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Orale Probiotika
BESCHREIBUNG
Es deutet bereits vieles darauf hin, dass orale Bakterien nicht nur lokal von Bedeutung sind, sondern dass sie auch mit systemischen
Wirkungen in Verbindung stehen. So zeigen epidemiologische Studien, dass es einen signifikanten Zusammenhang gibt zwischen
Parodontitis und chronischen Krankheiten wie Diabetes Typ II, Herz- und Gefäßerkrankungen, Übergewicht, und möglicherweise auch
Alzheimer.
Dass Probiotika in der richtigen therapeutischen Dosis zu einer gesunden Magen-Darm-Flora beitragen und sich damit positiv auf die
allgemeine menschliche Gesundheit auswirken können, ist bekannt. Schließlich gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem
Gastrointestinalsystem und dem Auftreten verschiedener Erkrankungen. Da aber die große Bedeutung der Prävention und Behandlung von
Mundkrankheiten nicht mehr zu unterschätzen ist, rückt die Wirkung von Probiotika im Hinblick auf die Mundgesundheit immer mehr in
den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses.
Kürzlich durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass spezifische probiotische Bakterien die Mundflora günstig beeinflussen und
auf orale Pathogene inhibierend wirken. Vor allem scheinen es Laktobazillen zu sein, die imstande sind, die Symbiose des mikrobiellen
Ökosystems im Mund wiederherzustellen und/oder zu erhalten.
WIRKUNG
Eine gute mikrobielle Zusammensetzung im Mund hängt ab von einem stabilen Gleichgewicht zwischen den sogenannten gutartigen
Bakterien und potenziell pathogenen Bakterien. Unter Einfluss externer Faktoren, wie z. B. schlechter Ernährungsmuster, kann das
Gleichgewicht gestört werden, was ein übermäßiges Wachstum oraler Pathogene nach sich zieht. Diese Dysbiose der oralen Mundflora
stellt eine primäre Ursache für Gingivitis und Parodontitis dar.
Bei der Entstehung von parodontalen Erkrankungen spielen einige Bakterien die Hauptrolle. So wirken zum Beispiel Streptococcus
mutans und Streptococcus sobrinus aufgrund ihrer acidogenen Eigenschaften stark kariogen. Weitere an der Pathogenese parodontaler
Krankheiten maßgeblich beteiligte Pathogene sind Porphyromonas gingivalis und Aggregatibacter actinomycetemcomitans. Wegen der
Migration von Pathogenen aus der Mundhöhle in die Blutbahn erscheint Parodontitis als unabhängiger Risikofaktor für diverse chronische
Krankheiten. Außerdem beeinflusst die bakterielle Mundflora durch das Herunterschlucken von Speichel fortwährend das Darmsystem.
Auch hier gibt es bei gestörter Darmflora einen Zusammenhang mit verschiedenen Krankheiten.
Studien mit oralen Laktobazillen zeigen, dass bestimmte Arten auf die dominanten Pathogene eine stark hemmende Wirkung ausüben. So
zeigen vor allem L. paracasei, L. plantarum, L. rhamnosus, L. casei, L. fermentum und L. salivarius unter anderem einen stark
antikariogenen und antipathogenen Effekt. Neben der antimikrobiellen Wirkung besitzen diese nützlichen Bakterien auch
entzündungshemmende Eigenschaften; außerdem modulieren sie entzündungsfördernde und entzündungshemmende Zytokine. Durch die
eigene Produktion von Bakteriozinen sorgen sie offenbar darüber hinaus für die Regeneration der Barrierefunktion im Mund.
Die Wiederbesiedlung der Mundflora mit den richtigen Bakterien scheint für die Prävention und Behandlung von Mundkrankheiten und
die Optimalisierung der allgemeinen Gesundheit ein unabdingbarer Schritt zu sein. Eine Mischung aus den genannten Laktobazillen sorgt
außerdem für einen synergistischen Effekt mit daraus resultierender optimaler Heilwirkung.
INDIKATIONEN
Parodontitis
Weltweit gehört Parodontitis zu den häufigsten mikrobiellen Krankheiten, deren Folgen sich nicht nur auf die Mundhöhle beschränken. Es
handelt sich um eine multifaktorielle Erkrankung, die eine bakterielle Dysbiose zur ursächlichen Grundlage hat. In der Parodontologie
und Implantologie beruht die Behandlung von Parodontitis zu einem erheblichen Teil darauf, dass die säurebildenden Pathogene im
Zahnbelag unterdrückt und kolonisierungsresistent gemacht werden. Dadurch gehen zwar, oft in Kombination mit Antiseptika und/oder
Antibiotika, die Paropathogene tatsächlich zurück, aber die Tatsache bleibt, dass die Reaktion auf diese Therapie oft unzureichend ist.
Nach einiger Zeit ändert sich dann die Plaqueflora wieder hin zu ihrer ursprünglichen Zusammensetzung.
Dadurch, dass es immer häufiger zu bakteriellen Multiresistenzen kommt, wird es immer notwendiger, eine alternative Vorgehensweise zu
finden. Verschiedene Studien belegen einen günstigen Effekt der Wiederbesiedlung der Mundflora mit den richtigen probiotischen
Bakterien. In-vitro-Studien, Tierversuche und einige klinische Forschungsreihen mit Laktobazillen haben gezeigt, dass durch Interferenz,
die eine direkte Hemmung von (potenziellen) Pathogenen einschließt, die Zusammensetzung der Plaqueflora sich verändert und in der
Folge weniger Kariogene und Paropathogene enthält. Ebenso zeigt sich ein Rückgang der entzündungsfördernden Zytokine wie IL-1β,
IL-6, IL-8, PGE2 und TNF-α, die an der Pathogenese von Parodontitis beteiligt sind.
Intestinale Permeabilität – CED, RDS und Nahrungsmittelallergien
Eine gute Gesundheit hängt zum großen Teil von einer gesunden Darmflora ab.
Da der Mund das Eintrittsportal zum gastrointestinalen System darstellt, wird durch das Herunterschlucken von Speichel (1-1,5 l/Tag) die
Darmflora von der oralen Flora beeinflusst. So zeigen In-vitro-Versuche Veränderungen der Darmflora und der Durchlässigkeit des
Darmepithels, z. B. durch P. gingivalis. Bei einer ungünstigen Mundflora gelangen ständig unerwünschte Bakterien in den Darmkanal.
Wenn diese Situation über längere Zeit fortbesteht, kann die Barrierefunktion der Darmschleimhaut verschlechtert werden; letztendlich
kann das mit schädlicher Wirkung zur Entstehung von u. a. chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), Reizdarmsyndrom (
RDS) und (Nahrungsmittel-)Allergien beitragen.
Orale Laktobazillen können durch mikrobielle Intervention mit Paropathogenen und durch Verbesserung der Immunabwehr die
Mundgesundheit fördern und damit korrigierend auf die Dysbiose der Darmflora einwirken. Die Wiederherstellung der Mundflora gehört
daher auch zu den therapeutischen Möglichkeiten in der Behandlung von Darmerkrankungen. So hat sich in randomisierten
Untersuchungen mit Kontrollgruppen gezeigt, dass bei CED, insbesondere bei Colitis ulcerosa, probiotische Bakterien die
Entzündungssymptome hemmen und die Remissionsperioden verlängern. Laktobazillen haben außerdem besondere spezifische
Eigenschaften, welche ergänzend zur Erholung des Darmsystems beitragen können.
Dabei ist zu denken an:
• Beträchtliche Förderung der Immuntoleranz, unter anderem durch Vermehrung der regulatorischen T-Zellen und des
entzündungshemmenden Interleukin-10, jeweils durch L. plantarum und L. paracasei.
• Günstige Effekte durch L. rhamnosus in der Behandlung von Colitis ulcerosa und RDS.
• Antimikrobielle Homöostase im gesamten oro-gastrointestinalen System.
• Antagonistische Wirkung von L. fermentum auf pathogene Bakterien wie Listeria monocytogenes, Salmonella typhi, Salmonella
enteriditis und bestimmte Stämme von Escherichia coli.
L. fermentum zeigt auch eine hohe β-Galactosidase-Aktivität und kann dadurch beim Aufheben von Laktose-Intoleranz eine Rolle spielen.
Einer unlängst publizierten Meta-Analyse zufolge scheint L. fermentum bei Colitis ulcerosa und RDS gut einsetzbar zu sein.
Alzheimer-Krankheit
Möglicherweise kann Parodontitis, indem sie chronisch systemische Entzündungskrankheiten verursacht, zum Ausbruch der AlzheimerKrankheit beitragen. Außerdem zeigen Tierversuche, dass Paropathogene das Hirn infiltrieren und dabei Nervenzellen schädigen können.
In Hirnstudien post mortem, wobei die Gehirne von Demenzpatienten mit jenen von Kontrollpersonen verglichen wurden, fand sich im
Hirn von Demenzpatienten das Bakterium P. gingivalis in erheblicher Konzentration. Unter anderem wies eine prospektive Kohortenstudie
, bei der mehr als 1,000 Menschen 5 Jahre lang beobachtet wurden, auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen Parodontitis und
kognitivem Leistungsabfall hin. Es gibt immer mehr wissenschaftliche Hinweise darauf, dass schlechte Mundgesundheit und Parodontitis
zur Entstehung der Alzheimer-Krankheit beitragen. Die Prävention von Entzündungsprozessen in der Mundhöhle durch Wiederansiedlung
von effektiven Laktobazillen kann möglicherweise das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung verringern.
Diabetes Typ II
Bei Diabetikern ist das Risiko, an (ernsthafter) Gingivitis und Parodontitis zu erkranken, offenbar erhöht – besonders bei instabilem
Blutzuckerspiegel. Es deutet immer mehr darauf hin, dass auch umgekehrt ein Zusammenhang besteht zwischen Parodontitis und der
Entstehung eines stark schwankenden Blutzuckerspiegels, vor allem bei Diabetes Typ II. Eine mögliche Erklärung, die dem zugrunde
liegen könnte, ist die bei Parodontitis erhöhte Produktion von Zytokinen. Die Migration dieser entzündungsfördernden Zytokine in die
Blutbahn kann zu einer erhöhten Konzentration von Entzündungsmarkern im Blut führen, was eine weniger gute Kontrolle des Diabetes
zur Folge hat. In Tierversuchen hat sich gezeigt, dass die Verabreichung von P. gingivalis zu Insulin- und Glukoseintoleranz führt.
Obwohl nicht alle Forschungsergebnisse eindeutig sind, zeigen verschiedene Untersuchungen, dass eine parodontale Behandlung und eine
gute Mundgesundheit eine senkende Wirkung auf die Entzündungsmarker und den Blutzuckerspiegel haben. Laktobazillen können sowohl
durch ihre entzündungshemmende Wirkung als auch durch die Modulation der entzündungsfördernden und -hemmenden Zytokine und
durch Verringerung der Anzahl von (paro)pathogenen Bakterien erheblich zur Prävention und Behandlung von Parodontitis bei
Diabetikern beitragen. Außerdem haben Studien gezeigt, dass Laktobazillen die Glukosetoleranz und die Insulinempfindlichkeit erhöhen
können. Im Rahmen einer multidisziplinären Herangehensweise kann der Einsatz der geeigneten Kombination von Laktobazillen der
Förderung der Mundhygiene zusätzlich dienlich sein.
Herz- und Gefäßerkrankungen
In den letzten Jahren haben epidemiologische Untersuchungen immer mehr bestätigt, dass Parodontitis als unabhängiger Risikofaktor in
der Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen zu betrachten ist. Bakterien aus der Mundhöhle können Entzündungen anderswo im
Körper ursächlich zugrunde liegen. Eine prospektive Studie bei 1.147 Männern mit Parodontitis hat ergeben, dass sie anderthalbmal so
schnell Herz- und Gefäßerkrankungen entwickeln wie Personen ohne Parodontitis, und dass das Risiko für einen Schlaganfall 2,8-mal so
groß ist. Außerdem findet sich bei Parodontitispatienten im Vergleich zu parodontal gesunden Personen mehr atherosklerotische Plaque.
Bei Herzinfarktpatienten trat das Bakterium P. gingivalis häufiger auf als bei Kontrollpersonen. Auch die In-vitro-Analyse zeigte, dass
dieses Bakterium den atherosklerotischen Prozess beschleunigt. Paropathogene im systemischen Kreislauf spielen eine Rolle in der
Pathogenese von Atherosklerose. Laktobazillen können durch verschiedene Mechanismen, zu denen die Unterdrückung von P. gingivalis
und die Neuansiedlung der Mundflora gehören, die Mundgesundheit verbessern und damit dem Risiko systemischer Entzündungen als
Folge von Parodontitis möglicherweise vorbeugen.
Halitosis
Ein häufig vorkommendes Problem ist Mundgeruch, der oft von schlechter Mundgesundheit herrührt. Für den Geruch sind flüchtige
Schwefelverbindungen verantwortlich, die vor allem von gramnegativen Bakterien wie z. B. P. gingivalis und S. mutans produziert
werden. Insbesondere L. salivarius sorgt für einen signifikanten Rückgang dieser Schwefelverbindungen und ist geeignet zur Behandlung
von chronischem Mundgeruch. Auch L. rhamnosus und L. plantarum werden vielfach eingesetzt.
Bakterielle Multiresistenz
Schon seit Jahrzehnten werden (Mundhöhlen-)Infekte mit Antibiotika behandelt, aber dennoch stellen Infektionskrankheiten für die
Weltgesundheit weiterhin ein großes Problem dar. Durch die zunehmende Gefahr, die von multiresistenten Bakterien ausgeht, entsteht
notwendigerweise eine Verschiebung der Behandlungsstrategie in Richtung Probiotika. Bei der Prävention und Behandlung von
Mundkrankheiten mit probiotischen Bakterien kann dadurch Terrain gewonnen werden in der Bekämpfung von Infektionskrankheiten
allgemein.
Allgemeine Gesundheit
Epidemiologische Untersuchungen zeigen immer mehr, dass ein Zusammenhang besteht zwischen Mundkrankheiten und der allgemeinen
Gesundheit. Die Translokation von Mikroorganismen aus dem Mund in den Blutkreislauf kann in der Ätiologie verschiedener
systemischer Erkrankungen ein Faktor sein. Die Rolle von Laktobazillen zur Förderung der Mundgesundheit beschränkt sich daher auch
nicht auf die oben genannten Indikationen. Die Kombination der in dieser Monografie aufgeführten Laktobazillen sorgt durch optimale
Synergie für einzigartige Effekte in der Wiederherstellung der Mundflora und bietet durch verschiedene Wirkungsmechanismen eine
breite Anwendbarkeit in der Prävention und Erhaltung der allgemeinen Gesundheit.
KONTRAINDIKATIONEN
Die in Probiotika verwendeten Bakterienstämme werden, basierend auf einer "history of safe use", für sicher erachtet. Außerdem evaluiert
die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) jedes Jahr die neuen wissenschaftlichen Daten, die auch Untersuchungen an
Kleinkindern und Neugeborenen mit einschließen, und verarbeitet ihre Ergebnisse in der sogenannten QPS-Liste sicherer Stämme.
Obwohl eine Reihe von Stämmen spezifisch bei Schwangeren und Neugeborenen untersucht wurden, sind bisher nur wenig Daten zu den
kurz- und langfristigen Wirkungen anderer Laktobazillen auf Schwangere und Säuglinge bekannt. Bei Personen mit geschwächtem
Immunsystem und bei Patienten mit ernsthaften Darmproblemen ist eventuell Vorsicht angebracht. Wenden Sie sich hierzu an Ihren Arzt.
NEBENWIRKUNGEN
Von Laktobazillen sind keine nennenswerten Nebenwirkungen bekannt. Zu Beginn der Behandlung können harmlose gastrointestinale
Effekte wie Völlegefühl und leichte Darmkrämpfe auftreten.
INTERAKTION
Wechselwirkungen mit Antibiotika sind möglich. Fragen Sie hierzu bitte Ihren Arzt oder Apotheker.
ANWENDUNG
Bei probiotischen Laktobazillen in einer Mundspülung ist die Kontaktdauer mit dem Mundepithel sehr wichtig. Eine Spüldauer von
mindestens 10 Minuten wird empfohlen, wobei die gesamte Menge nach und nach ausgetrunken wird.
Zeit der Einnahme: am besten vor dem Schlafengehen (ante noctem).
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