Infektionsgefahr und Hygiene auf abwassertechnischen Anlagen GKU 11.05.2016 Susanne Busch Betriebsärztin Überall im Abwasserbereich finden wir … … Biostoffe! Das sind Mikroorganismen, die beim Menschen Infektionen, sensibilisierende und/oder toxische Wirkungen hervorrufen können. Dazu zählen Bakterien, Viren und Pilze Welche Mikroorganismen ? • Bakterien •Viren •Pilze und Hefen •Parasiten (Einzeller, Würmer) Risikogruppen für biologische Arbeitsstoffe Einteilung nach Infektionsrisiko Risikogruppe Krankheit Verbreitung in Bevölkerung Vorbeugung oder Behandlung Risikogruppe 1 unwahrscheinlich ohne Bedeutung nicht erforderlich Risikogruppe 2 Krankheit Gefahr für Beschäftigte unwahrscheinlich normalerweise möglich Risikogruppe 3 schwere Krankheit ernste Gefahr für Beschäftigte Gefahr kann bestehen normalerweise möglich Risikogruppe 4 schwere Krankheit ernste Gefahr für Beschäftigte Gefahr ist groß normalerweise nicht möglich Abwasser enthält • 100 - 10 000 000 KBE/ ml (Koloniebildende Einheiten Bakterien) (z.B. Enterobakterien, Pseudomonaden, Staphylokokken, Listerien, Clostridien) • Bis zu 7 000 Plaque-bildende Einheiten Viren/l (z.B. Enteroviren, Adenoviren ) • Schimmelpilze, Sprosspilze Abwasser und Klärschlamm Risikogruppe 2 Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit verursachen und eine Gefahr für die Beschäftigten darstellen können. Beispiele: Legionellen, Tetanuserreger, Tollwutviren. Wie gelangen Biostoffe in den Körper? Mund Verunreinigte Lebensmittel Kontaminierte Zigaretten Atemwege kleinste Tröpfchen (Aerosole), Stäube Haut oder Schleimhäute Hautverletzungen Aufgeweichte Haut (Insektenstiche, Zeckenbisse) Schmutzspritzer in die Augen Eindringen in den Gehörgang Welche Erreger ? Bakterien obligat & fakultativ pathogene Bakterien im Abwasser 1012 Bakterien/g Fäkalien Bakterien Gattung/ Art Aeromonas hydrophila Actinomyces sp. Bacillus anthracis Campylobacter spp. Citrobacter sp. Clostridium tetani Clostridium perfringens Clostridium botulinum Enterobacter sp. Escherichia coli Klebsiella pneumoniae Leptospira sp. Listeria monocytogenes Risikogruppe 2 1-2 3 1-2 2 2 2 2 1-2 2 2 1-2 2 Bakterien Gattung/Art Mycobacterium spp. Proteus sp. Providencia sp. Pseudomonas aeroginosa Salmonella spp. S. typhi Serratia sp. Shigella spp. Staphylococcus aureus Streptococcus sp. Vibrio sp. Yersinia enterocolitica Risikogruppe 1-3 1-2 1-2 2 1-2 3 1-2 2-3 2 1-2 1-2 2 Bakterien Leptospiren werden durch Rattenurin übertragen und können in aufgeweichte oder verletzte Haut eindringen. (Haut, Schleimhäute) Die Leptospirose (Weil'sche Krankheit) ist selten, kann aber schwer verlaufen. E-coli-Bakterien Sie verursachen vorübergehende Darmerkrankungen Bauchschmerzen, Durchfälle, Erbrechen, Fieber… Tetanus Diese Gefährdung ist zwar nicht spezifisch für den Abwasserbereich, da aber auch im Abwasserbereich Verletzungsgefahr besteht, darf diese Infektionsgefahr nicht vernachlässigt werden. Viren • im Abwasser etwa 110 verschiedene enterale Viren nachgewiesen • 106 - 1010 Vireneinheiten/g Fäkalien Viren Gattung/Art Adenovirus Astrovirus Calcivirus Coronavirus Coxsackievirus A+B Echovirus Enterovirus Risikogruppe 2 2 2 2 2 2 2 Viren Gattung/Art Hepatitis A-Virus Hepatitis B-Virus Norwalk-Virus Parvovirus Poliovirus Reovirus Rotavirus Risikogruppe 2 3 2 1 2 2 2 Viren Hepatitis A-Virus Impfung empfohlen Hepatitis B-Virus kein erhöhtes Infektionsrisiko im Abwasserbereich HIV-Virus Eine Infektion durch HIV-Viren im Abwasser erscheint derzeit als äußerst unwahrscheinlich. Polio-Virus Impfschutz ist zu empfehlen Parasiten • Einteilung: Protozoen (Einzeller) und Helminthen (Würmer) • Entwicklungs- und Dauerformen auf fäkalem Wege ins Abwasser • Protozoen: 10 -104 Zysten/Liter Abwasser • Helminthen: 1-10 Eier/Liter Abwasser Protozoen Gattung/A rt Acanthamoeba sp. Balantidium coli Cryptosporidium sp. Entamoeba histolytica Giardia lamblia Microsporidium sp. Naegleria sp. Risiko gruppe 2 2 2 2 2 2 3 Helminthe Risiko- gruppe n Gattung/A rt Ascaris lumbricoides 2 Echinococcus granulosus 2 Diphyllobothrium latum 2 Taenia sp. 2-3 Toxocara sp. 2 Toxoplasma gondii 2 Trichuris trichiura 2 Beispiele für Infektion durch Parasiten Entamoeba histolytica: Amöbenruhr, RG 2 Infektionsweg: oral Dickdarm Durchfall, Übelkeit u.a. Ascaris lumbricoides: Ascariasis, RG 2 Infektionsweg: oral, Lunge, Leber, Dünndarm, Husten, Fieber, Darmverschluss Pilze • Einteilung: Faden- Sprosspilze (Hefen) • Im Abwasser spielen Pilze eine untergeordnete Rolle • Aufnahme über Aerosol: allergische Reaktionen , Asthma Fadenpilze Gattung/Ar t Aspergillus fumigatus Epidermophyton sp. Microsporum sp. Trichophyton sp. Mucor sp. Rhizopus sp. Phialophora richardsiae Risikogruppe 1-2 2 2 2 1 1 1 Sprosspilze Gattung/Art Candida albicans C. krusei C. guillermondi C. tropicalis Cryptococcus neoformans Trichosporon sp. Risikogruppe 1-2 1-2 1-2 1-2 2 2 Beispiel für Pilzinfektion Aspergillus fumigatus: Schimmelpilz Aspergillose, RG 2 parenteral: Haut- u. Schleimhautmykose aerogen: Allergie, Asthma, Pneumonie Mögliche Auswirkungen • Infektion • Allergie • Vergiftung • Verschlimmerung einer Krankheit Wann kommt es zur Infektion? • Erreger • Person • Infektionsweg Erreger • Menge • Art • Aufnahmewege direkter Kontakt möglich Aerosolbildung Person • Gesundheitszustand • (Alter) • Gewöhnung (healthy worker effect) Wo kann es zum Kontakt mit biologischen Arbeitsstoffen kommen? • Kontrolle und Arbeiten in Schächten und Kanälen • Kläranlagenbetrieb: - Bearbeitung von Rechen-, Fett- und Sandfanggut - Arbeiten im Bereich von Belebungsbecken - Schlammbehandlung oral aerogen parenteral • Reinigung, Wartung, Reparatur und Instandhaltung oral aerogen • Abwasseranalytisches Labor oral aerogen • Emission in geschlossenen Anlagenbereich höher • Abnahme der Emission mit der Entfernung • Erhöhte Aerosolbildung bei Abspritz- und Reinigungsarbeiten • direkter Kontakt mit Abwasser ist von größerer Bedeutung • Infektion bei Reinigungsarbeiten ist nicht auszuschließen Welche Schutzmaßnahmen sind erforderlich ? Alle Arbeitsverfahren sind so zu gestalten, dass möglichst wenig Beschäftigte möglichst geringen Kontakt zu gesundheitsgefährdenden biologischen Arbeitsstoffen haben , z. B. durch technische Schutzmaßnahmen wie Absaugungen, Abdeckungen, räumliche Abtrennung persönliche Schutzausrüstungen wie Handschutz, Gesichtsschutz Hautschutz, Augenschutz/Gesichtsschutz, Partikelschutzfilter Hygiene: Aufgaben des Arbeitgebers Bereitstellung eines „Schwarz-Weiß-Bereiches“ Reinigung von Schutz- und Arbeitskleidung (bei starker Verschmutzung bzw. mindestens 2 mal pro Woche reinigen) Bereitstellung geeigneter Hautschutz-, Reinigungs-, Desinfektions- und Pflegemittel sowie hygienische Mittel zum Trocknen der Hände Erstellung eines Hygiene- und Hautschutzplanes. Bekämpfung von Ratten als Überträger der Leptospirose Hygiene: Aufgaben der Mitarbeiter Reinigungsarbeiten nur von gesicherten Standplätzen bzw. windabgewandter Seite ausführen. Nahrungs- und Genussmittel von biologischen Arbeitsstoffen getrennt aufbewahren . In Arbeitsbereichen, in denen eine Infektionsgefahr besteht, nicht essen und trinken. Vor Einnahme von Speisen und Getränken die Hände reinigen und desinfizieren! Auch beim Rauchen mit verschmutzten Händen besteht Infektionsgefahr! Vor und nach dem Gang zur Toilette Hände waschen. Vor Eintritt der Pausen und nach Arbeitsende Hände waschen. Nach Arbeitsende Duschen. Aufgaben des Betriebsarztes • Arbeitsmedizinische Vorsorge u.a.nach G42/ Biostoffverordnung als Pflichtvorsorge • Empfohlene Impfungen (Hepatitis A , Hepatitis B, TetanusDiphterie, Polio-Keuchhusten, ggf. FSME) • Bei Gesundheitsproblemen / Erkrankungen, die u.U. auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist oder im Zusammenhang stehen könnten, ist dem Mitarbeiter eine Vorstellung beim Betriebsarzt zu ermöglichen. • Ärztliche Vorstellung bei anhaltenden Magen-Darm-Infekten zur weiteren Diagnostik: Stuhlproben auf pathogene Keime, Parasiten.. • Meldung von Berufskrankheiten Literatur / Quellen Biostoffverordnung 15.07.2013 https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/biostoffv_2013/gesamt.pdf TRBA 220 Technische Regel biologische Arbeitsstoffe in abwassertechnischen Anlagen vom Dezember 2010 Übersicht möglicher Krankheitserreger im Abwasser siehe TRBA 220 Anhang 2 http://www.baua.de/cae/servlet/contentblob/673018/publicationFile/48573/TRBA220.pdf Ingenieurbüro Maren Müller Birkenweg 2 ,25488 Holm www.zur-sicherheit.com Gesundheitsgefährdung durch biologische Arbeitsstoffe https://www.google.de/search?q=Arbeitshygiene+auf+Kl%C3%A4ranlagen&ie=utf8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=wegwV_uoGIKSaoD6hsAJ www.kan.at/Kontext/WebService/SecureFileAccess.aspx?fileguid..