 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN Hygiene dienen oder eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen. Sowohl sogenannte „zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel“ (z.B. Betteinlagen) wie auch „technische Hilfsmittel“ (z.B. Pflegebetten) können bei den Pflegekassen beantragt werden. Sozialamt Sollte keiner der bisher genannten Kostenträger für die Erstattung der beantragten Hilfsmittel verantwortlich zeichnen, kann der Antrag auch beim Sozialamt eingereicht werden. Damit Erfolgsaussichten bestehen, ist es von Vorteil, bereits den Ablehnungsbescheid der Krankenkasse oder der Rentenversicherung vorliegen zu haben. Leistungen vom Sozialamt kommen nur in Betracht, wenn kein Leistungsanspruch auf Hilfsmittelversorgung gegenüber anderen Kostenträgern besteht. Dies ist der Fall, wenn Sie bspw. ein Pflegehilfsmittel benötigen, aber keine Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung erhalten. Außerdem muss bedacht werden, dass das Sozialamt Leistungen nur dann gewährt, wenn das Einkommen und Vermögen STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE eine individuell zu errechnende Höhe nicht überschreitet. Sollten für die erforderlichen Hilfsmittel verschiedene Rehabilitations- und damit Kostenträger zuständig sein bzw. sollte die Zuständigkeit unklar sein, können Sie sich insbesondere bei einer der so genannten Gemeinsamen Servicestellen (www.reha-servicestellen.de) der Rehabilitationsträger erkundigen. Damit man als Betroffener nicht von „Pontius zu Pilatus“ rennen, d.h. bei allen Kostenträgern vorsprechen muss, wurde mit § 14 SGB IX eine Regelung getroffen, damit nicht nur die Beratung aus einer Hand erfolgen kann, sondern auch die Abstimmungsprozesse zwischen den Kostenträgern definiert sind: Danach ist ein Kostenträger verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen zu entscheiden, ob er für den Antrag zuständig ist oder nicht. Nach Ablauf dieser Frist muss er den Antrag an denjenigen Kostenträger weiterleiten, den er für befugt hält. Letzterem obliegt es dann, über den Antrag zu bescheiden. 11 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE 8 Widerspruch / Klage Nötig ist dafür ein ablehnender Bescheid, der auch mündlich ergehen kann. Ratsam ist es aber aus Gründen der Nachweisbarkeit, einen schriftlichen Ablehnungsbescheid des Kostenträgers einzufordern. Zudem ist es von Vorteil, bei der Widerspruchsbegründung die Hilfe von Fachleuten (z.B. Fachanwälte für Sozialrecht) in Anspruch zu nehmen, da der Widerspruch sorgfältig ausgearbeitet und begründet sein sollte. Auch engagierte Sanitätshäuser unterstützen die Betroffenen dabei. Die Behörde muss den Beteiligten Einsicht in die Akten gewähren. Falls das beantragte Hilfsmittel erneut abgelehnt wird, kann man innerhalb eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheids (dieser ist ausdrücklich als solcher überschrieben) beim zuständigen Sozialgericht Klage gegen den Widerspruchsbescheid erheben. Das Verfahren vor den Sozialgerichten ist grundsätzlich kostenfrei und es besteht auch keine Anwaltspflicht. Anwaltskosten fallen ggf. nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) an. Da man das Hilfsmittel nicht ohne Grund beantragt hat und es dringend benötigt, ist ab Zugang der ablehnenden Entscheidung die Anschaffung des Hilfsmittels auf eigene Kosten zulässig. Das Widerspruchs- und ggf. Klageverfahren ist dann auf die Erstattung der entstandenen Kosten gerichtet. Ist jedoch die Vorfinanzierung des Hilfsmittels nicht möglich, kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Beispiel: Das Bedürfnis nach Mobilität im Nahbereich der Wohnung begründet selbst dann den Anspruch auf einen Elektrorollstuhl, wenn dieser Bereich alternativ auch mithilfe einer Begleitperson und einem vorhandenen Rollstuhl erreicht werden könnte. Die Möglichkeit, die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen, schließt den Anspruch nicht aus. Im Klageverfahren beauftragt das Gericht häufig einen unabhängigen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens. Alternativ kann auch der Kläger einen Gutachter benennen. Er muss in diesem Falll jedoch die Kosten vorschießen (er erhält sie zurück, wenn das Gericht dieses Gutachten zur Entscheidungsfindung herangezogen hat). REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE 9 Alternativen Neben preisreduzierten Angeboten bei Sanitäts-Discountern oder anderen Schnäppchen gibt es gut erhaltene Hilfsmittel häufig auch aus zweiter Hand. Diese werden auf speziellen Reha-Flohmärkten oder in Kleinanzeigen angeboten. Besonders im Internet kann man fündig werden, so bietet beispielsweise die Internetplattform eBay eine eigene Rubrik für Hilfsmittel. Die größte Tauschbörse für Hilfsmittel betreibt das Unfallopfer Hilfswerk e.V. in Berlin. In verschiedenen Rubriken lässt sich das gewünschte Hilfsmittel zielgerichtet suchen. Adressen: www.hilfsmittelboerse.de www.quoka.de www.ebay.de www.dhd24.com 10 Hilfsmittelversorgung durch die private Krankenversicherung Deshalb ist es besonders wichtig, vor Vertragsabschluss darauf zu achten, welche Versicherungsleistungen hinsichtlich der Hilfsmittelversorgung zu erwarten sind. Bei einigen Versicherungen kann man eventuell zusätzliche Risiken noch später nachversichern, allerdings ist dies oft mit höheren Kosten verbunden. 13 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE 7 Der richtige und erfolgreiche Einsatz von Hilfsmitteln Unsachgemäß genutzte oder falsch angewendete Hilfsmittel sind oftmals nicht nur unwirksam, sondern können dem Betroffenen im schlimmsten Fall sogar schaden. Die Bereitschaft des Patienten, eine therapeutische Empfehlung zu befolgen, auch wenn es am Anfang schwer ist oder unbequem, spielt beim Einsatz von Hilfsmitteln eine entscheidende Rolle. Die Motivation und Fähigkeit des Patienten, Hilfsmittel richtig einzusetzen, wird von mehreren Faktoren bestimmt. Neben dem Informationsgrad des Patienten sind auch die richtige Anpassung des Hilfsmittels, die Schulung des Patienten im Umgang mit dem Hilfsmittel (evtl. auch zusammen mit den Angehörigen) sowie eine kontinuierliche Betreuung durch den Arzt oder Therapeuten entscheidend. Vorfeld von ihrem Arzt oder Therapeuten hinreichend über die Vorteile des Hilfsmittels informiert werden. Die Anpassung des verordneten Hilfsmittels erfolgt idealerweise durch gut ausgebildete Fachleute, da mangelhaft angepasste Hilfsmittel meist auf wenig Akzeptanz bei den Betroffenen stoßen. Außerdem muss der Umgang mit Hilfsmitteln erlernt werden: So reicht es bei den meisten Patienten nicht aus, das Hilfsmittel einmal vorzuführen und ansonsten auf die Bedienungsanleitung zu vertrauen. Schließlich dient auch eine kontinuierliche Betreuung dazu, den wirksamen Gebrauch eines Hilfsmittels zu fördern und zu verhindern, dass der Patient das Hilfsmittel irgendwann enttäuscht in der Ecke stehen lässt. Um den Erfolg beim Einsatz von Hilfsmitteln zu erhöhen, sollten Schlaganfall-Patienten im 14 REHABILITATION UND DAS TÄGLICHE LEBEN STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFALL-HILFE Checkliste Hilfsmittel Hilfsmittel werden Ihnen im Krankenhaus leihweise und kostenlos überlassen. Fragen Sie Ihren Stationsarzt, ob er bereits im Krankenhaus Hilfsmittel für die Zeit nach der Klinik verordnen kann. Fragen Sie Ihren Therapeuten, welche Hilfsmittel für Sie geeignet wären. Sprechen Sie auch mit Ihrem Haus- oder Facharzt (z.B. Neurologen) über Ihren persönlichen Hilfsmittelbedarf. Die Verordnung (das Rezept) sollten Sie bei Ihrer Krankenkasse vor Ort oder beim Sanitätshaus abgeben. Es empfiehlt sich, Kontakt mit dem zuständigen Sachbearbeiter bei Ihrer Krankenkasse aufzunehmen. Vereinbaren Sie mit dem Sanitätshaus eine Anpassung oder sogar eine Vorführung des Hilfsmittels. Fragen Sie beim Sanitätshaus nach, wann Ihr Hilfsmittel angeliefert werden kann. Sollten die Kosten für das Hilfsmittel nicht durch die Krankenkasse übernommen werden, scheuen Sie sich nicht, binnen eines Monats einen schriftlichen Widerspruch einzulegen. Ihr Sanitätshaus kann Sie dabei unterstützen. Gerne beraten wir Sie persönlich! Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe | Service- und Beratungszentrum Carl-Miele-Str. 210 | 33311 Gütersloh | Tel.: 01805 / 093093 (0,14 EUR/Min., Mobilfunk max. 0,42 EUR/Min.) 15