52. Deutschen Verkehrsgerichtstag 2014 in Goslar Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 Die AvD-Positionen zu den Arbeitskreisen des 52. Deutschen Verkehrsgerichtstages 2014 Arbeitskreis I: Grenzüberschreitende Vollstreckung von Sanktionen in der EU Arbeitskreis II: Problemfeld Schmerzensgeld Arbeitskreis III: Gesetzlich unfallversichert – Fluch oder Segen? Arbeitskreis IV: Sachmängelhaftung und Garantie beim Autokauf Arbeitskreis V: Fahreignung und MPU Arbeitskreis VI: „Rätselhafte" Verkehrsunfälle und strafprozessuale Aufklärungspflicht Arbeitskreis VII: Wem gehören die Fahrzeugdaten? Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 Ihre Ansprechpartner beim Deutschen Verkehrsgerichtstag 2014 AvD Vizepräsident für Recht und Verkehr RA Hasso Werk AvD Bereichsleiter Recht RA Christian Jensen AvD Verkehrsrechtsexpertin RAin Petra Schmucker AvD Pressearbeit VGT 2014 Johannes Hübner Anfragen und Kontaktgesuche richten Sie bitte freundlicherweise an das Sekretariat der AvD Rechtsabteilung Michaela Faeth Tel.: 069-6606-241 E-Mail: [email protected] Lyoner Straße 16 60528 Frankfurt am Main Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014 AK I: Grenzüberschreitende Vollstreckung von Sanktionen in der EU AvD: Verkehrssicherheit muss Geldbußenvollstreckung sein Hauptziel der grenzüberschreitenden Nach vielen bilateralen vertraglichen Lösungsansätzen und einigen Anläufen auf europäischer Ebene wurde mit dem EU-Rahmenbeschluss 2005/214/JI die Grundlage für ein in den Grundzügen EU-weit einheitliches Vollstreckungssystem von Geldsanktionen in Verkehrssachen geschaffen, auf dem auch das 2010 neu installierte Vollstreckungsverfahren in Deutschland basiert. Die erste Bilanz nach zweieinhalb Jahren fällt aus Sicht eines der Hauptakteure, dem Bundesamt für Justiz (BfJ), recht positiv aus: Mit steigender Tendenz werden zahlreiche Verfahren abgewickelt. Gemäß Verlautbarung wurden in dieser Zeit aus 1224 abgeschlossenen Verfahren rund 140.000 Euro an ausländischen Geldbußen vereinnahmt - ein Betrag, der in Deutschland verbleibt. Nach Abschluss von 206 Verfahren wurden rund 60.000 Euro deutscher Geldbußen im Ausland vollstreckt. Allerdings entfallen 90 % aller eingegangenen Ersuchen in den Jahren 2011 und 2012 auf die Niederlande. Die Fälle aus den anderen Mitgliedsstaaten sind (sehr) überschaubar. Griechenland, Irland und Italien haben den Rahmenbeschluss bislang sogar noch nicht umgesetzt. Italien tut sich vielmehr durch eine eigene Inkassotätigkeit hervor. Auch Deutschland selbst nutzt die Möglichkeiten des EU Vollstreckungssystems. Auffällig jedoch ist, dass lediglich 45 % der Ersuchen - dieses waren 2012 rund 4.000 Fälle – straßenverkehrsrechtliche Sachverhalte betreffen. Ob der beachtliche Aufwand, der mit der Stellung eines Ersuchens an einen anderen Mitgliedstaat verbunden ist, oder das Verbleiben der eingetriebenen Geldsanktion beim vollstreckenden Staat oder schlicht die Unkenntnis der verantwortlichen Behörden Grund für die teilweise sehr geringfügigen Inanspruchnahme dieses Vollstreckungssystems ist, wäre näher zu untersuchen, um dieses weiter optimieren zu können. Zum Vergleich der Größenordnung sei erwähnt, dass im Jahr 2012 ca. 4,7 Millionen Verkehrsverstöße in das Verkehrszentralregister neu eintragen wurden. Aus Sicht des betroffenen Autofahrers liegen die wesentlichen Probleme woanders, vor allem in dem jeweiligen nationalen Verfahren, welches ihm nicht vertraut ist. Nach wie vor ist der AvD der Auffassung, dass für ein faires Verfahren grundsätzliche Informationen zu Verfahrensrechten und den Grundprinzipien der fremden Rechtsordnung in einer allgemein verständlichen Form erforderlich sind. Hier ist, so jedenfalls die AvD Meinung, ein besonderes Augenmerk auf eine lückenlose Übersetzung der Verfahrensschriftstücke zu legen. Erst dann kann der erhobene Tatvorwurf verstanden, mögliche Verfahrensrechte erkannt und eine Verteidigung aufgebaut werden, wie es auch einem einheimischen Betroffenen möglich ist. Ein faires Verfahren sichern, ist in den Augen des AvD Grundvoraussetzung für eine zukünftige grenzüberschreitende Vollstreckung von Geldsanktionen. Verfahrensrechte auch des ausländischen Betroffenen müssen klar etabliert und unterstützt bzw. geschützt werden. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 Hier kann ein allgemeines Informationsblatt in den EU-Amtssprachen inhaltlich abgestimmt mit den nationalen Vollstreckungsstellen, ein möglicher Schritt in die richtige Richtung sein. Gerade aus deutscher Sicht ist die Frage der Halterhaftung wegen der differierenden Rechtslage in den EU-Mitgliedstaaten von besonderer Bedeutung. Nach bisheriger Rechtsprechung in Deutschland ist bereits im Erkenntnisverfahren im Entscheidungsstaat der Einwand der Halterhaftung zu erheben. Nur sofern dieser Einwand aussichtslos ist, kann bzw. darf darauf in diesem Verfahren verzichtet werden. Der Einwand ist dann ausnahmsweise erst in dem Bewilligungsverfahren beim Bundesamt für Justiz zu erheben. Laut derzeitiger Rechtsprechung ist das nur bei Verfahren in den Niederlanden der Fall. Fest steht, dass eine verlässliche Einschätzung der Rechtslage für den betroffenen Kraftfahrzeughalter schwierig ist. Der AvD regt daher an, den Betroffen in dieser Situation nicht allein zu lassen und darüber explizit zu informieren, dass alle Einwände bereits im Erkenntnisverfahren vorzutragen sind, insbesondere auch der aus deutscher Sicht besonders wichtige Haltereinwand. Für die Bewertung des derzeitigen Status quo der europaweiten Geldbußenvollstreckung sind aus Sicht des AvD auch diejenigen Ziele heranzuziehen, die bei der Schaffung der grenzüberschreitenden Vollstreckung bestimmend waren. Eine Bewertung ist – ebenso wie die Halterdatenabfrage – im Zusammenhang mit dem alles überspannenden EUProgramm für Straßenverkehrssicherheit 2010 – 2020 zu sehen, mit dem die Anzahl der Verkehrstoten um die Hälfte reduziert werden soll. Eines der darin statuierten strategischen Ziele ist die bessere Wirksamkeit von Maßnahmen für die Sicherheit im Straßenverkehr durch Kontrollen und die Durchsetzung u.a. durch die Ahndung von Verstößen. Der AvD unterstützt effektive Maßnahmen zur Steigerung der Verkehrssicherheit. Es stellt sich hier jedoch die Frage, welchen Effekt das geschaffene, aufwendige Verfahren der grenzüberschreitenden Geldbußenvollstreckung auf die vorrangige Verbesserung der Verkehrssicherheit tatsächlich hat. Bislang, so hat es den Anschein, wird vorrangig das Funktionieren des Verfahrens evaluiert, nicht jedoch die tatsächlichen Auswirkungen für die Verkehrssicherheit. Der AvD schlägt deshalb vor, ein entsprechendes von der EU unterstütztes Evaluierungsprogramm zu entwickeln, bevor weitere Schritte getan werden. Aus deutscher Sicht könnte geklärt werden, warum die im Ausland vollstreckten Geldbußen überwiegend nicht aus dem Bereich des Straßenverkehrs kommen. Anzuregen ist auch, eine Vollstreckung auf diejenigen Delikte wie unangepasste Geschwindigkeit, Alkohol am Steuer, Verstöße gegen die Gurtpflicht zu konzentrieren, die nach den vorliegenden Erkenntnissen die Verkehrssicherheit am meisten gefährden. So wäre eine EU-weite Vollstreckung von Parkverstößen, die auf über 70 Euro aufgestockt werden, um sie in einem aufwändigen Verfahren vollstrecken zu können, zu überdenken. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014 AK II: Problemfeld Schmerzensgeld AvD: Schmerzensgeld muss individuell bemessen bleiben und zumindest als angemessener Vorschuss zeitnah ausgekehrt werden In Deutschland gibt es bereits seit dem Bestehen des Bürgerlichen Gesetzbuches einen Anspruch auf Schmerzensgeld für schuldhafte Verletzungen des Körpers und der Gesundheit eines Menschen. Aber auch in den anderen europäischen Ländern werden Personenschäden entschädigt, allerdings nach ganz anderen Bedingungen. Neben vorgegebenen festen Tabellen oder Tagessätzen spielen im Ausland auch andere Faktoren bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe eine Rolle als in Deutschland. Als Stichwort kann hier stellvertretend das so genannte Angehörigenschmerzensgeld genannt werden. Die unterschiedlichen Systeme bereiten gerade bei der Regulierung von grenzüberschreitenden Verkehrsunfällen zum Teil große Probleme. Der AvD ist der Auffassung, dass – ohne einer zwangsweisen Vereinheitlichung das Wort zu reden – der Blick über den Tellerrand in andere System sinnvoll ist, birgt er doch die Chance, Anregungen und neue Perspektiven zu gewinnen. So kann eine Schmerzensgeldtabelle als Referenz durchaus positiv sein, um vergleichbare und insbesondere transparente Schmerzensgeldbeträge bilden zu können, was vor allem dem Wunsch nach Rechtssicherheit Rechnung trägt. Insbesondere bei schwierigen bzw. umstrittenen Schadensbildern wie dem HWS-Syndrom kann ein vereinbarter Referenzwert, sei er aus einer Tabelle oder einer Entscheidungssammlung, zur Vermeidung langwieriger Streitigkeiten beitragen. Objektivierbare Kriterien für eine Schmerzensgeldbemessung aus verschiedenen Ländern zusammen zu tragen und zu diskutieren, ob diese als relevante Faktoren für die Höhe eines Schmerzensgeldes auch in Deutschland in Frage kommen, kann aus Sicht des AvD befürwortet werden. Dennoch ist es nach Überzeugung des AvD unverzichtbar, den individuellen Fall letztlich einer ebenso individuellen Schmerzensgeldbemessung zu Grunde zu legen, um damit den ganz unterschiedlichen Wirkungen von Verletzungen auf die jeweilige Person mit ihren Vorschädigungen und Veranlagungen sorgfältig Rechnung tragen zu können. Denn die Dauer und Intensität der Schmerzen als auch der Umfang der Beeinträchtigung der Lebensführung ist geprägt durch objektive aber auch subjektive Gegebenheiten des Geschädigten. Auch diese sollten bei der Suche nach einem "gerechten" Ausgleich ausreichend Beachtung finden. Eine alleinige Fixierung der Angemessenheit eines Schmerzensgeldes auf Tabellenwerte oder Tagessätze ist daher abzulehnen. Diese können jedoch als Anhaltspunkte für ein Minimum eines Schmerzensgeldbetrages, quasi für die Bestimmung eines "Sockelbetrages", hilfreich sein. Hier könnten unter anderem Anleihen von der Schweizer Regelung der "Basisgenugtuung" zu nehmen sein. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 Um den oft langwierigen Streitigkeiten über die Höhe eines zu zahlenden Schmerzensgeldes die teilweise existenzbedrohende Gefährdung zu nehmen, schlägt der AvD vor, dem Geschädigten für den Fall, dass die grundlegende Haftung des Schädigers unstrittig ist, ein Recht auf einen "Vorschuss" auf ein angemessenes Schmerzensgeld zuzubilligen. Geht man von einem minimalen Sockelbetrag aus, können durch dessen zügige Auszahlung unbillige Härten für die betroffenen Geschädigten abgemildert werden. Gleichzeitig können die Geschädigten in die Position versetzt werden, für die Zeit bis zur endgültigen finanziellen Regelung vorab adäquat versorgt zu sein und ein Spielen auf Zeit zur Forcierung der Annahme von verminderten Ausgleichansprüchen durch den oftmals zermürbten Geschädigten kann weitgehend vermieden werden. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014 AK III: Gesetzlich unfallversichert – Fluch oder Segen? AvD: Bewährte gesetzliche Unfallversicherung weiter ausbauen Das Grundprinzip, durch eine gesetzliche Sozialversicherung die Folgen von Arbeits-, und Wegeunfällen sowie die Auswirkungen von Berufskrankheiten weitestgehend abzufedern, war seit seiner Einführung im Kaiserreich und ist auch jetzt noch ein Segen. Die gesetzliche Unfallversicherung gewährt heute rund 75 Millionen Personen (Stand 2009) – abhängig Beschäftigten, Schülern, Studierenden, Kindergartenkindern, Haushaltshilfen oder ehrenamtlich Tätigen – Leistungen ohne Rücksicht darauf, ob der Unfall vom Verletzten ganz oder teilweise mitverschuldet wurde. Neben der sofortigen optimalen medizinischen Behandlung erfasst das Leistungsspektrum auch die möglichst weitgehende Vermeidung von Gesundheitsgefahren, die berufliche Wiedereingliederung oder eine Rente bei bleibender Erwerbsunfähigkeit. Gerade aus verkehrsrechtlicher Perspektive, welche beim Arbeitskreis III des 52. Verkehrsgerichtstag in Goslar im Zentrum steht, ist die Abgrenzung der gesetzlichen Unfallversicherung zu anderen Schadenersatzansprüchen wie z.B. nach dem Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) relevant. Nach der geltenden gesetzlichen Regelung ist der Ersatz von Schmerzensgeld bei Eingreifen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht nur nicht vorgesehen, sondern wird vielmehr ein gegebenenfalls bestehender zivilrechtlicher Schmerzensgeldanspruch gesperrt. Das Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 753/94) hielt diese Regelung für verfassungskonform, auch wenn z.B. geschädigte Arbeitnehmer gegenüber sonstigen Geschädigten, die ein Schmerzensgeld erhalten, ungleich behandelt werden. Denn es werden, so das Gericht, unter anderem in der vorrangig gewährten Verletztenrente auch immaterielle Schäden mit abgegolten. Dieses spiegelt sich auch in der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung wider, die einen Teil der Verletztenrente, der mit dem immateriellen Anteil korrespondiert, nicht auf das Einkommen anrechnet, sondern vielmehr auf das ursprüngliche Nettoeinkommen erhöhend aufschlägt. Dennoch ist es aus Sicht des AvD wert zu prüfen, ob ein klarer abgrenzbarer immaterieller Schadenersatzanspruch vorteilhaft ist, der sich dann – analog zu zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüchen – in angemessener und für die Unfallversicherung kalkulierbarer Höhe bilden ließe. Zumal auch bei Wegeunfällen nach dem Gesetz der Schadenersatzanspruch explizit nicht ausgeschlossen wird (§ 104 Absatz 1 SGB VII). Somit ließe sich eine umfassende "Versicherungslösung" aus einer Hand herbeiführen – ohne das System der gesetzlichen Unfallversicherung in Frage zu stellen. Vorstöße, insbesondere von den Beitrag zahlenden Unternehmen, Wegeunfälle aus dem System der gesetzlichen Unfallversicherung heraus zu nehmen, lehnt der AvD ab. Das System der sozialen Unfallversicherung räumt der sofortigen Versorgung und Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 Rehabilitation des Geschädigten Vorrang ein und sollte möglichst umfassend erhalten bleiben. Erst im nächsten Schritt ist letztendlich zu prüfen, wer haftet, um den verantwortlichen Schädiger letztendlich nicht zu entlasten. Darüber hinaus scheint sich für eine Leistungseinschränkung auch keine finanzielle Notwendigkeit zu ergeben. Die gesetzlichen Unfallversicherer sind in finanzieller Hinsicht zumindest bislang nicht wie andere Sozialversicherungsträger in eine ernsthafte finanzielle Schieflage geraten. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014 AK IV: Sachmängelhaftung und Garantie beim Autokauf AvD: Explizite schriftliche Aufklärung über Verbraucherrechte und Verschleißteilübersicht durch Hersteller Grundsätzlich sind die Regelungen bezüglich einer Sachmängelgewährleistung klar im Gesetz geregelt. Die Schwierigkeiten beginnen aber bereits dann, wenn es zu differenzieren gilt, ob der Fahrzeugkauf von Privat zu Privat erfolgt ist oder aus Händlerhand erworben wurde und ob der Kauf eines Neu- oder Gebrauchtfahrzeuges vorgelegen hat. Tritt dann daneben – im Idealfall sogar zeitlich und inhaltlich erweiternd – eine vom Hersteller eingeräumte Garantie hinzu, wird die Verwirrung beim Käufer nochmals größer für den Fall, dass tatsächlich ein Mangel am Fahrzeug vorliegt. Glaubt man, man könne nun die Verwirrung beim Käufer nicht weiter treiben, so sieht man sich evtl. zusätzlich oder stattdessen mit einer vom Verkäufer angebotenen Garantie konfrontiert. Dies nutzen Händler oftmals – man kann sich häufig nicht des Eindrucks erwehren, gezielt – dahingehend aus, die Ansprüche des Käufers hin- und herzuschieben und diesen damit mürbe zu machen. Dies gelingt den Verkäufern umso mehr, als die unterschiedlichen Institute der Gewährleistung und der Garantie nicht hinreichend unterschieden werden und in den meisten Fällen nicht klar gemacht wird, dass dies grundsätzlich kumulierte Rechte sind. Einerseits werden neben der Schuldrechtsreform auch durch die Rechtsprechung die Verbraucherrechte gestärkt (nicht zuletzt die nunmehr zulässige und begründete Klage von inländischen Autokäufern gegen ausländische Händler sowie die freie Werkstattwahl bei entgeltlichen Garantieversprechen). Andererseits gewinnt man verstärkt den Eindruck, dass Händler vielfach geneigt sind, diese in ihren Augen unkalkulierbare Überregulierung durch eine Flucht in den vorgeblichen Verkauf in privatem Kundenauftrag und/oder Verweis auf Garantieleistungen Dritter zu forcieren. Auch der beliebte Verschleißeinwand zur Abwehr von Käuferrechten wird nach Erfahrung des AvD nahezu pauschal und generell geführt. Es besteht auch die nicht unbegründete Gefahr, dass Käuferrechte vorerst – im schlimmsten Fall endgültig - ins Leere laufen, wenn nicht gleichzeitig klargestellt wird, aus welchen Rechten und wie lange und gegen wen der Käufer seine berechtigten Ansprüche erheben kann. Der AvD schlägt daher vor, dass bei der Gewährung einer zusätzlichen Garantie (sei diese entgeltlich oder kostenfrei eingeräumt) direkt und explizit erkennbar als auch schriftlich dokumentiert und archivierbar auf die bestehenden unterschiedlichen Rechts-Institute Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 und jeweiligen Garantiegeber hinzuweisen ist. Dem Käufer muss deutlich erkennbar sein, dass dies für ihn zum Vorteil kumulierte Rechte eröffnet. Dass dies funktionieren kann, hat nicht zuletzt das prominente Beispiel des US-Konzerns Apple gezeigt, der auf Druck der EU-Kommission seine ähnliche Vorgehensweise der Verschleierung von Gewährleistungsrechten zugunsten einer kostenpflichtigen Garantierverlängerung dahingehend ändern musste, als dass nunmehr explizit auf das Vorhandensein einer gesetzlichen Gewährleistung hingewiesen und aufgeklärt wird, die kostenfrei und unabhängig von einem Garantieerwerb besteht. Aber auch dann noch bleibt es für Autokäufer noch schwer genug, die Abgrenzung von Mangel zu Verschleiß zu führen. Es würde sich daher nach Meinung des AvD anbieten, dass Fahrzeug-Hersteller für sämtliche Fahrzeugteile Angaben machen, ob und inwieweit diese generell einem Verschleiß unterliegen. Bei Fahrzeugteilen, die hiernach verschleißen können, sollten die Hersteller dann konsequenterweise auch die durchschnittliche prognostizierte Lebensdauer nach Jahren und/oder Laufleistung angeben und öffentlich hinterlegen. Dies kann und wird dann sicherlich auch als zusätzliches Verkaufsargument nutzbar sein, so dass auch nicht davon auszugehen ist, dass dies zum Nachteil der Kunden als jeweils zu gering beziffert werden würde. Zwar sind derartige Durchschnitts-Pauschalisierungen grundsätzlich dem nach wie vor berechtigten Einwand ausgesetzt, nicht hinreichend die individuellen Faktoren der Fahrzeugbenutzung zu berücksichtigen (beispielsweise ist die individuelle starke Beanspruchung im Stadtverkehr gegenüber überwiegender Autobahnfahrt beim Thema des Bremsenverschleißes wohl kaum über die Laufleistung ableitbar). Solche Auflistungen sind jedoch erst einmal ein adäquater Anhaltspunkt und daher nach Ansicht des AvD geeignet, die eine oder andere müßige Auseinandersetzung und gutachterliche Betrachtung von angeblichen Verschleißursachen zu vermeiden. So kann auf die Schnelle überprüft werden, ob ein Transport des Fahrzeugs zwecks Nachbesserung zumindest einschlägig sein kann oder ein Verschleiß nicht gänzlich auszuschließen erscheint. Einer möglichen strittigen Auseinandersetzung um den Erfüllungsort kann dann auch schon hierdurch die Schärfe genommen werden. Der AvD regt an, eine transparente Bekanntgabe von Verschleißteilen mit deren kalkulierten Verschleißzyklen und Sollbruchzeiten durchzuführen, welche als wirtschaftliche Plangröße bei den Herstellern bereits vorliegen sollte. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014 AK V: Fahreignung und MPU AvD: Effizienter Rechtsschutz gegen behördliche MPU-Anordnung In jüngerer Zeit kann bei den MPU-Begutachtungsstellen eine wachsende Anzahl privat in Auftrag gegebener Begutachtungen festgestellt werden. Hintergrund hierfür ist der legitime Versuch von Beschuldigten, die zuvor alkoholisiert im Straßenverkehr aufgefallen sind und sich nunmehr vor einem Strafgericht zu verantworten haben, durch Vorlage eines positiven Gutachtens ihre Fahreignung zu belegen, um weiterhin am motorisierten Straßenverkehr teilzunehmen zu können. Schenkt das Strafgericht einem positiven Gutachten Glauben, kann eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben und dem Täter der Führerschein wieder ausgehändigt werden. Neben dem Erhalt der Fahrerlaubnis geht der betroffene Kraftfahrer i.d.R. auch davon aus, dass die Eignungsbestätigung des Strafgerichts auch für die Fahrerlaubnisbehörde Bindungswirkung entfaltet. Dies ist gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) auch der Fall, wonach die Fahrerlaubnisbehörde bei einem Sachverhalt, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, nicht zum Nachteil des Fahrerlaubnisinhabers abweichen darf, sofern das Urteil Feststellungen zum Sachverhalt trifft oder die Schuld des Betroffenen und dessen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beurteilt. Wie verhält es sich jedoch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde - wie bereits vorgekommen - mehr oder weniger willkürlich von dieser Bindungswirkung abweicht und den Betroffenen gleichwohl auffordert, sich einer MPU-Begutachtung zur Überprüfung der Fahreignung zu unterziehen ? Aufgrund der gegenwärtigen Rechtslage hat der Betroffene nur die Möglichkeit, sich der Anordnung zu beugen oder diese zu ignorieren mit der Folge, dass die Fahrerlaubnisbehörde hieraus gemäß § 11 Abs.8 S.1 Führerscheinverordnung (FeV) auf seine fehlende Eignung schließen darf und ihm die Fahrerlaubnis entzieht. Ein unmittelbares Rechtsmittel gegen eine Anordnung zur Abgabe einer MPU hat der Betroffene nicht. Dieses Problem ist keineswegs neu und war bereits im Jahr 2006 Thema des 44. Verkehrsgerichtstages. Damals wie heute neigen Fahrerlaubnisbehörden teilweise leichtfertig dazu, die Ablegung einer MPU anzuordnen. Geändert hat sich seit dem im Prinzip wenig. Nach herrschender Ansicht in der Rechtsprechung gilt die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens als Aufklärungsmaßnahme und ist damit kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt, sondern nur eine Vorbereitungshandlung. Dem Betroffenen wird abverlangt, die Entziehung der Fahrerlaubnis abzuwarten und erst hiernach innerhalb eines gerichtlichen Verwaltungsverfahrens die Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung (mit)überprüfen zu lassen. Auch wenn die dogmatische Begründung der Rechtsprechung tragfähig sein mag, ist das hieraus für den betroffenen Kraftfahrer erwachsene Ergebnis nicht zu billigen. Berücksichtigt man den hohen Stellenwert der Fahrerlaubnis bis hin zur wirtschaftlichen Existenzsicherung, möchten sich viele Betroffene nicht dem Risiko einer Fahrerlaubnisentziehung und anschließender gerichtlicher Rechtsprüfung aussetzen und Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 beugen sich daher der behördlichen Anordnung, was für diese Gruppe Kosten zwischen 350,00 Euro und 700,00 Euro alleine für die Begutachtung bedeutet. Aber auch der Teil der Betroffenen, der sich der Anordnung widersetzt und darauf baut, dass die Rechtswidrigkeit im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung festgestellt wird, kommt nicht schadlos zu seinem Recht. Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis, welche in der Regel im Rahmen der sofortigen Vollziehung erfolgt, hat der Betroffene zwar die Möglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorzugehen. Eine Wartezeit von 2 bis 8 Wochen muss der Betroffene jedoch hierfür einkalkulieren, bis über seinen Antrag entschieden ist. Ein Zeitraum, in dem er über keinen Führerschein verfügt. Nach Ansicht des AvD ist dieser Zustand mit der Vorstellung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) gegen rechtswidriges Verwaltungshandeln nicht in Einklang zu bringen. Hier ist der Gesetzgeber aufgefordert, die Rechte der betroffenen Kraftfahrzeugführer besser zu schützen. Auch wenn man – wie die Rechtsprechung – der Anordnung zur Abgabe einer MPU keine Verwaltungsaktsqualität beimessen möchte, könnte der Gesetzgeber gesetzlich bestimmen, dass gegen die Anordnung der Verwaltungsbehörde ein Gutachten der MPU vorzulegen ist, der Verwaltungsrechtsweg eröffnet wird und dem Rechtssuchenden damit ein wirksames Rechtsmittel gegen leichtfertiges Behördenhandeln an die Hand gegeben wird. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014 AK VI: "Rätselhafte" Verkehrsunfälle und strafprozessuale Aufklärungspflicht AvD: Keine Lockerung des Datenschutzes zur Ermittlungserleichterung von Straßenverkehrsdelikten strafrechtlichen Nach schweren Unfällen im Straßenverkehr mit Personenschaden begründen Indizien gelegentlich den Verdacht, dass körperliche oder geistige Mängel des Fahrzeugführers hierfür ursächlich gewesen sein könnten. Macht dieser von seinem Schweigerecht Gebrauch, stehen die Ermittler vor dem Problem der Informationsbeschaffung, d.h. zunächst der faktischen Bestätigung der Krankheits- oder Mängelvermutung. Eine Überprüfung des Führerscheins des Unfallverursachers oder des Fahrerlaubnisregisters (ZEFR) kann Auskunft über bestehende körperliche oder geistige Mängel des Fahrzeugführers liefern, spiegelt jedoch zumeist allenfalls den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Führerscheinerteilung wider. Eine diesbezügliche Befragung von Angehörigen bringt wegen des bestehenden Zeugnisverweigerungsrechts nach § 52 StPO meist keine neuen Erkenntnisse. Dem behandelnden Arzt steht das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsträgers gemäß § 53 StPO zur Seite; ein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht ist gemäß § 203 StGB sogar strafbewährt. Krankenkassen, Rentenversicherer und Integrationsämter unterliegen der Behördenauskunftspflicht des § 161 StPO, müssen jedoch das Sozialgeheimnis gemäß § 35 SGB I wahren, wonach individuelle Sozialdaten von Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen. § 35 Abs. 3 SGB I regelt den Vorrang des Sozialgeheimnisses, sofern keine rechtliche Ermächtigung in Form einer Übermittlungsbefugnis besteht. An Polizei und Staatsanwaltschaft übermittelbar sind lediglich die in § 68 Abs.1 SGB X genannten Daten, wie Name, Anschrift und Geburtsdaten des Unfallverursachers sowie die Bekanntgabe eines etwaigen Arbeitgebers. Auskünfte über etwaige Krankheiten oder anderweitige Einschränkungen des Unfallverursachers zählen nicht hierzu. Auch das Auskunftsverlangen an einen privaten Arbeitgeber entspricht einer Datenerhebung und bedarf gemäß § 4 BDSG einer Rechtsgrundlage. Nach überwiegender Ansicht ist zwar aufgrund des Wortlautes „Ermittlungen jeder Art“ in § 161 Abs. 1 StPO davon auszugehen, dass die Vorschrift nicht nur Behörden, sondern auch private Unternehmen zur Auskunft verpflichtet, jedoch mit der Einschränkung, dass wegen ihrer Unbestimmtheit und dem nicht unbedeutenden Grundrechtseingriff in die informationelle Selbstbestimmung sich die Auskunftspflicht allenfalls auf einfache Auskünfte im Umfang des oben genannten § 68 Abs.1 SGB X erstreckt. Als Ermittlungsansatz bietet sich für die Strafverfolgungsbehörden sicher auch ein Blick ins Internet und insbesondere in die dortigen sozialen Netzwerke an. Teilweise schreiben hier Nutzer sehr offen und freizügig über ihr Leben, Erfahrungen und auch Krankheiten. Auch hier handelt es sich um personenbezogene Daten, die dem Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung unterfallen. Da die Daten jedoch allgemein Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 zugänglich sind, reichen die Generalbefugnisse aus §§ 161, 163 StPO als Rechtsgrundlage in der Regel aus. Festzuhalten bleibt, dass bestehende Schweigerechte und Schweigepflichten von Angehörigen und Berufsgeheimnisträgern sowie der bestehende Datenschutz für Private und Behörden die Verfolgung von Ermittlungsansätzen der Ermittlungsbehörden über etwa bestehende Krankheiten oder Mängel eines Unfallbeteiligten zur Erforschung der Unfallursache vielfach scheitern lassen, zumindest aber deutlich erschweren. Aus Sicht des AvD ist dies jedoch kein Grund, den bestehenden Datenschutz zu ändern und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zugunsten der Strafverfolgung aufzuweichen, zumal die Bestätigung einer Krankheits- oder Mängelvermutung noch keinen Beweis für ihre Unfallursache darstellen würde, im Ergebnis aber mit großer Wahrscheinlichkeit führerscheinrechtliche Konsequenzen für den betreffenden Fahrzeugführer zur Folge hätte. Ohnehin erscheint es zur Vermeidung krankheitsbedingter Verkehrsunfälle und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sinnvoller, nicht im Bereich der Repression, sondern in dem der Prävention anzusetzen. Hierbei kommt insbesondere den behandelnden Ärzten eines die Fahreignung berührenden Krankheitsbildes überragende Bedeutung zu. Diesen obliegt aus dem Behandlungsvertrag die Verpflichtung, den Patienten über bestehende Fahreignungsmängel aufzuklären und nachdrücklich auf die bestehenden Gefahren im Straßenverkehr für ihn selbst und andere hinzuweisen. Hilft die Ermahnung des Patienten nichts, und stellt der Arzt aufgrund der Fahreignungsbeeinträchtigung ein erhebliches Risiko für Leib und Leben des Patienten oder sonstiger Dritter fest, kann er unter Berufung auf eine allgemeine Notstandslage gemäß § 34 StGB straffrei die Hilfe der Polizei hinzuziehen und auch die Straßenverkehrsbehörde verständigen. Bestehen lediglich Bedenken an der Fahreignung des Patienten kann er unterstützend darauf hinwirken, dass der Patient externe Hilfestellung annimmt und sich etwa einer konsiliar-diagnostischen Untersuchung unterzieht, in welcher sich Mediziner und Psychologen ausführlich mit dem Krankheitsbild und der Leistungsfähigkeit des Patienten auseinandersetzen und hiernach eine Empfehlung zur weiteren Verkehrsteilnahme abgeben. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass sich jeder Verkehrsteilnehmer seiner Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten im Straßenverkehr bewusst ist und hiernach handelt. Ergänzend empfiehlt der AvD, dass mittels der Medien die Öffentlichkeit besser über die Gefahren einer Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr bei körperlichen und geistigen Mängeln informiert wird. Hierbei gilt es nicht nur, auf die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen hinzuweisen, sondern darüber hinaus auch das Risiko des vollständigen oder teilweisen Verlusts des Versicherungsschutzes aus Kraftfahrzeug- und Kaskoversicherung zu betonen. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014 AK VII: Wem gehören die Fahrzeugdaten? AvD: Transparenz gefordert: Autofahrer müssen wissen, welche Daten wozu gesammelt werden – und Herr über die Weitergabe bleiben Was noch vor Jahren als Utopie abgetan wurde, ist mittlerweile technischer Standard: Autos sammeln permanent direkte oder indirekte Daten über ihre Nutzer. Moderne Autos beinhalten zahlreiche Computer und Steuergeräte, die unter anderem Daten zur Drehzahl des Motors, Geschwindigkeit, Beladung des PKW, Fahrzeugposition und der Passagierzahl aufzeichnen und speichern. Bis vor einigen Jahren wurden diese Daten meist im Bordsystem gespeichert und erst bei der Diagnose in der Werkstatt ausgelesen. Heute werden Fahrzeugdaten direkt über GPS und Internet ohne das Wissen des Fahrzeughalters im Hintergrund ausgewertet und übertragen. Zugriff auf die Daten haben alleine die Fahrzeughersteller, die über ihre weitere Verwendung entscheiden. Der AvD setzt sich für technologischen Fortschritt zum Schutz der Verkehrsteilnehmer und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit ein. Die Sammlung und Auswertung von Fahrzeugdaten hat sich bewährt, um einen störungsfreien und sicheren Fahrbetrieb zu gewährleisten, Rettungsmaßnahmen umgehend einzuleiten oder die Ursache von Fehlern schneller zu finden. Die Speicherung von Fahrzeugdaten kann auch dem Verbraucherschutz dienen: Die vom AvD mitgegründete Initiative gegen Tachomanipulation e.V. basiert auf einer kontinuierlichen Dokumentation der Laufleistung des Fahrzeugs mit dem Ziel, den betrügerischen Gebrauchtwagenhandel zu bekämpfen. Erklärt sich der Fahrzeughalter einverstanden, werden die Kilometerstände seines Fahrzeuges in einer externen Datenbank gespeichert. Hier ist aber der Nutzer selbst Herr über seine Daten, die mit seinem Wissen und Wollen an ihm bekannte Dritte weitergeleitet werden. Datenschutzrechtlich höchst bedenklich ist aber, wenn Fahrzeugdaten vom Fahrer unbemerkt gespeichert und gegen sein Interesse dazu verwendet werden, genaue Rückschlüsse auf Fahrverhalten und Fahrgewohnheiten zu ziehen. Ein solches Bewegungs- und Verhaltens-Profil ist vor allem für Polizei, Staatsanwaltschaft und Versicherungen interessant. Der AvD betont die Chancen einer Datenerfassung zum Wohle der Verkehrssicherheit und des Verbraucherschutzes, kritisiert jedoch die intransparente Erhebung von Fahrzeugdaten und sieht das Risiko ihrer Verwendung gegen das Interesse des Fahrers. Autofahrer sollen zumindest davon in Kenntnis gesetzt werden, welche Daten zu welchem Zweck und auch für wen erhoben werden und wie lange sie gespeichert werden. Diese Daten sollten für den Autofahrer selbst ohne größeren Aufwand Automobilclub von Deutschland I Januar 2014 einsehbar sein, damit er über die Weitergabe oder die Verwendung solcher Daten selbst entscheiden kann. Die gesammelten Datenmengen werden in naher Zukunft immens zunehmen: Mit dem automatischen Notrufsystem eCall (kurz für Emergency Call) der Europäischen Union, das ab Oktober 2015 verpflichtend in alle neuen PKW-Modelle eingebaut werden muss, wird ein Verkehrsunfall in Sekundenbruchteilen an die nächste Rettungsleitstelle gemeldet. Rettungsmaßnahmen können so schneller und gezielter eingeleitet und die Zahl der Verkehrstoten gesenkt werden. Der übermittelte Datensatz beinhaltet die GPSOrtung, die Angabe zur Fahrtrichtung sowie die Fahrzeugidentifikationsnummer, damit die Rettungskräfte vorab im Bilde sind, ob es sich bei dem Unfallwagen beispielsweise um ein E-Auto handelt. Technologien wie eCall oder die Car2car-Communication können zur Reduzierung von Verkehrstoten beitragen, liefern aber zugleich die technische Grundlage für eine flächendeckende Überwachungsstruktur. Weitere Daten, etwa zur Fahrtdauer und der gefahrenen Geschwindigkeit vor dem Unfall, können ebenfalls gespeichert werden. Diese Informationen geben Rückschluss auf das Strecken- und Verhaltensmuster des Fahrers. Diverse Versicherungsunternehmen haben bereits Interesse an einem Zugriff auf die eCall-Daten geäußert, welche einen genauen Einblick in das Fahrverhalten des Kunden gewähren und Ausgangspunkt für die Erstellung spezifischer Risikoprofile sind. Das Ergebnis wäre ein gläserner Autofahrer, der, wohlmöglich ohne es zu wissen, vom eigenen PKW bespitzelt wird. Die Entscheidung, ob und in welchem Maße er dies möchte oder nicht, muss ihm also jederzeit selbst überlassen sein. Automobilclub von Deutschland I Januar 2014