Lebensmittelchemie, biochemische Aspekte & Chemie der Umwelt Ein Projekt der 13. Klasse Schulhalbjahr 2015/2016 Freie Waldorfschule Eckernförde Vorwort Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen. Teresa von Avila Von Kindesbein an erfahren wir tagtäglich im Kindergarten, in der Schule und vor allen Dingen in der Familie, welche Nahrung für uns schmackhaft, bekömmlich und gesund ist. So werden wir schon sehr früh an eine bestimmte Ernährung gewöhnt und oft darauf geprägt. Im Laufe der Persönlichkeitsentwicklung tritt dann bei vielen Jugendlichen der Zeitpunkt auf, an dem die eigene Ernährungs- und Lebensweise kritisch hinterfragt wird. Hierbei können ethische, moralische oder gesundheitliche Gründe eine große Rolle spielen. Die Orientierung auf eine angemessene Ernährungsform ist heutzutage nicht leicht. Eine unendliche Anzahl an Empfehlungen und Tipps und viele halbwissentschaftliche Berichte und Erkenntnisse zu Ernährungsfragen prasseln täglich auf uns ein. Die ernährungsphysiologischen Vorgänge in unserem menschlichen Körper sind derartig komplex und lassen sich nicht unter einem Aspekt zusammenfassen. So gibt es viele Faktoren, die man berücksichtigen muss, um sich gesund zu ernähren. Daneben werden wir mit vielen Produkten konfrontiert, die eine Vielzahl an Zusatzstoffen enthalten und oft unverträglich sind oder Allergien auslösen. Unter all diesen Aspekten war es für die Schüler und Schülerinnen des Chemiekurses der 13. Klasse sehr hilfreich und bereichernd, sich mit Themen der Lebensmittelchemie und Biochemie, sowie physiologischen Vorgängen des menschlichen Körpers auseinanderzusetzen. Jede/r Kursteilnehmer/in hat sich im letzten Schuljahr intensiv mit einem Thema beschäftigt und sich dabei so tief in die Zusammenhänge eingearbeitet, dass sie als ausführliche Referate dem gesamten Kurs vorgestellt werden konnten. Die anschließenden Fragen und Diskussionen zeigten, wie aufmerksam die Themen reflektiert wurden. Viele Reaktionen deuten darauf hin, dass die neuen Erkenntnisse zu einem Umdenken und Weiterdenken in die eigene Ernährungsbzw. Lebensweise führen. Für mich als seit 5 Jahren die Klasse begleitender Biologie- und Chemielehrer ist es erfreulich zu sehen, dass alle Beiträge sehr sorgsam erarbeitet wurden und jetzt in die abschließenden Textausarbeitungen münden. Dadurch stehen die verschiedenen Abhandlungen auch kommenden Klassen und der Schulgemeinschaft zur Verfügung. Klaus Reich Inhaltsverzeichnis Thema 1 : Konrad Appel Östrogene ( Estrogene) Thema 2 : Ylva Appel Wie wirkt sich unsere Ernährung auf unseren Körper aus? Thema 3 : Antonia Beckmann Ethanol – Unser Trinkalkohol Thema 4 : Elly Daus Schimmelpilze Thema 5 : Rahel Delling Pestizide im Alltag Thema 6 : Henning Hardell Epigenetik Thema 7 : Lukas Hirsch Histamin – Biochemische Betrachtung und Histaminintoleranz / Histaminose Thema 8 : Jan-Ole Hoffmann Ist Zucker ein Gift ? Thema 9 : Catharina Jansen Das Gift in unser Nahrung – Auswirkungen von Lebensmittelverpackungen Thema 10 : Mialena Kneschke Schadstoffe in Kosmetika Thema 11 : Lasse Reifferscheidt Die Zöliakie Thema 12 : Anna Bella Rohweder Lebensmittelfarbstoffe Thema 13 : Carmen Romberger Biokunststoffe Thema 14 : Johann Schmiedehausen Pestizide – DDT, Glyphosat und Neonicotinoide Thema 15 : Leonie Schoeneich Impfungen mit ihren Vor- und Nachteilen Thema 16 : Harka Jondalar Schüller Wasser und unser Trinken Thema 17 : Matti Bjarki Thomsen Acetylsalicylsäure in Aspirin Thema 18 : Helena Theres Wirz Künstliche Proteine Thema 1 Östrogene (Estrogene) 13a Frei Waldorfschule Eckernförde 2015/2016 Konrad Apel 1 Thema 1 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3 2 Grundlagen zu Östrogen 3 2.1 Chemischer Aubau von Östrogenen 4 2.2 Die Oxidation von Testosteron (Biogenese) 6 2.3 Die wichtigsten Östrogene 8 2.4 Estradiol 8 2.5 Inaktivierung und Ausscheidung von Östrogenen 9 3 Die hormonellen Phasen im Leben einer Frau 10 3.1 Menstruationszyklus und Schwangerschaft 11 1. Phase 11 2. Phase 13 3. Phase 13 4 Synthetische Östrogene und Antibabypille 14 5 Auswirkungen von zu viel Östrogen auf Mensch und Natur 17 5.1 Woher stammen die Östrogene, welche unsere Natur belasten? 17 5.2 Folgen für Tier und Umwelt 19 5.3 Folgen für den Menschen 21 6 Fazit 22 Quellenverzeichnis 24 2 Thema 1 1 Einleitung In meiner Hausarbeit habe ich mich mit dem Thema „Östrogen“ auseinandergesetzt. Dabei bin ich auf die chemischen Eigenschaften von Östrogenen eingegangen und habe mich zudem der medizinischen Bedeutung angenähert. Hierbei habe ich insbesondere die Antibabypille betrachtet und deren Einfluss auf die Natur und den Menschen. Dabei habe ich auch die Aufgaben der Östrogene in unserem Körper betrachtet. Dies bedeutet in wie Fern beeinflusst dieses Hormon den Menschen. Im zweiten Teil der Arbeit versuchte ich die Gefahren von Östrogenen zu verstehen. Dabei habe ich die Einsatzgebiete von Östrogenen betrachtet und bin dabei auch auf die Gefahren für den Menschen und die Natur eigegangen. Hierbei habe ich einzelne Studien und Versuche aus den letzten Jahren als Grundlange genutzt. 2 Grundlagen zu Östrogen Östrogen oder Estrogen ist ein Hormon, welches zu den Steroiden gehört. Es ist das wichtigste weibliche Sexualhormon. Zudem ist es verantwortlich für die Fruchtbarkeit einer Frau. Östrogen arbeitet natürlich nicht als einziges Hormon in einem Körper, sondern arbeitet immer mit anderen Hormonen zusammen, wie z.B. mit dem Gestagen Progesteron. Östrogene regeln z.B. den Menstruationszyklus (bei Affen und Menschen). Östrogene sind definiert durch einen aromatischen Ring und die ähnelnde phenolische Hydroxygruppe. Auf diese Begriffe wird später noch ein wenig genauer eingegangen. Die Östrogene teilen sich in drei Hauptgruppen auf. Es gibt einmal die natürlichen Östrogene, die synthetischen (künstlichen) Östrogene und zu guter Letzt die östrogenähnlichen Stoffe, welche chemisch einen ähnlichen Aufbau haben jedoch anders wirken. Alle Östrogene dieser verschiedenen Gruppen haben eine ähnliche Strukturformel und sind dadurch miteinander verwandt. 3 Thema 1 Östrogene können auf natürliche Weise in unserem Körper oder in anderen Organismen oder künstlich im Labor produziert werden. Diese künstlichen oder besser gesagt synthetischen Östrogene werden hauptsächlich in der Medizin verwendet. Auf die Frage, warum synthetische und nicht natürliche Östrogene in der Medizin verwendet werden, wird in den folgenden Abschnitten noch deutlich. Östrogene werden zum größten Teil in den Eierstöcken produziert. Zu einem kleinen Teil werden sie auch in der Nebennierenrinde und bei der Schwangerschaft in der Plazenta hergestellt. Östrogen wird jedoch nicht nur in weiblichen, sondern auch in männlichen Organismen produziert. Dort wird Östrogen zu einem kleinen Teil in den Hoden und teilweise auch durch die Umwandlung von Fettzellen mit Hilfe von Enzymen (Aromatase) produziert. Nach diesem kurzen Einblick wird im folgenden Abschnitt der chemische Aufbau der Östrogene behandelt. 2.1 Chemischer Aubau von Östrogenen Alle Östrogene und Steroide haben die Grundstruktur eines Sterans. Ein Steran ist eine Zusammensetzung aus drei sechsgliedrigen Ringen und einem fünfgliedrigen Ring. Diese Ringe werden mit A, B, C, und D bezeichnet (siehe Abb. 1). Die Sterane haben drei Gonan-Derivate (Moleküle, welche aus anderen entstanden sind und zwischen Ring B und C, sowie C und D eine TransVerbindung haben. Dies bedeutet, dass sich die Wasserstoffatome der einzelnen Verbindungen gegenüberliegen). Estran (bestehend aus 18 Kohlenstoffatomen (C18)), welches zu der Stoffgruppe der Östrogene gehört, bildet den ersten Derivat, Androstan (C19), welches zu der Stoffgruppe der Androgene gehört den zweiten und das Pregnan (C21), welches zu der Stoffgruppe der Gestagene Abb. 1 4 Thema 1 gehört den dritten. Östrogene bestehen also aus 18 Kohlenstoffatomen. Soweit erst einmal zu dem Grundaufbau von einem Östrogen. Wie bereits erwähnt, definiert eine phenolische Hydroxygruppe und ein aromatischer Ring ein Östrogen. Der aromatische Ring ist der A-Ring, welcher bei der Biogenese (Veränderung eines bestehenden Moleküls) durch die Abgabe eines Kohlenstoffatoms aromatisiert wird. Auf dieses Phänomen der Biogenese wird im nächsten Kapitel Oxidation von Testosteron (Biogenese) eingegangen. Zudem befindet sich an Ring A, genauer an dem 3. Kohlenstoffatom (C3), die phenolische Hydroxygruppe. Diese phenolische Hydroxygruppe hat jedoch nur einen phenolischen Charakter, da sich an dem aromatischen A-Ring noch ein weiterer Rest befindet. Zu den wichtigsten Östrogenen gehört das Estron (E1, mit einer Hydroxygruppe, siehe Abb. 2), das 17�-Estradiol (E2, mit zwei Hydroxygruppen, siehe Abb. 3) und das Estriol-3,16�, 17� (E3, mit drei Hydroxygruppen, siehe Abb. 4). Alle diese Östrogene wirken im Organismus einer Frau zusammen. Östrogene entstehen bei der Biogenese, bei der aus Testosteron ein Östrogen oxidiert wird. Im nächsten Abschnitt wird genau dieser Prozess erklärt. Estron Estradiol Abb. 3 Abb. 2 Estriol Abb. 4 5 Thema 1 2.2 Die Oxidation von Testosteron (Biogenese) Östrogene sind oxidierte Testosterone oder durch Enzyme (Aromatase) veränderte Cholesterine. Bei einer Oxidation von einem Testosteron wird das 19. Kohlenstoffatom abgespalten und der A-Ring aromatisiert. Testosteron (siehe Abb. 5) besteht nicht, wie Testosteron Abb. 5 Östrogen aus 18 Kohlenstoffatomen, sondern aus 19. Die Strukturformel sieht zunächst dem Östrogen sehr ähnlich, jedoch bemerkt man kleine Unterschiede. Damit aus dem Testosteron ein Östrogen werden kann muss also ein Kohlenstoffatom abgegeben werden. Testosteron oxidiert am 19. C-Atom (19). Als erstes wird die Methyl-Gruppe (CH3, C-19) hydroxyliert. Eine Hydroxylierung ist eine chemische Reaktion bei der eine oder mehrere Hydroxygruppen (-OH) an ein Molekül oder Atom gebunden werden. Danach wird diese Gruppe durch eine Dehydrierung zu einem Aldehyd. Eine Dehydrierung bedeutet, dass Wasserstoffatome abgegeben werden. Ein Aldehyd enthält die funktionelle Aldehydgruppe oder auch Formylgruppe genannt (-CHO). Nachdem dieses geschehen ist, kann diese Gruppe (Formaldehyd) abgespalten werden und der A-Ring wird aromaAbb. 6 6 Thema 1 tisiert. Dies bedeutet, dass als erstes der Methyl-Gruppe ein Sauerstoffatom (O) hinzugefügt wird (Hydroxylierung, siehe Abb. 6). Danach werden zwei Abb. 7 Wasserstoffatome der Methyl-Gruppe entfernt (Dehydrierung) und es entsteht ein Aldehyd (siehe Abb. 7). Ein Wasserstoffatom reißt die Doppelbindung am dritten C-Atom auf und lässt so eine Hydroxygruppe entstehen (siehe Abb. 8). Danach bindet sich das Abb.8 zweite freie Wasserstoffatom bei der Abspaltung an das Aldehyd und macht es zu einem Formaldehyd (siehe Abb. 9). Der freie Bindungsarm des C-10 Atoms klappt nach innen genauso wie der des C-3 Atoms. Nun wurde der AAbb. 9 Ring aromatisiert und die Hydroxygruppe an C-3 bekommt einen phenolischen Charakter. Erst jetzt ist aus Testosteron das 17�-Estradiol entstanden (siehe Abb. 10). Durch ähnliche Vorgänge entsteht auch das Estron oder Estriol entstehen. Diese drei verAbb. 10 schiedenen Östrogene sind natürlich und werden bei Frauen und zu einem kleinen Teil auch bei Männern produziert. Diese Umwandlung müsste nicht unbedingt durch eine Oxidation entstehen, sondern könnte auch durch das Enzym Aromatase (CYP19A1) geschehen, welches für das 7 Thema 1 Katalysieren (Dinge, in diesem Fall Moleküle, in eine bestimmte Richtung lenken) von Testosteron in Estradiol und von Androstendion in Estron bei Wirbeltieren verantwortlich ist. 2.3 Die wichtigsten Östrogene Zu den wichtigsten Östrogenen gehört das Estron, Estradiol und das Estriol. Estron ist ein Östrogen mit einer schwachen Östrogenen Wirkung. Estradiol ist hingegen ein sehr stark wirkendes Östrogen, welches deswegen auch häufig als das eigentliche Östrogen bezeichnet wird. Das Estriol hat wiederum eine sehr schwache Östrogene Wirkung. Alle diese Östrogene sind für die Frau und zum Teil auch für den Mann von Bedeutung, jedoch hat das Estradiol einen höheren Stellenwert für die Frau, weshalb die physiologischen Wirkungen (Wirkung eines Stoffen in einem Organismus) dieses Östrogens noch einmal genauer betrachtet wird. Estron, Estriol und 2-Hydroxyestron sind die drei wichtigsten Stoffwechselprodukte von Estradiol. 2.4 Estradiol Estradiol ist im Groben erst einmal für den normalen Ablauf der Genitalzyklen verantwortlich, zum einen für den Menstruationszyklus (Mensch und Affe) und zum anderen für den Brunftzyklus (Bestimmt die Paarungszeit, Läufigkeit…) bei Wirbeltieren verantwortlich. Zudem ist es für die Proliferation (Zellenwachstum) der Uterusschleimhaut, die Entwicklung der Brustdrüsen und die Entwicklung der Genitalien verantwortlich. Es ist nicht nur für das Wachstum dieser Dinge verantwortlich, sondern auch für die Fruchtbarkeit einer Frau, da durch einen Rückkopplungseffekt die Gonadotropin-Ausschüttung der Hypophyse reguliert. Gonadotropin ist ein Sexualhormon, welches die Samenproduktion beim Mann und die Fruchtbarkeit bei der Frau regelt (FSH Follikelstimulierendes Hormon, LH Luteinisierendes Hormon). Die Hy- 8 Thema 1 pophyse ist eine der wichtigsten Hormondrüsen. Sie leistet einen großen Beitrag zu der Regulation des Hormonhaushaltes. Das Estradiol wirkt hier mit dem Gestagen Progesteron und anderen Hypophysenhormonen im Zyklus zusammen. Im Allgemeinen ist es für die Vermehrung von Fettdepots in der Unterhaut und Verminderung von Blutlipiden (Blutfette) verantwortlich. Zu viele Blutlipide können sich an den Arterienwänden absetzen und diese so verengen, im schlimmsten Fall ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt droht. Im nächsten Kapitel wird die Inaktivierung der Östrogene in der Leber betrachtet. Dieses Kapitel ist besonders wichtig für die Folgenden Kapitel „Auswirkungen von zu viel Östrogen auf Mensch und Natur“ und „Synthetische Östrogene und Antibabypille“. 2.5 Inaktivierung und Ausscheidung von Östrogenen Östrogene müssen nach der Produktion auch wieder ausgeschieden werden. Dafür werden sie in der Leber inaktiviert. Dies bedeutet das ihnen die Ursprüngliche Wirkung genommen wird. Estradiol wird in Estron, Estriol und 2-Hydroxyestron verstoffwechselt. Diese Metabolite werden in der Leber an Glucuronsäure und Schwefelsäuren gebunden und als Glucuronide und Sulfate über den Harn, also übers Urin, ausgeschieden. Da natürliche Östrogene durch die Leber sehr schnell metabolisiert (Wirkung neutralisieren) werden und sich erst bei einer hohen Dosierung eine Wirkung feststellen lässt, wird in der Medizin und vor allem in der Antibabypille hautsächlich auf synthetische Östrogene zurückgegriffen. Diese werden trotz der oralen Einnahmen nur sehr schwer metabolisiert und zeigen so eine höhere Wirkung. Bevor nun auf die synthetischen Östrogene und speziell auf die Antibabypille eingegangen werden kann, wird im nächsten Kapitel zunächst die Wirkung von Östrogenen in dem Zyklus einer Frau betrachten. Dafür müssen erst einmal die hormonellen Phasen einer Frau brachtet werden, damit man danach die Wirkung der Antibabypille verstehen kann. 9 Thema 1 3 Die hormonellen Phasen im Leben einer Frau In diesem Kapitel geht es darum wann und wo diese Östrogene Im Organismus einer Frau produziert werden. Bei der Frau beginnt bereits mit der Geburt die erste hormonelle Phase. Zunächst wächst der Körper der Frau nahezu gleich wie der des Mannes, jedoch mit bereits angelegten noch unreifen Geschlechtsorganen. Mit dem 8. Lebensjahr beginnt das Ovar mit der Produktion von Östrogenen und die weiblichen Körperformen beginnen sich zu differenzieren. Dieser Abschnitt wird als Kindheit bezeichnet. Danach kommt die Frau oder eher gesagt das Kind mit ca. 10 Jahren in die Pubertät. Während der ungefähr sechs Jahre andauernden Pubertät kommt es zu der Menarche (erste Regelblutung der Frau) zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr. Mit der Menarche beginnt der Menstruationszyklus sich nahezu rhythmisch bis zur Menopause in Perioden zu wiederholen. Der Zyklus kann jedoch durch Krankheit oder eine Schwangerschaft unterbrochen werden oder ausbleiben. Gleichzeitig werden in diesen Jahren die Brüste (Thelarche), die Schambehaarung (Pubarche) ausgebildet und die regelmäßige Eireifung setzt ein. Nach der Pubertät, also ca. mit dem 16. Lebensjahr beginnt die Geschlechtsreife der Frau. Diese wird durch die fertige Ausbildung der Eierstockfunktionen definiert. Die Geschlechtsreife hält bis zur 2. Hälfte des 5. Lebensjahrzehnts an, also bis ungefähr zum 45. Lebensjahr. In den darauffolgenden 5 Jahre kommt es zum Aussetzen der Eireifung im Ovar und somit zur Impotenz des Eierstocks. Diese Jahre gehören zum Klimakterium, welches jedoch erst mit ca. 55 Jahren abgeschlossen ist. Der Abbau der Eierstöcke, ausgelöst durch eine Veränderung im Hormonhaushalt, führt zwischen dem 48. und 52. Lebensjahr zur Menopause, also zur letzten Menstruation einer Frau. Diese Menstruation beendet die Geschlechtsreife der Frau. Nach dieser Zeit kommt es zur völligen Erlösung der Eierstöcke. Diese kann Monate oder auch Jahre umfassen. Während dieser 10 Thema 1 Zeit kann es zu Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Herzsensationen, Schlafstörungen und auch zu Leistungsabfall kommen. Dieser Leistungsabfall ist auf den zunehmenden Östrogenmangel zurückzuführen. Damit diese Übergangsjahre den Frauen leichter fallen und die Schmerzen gelindert werden, setzt man in der Medizin verschiedene Hormonersatztherapien an, wenn diese benötigt werden. Häufig wird ein Östrogenmangel durch künstliche Zuführung von Östrogenpräparaten behoben. Die letzte Phase bezeichnet man als die unfruchtbare Phase oder als Senium, sie besteht ab ca. dem 55. Lebensjahr bis zum Tode fort. Alle einzelnen Phasen können natürlich auch etwas früher oder später auftreten. Zu große Abweichungen können z.B. durch äußere Einflüsse, wie zu östrogenhaltige Nahrung oder durch Krankheit verursacht werden. 3.1 Menstruationszyklus und Schwangerschaft In diesem Kapitel geht es um den genauen Ablauf des Menstruationszyklus’. Der Menstruationszyklus ist, wie der Name schon sagt ein zyklischer Vorgang, welcher hormonell gesteuert wird. Hierbei kommt es zur Reifung von Follikeln im Ovar (Eierstock), wobei eines als Ei auf den Weg in die Gebärmutter geschickt wird und nach einer Nichtbefruchtung mit der Regelblutung, also der eigentlichen Menstruation, wieder ausgeschieden wird. Dieser Vorgang dauert ca. einen Monat (26-32 Tage) und lässt sich in 3 Phasen einteilen. 1. Phase Die erste Phase oder Follikelphase beginnt direkt nach der letzten Menstruation (Regelblutung). Diese Phase dauert ca. 14 Tage und endet mit der Ovulation (Eisprung). Zunächst wird der Vorgang aus dem Sexualzentrum, also dem Hypothalamus gesteuert. Der Hypothalamus ist das wichtigste Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems. Er regelt mehrere homöostatische Regelkreise und ist im Zwischenhirn angesiedelt. Er steuert die Temperatur, den Blutdruck und die Osmolarität. Zudem ist er für 11 Thema 1 die Regulation von der Nahrungs- und Wasseraufnahme, Circadiane Rhythmik, den Schlaf und zu guter letzt für das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten zuständig. Der Hypothalamus gibt nun der Hypophyse den Auftrag über Releasing Faktoren Follitropin (FSH, follikelstimmulierendes Hormon) zu produzieren. Releasing Hormone sind Hormone, welche der Hypophyse beauftragen Hormone zu produzieren, in diesem Fall durch GnRH (Gonadotropen-Releasing-Hormon). Dieses FSH wirkt auf das Ovar und führt zur Reifung von Follikeln (5-15 Stück). Unter diesen Follikeln befinden sich auch Ovarialfollikel mit der Eizelle (Oozyte). Diese wächst nun durch das FSH langsam an bis zum sogenannten Graafschen Follikel (sprungreifes Ei) und wird 14 Tage vor der nächsten Periode in den Eileiter entlassen. Die Hypophyse ist eine Hormondrüse, welche auch im Zwischenhirn liegt. Sie ist zudem ein Teil des Hypothalamus. Sie ist für das Wachstum, den Stoffwechsel und die Fortpflanzung verantwortlich. Das FSH ist nicht nur für die Follikelreifung, sondern auch für die Heilung der letzten Menstruation und den Aufbau der neuen Gebärmutterschleimhaut zuständig. Die Schleimhaut wird jedoch hauptsächlich durch das Estradiol in der Proliferationsphase aufgebaut, welche mit der Ovulation fertiggestellt ist. Zudem wirkt das Estradiol auf die Hypophyse zurück und hemmt die Follitropin-Produktion. Nach wenigen Tagen der FSH-Produktion kommt es zu einem starken Anstieg des Lutropin (LH, luteinisierendes Hormon), welches auch aus der Hypophyse veranlasst wird. Dieser starke Anstieg ist ca. nach dem 13. Tag der letzten Periode zu datieren. Bereits ein bis zwei Tage später kommt es zur Ovulation. Dieser ist bei einem 28 tägigen Zyklus ungefähr in der Mitte zu finden. Das LH stimuliert zudem die einzelnen Progesteron-Produktionen und ist für die Ausbildung des Corpus Luteum (Gelbkörper) verantwortlich. FSH und LH gehören zu den gladotropen Hormonen, welche sich in zwei Gruppen einteilen lassen, in die auf Keimdrüsen (Gonaden) wirkende und nicht darauf wirkenden Hormone. Nach der Ovulation kommt es zur zweiten Phase. 12 Thema 1 2. Phase Die zweite Phase, auch Gelbkörperphase (Lutealphase) genannt, setzt mit der Ovulation ein. Diese ist auf 14 Tage beschränkt, da der Gelbkörper nur eine Lebensdauer dieser Zeit besitzt. Der Gelbkörper ist der Follikel, welcher die fertige Eizelle entlassen hat. Dieser Follikel beginnt, nach der Entlassung der Eizelle, kleine Mengen Östrogen und kurz darauf größere Mengen Progesteron (Gelbköperhormon) zu produzieren. Progesteron ist ein Gestagen und veranlasst die Einlagerung von Nährstoffen in der Gebärmutterschleimhaut für eine mögliche Schwangerschaft. Diese Nährstoffe sind für eine Ansiedlung der befruchteten Eizelle notwendig. Die luteinisierende Wirkung des Lutropins bringt die Progesteron- Produktion in Gang. Das Progesteron wandelt die Uterusschleimhaut in den prägraviden Zustand um und bereitet die Einbettung der Eizelle vor (Sekretionsphase). Solange die ProgesteronProduktion anhält bleibt dieser Zustand erhalten. Ist die Eizelle nicht befruchtet worden bildet sich der Corpus luteum durch den Abfall der LH-Produktion der Hypophyse zurück. Durch den folgende Progesteron- und Estradiol-Abfall kann die Schleimhaut nicht gehalten werden und es kommt zur dritten Phase. Der alte Corpus luteum setzt sich in der Haut des Ovars ab und hinterlässt so eine narbige Schicht. 3. Phase Die dritte Phase ist die eigentliche Menstruation. Diese kann nur eintreten, wenn keine Eizelle befruchtet wurde. Aus diesem Grund kann die dritte Phase auch in zwei Varianten eigeteilt werden, einmal die Menstruation und die Schwangerschaft. Im ersten Fall kommt es kurz nach Beginn des Abbaus der Schleimhaut zur Regelblutung und somit zur Abstoßung der Schleimhaut. Durch den Abfall des Estradiols wird im hypothalamo-hypophären System eine Gegenreaktion eingeleitet, bei der die FSH-Produktion angeregt wird und der Zyklus von vorne beginnen kann. Die Menstruation ist also der Startschuss für die Wiederholung des Zyklus’. 13 Thema 1 Bei einer Befruchtung der Eizelle bleibt die Menstruation aus. Hier würde sich der Corpus luteum in den Corpus luteum graviditatis umwandeln und die ProgesteronProduktion würde sich erhöhen. Diese Produktion würde später von der Plazenta übernommen werden. Im folgenden Kapitel wird es wieder um die synthetischen Östrogene gehen. Diese werden anhand der Antibabypille erläutert. Folikelkreislauf Abb. 12 Abb. 11 4 Synthetische Östrogene und Antibabypille Zu den synthetischen Östrogenen gehört zum Beispiel das Ethinylestradiol. Dieses ist das synthetisch hergestellte und leicht veränderte Estradiol, welches somit eine stärkere östrogene Wirkung aufweist als das Estradiol. Dies passiert durch die Ethinylierung (siehe Abb. 13) der Carbonylgruppe von Estron an C-17. Das Ethinylestradiol ist damit eines der Hauptbestandteile der Antibabypille. Synthetische Abb. 13 14 Thema 1 Östrogene werden gegenüber natürlichen Östrogenen in der Antibabypille verwendet aus einem ganz einfachen Grund, da sie in der Leber nicht so leicht metabolisiert werden. Dies kommt durch die hinzugefügte Ethinylgruppe (Dreifachbindung, siehe Abb. 13) zustande. Natürliche Östrogene werden im Ovar des Körper und im Gelbkörper selbst produziert und werden dann vor der Ausscheidung Abb. 14 metabolisiert. Für die künstliche Zunahme von Östrogenen und anderer Stoffe gibt es genau drei Möglichkeiten, entweder führt man diese über eine Spritze (parenteral) oder über die Absorption der Haut in Form von Cremes oder aber in Form von Tabletten (oral) dem Körper zu. Die orale Einnahme bietet sich als die einfachste und unkomplizierteste für die Empfängnisverhütung an. Für andere medizinische Behandlungen bieten sich die anderen Zuführungsmöglichkeiten oftmals eher an. Zu den synthetischen Östrogenen gehören auch andere Östrogenpräparate, welche für verschiedenste medizinische Behandlungen notwendig sind. Östrogenpräparate sind nicht nur Präparate aus Ethinylestradiol, sondern bestehen häufig aus einem Mix aus anderen synthetisch hergestellten Östrogenen. Zudem bestehen diese Präparate oftmals nicht nur aus synthetischen Östrogenen, sonder auch aus anderen Stoffen, wie z.B. einem Gestagen. Im den folgenden Abschnitten wird nicht auf alle diese Östrogene eingegangen, sondern hauptsächlich das Ethinylestradiol betrachten. Östrogene werden z.B. gegen Menstruationsstörungen, Akne oder starke Körperbehaarung (Hypertrichose) verschrieben. Ethinestradiol hat die größte Bedeutung in der Medizin, da es genauso wie das Estradiol die stärkste östrogene Wirkung beinhaltet. Bevor es nun um die Antibabypille (Kontrazeptiva) geht, muss vorweg kurz erwähnt werden, dass die Antibabypille das am meist verwendeteste Verhütungsmittel in Deutschland ist. Es gibt zwei verschiedene Arten von hormonellen Verhütungsmitteln, einmal die Minipille, welche nur Gestagen enthält und auf Östrogene verzichtet und andrerseits 15 Thema 1 die Mikropille, welche eine Kombination aus Gestagenen und Östrogenen ist. Beide teilen sich wiederum in drei verschiedene Möglichkeiten auf. Es gibt hier die Einphasenpille, welche einen gleichbleibenden Hormongehalt in allen einzunehmenden Tabletten hat, die Abb. 15 Zwei- phasenpille, welche zunächst in der ersten Phase eine niedrige Dosierung von Gestagenen und Östrogenen beinhaltet und in der zweiten Phase die Dosierung erhöht und zu guter letzt gibt es die Dreiphasenpille, welche zunächst in den ersten Abb. 16 beiden Phasen der Zweiphasenpille ähnelt, jedoch in der dritten Phase die Östrogendosierung reduziert und die Gestagendosierung erhöht. Die Minipille verhindert nicht den Eisprung, sondern baut nur die Gebärmutterschleim- haut, d.h. den Zervixschleim auf, welcher das eindringen von Spermien in Abb. 17 die Gebärmutter verhindert. 16 Thema 1 Die Mikropille baut nicht nur durch das Gestagen den Zervixschleim auf, sondern verhindert zudem durch das Östrogen die Follikelreifung und somit auch die Ovulation. Dadurch dass diese Pille einen „Doppelschutz“ besitzt, ist sie auch etwas sicherer und lässt zudem größere Abweichungen im Einnahmerhythmus der Tabletten zu. Nach einer Absetzung kommt es bei beiden Tablettenarten zu einer Entzugsblutung, welche jedoch kleiner Ausfällt als die normale Menstruation. Aus diesem Grund wird die Pille auch gegen zu starke Regelblutungen verschrieben. Die drei Bilder (Abb. 15,Abb. 16 und Abb. 17) zeigen eine Auswertung der von der Technikerkrankenkasse bezahlten Antibabypille von Frauen bis zum 20. Lebensjahr. Die Daten enden mit dem 20. Lebensjahr, da die Kosten der Pille nur bis zu diesem Lebensjahr von der Krankenkasse übernommen werden. Diese Studie ist relativ aussagekräftig, da die Krankenkasse in ganz Deutschland aktiv ist und sehr viele Kunden hat. Wie man an den Zahlen sehr schön erkennen kann verwenden sehr viele Mädchen die Pille. Zudem bemerkt man, dass der Anteil der Nutzerinnen mit zunehmendem Alter wächst. 5 Auswirkungen von zu viel Östrogen auf Mensch und Natur Um der Frage nachgehen zu können, was für Auswirkungen Östrogene auf Mensch und Natur haben, müssen wir zunächst erst einmal klären, wie natürliche Östrogene, synthetische Östrogene oder östrogenähnliche Stoffe in die Umwelt gelangen. 5.1 Woher stammen die Östrogene, welche unsere Natur belasten? Zum einen werden Östrogene über den Menschen ausgeschieden und sammeln sich dann in den Klärwerken an. Zu diesen Östrogenen gehören nicht nur die synthetischen z.B. aus der Antibabypille, sondern auch die natürlichen Östrogene. Eine Frau scheidet im Durchschnitt zwischen 3-8 µg (µg=Mikrogramm) Estradiol (E2) pro Tag aus. Während der Schwangerschaft sind es sogar 170-360 µg E2 pro Tag. Zu diesen natür17 Thema 1 lichen Östrogenen kommt nun noch die Exkretion der synthetischen Östrogene hinzu. Das Ethinylestradiol (EE2) wird z.B. pro Tag in der Menge zwischen 0,8 und 2,6 µg ausgeschieden. Von den Kläranlagen aus gelangt es dann nahezu ungefiltert in Flüsse, Meere, Seen… In den Kläranlagen werden zwar 90% des E2 und 68% des EE2 durchschnittlich abgebaut, jedoch bleibt ein Teil der Östrogene aktiv. Zudem hängt die Inaktivierung der Östrogene von der technischen Ausgestaltung der Kläranlage ab. Östrogene werden als aktiv bezeichnet, wenn sie die Gesundheit von Organismen bzw. Populationen beeinflussen können. Hormonaktive Stoffe werden auch als endokrine Disruptoren bezeichnet. An den Zahlen kann man bereits erkennen, dass das Ethinylestradiol zwar deutlich weniger ausgeschieden wird als die natürlichen Östrogene, jedoch wird es auch deutlich schlechter inaktiviert. Diese Hartnäckigkeit ist auf die zusätzliche Ethinylgruppe an C17 zurückzuführen. Die Halbwertszeit eines natürlichen Östrogens in Gewässern liegt bei ca. 2 Tagen und bei dem synthetischen Ethinylestradiol bei 17 Tagen. Die Konzentration von Östrogenen in einem Gewässer hängt immer davon ab, wie stark es verdünnt wird. Aus diesem Grund gibt es keinen Durchschnittswert von östrogener Belastung in Gewässern, jedoch kann man sagen, dass in niederschlagsarmen Monaten die Flüsse und Seen eine höhere Konzentration von Östrogenen pro Liter aufweisen als in niederschlagsreichen Monaten. Zudem ist die Umwelt in unmittelbarer Nähe der Abwasserrohre und in dicht besiedelten Gebieten am stärksten betroffen. Nicht nur über Kläranlagen, sondern auch über den östrogenähnlichen Stoff Bisphenol A, welcher in nahezu allen Plastikarten vorhanden ist, gelangt „Östrogen“ in die Umwelt. Bisphenol A ist nur einer von vielen Stoffen, welcher unsere Umwelt und uns selbst mit Stoffen belastet, welche östrogenähnlich wirken. Wir selbst kommen in Kontakt mit diesen Stoffen über unsere Plastiktrinkflaschen, über alle in Plastik verpackten Lebensmittel, über Zahnpasta und viele andere Dinge (siehe auch in der Arbeit Bioplastik von Carmen Romberger). Zudem gelangen jedes Jahr Millionen Tonnen von Plastik in die Meere, welche von kleinen wie großen Meeresbewohnern gefressen wer- 18 Thema 1 den und schließlich über die Nahrungskette wieder im Organismus des Menschen landen. Weiterer „Östrogenlieferanten“ sind die Pestizide, welche auf die Pflanzen gespritzt werden, dann in den Boden sickern, im Grundwasser oder nahegelegenen Seen landen oder über die Aufnahme der bespritzen Pflanzen wieder den Menschen beslasten (siehe auch Pestizide von Johann Schmiederhausen und Rahel Delling). Zu guter Letzt kommen natürliche Östrogene auch über Tiere und Pflanzen in die Natur. Zierpflanzen produzieren z.B. das Phytoöstrogen (bzw. Phytoestrogen). Diese Stoffe sind zwar keine Östrogene im herkömmlichen Sinne, jedoch können sie sich durch die chemische Ähnlichkeit mit Estrogenrezeptoren verbinden und so eine östrogene bzw. antiöstrogene Wirkung entfalten. 5.2 Folgen für Tier und Umwelt Hormone gehören mit zu den am stärksten wirkenden Stoffen in der Natur. Selbst verschwindend geringe Mengen an Östrogen können biologisch aktiv wirken. Zudem summieren sich verschiedene Östrogene in ihrer Wirkung auf, d.h., dass Gewässer oder andere Gebiete, welche mit verschiedenen Östrogenen oder ähnlich wirkenden Stoffen verseucht sind, noch stärker auf die Umwelt wirken. Aus diesem Grund sind Östrogene für die Umwelt, die Tiere und den Menschen so gefährlich. Wie bereits erwähnt sind Östrogene für die Entwicklung des weiblichen Geschlechts, deren Funktion und Zyklen, die Fruchtbarkeit und für die Rhythmen der Paarungszeit zuständig. Genau an diesen Punkten setzen nun die Folgen der östrogenen Überbelastung ein. Um Folgen nachweisen zu können, haben die Wissenschaftler Max Lambert und sein Team von der Yale Universität Froschpopulationen in natürlichen Tümpeln, mit Tümpeln in agrarwirtschaftlich geprägten Regionen und Stadtteichen verglichen. Hierbei hat man die Spezies Rana clamitans, den sogenannten „Schreifrosch“, untersucht. Eine Population dieser Spezies besteht normalerweise zu 63% aus männlichen und zu 37% 19 Thema 1 aus weiblichen Tieren. Das Verhältnis der Geschlechterverteilung in den belasteten Tümpeln war jedoch gekippt. Hier waren die Weibchen zu mehr als 50% vertreten. Die Frösche waren durch die Östrogene „feminisiert“ worden. Zudem ist die Potenz der männlichen Frösche und die Bereitschaft der Weibchen zur Paarung gesunken. Dieses Phänomen führte zu einem Rückgang der Population. Endokrine Disruptoren sind und waren für Fortpflanzungsstörungen von Fischpopulationen weltweit der Auslöser. Die Östrogene eines Fisches sind mit denen des Menschen chemisch identisch. Bei Fischen, welche sich nahe an Kläranlagen oder in verseuchten Seen aufhielten, fand man heraus, dass selbst bei männlichen Fischen das weibliche Eidotterprotein Vitellogenin, welches normalerweise nur bei weiblichen Fischen während der Reproduktionsphase gebildet wird, zu finden war. Diese Veränderung ging sogar so weit, dass sich sogenannte „Intersex“-Gonaden in eigentlich getrenntgeschlechtlichen Fischpopulationen gebildet hatten. „Intersex“-Gonaden sind Gonaden, welche weibliche sowie männliche Geschlechtszellen enthalten. Die Populationen zeigten zudem eine ähnliche Entwicklung wie bei den Fröschen. Die Weibchen waren nicht mehr so „paarungswillig“ und die Männchen waren nicht mehr so potent bis hin zur Impotenz. Diese Umweltöstrogene können beim Fisch genauso wie bei anderen Tieren auf den Hypothalamus, die Hypophyse, das Ovar oder die Leber wirken. Dort können sie eine Reaktion auslösen, welche z.B. beim Fisch die Vitellogeninproduktion antreibt. Dies führt wiederum dazu, dass es zu einem Rückkopplungsmechanismus kommt, welcher auf das Ovar wirkt. Hierbei sei nochmal erinnert an die komplexe hormonelle Regulation des Menstruationszyklus’. Auslöser für solche Veränderungen sind oftmals nicht nur tägliche Verschmutzungen unserer Umwelt, sondern häufig auch Chemieunfälle. Als Beispiel kann man hier die Population der Alligatoren im Apopka-See in Florida nehmen. Hier hatte sich die Population der Alligatoren stark verkleinert, es kam gehäuft zu Fehlbildungen der Geschlechtsorgane und der Testosterongehalt war extrem niedrig, nachdem Pestizide 20 Thema 1 wie DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) und Diclofol bei einem Chemieunfall in das Gewässer gelangt waren. Beide genannten Pestizide haben eine hormonelle Wirkung, weshalb sie die Alligatoren „feminisiert“ haben. Die Liste der Beispiele könnte nun problemlos weitergeführt werden, jedoch ist bereits anhand dieser Bespiele klar, dass zu viele Östrogene oder Stoffe, welche eine östrogene Wirkung entfalten können, in der Natur ein großes Problem darstellen und zu erheblichen Folgen führen können. 5.3 Folgen für den Menschen Der Mensch ist vielen Umweltbelastungen ausgesetzt und eine große könnte in der Zukunft das Östrogen darstellen. Die endokrinen Disruptoren wirken auf unseren Körper ähnlich wie beim Fisch. Diese Umweltöstrogene können z.B. auf den Hypothalamus, die Hypophyse oder das Ovar wirken. Diese Wirkungen würden der Antibabypille ähneln. Dies bedeutet, wenn zu viele Östrogene auf eine erwachsene Frau wirken, dann könnte der Eisprung aussetzten, da der Körper denken würde, dass er schwanger wäre. Zudem könnte es zu unregelmäßigen Zyklen kommen. Nicht nur Zyklusunregelmäßigkeiten, sondern auch ein erhöhtes Brustkrebsrisiko oder äußerliche Körperveränderungen könnten die Folge sein. Da die Östrogene, sowie Testosterone eine wichtige bzw. die wichtigste Rolle in der Kindheit und Pubertät spielen, würden sich auch dort Folgen zeigen. Das Östrogen ist für die Entwicklung des weiblichen Geschlechts und der weiblichen Körperformen verantwortlich. Eine zu Große Menge an Östrogen könnte die Kindheit verkürzen, so dass die Frau früher geschlechtsreif wäre und deutlich früher die Menarche bekäme. Der Körper der Frau könnte durch diese unnatürlichen Beschleunigungen Schäden davontragen, da er nicht so viel Zeit zur Entwicklung bekäme, wie wenn er auf natürliche Weise gewachsen wäre. Nicht nur bei der Frau könnte es zu starken Folgewirkungen kommen, sondern auch beim Mann. Das Geschlechtsorgan des Mannes könnte sich durch zu viele Östrogene in der Kindheit nicht richtig entwickeln und dadurch verkümmern. Dies bedeutet, dass 21 Thema 1 der Mann nicht mehr so potent wäre und Probleme bei der Fortpflanzung bekommen könnte. Die Verkümmerung des Geschlechtsorgans bis hin zu Geschlechtsumwandlungen sind bei den Fischen bekannt. Daher ist für den Menschen eine erhöhte Vorsicht im Umgang mit endokrinen Disruptoren gefragt. Beim Mann könnte es zudem dazu führen, dass die Spermienzahl, sowie deren Qualität stark abnimmt, welches bis zu einer Impotenz führen könnte. Bis jetzt ist nur bekannt, dass die Spermienzahl und deren Qualität bei den Männern in den Industrieländern abgenommen hat. Ob die endokrinen Disruptoren dafür verantwortlich sind ist noch nicht bewiesen, jedoch kann man davon ausgehen, dass wenn diese Disruptoren bei Fischen zu den genannten Veränderungen führen können, dass diese beim Menschen eine ähnliche Veränderung bewirken können. Auch wenn bis jetzt noch keine Nachweise von Folgen auf den Menschen durch endokrine Disruptoren gefunden wurden, könnten diese Stoffe in Zukunft ein erhebliches Problem bei der Fortpflanzung darstellen. Der Mensch in den Industrieländern hat bereits jetzt mit Fortpflanzungsproblemen zu kämpfen, deswegen sollte man den endokrinen Disruptoren eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken und diese so weit es geht vermeiden. 6 Fazit In meiner Hausarbeit bin ich über den chemischen Aufbau von Östrogenen zu den natürlichen Östrogenen gekommen. Dabei habe ich die Bedeutung des Östrogens für den Menschen herausgearbeitet und seine Funktion im Hormonhaushalt des Körpers betrachtet. Danach bin ich auf die synthetischen Östrogene anhand der Antibabypille eingegangen und habe danach den Einfluss von Östrogenen auf den Menschen und die Natur betrachtet. Hierbei bin ich auch auf die Umweltöstrogene bzw. die östrogenähnlichen Stoffe eingegangen und habe die Problematik dieser in einigen Beispielen verdeutlicht. 22 Thema 1 Das Thema „Östrogene“ ist mit diesen einzelnen Schwerpunkten noch nicht bearbeitet, sondern könnte in Richtung der Medizin noch weiter ausgeführt werden. Desweiteren könnte auf die Auswirkungen der Verwendung von Östrogenen in der Landwirtschaft eingegangen werden. Beispielhaft sei hier der Lebensmittelskandal, ausgelöst durch Östrogene in Kalbfleisch, aus den 1980er Jahren genannt. Das Thema der östrogenähnlichen Stoffe bzw. der endokrinen Disruptoren könnte noch ein weiteres Feld umfassen. Ein weiteres und sehr spannendes Thema könnte die Verwendung von Östrogenen im Bereich des Bodybuildings darstellen. Dort werden die Eigenschaften der Steroide bzw. des Östrogens genutzt, um den Körper noch voluminöser zu Formen. 23 Thema 1 Quellenverzeichnis INTERNETSEITEN http://flexikon.doccheck.com/de/Östrogen Hucklenbroich, Christina: Hormone in der Umwelt, 15.9.2015 Frankfurter Allgemeine, http://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/oestrogene-in-der-umwelt-in-dengaerten-der-vorstadt-leben-mehr-weibliche-froesche-13790548.html Hauptsache, es hilft und fällt nicht auf, SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG., 27.10.1980, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14322935.html Freese, Gunhild: Gewinn vor Gesundheit, 14.11.1980, http://www.zeit.de/1980/47/ gewinn-vor-gesundheit https://de.wikipedia.org/wiki/Menstruation http://www.laves.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=20053&article_id=73704&_psmand=23 Paradisi-Redaktion - Artikel vom 21.11.2012 (zuletzt überarbeitet am 18.09.2015), http://www.paradisi.de/Health_und_Ernaehrung/Anatomie/Geschlechtshormone/ Artikel/21967_Seite_2.php Obskure Quellen, SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG., 18.1.1982, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14337132.html Der Tapfere, SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. 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KGaA, Weinheim, http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biuz.201490051/abstract?globalMessage=0 Die Fachliteratur wurde als Hauptgrundlage der Arbeit verwendet 25 Thema 2 Thema 2 Ylva Appel Wie sich unsere Ernährung auf unseren Körper auswirkt Einleitung S.1 Was braucht unser Körper eigentlich zum Leben? S.2-4 Was genau ist ein Vegetarier S.5-6 Mangel und Mangelerscheinungen erkennen und vorbeugen (am Beispiel von Vitamin B12 und Calcium) S.6-8 Quellenangaben S.9 Thema 2 Einleitung Ich wollte mir für mein Referat ein Thema aus der Lebensmittelchemie aussuchen mit dem ich mich wirklich beschäftigen wollte. Ein Thema welches mich interessiert und von dem ich vielleicht sogar persönlich betroffen war. Also dachte ich über mich und über die Welt und über verschiedene Lebensstiele nach und ich fand ein Thema: Wie sich unsere Ernährung auf den Körper auswirkt. Da ich selber seit fast 2 Jahren Vegetarierin bin und dachte das ich mich damit genügend auskenne wollte ich mich mit anderen Ernährungsformen wie z.B. Halal, Koscher, oder dem Veganismus, aus einander setzten. Zeitgleich zu dieser Entscheidung gingen jedoch die Vegetariervitamine die ich täglich zu mir nehme zur neige und ich begann, anfangs nur aus Spaß, mal nach den Inhaltstoffen dieser Tabletten zu googlen. Es faszinierte mich wie eine Tablette am Tag angeblich allen Mangelerscheinungen vorbeugen konnte. Ich weiß das man sich als Vegetarier geschickt ernähren muss um all seine Nährstoffdepots auffüllen zu können, jedoch hatte ich ein paar Monate nach meiner Entscheidung zukünftig auf Fleisch zu verzichten, selber an meinem Körper Veränderungen Bemerkt. Ich bemerkte das meine Nägel dünner wurden und immer mehr kaputt gingen. Um dem vor zu beugen begann ich damals mit der Einnahme der Vitamine. Beim googeln bemerkte ich wie wenig ich eigentlich immer noch über meinen Körper und über das Vegetarier sein wusste und begann mich hauptsächlich auf dieses Thema zu konzentrieren. Seit diesem Referat habe ich das Gefühl besser auf mich und meine Gesundheit achten zu können und auch das zu viele Menschen wenig oder gar nichts darüber wissen, wie viel Einfluss unsere Ernährung auf unseren Körper hat. Thema 2 Was braucht unser Körper eigentlich zum leben? Damit unser Körper gesund ist und vernünftig funktionieren kann müssen wir durch unsere Nahrung verschiedene Stoffe aufnehmen. Dazu zählen: Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße (Proteine), Nahrungsfasern (Ballaststoffe), verschiedene Vitamine, Spurenelemente und Elektrolyte. All diese sorgen dafür das der Körper im Gleichgewicht ist und alle Prozesse gut ausführen kann. Die Kohlenhydrate versorgen den Körper mit ausreichend Energie, die Fette dienen als Energiespeicher, die Eiweiße sorgen für den Muskelaufbau und die Beweglichkeit, die Ballaststoffe regen die Verdauung und die damit verbundenen Organe an, die Vitamine sorgen für die Funktion aller Organe und des Abwehrsystems, die Spurenelemente für den Stoffwechsel und die Ausschüttung verschiedener Hormone und Elektrolyte steuern, unter anderem, den Flüssigkeitshaushalt des Körpers Damit man weiß in welchem Verhältnis man diese Stoffe dem, Körper zu führen muss/sollte wurde 1992 von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (kurz DGE) die sogenannte Lebensmittelpyramide erstellt. Anhand dieser kann man gut erkennen das die Grundlage für einen gesunden Körper Trinken, bzw. Flüssigkeit ist, mindestens 1,5L täglich. Thema 2 Die zweite Stufe bilden die Kohlenhydrate, also ihre großen Vertreter wie Reis, Kartoffeln, Brot und Nudeln. Die darauffolgende dritte Schicht ist in Obst und Gemüse, also die hauptsächlichen Vitaminlieferanten unterteilt, bei denen man darauf achten sollte mehr Gemüse als Obst zu sich zu nehmen. Auf der nächsten Stufe befinden sich die Eiweiße, welche wir in Form von Milch, Milchprodukten und Fisch zu uns nehmen. Als vorletztes folgt dann die Stufe der Proteingeber, wie Fleisch und Ei. Und an der Spitze der Pyramide, und damit die kleinste Stufe, bilden die Fette (darunter auch die tierischen Fette) und auch die Süßigkeiten, von diesen sollte man am wenigsten zu sich nehmen. Insgesamt sollte unsere Ernährung zu 30% aus Kartoffeln etc., zu 26% aus Gemüse und Salat, zu 17% aus Obst, zu 18% aus Milchprodukten, zu 7% aus Fleisch, Fisch und Eiern, und zu 2% aus Ölen und Fetten bestehen. Was in dieser Pyramide jedoch nicht mit aufgeführt ist, ist das ein gesunder Körper auch immer ein fitter Körper ist, also Sport und körperliche Aktivitäten die Basis hierfür bilden. Diese Ernährungspyramide wurde zum besseren Verständnis auch in ein Kreisdiagramm umgewandelt. In diesem sieht man noch mal sehr gut das Wasser, also trinken hier im Mittelpunkt steht, und wie die anderen Lebensmittel drum herum angeordnet sind. Thema 2 Was genau ist ein Vegetarier? Die Bezeichnung Vegetarier benutzen wir häufig ohne die genaue Bedeutung des Wortes überhaupt zu kennen. Auch ich hatte mich, bis dahin immer leichtfertig als Vegetarier betitelt, da ich glaubte das dies nur bedeutet das ich kein Fleisch esse. Als ich mich jedoch genauer mit diesem Thema befasste merkte ich schnell das ich laut Fachsprache überhaupt kein Vegetarier bin, sondern Ovo-Lakto-Pescetarier. Was mir vorher nämlich nicht so bewusst war, ist das immer die Art von Lebensmittel in der Bezeichnung verwendet wird die man noch isst, also für mich in diesem Fall Ovo für Ei, Lakto für Milch und Milchprodukte und Pesce für Fisch. Allgemein gliedern sie „Vegetarier“ in Ovo-Lakto-Pescetarier (also Ei, Milch und Fisch Verwender), Ovo/ oder Lakto-Pescetarier (also entweder Ei und Fisch, oder Milch und Fisch Verwender), Ovo-Lakto-Vegetarier (also Ei und Milch Verwender), Ovo/ oder Lakto Vegetarier (also Ei oder Milch Verwender) und in Vegetarier (weder Ei, noch Milch noch Fisch Verwender). Die Steigerung vom Vegetarismus ist der Veganismus, bei diesem verzichtet man nicht nur auf Eier, Milch, Fleisch und Fisch, sondern auch auf alle anderen tierischen Produkte, wie z.B. Leder, Wolle, Honig, Bienenwachskerzen, oder Daunendecken und Jacken. Die Zahl der Menschen die sich für eine vegane oder vegetarische Lebensweise entscheiden wächst stetig, mittlerweile ernähren sich rund Thema 2 10% der Weltbevölkerung Vegetarisch oder Vegan. Diese Entscheidung für sich zu treffen kann die verschiedensten Gründe haben, z.B. Religiöse (z.B. in Indien der Jainismus, einige Richtungen des Hinduismus, und einige Anhänger des Buddhismus), ethische oder moralische Gründe (z.B. Massentierhaltung, Urwaldabholzung, etc.), oder auch gesundheitliche Gründe (z.B. zu hohe Cholesterin Werte). Viele Ärzte gehen davon aus das die vegetarische Ernährung viele Vorteile mit sich bringt, vor allem dadurch, dass man auf tierische Fette verzichtet. Daher haben Vegetarier selten hohe Cholesterin Werte, kaum Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neigen nicht zu Übergewicht und Diabetes mellitus II. Auf Grund dieser Vorteile wird vielen eine Umstellung auf die vegetarische Küche empfohlen, vor allem wenn die Patienten an einer dieser Sachen leiden, oder auch bei Rheuma Beschwerden. Damit Vegetarier und Veganer wissen was sie zu sich nehmen können, gibt es für vegetarische und vegane Lebensmittel eine besondere Kennzeichnung. Nur wenn ein Produkt auch wirklich zu 100% vegetarisch oder vegan ist darf es solch ein Emblem tragen. Mangel und Mangelerscheinungen Obwohl all dies das Vegetariertum verlockend klingen lässt, darf man die Warnungen nicht außer Acht lassen. Fast jeder hat schon mal von Mangeln und Mangelerscheinungen im Zusammenhang mit einer vegetarischen Lebensweise gehört. Diese „Nebenwirkungen“ sind allgemein Bekannt, doch was genau sind das für Mangel und wie kann man diesen Vorbeugen? Thema 2 Diese Fragen habe ich mir während meiner Arbeit an diesem Referat auch gestellt. Allgemein bekannt sind z.B. Eisenmangel, Eiweißmangel, Calcium und Zinkmangel und auch ein Mangel an den Vitaminen B12 und D. Eigentlich müsste ein durchschnittlicher Ovo-Lakto-Vegetarier täglich als Basis (wie jeder andere Mensch auch) 1,5 Liter Wasser trinken. Zusätzlich dazu bräuchte er jedoch täglich noch mindestens 500 Gramm Früchte und Gemüse (besonders grünes). Hinzu kommen Milch und Milchprodukte, wobei man wegen des Cholesterins dabei am besten auf die fettarmen Varianten zurückgreifen sollte, und der tägliche Verzehr von Eiern und Hülsenfrüchten um den Bedarf an Eiweiß, Ballaststoffen, Vitamin B12 und Vitamin D zu decken. Da aber natürlich nicht jeder immer und ständig so genau auf seine Ernährung achten kann oder möchte, sollte man um etwaigen Mängeln vor zu beugen sollte man auf Nahrungsergänzungsmittel wie z.B. Vegetariervitamine (z.B. von Doppelherz) zurückgreifen. Diese beinhalten eine Vielzahl von mehr oder weniger wichtigen Stoffen und Vitaminen, die Vegetariern häufig fehlt oder zu fehlen scheint. In diesen Vitamintabletten sind enthalten: Vitamin B12, Calcium, Eisen, Zink, Jod, Vitamin B1, B2, B6, B12 und D. Zusätzlich gibt einem die Verpackung auch Hinweise darauf wofür der Körper diese Stoffe braucht. Wenn man sich jedoch etwas mit diesen Stoffen auseinandersetzt, kommt heraus das einiges in diesen Tabletten nur toll klingt, jedoch keine nennenswerte Wirkung hat. Zum Beispiel nehmen wir im Durchschnitt eher zu viel als zu wenig Jod zu uns, weshalb dieses Spurenelement in diesen Vitaminen nicht vor zu kommen bräuchte. Auch reichen normalerweise ein paar Minuten täglich an der frischen Luft um uns ausreichend mit Vitamin D zu versorgen. Sogar durch eine geschlossene Fensterscheibe hindurch können wir Vitamin D produzieren, weshalb auch diese Zutat überflüssig wäre. Des weiteren ist der menschliche Körper nicht dazu in der Lage gleichzeitig Eisen und Calcium aufzunehmen, weshalb er jeweils nur das in seinen Kreislauf ausnimmt, was er gerade benötigt. Andere Stoffe wie z.B. Vitamin B12, Zink und Calcium sind Lebensnotwendig und ein Mangel an ihnen kann schlimme Folgen haben. Vitamin B12 Vitamin B12 findet sich fast nur in tierischen Produkten (Fleisch oder Milchprodukte) und in den untersten Wurzeln einiger Pflanzen. Dieses Vitamin B12 aus Pflanzen ist jedoch so gering konzentriert das vor allem Vegetarier häufig einen Mangel daran haben. Auch ist es so, dass Vegetarier dieses Vitamin B12 aus Pflanzen. häufig schlechter aufnehmen können als tierisches, da in den tierischen Produkten auch Thema 2 Stoffe enthalten sind die die Aufnahme vom tierischen Vitamin B12 begünstigen, aber keine Auswirkungen auf pflanzliches Vitamin B12 haben Jedoch dauert es unter normalen Bedingungen sehr lange bis Mangelerscheinungen auftreten, da Vitamin B12 über den enterohepatischen Kreislauf (also den Darm-Leberkreislauf) resorbiert wird, d.h. immer wieder verwendet wird. Dadurch treten Mangelerscheinungen erst nach bis zu 10 Jahren auf. Wenn man einen solchen Mangel bei sich vermutet lässt sich dieser beim Arzt durch einen Bluttest überprüfen. Im Blut sind 4 verschiedene Biomarker enthalten die sich bei einem Vitamin B12 Mangel verändern. Ist der Mangel nur gering ist z.B. der Holotransbalaminwert (Holo-Tc Wert) auffällig. Bei einem so geringen Mangel sind die klinischen und hämatologischen Symptome meist noch nicht vorhanden und es gibt auch meist noch keine neurologischen Schäden. Bei einem fortgeschrittenen Mangel, feststellbar durch deutlich erhöhte Holo-tc Werte und erhöhte Werte für Methyaminosäure, können jedoch erhebliche neurologische Schäden auftreten. Calcium Wenn wir von Calcium in Bezug auf unseren Körper sprechen, dann sprechen wir von Calciumphosphat (siehe Strukturformel oben). Es ist zu ca. 1 Kilogramm in unserem Körper enthalten und zählt damit nicht mehr zu den Spurenelementen wir Zink oder Iod. Damit ein Element nicht mehr als Spurenelement gilt muss es zu mehr als50 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht enthalten sein. Hauptsächlich wird Calcium im Körper in den Zähnen und Knochen gespeichert. Die Knochen haben jedoch auch die zusätzliche Funktion dieses Calcium auch wieder auslösen zu können falls im Körper nicht genug vorhanden ist und das Calcium an einer anderen Stelle benötigt wird. Dies ist vor allem bei einem Calciummangel sehr schädlich für den Körper, da die Knochen anfangen porös zu werden und Knochenerkrankungen wie Osteoporose entstehen können. Calcium sorgt jedoch nicht nur für die Stabilität von Knochen und Zähnen, sondern Thema 2 auch für die Erregung von Muskeln, Zellteilung, die Aktivierung von Enzymen und Hormonen, Blutgerinnung und für den Aufbau der Zellmembran (Zellhaut). All diese Prozesse können bei einem Calciummangel nicht mehr vernünftig ausgeführt und können erhebliche Schäden mit sich führen. Einige Anzeichen Calciummangel könne z.B. sein: Muskelkrämpfe, Kribbeln auf der Haut, Herz und Kreislaufprobleme, trockene Haut, brüchige Nägel oder eine gestörte Zahnheilung. Um solchen Mangelerscheinungen vor zu beugen reicht es normalerweise aus sich bewusst zu ernähren. In unserem normalen Trinkwasser und in Nahrungsmitteln wie Käse, Sesam, Mandeln, Broccoli, oder auch getrockneten Feigen ist genügend Calcium enthalten. Darum ist auch hier ein Mangel eher unwahrscheinlich. Quellenangaben Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Calciumstoffwechsel https://vebu.de/themen/lifestyle/anzahl-der-vegetarierinnen http://www.onmeda.de/naehrstoffe/calcium-calciumhaltige-lebensmittel-2273-2.html http://www.apotheken-umschau.de/Ernaehrung/Vegetarier-Mythen-und-was-wirklich-stimmt185177.html http://flexikon.doccheck.com/de/Reabsorption https://de.wikipedia.org/wiki/Enterohepatischer_Kreislauf http://www.worldsoffood.de/gesundes-und-bio/item/1590-weltvegetariertag-fakten-und-zahlenzur-vegetarischen-ernaehrung.html http://evidenzbasierte-wirtschaftspolitik.blogspot.de/2014/02/wie-viele-vegetarier-und-veganergibt.html https://de.wikipedia.org/wiki/Fette https://de.wikipedia.org/wiki/Eiwei%C3%9F https://de.wikipedia.org/wiki/Protein https://de.wikipedia.org/wiki/Ballaststoff https://de.wikipedia.org/wiki/Ern%C3%A4hrungspyramide Thema 2 https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Gesellschaft_f%C3%BCr_Ern%C3%A4hrung https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e4/Ern%C3%A4hrungs_Pyramide.jpg https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/ernaehrungskreis/ https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/5-am-tag/ https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/lebensmittelpyramide/ http://de.sci.medizin.misc.narkive.com/VU5RYRCN/vitamin-b12-gewinnung-synthese http://www.r-biopharm.com/de/produkte/lebensmittelfuttermittelanalytik/inhaltstoffe/vitamine/vitamin-b12-cyanocobalamin/item/easi-extract-vitaminb12 http://www.vegane-inspiration.com/Vitamin-D.html http://www.s3-chemicals.de/product_info.php?info=p796_calciumphosphat--reinst-lebensmittelqualitaet-.html http://www.chemie.de/lexikon/Calciumphosphat.html https://de.wikipedia.org/wiki/Calciumphosphat Persönliche/Gesprächsquellen: Frau Simone Appel Thema 3: Ethanol Freie Waldorfschule Eckernförde Thema 3: Ethanol Unser Trinkalkohol Antonia Beckmann 1 Thema 3: Ethanol Inhaltsverzeichnis 1.VORWORT ................................................................................... 3 2.CHEMISCHER AUFBAU ........................................................... 4 3.1. HERSTELLUNG VON ETHANOL .................................... 10 3.2. Alkohol- Dehydrogenase ....................................................... 11 4.1. AUFNAHME IM MENSCHLICHEN KÖRPER ................ 12 4.2. Wirkung im Körper ................................................................ 14 5.1. ABBAU IM KÖRPER ............................................................ 15 5.2. Abbau in der Leber ................................................................. 16 6.GESCHICHTLICHER HINTERGRUND ............................... 18 7.1. Schlusswort .............................................................................. 20 7.2. ANHANG ................................................................................. 21 Literaturverzeichnis....................................................................... 21 Internetquellen ............................................................................... 21 2 Thema 3: Ethanol 1.Vorwort “Prosit! – Wohl bekomm’s!” So riefen es sich schon die Menschen im Alten Rom beim gemeinsamen Genuss von Alkohol zu. Schließlich stammt der Begriff Prosit vom lateinischen prodesse (nützlich sein). Und auch heute noch ist dieser Trinkspruch in aller Munde. Doch Alkohol gilt als Volksdroge Nr.1, von der in Deutschland pro Kopf jährlich 10 Liter in reiner Form konsumiert wird. Das sind umgerechnet ungefähr 550 Gläser Bier, 20 Liter Wein und dazu noch 5 Liter Schnaps. Für die einen ist es ein selbstverständlicher Bestandteil der Geselligkeit, für die anderen ein Mittel um Sorgen und Unwohlsein im Rausch vorübergehend zu vergessen. Doch was ist eigentlich Alkohol? Dieser Frage kann man sich auf vielen Wegen nähern: Ich möchte mich in dieser Arbeit hauptsächlich mit den chemischen Eigenschaften beschäftigen. Berücksichtigen will ich aber auch den historischen und gesundheitlichen Aspekt. Als begleitenden Teil meiner Arbeit habe ich in einem praktischen Versuch in einem Gärungsballon das Entstehen von Alkohol beobachtet und Apfelwein hergestellt. 3 Thema 3: Ethanol 2.Chemischer Aufbau Ethanol gehört zu der Gruppe der Alkanolen, die sich aus der homologen Reihe der Alkane ableiten lassen. So wird aus Methan Methanol, aus Ethan Ethanol usw. mi dem Suffix –ol. So steht Ethanol hinter dem Methan an zweiter Stelle. Abbildung 1.: Zusammenhang: Alkane- Alkanole (Beispiele) 4 Thema 3: Ethanol Die Alkanole unterscheiden sich von den Alkanen lediglich durch ihre funktionelle Gruppe, die Die Hydroxygruppe Hydroxygruppe (-OH-). Diese Die Hydroxygruppe ist eine funktionelle Gruppe ersetzt in dem Molekül eine und wesentliches Strukturmerkmal der Alkanole. oder mehrere H-Atome. Die Sie zeichnet sich durch die OH-Verbindung aus. Hydroxygruppe ist Hauptstrukturmerkmal das der Alkanole. Alkanole mit Hydroxygruppen mehreren werden als mehrwertig bezeichnet. Die Hydroxygruppe ist dafür (Hydroxygruppe blau markiert) Im Alkanol verleiht sie dem Molekül polare Eigenschaften und ermöglicht die Bildung von Wasserstoffbrücken-bindungen verantwortlich, dass das Alkanol polarisiert wird. Das heißt unter anderem, dass das Molekül sich in polaren Lösungsmitteln auflösen kann wie z.B. in Wasser. Je mehr OHGruppen im Molekül vorhanden sind, desto besser ist die Substanz löslich. Die Alkanole haben eine allgemeine Summenformel: CnH2n+1OH Sie sind farblose Substanzen; diejenigen mit niedriger C-Zahl sind flüssig, diejenigen mit höherer C-Anzahl sind fest. Alle Alkanole sind brennbar. 5 Thema 3: Ethanol Wie das Wasser neigen auch die Alkanole zur Assoziation, allerdings in weniger starken Ausprägung: Assoziation: -die Zusammenlagerung zweier oder mehrerer gleichartiger Moleküle zu größeren Molekülverbänden. Die OH- Gruppe hat nämlich eine recht große Anziehungskraft zu Wasser und bildet durch zwischenmolekulare Kräfte Wasserstoffbrückenbindungen. Wasserstoffbrückenbindungen sind wesentlich stärker, als die von-der-WaalsKräfte bei vergleichbar großen Molekülen. Daher haben Alkanole wesentlich höhere Siedetemperaturen als Alkane. Methanol CH3OH (Methan CH4) 64,7°C (-161,5 °C) Propanol C3H7OH (Propan CH8) 97°C (-42 °C) Butanol C4H9OH (Butan 117°C (-1 °C) Überblick: Beispiele Siedetemperaturen von Alkanolen im Vergleich zu Alkanen (in Klammern angegeben) [Ethanol: »siehe Seite 8] 6 Thema 3: Ethanol Dann lassen sich Alkanole noch unter einem dritten Gesichtspunkt betrachten: Die Einteilung in ihre Subgruppen. Aufgrund der möglichen verschiedenen Stellungen der OH-Gruppe an einer C-C-Kette gibt es primäre, sekundäre und tertiäre Alkanole: Subgruppen am Beispiel von Methanol Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Alkanole sich unter mehreren Differenzierungen betrachten lassen können: 1. Benennung nach der Anzahl der C-Atome » homologe Reihe « 2. Wertigkeit des Alkanols » einwertig; mehrwertig « 3. Unterscheidung in Subgruppen » primär; sekundär; tertiär « Unser Trinkalkohol ist unter vielen Namen bekannt. So wird er z.B. auch „Weingeist“, „Spiritus“ oder eben auch einfach nur „Alkohol“ genannt. Das sind chemisch betrachtet aber Trivialnamen: Der korrekte systematische Begriff lautet Ethanol. 7 Thema 3: Ethanol Ethanol ist das am längsten bekannte (»siehe Kapitel Geschichtlicher Hintergrund) und das am häufigsten verwendete Alkanol. In der homologen Reihe der Alkanole steht es direkt an zweiter Stelle. Es enthält nur eine Hydroxygruppe und keine Kohlenstoff-Doppelbindung und ist somit ein einwertiges, gesättigtes Alkanol. Ethanol ist eine farblose, klare, brennbare, leicht entzündliche Flüssigkeit. Es verbrennt mit blassblauer, schwach leuchtender Flamme. Auf der Abbildung kann man den strukturellen Aufbau des Ethanol-Moleküls sehen. Es hat die Summenformel C2H6O. Während das Ethan durch dessen Kohlenwasserstoffkette einen hydrophoben Charakter hat und somit wasserunlöslich ist, lässt Ethanol sich gut in Wasser bzw. in polaren Lösungsmitteln auflösen. Das liegt zum einen daran, dass die Hydroxy-Gruppe dem Molekül polare Eigenschaften (»siehe Seite 5) gibt und außerdem daran, dass Ethanol ein kurzkettiges Alkanol ist. Das gilt auch für Methanol und Propanol. Bei den höheren Alkanolen nimmt diese Hydrophilie ab, bis sie sich schließlich in Hydrophobie umkehrt. Die Menge der Kohlenstoffverzweigungen ist im Verhältnis zur Hydroxygruppe zu groß. Ethanol hat einen Schmelzpunkt von -114,5 Grad Celcius und eine Siedetemperatur von 78,3 Grad Celsius. Ein Wert, der später bei der Destillation zur Gewinnung von reinen Alkohol sehr wichtig ist. Außerdem ist Ethanol leichter als Wasser, d.h. 10cm³ reiner Alkohol wiegen 0,8 g, wohingegen dieselbe Menge Wasser ein Gramm wiegt. Volumenprozent (Vol.-%) berechnet man deshalb mit dem Faktor 0,8. Die charakteristischen Reaktionen sind die Veresterung mit Carbonsäuren und die Oxidation zu Acetaldehyd, Essigsäure und Kohlenstoffdioxid (»siehe Kapitel Abbau in der Leber) 8 Thema 3: Ethanol Alkoholische Gärung als Selbstversuch UM SELBER ETHANOL HERZUSTELLEN, GIBT MAN FRISCH GEPRESSTEN FRUCHTSAFT GÄRUNGSBALLON. DAMIT UND KEIN HEFE IN EINEN SAUERSTOFF HINEIN GELANGT, WIRD DIE FLASCHE MIT EINEM GÄRRÖHRCHEN VERSCHLOSSEN, IN DEM ALS SPERRFLÜSSIGKEIT WASSER IST. DANN WIRD DIE FLASCHE AN EINEN WARMEN ORT GESTELLT. NACH EINIGEN STUNDEN BILDEN SICH GASBLASEN IM GÄRRÖHRCHEN DURCH DAS ENSTANDENE CO2.. DER ALKOHOL HAT FERTIG GEGÄRT, WENN DER GASAUSTRITT ABGEKLUNGEN IST ( CA. 2 WOCHEN). IN DIESEM VORGANG IST DIE HERSTELLUNG VON BIS ZU 15% REINEN ALKOHOL MÖGLICH. GÄRUNGSBALLON 9 Thema 3: Ethanol 3.1. Herstellung von Ethanol Ethanol wird durch die alkoholische Gärung zuckerhaltiger Gemische, also Kohlenhydraten gewonnen. Obwohl die Menschen die alkoholische Gärung schon früh nutzten, kannten sie lange nicht den genauen biochemischen Ablauf. Erst 1815 stellte der Chemiker Gay Lessac erstmals die Reaktionsgleichung für den Abbau von Glucose zu Ethanol auf. Eine vereinfachte Reaktionsgleichung sehe dann so aus: C6H12O6 Glucose 2C2H5OH + 2CO2 Ethanol Kohlenstoffdioxid Dieser Prozess passiert jedoch nicht von selbst: In den 1830er Jahren wurde nachgewiesen, dass Lebewesen, nämlich Hefebakterien dafür verantwortlich sind. Sie dienen als Katalysator biologischen Ursprungs (»Biokatalysator). Um höherprozentigen Alkohol herzustellen, muss der vergorene Saft durch Wärme vom Ethanol getrennt werden. Das passiert bei der Destillation. Der Fruchtsaft, auch Maische genannt, wird langsam erhitzt und die entstehenden Alkoholdämpfe aufgefangen und wiederum kondensiert. Hierbei ist es wichtig, Methanoldämpfe gründlich von den Ethanoldämpfen zu separieren. Methanol hat eine Siedetemperatur von circa 68°C und damit einen niedrigeren als Ethanol (ca. 78°C). Methanol ist für den menschlichen Organismus hoch toxisch und kann zu Erblindung und Tod führen. richtiger Durchführung lässt bis zu 96% reinen Alkohol herstellen. Der 10 Bei Thema 3: Ethanol Restanteil von Wasser im reinen Alkohol wird durch die enge Verkettung der Wassermoleküle und der Ethanolmoleküle (»Wasserstoffbrückenbindungen) verursacht. 3.2. Alkohol- Dehydrogenase Hinter der doch zuerst recht simplen erscheinenden alkoholischen Herstellung, steckt eine recht komplizierte chemische Reaktion. Ethanol entsteht nicht direkt aus Glucose, sondern ist das Endprodukt vieler Zwischenschritte: Zunächst wird Glucose/Traubenzucker in 10 verschiedenen Schritten zu Brenztraubensäure umgewandelt. Ketocarbonsäure. Die Brenztraubensäure ist die einfachste Brenztraubensäure reagiert durch die Pyruratdecarboxylase zu Ethanol. Pyruvatdecarboxylase ist ein Enzym, das als Katalysator von der Brenztraubensäure zum Acetaldehyd und damit zur 11 Thema 3: Ethanol Abspaltung der Carboxy-Gruppen fungiert. Das entstehende Kohlendioxid bewirkt den Schaum während der Gärung. Das Acetaldehyd ist für den Organismus sehr giftig und spielt auch beim Abbauprozess eine wichtige Rolle. Durch die Alkoholdehydrogenase erfolgt die Reduzierung von Ethanal zu Ethanol. Das Acetaldehyd wird durch die ADH(Abk. »siehe oben) unter Verbrauch von NADH zu Ethanol. Alkoholdehydrogenase ist ein katalysierendes Enzym und enthält ein Zinkion, welches die Carbonylgruppe am Acetaldehyd polarisiert. Dadurch können zwei Elektronen und ein Proton von NADH auf das Acetaldehyd übertragen werden, wodurch es zu Ethanol reduziert und NADH regeneriert wird. Dieser Vorgang ist reversibel, also umkehrbar und geschieht unteranderem nach der Aufnahme von Ethanol im menschlichen Organismus. Die gesamte Reaktion findet im Zytoplasma der Hefezelle statt. Das Endprodukt Ethanol wird dann an die Umgebung weitergegeben und die Hefekultur stirbt ab. 4.1. Aufnahme im menschlichen Körper Bei oraler Aufnahme gelangt Ethanol zunächst über die Speiseröhre in den Magen. 80% von aufgenommenen Menge gehen gleich weiter in den Dünndarm. Die restlichen 20% bleiben im Magen. Die Schleimhäute im 12 Thema 3: Ethanol Dünndarm und Magen werden von den Ethanol-Molekülen durchdrungen, die dadurch in den menschlichen Blutkreislauf gelangen. Das liegt an den polaren Eigenschaften des Ethanols. Kohlensäure begünstigt den Vorgang, in dem sie die Schleimhäute stärker durchblutet und Ethanol diese einfacher überwindet. Die Geschwindigkeit der Aufnahme der gesamten Alkoholmenge in das Blut hängt unter anderem von der Fülle des Magens ab. Wird das alkoholische Getränk in Begleitung von Nahrung bzw. nach einer Mahlzeit konsumiert, verlangsamt sich die Aufnahme. Natürlich entscheidet letztendlich auch die Wahl des Alkohols den Zeitraum. Höherprozentige Alkoholika wirken wesentlicher rascher in der Resorptionsphase. Spätestens nach zwei Stunden ist der gesamte Alkohol im Blutkreislauf verteilt und somit die Resorptionsphase abgeschlossen. Bei geringen Trinkmengen kann von 30 - 90 Minuten ausgegangen werden. Der Blutalkoholspiegel beginnt jedoch schon bereits nach ca. 5 Minuten zu steigen, und erreicht nach ca. 30-60 Minuten seinen Höhepunkt. beschleunigt verlangsamt Kohlensäure z.B. in Sekt Fett-/Proteinreiche Speisen hochprozentig andere Faktoren »siehe schnelles Trinken Kapitel “Wirkung im Körper” Übersicht: Aufnahmegeschwindigkeit Die Ethanol-Moleküle verteilen sich im gesamten Körper und erreichen auch die Kopfregion. Das menschliche Gehirn wird durch den Blutkreislauf mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und wird durch die Blut-Hirn-Schranke geschützt. Diese verhindert, dass im Blut zirkulierende Krankheitserreger, 13 Thema 3: Ethanol Toxine und Botenstoffen den empfindlichen Hirnraum erreichen und damit schädigen können. Die Zellmembran der Blut-Hirn-Schranke hat liphophile Eigenschaften und ist durch sogenannte Tight-Junctions dicht vernetzt. Diese Kombination lässt die Anzahl der Substanzen, die durch Diffusion die BlutHirn-Schranke überwinden können, stark einschränken. Zusammenfassend bedeutet das, dass je lipophiler und kleiner eine Verbindung ist, umso leichter kann sie durch die Membran hindurch diffundieren. Da Ethanol sehr kurzkettig ist und einen liphophilen Charakter hat, durchdringt es die BlutHirn-Schranke ohne Schwierigkeiten und wirkt in den Gehirnzellen. 4.2. Wirkung im Körper Mit dem Steigen des Blutalkoholspiegels beginnen auch die Wirkungen. Dabei wird die Menge des Alkohols im Blut in Promille gemessen. Promille ‰ 1 Promille= Einen Milliliter reinen Alkohol pro Liter Blut Formel: Konstante: 0,68= Männer 0,55= Frauen Durch genetische Unterschiede variiert der Promillegehalt bei gleicher getrunkener Alkoholmenge. So weisen Frauen häufig einen nahezu doppelten Messwert auf als Männer. Das liegt an dem niedrigeren Wassergehalt und kleineren Muskelgewebe-Anteil im weiblichen Körper. Muskelgewebe enthält ca. 75% Wasser, Körperfett hingegen nur 25%. Der Alkohol muss sich somit auf weniger Wasser verteilen und löst sich langsamer. Zudem bestimmt auch die ethnische Herkunft die Toleranz von Alkohol: So verfügen laut der Zeitung “Zeit” ca. 46 Prozent der Japaner und ca. 56 Prozent der Chinesen 14 Thema 3: Ethanol nur wenig bzw. nicht von dem Enzym ADH, das für den Abbau des Alkohols zuständig ist (»siehe Kapitel Abbau). Sie reagieren mit dem sogenannten “Flush-Syndrom”. 0,6 ‰ 1‰ 1,5‰ 4‰ Gleichgewichtsschwächen; verlangsamte Reflexe; Fahruntüchtigkeit Dauerreden, Selbstgespräche, torkelnder Gang, plumpe Reaktionen, Fahruntüchtigkeit Betrunkenheit (Rausch), Zwei von drei Menschen erbrechen »Alkoholvergiftung Tod häufig als Folge [Tabelle]: Zusammenhang: Promille – Trinkmenge -Wirkung 5.1. Abbau im Körper Im Vergleich zur Aufnahme von Ethanol im Körper innerhalb von Minuten, erfolgt der Abbau sehr langsam. Zwar ist der auch nochmal individuell verschieden, jedoch wird ein Richtwert von 0,1‰ bis 0,15‰ angegeben. So würde zum Beispiel der Abbau von zwei Halbe Bier (ca. 6-7 ‰) über sechs Stunden dauern. Nach einem starken Rausch kann es sogar bis zu einem Tag dauern, bis die Ethanolmoleküle nicht mehr im Blutkreislauf zirkulieren. Oftmals fühlen sich die Betroffenen subjektiv zu früh wieder nüchtern, weswegen die Abbaugeschwindigkeit häufig überschätzt wird. Dabei geschieht der Abbau über drei Wege: 1. Urin: ca. 0,5 bis 2% werden direkt über die Nieren ausgeschieden 2. Lunge und Haut: ca. 5% transpiriert über die Haut oder geht vom Blut über die Alveolen in die Atemluft »es kommt zur Alkoholfahne 3. Leber: Sie ist das wichtigste Organ für den Alkoholabbau. Ca. 94% werden dort chemisch abgebaut. 15 Thema 3: Ethanol 5.2. Abbau in der Leber Der Abbau geschieht in der Leber hauptsächlich durch das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH). Dieses Enzym ist auch für die Entstehung von Ethanol obligatorisch (»siehe Kapitel Herstellung von Ethanol). Alkoholdehydrogenasen kommen in allen Lebewesen vor. Uns Menschen ist das Enzym angeboren, wobei es jedoch erst ab dem 5. Lebensjahr aktiviert wird. Das ist auch einer der Hauptrisikofaktoren für frühkindliche Schäden bei dem Konsum von Alkohol in der Schwangerschaft. Das Enzym reagiert als Katalysator in einer Redoxreaktion von Ethanol zum ersten Zwischenprodukt, Acetaldehyd. Als Co-Enzym ist NAD+ (Nicotinamidadenindinukleotid; oxidierte Form) beteiligt. Zusätzlich zum Acetaldehyd entsteht NADH (reduzierte Form). Redoxreaktion: Ethanol zu Acetaldehyd 16 Thema 3: Ethanol Das nun entstandene Acetaldehyd wird auch Ethanal genannt und hat die Halbstrukturformel CH3-CHO. Acetaldehyd ist pures Zellgift und noch toxischer als Ethanol selbst. Die verursachten Schäden in der Leber sind vielfältig: Es begünstigt z.B. durch eine Acetaldehyd: Strukturformel verstärkte Kollagenbildung durch aktivierte KupfferZellen in den Itozellen der Leber, eine Leberzirrhose. Außerdem werden Sauerstoffradikale vermehrt gebildet, welche die Membranen der Leberzellen schädigen und zerstören. Das Acetaldehyd ist auch Auslöser für den Kater am nächsten Morgen nach einem übermäßigen Alkohol-konsum. Im nächsten Schritt wird das Acetaldehyd nun durch Aldehyd- Dehydrogenasen (ALDH), eine Gruppe von Enzymen, weiter oxidiert. Es entsteht das nicht-toxische Acetat, auch bezeichnet als Essigsäure. Daran beteiligt ist wieder das Co-Enzym NAD in der oxidierten Form (NAD+). Aldehyd-Dehydrogenase: Vom Acetaldehyd zur Essigsäure 17 Thema 3: Ethanol Als letzter Schritt wird die Essigsäure unter anaeroben Bedingungen über das Enzymsystem bzw. Stoffwechsel Citratzyklus in Wasser und Kohlendioxid abgebaut und aus dem Körper ausgeschieden. Verstoffwechselung über den Citratzyklus 6.Geschichtlicher Hintergrund Alkohol hat einen festen Stellenwert in unserer Kultur und begleitet den Menschen schon seit mehr als 8000 Jahren. Die Entdeckung des Alkohols entstand mit der beginnenden Sesshaftigkeit der Menschen. Sie wurden vom Jäger zum Bauern und begannen mit dem Ackerbau und konnten dadurch ihre Ernte und insbesondere Früchte in größeren Mengen anpflanzen, sammeln und aufbewahren. 18 Thema 3: Ethanol Bereits vor 3500 Jahren v. Christi, also vor 5 ½ Tausend Jahren gab es eine hochentwickelte Alkoholkultur, z.B. gab es in Ägypten und in Babylon mehr als 70 verschiedene Biersorten. Römer tranken Wein, die Germanen bevorzugten Met und Kräuterbier. Alle Getränke hatten aber noch einen moderaten Alkoholgehalt, da in der Gärung der Hefe 15 % vom Alkohol abgetötet wird. Es gab dennoch Wetttrinken, bis der Gegner unter dem Tisch lag. Als besonders wüst galten die Trinkgelage der Germanen, hier wurde das Bier aus den Hirnschalen der erschlagenen Feinde getrunken. Insgesamt wurde nur mäßig getrunken und es gab noch keine nennenswerten Probleme mit Alkohol. Mit Ausnahme von Schwangeren und Frischvermählten, denen von dem Genuss von Alkohol schon im Alten Testament abgeraten wurde. Im Mittelalter wurde Alkohol zum beliebten Volksgetränk. Wichtigstes Trinkmotiv war die Verbrüderung durch das gemeinsame Trinken. Als Zentren der Alkoholproduktion entwickelten sich die Klöster. Wein hatte als Blut Jesu eine religiöse Bedeutung bekommen und Bier galt als ideales Nahrungsmittel für die Fastenzeit. Noch heute gibt es Biere unter dem Namen Klosterbräu. Oft entwickelten sich eigenartige Sitten in Verbindung mit Alkohol: so galt im alten England der Mann als der Frömmste, der am meisten Bier vertragen konnte. Mägden und Knechten wurde ein sogenanntes Biergeld ausgezahlt, der Vorgänger des heutigen Trinkgeldes. Es geht auf die Sitten und Gebräuche der Färber zurück, “blau sein” als den Zustand der Trunkenheit zu bezeichnen. Sie pflegten nämlich, während des dreitägigen Färbens des Indigoblaus, jede Menge Bier zu trinken und mit ihrem Urin den Färbeprozess zu intensivieren. Ab dem 16. Jahrhundert kam es zur ersten Alkoholkrise: Durch das neue Verfahren der Destillation konnte Alkohol hochprozentiger, billiger und in größeren Mengen hergestellt werden. Viele Menschen entwickelten eine Abhängigkeit und der Alkoholismus verbreitete sich. Städte mussten täglich ihre Alkoholtoten zählen und Martin Luther warnte vor dem „Alkoholteufel“. 19 Thema 3: Ethanol Ab 1750 versuchten die Regierungen Englands und der amerikanischen Kolonien erfolglos dem übermäßigen Alkoholkonsum Herr zu werden. Besonders bekannt ist die Zeit der Prohibition in den USA von 1919- 1933. Der Alkohol wurde offiziell verboten. Die Gesetze wurden aber unterwandert, der Schwarzmarkt blühte und Alkohol wurde von der Mafia eingeschmuggelt. Heutzutage wird der Konsum von Alkohol in der westlichen Welt geduldet. Zusammen mit dem Nikotin gilt Alkohol als das Suchtmittel Nr.1. Nach Angaben des Drogen- und Suchtberichtes der Bundesregierung starben im Jahre 2015 rund 74 000 Menschen im Zusammenhang mit Alkohol. Rund 1,3 Millionen Menschen gelten als abhängig. Die Lebenserwartung eines Alkoholabhängigen liegt ca. 15 Jahre unter dem Durchschnitt. Damit ist der Alkoholkonsum nach dem Tabakrauchen und dem Bluthochdruck der drittgrößte gesundheitliche Risikofaktor. Erst im Jahre 1968 wurde Alkoholismus als Krankheit gesetzlich anerkannt. 7.1. Schlusswort Prosit, es sei Dir nützlich: Dies muss mit äußerster Vorsicht ausgesprochen werden, damit der anregende Genuss von Alkohol nicht zu einer Gefahr für den menschlichen Körper wird. So gibt es viele weitere Krankheitszusammenhänge mit Ethanol, die in dieser Arbeit keine Erwähnung finden. Zudem wird Ethanol auch in Technik bzw. Forschung vielfach verwendet z.B. als Lösemittel (u.a. in Medikamenten; Klebstoff usw.) Ich hoffe aber, dass mit dieser Arbeit ein verständlicher Überblick über Ethanol geschaffen wurde. 20 Thema 3: Ethanol 7.2. Anhang Literaturverzeichnis 1. Bauer, Ernst W.: Humanbiologie (1.Auflage), Cornelsen-Velhagen & Klasing GmbH & Co. Verlag für Lehrmedien KG, Berlin, 2. Gerchow, J.: Alkohol/ Alkoholismus Lexikon Neuland- Vertragsgesellschaft, Hamburg 3. Tausch./ v.Wachtendonk: Chemie Sǀǀ/ Stoff-Formel-Umwelt C.C. Buchner 4. Bennet, Prof. Dr. med. K. U.: Gesundheit und Medizin heute Bechtermünz Verlag 5. Lindenmeyer, Dr. J. Lindenmeyer: Lieber Schlau als blau Beltz Internetquellen 1. http://www.dhs.de/suchtstoffe-verhalten/alkohol.html (abgerufen am 15.02.2016) 2. http://www.suchtschweiz.ch/fileadmin/user_upload/DocUpload/alkohol_koerper.pd f (abgerufen am 20.02.2016) 3. http://www.kenn-dein-limit.info (abgerufen Januar/ Februar 2016) 4. https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/chemie/artikel/ethanol (abgerufen am 29.02. 2016) 5. http://www.welt.de/wissenschaft/article5918972/Warum-viele-Asiaten-keinenAlkohol-vertragen.html (abgerufen am 15.2.2016) 6. Wikipedia: Acetaldehyd; ALDH; Alkoholdehydrogenase; Alkoholische Gärung; Alkoholkonsum; Essigsäure; Ethanol; NAD (abgerufen Januar/ Februar 2016) 7. https://vidagesund.de/wasseranteil/ (abgerufen am 29.02.2016) 21 Thema 3: Ethanol 22 Thema 4 Thema 4: Schimmelpilze Chemiehausarbeit von Elly Daus 1 Thema 4 Inhaltsverzeichnis Titelblatt 1 Inhaltsverzeichnis 2 Vorwort 3 Allgemeines zu Schimmelpilzen 4 Tabelle zu Mykotoxinen 8 Aspergillus 12 Aflatoxine 16 Penicillin 17 Nachwort 21 Quellenangaben 22 2 Thema 4 Vorwort In dieser Hausarbeit habe ich mich mit Schimelpilzen beschäftigt. Zunächst werde ich allgemeine Informationen alle Schimmelpilze betreffend dargelegen. Darauf folgen Informationen über die Schimmelpilzgattung Aspergillus, da die Familie der Schimmelpilze zu groß und zu vielfältig ist um zum Beispiel einen allgemeinen Aufbau feststellen zu können. So habe ich Eigenschaften, die mehrere Schimmelpilzgattungen aufweisen, prototypisch am Aspergillus festgemacht. Folgend gehe ich auf Aflatoxine ein, von Aspergillen produzierte Gifte, um die Stärke und Verwendung von Mykotoxinen (Pilzgiften) an einem Beispiel zu verdeutlichen. Ein weitaus besser erforschtes Mykotoxin als das Aflatoxin ist das Penicillin, auf das ich ebenfalls eingehe. Es stellt ein positives Beispiel der Mykotoxine dar. Nach dem Nachwort folgen die Angaben zu meinen Quellen. 3 Thema 4 Allgemeines zu Schimmelpilzen Schimmelpilze kommen fast überall in Boden vor, ohne jedoch schädlich zu sein. Die Mehrzahl der Schimmelpilze sind Schlauch- (Asomyceten) oder Jochpilze (Zygomyceten). Schimmelpilze kennen wir als: - Humanparasiten und Krankheitsursachen - Nahrungsmittelveredler - Quelle für Antibiotika und cholesterinsenkende Medikamente - Ursache von Pflanzenkrankheiten - Schimmel in Gebäuden (Baumykologie beschreibt den Zusammenhang zwischen Schimmelpilzen, Gebäudeschäden und deren Sanierung ) Schimmel wird als farbiger Belag auf verschiedensten Substraten wie Lebensmittel, Papier, Wänden, Holz, Kot, Staub,Erdreich,Kunststoffe etcetera sichtbar. Für sein Wachstum ist Feuchtigkeit eine Voraussetzung. Schimmelpilze stoßen Fäulnisprozesse in ihrem Substrat an. Am besten wachsen Schimmelpilze, wenn die Temperatur ihres Lebensumfeldes zwischen 20° und 25° Celsius beträgt. Sie wachsen jedoch auch bis 0° und 60° Celsius. In der Tiefkühltruhe (circa -18° Celsius) wachsen sie also nicht mehr, was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass sie abgetötet sind. Aufbau und Vermehrung Der eigentliche Pilzkörper der Schimmelpilze ist das Mycel. Dieses Mycel besteht aus mikroskopisch kleinen Pilzfäden, den Hyphen. Das Mycel breitet sich kreisförmig aus und kann verschiedene Farben haben wie zum Beispiel grau, grün, weiß. Die meisten Schimmelpilze sind während ihrer gesamten Existenz haploid, haben also nur einen Chromosomensatz. Diese vermehren sich ungeschlechtlich über Sporen. Eine Möglichkeit der Erzeugung der Sporen liegt in den Sporangien, kugeligen Anschwellungen am Ende von Sporangienträgern. Für eine zweite bildet das Mycel Sonderhyphen aus, die stark verzweigt sind, die Konidienträger. An ihren äußeren Verästelungen (Sterigmen) werden die Sporen (Konidien) durch Abschnüren erzeugt. Ist der Schimmel in dem Stadium, in dem er Sporen absondert, angekommen, nimmt er eine staubige Beschaffenheit an. Eine Schimmelspore keimt, wenn sie auf ein geeignetes Substrat fällt. Dann wachsen die Hyphen in das Substrat hinein und verflechten sich zum Mycel. Manche Schimmelpilze sind aber auch in der Lage, sich sexuell zu vermehren. In dem Stadium dieser sexuellen Vermehrung haben sie dann zeitweise einen doppelten Chromosomensatz, sind also diploid. Sexuelle Vermehrung der Asomyceten Vorweg muss gesagt werden, dass viele Asomyceten homothallisch sind, also sich selbst befruchten können. Manche von ihnen sind aber auch heterothallisch, als Vorraussetzung für 4 Thema 4 die sexuelle Vermehrung müssen also zwei zueinander passende Mycelien verschiedenen Geschlechtes aufeinander treffen. Sind zwei passende Hyphen aufeinander getroffen, bilden sie Gametangien aus, Gameten produzierende Zellen. Ein homothallischer Asomycet bildet bei der sexuellen Fortpflanzung ebenfalls Gametangien unterschiedlichen Geschlechtes aus. Dies bildet den Anfang der sexuellen Phase. Aus dem sozusagen weiblichen Gametangium, dem Ascogon, wächst nun eine Trichogyne, ein extrem dünner Schlauch, der das Ascogon mit seinem Gegenstück, dem Antheridium, Träger der männlichen Gameten, verbindet. Durch diese Verbindung können nun die männlichen Gameten in das Ascogon geleitet werden (Plasmogamie). Dort paaren sich die verschiedenen Zellkerne, verschmelzen aber noch nicht miteinander. Aus dem Ascogon wachsen nun durch gleichzeitige Teilung der männlichen und weiblichen Zellkerne die ascogenen oder fertilen Hyphen, deren Zellen jeweils einen männlichen und weiblichen Zellkern enthalten, also dikaryotisch sind. Die fertilen Hyphen werden von sterilen Hyphen mit nur einem Zellkern pro Zelle ernährt. Die sterilen und fertilen Hyphen verflechten sich miteinander und bilden den Fruchtkörper (Asokarpium) mit einer spezifischen Form: kugelförmig (Kleistothezium), flaschenförmig (Perithezium) oder schalenförmig (Apothezium). In diesem Kissen, das der Fruchtkörper aus Mycelgeflecht darstellt, kommt es nun zur Hakenbildung, was die Verschmelzung von zwei Zellkernen an der Spitze einer ascogenen Hyphe einleitet. Die Zelle an der Hyphenspitze krümmt sich hakenförmig, die beiden Zellkerne teilen sich synchron. Das Kernpaar auf dem Zenit des Hakens wird von zwei Zellwänden sowohl von der Spitze als auch vom Stiel des Hakens abgetrennt. Spitze und Stiel, die jeweils nur einen Kern haben, verschmelzen miteinander und sind somit wieder paarkernig. Während dieses Vorgangs kommt es in der Zelle am Zenit zur Verschmelzung des Dikaryons, also der beiden Zellkerne, zur Zygote. Die Zygote ist der eigentlich Ascus. Diese Zygote macht nun eine Meiose und eventuell noch Mitosen durch, sodass sich am Ende zwischen vier und 1000 haploide Ascosporen am Ende der Hyphe im Ascus befinden. Bei Gelegenheit werden diese freigesetzt. Treffen sie auf ein geeignetes Substrat, keimen sie aus und bilden eine neues Mycelgeflecht, das zur Konidiogenese ebenso wie zur sexuellen Fortpflanzung (entweder homothallisch oder ein geeigentes Partner nötig) fähig sind. 5 Thema 4 Entwickllungszyklus eines homothallischen Asomyceten A Ascogon vor der Plasmogamie; B Ascogon mit ascogenen dikaryotischen Hyphen mit den nacheinander folgenden Stadien der Haken- und Ascusbildung: a Hakenbildung, b Haken nach der Teilung der Paarkerne, c Querwand der Hakenzelle gebildet, d Karyogamie in der Ascuszelle und Fusion des Hakens mit der Stielzelle, e, f, g Teilungen des primären Ascuskernes, g Bildung der acht Ascosporen. as = Ascogon, an = Antheridium, tr = Trichogyne Ernährungsweise Schimmelpilze sind überwiegend Saprobionten, sie ernähren sich von toter Biomasse. Da sie diese teilweise bis in die abiotischen Bestandteile zersetzen, zählt man sie zu den Destruenten. Da sie Opportunisten sind, also wachsen, wo sie können, und aufgrund ihrer hohen Toleranz das Substrat betreffend finden sie sich auch als Parasiten auf Pflanze, Tier und Mensch. Das Mycel der Schimmelpilze sondert Enzyme ab, die ihr Substrat zersetzen. Die Nährstoffe, die nun aufgeschlossen sind, zum Beispiel Kohlenhydrate, nimmt der Schimmelpilz über das Mycel auf. Schimmelpilze verdauen ihre Nahrung also, bevor sie sie zu sich nehmen. Schimmelschäden Die Schimmelpilze können durch die Kohlenhydrate in ihrer Zellwand toxisch wirken. Auch können ihre Sporen, in Massen eingeatmet, schädlich sein und außerdem eine Geruchsbelästigung darstellen. Manche Schimmel sondern Mykotoxine ab, starke Gifte, die ein Abfallprodukt ihres Stoffwechsels sind (Sekundärmetabolite, scheinbar nicht benötigte 6 Thema 4 Stoffwechselprodukte). Schimmel kann tödlich wirken, sowohl durch Vergiftung, aber auch durch Zersetzung des Körpers, wenn er den Körper selbst befällt. Schädlichen bis tödlichen Wirkstoffkonzentrationen ist man aber nur ausgesetzt, wenn man verschimmelte Nahrung zu sich nimmt, in verschimmelten Räumen lebt oder selbst befallen ist. Mykotoxine können verschiedene Wirkungen haben, zum Beispiel - krebserregend (karzinogen) wirken - das Zentralnervensystem schädigen (neurotoxisch wirken) - das Immunsystem schädigen (immunsuppressiv wirken) - das Erbgut schädigen (mutagen wirken) - die Leibesfrucht schädigen (teratogen wirken) - Organschäden (z. B. an Leber oder Niere) verursachen (hepatotoxisch oder nephrotoxisch wirken) - bei Berührung Hautschäden (von Hautreizungen bis Nekrosen) verursachen - enzymatische Stoffwechselprozesse hemmen oder einleiten - allergische Reaktionen auslösen Mykotoxine sind bereits in sehr geringen Mengen giftig, weswegen sie unter Verdacht stehen, als Biowaffe gespeichert zu werden (siehe Aflatoxin B1). Sie sind praktisch unzerstörbar, durch Erhitzen, Säuern, Einfrieren und Trocknen sind die befallenen Lebensmittel nicht zu reinigen. So kann es zum Beispiel zustande kommen, dass in Milch Mykotoxine nachzuweisen sind, weil eine Kuh verschimmeltes Futter gefressen hat (Sekundärkontamination). Im Verdauungssystem der Kuh konnte das Toxin nicht zerstört werden. Da das Mycel, teilweise für das menschliche Auge unsichtbar, das ganze befallene Objekt durchwächst und alles mit Mykotoxinen verseucht und sich die Toxine besonders in wasserhaltigen Lebensmitteln über das Mycel hinaus schnell ausbreiten, müssen befallene Lebensmittel im Ganzen weggeworfen werden. Ausnahmen davon bilden Marmeladen mit einem Zuckeranteil von über 60%, Hartkäse, luftgetrocknete Wurst und Schinken. Hier genügt es, die befallenen Stellen großzügig zu entfernen. 7 Thema 4 Tabelle Mykotoxine Name des Toxins / der Toxine Hauptproduzenten wesentl. Vorkommen (Gift-)Wirkung Aflatoxine Aspergillus flavus Erdnüsse, Getreide, Aspergillus parasiticus Mais, Feigen, Milch (carry over) Altenuen Alternaria alternata Alternaria solani Alternariol (AOH) Alternaria alternata Alternaria solani Obst, Gemüse, Tabak, Hirse, Nüsse Alternariolmonomethylether (AME) Alternaria alternata Alternaria solani Obst, Gemüse, Tabak, mutagen Hirse, Nüsse Cephalosporin Cephalosporium acremonium antibiotisch Chaetomin Chaetomium-Arten nephrotoxisch, antibiotische Wirkung auf grampositive Bakterien Citrinin Aspergillus ochraceus Getreide Penicillium citrinum hepatotoxisch, nephrotoxisch, karzinogen Deoxynivalenol (DON) Fusarium culmorum Getreide Fusarium graminearum gastrointestinaler Reizstoff Fumagillin Aspergillus fumigatus hemmt Angiogenese, antibiotisch Fumonisine Fusarium verticillioides hauptsächlich Mais Fusarium proliferatum Fusarium anthophilum möglicherweise karzinogen, teratogen Fusarin C Fusarium-Arten mutagen, vermutlich karzinogen Fusarinsäure (FA) Fusarium-Arten schwach toxisch, antibiotisch Gliotoxin Aspergillus fumigatus Aspergillus terreus Eurotium chevalieri zytotoxisch, immunsuppressiv 8 hepatotoxisch, karzinogen, akute Toxizität, Aflatoxin B1 = stärkstes mykotisches Karzinogen mutagen Thema 4 Gliocladium fimbriatum Griseofulvin Penicillium griseofulvum antibiotisch Kojisäure Aspergillus- und Penicillium-Arten schwach mutagen, mäßig antibiotisch, im Tierversuch epilepsieartige Symptome Moniliformin Fusarium avenaceum Gerste, Mais Fusarium tricinctum Fusarium fusaroides Fusarium moniliforme gastroenteritisch, hämorrhagisch Mutterkornalkaloide Claviceps purpurea Ergotismus Mycophenolsäure Penicillium brevicompactum Nivalenol Fusarium culmorum Ochratoxin A (OTA) Aspergillus ochraceus Erdnüsse, Mais, Penicillium viridicatum Weizen, Baumwollsamenmehl nephrotoxisch, dermatotoxisch, karzinogen Patulin Penicillium claviforme Apfelsaft, Äpfel und Penicillium expansum andere Obstarten Penicillium griseofulvum Penicillium leucopus Penicillium clavatus Penicillium giganteus Penicillium terreus hämorrhagisch, ödematös, im Tierversuch (sc.) karzinogen Penicillin Penicillium notatum antibiotisch Penicillinsäure viele Penicillium- und Mais, Futtermittel Aspergillus-Arten antibiotisch, im Tierversuch (sc.) karzinogen Penitrem A Penicillium carneum Fleisch, Penicillium crustosum Fleischerzeugnisse neurotoxisch, tremorgen Roquefortin Penicillium roqueforti Reismehl u. a. Penicillium commune Nahrungsmittel neurotoxisch, paralytisch Satratoxine Stachybotrys chartarum systemische Vergiftungserscheinungen Sterigmatocystin Aspergillus aurantiobrunneus Aspergillus nidulans Mais, wahrscheinlich viele andere Lebensund Futtermittel 9 Getreide Gerste, Mais, Weizen hämorrhagisch Hartkäse, grüne karzinogen, Kaffeebohnen, hepatotoxisch, Gerste, Mais, Weizen, nephrotoxisch Thema 4 Aspergillus Reis quadrilineatus Aspergillus ustus Aspergillus variecolor Aspergillus versicolor Tenuazonsäure Alternaria alternata Trichothecene Fusarium-Arten, hauptsächlich Getreide vielfältig auch Cephalosporium, Stachybotrys, Trichoderma T-2-Toxin Fusarium culmorum Gerste, Hirse, Mais Fusarium incarnatum Fusarium poae Fusarium solani Fusarium sporotrichioides Fusarium tricinctum Trichoderma lignorum dermatotoxisch Viomellein Aspergillus ochraceus Penicillium cyclopium Penicillium melanoconidium Penicillium freii Penicillium viridicatum nephro- und hepatotoxisch Verrucosidin Penicillium aurantiogriseum Penicillium melanoconidium Penicillium polonicum neurotoxisch Verruculogen Penicillium verrucosumGetreide Aspergillus fumigatus tremorgen, vermutlich tumorfördernde Wirkung Xanthomegnin Aspergillus-Arten Penicillium-Arten Trichophyton-Arten Microsporum-Arten Fleisch, Fleischerzeugnisse hepatotoxisch Zearalenon (ZEA) Fusarium avenaceum Fusarium culmorum Fusarium equiseti Fusarium gibbosum Fusarium lateritium Fusarium moniliforme Fusarium nivale Fusarium oxysporum Fusarium graminearum Cornflakes, Gerste, Hafer, Hirse, Mais, Nüsse, Roggen, Sesammehl, Weizen Wirkung als Östrogen, Infertilität 10 Äpfel, Tomaten antibiotisch, antiviral, geringe Toxizität, hemmt Proteinbiosynthese Thema 4 Fusarium sambucinum Fusarium tricinctum 11 Thema 4 Aspergillus oder Gießkannenschimmel Zu der Gattung der Gießkannenschimmel gehören über 350 Arten. Formen, die sich nur asexuell vermehren können bezeichnet man als Aspergillus. Die Sporenträger der Aspergillen sind geformt wie ein Weihwassersprenkler (Aspergill), dem sie ihre Namen verdanken. Aspergillen leben eigentlich in toter Biomasse, aufgrund ihrer hohen Toleranz das Substrat betreffend findet man sie in manchen Fällen aber auch in lebenden Organismen. Als Parasiten stellen sie Krankheitserreger für Menschen, Tiere und Pflanzen dar. Aspergillen scheinen sich auf Wüsten spezialisiert zu haben, wurden aber auch schon in Permafrostböden entdeckt. Einige Arten sind sehr tolerant gegenüber Salz und osmotischem Stress (Extreme Konzentrationen von zum Beispiel Mineralien, die sich im Substrat und damit auch im Pilz befinden). Aufbau und Vermehrung Gießkannenschimmel wachsen in Kolonien, die eine weißliche, grünliche, rote, gelbe, gräuliche, braune oder schwarze Färbung haben. Die Kolonie besteht zunächst aus dem Mycel, das anfangs exponentiell, später gemäßigter kreisförmig wächst. In höherem Alter der Kolonie kann es in Teilen zu anaerobem Stoffwechsel oder zu völlig nährstoffbefreiten Gebieten kommen. 12 Thema 4 Die Geschlechtsreife (Fruktifikation) beziehungsweise Vermehrung über Konidiosporen (Konidiogenese) erfolgt über die Konidienträger. Die Konidienträger bestehen aus Fußzelle, Konidiophor, Vesikel und Phialiden. Zunächst schwellen Zellen innerhalb des Mycels an (konidogene Orte). Die Wände dieser Zellen verdicken sich stark (Septum) und bilden nun die Fußzellen. Aus jeder Fußzelle wächst nun mittig und senkrecht zur Längsachse der Hyphe ein Konidiophor oder auch einfach Stiel. Er wächst nun, bei wenigen Arten verzweigt er sich auch, und bildet einen „Kopf“, eine halbkugel-, kugel, ellipsen- oder länglich keulenförmige Blase, das Vesikel. An diesem bilden sich kegelförmige Auswüchse, die Phialiden. Sie kommen sowohl in einer Schicht, als auch in zwei Schichten vor, wobei dann aus jedem primären Phialidus zwei oder mehr sekundäre Phialiden wachsen. An den Vesikelabgewandten Spitzen bildet sich nun je ein konidienproduzierender Tubus. Während das Vesikel nur einen Zellkern besitzt, besitzen die Phialiden meist mehrere, die dann an die sekundären Phialiden weitergereicht werden, falls diese vorhanden sind. Schlussendlich landen sie im Tubus und werden dort nacheinander abgeschnürt, sodass jeder Tubus eine unverzweigte Kette von Konidien bildet. Diese Konidien, die von den meisten Arten haben nur einen Zellkern, manche allerdings bis zu 12, sind mit dünnen Brücken miteinander verbunden, da sie bis zur Reife von dem Vesikel mit Nährstoffen versorgt werden. Schließlich lösen sich die Sporen ab und werden aufgrund 13 Thema 4 ihrer geringen Größe als Teil der Luft hinweggetragen. Sporen sind ein natürlicher Teil des Aerosols in der Luft, wir atmen sie immer ein. Sie wurden sogar noch in 4100m Höhe entdeckt. Ist die Spore an einer festen oder flüssigen Unterlage angekommen setzt sie sich dort fest und beginnt mit ihrem Wachstum. Sie schwillt zunächst an, ein Keimfaden wächst aus ihr heraus, der durch Zellteilung zu einer Hyphe heranwächst. Die Hyphe verzweigt sich und bildet das Mycel. Ist die Kolonie groß genug und sind genügen Nährstoffe vorhanden beginnt die Fruktification. Von Aspergillen verursachte Schäden Da Aspergillen unsere Nahrung befallen, können sie, beziehungsweise ihre Toxine, in unseren Kreislauf gelangen und uns vergiften. Sie können auch lebende menschliche und tierische Organismen befallen, dazu später mehr. Sie befallen auch Pflanzen, bei denen sie 30 wichtige Pflanzenkrankheiten an über 50 Wirtspflanzen verursachen. Beispiele hierfür sind Schwarzfäule der Speisezwiebel, Chlorose bei Mandeln, Weinkrebs, Erdnuss-Kronenfäule (alle von Aspergillus niger ausgelöst), andere Arten befallen auch Kaffee- und Baumwollpflanzen. Sie bilden einen nicht zu vernachlässigende Schädling in der Agrarwirtschaft. Pathogenität Infektionen durch Aspergillus Arten kommen in Augen, Ohren, Genitalien, Vogeleiern, am häufigsten aber in den Lungen von Vögeln und Säugetieren vor. Der bedeutendste Erreger hierfür ist Aspergillus fumigatus. Bei gesunden Organismen bildet sich ein Aspergillom, eine kugelförmige Kolonie in Lunge oder Nasennebenhöhlen. Menschen sind für derartige Infektionen vor allem dann anfällig, wenn sie Narbengewebe in der Lunge (zum Beispiel von einer ausgeheilten Tuberkulose) oder Lungenkavernen (Hohlräume im Gewebe, spezifisch für Tuberkulose-Patienten) haben. Wenn die eingeatmeten und gekeimten Sporen sich jedoch nicht auf eine Kolonie beschränken, sondern die ganze Lunge und schließlich den ganzen Körper befallen, liegt eine Aspergillose vor. Zunächst bildet sich in der Lunge ein Mycel. Die gebildeten Sporen gelangen über das Blut in den ganzen Körper, was zu Metastasen an Organen und im zentralen Nervensystem führt. Diese Krankheit ist in 50 - 95% der Fälle tödlich. Gesunde erwachsene Menschen werden normalerweise nicht befallen, Kinder sehr selten. Befallen werden aber zum Beispiel AIDS-Patienten und andere immungeschwächte Patienten (Leukämie, Diabetes melitus Typ 1, während einer Chemotherapie). Feinde der Aspergillen Bis jetzt wurden 25 Arten von Mykoviren, die Aspergillen befallen, entdeckt. Außerdem werden sie von Käfern gefressen, die sich teilweise so auf bestimmte Aspergillusarten spezialisiert haben, dass sie bis zu einer bestimmten Dosierung gegen deren Toxine immun sind. 14 Thema 4 Da die Schimmelpilze, genau wie die Bakterien, zu den Destruenten gehören, teilen sie sich mit ihnen die Lebensräume. Man vermutet, dass Mykotoxine, Sekundärmetabolite, also scheinbar nicht benötigte Stoffwechselprodukte, möglicherweise evolutionär als Bakterienkiller entwickelt wurden. Daher auch die antibiotische Wirkung bestimmter Schimmelpilze und deren Toxine (Siehe Penicillin). Nutzung Im asiatischen Raum werden Aspergillus-Arten zur Fermentation von Soja benutzt. Hierbei scheiden sie Enzyme aus, die den Aufbau des Nahrungsmittels und so den Geschmack verändern. Es entstehen Sojasoßen und -pasten. Aspergillen werden auch zur Alkoholherstellung genutzt, Beispiele dafür sind Sake aus Reis und Getreideschnäpse. Fast 100% der weltweiten Produktion von Zitronensäure wird von Aspergillus niger hergestellt. Diese Zitronensäure wird als Reinigungsmittel, aber auch als Konservierungs- und Säuerungsmittel genutzt. Kojisäure von Aspergillus flavus wird in der Kosmetik zur Hautbleichung verwendet. Merck Lovastatin des Aspergillus terreus wird zur Behandlung von Hypercholesterinämie (übermäßig hoher Cholesterinspiegel) eingesetzt. Von Aspergillus niger nutzt man die Gluconsäure als Lebensmittelzusatzstoff, als Metallbeizmittel und als Eisengluconat zur medizinischen Behandlung von Eisenmangel, Itaconsäure (Aspergillus niger) wird zur Herstellung von Gummi und Polyacrylaten genutzt. Cyanocobalamin wird als Nahrungszusatzstoff Vitamin B12 verwendet. Über 100 verschiedene Enzyme werden heute industriell mithilfe von Aspergillen hergestellt (Amylasen, Katalasen, Cellulasen, Lipasen, Phytasen, Xylanasen). Enzyme werden zum Beispiel in Spülmitteln, Waschmitteln, Papierindustrie (chlorfrei gebleicht – mit Enzymen), Textilindustrie (Waschungen und used Look der Jeans) genutzt. 15 Thema 4 Aflatoxine Aflatoxine sind in die Gruppen B1, B2, G1, G2, M1, M2 zu unterteilen. Aflatoxin B1, ein blauer, kristalliner Feststoff, ist das stärkste pflanzenerzeugte Kanzerogen und gilt als das giftigste Mykotoxin. Aflatoxin B1 wird von Aspergillus flavus und parasiticus gebildet. Aflatoxine stehen aufgrund ihrer vergleichsweise einfachen Produktionsmethode und der niedrigen letalen Dosis (für einen 70kg schweren erwachsenen Menschen: 0,07-0,7g) im Verdacht, als Kampfstoff bevorratet zu werden. So wurden beispielsweise im Irak zwischen 1985 und 1991 etwa 2200 Liter Aflatoxin als Kampfstoff hergestellt, mit dem Scud-Raketen bestückt werden sollten. Gesundheitsgefährdung Aflatoxine wirken: - karzinogen (krebserregend) - mutagen (erbgutschädlich) - teratogen (leibesfruchtschädlich) - immunsuppressiv - möglicherweise die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigend - Bewusstlosigkeit hervorrufend - Entwicklungsstörungen bei Neugeborenen hervorrufend Aflatoxine wirken nicht nur bei Verschlucken oder einatmen toxisch, sondern auch bei Berührung mit der Haut. Die Leber ist am anfälligsten für Aflatoxine. Grenzwert, Richtwerte, Einstufungen Letale (=tödliche) Dosis bei Erwachsenen: 1-10 mg/kg (0,07-0,7g für mich) Letale Dosis bei Kindern: 9-18 µg/d Aflatoxin B1 in Lebensmitteln: 2 µg/kg Summe Aflatoxin B1, B2, G1, G2 (Gesamtaflatoxingehalt): 4 µg/kg Aflatoxin B1 in Kindernahrung: 0,05 µg/kg Aflatoxin M1 in Milch (für Säuglinge): 0,01 µg/kg Futtermittel-Verordnung, Toleranz für Handelsfutter: -Milchkühe 10 ppb -Schweine 20 ppb -Mastrinder 50 ppb (Jungtiere 10 ppb) -Hähnchen 20 ppb (Jungtiere 10 ppb) -Hühner 20 ppb 16 Thema 4 Penicillin Penicillin ist ein Sekundärmetabolit von Penicilliumarten (eine andere Schimmelpilzgattung). Penicillin wirkt zwar auch als Antidot gegen Amanitin, ein Gift der Knollenblätterpilze, ist aber hauptsächlich für seine Vorreiterrolle im Gebiet der Antibiotika bekannt. So gehört es zu den ältesten verwendeten Antibiotika und wird heute noch erfolgreich angewandt. Wirkungsmechanismus Penicillin wirkt bakterizid auf sich teilende grampositive Bakterien. Das Penicillin bindet sich an Enzym, das zur Teilung und Synthese von Zellwand der Bakterie (Quervernetzung der Peptidoglykane) zuständig ist. Die teilende Bakterie stirbt ab, da sie bei der Teilung immer Teile der Zellwand neu synthetisieren muss, was ihr nun nicht mehr möglich ist. Grampositive Bakterien haben eine Zellwand aus Peptidoglycanen, welche das Penicillin angreift, während sich bei den gramnegativen über dieser Schicht eine Lipid-Membran befindet. Da Penicillin nur auf sich teilende Bakterien wirkt, muss es immer länger, als die Symptome andauern, eingenommen werden, damit auch Dauerformen der Bakterien abgetötet werden. Synthetische Penicilline Aufgrund der Instabilität des natürlichen Penicillin G angesichts Säuren und bestimmter Enzyme und der daraus resultierenden Unmöglichkeit der oralen Einnahme wurde Penicillin weiterentwickelt. So gibt es synthetische Penicilline, die säure- und enzymstabil sind und auch solche, die aufgrund eines lipophilen Bestandteils auch gramnegative Bakterien bekämpfen. Synthese von Penicillin G Penicillin G (natürliches Penicillin) entsteht zunächst aus den der Aminosäuren D-Valin, LCystein, L-Aminoadipidinsäure. Mit Hilfe des Enzyms ACVS ((L-α-aminoadipyl)-Lcysteine-D-valine Synthetase) wird aus diesen drei Aminosäuren das ACV Tripeptid. Das Enzym IPNS (Isopenicillin N Synthase) sorgt für die Veränderung des Tripeptides zum Isopenicillin N. Enzym Isopenicillin N N-acyltransferase spaltet nun die Aminoapidinsäure von dem Molekül ab und bindet Phenylacetyl, welches sich als Pflanzenhormon findet, an das Molekül. 17 Thema 4 18 Thema 4 Geschichte und Entdeckung Alexander Fleming (1881-1955) verschimmelte (mit Penicillium notatum) während seiner Beschäftigung mit Staphylokokken eine Kultur (1928 während er im Urlaub war). Im Umfeld der Pilze war die Bakterienkultur nicht gewachsen, sondern gestorben. Er konnte das Penicillin als bakterientötenden Stoff identifizieren und gab ihm seinen Namen. Er untersuchte das Penicillin und stellte fest, dass es auf Tiere und gramnegative Bakterien keinerlei Einfluss hatte, kam aber nicht auf die Idee es als Medikament einzusetzen. Flemings Veröffentlichungen fanden zunächst bei Kollegen kaum Beachtung. Fleming war jedoch nicht der erste neuzeitliche Wissenschaftler, der entdeckte, dass Schimmelpilze Bakterienwachstum hemmen können: Schon 1870 hatte John Scott BurdonSanderson einen Zusammenhang zwischen Schimmelpilzen und Bakterienwachstum erkannt. 1884 behandelte Joseph Lister den Abszess einer Krankenschwester mit einem PenicilliumSchimmelpilz (genauer: Penicillium glaucum), veröffentlichte die Ergebnisse jedoch nicht. 1896 führte Ernest Duchesne einen erfolgreichen Tierversuch mit Meerschweinchen durch. Alle diese Erkenntnisse blieben jedoch ohne Resonanz in der wissenschaftlichen Welt und wurden völlig verkannt. Erst Sir Fleming verwendete sicher das Penicillium notatum (welches Penicillin Burdon-Sanderson und Duchesne verwendeten, ist leider unbekannt). Weitere Untersuchungen (nach Fleming) wurden von Howard W. Florey, Ernst B. Chain und Norman Heatley 1939 vorgenommen. Heatley gelang es, das Penicillin aus der Nährflüssigkeit der Bakterien zu extrahieren und zu reinigen. Am 24. August 1940 fand ein Tierversuch an 50 Ratten statt, die mit einer tödlichen Dosis Streptokokken infiziert wurden. Die Hälfte von ihnen erhielt Penicillin, und nur eine aus dieser Gruppe starb. Die Ratten, die kein Penicillin erhielten, starben alle innerhalb weniger Stunden. Dieses Tierexperiment stellte überraschend die kraftvolle Wirkung des Penicillins heraus, die bei diesem aggressiven Bakterienstamm nicht erwartet wurde. Am 12. Februar 1941 wurde der erste Patient mit dem gewonnenen Penicillin behandelt. Es handelte sich um einen 43-jährigen Londoner Polizisten, der sich beim Rasieren geschnitten und durch Infektion der Wunde eine Blutvergiftung erlitten hatte. Nach fünf Tagen Behandlung war das Fieber verschwunden. Die Penicillinvorräte waren jedoch aufgebraucht und die Behandlung musste abgebrochen werden. Der Mann verstarb einen Monat später. Dies stellte retrospektiv die Notwendigkeit heraus, dass Antibiotika grundsätzlich länger eingenommen werden müssen, als die sichtbaren Beschwerden andauern. Ein vorzeitiger Abbruch birgt immer das Risiko eines Krankheitsrückfalls, auch heute oftmals nur behandelbar durch Einsatz alternativer Antibiotika. Sie untersuchten so die therapeutische Wirksamkeit des Penicillins, aber die weitere Entwicklung desselben als Medikament scheiterte an der schweren Herstellung. Erst als Florey und Heatley in die USA flogen, um dort für Penicillin zu werben, wurde das allgemeine Interesse an Penicillin geweckt, besonders beim amerikanischen Militär, deren Soldaten gerade im Zweiten Weltzkrieg nach nicht lebensbedrohlichen Verletzungen und Eingriffen an Infektionen starben. Zunächst suchte man nach einem Pilzstamm, der mehr Penicillin produziert. Dazu sammelte die amerikanische Luftwaffe Bodenproben von möglichst vielen Flugplätzen weltweit. Der ergiebigste Stamm, Penicillium chrysogenum, wurde jedoch auf einer verschimmelten Melone vor dem Forschungsinstitut entdeckt. Man fand heraus, dass es güstiger ist, die Schimmelpilze in flüssiger Nährlösung zu kultivieren und 19 Thema 4 konnte ab 1944 Penicillin medizinisch einsetzen. Dies bedeutete zunächst den Nobelpreis für Florey, Chain und Heatley, menschheitsgeschichtlich aber eine Revolution der Medizin im Umgang mit Bakterien. Die Deutschen hatten sich während des 2. Weltkrieges auf Sulfonamide als Antibiotika konzentriert, der Handelsname war Prontosil. Nach dem Krieg erwies sich das Penicillin aber als überlegen und setzte sich durch. 20 Thema 4 Nachwort Aus dieser Chemiearbeit werde ich natürlich Informationen zu Schimmelpilzen mitnehmen. Gleichzeitig habe ich daran aber auch anderes gelernt. Dass das Internet, beziehungsweise Wikipedia als Quelle nicht unbedingt genügt, aber hilfreich sein kann. Wie man mit Lehrbüchern arbeitet... Aber ich habe auch andere Erkenntnisse gewonnen. Im Rahmen meiner Beschäftigung mit der industriellen Nutzung von Schimmelpilzen beziehungsweise Aspergillen, die ja eigentlich ein absoluter Nebenschauplatz war, ist mir klargeworden, wie Industrie funktioniert. Es wird irgendein Stoff entdeckt, oder es werden bestimmte Eigenschaften irgendeines Stoffes entdeckt. Dann wird dieser Stoff an der Stelle eingesetzt, an der gewisse Eigenschaften von ihm nützliche Wirkung entfalten. Dieser Stoff ist dann aber aus seinem natürlichen Kontext gerissen. Allein das spricht schon dafür, dass eventuell etwas schief gehen kann, weil der Mensch hier Gott spielt. Er bringt Dinge zusammen, die in der Natur nicht zusammen kommen, und erwartet, dass das keine negativen Folgen hat. Diese Gefahr wird nun dadurch verstärkt, dass der Einsatz von isolierten Stoffen meist in einem extrem großen Umfang stattfindet. So ist die Wahrscheinlichkeit für negative Konsequenzen sehr hoch. Industrie mag viele Vorteile bringen, aber sie ist unnatürlich und zu 0% ganzheitlich, weswegen man sie meiner Meinung nach mit Vorsicht genießen sollte. Vor meiner Arbeit war mir das nicht in diesem Maße bewusst. In der Medizin ist das ähnlich. Das Penicillin gehört eigentlich zu dem Schimmelpilz Penicillium. Heute wird es gezielt hergestellt und isoliert, und zwar in Massen. Und die Unwissenheit der Menschen zeigt sich bereits: Zahlreiche Resistenzen haben sich durch den übermäßigen Einsatz der Antibiotika gebildet. Der Mensch ist einfach zu voreilig und zu extrem, er neigt zu Übertreibung. Ich bin froh, derartige Erkenntnisse gewonnen haben zu können, neben meinem Wissen über Schimmelpilze. 21 Thema 4 Quellenangaben Allgemeine Mikrobiologie von Hans G. Schlegel 6. überarbeitete Auflage Links zu Informationsquellen https://en.wikipedia.org/wiki/Aflatoxin_B1 https://en.wikipedia.org/wiki/Penicillin https://de.wikipedia.org/wiki/Schimmelpilz https://de.wikipedia.org/wiki/Gie%C3%9Fkannenschimmel https://de.wikipedia.org/wiki/Penicilline https://de.wikipedia.org/wiki/Aflatoxine http://www.abendblatt.de/wirtschaft/karriere/article107662123/Wie-Enzyme-unseren-Alltagerleichtern.html https://de.wikipedia.org/wiki/Gram-F%C3%A4rbung https://de.wikipedia.org/wiki/Schlauchpilze Links zu Bilderquellen Titelbild 1 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/3a/Alternariaalternata.jpg/220pxAlternariaalternata.jpg Titelbild 2 https://i.ytimg.com/vi/W1Bzi7T8-HQ/hqdefault.jpg Titelbild 3 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/a8/Bleu_de_Gex.jpg/290pxBleu_de_Gex.jpg Titelbild 4 http://images.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.pfdb.net%2Fphoto %2Fmirhendi_h%2Fbox020909%2Fstandard%2Fa_fumigatus_s.jpg&imgrefurl=https%3A %2F%2Fwww.aspiescentral.com%2Fthreads%2Faspergillus-the-official-fungus-of-aspergers- 22 Thema 4 syndrome.3739%2F&h=992&w=1500&tbnid=fQRZdg75ynfh_M %3A&docid=E84FadjlhetKqM&ei=K3OCVueYMqLeywO6j4SQCA&tbm=isch&iact=rc&ua ct=3&dur=395&page=1&start=0&ndsp=25&ved=0ahUKEwin2v2OgIHKAhUi73IKHboHA YIQrQMIMzAA Titelbild 5 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/81/Trichoderma.reesei.jpg Titelbild 6 http://fungi.myspecies.info/sites/fungi.myspecies.info/files/DSC_0033.jpg Bild zum Aufbau des Aspergillus https://de.wikipedia.org/wiki/Gie%C3%9Fkannenschimmel#/media/File:Aspergillus.svg Bild zur Synthese von Penicillin G https://en.wikipedia.org/wiki/Penicillin 23 Thema 5 Pestizide im Alltag Rahel Sophia Delling Inhalt Geschichte Unterteilung von Pestiziden Allgemeines Herbizid-Glyphosat Dichlordiphenyltrichloethan Verwendung Auswirkungen Die Macht der großen Konzerne Alternativen Thema 5 PESTIZIDE Es dauerte viele Jahrtausende bis die Erde sich bildete, der wir unser Leben verdanken. In diesem sogenannten Boden entstehen Stoffe, die Pflanzen ernähren und ihnen ermöglichen zu gedeihen und sich zu vermehren. Pflanzen wiederum sind es, denen wir Menschen und Tiere das Leben verdanken. Deshalb ist es wichtig zu begreifen, dass der Begriff >Mutter Erde< nicht bloß eine Metapher, sondern eine objektive Tatsache ist. Heutzutage, im Zeitalter der Produktivität und der grenzenlosen Vermarktbarkeit sieht man die Erde und die Pflanzen nur noch als Quellen finanziellen Profits. Mechanisierung, genetisch verändertes Saatgut, Monokulturen, Pestizide und vieles mehr machen deutlich, dass die Landwirtschaft heute in erster Linie gewinnorientiert handelt. Pestizid ist ein Sammelbegriff für verschiedene Schädlingsbekämpfungsmittel. Es ist ein bekannter Begriff für die meisten Menschen, doch welche Substanzen und welche Wirkungsweisen er umfasst, bleibt meistens im Verborgenen. Pestizide sind chemische Substanzen, die lästige oder schädliche Lebewesen töten, vertreiben oder in Keimung, Wachstum oder Vermehrung hemmen. Geschichte Schon mit dem Beginn des Ackerbaus fingen die Menschen an, sich mit dem Thema Pflanzenschutz auseinanderzusetzen. Bereits in der Antike wurden anorganische Substanzen auf den Feldern eingesetzt. Im 18. Jahrhundert wurde dann erstmals entdeckt, dass auch pflanzliche Wirkstoffe gegen Schädlinge helfen. So nutzte man beispielsweise ab 1763 Nikotin aus den Tabakblättern oder ab 1843 Pyrethrum aus Chrysanthemenblüten. Ab Mitte des 19. Jahrhundert begann man dann erstmals anorganische Salze industriell herzustellen und einzusetzen. Entscheidender Auslöser für die Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln war das Eindringen verschiedener Krankheitserreger nach Europa, die zu katastrophalen Ernteausfällen führte. Den Anfang bildete die Kraut und Knollenfäuleepedemie an Kartoffeln 1845 in Irland. Hierdurch kam es zur Vernichtung der für die Bevölkerung lebensnotwendigen Kartoffelernte, welche zum Hungertod oder der Emigration von Millionen von Menschen führte. Als nächste große Katastrophe sieht man die von 1878 im Weinbau Thema 5 an, bei der Rebenmehltau nach Frankreich verschleppt wurde. Anders als in Irland konnte durch die Entdeckung von Kupferkalkbrühe als Fungizid durch den Franzosen Millardet und Nikotin sowie Schwefelkalkbrühe eine Epidemie abgewendet werden. Eine lange Zeit über war die Herstellung von Insektiziden und Herbiziden weitaus weniger erfolgreich als bei den Fungiziden. Als erstes organisches Pflanzenschutzmittel kam 1892 das Insektizid Dinitro-o-kresol von dem Chemiekonzern Bayer auf den Markt. Es wurden aber auch andere organische Verbindungen wie z.B. Methylquecksilber einige Zeit verwendet. Den ersten Höhepunkt in der Produktion von Pestiziden fand die Industrie, kurz vor und während des Ersten Weltkrieges und zwar im Einsatz chemischer Kampfstoffe. Seitdem hat sich eine enorme Industrie entwickelt und es werden bis heute Versuche gemacht, geforscht und neue Pestizide hergestellt, so dass die Entwicklung in großen Schritten voranging. 1939 wurde die chemische Substanz DDT entwickelt. DDT ist ein Insektizid, das auf Grund seiner effektiven Wirkung gegen Insekten und trotzdem geringen Toxizität gegenüber Säugetieren sehr beliebt war. Eine relativ einfache Herstellung, sorgte außerdem dafür das es jahrelang das meist verkaufte Insektizid auf der Welt war. DDT wurde auch als Mittel zur Eindämmung von Malaria verwendet. Doch durch zunehmende Erkenntnisse über die Anreicherung in der Umwelt und Nahrungskette wurde die Substanz in den 70er Jahren in einigen westlichen Staaten verboten. Seit 2004 ist DDT weltweit nur noch als Nutzmittel zur Seuchenbekämpfung erlaubt. 1950 wurde Glyphosat erstmals hergestellt. Es dauerte allerdings noch knapp 25 Jahre bis der Wirkstoff des heute meistverwendeten Pestizides 1974 endgültig auf den Markt kam. Moderne Präparate zeichnen sich durch breite Wirkungsspektren, geringe Toxikologie und Umweltverträglichkeit aus. Thema 5 Unterteilung von Pestiziden Die Pestizide können nach ihren Zielorganismen weiter unterteilt werden: • Bakterizide gegen Bakterien • Fungizide gegen Pilze. Pilzkrankheiten • Akarizide gegen Milben • Ovizide gegen Eier von Milben • Insektizide gegen Insekten • Ovizide gegen Eier Insekten • Molluskizide gegen Schnecken • Nematizide gegen Fadenwürmer • Rodentizide gegen Nagetiere • Avizide gegeVögel • Herbizide gegen Pflanzen • Algizide gegen Algen • Graminizide gegen Gräser • Arborizide gegen Gehölze Allgemeines Pestizide sind chemische Substanzen, die gegen Schädlinge eingesetzt werden, also Schädlingsbekämpfungsmittel. Jährlich werden weltweit mehr als 30 Milliarden Dollar Umsatz gemacht. Pestizide unterteilt man in: Biozide und Pflanzenschutzmittel Biozide: Biozid ist ein chemischer Stoff, der gegen Organismen eingesetzt wird und bedeutet ins Deutsche übersetzt soviel wie Leben töten(bios griechisch=Leben und cedere lateinisch=töten). Biozide werden nicht im agrarischen Bereich eingesetzt, sie sind daher „nicht landwirtschaftliche Pestizide“. Sie sind eher im privaten und beruflichen Bereich zu finden und werden gegen Schädlinge, wie Insekten bis hin zu Pilzen und Bakterien eingesetzt und sind so beispielsweise in Holzschutzmitteln, Desinfektionsmitteln und Rattengift vorhanden. Allein in Deutschland gibt es mehr als 30.000 Biozidprodukte, weshalb es auch kein Wunder ist, dass durch den verbreiteten Gebrauch eine potentielle Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt besteht. Biozide werden in vier Hauptgruppen definiert: Desinfektionsmittel, Materialschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel, sowie eine kleine Gruppe 'Sonstige'. Thema 5 Hauptgrupp Desinfektionsmittel und allgemeine Biozid-Produkte e1 Produktart 1 Biozid-Produkte für die menschliche Hygiene Desinfektionsmittel für den Privatbereich und den Bereich des Produktart 2 öffentlichen Gesundheitswesen sowie andere Biozid-Produkte Produktart 3 Biozid-Produkte für die Hygiene im Veterinärbereich Produktart 4 Desinfektionsmittel für den Lebens- und Futtermittelbereich Produktart 5 Trinkwasserdesinfektionsmittel Hauptgrupp Schutzmittel e2 Produktart 6 Topf-Konservierungsmittel Produktart 7 Beschichtungsschutzmittel Produktart 8 Holzschutzmittel Produktart 9 Schutzmittel für Fasern, Leder, Gummi und polymerisierte Materialien Produktart 10 Schutzmittel für Mauerwerk Produktart 11 Schutzmittel für Flüssigkeiten in Kühl- und Verfahrenssystemen Produktart 12 Schleimbekämpfungsmittel Produktart 13 Schutzmittel für Metallbearbeitungsflüssigkeiten Hauptgrupp Schädlingsbekämpfungsmittel e3 Produktart 14 Rodentizide Produktart 15 Avizide Produktart 16 Molluskizide Produktart 17 Fischbekämpfungsmittel Produktart 18 Insektizide und Produkte gegen andere Arthropoden Produktart 19 Repellentien und Lockmittel Produktart 20 Produkte gegen sonstige Wirbeltiere Hauptgrupp Sonstige Biozid-Produkte e4 Produktart 21 Antifouling-Produkte Produktart 22 Flüssigkeiten zur Einbalsamierung und Taxidermie Thema 5 Pflanzenschutzmittel: Pflanzenschutzmittel - auch Ackergifte genannt, werden überwiegend zum Schutz von Pflanzen eingesetzt, haben aber auch unterschiedliche Funktionen und Wirkungen nach denen sie eingeteilt werden: *Insektizide und Rodentizide = Pflanzen vor Schädlingen zu schützen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen. *Wachstumsregulatoren = Lebenswege von Pflanzen zu beeinflussen. *Saatgut/Vorratsschutzmittel = Pflanzenerzeugnisse zu konservieren. *Herbizide = Unerwünschte Pflanzen zu vernichten oder Wachstum zu hemmen oder vorzubeugen. Herbizide sind mit einem Anteil von 50% weltweit die meist verkauften und damit wichtigsten Pflanzenschutzmittel heutzutage. In Asien, Afrika und Lateinamerika dominieren allerdings Insektizide. In Deutschland liegt der jährliche Absatz bei mehr als 40.000T. Der Weltmarkt für Pflanzenschutzmittel betrug im Jahr 2014 42,7 Mrd. Euro. Alle in Deutschland erlaubten Pflanzenschutzmittel befinden sich in dem jährlich neu erscheinenden Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit(BVL). Dieses gliedert sich in folgende Abschnitte: • Teil 1: Ackerbau – Wiesen und Weiden – Hopfenbau – Nichtkulturland • Teil 2: Gemüsebau – Obstbau– Zierpflanzenbau • Teil 3: Weinbau • Teil 4: Forst • Teil 5: Vorratsschutz • Teil 6: Anerkannte Pflanzenschutz- und Vorratsschutzgeräte • Teil 7: Haus- und Kleingartenbereich Vor der Vermarktung durchlaufen die Pestizide ein langwieriges Zulassungsverfahren. In Deutschland betrifft dies Zulassungsstelle ist das Lebensmittelsicherheit(BVL). zunächst die Bundesamt Vorgeschaltet allgemeine für wird EU-Verordnung. Die Verbraucherschutz jedoch ein und EU- Gemeinschaftsverfahren zur Wirkstoffgenehmigung. Zugelassene Wirkstoffe sind in sogenannten Positivlisten der EU-Verordnung und besitzen eine Zulassungsnummer, die auf der Verpackung stehen muss. >In Europa werden jährlich rund 67.000 Lebensmittelproben auf Pestizidrückstände geprüft.< Spezielle Anwendungsverbote entscheidet dann jedes Land für sich. In Deutschland Thema 5 kümmert sich darum, die „Verordnung über Anwendungsverbote für Pflanzenschutzmittel“. Gründe dafür sind z.B. neue Erkenntnisse zur Gefährdung von Gesundheit oder Umwelt. Diesen Gesetzen unterliegt die industrielle Landwirtschaft, in der ökologischen Landwirtschaft dürfen Pestizide ohnehin nicht verwendet werden. Ein Problem, vor dem Nutzer bei der Verwendung von Pestiziden Angst haben, stellt die Gefahr von Resistenzbildung gegenüber einzelnen Wirkstoffen dar. Dies kann durch wiederholt identische Anwendungen entstehen. Daher werden häufig Spritzfolgen von verschiedenen Wirkstoffen angewendet oder die Dosis erhöht. Außerdem ist die Pflanzenschutzforschung ständig auf der Suche nach neuen Wirkstoffen mit neuen Leitstrukturen, um im Falle von Resistenzbildung Möglichkeiten anbieten zu können. Ein kleines Beispiel für die Wirkkraft von Pestiziden: >Die jährliche Weltgetreideproduktion stieg von 1950 bis 2007 von 700 Millionen Tonnen auf 2,3 Milliarden Tonnen. Das ist eine Verdreifachung des Ertrags auf nahezu gleichbleibender Produktionsfläche.< Thema 5 Herbizid-Glyphosat Herbizide sind Unkrautbekämpfungsmittel, welche man wiederum in selektive Herbizide(gegen bestimmte Pflanzen) und Breitband-oder Totalherbizide(gegen viele Pflanzen) unterteilt. Ein sehr bekanntes und weit verbreitetes Totalherbizid ist Glyphosat. Glyphosat: Ist unter anderem unter dem Handelsnamen Roundup bekannt, da die Firma Monsanto das Herbizid in den 70er Jahren patentieren ließ. Mittlerweile ist das Patent aber in den meisten Ländern abgelaufen und so wird es zusätzlich von unterschiedlichsten Firmen produziert. Glyphosat wird als Hemmer von Aminosäuresynthese bei Pflanzen eingesetzt. Glyphosat wird auf die Blätter aufgetragen, wodurch der Wirkstoff in den Organismus der Pflanze eindringt. Dort blockiert Glyphosat ein wichtiges Enzym, das 5Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase, wodurch die Aminosäuresynthese der aromatischen Aminosäuren L-Phenylalanin, L-Tyrosin und L-Tryptophan über den Shikimatweg (Stoffwechselweg) verhindert wird. Diese Aminosäuren sind für die Pflanze lebensnotwendig und durch die verursachte Blockade stirbt die Pflanze ab. Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat wird dann von Mikroorganismen abgebaut. Grund für die Blockade ist die chemische Ähnlichkeit von Glyphosat zu Phosphoenolpyruvat, dem regulären Substrat des Enzyms. Glyphosat wird in über 130 Ländern vertrieben und in einem Jahr werden weltweit über 1 Millionen Tonnen ausgetragen, von denen ein Großteil in China produziert wird. In Deutschland werden jährlich etwa 30.000 Tonnen Glyphosat versprüht und 2015 waren in Deutschland noch 94 glyphosathaltige Mittel zugelassen. C3H8NO5P C3H5O6P Glyphosat Phosphoenolpyruvat(PEP) Thema 5 Dichlordiphenyltrichlorethan Dichlordiphenyltrichlorethan, abgekürzt auch als DDT bekannt, ist ein Insektizid, das auf Grund seiner Wirksamkeit seit 1939 sehr beliebt ist und oft verwendet wurde. Herstellung: Ein Grund für den wirtschaftlichen Erfolg und die steigenden Verkaufszahlen lag sicherlich auch in der einfachen Handhabung von DDT. DDT entsteht indem Chlorbenzol (C6H5Cl) und Chloralhydrat (C2H3Cl3O2) in konzentrierter Schwefelsäure reagieren. Das bei der Reaktion entstehende Wasser wird von der Schwefelsäure aufgenommen. Nach etwa acht Stunden Reaktionszeit kann das DDT getrocknet und zerkleinert werden. DDT wirkt hauptsächlich auf das zentrale Nervensystem. Nach einer gängigen Hypothese lagern sich die DDT-Moleküle an die Nervenzellmembran an und verhindern dabei das Wiederverschließen der Natriumkanäle während der Repolarisation. Bei Thema 5 niedrigen Dosierungen kommt es dabei zu Übererregbarkeit, bei hohen zur Lähmung. Die Steigerung der Erregbarkeit tritt zuerst bei den Motoneuronen des Gehirns auf, Spinalnerven sind erst bei höheren Konzentrationen betroffen. In Deutschland interessierte man sich anfangs für DDT auf Grund seiner Wirkungsweise gegen den Kartoffelkäfer. Später wurde es dann als Mittel gegen Läusebefall bekannt. Dazu wurde das Pulver einfach in die Klamotten gerieben, kam aber auch in direkten Kontakt mit den Menschen. Außerdem wurde DDT zur Vorbeugung von Malaria eingesetzt und auch als einfaches Spray gegen Mücken verwendet. So war DDT nach dem Ende des 2.Weltkrieges zur zivilen Nutzung zugelassen, als Standardmittel in die Mode gekommen und wurde im Alltag vielfältig genutzt. Lange Zeit war DDT das meistverwendete Insektizid und wurde je nach Land im Bereich von 0,5 bis 35 kg DDT pro ha verwendet. Bei verschiedenen Großaktionen wurde DDT auch mit Flugzeugen ausgetragen und verbreitete sich so ungemein. Diesen Aktionen fielen verschiedenste Tiere zum Opfer. Vergiftungen bei Insekten und Vögeln traten auf und einige Arten verschwanden komplett. Fische wurden krank und Milch von Kühen, die auf belasteten Feldern lebten, konnten nicht mehr verkauft werden. So kam es erstmals zu Aufrufen von Naturschützern und der Bevölkerung und es fing an ein Umweltbewusstsein zu entstehen. Verschiedene Proteste und Versuche den Verbrauch zu stoppen hatten keinen Erfolg bzw. schlugen zunächst fehl. In den 70er Jahren wurde DDT erstmals verboten und im laufe der nächsten Jahre folgten die meisten Länder. Doch es gibt selbst heut noch vereinzelt Länder in denen DDT noch hergestellt und verwendet wird. So zum Beispiel in Indien, die noch heute DDT zur Eindämmung von Malaria einsetzten. Thema 5 Verwendung In Deutschland werden jährlich 40.000Tonnen Pestizide ausgebracht. Diese werden größtenteils durch Feldspritzen oder beim Obstanbau mit Gebläsespritzen hinter einem Traktor hergezogen und verteilt. So kann die Arbeit relativ schnell und ohne großen Aufwand vollzogen werden und der Arbeiter ist relativ gut geschützt. Zum Anbau von Soja, Mais, Baumwolle und Zitruspflanzen werden zu ungefähr 95% immer Pflanzenschutzmittel verwendet. Paprika, Tomaten, Salat, Äpfel, Trauben und Johannisbeeren sind, was die Pestizidbelastung angeht, Spitzenreiter. Obwohl bekannt ist, dass bestimmte Pestizide hochgiftig sind, werden viele noch immer in großem Ausmaß und oft ohne die nötigen Schutzvorkehrungen verwendet. In tropischen Ländern ist es angesichts des Klimas kaum zumutbar, dicke Schutzkleidung zu tragen; in anderen Ländern steht Schutzkleidung gar nicht zur Verfügung. Auch bei einem Getränk wie Tee, von dem alle erwarten, das es gesund ist, liegt der ökologische Anbau nur bei ungefähr 2%. Tee als Getränk wurde schon vor ungefähr 5000 Jahren in China entdeckt. 2011 wurden ca. 4,2Millionen Tonnen Tee produziert. Hauptproduktionsländer sind momentan China, Indien und Afrika. Dort sind die Menschen den Pestiziden massiv ausgesetzt. Die Arbeiter versprühen das Gift per Hand mit nicht genügend ausreichender Schutzkleidung oder mit Flugzeugen, wodurch sich die Gifte viel weiträumiger verteilen und sich oft auch auf die angrenzenden Wohnsiedlungen legen. In solchen Wohnsiedlungen leben oft um die 50 Tausend Menschen mit nur 2 Ärzten. Viele dieser Arbeiter erblinden oder tragen andere schwerwiegende Krankheiten davon. Dazu kommt noch, dass die meisten Arbeiter in der Verwendung von Pestiziden nicht ausreichend aufgeklärt werden. So kommt es, dass falsche Mittel verwendet werden oder eine falsche Dosierung erfolgt, wie zum Beispiel eine zu häufige Anwendung. Bei der Teeernte werden lediglich die jungen äußeren Blätter abgezupft. Jeder Strauch ist einzigartig in seiner Färbung. Die vielen Grüntöne bezeugen die hohe Qualität des Tees. Schmale Wege trennen die einzelnen Parzellen voneinander. In Kenia sind es Kleinbauern, die 60% der Ernte hervorbringen. Anderswo bewirtschaften internationale Konzerne große Plantagen mit geklonten Pflanzen und bieten vielen Menschen einen Arbeitsplatz. Eine Mechanisierung der Produktion wurde auch hier schon erwogen, Thema 5 doch verbietet die unregelmäßige Form der Teegärten die maschinelle Ernte, sodass die Kosteneinsparung bei den Arbeitskräften durch die geringe Qualität des Tees im Handel zunichte gemacht würde. Bei einem Test der Zeitschrift Öko-Test, kamen unglaubliche Ergebnisse von 30 getesteten Teesorten zum Vorschein. 20 dieser Tees fielen durch, da sie stark belastet waren, bei 4 von ihnen waren die Grenzwerte überschritten und in einem Tee fand man 23 verschiedene Gifte. Nur 5 der 30 getesteten Tees waren frei von Schadstoffen. Thema 5 Auswirkungen Pestizide werden heutzutage oft in Verbindung gebracht bei der Belastung von Mensch und Umwelt. Es wurde erforscht, dass das Pflanzenspektrum sich durch Pestizide stark verringern kann. Ebenfalls wird durch die angegriffenen Pflanzen die Gefahr einer Artenverarmung von Tieren ,durch die Nahrungskette befürchtet. Außerdem wurden Pestizide schon im Oberflächen- und Grundwasser nachgewiesen. In Europa und auch Kanada wird Imidacloprid, ein Insektizid für das dramatische Bienensterben verantwortlich gemacht. Viele Krankheiten sollen durch den Pestizidgebrauch verstärkt oder ausgelöst werden, so z.B. Hautkrankheiten, Diabetes, Autismus, Asthma, Alzheimer und Missbildungen von Neugeborenen. Eine Studie ergab einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz großer Mengen von Pestiziden und einer weit überdurchschnittlichen Anzahl von Parkinson-Fällen in den entsprechenden Regionen. Parkinson ist in Frankreich seit 2012 sogar als Berufskrankheit von Landwirten anerkannt, wenn sie mindestens 10 Jahre lang mit Pestiziden in Berührung standen. Auch Krebs wurde als eine mögliche Folge von Pestizidgebrauch genannt. Doch selbst solche Studien sorgen nicht bei allen Menschen für eine andere Einstellung. Im Gegenteil, es gibt unglaubliche Antworten und Reaktionen auf solche Tatsachen. Einige Menschen bevorzugen „bloß ein Krebserreger mehr im Austausch für erschwingliche Nahrung für die breite Masse“. Ein weiteres Problem besteht darin, das oft sogenannte Giftcocktails(bunt gemischte Gifte) verwendet werden. Dadurch wird nicht nur bestimmten Grenzwerten aus dem Weg gegangen, sondern die Wechselwirkungen der verschiedenen Gifte untereinander können einzelne Wirkungen bei weitem überschreiten. Der Einsatz von Pestiziden ist verantwortlich für fünf Millionen Vergiftungsfälle mit mehreren Tausend Toten in den Entwicklungsländern. Pestizide stellen überall ein Gesundheitsproblem dar. Ein Gramm kann ausreichen, um zehn Millionen Liter Wasser zu verunreinigen und die giftigen Substanzen verbleiben in den mit ihnen behandelten Produkten. Thema 5 Die Macht der großen Konzerne Der Einsatz synthetischer Pestizide ist vielfach mit einem Teufelskreislauf aus Verschuldung und finanzieller Abhängigkeit landwirtschaftlicher Betriebe durch Kreditaufnahme für den Kauf von Pestiziden verbunden. Dieser Kreislauf von Verschuldung und finanzieller Abhängigkeit hat enorme Folgen. Einziger Ausweg aus der miserablen Situation ist für viele Bauern oft nur noch der Selbstmord. Andere Folgen sind Migration und das damit verbundene Zurücklassen von Land, Heimat und Kultur. Vor allem betroffen von dem unglaublichen Elend sind die Landwirte in den ärmeren Ländern. Eine Statistik besagt, dass alle 8 Stunden ein indischer Bauer aus Verzweiflung oder Scham versagt zu haben, Selbstmord begeht. Über 300.000 Menschen nehmen sich jährlich mit Pestiziden das Leben. Schuld daran sind wenige große Konzerne, die mit der Produktion und dem Verkauf Millionengeschäfte machen. Bei einem kürzlich durchgeführten Test durch Greenpeace entpuppten sich deutsche Johannisbeeren und Himbeeren als gesundheitsgefährdend. In jeder Johannisbeere steckten bis zu neun unterschiedliche Pestizide, die nach Greenpeace-Meinung keine Anwendung im Anbau von frischem Obst und Gemüse finden sollten. Leider sind die Behörden da anderer Meinung. Sowohl das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatten im August 2010 herbe Kritik an den genannten Greenpeace-Untersuchungen geäußert. Die Bewertungen der gemessenen Pestizidrückstände durch Greenpeace, so heißt es, entspreche nicht den Kriterien einer wissenschaftlichen Risikobewertung. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass Greenpeace ihrer Bewertung unrealistische Verzehrmengen zugrunde lege. Thema 5 Thema 5 Alternativen Ökologische Bewirtschaftung ist genauso effektiv wie die herkömmliche Anbauweise mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Eine Möglichkeit stellt gezielter Düngereinsatz statt Pestizidverbrauch dar. Abwehr von schädlichen Organismen durch gezielte Blattdüngung, zum Beispiel mit Löschkalk, ersetzt alle Fungizide und fast alle Insektiztide des herkömmlichen Pflanzenschutzes sowie alle Biopestizide und Pflanzenhilfsstoffe. Sogenannte Biopestizide sind zwar meistens biologischen Ursprungs, dadurch jedoch nicht frei von schädlichen Nebenwirkungen. Eine andere Möglichkeit auf Pestizide zu verzichten, müsste eine grundsätzliche Veränderung in der Einstellung des Verbrauchers voraussetzen. Der Verbraucher muss ein Bewusstsein für die Notwendigkeit des ökologischen Landbaus entwickeln und diesen aktiv unterstützen. Das heißt zum einen, diese Produkte zu kaufen und zum anderen auf Pestizide im privaten Bereich zu verzichten. Einer Gruppe von Wissenschaftlern in Irland ist ein Durchbruch auf dem Gebiet der Agrarwissenschaften gelungen. Sie fanden heraus, dass durch Radiowellen behandeltes Wasser positive Effekte auf die Keimzeit, das Wachstum und die Resistenz von Pflanzen hat. Darüber hinaus bindet das behandelte Wasser vermehrt Stickstoff aus der Umgebungsluft in Form von Nitraten und reichert den Boden mit Mineralien an, die für das Pflanzenwachstum notwendig sind. Dies würde den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln in Zukunft unnötig machen und könnte eine umweltfreundliche Alternative zu genetisch veränderten Organismen sein. Kuba bietet ein gutes Beispiel, wie biologische Landwirtschaft funktioniert. Kuba erlebte Anfang der neunziger Jahre eine große Wirtschaftskrise und entwickelte so aus der Not heraus komplett ökologische Anbaumethoden. Sie fingen an natürliche Wege zu finden, um ihre Pflanzen vor Schädlingen zu schützen. Heute wird beinahe jeder Acker Kubas ökologisch nachhaltig bewirtschaftet. Sie stellen mit verschiedenen Lebensmitteln eigene Mischungen aus beispielsweise Pilzen, Joghurt, Brot, Zuckerrohr und Milch her, geben diese auf die Felder und verhindern so den Befall von Schädlingen. Ein anderer wichtiger Aspekt ist als Basis ein gesunder Boden. Daher werden Regenwürmer gerne in den Böden gesehen, die einen Dünger aus stickstoffreicher Erde herstellen. Thema 5 Quellenverzeichnis http://www.pangermany.org/download/Positionspapier_PAN_Int_WG_4_Alternativen.pdf http://www.bund.net/themen_und_projekte/chemie/pestizide/gesundheitsgefahren/ http://www.greenpeace.de/files/20120201-Einkaufsratgeber-Essen-ohne-Pestizide.pdf http://www.gartus.de/pflanzenschutzmittel/geschichte-pflanzenschutzes.html http://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/biozide https://de.wikipedia.org/wiki/Pestizid https://www.greenpeace.de/themen/landwirtschaft/pestizide http://www.zentrum-der-gesundheit.de/pestizide-im-essen-ia.html http://green.wiwo.de/lebensmittel-untersuchung-findet-pestizide-in-tee/ http://www.t-online.de/lifestyle/besser-leben/testberichte/id_16619154/-oeko-testfindet-massenhaft-pestizide-im-tee.html http://info.kopp-verlag.de/medizin-und-gesundheit/gesundes-leben/uwe-karstaedt/daskarstaedt-protokoll-das-krebsrisiko-aus-der-teetasse.html Thema 6 Thema 6 Epigenetik 13a Henning Hardell S. 1 Thema 6 Inhaltsverzeichnis Vorwort Was ist Epigenetik? - Die Entdeckung der Gene (Grundlagen der Genetik) - Die DNA - Die DNA Methylierung - Modifikation von Histonen - Studien und Forschung - Medizinische Bedeutung der Epigenetik Abschließendes Fazit - Quellenangaben S. 2 Thema 6 Vorwort Die Epigenetik befasst sich mit der veränderbaren Genetik. Lange nahmen Wissenschaftler an das unser Gene unveränderbar seien, ein Trugschluss. Entgegen aller Theorien erkannt man das sich die Gene eines Menschen sich während des Lebens verändern. Dies war ein Durchbruch der Wissenschaft und der Genetik. Da die Epigenetik allerdings erst Mitte der neunziger Jahre entdeckt worden ist, ist sie bis heute nicht komplett erforscht. Da die Epigenetik ein Komplexes Themengebiet ist, möchte ich nicht die DNA sowie die Genetik in ihrem ursprünglichen Sinnen unbeachtet lassen. Die Funktionsweise der Epigenetik möchte ich in dieser Hausarbeit in den Fokus ziehen. Dabei werde ich mich jedoch fast ausschließlich auf den chemischen Teil beziehen. An verschiedenen Studien werde ich die Wirkung der Epigenetik veranschaulichen. Was für eine Bedeutung der zweite Weltkrieg und dessen Auswirkung in Holland für die Epigenetik hatte, werde ich auch darlegen. In dem Kapitel Forschung und Studien werde ich die Frage klären was für eine Rolle eineiige Zwillinge in der Erforschung der Vererbbarkeit der Epigenetik spielen. S. 3 Thema 6 Die Entdeckung der Gene (der Genetik) Bereits schon im 19 Jahrhundert wurde das Interesse im Menschen nach Genetik geweckt. Zu den Pionieren der Genetik zählt auch der Augustinermönch Gregor Mendel (1822-1884) der seiner Vermutung nachging das nicht direkt beobachtbare unteilbare biologische Anlagen (Gene) die Vererbung von Merkmalen steuern. Mit seiner Vermutung, die er später auch an Versuchen mit Nutzpflanzen durchführte und bewies, erzeugte er einen revolutionären Bruch in der Genetik. Anhänger der Pangenese, wozu Tier- Nutzpflanzenzüchter und auch Charles Darwin gehörten, glaubten dass sich Mütterliche sowie Väterliche Gene in einer nicht näher bestimmten Weise untrennbar im Nachwuchs mischten. Gregor Mendel entkräftete diese Theorie im Klostergarten des Brünner Klosters. Seine revolutionären Ergebnisse wurden zunächst ein halbes Jahrhundert vergessen und ignoriert. Die Wiederentdeckung dieser Ergebnisse läutete eine neue Ära der Genetik ein. Gregor Mendel betrieb ganz genaue Züchtungsstudien, für diese langwierige Unterfangen entschied er sich die Erbse (Pisum sativum). Die Besonderheit oder die besonderen Eigenschaften dieser Pflanz ist, das sie sich selbst bestäuben kann und sich mit einem anderen Individuum kreuzen kann. Mendel wählte für seine Studien sieben Merkmale die er anhand der Erbse untersuchen wollte, die Färbung der Kelchblätter, die Form der reifen Hülsen, die Farbe der unreifen Hülsen, die Stellung der Blüten, die Gestalt der reifen Samen, die Färbung des reifen Sameninneren und die Länge des Stiels. Um einen Vergleich zu ziehen besorgte sich Mendel sieben reine gezogenen Pflanzen (Linie). Wichtig war das diese Linien keine Variation der Merkmale aufwiesen. Mendel wählte für das Merkmal der Blütenfarbe zwei prägnante Farben Weiß und Lila. In seinen ersten Experimenten verglich er die reine Linie (zwei Lila Pflanzen bestäuben sich) mit der unreinen Linie (eine Weiße- und eine Lilapflanze bestäuben sich), das Ergebnis war, dass bei beiden Züchtungen, Pflanzen mit Lilafarbenen Blättern entstanden. Die Pflanzen die sich im ersten Experiment bestäubten nannte Mendel Parentaleltern oder Parentalgeneration S. 4 Thema 6 (abgekürzt „P“). Alle Nachkommen dieser Parentalgeneration nannte Mendel F1 Generation. Somit entkräftete Mendel die erste Theorie der hervorgegangen Pangenese. Nach deren Theorie hätte es eine Vermischung in der F1 Generation von weißen wie violetten Pflanzen geben müssen. Als nächstes führte Mendel eine Selbstbestäubung einiger violetten Pflanzen aus der F1 Generation durch. In der daraus erfolgenden F2 Generation fanden sich erstmals Weiß- und Lilafarbende Pflanzen wieder. Bei der Auszählung der F2 Generation entdeckte Mendel ein 3 zu 1 Verhältnis der beiden Farben (auf drei Lilafarbenden eine Weiße). Aus dieser Erkenntnis bildete er die Theorie und Gesetzmäßigkeit der dominanten und rezessiven Merkmal oder Gene. Die Lilafarbende Farbe beschrieb er als dominant weil sie in der F1 Generation vorkam, und die weiße Farbe als rezessiv da diese erst wieder in der F2 Generation auftrat. Diese Erkenntnisse ist die Basis der Vererbungslehrer oder der Genetik. Ein halbes Jahrhundert wurden die Ergebnisse der Studie die Georg Mendel durchführte, vergessen. Erst Anfang des 20 Jahrhunderts bekam die Theorie Mendels hohe Anerkennung. Die Theorie die er hatte wurde erneut aufgegriffen und neu belegt. Seine Ergebnisse und die daraus resultierenden Erkenntnisse schufen die Grundlage unserer heutigen Genetik. Im Kapitel „Studien und Forschungen“ werde ich die Bedeutung seiner Ergebnisse veranschaulichen und sie auf die Epigenetik beziehen. S. 5 Thema 6 Die DNA In ihrer Funktion kann man sich die DNA wie ein Bauplan für den menschlichen Körper vorstellen. Mit vollem Namen heißt sie Desoxyribonukleinsäure. In der DNA wir ein sogenannter genetischer Code gespeichert, der die Bildung von Proteinen bestimmt. Dieser genetische Code ist individuell. Nun zur genauen Erläuterung. Die DNA befindet sich in jeder Zelle des menschlichen Körpers und sitzt auf den Chromosomen. Die DNA ist ein langes Kettenmolekül welches aus vielen Bausteinen oder Nukleotiden besteht. Die DNA ist ein Polymer. Ein Nukleotide besteht wiederrum aus drei Bauteilen: Phosphorsäure oder Phosphat, Zucker und Nukleobasen oder Basen. Der Zucker und das Phosphat sind bei jedem Nukleotid gleich, sie bilden das Phosphatrückrat des Moleküls. Die Desoxyribonukleinsäure ist in Form eines Doppel Helix aufgebaut. Ein Nukleotid befindet sich zwischen den beiden Spiralen welche auch das Rückgrat der DNA sind. Der Nukleotid bekommt seine Individualität durch die Anordnung der Nukleobasen. Es gibt vier solcher Basen: Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T). Die Anordnung der Basen in einen Nukleotid ist der sogenannte genetische Code. Ein Beispiel: CATG GATC TAGC CTGA etc. Heutzutage können Computer diesen Code entziffern und die oben genannte Buchstabenreihe erscheinen lassen. Damit dieser genetische Code vom Köper abgelesen werden kann, werden Enzyme über die DNA versendet die den Code entschlüsseln und diesen zur Bildung von neuen Proteinen nutzt. S. 6 Thema 6 Summen und Strukturformeln der verschiedenen Basen: Cytosin: C4H5N3O Guanin: C5H5N5O Adenin: C5H5N5 Thymin: C5H6N2O2 S. 7 Thema 6 Die DNA Methylierung Die DNA Methylierung ist der wichtigste epigenetische Prozess, der im Körper stattfindet. Bei der DNA Methylierung handelt es sich um eine chemische Abänderung der Grundbausteine. In einer sogenannten Methyltransferase werden durch Enzyme Methylgruppen an Grundbausteine gebunden. Die DNA Methylierung ist die wichtigste epigenetische Abänderung im Körper. Da bei der Methylierung einer Base, die Base vollständig erhalten bleibt spricht man nicht von einer Mutation, wie sie bspw. bei Tumoren auftritt. Die Methylierung tritt immer dann auf wenn eine Methylierte Zelle sich teilt. Die nun neue Zelle ist noch nicht Methyliert und Methyliert nur kurze Zeit später. Ich möchte infolge dessen nun die Methylierung von Cytosinbasen betrachten. Im Menschen wirkt die Methylierung von Cytosinbasen erst dann wenn die Cytosinbase in Verbindung mit einer Guaninbase steht, in so einem Fall spricht man von CG Paaren, solche Paare treten als Dinukleotide auf. Das Enzym DNMT 3 methyliert jedes Cytosin in einer solchen Bindung. An solchen me CG Paaren (wobei das me für metyliert steht) sammeln sich nun weiter Proteine, dies führt schließlich zu einer Ablagerung von Proteinen. Die Ablagerungen bewirkt dass ein Gen inaktiviert wird. Kurz gesagt ist die Methylierung wie ein an/aus Schalter für Gene. Inaktivierte Gene sind für Enzyme nicht mehr lesbar. Nach der Methylierung findet eine Desaminierung statt. In der Desaminierung spaltet sich eine Aminogruppe vom Cytosin ab so das eine neue Base entsteht bspw. Thymin. Anschließend kann eine Reparatur der DNA erfolgen. Ein neues Paar ist nun entstanden Thymin-Guanin Paar(TG Paar). Eine nicht methylierte Base wird nach der Abspaltung der Aminogruppe Uracil genannt. Uracil ist kein Baustein der DNA und wird anschließen ausgeschieden. CG Dinukleotide treten häufig in den Bereichen der Zellsteuerung auf. Solche Gebiete werden Promotorregionen genannt. Diese hohe aufkommen der CG Paare, bezeichnet man auch mit einer CPG Insel (Cytosin Phosphat Guanin Insel. Wird nun in einer Promotor Region vermehrt CG Paar methyliert und S. 8 Thema 6 zu einem TG Paar desaminiert, kann die Funktion der Zelle verändern, behindern werden oder verloren gehen. Summen und Strukturformel einer Methylgruppe: Eine Methylgruppe sowie eine Aminogruppe, stehen immer in Verbindung mit einem Rest (R). Methylgruppe: R-CH3 Aminogruppe: R-NH2 Im Folgenden möchte ich durch eine Reaktionsgleichung die Metylierung Desaminierung eines CG Paares darstellen. Reaktionsgleichung: Es wird nur die Methylierung und Desaminierung des Cytosins betrachtet. Cytosin = C4H5N30 Methylierung: C4H5N3O + CH3 = C5H8N3O Als nächster Schritt kann die Desaminierung erfolgen. Desaminierung : C5H8N3O C5H5N2O - NH2 = C5H5N2O = Thymin Aus dem Ergebnis Thymin wird in Verbindung mit Guanin nun ein TG Paar. Dies erklärt auch ein geringes Aufkommen von meCG Paaren in den Promotorregionen der Zelle. S. 9 Thema 6 Modifikation von Histonen Zunächst möchte ich die Hiltone erklären. Histone kommen im Zellkern von Eukaryoten vor. Eukaryoten sind alle Lebewesen die in jeder Zelle einen Zellkern besitzen. Histone sind basische Proteine, sie gelten als „Verpackung“ der DNA. Histone weisen einen globulären Aufbau auf. Das bedeutet dass sie ein kugelförmiges Zentrum haben von dem sich Seitenarme ausstrecken. Die Seitenarme haben die Eigenschaft dass sie flexibel und endig sind, das heißt sie sind beweglich haben ein Ende. Die Seitenarme besitzen unteranderem viele basische oder positiv geladene Aminosäuren. Die DNA die sich um das Zentrum wickelt ist negativ geladen, eine Anziehung besteht. Die Aminosäuren sind ein Bestandteil des Chromatins. Das Chromatin ist eine Verbindung aus speziellen Proteinen davon etwa die Hälfte sind Histone (in denen Aminosäuren enthalten sind) und der DNA, zusammengesetzt erstellen sie das Material des Chromosoms. Eine Modifikation der Histone kann auf vielen wegen erfolgen Beispielsweise durch Methylierung Phosphorysierung und Acetylierung. Wie ich zu Beginn der Hausarbeit erläutert habe befindet sich die Epigenetik gerade in einem Erforschungsstadium, weshalb sich die Entdeckung der Modifikation von Histonen in Verbindung mit der epigenetischen Veränderung, in einer hitzigen Debatte befindet. Eine logische Hypothese der epigenetischen Veränderungen durch Modifikation von Histonen möchte ich noch erwähnen. Die Hypothese nennt sich „Histon- Code- Hypothese“. Die Hypothese besagt, dass eine Modifikation von Histonen bspw. durch Acetylierung eine Strukturveränderung des Chromatins verursacht, und eine Veränderung von Biologischen Prozessen bewirkt. Bewiesen ist dies allerdings noch nicht. Erst in den kommenden Jahren wird es möglich sein konkrete Aussagen zu machen. S. 10 Thema 6 Studien und Forschung In verschieden Forschungen wird die Vererbbarkeit der Epigenetik untersucht. Interessant für die Forschung sind eineiige Zwillinge. Sie besitzen exakt das gleiche Erbgut der Mutter. In unterschiedlichen Lebensabschnitten der Zwillinge wird das Erbgut beider Geschwister genau abgeglichen und untersucht. Nach der ursprünglichen Vererbungstheorie müssen sich beide Geschwister gleich Entwickeln. Nach Untersuchungen fand man heraus dass die DNA der Geschwister bis zu einem unterschiedlichen Alter der untersuchten Zwillingspaare gleich war. Ab einem bestimmten Zeitpunkt änderte sich allerdings die DNA und beide Geschwister der verschiedenen Zwillingspaare entwickelten sich unterschiedlich. Ein Nachweis der Existenz der Epigenetik war also erbracht, da die Zwillinge sich nicht bis zu ihrem Lebensende komplett gleich Entwickelten. Nun zur Vererbbarkeit der Epigenetik. Da so eine Forschung eine Langzeitunternehmen ist kann man noch nicht mit Gewissheit sagen das Epigenetik vererbbar ist. Studien aus Holland gaben eine erste Richtung vor und stellten die Möglichkeit auf das Epigenetik vererbbar ist. Versuche an Ratten zeigten ähnliche Muster. Ich möchte nun zwei Studien darlegen. Die Studie aus Holland befasst sich mit der Enkelgeneration der Kriegsgeneration. Zuerst die Vorgeschichte, in den vierziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts überfielen die Deutsch Wehrmacht Holland. Eine knappe Essensration ließ viele Bürger verhungern. Frauen die in dieser Zeit schwanger waren erlitten eine Hungersnot. Es war nicht abzusehen welche Schäden die ungeborenen Kinder bekommen oder haben würden. Die Körper der betroffenen Frauen waren einem enormen Stress über einen längeren Zeitraum ausgesetzt, deshalb vermutetet man epigenetische Veränderung am Erbgut der Frauen. Wenn nun Epigenetik, also die Inaktivierung von Genen durch methylierung, Vererbbar ist müssen die Kindergeneration und die Enkelgeneration Beeinträchtigungen verursacht durch die Hungersnot haben. Tatsächlich stellte man fest dass die Nachkommen überwiegen Diabetes hatten oder Fettleibig waren. Diese Stresssituation in der die Schwangeren waren versuchte man an Ratten nachzuahmen. Nach einem ähnlichen Muster wurde ein Versuch aufgebaut. Von einer Rattenmutter entnahm man kurz nach der Geburt einige Jungen. Diese Rattenjungen zog man unter enormen Stressbedingungen auf. Stress bedeutet: unter lauten Bedingungen mit einer Nahrungsknappheit. Sie hatten keinen S. 11 Thema 6 Zugang zu ihrer Mutter und wurden per Hand aufgezogen. Die Rattenjungen, die bei der Mutter waren, wuchsen unter harmonischen Bedingungen auf. Nach einiger Zeit setzte Man aus beiden Gruppen verschiedene Jungen in ein kreuzartiges Gänge System. Die Kreuzung des Kreuzes war erleuchtet während die Enden und ein Teil der Gänge im Dunkeln lagen. Es stellt sich heraus dass die Jungen, die unter Harmonischen und natürlichen Bedingungen aufwuchsen sich schneller in die dunkelnden Ecken des Systems vorwagten. Die unter Stress aufgezogenen Jungen hielten sich im vermeintlich sicheren und helleren Teil auf und wagen sich nur zögerlich in die dunkelnden Teile. Auch die Nachkommen dieser beiden Gruppen wiesen ähnliche Merkmale auf. Medizinische Bedeutung Die Erkenntnisse der Epigenetik oder viel mehr die Dann methylierung macht man sich in der Medizin zu nutzen. Bestimmte Erkennungsmuster von methylierten Genen kann man auch in Tumorzellen entdecken. Tumore entstehen z.B. durch eine zu starke methylierung der Gene in der Zelle. Gesunde methylierte Zelle sehen in ihrer Struktur anders aus als kranke Tumorzellen. Durch die Muster der methylierten Zellen kann man z.B. Tumore erkennen. Desweitern kann an dem Grad der methylierung in einer Zelle Vererbbare Krankheiten diagnostiziert werden. S. 12 Thema 6 Abschließendes Fazit Ich finde die Epigenetik relativ intressant und werde mich in Zukunft auch mit ihr beschäftigen. Bevor ich mit der Hausarbeit angefangen habe, hatte ich noch nie etwas von der Epigenetik gehört. Ich finde es intressant in welche Richtung die Forschung verlaufen. Mir hat die Hausarbeit Spaß gemacht, weil mich das Thema während der Arbeit immer mehr zusprach und interessant wurde. Ich habe allerdings noch nicht die komplette Epigenetik durchdrungen. Da die Epigenetik ein recht neues Forschungsgebiet ist fand ich zB. in der Stadtbücherei fast keine Bücher. Die Informationen allgemein zu diesem Thema waren schwer zugänglich. Ca. 2250 Worte Quellenangaben https://de.wikipedia.org/wiki/DNA-Methylierung https://de.wikipedia.org/wiki/Desoxyribonukleins%C3%A4ure https://de.wikipedia.org/wiki/Histonmodifikation https://de.wikipedia.org/wiki/Nukleinbasen Dokumentationen https://www.youtube.com/watch?v=WjppTrcqlS0 https://www.youtube.com/watch?v=J7dYVPurU00 https://www.youtube.com/watch?v=bpJSIiqjtIM S. 13 THEMA 7 Histamin Biochemische Betrachtung und Histaminose Lukas Emanuel Hirsch THEMA 7 Inhaltsverzeichnis Chemischer Stammbaum......................................................................................................................... 3 Histamin .................................................................................................................................................. 5 Entstehung und Speicherung .................................................................................................................. 6 Allergietyp 1 oder die Allergie vom Soforttyp......................................................................................... 6 ECL-Zellen der Magenmucosa ................................................................................................................. 7 Wirkungsweise von Histamin .................................................................................................................. 7 Allergie .................................................................................................................................................... 9 Pseudoallergie durch Histamin-Überschuss............................................................................................ 9 Histaminose........................................................................................................................................... 10 Symptome ............................................................................................................................................. 10 Körperfremde Substanzen .................................................................................................................... 11 Fäulnisflora ............................................................................................................................................ 13 Diaminoxidase-Mangel.......................................................................................................................... 13 Summe aller Faktoren, die zu Histaminose führen ............................................................................... 14 Allgemeines zur Krankheit..................................................................................................................... 15 Quellenverzeichnis: ............................................................................................................................... 16 1 THEMA 7 Jeder von uns kennt Histamin. Das Histamin Denn wir alle haben schon einmal eine Brennnessel angefasst; Bewusst oder aus Versehen, das Ergebnis was dasselbe. Es hat gejuckt und die Stelle ist angeschwollen und das ziemlich schnell. Hier haben wir Histamin in seiner prominentesten Wirkungsform beobachtet, vermutlich ohne es zu wissen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Histamins ist nämlich das Auslösen einer Entzündungsreaktion. Histamin kommt in Pflanzen, Tieren und im Menschen vor. Während Pflanzen es hauptsächlich als Schutz vor Feinden nutzen, wie im Beispiel der Brennnessel, spielt es bei Tieren und Menschen eine ganz ähnliche und doch andere Rolle in seiner Wirkung. Im menschlichen Körper kommt Histamin vermehrt in der Haut, in den Verdauungsorganen, in der Lunge und im zentralen Nervensystem vor. Als Gewebshormon, welches also im Gegensatz zu anderen Hormonen in Einzelzellen im Gewebe und nicht in einer bestimmten Drüse produziert wird, hat es die Aufgabe der Übermittlung von Signalen an Organe, um dort einen Prozess in Gang zu bringen beziehungsweise dort eine Reaktion auszulösen oder als Neurotransmitter im zentralen Nervensystem Reize von Nervenzelle zu Nervenzelle weiterzugeben, zu verstärken oder zu verändern. 2 THEMA 7 Chemischer Stammbaum Genauer betrachtet ist Histamin ein biogenes Amin. Biogene Amine sind solche, welche von einem Organismus hergestellt werden. Ein Amin enthält immer eine oder mehrere Aminogruppen (NH2), entsteht also aus Aminosäuren. Aminosäuren gibt es unzählige in der Natur, jedoch nur 21 von ihnen sind proteinogene Aminosäuren. Das heißt Aminosäuren, aus denen alle Lebewesen ihre Proteine bauen. Eine dieser 21 Aminosäuren ist das Histidin. Aus ihm entsteht Histamin durch eine enzymatische Umwandlung. Histidin ist eine essentielle und durch den Imidazol-Rest aromatische, positiv-, also geladenpolare Aminosäure. Aminosäuren mit einem geladen polarem Rest sind hydrophil, was eine Lipophobie bedingt. Die Summenformel für Histidin ist C6H9N3O2 und der chemische Name 2-Amino-3(-1HImidazol-4-yl)-propansäure. Der Name ergibt sich aus der chemischen Verbindung, die in Abb. 1 zu sehen ist. Der aromatische Rest ist ein Imidazol-Ring und gibt der Verbindung den Teilnamen Imidazol. Zudem hat er einen basischen Charakter und macht Histidin damit zu einer basisch wirkenden Aminosäure. Abb.1 3 THEMA 7 Entstehung von Histamin Wenn Aminosäuren decarboxyliert werden, dann entstehen Amine. Amine sind Signalstoffe und einer davon ist Histamin. Histamin entsteht durch die Decarboxylierung von Histidin. Dabei wird mithilfe eines Katalysators, dem Enzym „Histamin-Decarboxylase“, die Carboxylgruppe COOH abgespalten beziehungsweise umgewandelt. Als Abfallprodukt entsteht bei diesem Vorgang CO2. Abb.2 Bei der Histidin-Decarboxylierung braucht das Enzym Histamin-Decarboxylase einen sogenannten Co-faktor, der dem Enzym hilft, seine Katalyse-Aufgabe zu erfüllen. Dieser Cofaktor ist das Pyridoxalphosphat, welches dem Laien besser bekannt ist unter dem Namen Vitamin B6. Abbau von Histamin Abgebaut wird Histamin auf zwei verschiedene Arten. Zum einen im zentralen Nervensystem (ZNS) über die Histamin-N-Methyltransferase und mehrere Oxidierungen zu NMethylimidazol-4-yl-ethansäure und zum anderen in der Peripherie, also im Prinzip überall dort, wo es im Gewebe vorhanden ist, über eine Diaminoxidase (DAO). Dabei entsteht letztlich Imidazol-4-yl-ethansäure, also eine dem Endprodukt aus dem Abbau im ZNS sehr ähnliche chemische Verbindung. Diese wird im letzten Schritt ribosyliert, das heißt, dass ihr ein aus einem 5-er-Ring bestehender Zucker angefügt wird, ehe sie schließlich über die Nieren ausgeschieden wird. 4 THEMA 7 Abb.3 Histamin Entstanden ist nun das Histamin, das, wie eingangs schon erwähnt, ein Gewebshormon ist. Hormone werden normalerweise in sogenannten endokrinen Drüsen gebildet. Endokrine Drüsen sind Organe, die ihre Sekrete, welche sie produzieren, endokrin, also ins Blut abgeben, in welchem das Sekret an die Wirkungsstelle transportiert wird. Gesteuert werden sie von der Hypophyse, der Hirnanhangdrüse. Gewebshormone hingegen werden direkt im Gewebe hergestellt und eingelagert. Das hat den Vorteil, dass sie ihre Wirkung viel schneller entfalten können, da sie direkt wirken, sobald sie freigesetzt wurden und nicht lange Wege durch die Blutbahnen zurücklegen müssen. Wichtig ist das im Fall von Histamin, da seine Hauptaufgabe das Einleiten einer Fremdkörper-Bekämpfung ist. Im Blut können Fremdkörper durch die darin schwimmenden Zellen des Immunsystems sofort bekämpft und abgebaut beziehungsweise abtransportiert werden. Aber was passiert, wenn so ein Antigen irgendwo im Gewebe, zum Beispiel direkt unter der Haut sitzt. Dort befindet sich nun kein Blut und die Immunzellen können den Eindringling nicht bekämpfen. Hier kommt nun das Histamin ins Spiel. Daraus können wir schließen, dass es in gewisser Weise Teil des Immunsystems ist. 5 THEMA 7 Entstehung und Speicherung Histamin wird in den Mastzellen, in Granulozyten in Darm und Blut, den ECL-Zellen der Magenmucosa, Zellen der Epidermis und in Nervenzellen synthetisiert und gespeichert. Besonders interessant in Bezug auf seine Funktion als Teil des Immunsystems ist die Entstehung sowie Speicherung in den Mastzellen. Mastzellen kommen überall im Körper im interstitiellen Bindegewebe vor. In ihnen wird Histamin, an Heparin gebunden, in den Granula beziehungsweise Vesikeln gespeichert. Allergietyp 1 oder die Allergie vom Soforttyp Es gibt vier Allergietypen, von denen die meisten wiederum in mehrere unterteilt werden. Histamin hängt jedoch nur mit dem Allergietyp 1 zusammen, welcher auch Soforttyp genannt wird, da bei diesem Typus eine sofortige Reaktion hervorgerufen wird. Abb. 4 Der Allergietyp 1 oder seine Reaktion ist IgE-vermittelt. Das bedeutet, dass die allergische Reaktion mittels der Immunglobin-E-Antikörper ausgelöst wird. Wird ein Antigen, also ein Fremdkörper registriert, so passiert zunächst nichts. Es findet lediglich eine Sensibilisierung statt, das bedeutet, die T-Lymphozyten, Zellen der Immunabwehr, verbinden sich, grob 6 THEMA 7 gesehen, mit B-Lymphozyten, welche ebenfalls Zellen des Immunsystems sind. Dadurch wandeln sich die B-Lymphozyten in Plasmazellen, welche die IgE- (Immunglobin E) Zellen bilden. Diese sind auf das beim ersten Kontakt registrierte Antigen sensibilisiert, schwärmen aus und heften sich an die Mastzellen. Kommen sie dort mit dem Antigen in Berührung, findet eine Signalübermittlung in die Mastzelle statt, woraufhin diese das Histamin frei- und in das Interstitium abgibt. Das Interstitium ist der Zwischenraum, welcher sich zwischen Organen, Geweben oder Zellen und außerhalb der Blutbahnen befindet. Diese Reaktion, welche abläuft, wenn das Antigen ein zweites Mal vom Organismus registriert wird, läuft innerhalb von Sekunden bis Minuten ab, weshalb diese allergische Reaktion als „Allergie vom Soforttyp“ bezeichnet wird, wobei eigentlich eine lang dauernde Sensibilisierungsphase vorausgeht. ECL-Zellen der Magenmucosa Wie oben erwähnt, wird Histamin zu einem Hauptteil auch in den ECL-Zellen der Magenmucosa synthetisiert und gespeichert. Mucosa ist dabei das Fachwort für Schleimhaut und beschreibt eine Schicht, welche Hohlräume im Innern eines Organismus‘ auskleidet. ECL-Zellen, ausgeschrieben enterochromaffin-ähnliche Zellen, sind endokrine Zellen, welche Histamin produzieren, um damit die Magensäure-Produktion zu stimulieren. Wirkungsweise von Histamin Als Mediator bzw. Transmitter Die Wirkungsweise des Histamins ist eigentlich recht banal. Da es ein Botenstoff ist, übermittelt es im Grunde nur einen Impuls an entsprechende Rezeptoren, die wiederum bestimmte Wirkungen auslösen. Es gibt vier verschiedene Histamin-Rezeptoren, die nach und nach entdeckt wurden. Erst durch deren Entdeckung wurde es möglich die Wirkung von Histamin genau zu bestimmen. Diese Rezeptoren werden also in den Wirkungsvorgang von Histamin miteingerechnet. Der vierte Histamin-Rezeptor wurde erst im Jahr 2000 nachgewiesen und seine Wirkungsweise ist noch nicht vollständig erforscht. Histamin entfaltet seine Wirkung, indem es sich an einen Histamin-Rezeptor bindet. Die Rezeptoren sitzen an Membranen. Eine Membran ist eine dünne Gewebsschicht, die zwei Räume voneinander trennt. Unterschieden werden muss dabei zwischen Zellmembranen, 7 THEMA 7 welche sozusagen die Haut oder Wand einer Zelle darstellen und somit die Grenzen zur Umwelt der Zellen bilden und Basalmembranen. Eine Basalmembran ist eine dünne Wand, welche sich in einer Mucosa finden lässt. Die Membran ist die Verbindung von Ephitel, der mehrschichtigen Oberfläche einer Mucosa, und dem angrenzenden Bindegewebe. Vermittelt nun das Histamin sein Signal an einen der vier in den Membranen sitzenden Rezeptoren, so werden dort entsprechende Wirkungsketten in Gang gesetzt. Der H1-Rezeptor ist dabei zuständig für die Verengung der Bronchien bzw. Kontraktion der glatten Bronchialmuskulatur Kontraktion des Darmes Sowie allgemein Kontraktion der glatten Muskulatur Die Vasodilatation (Ausdehnung/Weitung von Blutgefäßen) Erhöhung der Gefäßpermeabilität (Durchlässigkeit) Steigerung der Sekretion von Adrenalin (Nebenniere) Erbrechen Schlaf-wach-rhythmus / Weckreaktion Wirkungen des H2-Rezeptors: Erhöhung der Sekretion des Magensaftes Vasodilatation (s.o.) Tachykardie / positive Chronotropie (Steigerung des Pulses, also der Herzschlagfrequenz) Positive Inotropie des Herzschlags (Steigerung der Kontraktilität, d.h. Stärke der Muskelkontraktion) Wirkungen des H3-Rezeptors: Hemmung der Histamin-freisetzung im zentralen Nervensystem (negatives Feedback) Hemmung der Freisetzung von anderen Mediatoren Wirkung des H4-Rezeptors: Chemotaxis von Granulozyten (Granulozyten gehören zur Gruppe der weißen Blutkörperchen [Leukozyten] und sind somit zelluläre Immunabwehrzellen. 8 THEMA 7 Chemotaxis ist eine durch Bildung und Ausschüttung von Botenstoffen hervorgerufene Anlockung von Zellen des Immunsystems zum Beispiel an den Ort einer entzündlichen Reaktion. Jeder dieser Rezeptoren kann durch bestimmte Stoffe gehemmt oder vorübergehend „ausgeschaltet“ werden. Diese Stoffe werden Antagonisten genannt und sind wesentlich für die Behandlung von Allergien. Allergie Bei einer Allergie wurde durch das Immunsystem ein Fremdkörper erkannt und eine Bekämpfung eingeleitet. Dies zeigt sich eigentlich immer in einer entzündungsartigen Reaktion. Bei einer Entzündung geschehen nämlich folgende Dinge: Das Histamin löst an den Rezeptoren eine Vasodilatation, erhöhte Gefäßpermeabilität aus, um den Kämpferzellen ein Austreten aus der Blutbahn und Eintreten in das Gewebe, wo sich das Antigen befindet, zu ermöglichen. Hierzu ist also auch eine vorangehende Chemotaxis nötig, da die Immunabwehrzellen sonst nicht wissen, wo sie angreifen sollen. Dieser Vorgang geschieht also gezielt. Manchmal großflächiger, manchmal sehr genau, je nach dem, wie viele Rezeptoren erreicht wurden, also wie häufig eine Mastzelle Histamin freigegeben hat, weil die auf ihr sitzenden IgE-Zellen ein Antigen eingefangen haben. Pseudoallergie durch Histamin-Überschuss Die durch einen Überschuss an Histamin bedingte Pseudoallergie ist keine wirkliche Krankheit, hat aber ein sehr umfassendes Krankheitsbild. Das heißt es gibt viele Beschwerden, die durch den Überschuss ausgelöst werden. Die als Histaminose bezeichnete Pseudoallergie ist bedingt durch ein Missverhältnis von Histamin-akkumulation, also der Ansammlung von Histamin beziehungsweise vielmehr freigesetztem Histamin im Körper durch die körpereigene Produktion, sowie der Zuführung über histaminreiche Lebensmittel und dem Abbau von freigesetztem oder ungebundenem Histamin. Jeder Mensch hat eine individuelle Histamin-schwelle, die durch die Potenz Histamin abzubauen definiert wird. Da Histamin hauptsächlich durch das Enzym DAO 9 THEMA 7 (Diaminoxidase) abgebaut wird, gilt der Umfang an verfügbarem DAO als beste Definition der Histamin-schwelle. Kommt es zur Überschreitung dieser Schwelle, treten Symptome und somit Beschwerden auf und man spricht von der Histaminose. Histaminose Diese „Krankheit“ kann auf dreierlei Arten entstehen: Entweder hat man a) eine niedrige Histamin-schwelle, also wenige Abbaufaktoren oder b) es ist eine große Akkumulation von Histamin vorhanden oder schlimmstenfalls und als dritter Punkt trifft a) und b) zu. Ist also zu viel Histamin im Körper, welches nicht abgebaut werden kann, so tritt die Pseudoallergie auf. Die wichtigen Punkte, in denen sie sich von einer normalen Allergie unterscheidet sind in der untenstehenden Tabelle aufgelistet. Allergie Pseudoallergie Beteiligung des Immunsystems Keine Beteiligung des Immunsystems Dosisunabhängig Dosisabhängig Symptomatik erst nach Symptomatik bereits bei Erstkontakt Sensibilisierung Symptome Bei der Histaminose befindet sich freigesetztes Histamin im Körper und wirkt in seiner Funktion. Mit dem einzigen Unterschied, dass es keinen Grund dafür gibt und die Wirkung daher unerwünscht ist. Die Folgen bestehen aus einer langen Liste von Beschwerden: Bauchschmerzen Blähungen Völlegefühl Sodbrennen / Übersäuerung 10 THEMA 7 Durchfall / Verstopfung Übelkeit (oft unerklärlich) / Seekrankheit Kopfschmerzen / Migräne Husten / Asthma (Morgendlichen) Schnupfen Hautrötungen Herzrasen Menstruationsschmerzen Blutdruckschwankungen Schlafstörungen Diese lange Liste lässt sich mit den Wirkungseigenschaften der vier Histamin-Rezeptoren begründen, die weiter vorn schon genannt wurden. So starke und weit gefächerte Wirkungen sind darin begründet, dass Histamin als Gewebshormon beinahe überall im Körper anzutreffen ist und deshalb auch seine (Fehl-)wirkung weit verbreiten kann. Auffällig ist der große Teil an Beschwerden im Bauch- bzw. Magen-Darmbereich der Liste, was zum einen ein Indikator für die bedeutende Rolle des Histamins in eben diesem Bereich, aber auch ein Fingerzeig auf einen weiteren, nicht zu vernachlässigenden Teilbereich der Histaminose ist, nämlich den der körperfremden Substanzen, die für eine direkte Wirkung im Verdauungstrakt verantwortlich sind. Körperfremde Substanzen Hierzu zählen ebenso Bakterien der Darmflora, sogenannte Fäulniskeime, welche Zersetzungsprozesse durchführen, wie auch Histamin-haltige Lebensmittel, von denen es eine ganze Menge gibt. Bei den für Menschen, welche an Histaminose leiden, zu vermeidenden Lebensmitteln ist zwischen Histamin-haltigen, solchen, die als Histamin-Liberatoren wirken und denen, die Histidin enthalten und im Laufe der Verdauung zu Histamin umgewandelt, weil abgebaut, werden. Zu Letztgenannten gehören vor allem allerlei Fisch- und Fleischarten, also proteinreiche Lebensmittel. Wobei bei Fisch auch die Bakterien, die den Verwesungsprozess verursachen einen wesentlichen Anteil tragen. 11 THEMA 7 Nahrungsmittel, meist Früchte, welche zu den Histamin-Liberatoren zählen, müssen nicht selbst Histamin enthalten, auch wenn sie es häufig tun. Sie enthalten jedoch Stoffe, die zu einer Histaminausschüttung führen, also sozusagen sofort als Antigene erkannt werden, mit dem Unterschied, dass sie den Ausschüttungsprozess ohne vorherige Sensibilisierung in Gang setzen. Die Eigenschaft eines Histamin-Liberators ist von manchen Arzneimitteln beabsichtigt, von anderen eine sogenannte Nebenwirkung. Histaminhaltig: Histamin-Liberator (u.U. histaminhaltig): Bier Tomate Wein Erdbeere Fisch Zitrusfrüchte „Eiweiß“ Papaya Sauerkraut Ananas Energy-Drinks mit Zucker Nüsse Käse Erdnuss + andere Hülsenfrüchte Hefe Hülsenfrüchte Arzneimittel: Essig Acetylsalicylsäure (Aspirin) Grün-/Schwarz-/Mate-Tee Heparin Kakao / Schokolade Codein Bananen Morphine Birnen Röntgenkontrastmittel Orangen Kiwi Sojaprodukte Tomate Spirituosen (destilliert) Theobromin (Aufputschmittel in EnergyDrinks 12 THEMA 7 Der Organismus macht keinen Unterschied zwischen körpereigenem oder von außen zugeführtem Histamin. Fäulnisflora Fäulnisflora ist ein Begriff für ein Ungleichgewicht von „guten“ und „schlechten“ Bakterien im Darm. Der Mensch hat etwa 1,5 kg Bakterien in seinem Verdauungstrakt, ohne die eben jener Vorgang unmöglich wäre. Gewinnen hier aber solche Keime die überhand, welche mehr Gase produzieren, als für eine gute, das heißt vollständige Zersetzung zu sorgen, so kommt es zur Fäulnisflora. Hierbei bleiben viele Stoffe unvollständig verdaut und die Folge ist eine Malabsorption. Bei einer Malabsorption werden Stoffe, wie der Name schon verrät, schlecht bis gar nicht mehr aufgenommen, wodurch es zu Mängeln kommen kann. Diaminoxidase-Mangel Das Enzym Diaminoxidase, welches für den Abbau von Histamin nötig ist, wird hauptsachlich im Darm gebildet. Für seine Synthese sind drei Co-Faktoren unerlässlich: Kupfer, Zink und Vitamin B6. Sind diese nicht ausreichend im Körper vorhanden, kann das DAO nicht hergestellt werden und es kommt zu erhöhten Histamin-werten im Organismus. Weitere Gründe, warum Histamin nicht ausreichend durch das DAO abgebaut wird, können Alkoholkonsum oder ein Vitamin C-Mangel sein. Denn Alkohol hemmt DAO in seiner Funktion, ebenso wie der Vitamin C-Mangel es tut. Da viele Amine im Körper durch das Enzym Diaminoxidase abgebaut werden, kann ein Histamin-Überschuss auch einem übermäßigen Vorhandensein von anderen Aminen geschuldet sein. Das DAO ist deshalb so unerlässlich, weil Histamin eine sehr stabile chemische Verbindung ist, die selbst durch große Hitze, Kälte oder mechanische oder biophysikalische Einwirkungen keinerlei Strukturveränderungen erfährt. Der einzige Weg aus dem Körper ist durch die enzymatische Spaltung. 13 THEMA 7 Summe aller Faktoren, die zu Histaminose führen Die Histaminose besteht aus vielen Faktoren, auch wenn sie vielleicht nur aus einem entsteht. Wie sehr alle zusammenhängen lässt sich an einem Beispiel schnell verdeutlichen: Angenommen ein Mensch nimmt Medikamente, welche DAO blockieren. Nun nimmt er dennoch vermehrt Lebensmittel zu sich, welche eine Menge Histamin enthalten. Es kommt zur Überschreitung seiner individuellen Histaminschwelle, was sich wie eine überlaufende Badewanne vorgestellt werden kann. Das freie Histamin wirkt nun im Darm, da es nicht abgebaut wird und somit an die Rezeptoren gerät. Es löst eine Entzündung derMagenschleimwand aus. In der Folge kommt es zu einer Malabsorption und eine Fäulnisflora bildet sich. Die Keime der Fäunisflora bilden nun auch aus wenig histaminhaltigen Nahrungsmitteln Histamin und die Entzündung wird chronisch. Somit kommt es mit der Zeit zu einem Mangel an Co-Faktoren für die DAO-Produktion, welche ohnehin schon durch die entzündete Magenschleimhaut eingeschränkt ist. Ohne genügend Co-Faktoren findet unmöglich ein ausreichender Abbau von Histamin statt und der Teufelskreis ist perfekt. 14 THEMA 7 Allgemeines zur Krankheit Schätzungen zufolge leidet etwa 1-5% der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland an einer Histaminose. Unter den 1-5% Betroffenen vermutet man 80% Frauen. Da etwa 30% aller Deutschen an unerklärlichen Bauchbeschwerden leidet, ist das Potenzial für mehr Histaminose-Beschwerden relativ groß. Die Histaminose ist ein bislang auch in Fachkreisen sehr unbekannt gebliebenes Leiden, ist bis jetzt verhältnismäßig wenig erforscht und oft verknüpft mit anderen Intoleranzen wie Zöliakie oder auch der Lactose-Unverträglichkeit. Die individuelle Histamin-Schwelle ist bei Schwangeren um ein Vielfaches höher, während man davon ausgeht, dass sie durch Stress und mit zunehmendem Alter herabgesetzt wird. 15 THEMA 7 Quellenverzeichnis: Abb.1 https://tse3.mm.bing.net/th?id=OIP.M402ee04fd1b38547943cf003541b489co0&pid=Api Abb.2 https://de.wikipedia.org/wiki/Histamin#/media/File:Histidine_decarboxylase.svg Abb.3 https://de.wikipedia.org/wiki/Histamin#/media/File:Histaminabbau.svg Abb.4 https://de.wikipedia.org/wiki/Allergie#/media/File:Allergische_Reaktion_Typ1.svg https://de.wikipedia.org/wiki/Diaminoxidase http://flexikon.doccheck.com/de/Diaminoxidase?utm_source=www.doccheck.flexikon&utm_medium=web&ut m_campaign=DC%2BSearch http://flexikon.doccheck.com/de/Imidazolessigs%C3%A4ure http://flexikon.doccheck.com/de/Magenschleimhaut http://flexikon.doccheck.com/de/IgE http://flexikon.doccheck.com/de/Mastzelle http://flexikon.doccheck.com/de/Histamin?utm_source=www.doccheck.flexikon&utm_medium=web&utm_cam paign=DC%2BSearch http://flexikon.doccheck.com/de/Allergie http://flexikon.doccheck.com/de/Allergie_vom_Soforttyp http://flexikon.doccheck.com/de/Immunreaktion http://flexikon.doccheck.com/de/Immunsystem http://invitalab.de/informationen/allergie-diagnostik/allergie-typ-1-2/ https://de.wikipedia.org/wiki/Allergie http://flexikon.doccheck.com/de/Antik%C3%B6rper http://flexikon.doccheck.com/de/B-Lymphozyt http://flexikon.doccheck.com/de/T-Helfer-Zelle http://flexikon.doccheck.com/de/Imidazolessigs%C3%A4ure http://flexikon.doccheck.com/de/Gewebshormon http://flexikon.doccheck.com/de/Histidin https://de.wikipedia.org/wiki/Histidin https://de.wikipedia.org/wiki/Histidindecarboxylase 16 THEMA 7 https://de.wikipedia.org/wiki/Histamin https://de.wikipedia.org/wiki/Mastzelle http://www.vitatest.de/fileadmin/user_upload/Aufsaetze/darm/TrilogieNeurotransmitter1Histamin.pdf http://flexikon.doccheck.com/de/Histamin-Rezeptor http://flexikon.doccheck.com/de/ECL-Zelle7 https://de.wikipedia.org/wiki/Immunglobulin_E https://www.youtube.com/watch?v=m-nH_A81zDk Gotthard, Werner: Hormone - chemische Botenstoffe, Fischer Verlag 1993 Löffler, Georg: Basiswissen Biochemie – mit Pathobiochemie; mit 125 Tabellen, Springer Verlag 2005 Großes Buch der Biologie, Compact Verlag 2006 Reinhart Jarisch: Histaminintoleranz – Histamin und Seekrankheit, Thieme Verlag 17 Thema 8 Ist Zucker ein Gift? -Eine Frage, die uns täglich umgeben sollteJan-Ole Hoffmann 13a Angeklagter: Saccharose Jan-Ole Hoffmann 1 Thema 8 Inhaltsverzeichnis Abstract 3 Einleitung 4 Zucker 1x1 5 Lebensnotwendigkeit von Zucker 7 Glycolyse 8 Glykogensynthese 15 Glucose-Zuckerschock 18 Fructose und die Auswirkungen 22 Diabetes 24 Alzheimer 27 Zuckeralternativen 28 Warum wir Zucker essen 31 Fazit 33 Quellenverzeichnis 34 Jan-Ole Hoffmann 2 Thema 8 Abstract Die folgende Hausarbeit geht der Frage nach, ob Zucker wirklich so gefährlich ist, wie es derzeit diskutiert wird. Diese Hausarbeit enthält Inhalte verschiedener Studien, Fachliteraturen, und eigene Transferleistung. Es werden ebenso Erfahrungen aus Selbstversuchen zur Erarbeitung bestimmter Themen und zur Beantwortung einzelner Fragen hinzugezogen. Dieser schriftliche Ausarbeitung ging ein einstündiges Referat voraus, das den selben Zweck verfolgte, wie diese Hausarbeit: Die Darlegung von Erkenntnissen, Fakten und Ergebnissen zum Thema Auswirkungen von Zucker auf den Organismus, damit sich ein eigenes Bild erschlossen werden kann und ein eigener Argumentationsgang entwickelt wird, um sich individuell eine eigene Meinung zu bilden. Die Ergebnisse meiner Recherchen sind teilweise subjektiv, jedoch auf Grundlage von Fachwissen. Subsumiert soll diese Hausarbeit anregen, sich selbst mit der Thematik auseinander zu setzten und bildet einen fachlichen Einstieg in ein omnipräsentes Thema. Jan-Ole Hoffmann 3 Thema 8 Einleitung Wir leben in einer Zeit des Konsums. Wir konsumieren viel und schnell. Rund um die Uhr ist es uns möglich, etwas einzukaufen und zu verzehren. Wir leben in einer Zeit des Wissens. Wir wissen viel und schnell. Es ist uns seit langem bekannt, was es für Folgen hat und haben wird, wenn wir weiterhin eine Welt des Konsums ausbauen und diese unser zu Hause nennen. Wir leben in einer Welt, in der wir essen und davon krank werden; und das paradoxe ist, dass wir das wissen. Wir wissen um die Produktion von Fleisch, das Existenzminimum der Milchbauern, die Gifte unserer Lebensmittelverarbeitung, über die Folgen von zu viel, wir wissen um die Konsequenzen unserer leichtfertigen Lebensweise und der Denaturierung unseres Verhaltens und unserer Nahrung. Doch ist das jedem bewusst? Im Groben und Ganzen mit Sicherheit, doch handeln viele Menschen oftmals erst, wenn eine Konsequenz erwächst. Vorher wird weiter gelebt, ohne Rücksicht auf sich bzw. auf seine Umgebung. So habe ich schon oft gehört, wie Menschen ihre Ernährung von vielen Fertiggerichten zu naturnahem Essen umstellten, als ihre Gesundheit akut in Gefahr war. Doch muss es erst dazu kommen, dass der Körper erkranken muss, damit Bewusstheit und Ernährung keine Gegensätze mehr sind, wir also unsere Lebensmittel beim Worte nehmen und somit etwas zum „Leben“ konsumieren und nicht auf dem Weg zur Arbeit in uns hereinzwängen? Wir essen, um zu Leben. Wir haben Gelüste, wir haben Bedürfnisse und Appetit und diese zeigen uns, was wir im Moment brauchen, um zu Leben. Doch zu meist ist das Bewusstsein bezüglich dieser Empfindungen überlagert von Wissen und Eindrücken. Entweder wird ohne Feingespür gespeist, was eben gerade vorhanden ist, oder es wird von außen beeinflusst. Im Laufe der 1970iger Jahre bekam die Zuckerindustrie eine Auszeichnung für ihre Werbekampagne. Sie hatte es geschafft den Menschen zu vermitteln, dass Zucker ein wichtiges Lebensmittel in unserem Alltag darstellt; und dieser Tathergang wirkt bis zum heutigen Tag. Mehrmals habe ich im vergangenen Jahr sogenannte „Challenges“ mit Freunden eingehalten, in denen wir eine gewisse Zeit keinen Zucker, auch keinen Rohrzucker oder ähnliches, Jan-Ole Hoffmann 4 Thema 8 konsumieren durften. Selbstverständlich kamen wir in Situationen, in denen wir uns rechtfertigen mussten, weshalb wir das tun. „Nur ein Stück“, „das merkt doch niemand“. Es war nicht immer einfach, doch das Erschreckende war viel mehr das Unwissen über Zucker und den Konsum. So bekam ich als Reaktion auf die Challenge oft zu hören, dass der Körper doch Zucker bräuchte. Ich würde mir doch Schaden zufügen, wenn ich keinen Zucker äße – ich fiel vom Glauben ab. Es herrscht eine Ahnungslosigkeit über das, was wir täglich zu uns nehmen. Es wird teilweise blind gegessen, hauptsache es ist lecker. Hinzukommt die bereits erwähnte Beeinflussung der Zuckerindustrie und der Werbungen, die uns eintrichtern, wie ungefährlich Zucker sei, dass wir ihn bräuchten und wie cool man sei, wenn man in verzehrt. Das einzige was verzehrt (verzerrt) wird, ist unser Weltbild. Doch an Stelle von pöbeln und einem heranreifenden Dogmatismus, wie Zucker sei böse und gefährlich, setzte ich mir das Ziel, meine Chemiearbeit diesem Thema zu widmen. Ich wollte den Zucker verstehen. Ich wollte weniger den Zucker wirtschaftlich oder geschichtlich betrachten, sondern seine Wirkungsweise auf unseren Körper. Was stellt er mit uns an? Stimmen die Binsenweisheiten? Was ist denn eigentlich der böse Zucker? Was sind Alternativen? Im Großen und Ganzen möchte ich Interessierten eine komprimierte Darstellung meiner Ergebnisse und Meinung bieten, von der aus sich eine eigene Meinung gebildet werden kann, denn nichts ist törichter als andere Meinungen fraglos zu übernehmen. Es gibt genug historische Beispiele. Also stellte ich mir die Frage, ob Zucker ein Gift ist. Jan-Ole Hoffmann 5 Thema 8 Das Zucker 1x1 Vorerst möchte ich einmal ein paar Begrifflichkeiten klären, damit die Argumentationen in diesem Text verständlicher werden. Zucker ist nicht gleich Zucker. Es gibt vielzählige Variationen und divergierende Aufgaben von Zucker in unserem Körper. Somit möchte ich zu Beginn die chemischen Formen und Eigenschaften der Zucker präsentieren, die uns täglich umgeben und in uns arbeiten. Monosaccharide: Monosaccharide sind Einfachzucker und oxidiert aus mehrwertigen Alkoholen. Sie besitzen eine Carbonylgruppe als auch eine Hydroxylgruppe. Monosaccharide sind die Bausteine der Kohlenhydrate und können zu Disacchariden (Zweifachzucker), Oligosacchariden (Mehrfachzucker) oder Polysacchariden (Vielfachzucker) verbunden werden. Monosaccharide bestehen aus mindestens zwei Kohlenstoffatomen und enden alle samt auf -ose: Biose, Triose, Tetrose, Pentose, Hexose. Die Vorsilben beziehen sich hier auf die Anzahl der Kohlenstoffatome. Glucose: Glucose ist ein Monosaccharid und eine Hexose, besteht also aus sechs Kohlenstoffatomen. Es ist der Grundbaustein vieler Zucker, wie zum Beispiel Maltose oder Saccharose. Fructose: Fructose ist ebenso ein Monosaccharid und existiert in zwei Konstellationen. Einmal als eine Pentose (Fructofuranose) und einmal als eine Hexose (Fructopyranose). Saccharose: Saccharose setzt sich aus α-D-Glukose und β-D-Fruktofuranose in α1,2-glykosidischer Verbindung zusammen. Das Alpha bedeutet, dass die Hydroxylgruppen, welche die beiden Monosaccharide verbinden „unten“ hängt. Ein Beta bedeutete, dass die Hydroxylgruppe „oben“ hinge. „1,2“ signalisiert, dass die Verbindung am ersten Kohlenstoffatom der Glucose und am zweiten Kohlenstoffatom der Fructose ansetzt. Jan-Ole Hoffmann 6 Thema 8 Dies sind die Zucker, die ich im Verlauf der Hausarbeit in ihrer Auswirkung auf ihren Körper betrachten möchte. Nun sollte ihnen schon mal ein chemisches Bild der dargestellten Zucker vor Augen sein. Lebensnotwendigkeit von Zucker Es ist Sommer, die Sonne scheint. Sie stehen auf einem Erdbeerfeld und die prallen rot strahlenden Erdbeeren leuchten sie an. Ihnen läuft das Wasser im Mund zusammen und sie können es kaum erwarten, eine Frucht zu pflücken. Dies ist eine ganz natürliche Reaktion. Der Körper weiß, was in diesen Früchten steckt. In erster Linie stecken eine Menge Vitamine darin. Sobald wir das erste Mal in unserem Leben eine Erdbeere essen, merkt sich der Körper, was er alles aus dieser erhält. Sobald wir beispielsweise ein Bedürfnis nach Kalium haben, wird der Appetit nach Erdbeeren angeregt, da diese Kalium enthalten. Doch unser Körper weiß beispielsweise auch, dass sich in Erdbeeren Zucker verbirgt. Auch das regt unsere Speichelproduktion an. Denn wir brauchen Zuckern in vielerlei Hinsicht: Unsere Muskeln arbeiten mit Glukose, ebenso das Hirn und unser Nervensystem. Zucker wird in unserem Organismus stetig verwendet und muss von außen zu geführt werden, ansonsten unterzuckern wir; uns fehlt dann die Energie. Doch wie kommt es eigentlich zu dieser Energie aus dem Zucker? Um dies genauer zu erklären bedarf es der Grundkenntnis der Glykolyse. Jan-Ole Hoffmann 7 Thema 8 Glykolyse Das Ziel der Glykolyse ist die Energiebereitstellung für die Zellen mit Hilfe von ATP (Adenosintriphosphat). ATP besitzt drei Phosphatmoleküle. Beim Abspalten eines Phosphatmolekül wird Energie frei. Dieser Vorgang kann auf das Bild eines Lagerfeuers übertragen werden. Verbrennen wir Holz, so wird Wärme, Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) frei. Ebenso ist es bei der Abspaltung des Phosphatmoleküls. Es wird Wärme, bzw. Energie, gemessen in Kilojoule, an die Umgebung abgegeben und von der Zelle für zelluläre Aufgaben verwendet. Ebenso wird CO2 und Wasser frei. Nun wurde aus dem ATP ein ADP (Adenosindiphosphat); es kann nun wieder ein Phosphatmolekül an sich nehmen. Damit das ablaufen kann, bedarf es Glucose. Schritt 1: Mit Hilfe des Insulins gelangt der Zucker in die Zelle und wird dort aktiviert. Das bedeutet, dass ein Phosphatmolekül an das Glucosemolekül angehängt wird. In diesem Fall ist es ein Hydrogenphosphat, da diese oxidierte Form im Körper vorhanden ist. Das Hydrogenphosphat besitzt eine Hydroxylgruppe, an der die Verbindung mit dem Glucosemolekül vonstatten geht. Dabei wird Wasser (H2O) frei. Unser Ergebnis ist nun Glucose-6-Phosphat. Die sechs steht in diesem Fall für die Position des Phosphats an der Glucose; nämlich am sechsten Kohlenstoffatom. Für diesen Vorgang bedarf es das Enzym Hexokinase. Um zu verstehen, was dieses Enzym genau macht und um nicht in den Fachtermini unterzugehen, ist es ratsam sich den Begriff herzuleiten. Die Silbe -ase steht immer für ein Enzym. -ki bedeutet, dass entweder ein Phosphatmolekül abgespalten oder hinzugefügt wird. (Phosphoryliert - Jan-Ole Hoffmann 8 Thema 8 Dephosphoryliert). Hexo- weist darauf hin, dass eine Hexose (Glucose) phosphoryliert oder dephosphoryliert wird. Im Endeffekt klingen die Begriffe kompliziert, doch sind sie bloß einfach dechiffrierte Codes. Für diesen gesamten Vorgang bedarf es nun ein ATP, welches ein Phosphatmolekül abgibt und somit zum ADP wird; dieser Schritt ist irreversibel. Glucose-6-Phosphat Schritt 2: Nun brauchen wir das Enzym Phosphoglucoseisomerase. Nicht verwirren lassen. -ase bedeutet wieder, dass wir es mit einem Enzym zu tun haben. -iosmer lässt darauf schließen, dass eine Isomerie, also die Anordnung der Atome (Strukturformel) sich verändert, die Summenformel jedoch gleich bleibt. Die Namen Phopho- und Glucose- stellen nur fest, womit wir arbeiten. Der Wink mit der -isomersilbe war richtig, denn es folgt nun eine Isomerie. Das Glucose-6phosphat wird zu einer Fructose-6-phosphat. Fructose-6-phosphat Jan-Ole Hoffmann 9 Thema 8 Schritt 3: Hier wird nun ein weiteres Phosphatmolekül hinzugefügt. Wieder wird dazu ein ATP zu einem ADP. Als Ergebnis haben wir dann Fructose-1,6-bisphosphat, da das zweite Phosphat am ersten Kohlenstoffatom der Hexose hängt. Die Silbe -bis signalisiert, dass wir nun zwei Phosphate haben, diese jedoch getrennt von einander hängen. Wären diese nebeneinander, so hieße es -di. Das ist folglich Definitionssache. Der Helfer für diesen wieder irreversiblen Vorgang ist die Phosphofructokinase. Der Name dürfte jetzt selbsterklärend sein. Fructose-1,6-bishosphat Schritt 4: Die Aldolase spaltet nun das Fructose-1,6-bishosphat in zwei Moleküle mit jeweils drei Kohlenstoffatomen (Triosen). Dihydroxyactonphosphat und Glycerinaldehyd-3-phosphat. Dihydroxyactonphosphat Glycerinaldehyd-3-phosphat Jan-Ole Hoffmann 10 Thema 8 Um nicht verwirrt zu werden, hilft es wieder die beiden Namen zu dechiffrieren. Aceton ist der Grundbaustein des Dihydroxyactonphosphat. Dazu kommen zwei Hydroxylgruppen (OH), von der eine von einem Phosphat ersetzt wurde. Beim Glycerinaldehyd-3-phosphat ist das ähnlich. Grundbaustein hier ist das Glycerin. Dazu kommt eine Aldehydgruppe, Erzeugnis der Oxidation, und wieder das Phosphat. Ganz einfach. Diese beiden Moleküle sind Isomere, können also umgelagert werden. Dies geschieht mit Hilfe der Triosephosphatisomerase. Die Silbe „Triose-“ bedeutet, dass wir hier mit Triosen arbeiten. Der Rest ist bekannt. Das Ergebnis sind zwei Glycerinaldehyd-3-phosphate. Wichtig ist nun, dass jeder Vorgang doppelt passiert, wir also unser Endergebnis mit zwei multiplizieren müssen. Schritt 5: Aus den Aldehydgruppen der Glycerinaldehyd-3-phosphate wird eine Säuregruppe, in dem die Wasserstoffatome (H) abgespalten werden.. Obacht! Dies geschieht ja nun zweimal. Folglich haben wir zwei Wasserstoffatome. Diese werden von dem NAD + aufgenommen. NAD+ fungiert in diesem Sinne als Taxi für die Wasserstoffatome und bringt sie zu anderen Stoffwechselreaktionen im Körper. So wird aus dem NAD + NAD+H+. Während dieser Abtrennung wird schon einmal ein wenig Energie frei. Mit dieser wird ein freies Phosphat an die Säuregruppe der Glycerinaldehyd-3-phosphate angehängt, was Energie kostet. Dieser Vorgang katalysiert die Glycerinaldehyd-3-phosphat-dehydrogenase. Dehydrogenase bedeutet einfach, dass Wasserstoff abgespalten wird; erkennbar an den Silben -de und-hydrogen. Unser Ergebnis sind nun zwei Glycerinsäure-1,3-bisphosphate. Glycerinsäure-1,3-bisphosphate Jan-Ole Hoffmann 11 Thema 8 Schritt 6: Nun geht es mit der eigentlichen Energiegewinnung los. Denn bei den folgenden Reaktionen werden die Phosphate wieder abgespalten. So wird das Phosphat des ersten Kohlenstoffatoms an ein ADP übertragen. Dieses wird zu einem ATP. Dazu bedarf es die Phosphoglycerinkinase. -kinase, da wir hier dephosphorylieren und gleichzeitig auch phosphorylieren. So entstehen neben zwei Adenosintriphosphaten auch zwei Glycerinsäure-3phosphate. Glycerinsäure-3-phosphat Schritt 7: Nun rutscht das Phosphat vom dritten Kohlenstoffatom hoch bis auf das zweite Kohlenstoffatom. Der Auslöser ist die Phosphotglyceromutase. Leicht zu merken ist dieser Name, da dieses Enzym am Glycerinsäure-3-phosphat herum mutiert Es entsteht ein Glycerinsäure-2-phosphat. Glycerinsäure-2-phosphat Jan-Ole Hoffmann 12 Thema 8 Schritt 8: Nun nähern wir uns dem Ende. Die Enolase spaltet vom Glycerinsäure-2-phosphat Wasser (H2O) ab. Daraus entsteht eine Doppelbindung zwischen dem zweiten und dritten Kohlenstoffatom. Dies ist ein Enol. Also eine Doppelbindung zwischen einem Kohlenstoffatom und einer Hydroxylgruppe (OH). Das Wasserstoffatom ist in diesem Fall vom Phosphat verdrängt, doch so kommt es zum Namen des Enzyms. Das Ergebnis ist die Phosphoenolbrenztraubensäure oder Phosphoenolpyruvat. Phosphoenolpyruvat. Schritt 9: Im letzten Schritt wird das letzte Phosphat abgespalten und zwar durch die Brenztraubensäurekinase, beziehungsweise Pyruvatkinase. Es können somit wieder zwei Adenosintriphosphate hergestellt werden und wir sind beim Endprodukt Pyruvat oder Brenztraubensäure angelangt. Pyruvat Dieses Pyruvat gelangt dann in den Citratcyclus und wird dort zu Lactat umgewandelt. Dieser Vorgang heißt Milchsäuregärung und lässt unsere Muskeln bei hoher Intensität „brennen“. Das nur nebenbei. Da sich bei der Abspaltung des letzten Phosphats die Enolbindung zu einer Ketonbindung umlagert, wird Energie frei, um das Phosphat an das Adenosindiphosphat anzuhängen. Diese Umlagerung heißt Keto-Enol-Tautomerie. Jan-Ole Hoffmann 13 Thema 8 Energiebilanz: Zu Beginn haben wir zwei ATP verbraucht, um aus der Glucose ein Glucose-6-phosphat zu machen und später, um aus dem Fructose-6-phosphat ein Fructose-1,6-bishosphat herzustellen. Zuletzt wurden wiederum 2x2 ATP gebildet, sowie zwei NHD+H +, da alles zweimal durchlaufen wird. Somit haben wir 2 ATP und zwei NHD+H+ gewonnen. Glucose+2ATP+2P+2NAD+ werden zu 2Pyruvat+2ATP+2NAD+H++2H2O Jan-Ole Hoffmann 14 Thema 8 Glykogensynthese Glykogen besteht im Grunde aus verzweigten Glucosemolekülen und kann somit mehrere Glucoseeinheiten in der Skelettmuskulatur und in der Leber speichern; so ist es bei uns Menschen. Glykogen besteht also aus aus verzweigten Ketten, die durch ein Core-Protein (Glykogenin) zusammengehalten werden. Es entsteht so ein Glykogenmolekül, welches mehrere Enden hat, wodurch schnell an mehreren Stellen Glucose abgebaut werden kann. Diese ganzen Reaktionen laufen im Cytosol der Zellen ab. Da wir uns bereits mit der Glykolyse auseinandergesetzt haben, sind uns die meisten Fachtermini bekannt; ich werde nicht erneut auf diese eingehen. Zu beginn der Gykogensynthese wird ein Glucosemolekül per Hexokinase in ein Glucose-6Phosphat umgewandelt. Dafür wird ein Phosphat von einem ATP bereitgestellt. Darauf folgt die Umlagerung dieses Phosphatmolekül durch die Phosphoglucomutase zu Glucose-1-phosphat. Bis zu diesem Punkt waren die Vorgänge ähnlich wie bei der Glycolyse. Nun folgt die Aktivierung des Glucose-1-Phosphat zu einer UDP-Glucose. Dazu wird ein Uridintriphosphat (UTP) benötigt. Diese Phosphat ist herkömmlich ein RNA Baustein. Glucose Uridintriphosphat Jan-Ole Hoffmann 15 Thema 8 Das UTP verbindet sich mit dem Phosphat der aktivierten Glucose, wobei zwei Phosphatmoleküle abgespalten werden. So bleibt der nukleotidaktivierte Zucker Uridindiphosphat-Glucose. Der gesamte Vorgang wird ausgelöst und durchgeführt von der Glucose-1-phosphat-UDP-Transferase. Der Name kann durch Erschließung der einzelnen Silben verstanden werden. Uridindiphosphat-Glucose Hinzu kommt nun die Glykogensynthase, ein Enzym, welches es ermöglicht weitere Glucosemoleküle an die eben synthetisierte UDP-Glucose anzuknüpfen. Dabei wird jeweils UDP frei und es entstehen lineare Glukoseketten, die maximal acht Glieder haben können. Nun bedarf es noch eines Initiators für ein Glykogenmolekül. Dafür eignet sich das CoreProtein Glykogenin. Dieses ist autoglycosylierend, was bedeutet, dass es ohne enzymare Hilfe Glycogenketten an sich kettet. Und das ergibt das Glykogen. Jan-Ole Hoffmann 16 Thema 8 Diese Beispiele zeigen, dass Zucker, in diesem Fall Glukose, äußerst wichtig ist in unserem Organismus; ohne diese wären wir nicht lebensfähig. Doch warum kommt denn nun immer wieder zur Debatte, ob Zucker nun gesund oder eben ungesund ist? Um die Zuckerdebatte nachzuvollziehen, muss man mit der Geschichte des Zuckers vertraut sein. Das 20. Jahrhundert ist dabei der Beginn. Die Wirtschaft in Europa beginnt zu wachsen. Die Maschinen werden größer und effizienter. Die Bevölkerung wächst. Nach den Weltkriegen herrschen jeweils Hungersnöte. Es ist eine der obersten Prämissen das Volk satt zu bekommen. Es wird folglich begonnen großflächig Landwirtschaft zu betreiben. Traktoren rollen nun über die Felder und Dünger und Biozide kommen zum Einsatz. Ebenso legt die Wissenschaft viel Energie in die Forschung zur Optimierung von Pflanzen, wie zum Beispiel die Zuckerrübe. Heutzutage ist die Zuckerrübe soweit gekreuzt, dass sie ein Vielfaches mehr Zucker beinhaltet, als sie es natürlich tut. Für die Industrie ist diese Pflanze somit durchaus rentabel geworden. Damals war diese Optimierung auch durchaus legitim, denn die Bevölkerung musste dringend ernährt werden. Doch heute sind wir alle mehr als satt. Betrachtet man nun noch das Krankheitsbild der letzten Jahrzehnte. In den letzten 60 Jahren hat sich das Übergewicht weltweit verdoppelt und Diabetes verdreifacht. 45% aller europäischen Kinder leiden an einer nicht-alkoholischen Fettleber, verursacht durch übermäßigen Zuckerkonsum. Mittlerweile sind Kinder an Herzkrankheiten und Diabetes erkrankt, was vor 50 Jahren noch Symptome im Alter waren. Subsumiert ist Zucker der Übeltäter all dieser Symptome und demographischen Krankheitserscheinungen, denn unser Zuckerkonsum hat sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt. Der Schuldige ist stets der Zucker. Als Ausrede dient jedoch das Argument, dass Zucker im Übermaß verzehrt werden muss, damit dieser zu Schäden führen kann. Ja, das ist richtig. Die Wolrd Health Organisation (WHO) hat vorgegeben, 6 Teelöffel Zucker (ca. 30g) Zucker täglich seien unbedenklich. Der Durchschnitt in Europa liegt hingegen bei 17 Teelöffeln täglich, was circa 100 Gramm entspricht. Wir sind dem Übermaß an Zucker folglich bedrohlich ausgesetzt. Es ist leichter als erwartet über die gesundheitlich unbedenklichen 6 Teelöffel zu kommen. Was nun genauere Erscheinungen von erhöhtem Zuckerkonsum in unserem Körper sind, zeigen die folgen Beispiele. Jan-Ole Hoffmann 17 Thema 8 Glukose-Zuckerschock Betrachtet man einmal Zucker in seinem natürlichen Vorkommen, so wird ersichtlich, dass Zucker stets in Begleitung von Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen ist. Beispiele dafür sind Früchte, Obst und Gemüse. Nie ist Zucker in isolierter Form vorzufinden. Mit dem Gebrauch der Zuckerrübe und der Weiterentwicklung dieser zu einem höheren Zuckergehalt wurde es immer einfacher mit Maschinen und Technologien den puren Zucker aus der Feldfrucht zu extrahieren. Heutzutage ist der Haushaltszucker, den wir als weiße Kristalle kennen, ein komplett isoliertes Extrakt, ohne jegliche Begleitstoffe. Wird medial von diesem Zucker referiert oder über diesen debattiert, ist stets das Disaccharid Saccharose, Haushaltszucker, gemeint. Wir sprechen somit von Fruktose und Glukose. Beides werde ich in ihrer jeweiligen Wirkungsweise betrachten. Zu nächst einmal die Glukose. Die Glukose ist Bestandteil vieler Lebensmittel; hauptsächlich von Pflanzen, welche Glukose aus CO2 , H2O und Sonnenlicht (Photosynthese) gewinnen. Mit unserer Ernährung führen wir sie täglich zu uns. Schon beim Kauen extrahieren wir die Glukose mit Hilfe der Amylase in unserem Speichel. Im Darm wird die Glukose dann schnell in die Blutbahn weitergegeben. Der Gehalt an Glukose im Blut wird als Blutzuckerspiegel bezeichnet, welcher von Insulin geregelt wird. Sobald Zucker im Blut ankommt, produziert die Bauchspeicheldrüse Insulin. Dies geleitet das Monosaccharid zu Glukose bedürftigen Zellen der Muskulatur, oder zum Gehirn und Nervensystem. Ist mehr Zucker vorhanden als benötigt, so führt das Insulin den Zucker zur Leber, wo er dann in seine Speicherform, Glykogen, eingelagert wird. Das Insulin ist sozusagen der Wegbereiter der Glukose. Nun sollten Blutzuckerspiegel und Insulin in groben Zügen erläutert sein. Zurück zu der isolierten Form des Zuckers. Wird Saccharose nun von uns in größeren Mengen verzehrt, kommt es zu einem Zuckerschock in unserem Organismus; meistens kaum wahrnehmbar. Stellen wir uns einmal vor, Zucker sei Holz und das Insulin sei der Spediteur. Muskel, Nerven und Gehirn seien die Kunden des Insulins. Es wird nun Winter und der Bedarf an Wärme steigt, so bestellen die Kunden Holz. Natürlich wird darauf geachtet, dass es wertvolles Holz ist, welches lang brennt und große Hitze erzeugt. Idealerweise wird gut getrocknetes Buchenholz geliefert. Übertragen ist dieses Buchenholz eine Frucht, oder ein Vollkornbrot. Jan-Ole Hoffmann 18 Thema 8 Durch die langen Kohlehydratketten, bedarf der Körper mehr Zeit diese aufzuspalten, als auch die Vitamine und Mineralien zu verwerten. Resultierend hat der Körper langanhaltende Energie aus diesem Vollkornbrot, da es erst nach und nach in die Blutbahn abgegeben wird, wegen der aufwendigeren Verarbeitung; der Ofen bleibt nun lang warm und die Kunden können mit dieser Energie ihre täglichen Aufgaben erfüllen. Ist jedoch zu viel Holz bestellt worden, so sammelt das Insulin das übergebliebene Holz ein und transportiert dieses in die Leber, wo es dann zu Glykogen umgewandelt wird, in die Speicherform der Glukose. Im übertragenen Sinn werden die großen Holzscheite in platzsparende Pressspanplatten zersägt, um sie so besser einlagern zu können. Sollte es nun einmal zu einem Engpass an Holz gekommen sein, so wird der Geschäftspartner des Insulin aktiv, das Glukagon, der mit Axt und Säge bewaffnet die Pressspanplatten wieder in die Einzelteile zerlegt, damit diese in den Blutkreislauf gelangen können, um so das lebensgefährliche Erliegen der Organ-,Hirn-und Muskelfunktion zu vermeiden. So funktioniert metaphorisch das Zusammenspiel von Glukose, Insulin, und Glukagon. Nehmen wir nun ein Weißmehlbrot mit Marmelade zu uns ist der Vorgang der Glukoseverwertung divergent. Weißmehl ist ebenso wie Saccharose ein isolierter Zucker. Die im Getreide enthaltenen Mineralien und Vitamine sind durch die feine Siebung des Getreides beinah komplett entfernt; das pure Kohlenhydrat liegt vor. Folglich gelangt durch das Weißmehlbrot mit Marmelade eine große Menge an isoliertem Zucker in unseren Körper. Anders als das Vollkornbrot sprechen wir hier nicht von lang brennendem Buchenholz, sondern von Sägespänen oder trockenen Tannennadeln. Wirft man diese in die vorhandene Glut entsteht eine beinah explosionsartige Flamme, die kurz und intensiv auflodert, jedoch ebenso schnell wieder abklingt. Übertragen rast unser Blutzuckerspiegel nach Weißmehl-oder Zuckerkonsum in die Höhe und fällt ebenso schnell wieder ab. Dieses schnelle Absinken hat zur Folge, dass der Körper wieder an dem Tiefpunkt angelangt ist, von dem aus der Blutzuckerspiegel nach oben geschossen ist. Es ereilt uns wieder ein Hunger, häufig Heißhunger, da das rasante Absinken des Glukosegehaltes dem Körper illusioniert, dass der Blutzuckerspiegel weiter sinken könnte und somit essentielle Vorgänge gefährdet sind. Dieses Phänomen heißt Hypoglykämie (Unterzuckerung). Wer die Begleiterscheinung der Hypoglykämie, Heißhunger, Zittern, Schwäche, kennt, weiß um die Symptome: Hunger auf Zucker. Dieses Symptom ist natürlich. Unser Organismus weiß, dass Lebensmittel mit einem süßen Geschmack in der Natur stets Jan-Ole Hoffmann 19 Thema 8 schnell verfügbare Glukose und Fruktose enthalten und ebenso Vitamine und auch Mineralien. Doch überwiegend wird in einem solchen Fall kein Obst verzehrt, sondern Schokoriegel oder Säfte. Der Blutzuckerspiegel schießt erneut in die Höhe. Hat das Insulin nun all den einfachen Zucker verwertet, ist der Blutzuckerspiegel wieder an einem Tiefpunkt. In solchen Notsituation kann das Glukagon eingreifen und aus der Leber Glykogen zu Glukose umwandeln, doch bedarf dieser Vorgang eine längere Zeit, welche der Körper während eines solchen Mangels nicht hat. So schüttet die Nebennierenrinde Adrenalin aus, welches ermöglicht, dass auf anderen Wegen Glukose frei wird. Dieser Vorgang ist auf natürlicher Weise nur in Gefahrensituation aktiv. Waren wir in Urzeiten einer Gefahr ausgesetzt, setzte das Adrenalin rasch Glukose frei, damit wir Energie hatten wegzurennen, oder uns zur Wehr zu setzten; unsere Muskeln sind dann flucht- und kampfbereit. Sinkt also unser Blutzuckerspiegel so rasant, ausgelöst durch Zuckerkonsum, wird unserem Körper Stress in Form von Gefahr assoziiert, als seien wir in einer Extremsituation. Welche Folgen dieser Stress auf den Körper hat, ist eine weitere Kontroverse. Subsumiert belastet isolierte Glukose unseren Blutzucker, die Bauchspeicheldrüse und unseren Organismus in Form von Stress. Doch nicht nur der Blutzuckerspiegel ist von dem erhöhten Zuckerkonsum betroffen, auch unsere Organe leiden darunter. Unsere Bauchspeicheldrüse arbeitet bei häufigem Auf und Ab des Blutzuckerspiegels intensiv, um die Glukose zu verwerten, Bei regelmäßiger und frequentierter Zuckeraufnahme kann es somit zur Überlastung der Bauchspeicheldrüse kommen und als Folge kann kein Insulin mehr produziert werden, oder die Zellen stumpfen auf Grund des hohen Insulingehaltes ab und werden insulinresistent (Diabetes Typ 2). Ebenso ist die Leber betroffen. Ist stets ein Überfluss an Zucker vorhanden, den wir nicht für Aktivitäten gebrauchen, wird dieser in der Leber gespeichert, oder als Fett eingelagert. Um erhöhte Mengen an Glykogen speichern zu können, muss die Leber sich vergrößern, was zu einer nicht-alkoholischen Fettleber führt und weitreichende gesundheitliche Folgen haben kann. Auch unser Vitaminhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht. Vollwertige Lebensmittel beinhalten zu meist all die Vitamine und Mineralien, die sie zu ihrer Verwertung im Körper brauchen. So wird sichergestellt, dass der Körper keine Mangel erleidet. Führen wir jedoch eine Menge isolierten Zucker zu uns, wie das Marmeladenbrot, so stehen die benötigten Vitamine nicht zur Verfügung und der Körper muss diese benötigten Jan-Ole Hoffmann 20 Thema 8 Begleitstoffe aus eigenen Vorräten bereitstellen, oder mit anderen Konstellationen aushelfen. Während der Kohlenhydratverarbeitung im Körper wird Säure frei. Um diese Säure zu kalmieren, verwendet der Körper Vitamin B1. In jedem Getreide ist das Vitamin enthalten, doch bei Weißmehl nicht. So muss der Körper zum Kalzium greifen, welches die Säure ebenso regulieren kann. Für den Körper ist das eine Selbstmordtat, da Kalzium in den Knochen gespeichert wird und die Auflösung des Skelettes keinesfalls langfristig rentabel ist. Jedoch geht der Körper davon aus, dass in einem nahen Zeitraum wieder Kalzium zugeführt wird. Gefährlich wird es folglich bei einer nicht ausgewogenen Ernährung, die oftmals in Verbindung mit hohem Zuckerkonsum steht. Auch Zähne sind Kalziumspeicher. Wird das Kalzium nun zur Säureregulation verwendet, werden die Zähne weich und anfällig für Karies, aufgrund eines hohen Kalziumverbrauches. Ein weiteres Beispiel für die Gefährdung des Vitaminhaushaltes durch Zuckerkonsum ist Vitamin B3. Es ist bei der Kohlenhydratverarbeitung wesentlich beteiligt. Natürlich ist dies in jedem Getreide enthalten, doch bei Weißmehl und Saccharose eben nicht. Dadurch kann es schnell zu einem Engpass kommen. Dem Organismus ist es jedoch möglich aus Serotonin Vitamin B3 herzustellen. Serotonin ist ein Hormon, das für unsere heitere Stimmung mitverantwortlich ist. Zerlegt unser Körper dieses Hormon jedoch vermehrt zu Vitamin B3, so kann dies zu schlechter Laune und gar Depression führen. Oft habe ich deshalb mitbekommen, dass Leute, welche ihr Zucker- und Weißmehlkonsum senkten nach wenigen Tagen unbeschwerlicher durch das Leben gingen. Zusammengefasst belastet Zucker unsere Organe, Hormone und unseren Vitamin- und Mineralhaushalt. Jan-Ole Hoffmann 21 Thema 8 Fruktose und die Auswirkungen Nun haben wir die Auswirkungen von einem hohen Konsum an Glukose in isolierter Form an einigen Aspekten begutachtet. Der nächste Schritt ist, die Untersuchung der Auswirkungen eines hohen Fructosekonsums in isolierter Form. Unser Körper resorbiert Fructose langsamer als Glucose, weshalb Fructose keine primäre Energiequelle darstellt. So wird Fructose nur zu 10% als Energie verwendet. Die Übrigen 90% werden in der Leber und in der Darmschleimhaut verarbeitet. Ein weiterer Unterschied zur Glucose ist, dass Fructose Insulinunabhänging verstoffwechselt wird. Auch gibt es keine Blutzuckerspiegelschwankungen verursacht durch Fructose, da der Blutzuckerspiegel nur die Glucose betrachtet. In unserem alltäglichen Leben wird der Organismus des Öfteren mit Fructose konfrontiert und häufig auch mit der isolierten Form. Als Beispiel dient ein großes Glas Orangensaft. Bei der Verarbeitung und meist langen Lagerung, sowie bei dem Transport gehen Großteile der Vitaminen verloren und wir haben es daher bei einem Orangensaft mit einer Form von isolierter Fructose zu tun. Nun trinken wir zum Frühstück ein Glas Orangensaft von 300ml400ml. Um diese Menge Saft zu erzeugen bedarf es schätzungsweise 8-10 Orangen. Verzehren wir Orangen in ihrem festen Zustand, so genießen wir aus eigener Erfahrung ein bis zwei auf einem Mal. Trinken wir nun in kurzer Zeit den Saft von 10 Orangen, was eine unnatürliche Menge für unseren Organismus ist, kommt es zu einem sogenannten „TsunamiEffekt“ in unserer Leber, wo ein Hauptanteil der Fructose verarbeitet wird. Diese muss jetzt mit Unmengen an Fruktose fertig werden. Einerseits kommt es infolgedessen zur Vernachlässigung von anderen Aufgaben, wie zum Beispiel Entgiftung, da sich die Leber der Fructoseverstoffwechslung vermehrt hingeben muss, als auch zur Vergrößerung ihres Volumens, um eben diese Mengen einzulagern für schlechte Zeiten, die es jedoch in unserem Gesellschaftszustand nicht gibt, wodurch die Leber verfettet. Auch der Dünndarm ist überfordert. Dieser schickt die Fruktose weiter in den Dickdarm. In diesem leben vielerlei Pilze und Bakterien. Die Fructose ist ein idealer Nährstoff für diese Bewohner, wodurch sie unkontrolliert wachsen können. Als Folge kommt es zu einer Dysbakterie, einem Ungleichgewicht von Bakterien im Darm. Eine Konsequenz dieser Dysbakterie ist die Bildung von Gasen und Säuren im Körper, welche zu Entzündungen im Jan-Ole Hoffmann 22 Thema 8 Darm führen können, oder zu einer löchrigen Darmwand (Leaky Gut Syndrom). Zu viel Säure im Körper, in diesem Fall hauptsächlich Purin, führen zumeist zu einer vermehrten Harnsäurebildung. Zu viel dieser Harnsäure steht unter dringendem Verdacht Hauptauslöser für Gicht und Nierensteine zu sein. Ebenso schwächt Harnsäure im Körper die Sensibilität der Zellen für Stickstoff. In unserer Betrachtung relevant, da Stickstoff am Insulin gebunden ist und den Insulinrezeptoren der Zellen signalisiert, dass sie sich für die ankommende Glucose öffnen sollen. Ist nun die Sensibilität durch die Harnsäure gemindert, so folgt eine Insulinresistenz der Zellen (Diabetes Typ 2). Eine leichte Insulinresistenz, welche noch keine Diabetes darstellt, hat auch schon weitreichende Auswirkungen. So bekommt beispielsweise die Skelettmuskulatur zu wenig Glucose. Um ihre Arbeit dennoch vollführen zu können, speichert sie weniger Glykogen, die Speicherglucose. Dem Körper stehen nun weniger Energiereserven zur Verfügung. Aus urzeitlichen Erfahrungen heraus ist der Körper jedoch instinktiv dazu angeregt, stets ausreichend Energiereserven in Form von Glykogen oder Fett vorrätig zu haben. Infolgedessen sendet das Gehirn den Auftrag, Energie zu speichern, an die durch die Insulinresistenz nicht tangierte Leber. Die womöglich schon durch hohen Fructosekonsum vergrößerte Leber muss nun weitere Aufgaben übernehmen, vernachlässigt daher andere Aufgabenbereiche (Entgiftung) zunehmend und extendiert weiter. Das Ergebnis ist wiederum eine Fettleber. Das Gehirn erhält nichtsdestotrotz die Information, dass sich viel Glucose in der Blutbahn befindet. Ausgelöst wird diese Reaktion durch die nur minimal funktionierenden Insulinakzeptoren, begründet durch die Harnsäure im Körper. (Dysbakterie ausgelöst durch Fructose). Das Gehirn signalisiert durch die hohe Glucoselösung im Blut, dass keine Energie gebraucht wird und lässt diese überflüssige Energie in Fett umwandeln. Auch hier ist die Leber der Hauptverantwortliche und wird weiterhin stark belastet. Als Ergebnis resultieren Adipositas, erweiterte Insulinresistenz und durch den dauernd hohen Blutzucker auch Bluthochdruck. Diese Triade nennt man medizinisch „Metabolisches Syndrom“. Resümierend ist die Leber bei hohem Fructoseverzehr stark belastet und enorm strapaziert. Anhand von vielen Studien wurde in den letzten Jahren immer wieder belegt, dass Fructose in erhöhter Dosis Krebs verursachen kann, da die Zellen, welche unkontrolliert bei einer Krebserkrankung wuchern, Fructose als Energie verwenden. Somit unterstützt viel Fructose Jan-Ole Hoffmann 23 Thema 8 diese Krankheitsbilder. Eine Studie wurde an Bauchspeicheldrüsenkrebszellen vollzogen, die gefährlichsten Krebszellen. Diese Zellen wurden jeweils mit Glucose und Fructose „gefüttert“. Bei der Glucosezugabe waren keine Veränderungen ersichtlich, doch bei der Fructosezugabe waren rasante Wachstumsschübe der Bauchspeicheldrüsenkrebszellen zu beobachten. Es ist anzuraten, auf isolierte Formen der Fructose zu verzichten, oder diese bewusst zu reduzieren. Jan-Ole Hoffmann 24 Thema 8 Diabetes Spricht man über Krankheitsbilder, die mit Zucker in Verbindung gebracht werden, fällt der Begriff Diabetes häufig zu erst. Doch was ist Diabetes genau und ist Zucker wirklich an dieser Krankheit schuld, oder ist man nur im Zuckerkonsum eingeschränkt? Diesen Fragen werde ich Antwort leisten. Diabetes Typ I Diabetes Typ I ist im Grunde ein Mangel an Insulin. Wie dieser Mangel zu Stande kommt ist unklar, bloß weiß man, dass dieser Diabetestyp in der Jungend eintritt. Einige Hypothesen jedoch versuchen Lösungen für die Frage nach Auslösern für diese Krankheit zu finden. Eine Hypothese besagt, dass ein löchriger Darm (Leaky Gut Syndrom) dafür verantwortlich sei. So können durch die löchrige Darmwand Fremdkörper und noch unverdaute Überrest in die Blutbahn gelangen, etwa Milcheiweiße. Gelangt ein Milcheiweiß unverarbeitet in die Blutbahn, nimmt das Immunsystem wahr, dass dieses Objekt nichts in der Blutbahn zu suchen hat; das Milcheiweiß wird als Feind deklariert und bekämpft. Die Krux ist nun bloß, dass die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse ähnliche Aminosäurestruckturen wie Milcheiweiß haben. Demnach deklariert das Immunsystem diese Zellen ebenfalls als Feind und zerstört diese. Die Folge ist ein Insulinmangel. Die Symptome sind leicht nachzuvollziehen. Wird kein Insulin produziert, kann Glucose nicht mehr in die Zellen gelangen und steht dementsprechend nicht mehr als Energiequelle zur Verfügung. Es müssen andere Energiequellen appliziert werden, wie Eiweiße und Fette. Verbrennt der Körper nun vermehrt Fett, so kommt es zu erhöhten Blutfettwerten und so zu Ablagerungen in den Blutbahnen. Ebenso wird bei der Fettverbrennung Wasser frei, was zu extremen Harndrang führt und Mineralstoffmangel nach sich zieht. Des Weiteren wird bei der Fettverbrennung Aceton frei, was das Blut übersäuert und so das Diabetische Koma als Folge hat. Es ist demnach wichtig und unveränderbar, dass dem Körper ein Leben lang Insulin zugeführt wird. Jan-Ole Hoffmann 25 Thema 8 Diabetes Typ II Typ II Diabetes ist eine schleichende Erkrankung. Jetzt in diesem Moment, in dem diese Zeilen gelesen werden, kann es sein, dass Sie an Diabetes leiden, ohne es bewusst zu bemerken, denn diese Krankheit bedarf einigerr Jahre bis zum totalen Ausbruch. Eine Person, die Diabetes Typ II gefährdet ist, muss gar nicht besonders auffallen. Sie isst meistens Weißmehlprodukte, weißen Reis, süße Aufstriche, gern Kekse, im Sommer Eis, Schokolade, süße Milchprodukte und trinkt gern Saft und Softgetränke. Wer tut das nicht? Doch die Folgen sind mehrheitlich nicht bekannt. Doch fragen wir uns noch einmal, was genau geschieht, wenn wir mehrmals täglich Zucker zu uns nehmen. Der Blutzuckerspiegel steigt enorm und sinkt rasant, steigt, sinkt, steigt, sinkt und das oft. Dazu kommt oft wenig Bewegung durch viel Schulaufgaben und Unterricht im Sitzen. Dabei konsumieren wir gern und viel; zu viel, denn die meiste Energie braucht unser Körper gar nicht bei so wenig Aktivitäten. Das bedeutet, wir haben einen Zuckerüberschuss und Zellen, die Energie in diesen Mengen gar nicht verwerten können. Als Konsequenz stumpfen die Zellen ab und nehmen nur noch wenig Zucker auf. Wir haben eine Insulinresistenz. Doch auch Faktoren, die ich bereits erläutert und dargestellt habe erzeugen eine Insulinresistenz, wie zum Beispiel die Desensibilisierung der Insulinakzeptoren durch Säure. So rufen die Zellen stetig nach Zucker und die Bauchspeicheldrüse pumpt ununterbrochen Insulin in die Blutbahnen, da sie der Annahme ist, dass auf Grund des wenigen Insulins die Glucose nicht in die Zellen gelangt, doch dem ist natürlich nicht so. Insulin ist ausreichend da, bloß die Zellen reagieren nicht mehr darauf. Am Ende macht auch die Bauchspeicheldrüse schlapp. Des Weiteren verdicken sich die Blutgefäße durch den dauernd erhöhten Blutzuckerspiegel, weshalb es schnell zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen kommen kann. Nun haben wir vor uns, wie die Diabetes Typen heranreifen und sich auswirken. Beide unterschiedlich, doch beide mehr oder weniger direkt durch erhöhten Zuckerkonsum verursacht. Jan-Ole Hoffmann 26 Thema 8 Alzheimer Alzheimer ist heutzutage noch eines der Krankheitsbilder, die noch große Fragen offen lassen. Es gibt etliche Mutmaßungen, Hypothesen und Studien, was diese Art der Demenz auslösen könnte. Inwiefern der Zuckerkonsum zu Alzheimer führen kann möchte ich anhand einer Schilderung einer Studie darstellen. Unser Hirn arbeitet ebenso wie die Muskelzellen oder die Nervenzellen mit dem Insulin zusammen. Einerseits wegen der Energiebereitstellung, doch andererseits auch im Genre der Erinnerungen und Synapsen. Denn Insulin dockt im Gehirn an den synaptischen Spalt an. Dies ermöglicht neue Erinnerungen zu speichern. Ebenso schützt das Insulin jene schwer zu erforschende Vorgänge, die als Erinnerungen benannt werden. Bei Alzheimererkrankten wurde im Gehirn bedeutend wenig Insulin nachgewiesen. Somit ist die Schlussfolgerung naheliegend, dass der Schutz der Erinnerung, als auch die Erinnerungen selbst destruieren. Als Folge dessen können Ablagerungen entstehen und Radikale sich in den Synapsen auswirken, was früher oder später zu Konzentrationsschwächen führt. Darüber hinaus attackieren die Radikale die Insulinrezeptoren im Gehirn, was wiederum zu einer Insulinresistenz führt. Somit wird Alzheimer auch Diabetes Typ III genannt. Jan-Ole Hoffmann 27 Thema 8 Zuckeralternativen 74% aller verpackten Lebensmittel sind mit Zucker versetzt. Das ist eine enorm hohe Zahl, die große Risiken bewirkt. Denn man kann davon ausgehen, dass im Einkaufswagen immer Lebensmittel liegen, die Zucker intus haben. Das tückische in diesem Kontext s ind die Termini der Zuckerproduzenten. So gibt es circa 50-70 Bezeichnungen für Zucker auf Lebensmittelverpackungen. Jetzt sind diese Beizeichnungen größten Teils nicht immer Decknamen für den eigentlichen Zucker, sondern häufig die richtigen Namen der Zuckergattung, die dennoch im Endeffekt immer noch Zucker sind und meist isoliert. So nutzt die Zuckerindustrie die Unwissenheit der Verbraucher und verwendet zunehmend Zucker mit anderem Namen, wie zum Beispiel Gerstenmalzextrakt. Gerstenmalzextrakt assoziiert nicht Zucker, sondern vielmehr etwas natürliches, oder gar gesundes. Im Folgenden möchte ich einen Überblick über die bekanntesten Zucker schaffen, damit Klarheit entsteht und wir als Verbraucher nicht weiterhin von der Industrie an der Nase herum geführt werden. Saccharose: Saccharose setzt sich aus Glucose und Fructose zusammen. Dieser Zucker wird trivial als Haushaltszucker deklariert. Er ist das Produkt von der Photosynthese vieler Pflanzen. Um unseren Haushaltszucker zu gewinnen wird in unseren Gefilden die Zuckerrübe verarbeitet. Dafür wird der Zucker der Rübe mehrfach raffiniert. Die Reinheit und Weiße wird durch Einsatz von Bleichmitteln erreicht. Somit bedarf es eines großen technischen Aufwandes, Haushaltszucker zu erzeugen, als auch für den Körper giftige Chemie. Rohrrohrzucker: Der Rohrohrzucker ist der eingedickte Saft des Zuckerrohr, welcher Zuckerkristalle eingeimpft bekommt, wodurch sich der Sirup zu Kristallen verändert. Es haftet den Kristallen nun noch etwas Melasse an. Diese ist eine mineralstoffreiche Masse aus dem Zuckerrohr, jedoch ist der Prozentanteil dieser Melasse äußerst gering, weshalb diese Art Zucker immer noch als isoliert gilt. Isolierte Zucker haben alle den selben Effekt auf unseren Körper, wie der Haushaltszucker. Hinzu kommt noch die aufwendige Verarbeitung. Jan-Ole Hoffmann 28 Thema 8 Vollrohrzucker: Der Vollrohrzucker ist auch das Produkt des Zuckerrohrs. Dieses wird ausgepresst und zu Sirup verarbeitet. Nach einer Abkühlung wird die feste Masse dann zermahlen. Am Rohrohrzucker klebt ebenso die Melasse dran, welche den Zucker bräunlich aussehen lässt. Der Melasseanteil ist gleichermaßen gering. Dazu haben wir hier wieder die aufwendige Verarbeitung. Maltose: Maltose entsteht natürlich in Pflanzen beim Keimen. Dieser Zucker besteht aus zwei Glucosemolekülen. Doch um den Weg in unsere Lebensmittel zu finden wird Maltose chemisch hergestellt. Er besitzt somit keine Mineralien und hat den selben Effekt wie pure Glucose. Fructosesirup: Der Name klärt hier schon alles. Es handelt sich um eine flüssige Form der Fructose und hat eine gewaltige Süßkraft. In Fructosesirup befindet sich die Fructose in isolierter Form. Die Folgen sind bereits erläutert. Ahornsirup: Ahornsirup wird aus dem kanadischen Zuckerahorn gewonnen. 70% Zucker mit einem Großteil an Fructose beinhalten dieser Sirup. Mit 70% liegt dieser Sirup im Bereich der gesünderen Zucker, da die restlichen Prozent Mineralien sind. So kann der Körper auf Mineralien für die Verarbeitung zurückgreifen, dennoch ist der Mineralstoffgehalt nicht besonders hoch. Dicksäfte: Der wohl bekannteste Dicksaft ist der Agavendicksaft. Wer sich im Biogenre auskennt weiß, dass diese Zuckeralternative als sehr viel besser dargestellt wird, als Saccharose und teilweise als gesund dargestellt wird. Doch solche Dicksäfte bestehen aus 90% reiner Fructose. Honig: Honig wird allgemein als Heilmittel gebraucht und dem steht auch nichts im Wege. Doch als Zuckerersatz ist der Honig immer noch nicht optimal, denn er besteht aus 80% getrennter Glucose und Fructose. Kokosblütensirup: Dieser Sirup ist das „Nonplusultra“. Er besitzt bloß 2-9% Zuckeranteil, jedoch die gleiche Süßkraft, wie Saccharose. Hinzukommt der enorm große Mineralstoffgehalt. Somit kann Jan-Ole Hoffmann 29 Thema 8 Kokosblütensirup zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen. Zusammengefasst sollte man auf den Verpackungen stets auf die Endungen -ose und -sirup achten. Diese verheißen oftmals nichts Gutes. Ebenso ist die Wortwahl „natürliche Süße“ irreführend. Natürlich mag der Ursprung des Zuckers sein, wie beispielsweise der Maissirup aus Mais extrahiert wurde, doch im Gebrauch der Lebensmittelindustrie besitzen diese stets einen hohen Zuckeranteil und liegen in isolierter Form vor. Jan-Ole Hoffmann 30 Thema 8 Warum? Im Verlauf der Recherchen für diese Hausarbeit kam mir die Frage auf, weshalb wir Unmengen an Zucker zu uns nehmen, obwohl so viel über die Konsequenzen aufgeklärt wird. So machte ich mich selber auf den Weg diese Frage beantworten zu können und verzichtete drei Monate auf Haushaltszucker, Rohrrohrzucker, Rohrzucker und Vollrohrzucker. Und tatsächlich stieß ich auf einige Antworten. Häufig wurde ich mit der Situation konfrontiert, Zucker essen zu „müssen“. Geburtstage, Familienzusammenkünfte, Unternehmungen mit Freunden oder andere besondere Anlässe. Stets ist Zucker ein Kernthema, nicht verbal, sondern als Geste. Wir verschenken Zucker in Form von Kuchen, oder Süßigkeiten, wir stellen als gastgebende Geste eine Schale mit Naschkram auf den Tisch, oder bedanken uns mit einer Tafel Schokolade. Zucker ist bei uns ein Ritual, eine Tradition und lehnt man diese Gepflogenheiten ab, ist man Außenseiter, undankbar, oder fällig für eine Diskussion. Bliebe es bei diesen Gepflogenheiten wären wir auch allesamt nicht vom Zucker bedroht. Jedoch gelten diese Anlässe meist für uns als Ausnahmen etwas mehr Zucker zu essen. Wir realisieren hingegen nicht, dass wir tagtäglich viel Zucker konsumieren. Es sind keine Ausnahmen, dennoch fest in unserem Gebrauch tradiert. Um sich gegen Tradition aufzulehnen bedarf es viel Kraft und Willen. Am schlimmsten ist die Prägung auf Zucker durch Belohnung. Im Kindesalter sind Süßigkeiten stets mit Taten verknüpft, die für das Kind positiv sind. So ist Zucker nie als tendenzieller Feind angesehen, sondern als Freund. Zuckerkonsum wird so als positiv assoziiert. „Es schmeckt halt so lecker“. Diese Ausrede hörte ich während meines Selbstversuches des Öfteren. Sie expliziert die Bequemlichkeit und Unbewusstheit über dieses heikle Thema. Das Wissen ist da, doch das Bewusstsein fehlt und wird von Traditionen supprimiert. Doch nicht nur unser stupides tradiertes Handeln in Bezug auf Zucker lässt uns Opfer dieses Verbrechers werden, sondern auch die Omnipräsenz. In den drei Monaten ohne Zucker wurde für mich greifbar, wie viel Zucker uns umgibt. War ich unterwegs und wollte auf die Schnelle etwas essen, so musste ich lang die Etiketten lesen, oder vermehrt nachfragen, ob in dem jeweiligen Produkt Zucker enthalten ist. Selbst in Babybrei und Süßigkeiten, die für kleine Jan-Ole Hoffmann 31 Thema 8 Kinder gedacht sind, wird Zucker hinzugemischt. So entsteht eine Gewöhnung an die oftmals überdosierte Süße; das Kind wird schon früh geprägt. Da die Menge an Zucker zu meist unnatürlich ist und die künstliche Süße die Natur überragt, reichen im späteren Alter oftmals Früchte nicht mehr aus, um uns die ersehnte Süße zu liefern; wir brauchen immer mehr. Mit Süßigkeiten und süßem Brei gefütterte Kinder sind prädestiniert an Zuckerkrankheiten zu erkranken, da die Zuckerrationen schon im Kindesalter zu hoch sind und sie diese Angewohnheit nur schwer durchbrechen können (Traditionen). American College of Neuropsychopharmacology stellte durch eine Studie einen weiteren Grund für den konsequenten Zuckerkonsum fest: Zucker wirke wie eine Droge auf uns. Es wurde Probanden Zucker oral verabreicht und beobachtet, dass währenddessen die selben Regionen im Gehirn aktiviert wurden, wie bei Konsum von Morphinen, Kokain und Nikotin, somit eine exponentielle Belohnung. Zucker kann also eine Affinität erzeugen, von der schwer loszukommen ist. All diese Aspekte machen es zu einer großen Herausforderung die Zuckermengen in unserem Alltag zu minimieren. So bleibt das Risiko vorhanden an Krankheiten wie Diabetes zu erkranken. Jan-Ole Hoffmann 32 Thema 8 Fazit Ist Zucker ein Gift? Ja, das ist er. Doch diese Aussage darf nicht schabloniert werden. Zucker ist für unseren Organismus lebensnotwendig. Doch der Zucker, der in den letzten einhundert Jahren zu unserem Haushaltszucker wurde, ist für unsere Gesellschaft ein Gift geworden, dass unter einigen Grundvoraussetzungen seine Toxik entwickelt: Übermaß und Einfältigkeit sowie Unbewusstheit der Ernährung. Heutzutage konsumieren wir zu viel und zu oft Zucker. Diese beiden Hauptfaktoren lassen ihn zu einem Gift werden, das jeder von uns ohne Bedenken zu sich nimmt. Oftmals fehlt das Wissen über die Ausmaße in unserem Körper, doch noch öfter herrscht die Bequemlichkeit und das menschliche Symptom, dass erst eine Änderung vorgenommen wird, wenn bereits die Folgen an die Oberfläche gekommen sind, anstatt vorausschauend zu handeln. In dieser Hausarbeit sollen nun die Folgen dargestellt sein, damit gehandelt werden kann. Ich habe festgestellt, dass Fructose und Glucose in isolierter Form unseres Körpers Feind sind. Ich habe die Folgen, wie Diabetes und Mineralstoffmangel, geschildert und Alternativen zum Haushaltszucker genannt. Es sollte also sowohl das Ziel erreicht werden, Unwissenheit zu beseitigen, als auch einen alternativen Weg zu offenbaren. So liegt etwas vor, aus dem eine eigene Meinung resultieren kann. Sozusagen die Grundlage für eigenes Interesse und dem Willen mit dem Zucker bewusst umzugehen. Es war mein Ziel, Grundlagen für die individuelle Meinungsbildung zu einem ubiquitären Thema darzustellen, um nicht den Meinungen anderer nachzulaufen. In unserer Geschichte existieren nämlich ausreichend Beispiele, die repräsentieren, dass dieser Weg der „Meinungsbildung“ in brenzlige Situationen führt. Jan-Ole Hoffmann 33 Thema 8 Quellenverzeichnis DocCheck.com Wikipedia.de Chemie.de Urgeschmack.de Zentrum-der-Gesundheit.de eufic.org simplebiologie.de Spectrum.de chempagedia.de Jan-Ole Hoffmann 34 Thema 9 Das Gift in unserer Nahrung Auswirkungen von Lebensmittelverpackungen Catharina Jansen Thema 9 Inhaltsverzeichnis Einleitung 1 Es gibt immer mehr Verpackungsmüll-Die Gründe 2 Giftige Weichmacher in Lebensmittelverpackungen? 3 Schädigen Weichmacher das Hirngewebe? 4 Bisphenol A 5-6 Diethylhexylphthalat 7 Wie kann man sich vor giftigen Weichmachern schützen? 8 Fazit 9 Quellenverzeichnis 10 Thema 9 Einleitung Jeder von uns kennt es, nach dem Einkauf muss erst mal der Plastikmüll raus gebracht werden. Ich habe mich im Rahmen meines Referates gefragt, warum das so ist, und welche Auswirkungen die vielen Verpackungen auf unsere Gesundheit und die Umwelt haben. Dabei habe ich mich mit den Weichmachern beschäftigt, die den Lebensmittelverpackungen beigefügt werden, besonders mit dem wohl bekanntesten Weichmacher Bisphenol A. Um etwas über die gesundheitlichen Folgen für den menschlichen Körper, durch eine Bisphenol A-Belastung, zu erfahren, habe ich mich mit unterschiedlichen Studien beschäftigt. 1 Thema 9 Es gibt immer mehr Verpackungsmüll-die Gründe Die ansteigende Zahl von anfallendem Verpackungsmüll ist ein großes Problem auf der ganzen Welt. Allein in Deutschland fielen im Jahr 2012 etwa 16,6 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an. Etwa 7.3 Millionen Tonnen davon bestanden aus Papier, Pappe und Karton. Diese stellen damit den größten Teil dar. Darauf folgen die Kunststoffverpackungen mit etwa 2,8 Millionen Tonnen. Die Kunststoffverpackungen stellen ein großes gesundheitliches Risiko für die Verbraucher dar, und schaden der Umwelt mehr als jedes andere Verpackungsmittel, da sie schwerer zu recyceln sind. Denn die Kunststoffverpackungen die im Haushalt anfallen sind keine sortenreinen Kunststoffe, sondern sind mit Additiven (Zusatzstoffen) wie Weichmachern und Farbstoffen versetzt, welche, um die Kunststoffe wiederverwerten zu können, durch eine Trennung entfernt werden müssten. Dieses Verfahren ist jedoch wirtschaftlich unrentabel, da die so gewonnenen Kunststoffe auf dem Markt nicht mit den billiger hergestellten neuen Kunststoffen konkurrieren können. Dies hat zur Folge, dass die alten Verpackungen oft auf Deponien landen oder in die Umwelt geraten, und stattdessen immer neue Kunststoffverpackungen hergestellt werden. Ein Teufelskreislauf. Wenn wir heutzutage in einen Supermarkt gehen, dann fällt uns auf, dass so gut wie alles mindestens ein mal verpackt ist, wenn nicht sogar mehrfach. Doch ist das auch immer notwendig? Selbstverständlich haben die Verpackungen ihre Gründe, sie sollen die Nahrungsmittel, die heutzutage oft aus weit entfernten Ländern importiert werden, transportfähig machen, haltbar, und sie vor Schmutz und Keimen schützen. Doch oft gibt es auch Verpackungen die nicht unbedingt notwendig sind, sondern lediglich zu Vermarktungszwecken dienen. Diese haben keinen praktischen Nutzen und machen sich letztendlich an der Menge unserer Plastikabfälle bemerkbar. 2 Thema 9 Giftige Weichmacher in Lebensmittelverpackungen? Um die Kunststoffverpackungen möglichst optimal für ihren Verwendungszweck zu machen, werden bei der Herstellung dem Kunststoff sogenannte Weichmacher hinzugefügt. Diese sollen das Material weich und flexibel machen. Doch schon seit geraumer Zeit stehen Weichmacher wie Diethylhexylphtalat (DEHP) und Bisphenol A (BPA) unter Verdacht gesundheitsschädigend zu sein. Experten vermuten, dass der Stoff BPA den Hormonhaushalt verändert und bei Frauen und Männern Unfruchtbarkeit verursachen kann. Des weiteren wird zur Zeit erforscht, ob BPA tatsächlich Veränderungen im Gehirn verursacht. Außerdem wird vermutet, dass Weichmacher Krebserkrankungen begünstigen. Es ist auf jeden Fall davon auszugehen, dass jeder in Deutschland lebende Mensch mit Weichmachern belastet ist, deren gesundheitliche Auswirkungen selbst in sehr geringen Dosen nicht abschätzbar sind. Aus diesem Grund fordern der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Umweltbundesamt ein übergreifendes Verbot von Weichmachern. Als Vorbild ist dabei Frankreich anzusehen, dort darf schon seid Anfang des Jahres 2015 kein BPA mehr in Kunststoffverpackungen enthalten sein. 3 Thema 9 Schädigen Weichmacher das Hirngewebe? Schon lange steht der in Lebensmittelverpackungen verwendete Weichmacher Bisphenol A unter Verdacht gesundheitsschädigend zu sein, besonders beunruhigend sind die Forschungsergebnisse einer im Jahre 2005 an der University of Cincinnati durchgeführten Studie, die durch Tierversuche an Ratten zeigte, dass besonders kleine Dosen des Weichmachers die Entwicklung des Hirngewebes stören können. Dies wirft die Frage auf, ob BPA auch die Hirnentwicklung bei Kleinkindern und Neugeborenen stören kann. Es ist anzunehmen, dass BPA die Aktivität des weiblichen Sexualhormons Östrogen beeinflusst, welches für die Entwicklung bestimmter Hirnregionen von immenser Wichtigkeit ist. In der Studie wurden jungen Ratten, im Abstand von lediglich sechs Minuten, extrem verdünnte Dosen des Weichmachers BPA in einen angeblich für BPA unempfindlichen Teil des Gehirns gespritzt, in den zerebralen Kortex. Nach nur wenigen Minuten zeigte sich die Wirkung des chemischen Stoffes: die Signalwirkung des Hormons Östrogen wurde blockiert und damit die natürliche Entwicklung der Gehirnzellen. Da die Schädigung des Hirngewebes bei geringerer Dosierung des BPA umso schlimmer war, kamen die Forscher zu der Annahme, dass besonders die extrem geringen Mengen des Weichmachers, die wir durch unsere Nahrung aufnehmen, nicht kalkulierbare gesundheitliche Folgen haben könnten. Da die Versuche an besonders jungen Ratten durchgeführt wurden, waren die Forscher in der Lage aus ihren Ergebnissen Rückschlüsse auf die Embryonalentwicklung bei Menschen ziehen. Obwohl es natürlich wichtige Unterschiede zwischen den Nagetieren und Menschen gibt, hält die Forschergruppe, die aus einer Gruppe von Pharmakologen und ZellBiophysikern bestand, es für sehr wahrscheinlich, dass es ähnliche Reaktionen auf den Weichmacher Bisphenol A auch beim Menschen gibt. Auch einer im Jahre 2012 veröffentlichten Studie der Universität Bonn nach, kann BPA den Hormonhaushalt beeinflussen, sowie Enzyme und Transportproteine in ihrer Funktion beeinträchtigen. Bei Experimenten an Gewebeproben von Mäusen und Menschen hatte sich gezeigt, dass BPA für die Zellfunktion wichtige Calciumkanäle in der Zellmembran blockiert. Auch weitere Untersuchungen ergaben, dass BPA die Funktion von Proteinen, die entscheidend für den Zellwachstum sind, stört und so das 4 Thema 9 Tumorwachstum fördert. Bisphenol A Bisphenol A, auch BPA genannt, ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Diphenylmethan-Dervivate und eines der Bisphenole. Bisphenole sind eine Gruppe von chemischen Verbindungen die zwei Hydroxyphenyl-Gruppen tragen. Die Bezeichnung Bisphenol ist also ein Trivialname. Bei der Bezeichnung eines Bisphenols wird, um anzugeben um welches Bisphenol es sich handelt, noch eine Buchstabenkombination hinzugefügt, die sich auf die Edukte, weitere chemische Zusatzstoffe, bezieht. Bisphenol A besteht zum Beispiel aus zwei Äquivalenten Phenol und einem Äquivalent Aceton, das A steht also für Aceton. Oft wird der bekannteste Vertreter aus der Gruppe der Bisphenole, Bisphenol A, umgangssprachlich einfach als Bisphenol bezeichnet, was zu Missverständnissen führen kann. Strukturformel: Summenformel: C15H16O2 5 Thema 9 Im Jahre 1891 wurde Bisphenol A zum erste mal von dem russischen Chemiker Alexander Dianin synthetisiert. Und die britischen Biochemiker Edward Charles Dodds und Wilfrid Lawson identifizierten, 1936, Bisphenol A zum ersten mal als Substanz mit schwacher östrogener Wirkung, als sie nach Stoffen mit der Wirkung des Östrogens suchten. Heutzutage dient Bisphenol A vor allem als Ausgangsstoff zur Synthese polymerer Kunststoffe, und hat daher eine sehr große technische und wirtschaftliche Bedeutung. Es ist eine in großen Mengen produzierte Basischemikalie, von der im Jahr ca. vier Millionen Tonnen hergestellt werden. Des weiteren wird BPA als Antioxidans in Weichmachern verwendet. Wir kommen täglich in Kontakt mit BPA, da viele Gegenstände unseres täglichen Gebrauchs aus Kunststoffen bestehen die BPA enthalten, wie z.B. Polycarbonat und Vinylesterharz. Diese werden als Lebensmittel und Getränkeverpackungen genutzt und kommen so in direkten Kontakt mit unserer Nahrung. Ein weiterer Kunststoff der BPA enthält ist Epoxidharz, aus Epoxidharz werden Beschichtungen für Metallbehälter hergestellt, auch für Lebensmittelverpackungen wie Konservendosen und Getränkebehälter. Außerdem verwendet man Epoxidharz für Lacke, Farben, Klebstoffe und für Beschichtungen von Schwimmbecken und Rohren, aber auch für Wasserkocher. Die Kunststoffe an sich sind zwar weitgehend gesundheitlich unbedenklich, das Problem ist aber, dass BPA sich unter gewissen Umständen wieder aus ihnen lösen kann, was gesundheitliche Folgen hat. Dies ist auch bei Lebensmittelverpackungen der Fall. 6 Thema 9 Diethylhexylphtalat Diethylhexylphtalat (DEHP) ist einer der wichtigsten Weichmacher auf dem Markt, im Jahr 2010 lag der Marktanteil bei knapp 54 %. Aber er gehört auch zu den umstrittensten. Seit 2008 steht die Chemikalie auf der sogenannten Kandidatenliste der ECHA (der Europäischen Chemikalienagentur) und gilt als besonders Umwelt und gesundheitsschädigend. DEHP wird hauptsächlich als Weichmacher für PVC-Kunststoffe und als Zusatzstoff in Farben verwendet. Wenn DEHP in polymere Kunststoffe eingearbeitet wird, werden diese geschmeidiger, das Problem dabei ist, dass DEHP keine chemische Verbindung eingeht und mit der Zeit wieder aus den Kunststoffen entweichen kann, z.B. aus Lebensmittelverpackungen in die Nahrungsmittel. Obwohl bereits eine Informationspflicht dem Kunden gegenüber besteht, wenn ein Produkt DEHP enthält, und es bereits verboten ist DEHP in Babyspielzeug und Babyartikeln zu verwenden, liegt die durchschnittliche Aufnahmemenge von DEHP wesentlich über dem von der Europäische Kommission festgelegten Grenzwert (1,5 mg/kg). Die gesundheitlichen Folgen davon sind Unfruchtbarkeit sowie Schäden an Leber und Nieren. Seit dem 21. Januar 2015 darf DEHP in der Europäischen Union nicht mehr ohne Zulassung gebraucht werden. 7 Thema 9 Wie kann man sich vor Giftigen Weichmachern schützen? Da es in Deutschland noch kein übergreifendes Gesetz zum Verbot von Weichmachern in Lebensmittelverpackungen gibt, sollte man einige Dinge beachten, um sich vor einer Belastung und möglichen Gesundheitlichen Folgen zu schützen. Zum ersten sollte man Lebensmittel nach Möglichkeit unverpackt kaufen, z.B. auf dem Markt oder an der Frischetheke im Supermarkt. Da dies aber oft nicht möglich ist, da inzwischen so gut wie alles in Kunststoff verpackt wird, kann man auch darauf achten mit welchem Kunststoff die Lebensmittel verpackt sind. Die Kunststoffe Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) gelten als weitgehend ungefährlich. PVC oder PC-Kunstoffe sollte man jedoch möglichst meiden. In der Regel findet man Angaben zur Art des Kunststoffs auf der Verpackung. Ich persönlich habe ein mal nach dem Einkauf geguckt welche Produkte mit dem sogenannten ungefährlichen Kunststoff verpackt sind, und kaufe seid dem immer die selben. Um eine Aufnahme von Weichmachern durch die Nahrung zu vermeiden, sollte man außerdem darauf achten, dass Wärme das Freisetzten von Weichmacher aus Kunststoffen begünstigt. Deswegen sollte man niemals heiße Getränke in Plastikflaschen füllen, oder Behälter aus Polycarbonat (PC) in der Mikrowelle aufwärmen. 8 Thema 9 Fazit Nachdem ich mich ausführlich mit dem Thema der möglichen gesundheitlichen Folgen von Lebensmittelverpackungen beschäftigt habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der Mensch im Allgemeinen viel zu leichtsinnig mit seiner Gesundheit umgeht. Die eigenen Nahrungsmittel mit chemischen Stoffen in Berührung zu bringen, deren gesundheitliche Folgen noch nicht völlig erforscht sind, ist unverantwortlich, sowohl den Mitmenschen als auch späteren Nachkommen gegenüber. Viel zu oft bin ich bei meinen Recherchen auf das Argument gestoßen, es gäbe noch keine Gesetze gegen die Verwendung eines Stoffes, weil es noch keine Langzeitstudien zu möglichen gesundheitlichen Folgen gäbe. Diese Aussage finde ich höchst bedenklich, denn wenn erst nach geraumer Zeit zweifelsfrei festgestellt wird, dass ein Stoff z.B. Schuld an Gehirnmissbildungen ist, könnte es für viele Menschenleben bereits zu spät sein. Diese Frage beschäftigt mich weiterhin, und hat dafür gesorgt, dass ich aufmerksamer darauf achte mit was meine Lebensmittel verpackt sind. 9 Thema 9 Quellenverzeichnis Internet: • http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/lebensmittelverpackungenweichmacher-koennte-hirngewebe-schaedigen-a-389538.html • http://www.t-online.de/ratgeber/heim-garten/essentrinken/id_49362778/kunststoffverpackungen-schaedlich-fuerlebensmittel-.html • https://de.wikipedia.org/wiki/Bisphenol_A • http://www.umweltbundesamt.de/themen/abfallressourcen/produktverantwortung-in-der-abfallwirtschaft/verpackungen • http://www.technikatlas.de/~tb4/recycling.htm • http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/bisphenol-a • https://de.wikipedia.org/wiki/Bis%282-ethylhexyl%29phthalat 10 Thema 10 Thema 10 Schadstoffe in Kosmetika Mialena Kneschke Inhaltsverzeichnis Schadstoffe in Kosmetika......................................................................1 Einleitung...........................................................................................2 INCI...................................................................................................3 Glycerin..........................................................................................3 Haltbarkeit von Kosmetika.............................................................3 Duftstoffe...........................................................................................4 Isoeugenol......................................................................................6 Zimtaldehyd ..................................................................................7 Braucht unsere Haut Creme?.............................................................8 Creme ............................................................................................9 Tenside.............................................................................................10 Sodium Lauryl Sulfate (SLS), Natriumlaurylsulfat ..................13 Paraffin und Vaseline.......................................................................15 Parabene...........................................................................................19 Formaldehyd/-abspalter ..................................................................23 Fazit.................................................................................................24 Literaturverzeichnis.........................................................................25 1 Thema 10 Einleitung Obwohl sich die Schönheitsideale im Laufe der Jahrhunderte verändern und jeder Mensch ein individuelles Empfinden von Schönheit hat, gab es immer - und gibt es noch - das Streben diese Schönheitsideale zu erreichen. Schon im Alten Ägypten, vor 2000 Jahren, waren die Körperpflege und die Kosmetik wichtige Bestandteile des kulturellen Lebens. Aus der Notwendigkeit heraus, sich vor der heißen Sonne zu schützen und seinen Körper zu waschen und zu Pflegen, entwickelten die Ägypter eine große Anzahl von Kosmetikprodukten. Neben Cremes und Salben wurden aber auch Produkte entwickelt, mit denen die äußeren Reize unterstrichen werden konnten. Im alten Ägypten wurde mit starken Farben gearbeitet. Dem Schönheitsideal entsprechend wurden die Augen schwarz umrandet und mit grünem Malachit hervorgehoben. Die Lippen und Wangen wurden mit zerstampften Galenit bemalt und das Gesicht gelb oder orange grundiert. Obwohl die Kosmetik der Ägypter auf natürlichen Substanzen basierte, war sie schon sehr gesundheitsgefährdend. Die schwarze Farbe für die Augen bestand aus Ruß, Eisenoxid, dem Mineral Galenit und Manganoxiden. Galenit ist ein Bleisulfid das im Kontakt mit der Haut toxisch wirkt. Doch auch die rote Farbe für die Lippen wurde aus Galenit gewonnen. Das zerstampfte und über dem Feuer gehärtete Galenitpulver entwickelte eine intensive rote Färbung, weshalb es als Rouge und Lippenfarbe verwendet wurde. Um die Augen noch mehr zu betonen wurde sogar das grün färbende Malachit benutzt. Da es aber in der Puderform Kupferpulver freisetzt, konnte die Anwendung von Malachit auf Dauer zu Reizungen von Nase, Mundschleimhaut und Augen führen und Kopf- und Magenschmerzen sowie Schwindelgefühl, Brechreiz und Durchfall auslösen. All diese Stoffe werden heutzutage nicht mehr in der Kosmetik benutzt. Durch die Industrialisierung ist es Möglich geworden Rohstoffe synthetisch herzustellen. Dadurch ergeben sich für die Industrie völlig neue Möglichkeiten Kosmetikprodukte herzustellen. Durch Konservierungsstoffe wie Parabene oder Tenside wie Sodium Lauryl Sulfate können Kosmetika alle Möglichen Anforderungen erfüllen Doch die gesundheitlichen Folgen dieser Stoffe sind größtenteils noch unbekannt und unerforscht. Es jedoch schon viele Menschen die die Benutzung dieser Stoffe kritisch betrachten und nach Alternativen suchen. 2 Thema 10 INCI Damit die Verbraucher Einsicht in die Inhaltsstoffe von Kosmetikprodukten bekommen, gibt es die Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe (kurz: INCN). Durch die INCI sind einheitliche Richtlinien für die Deklaration der Inhaltsstoffe festgelegt. Vorgaben zur Auflistung der kosmetischen Inhaltsstoffe nach INCI • Die Namen der Inhaltsstoffe sind in englischer oder lateinischer Sprache. • Die Deklaration erfolgt nach dem Gewichtsanteil in abnehmender Reihenfolge. • Ausgenommen davon sind Zusätze von unter 1%, sie dürfen in beliebiger Reihenfolge genannt werden. • Farbstoffe werden erst am Ende aufgelistet mit den jeweiligen CI-Nummern (CI = Colour-Index). Sie dürfen auch in beliebiger Reihenfolge benannt werden. Glycerin Ein gute Beispiel dafür, wie hilfreich die INCI sein kann, ist Glycerin. Glycerin, der Trivialname von Propan-1,2,3-triol, ist ein dreiwertiger Alkohol und wird in der Kosmetik wegen seiner feuchtigkeitsspendenden Wirkung genutzt Wenn es in größeren Mengen in Kosmetik vorhanden ist kann es die Haut aber austrocknen anstatt sie zu pflegen. Anhand der Platzierung in der Inhaltsliste, kann also der Gehalt von Glycerin in einem Produkt festgestellt werden. Befindet sich Glycerin unter den ersten drei Inhaltsstoffen ist die Konzentration sehr hoch. Taucht es allerdings erst am Ende auf ist die Menge unbedenklich. Haltbarkeit von Kosmetika Die EU-Kommission schreibt vor, dass Kosmetika deren Haltbarkeit nicht über 30 Monaten liegt, ein Mindesthaltbarkeitsdatum tragen müssen. Dieses wird durch den Wortlaut „Mindestens haltbar bis“ oder das Sanduhr-Symbol gekennzeichnet. 3 Thema 10 Für alle Kosmetika mit einer Haltbarkeit von mehr als 30 Monaten, muss nur die Haltbarkeit nach der Öffnung (PAO) angegeben werden. Das Datum steht immer hinter dem Symbol des geöffneten Tiegels. Duftstoffe Duftstoffe werden in der Kosmetik eingesetzt, weil die Rohkomponenten der Produkte entweder keinen oder einen unangenehmen Eigenduft haben. Um den Geruch zu verändern werden Duftstoffe beigefügt. Denn Duftstoffe haben auf den Menschen eine unbewusste Wirkung, ebenso wie Tiere werden wird er von einigen Düften angelockt, während andere abschreckend wirken. Diese Wirkung wird von der Kosmetik-Industrie ausgenutzt, denn der Käufer greift eher zu den Produkten die gut duften. Zu den Duftstoffen gehören sowohl natürliche Duftstoffe, die zum Beispiel aus Blüten, Blättern, Harzen oder Kräutern gewonnen werden, aber auch synthetisch hergestellte, wie Linanool oder Phenylethylalkohol. Tierische Duftstoffe, wie Moschus, werden kaum noch verwendet, weil es die verschiedenen Tierarten gefährden könnte. Stattdessen werden sie synthetisch hergestellt. Als Ersatz für Moschus werden in der Kosmetik polyziklische Moschusverbindungen eingesetzt. Die Verwendung dieser Moschusverbindungen wird aber immer wieder kritisiert, weil sie sich durch ihre lipophilen Eigenschaften im Fettgewebe ansammeln können.1 Sowohl die natürlichen, als auch die synthetischen Duftstoffe lösen oft Allergien aus oder wirken hautreizend. Deshalb wird die Deklarierung der Duftstoffe oft kritisiert. Im Gegensatz zu den anderen Inhaltsstoffen müssen sie nämlich nicht einzeln angegeben werden, sondern können unter Aroma, Fragrance, Flavour oder Parfüm zusammengefasst werden. In Kosmetikprodukten werden aber oft mehrere Duftstoffe kombiniert. Als Verbraucher ist es aber nicht möglich zu erkennen, welche verwendet wurden. Seit 2005 müssen deshalb die 26 Duftstoffe, die am häufigsten Allergien auslösen, gekennzeichnet werden. Diese Duftstoffe sind vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in einer Liste zusammengefasst.2 1 Umweltbundesamt: http://www.gkw-wendlingen.de/fileadmin/Redaktion/PDFDateien/Fact_Sheet_Polymoschusverbindungen.pdf 2 http://www.bvl.bund.de/DE/03_Verbraucherprodukte/03_AntragstellerUnternehmen/02_Kosmetik/05_Kennz eichnung/02_Duftstoffe/bgs_fuerAntragsteller_Duftstoffe_node.html;jsessionid=1101CA9BD248B12554A1 61ED8226C10F.2_cid322 4 Thema 10 Liste der zu kennzeichnenden Duftstoffe INCI-Bezeichnung Chemische Bezeichnung Alpha-Isomethyl Ionone 3-Methyl-4-(2,6,6-Trimethyl-2-Cyclohexen1-yl)-3-Buten-2-one Amyl Cinnamal 2-(Phenylmethylene)Heptanal Amylcinnamyl Alcohol 2-(Phenylmethylene)Heptanol Anise Alcohol 4-Methoxy-Benzyl Alcohol Benzyl Alcohol Benzyl Alcohol Benzyl Salicylate Benzyl Salicylate Benzyl Cinnamate 3-Phenyl-2-Propenoic Acid; Phenylmethyl Ester Benzyl Benzoate Benzyl Benzoate Butylphenyl Methylpropional 2-(4-tert-Butylbenzyl)Propionaldehyde Cinnamyl Alcohol Cinnamyl Alcohol 3-Phenyl-2-Propen-1-ol Citral 3,7-Dimethyl-2,6-Octadienal Cinnamal Cinnamaldehyde; 3-Phenyl-2-Propenal Citronellol DL-Citronellol; 3,7-Dimethyl-6-Octen-1-ol Coumarin 2H-1-Benzopyran-2-one Evernia Furfuracea Extract Treemoss Extract (Baummoosextrakt) Evernia Prunastri Extract Oakmoss Extract (Eichenmoosextrakt) Eugenol 2-Methoxy-4-(2-Propenyl)Phenol Farnesol 3,7,11-Trimethyl-2,6,10-Dodecatrien-1-ol Geraniol (2E)-3,7-Dimethyl-2,6-Octadien-1-ol Hydroxycitronellal 7-Hydroxycitronellal; 7-Hydroxy-3,7-Dimethyloctanol Hydroxyisohexyl 3-Cyclohexene Carboxaldehyde 4-(4-Hydroxy-4-methylpentyl)- 3cyclohexene-1-carboxaldehyde Hexyl Cinnamal 2-(Phenylmethylene)Octanal Isoeugenol 2-Methoxy-4-(1-Propenyl)Phenol Limonene 1-Methyl-4-(1-Methylethenyl)Cyclohexene Linalool 3,7-Dimethyl-1,6-Octadien-3-ol Methyl 2-Octynoate 2-Octynoic Acid; Methyl Ester 5 Thema 10 Als besonders heftige Allergene gelten Isoeugenol und Zimtaldehyd ( Cinnamal). Isoeugenol Ein bekannter Duftstoff der Verwendung in Kosmetika findet ist das nach Gewürznelke riechende Isoeugenol. Es gehört, wie beispielsweise auch das Zimtaldehyd, zu den Phenylpropanoiden, die aus einem Benzolaromaten und einer Kette aus drei Kohlenstoffatomen zusammengesetzt sind. Darüber hinaus hat das Isoeugenol eine Hydroxygruppe und eine Sauerstoffbrücke zu einem Methylrest. So wie eine Vielzahl von Phenylpropanoiden ist auch das Isoeugenol ein Naturstoff, der zum Beispiel in den Gewürznelken, aber auch in Dill und Muskat vorkommt. Es wird natürlicher Weise auf dem Shikimisäureweg, also einem sekundären Stoffwechselprozess, und gehört somit zu den sekundären Pflanzenstoffen, die nicht lebensnotwendig für die Pflanzen sind. Isoeugenol hat die Summenformel C10H12O2 und wird auch 2-Methoxy-4-(1- propenyl)phenol genannt. Es handelt sich in Reinform um eine wachsartige, viskose Flüssigkeit, die weitesgehend klar ist. Problematisch an der Verwendung von Isoeugenol als Duftstoff in Kosmetika ist insbesondere, dass es zu Hautreizungen und bei oraler Aufnahme zu Reizungen der Atemwege und auch zum Koma führen kann. Im Tierversuch bei Ratten lag die letale Dosis bei oraler Aufnahme bei 1.560 mg/kg.3 Darüber hinaus hat eine orale Exposition von Isoeugenol bei Mäusen zur Bildung hepatozellulärer Karzinome, also von Leberzellkarzinomen, einer bösartigen Tumorerkrankung und einer der beim Menschen häufigsten Krebserkrankungen überhaupt, geführt.4 I Einen Nachweis von Kanzerogenität beim Menschen gibt es jedoch nicht. n einer 3 Sicherheitsdatenblatt, Sigma-Aldrich: http://www.sigmaaldrich.com/MSDS/MSDS/DisplayMSDSPage.do? country=DE&language=de&productNumber=W246808&brand=ALDRICH&PageToGoToURL=http%3A %2F%2Fwww.sigmaaldrich.com%2Fcatalog%2Fproduct%2FALDRICH%2FW246808%3Flang%3Dde 4 National toxicology program, 2010: „Toxicology and carcinogenesis studies of Isoeugenol“ 6 Thema 10 Studie aus dem Jahr 2005 wird Isoeugenol auch als allergiefördernd beschrieben. Diese allergienfördernde Wirkung, sowie die reizende Eigenschaft gehen gemäß dieser Studie wohl auf seine prooxidantische Eigenschaft zurück, das heißt, es beschleunigt ein Oxidationsreaktion. Allerdings kann Isoeugenol unter anderen Umständen gleichsam als Antioxidans, also eine Oxidationsreaktion hemmend, wirken.5 Die toxikologische Untersuchung von Isoeugenol scheint noch nicht besonders weit vorangeschritten. Zimtaldehyd Zimtaldehyd wird als Gewürz in Nahrungsmitteln und als Duftstoff Parfüms, Lippenstiften, Zahnpasten oder Reinigungsmitteln, eingesetzt. Das gelbliche, ölige, intensiv nach Zimt riechende Zimtaldehyd gehört, ebenso wie Isoegenol, zur Gruppe der Phenylpropanoide. Es ist ein aromatisches, ungesättigtes Aldehyd mit der Summenformel C9H8O. Zimtaldehyd kann auf natürlicher Weise, durch Wasserdampfdestillation aus der Rinde des Zimtbaumes, oder, durch eine Aldolkondensation, aus Benzalaldehyd und Acetaldehyd gewonnen werden. Durch die sensibilisierenden Eigenschaften kann Zimtaldehyd eine allergische Reaktion http://ntp.niehs.nih.gov/ntp/htdocs/lt_rpts/tr551.pdf 5 Atsumi T, Fujisawa S, Tonosaki K., 2005: „A comparative study of the antioxidant/prooxidant activities of eugenol and isoeugenol with various concentrations and oxidation conditions.“ siehe: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15964168?dopt=Abstract 7 Thema 10 hervorrufen. Die Reaktion zeigt sich meistens in einem allergischen Kontaktekzemen.6 Braucht unsere Haut Creme? Als ein besonderes Schönheitsmerkmal gilt unsere Haut, wenn sie makellos und rein aussieht. Deshalb gibt es eine lange Liste von Produkten die dafür gedacht sind diese bestmöglich zu pflegen. Doch eigentlich braucht die Haut weder Feuchtigkeitsmasken noch AntiFaltencremes. Sie ist selbst in der Lage ihren Feuchtigkeitshaushalt zu regeln und sich zu regenerieren. Denn in einem Zyklus von vier Wochen wandern die Zellen von der Keimschicht, in der immer neue Zellen durch Zellteilung entstehen, bis in die Hornschicht. Dort produzieren sie Keratin bis sie absterben und sich einzeln oder in Schuppen von der Epidermis lösen. Ihre Geschmeidigkeit reguliert die Haut durch das Hydro-Lipid-System, welches einen Schutzfilm auf der Haut bildet. Der Schutzfilm setzt sich aus Wasser, welches über die Schweißdrüsen abgegeben wird, und Lipiden zusammen. Die Lipide stammen aus den Talgdrüsen, welche im oberen Teil der Lederhaut (Dermis) sitzen. Auf der Hautoberfläche bildet sich also eine Öl-in-Wasser-Emulsion unter die sich noch Stoffwechselprodukte mischen. Dieser Schutzfilm sorgt aber nicht nur für die Geschmeidigkeit der Haut, sondern wirkt auch als Barriere gegen exogene Schadstoffe. Da der pH-Wert dieser Emulsion bei 5,5 liegt wirkt der Schutzfilm als Säure, weshalb er auch Säureschutzmantel genannt wird. Dieser Säureschutzmantel verhindert die Ansiedlung von pathogenen Mikroorganismen, wie Pilzen oder Bakterien. Viele Menschen neigen allerdings zu trockener Haut. Trockene, spannende Haut entsteht meistens durch eine Störung des Gleichgewichts des Säureschutzmantels. Vor allem im Winter ist aufgrund der kalten Temperaturen die Lipidproduktion der Talgdrüsen geringer, weswegen der Schutzfilm dünner und durchlässiger wird. Als Folge verdunstet das Wasser schneller über die Hornschicht und die Haut trocknet aus. Ein ähnlicher Effekt entsteht durch den hohen Flüssigkeitsverlust durch zu starkes Schwitzen. Dieser Effekt kann durch mangelnde Flüssigkeitszufuhr verstärkt werden, da hier der Flüssigkeitsnachschub fehlt. Auch hormonelle Umstellungen können Auswirkungen auf die Feuchtigkeitsregulation der Haut 6 Begründung zu Zimtaldehyd in TRGS 907: http://www.baua.de/cae/servlet/contentblob/665192/publicationFile/ 8 Thema 10 haben. Die von Hormonen regulierte Talgdrüsenfunktion kann verstärkt oder vermindert werden, weshalb es zu Veränderungen im Schutzfilm kommen kann. Die Haut kann aber auch Austrocknen wenn sie zu oft mit nicht pH-neutralen Seifen und Lotionen gewaschen wird. Ist eine Seife nicht auf den ph-Wert der Haut eingestellt wird der Schutzfilm durch die Tenside abgetragen und es kommt zu einer verstärkten Verdunstung des Wassers. Wenn der Schutzfilm der Haut aus dem Gleichgewicht gekommen ist und sich nicht selbständig regenerieren kann, ist es sinnvoll den Regenerationsprozess durch die Benutzung von Creme zu unterstützen. Eine Creme kann die Haut aber nicht nur bei der Regeneration unterstützen, sondern sie auch mit Feuchtigkeit versorgen oder sie vor schädlichen äußeren Einflüssen wie UV-Strahlen oder aggressiven Stoffen. Creme Die Hauptbestandteile einer Creme bilden immer Wasser und Öl, dazu kommen Emulgatoren, Konservierungs- und Duftstoffe. Die Grundlage für eine Creme stellt also eine Emulsion aus Wasser und Öl dar. Eine Emulsion ist ein feinverteiltes Gemisch aus einer wasserlöslichen Phase, in diesem Fall das Wasser, und einer wasserunlöslichen Phase, dem Öl. Das Verhältnis von Wasser und Öl bestimmt, ob sich eine Wasser-in-Öl-Emulsion oder eine Öl-in-WasserEmulsion bildet. Eine lipophile Creme entsteht wenn die Grundlage eine Wasser-in-ÖlEmulsion bildet. In diesem Fall stellt das Öl die kontinuierliche, äußere Phase dar, während das Wasser kleine Tropfen in dem Öl bildet und somit die innere, disperse Phase darstellt.Eine lipophile Creme ist besonders für trockene Haut geeignet, da sich die Lipidphase wie ein Schutzfilm auf die Hautoberfläche legt und die Öle lange brauchen bis sie in die Haut einziehen. Dadurch hemmt die Lipidphase die Verdunstung und das Austrocknen der Haut wird verhindert, denn in der Zeit kann das Wasser in die oberen Hautschichten eindringen. Cremes auf einer lipophilen Basis werden meistens als Nachtcreme verwendet, da das Öl sehr lange braucht um einzuziehen und die Haut dadurch viel Zeit hat die Öle aufzunehmen und sich zu regenerieren. Wenn der Wasseranteil die kontinuierliche Phase darstellt, bildet sich eine Öl-in-WasserEmulsion, welche die Grundlage für eine hydrophile Creme ist. Eine hydrophile Creme eignet sich am besten als Tagescreme, denn sie zieht schnell in die Haut ein. Da sich durch den geringen Lipidanteil nur ein dünner Ölfilm auf der Hautoberfläche bildet, bewirkt die Creme nur eine geringe Hautfettung. Deshalb ist sie besonders für zu Fettigkeit neigender Haut geeignet. Außerdem quillt durch den hohen Wasseranteil die Epidermis kurzzeitig auf und da 9 Thema 10 es keinen schützenden Lipidfilm gibt verdunstet die Hautfeuchtigkeit. Gleichzeitig hat der hohe Wasseranteil eine kühlende Wirkung und bewirkt eine optische Glättung. Diese hält allerdings nur kurz an, denn die Creme kann nur in die obersten Hautschichten eindringen. Tenside Um eine Emulsion zu stabilisieren, einer Phasentrennung entgegenzuwirken und die Tröpfchenbildung der dispersen Phase zu erleichtern, werden Emulgatoren benötigt. Emulgatoren sind eine Untergruppe der Tenside. Tenside sind Grenzflächensubstanzen, dass heißt sie setzen die Oberflächenspannung zwischen zwei Phasen herab. Das liegt daran, dass Tenside aus einem hydrophilen („wasserliebenden“) Molekülteil und einem hydrophoben („wasserabweisenden“) Kohlenwasserstoffrest bestehen. Da sie sowohl hydrophil als auch hydrophob sind, sind sie amphipathisch („beides liebend“). Aufgrund der Amphiphilie haben Tenside eine reinigende Wirkung, weshalb sie in Cremes, Shampoos, Seifen und Waschmitteln verwendet werden. Werden Tenside ins Wasser gegeben bilden sich Mizellen, kleine, kugelförmige Ansammlungen von Tensidmolekülen. Die einzelnen Tensidmoleküle richten sich so aus, dass die hydrophoben Enden im Inneren der Mizelle sind und die hydrophilen die Außenschicht bilden. Tenside haben aber auch eine Wirkung auf die Oberflächenspannung des Wassers. Das liegt daran, dass die Tensidmoleküle ihr hydrophobes Ende aus dem Wasser zur Luft ausrichten. Das hydrophile Ende bleibt im Wasser. Dadurch wird die Wasseroberfläche an vielen Stellen unterbrochen und verliert die Spannung. Die Wirkung von Tensiden Oberflächenspannung kann an einem einfachen Versuch verdeutlicht werden: 10 auf die Thema 10 Auf die Wasseroberfläche (tensidfreies Wasser) wird ein leichter Gegenstand, zum Beispiel eine Büroklammer, gelegt. Dieser Gegenstand wird von der hohen Oberflächenspannung des Wassers getragen. Wenn Tenside zu dem Wasser hinzugegeben werden, (zum Beispiel Spülmittel) wird die Oberflächenspannung des Wassers herabgesetzt der Gegenstand kann nicht mehr getragen werden und versinkt. In der Creme werden Tenside benutzt um der Phasentrennung der Emulsion entgegenzuwirken.. Die Endgegenwirkung erfolgt bei einer Öl-in-Wasser-Emulsion in dem sich die Tensidmoleküle um die kleinen Öltröpfchen legen und dieses einschließen. Die hydrophilen Kohlenwasserstoffreste bleiben im Wasser, während die hydrophoben Enden der Tensidmoleküle sich mit dem Öl verbinden. Dadurch wird verhindert, dass sich die Öltröpfchen wieder mit den anderen Öltröpfchen verbinden. Tenside werden aber nicht nur in Cremes verwendet, sondern auch in Shampoos, Seifen und Waschmitteln. Die Tenside fördern nämlich die Suspension, ein heterogenes Stoffgemisch aus einer Flüssigkeit und feinverteilten Partikeln, in dem sie sich um die Schmutzpartikel lagern und so ein Zusammenklumpen und erneutes Anhaften verhindern. Dieser Effekt sorgt dafür, dass sich auch ölige Substanzen aus Kleidungstücken oder von der Haut lösen lassen. 11 Thema 10 Tenside sind auch für die Schaumbildung verantwortlich. Seifenblasen entstehen wenn sich ein Film aus zwei Reihen von Tensidmolekülen bildet. Hierbei bilden die hydrophoben Enden die Außenschicht und die hydrophilen Enden zeigen nach Innen. Zischen den beiden Schichten ist ein dünner Wasserfilm. Da eine starke Schaumentwicklung aber oft störend ist, werden Entschäumer eingesetzt. Entschäumer bestehen aus Gemischen mit einer ausgeprägten Grenzflächenaktivität, welche die Schaumbildung entweder verhindern oder für eine schnelle Auflösung des Schaums sorgen. Auch wenn Tenside durch ihre reinigende Wirkung sehr nützlich sind, können sie für die Haut schädlich sein. Sie entfernen nämlich nicht nur die Schmutzpartikel von der Haut, sondern auch alle Öle und Fette. Dadurch wird die Lipidstrukur und der Säureschutzmantel beschädigt und die Haut trocknet aus. Deshalb sind vor allem Tensid milde Seifen und Shampoos zu empfehlen. 12 Thema 10 Sodium Lauryl Sulfate (SLS), Natriumlaurylsulfat INCI-Bezeichnung: Sodium Lauryl Sulfat, Sodium Laureth Sulfate Als ein besonders aggressives anionisches Tensid, welches als Detergens in einer Vielzahl von Kosmetika Verwendung fand und zum Teil heute noch findet, gilt Natriumlaurylsulfat (engl.: Sodium Lauryl Sulfate/SLS). Hierbei handelt es sich um einen Schwefelsäureesther des Laurylalkohols, bzw. Dodecanols. Dodecanol ist Teil der homologen Reihe der Alkohole und hat die Summenformel C12H26O. Es wird zur Herstellung verschiedener Tenside genutzt. Natriumlaurylsulfat entsteht durch die Reaktion dieses Dodecanols mit Schwefelsäure. Die Reaktion ist eine Kondensaktionsreaktion einer Säure mit einem Alkohol, weshalb daraus ein Ester entsteht. Da Schwefelsäure verwendet wird, spricht man von einem Schwefelsäureester oder auch Alkylsulfat. Der unpolare Teil des Tensids Natriumlaurylsulfat ist der Alkylrest des vormaligen Dodecanols. Die funktionelle Gruppe -SO 4 bildet hingegen den polaren Teil. Durch die negative Ladung des polaren Teils wird das Natriumlaurylsulfat anionisch. SLS fand früher äußerst häufig Verwendung in verschiedenen Kosmetika, insbesondere in Shampoos und Seifen. Kritisiert wird die Verwendung häufig, da SLS hautreizend ist und auch Irritationen der Haut hervorrufen kann. Für die meisten Menschen ist das weitgehend 13 Thema 10 unproblematisch, da bei der Verwendung des SLS in Shampoo oder Duschgel der Hautkontakt während der Anwendung nur kurz besteht. Wesentlich problematischer ist die Anwendung von SLS für Menschen die bereits Hautirritationen haben oder sehr sensibel auf hautreizende Stoffe reagieren Ebenfalls äußerst kritisch wird die Verwendung von SLS in Zahnpasta gesehen, die nach wie vor relativ oft vorkommt. SLS ist zum Beispiel in den Produkten der Marke „blend-a-med“, die eine der meistverkauften Deutschlands ist und zum Konzern Procter&Gamble gehört. Die Verwendung von SLS in Zahnpasten wird in Verbindung mit der Entstehung von Mundfäule (Stomatitis aphtosa) gebracht, da das aggressive Tensid die Mundschleimhaut reizen kann. Aufgrund dieser Bedenken wird mittlerweile in vielen Fällen auf die Verwendung von SLS verzichtet. Stattdessen wird dessen ethoxylierte Form Natriumdodecylpoly(oxyethylen)sulfat verwendet. SLES ist weniger aggressiv und soll dadurch weniger hautreizend sein, ist jedoch auch teurer als SLS. Vorwürfe die beiden Stoffe könnten kanzerogen, also krebserregend, sein sind nicht verifizierbar. 14 Thema 10 Paraffin und Vaseline INCI-Bezeichnung: Paraffinum Liquidum, Petrolatum, Cera Microcristallina, Ozokerite, Ceresin, Mineral Oil, Paraffin Wax, Paraffin Oil, Vaseline, Petrolatum Mineralöl wird aus Rohöl hergestellt und besteht chemisch betrachtet immer aus Kohlenwasserstoffen. Man unterscheidet die sogenannten gesättigten Kohlenwasserstoffe, MOSH (engl.:Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) abgekürzt, sowie die aromatischen Kohlenwasserstoffe, sogenannte MOAH (engl.: Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons). Komponenten aus dem Rohöl, die möglicherweise die Gesundheit schädigen, können durch verschiedene Schritte wie Raffinierung, Extraktion und Hydrierung in ihrem Gehalt reduziert oder vollkommen aufgelöst werden. Zu diesen Komponenten gehören auch die MOAH, während die MOSH als weitgehend ungefährlich eingestuft werden. Häufig werden Mineralöle verwendet, da sie wesentlich preiswerter sind. Beliebt sind vor allem die zu den MOSH gehörenden Paraffine und Vaseline, die wiederum zum überragenden Teil aus Paraffinen und Olefinen besteht, weil sie genau das erfüllen was die Werbung verspricht: Glatte, geschmeidige Haut und Faltenverringerung. Sie haben nämlich eine geschmeidig machende und glättende Wirkung, denn sie dringen in die kleinen Falten der Haut ein und versiegeln sie für kurze Zeit. Paraffine ( CnH2n+2 ) sind gesättigte, aliphatische und kettenförmige Kohlenwasserstoffe die sich aus unverzweigten (n-) und verzweigten (iso-)Alkanen zusammensetzen. Es gehört demnach zur MOSH-Fraktion der Mineralöle. Auch wesentliche Eigenschaften lassen sich von der engen Verwandtschaft zu der homologen Reihe der Alkane ableiten. So ist Paraffin nicht in Wasser, jedoch besonders leicht beispielsweise in Ether oder Benzin löslich, bildet eine wachsartige Masse, ist brennbar und geruch- und geschmacklos. Hier zeigen sich die Vorteile für eine Verwendung in Kosmetika besonders deutlich, da die wachsartige Form sich besonders gut für Cremes eignet und die Geruchlosigkeit eine spätere freie Wahl durch Beifügung von Duftstoffen möglich ist. Des Weiteren unterscheidet man Paraffine entsprechend ihrer Viskosität, also ihrer Zähflüssigkeit, in dünnflüssige und dickflüssige Paraffine, sowie Hartparaffine. Auch diese Unterschiede in der Viskosität sind von Vorteil in der Herstellung von Kosmetika, da auch hier verschiedenste Formen benötigt werden, zum Beispiel bei verschiedenen Cremes, Gelen, Ölen etc.. Ob Paraffin schädlich ist oder nicht löst immer wieder Diskussionen aus. Die erste 15 Thema 10 Problematik von Ölen auf Mineralölbasis, wie Paraffin und Vaseline, liegt bereits vor einer Aufnahme in den Körper vor. Denn diese Öle bleiben meist als Ölfilm auf der Haut liegen. Dieser Ölfilm kann möglicherweise die Poren verstopfen und so die Zellatmung und den natürlichen Regenerationsprozess der Haut hemmen. Als Folge könnte eine Creme die auf Mineralöl basiert der Haut eher schaden, als dass sie sie pflegt. Durch die Hemmung des natürlichen Regenerationsprozesses könnte es dazu kommen, dass die Haut sogar schneller austrocknet. Aufgrund der Trockenheit wird die Haut wieder eingecremt und der Ablauf wiederholt sich. Der Verbraucher wird sozusagen abhängig von der Creme gemacht, da sie im ersten Moment geschmeidig machend und glättend wirkt, die Haut aber eigentlich austrocknet. Die Stiftung Warentest hingegen hat sich zu einer Anfrage zu Paraffin wie folgend geäußert: „Naturkosmetikfirmen verzichten oft auf diesen Inhaltsstoff mit dem Argument, Paraffin würde sich wie ein Film auf die Haut legen und sie am Atmen hindern. Nicht nur die Hersteller herkömmlicher Kosmetik halten dagegen, sondern auch Dermatologen und Kosmetikchemiker: Bei den in Kosmetik eingesetzten Paraffinen und den verwendeten Konzentrationen ist für die Haut nichts Schädliches zu erwarten.“7 Zeitungen wie Öko-Test kritisieren die Verwendung von Paraffin, wenn es über 10% in Hautpflegeprodukten beinhaltet ist. Öko-Test äußert sich wie folgt dazu: „Paraffine: Sammelbezeichnung für unzählige künstliche Stoffe aus Erdöl (…) behindern die natürlichen Regulationsmechanismen (…) können sich in Leber, Niere und Lymphknoten anreichern (…).“8 In der Tat ist die Schädlichkeit von Paraffinen bei Aufnahme über die Haut umstritten. Aus Tierversuchen ist bekannt, das MOSH zu Ablagerungen und Schädigungen in der Leber und den Lymphknoten führen kann. Während Kritiker, wie zum Beispiel Öko-Test, dies und bereits die mögliche Anreicherung kritisieren, stellt das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) in einer Stellungnahme zur Gefährdung des Verbrauchers durch Mineralöle in Kosmetika fest, dass die MOSH mit hoher Wahrscheinlichkeit bei dermaler Exposition nicht systemisch verfügbar werden und weist darauf hin, dass durch die Fraktion der MOSH auch bei einer Anreicherung im Körper keine relevanten Auswirkungen auf den menschlichen Körper zu erwarten sind. Hierzu schreibt das BfR: „Für die Fraktion der MOSH in Kosmetika gibt es derzeit keine Hinweise auf einen kausalen Zusammenhang zu einer eventuellen 7 Stiftung Warentest http://www.test.de/Leserfrage-Paraffin-in-Kosmetik-1793909-2793909/ 8 Cremes, Neurodermitiker/Allergiker. In: Öko-Test-Ratgeber Kosmetik und Wellness. Nr. 1. 2001, S. 121. 16 Thema 10 gesundheitlichen Gefährdung des Verbrauchers.“9 In der gleichen Stellungnahme verweist das BfR jedoch auf eine Anreicherung der MOSH im menschlichen Körper nach oraler Exposition. Wenn sie in den menschlichen Körper gelangen, sammeln sie sich an und können nur langsam ausgeschieden werden. Nichts desto trotz ist auch bei einer möglichen Anreicherung der MOSH keine Kausalität für eine Gesundheitsgefährdung nachgewiesen. Schwieriger gestaltet sich jedoch die Einschätzung der MOAH bezüglich einer Gefährdung für den Menschen durch Aufnahme mittels Kosmetika. Problematisch ist, dass es immer wieder auch zu Verunreinigungen durch MAOH kommt, vor denen unter anderem auch Stiftung Warentest warnt. MAOH besteht, im Gegensatz zu Paraffinen, aus ungesättigten aromatischen Kohlenwasserstoffen und steht, laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, Efsa, im Verdacht kanzerogen zu sein. Deshalb hat Stiftung Warentest 2015, 25 exemplarisch ausgewählte Kosmetikprodukte, die auf Mineralöl basieren, auf MOAH getestet. „Alle untersuchten Kosmetika, darunter Marken wie Bebe, Blistex, Dove, Labello, Nivea und Penaten, sind mit MOAH belastet”10 einige sogar mit einer Belastung von bis zu 9%. Bei einer Prüfung durch das Bundesamt für Risikobewertung die in der bereits angeführten Stellungnahme genannt wird, wurden Werte bis zu 5% nachgewiesen. Eine Belastung mit MOAH wird auch immer wieder in Lebensmitteln nachgewiesen, da es häufig in Druckfarben enthalten ist und sich so von der Verpackung auf das Lebensmittel überträgt. Eine solche Übertragung ist grundsätzlich natürlich auch bei Kosmetika denkbar, würde aber wohl kaum die sehr hohen von der Stiftung Warentest und dem BfR nachgewiesenen Werte erklären. Wahrscheinlich ist velmehr, dass die MOAH, die bereits im Ausgangsprodukt der später für die Kosmetika verwendeten Produkte, dem Rohöl, enthalten sind bei der Gewinnung dieser Produkte nicht ausreichend entfernt wurden. Denn üblicherweise wird bei Raffinierung, Hydrierung und Extraktion des Rohöls der Gehalt an MOAH derart gesenkt, dass sie nur noch als puren enthalten sind. Fraglich ist jedoch ob die gefundenen Mengen tatsächlich eine gesundheitsschädigende Relevanz haben. Das MOAH wie bereits erwähnt grundsätzlich Gesundheitsschädigend sein kann. Hier fehlen nach Aussage des BfR gesicherte Erkenntnisse, wenngleich es eine solche Wirkung für unwahrscheinlich hält. Auch hier gilt aber, dass zumindest die Anreicherung, 9 Stellungnahme Nr. 014/2015 des BfR vom 26. Mai 2015 10 https://www.test.de/Mineraloele-in-Kosmetika-Kritische-Stoffe-in-Cremes-Lippenpflegeprodukten-undVaseline-4853357-0/ 17 Thema 10 insbesondere bei oraler Aufnahme ,die insbesondere bei Lippenpflegeprodukten wahrscheinlich ist , möglich ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Paraffine in Kosmetika vermutlich keine Gesundheitsgefährdung im Sinne eines Schadstoffes darstellen, jedoch mit gewissen Risiken einhergehen. Und auch die Anwendung paraffinhaltiger Kosmetika in ihrem Effekt eine Kontraproduktivität implizieren könnte, da lediglich der kurzfristige Effekt überzeugend ist und langfristig eine Nachteiligkeit durch ein Austrocknen der Haut denkbar ist. Wer wie ich diesen möglichen Effekt und auch das Enthalten von MOAH vermeiden möchte, kann auf eine Vielzahl von Naturkosmetika zurückgreifen die häufig gänzlich auf eine Verwendung von Paraffinen verzichten und stattdessen nur pflanzliche Öle und Wachse wie Avocadoöl oder Kakaobutter nutzen. Es eignet sich hier zum Beispiel in der Lippenpflege der Lippenbalsam Beauty & Care Rosé von Lavera,11 der auf Sheabutter basiert. 11 http://www.najoba.de/lavera-lippenbalsam-beauty-und-care-rose-20724.html 18 Thema 10 Parabene INCI-Bezeichnung: Endungen auf -paraben (z.B. Methylparaben), Metagin, Propagin, Oxybenzoesäure/Oxybezoat, Hydroxybezoesäure/Hydroxybenzoat, PHB und Parahydroxybenzoat Parabene werden in der Kosmetika, wie Cremes, Lotionen, Make-Up, Lippenstiften, Rasierwässern, Deodorants, Seifen, Sonnenschutzmitteln, Enthaarungsmitteln und Shampoos, als Konservierungsstoffe angewendet. Parabene sind PHB-Ester, also Ester der para -Hydroxybenzoesäure. Seit ca. 80 Jahren werden Methyl-, Ethyl-, Propyl- und Butylparabene als Konservierungsstoffe eingesetzt, weil sie eine fungizide und antimikrobielle Wirkung haben, d.h. sie töten Pilze und Bakterien ab. Die Parabene sind Ester der 4-Hydroxybenzoesäure. Die Hydroxybenzoesäuren bestehen aus einem Benzolring, einer Hydroxy- und einer Carboxygruppe. Die Parabene bilden sich nun durch Esterbildung dieser 4-Hydroxybenzoesäure. Je nach dem, was sich an die Carboxygruppe bindet, wie z. B. Methyl, Ethyl usw., spricht man bei den Parabenen von Methylparaben, bzw. Ethylparaben. Immer wieder wird Medien und von Verbraucherschutzorganisationen vor dieser Stoffgruppe gewarnt. Aber warum ist die Verwendung von Parabenen in Kosmetika überhaupt bedenklich? In den letzten Jahren gab es mehrere Studien und Hinweise auf verschiedene toxikologische Risiken in Verbindung mit Parabenen. Dies gilt insbesondere für ihre Wirkung auf das Hormonsystem. Parabene sind hormonell wirksam und schädlich für die menschliche Gesundheit, gelten also als endokrine Disruptoren. Dies ist bedingt durch ihre strukturelle Ähnlichkeit zu Östrogenen, den 19 Thema 10 wichtigsten weiblichen Sexualhormonen. Sogenannte endokrine Disruptoren werden immer wieder mit einer mutmaßlichen Feminisierung in Verbindung gebracht, da sie eine Hemmung der männlichen Sexualhormone Androgene und somit eine Verweiblichung des Körpers bewirken können. In diesem Zusammenhang kann es zu diversen Erkrankungen der Geschlechtsorgane kommen und auch eine Zeugungsunfähigkeit ist möglich. Besonders anfällig ist der Mensch während der Entwicklungsphasen, also beispielsweise vor der Geburt als Fötus, in der Pubertät oder auch in der Schwangerschaft. Allerdings gilt zu beachten, dass die Wirkung natürlich wie bei jedem Schadstoff von der Dauer der Einwirkung, der Menge und auch dem Körper abhängt. Hier ist anzumerken, dass die Parabene vermutlich weniger hormonell aktiv sind, als andere endokrine Disruptoren, wie beispielsweise einige Chlorkohlenwasserstoffe. Problematisch bei den hormonell aktiven Substanzen ist jedoch vorrangig eine mögliche Kumulation. Dies ergibt sich, da die endokrinen Disruptoren auf verschiedensten Wegen in den menschlichen Körper gelangen können, so zum Beispiel aus den Kosmetika, den Lebensmitteln, dem Trinkwasser und der Umwelt. Kommen nun aus verschiedensten Quellen Schadstoffe in den Körper und reichern sich dort an, so ergibt sich möglicherweise schlussendlich trotz singulär betrachtet geringer Mengen im Ganzen eine relevante gesundheitsgefährdende Menge. Eine Untersuchung dänischer Wissenschaftler im Auftrag der EU erzeugte im Jahr 2009 ein großes Medienecho, da man bei zweijährigen Kindern, insbesondere bei Jungs, erhöhte Werte solcher hormonell aktiver Substanzen fand.12 Eine britische Studie fand darüber hinaus erhöhte Konzentrationen von Parabenen in Brustkrebstumoren13, somit wurden Parabene erstmals in Zusammenhang mit einer möglichen Kanzerogenität gestellt. Allerdings hat die einzelne Studie wenig Aussagekraft, insbesondere, da auch keine von Tumoren unbelasteten Gewebeteile der Probandinnen als Referenzobjekte geprüft wurden. Ein weiterer Kritikpunkt ist immer wieder eine allergene Wirkung der Parabene. Diese ist jedoch wissenschaftlich nicht zu belegen und das allergene Potenzial von Parabenen ist, laut Stiftung Warentest, eher gering einzuschätzen14. 12 Owen Bowcott; The Guardian: http://www.theguardian.com/society/2009/nov/06/health-eu 13 Darbre et al. :Concentrations of parabens in human breast tumours. ; 2004. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14745841?dopt=Abstract 14https://www.test.de/medikamente/vom_arzt/a_allergische_erkrankungen/a_allergie_allgemein/a_allergie_allge mein/a_allergie_auf_parastoffe/ 20 Thema 10 Eine große Studie des BUND15 hat die Produkte der größten Hersteller auf deren Gehalt an Parabenen getestet. In der folgenden Tabelle habe ich die zehn größten Hersteller kosmetischer Produkte in Deutschland aufgelistet und die jeweilige Prozentzahl ihrer Produkte die Parabene enthalten gegenübergestellt: Procter & Gamble 48,00% Coty 37,00% Henkel 31,00% L'Oreal 26,00% Cosnova 25,00% Beiersorf 22,00% Mibelle 13,00% Unilever 11,00% Rossmann 6,00% DM-Drogeriemarkt 3,00% Laut BUND waren von den etwa 60.00 untersuchten Produkten rund 30% mit hormonell wirksamen Substanzen belastet. Der „am häufigsten verwendete hormonell wirksame Stoff Methylparaben […] ist in nahezu jedem vierten Produkt enthalten“16 Seit 2015 dürfen die Konservierungsstoffe Propyl- und Butylparaben nicht mehr in der Kinderkosmetik verwendet werden. Grundlage ist eine Bewertung der Konservierungsstoffe durch den Wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) der EUKommission.17 Außerdem wurde auch die Verwendung der weniger bekannten Parabene Isopropyl-, Isobutyl-, Phenyl-, Benzyl- und Pentylparaben verboten, da keine ausreichende Datengrundlage für eine seriöse Risikobewertung vorlag. Ein vollkommenes Verbot von Parabenen könnte allerdings dazu führen, dass andere problematische Ersatzstoffe, wie zum Beispiel Methylisothiazolinon, häufiger verwendet werden. Methylisothiazolinon wird in der Kosmetik oft mit Chlormethylisothiazolinon vermischt. Diese Mischung führt bei rund 2% der Bevölkerung zu allergischen Reaktionen. Aber auch wenn Methylisothiazlinon alleine verwendet wird kann es zu Hautreaktionen 15 BUND: http://www.bund.net/themen_und_projekte/chemie/toxfox_der_kosmetikcheck/bund_studie/ 16 Ebd. 17 http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-1051_de.htm 21 Thema 10 kommen. Deshalb empfiehlt es sich alle Produkte, die länger auf der Haut bleiben, wie beispielsweise Creme, zu vermeiden. Wer also auf parabenfreie Kosmetik umstellen will, sollte sich an der Naturkosmetik orientieren. Naturkosmetikprodukte ohne Konservierungsstoffe sind zum Beispiel an den Siegeln von NATRUE und BDIH zu erkennen. 22 Thema 10 Formaldehyd/-abspalter INCI-Bezeichnung: Kaum erkennbar! Versteckt sich z.B. hinter: Diazolidinyl Urea, Bronopol, Quaternium-15, Sodium Hydroxymethylglycinate, Methenamine, 2,4Imiazolidinedione und 5-Bromo-5-nitro-1,3-dioxane Formaldehyd ( CH2O ) wird durch die katalytische Oxidation von Methanol hergestellt. Als Katalysator kann entweder Silber (AG) oder bestimmte Metalloxide verwendet werden. Formaldehyde werden als Konservierungsstoffe in der dekorativen Kosmetik, aber auch in Shampoos und Cremes verwendet. Es hat eine akute Toxizität und wurde 2004 offiziell von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als krebserregend eingestuft. „The working group, convened by the IARC Monographs Programme, concluded that formaldehyde is carcinogenic to humans.“18 Seit dem 1. Januar 2016 dürfen Formaldehyde nicht mehr in der Kosmetik verwendet werden. Formaldehydabspalter, Stoffe die Formaldehyd freisetzen, wurden jedoch nicht verboten. 18 http://www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2004/pr153.html 23 Thema 10 Fazit Während ich mich mit den Auswirkungen beschäftigt habe, die Stoffe wie Parabene, Paraffine oder Tenside wie SLS auf den menschlichen Körper haben können, habe ich selbst einen Blick auf die Kosmetikprodukte geworfen die ich täglich benutze. Dabei ist mir bewusst geworden, dass auch ich mir diese Stoffe täglich auf meine Haut geschmiert habe oder sie sogar beim Zähneputzen im Mund hatte. Dadurch ist mir aufgefallen wie unaufmerksam und unbewusst ich mit Kosmetikprodukten umgegangen bin. Nachdem ich mich ausführlich damit auseinandergesetzt habe wie die Stoffe in meinem Körper wirken können, habe ich meinen gesamten Kosmetikbedarf umgestellt. Anstatt die billigste Feuchtigkeitscreme zu kaufen, achte ich nun bewusst darauf welche Inhaltsstoffe in einer Creme sind bevor ich sie kaufe. Ich denke das es dem Käufer einfacher gemacht werden sollte erkennen zu können, welche Inhaltsstoffe wirklich in einem Kosmetikprodukt stecken. Auch wäre es an der Zeit die Wirkungen, die einzelne Stoffe auf den menschlichen Körper haben, endlich zu untersuchen. 24 Thema 10 Literaturverzeichnis Primärquellen: • Umweltbundesamt: http://www.gkw-wendlingen.de/fileadmin/Redaktion/PDFDateien/Fact_Sheet_Polymoschusverbindungen.pdf • http://www.bvl.bund.de/DE/03_Verbraucherprodukte/03_AntragstellerUnternehmen/0 2_Kosmetik/05_Kennzeichnung/02_Duftstoffe/bgs_fuerAntragsteller_Duftstoffe_nod e.html;jsessionid=1101CA9BD248B12554A161ED8226C10F.2_cid322 • Sicherheitsdatenblatt, Sigma-Aldrich: http://www.sigmaaldrich.com/MSDS/MSDS/DisplayMSDSPage.do? country=DE&language=de&productNumber=W246808&brand=ALDRICH&PageTo GoToURL=http%3A%2F%2Fwww.sigmaaldrich.com%2Fcatalog%2Fproduct %2FALDRICH%2FW246808%3Flang%3Dde • National toxicology program, 2010: „Toxicology and carcinogenesis studies of Isoeugenol“ http://ntp.niehs.nih.gov/ntp/htdocs/lt_rpts/tr551.pdf • Atsumi T, Fujisawa S, Tonosaki K., 2005: „A comparative study of the antioxidant/prooxidant activities of eugenol and isoeugenol with various concentrations and oxidation conditions.“ siehe: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15964168?dopt=Abstract • Begründung zu Zimtaldehyd in TRGS 907: http://www.baua.de/cae/servlet/contentblob/665192/publicationFile/ • Stiftung Warentest http://www.test.de/Leserfrage-Paraffin-in-Kosmetik-17939092793909/ • Cremes, Neurodermitiker/Allergiker. In: Öko-Test-Ratgeber Kosmetik und Wellness. Nr. 1. 2001, S. 121. • Stellungnahme Nr. 014/2015 des BfR vom 26. Mai 2015 • https://www.test.de/Mineraloele-in-Kosmetika-Kritische-Stoffe-in-CremesLippenpflegeprodukten-und-Vaseline-4853357-0/ • Owen Bowcott; The Guardian: http://www.theguardian.com/society/2009/nov/06/health-eu • Darbre et al. :Concentrations of parabens in human breast tumours. ; 2004. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14745841?dopt=Abstract • https://www.test.de/medikamente/vom_arzt/a_allergische_erkrankungen/a_allergie_all gemein/a_allergie_allgemein/a_allergie_auf_parastoffe/ 25 Thema 10 • BUND: http://www.bund.net/themen_und_projekte/chemie/toxfox_der_kosmetikcheck/bund_s tudie/ • http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-1051_de.htm • http://www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2004/pr153.html Sekundärquellen: • Wikipedia.org • bfr.de , Die Internetseite des Bundesamtes für Risikobewertung • test.de , Stiftung Warentest • oekotest.de , Öko-Test Verbrauchermagazin • verbraucherzentrale.de • eur-lex.europa.eu , rechtsverbindliches Amtsblatt der EU • bund.de , Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Bildquelle: • Wikimedia 26 Thema 11 DIE ZÖLIAKIE Wenn Essen krank macht Abb. 1: Die durchgestrichene Ähre ist das offizielle Symbol zur Deklarierung glutenfreier Produkte. Lasse Reifferscheidt Winter 2015/2016 DIE ZÖLIAKIE - TITELBLATT !1 Thema 11 Abstract Die vorliegende Hausarbeit gibt einen Überblick über die Merkmale (Symptome) und Auswirkungen der Krankheit Zöliakie in den verschiedenen Stadien. Dabei wurde insbesondere auf das Krankheitsbild, die Symptomatik, die Diagnostik sowie die Therapie bzw. Diät eingegangen. Des Weiteren wurde auch die Historie der Zöliakie betrachtet, wie auch Assoziationen mit dieser, also die Krankheiten, mit denen sie häufig gemeinsam auftritt. Die Basis der Hausarbeit bilden verschiedene Fachliteraturen (siehe „Quellenverzeichnis“, Seite 32), Internetseiten, Broschüren und Magazine der DZG (Deutsche Zöliakie Gesellschaft) sowie Interviews mit zwei Betroffenen, die von der Diagnose über die Nahrungsumstellung bis zur erfolgreichen Diät vom Autor begleitet wurden. Auf diese Weise ist es dem Autor gelungen, den Alltag eines Zöliakiekranken mit all seinen Facetten kennenzulernen und sein theoretisches Wissen aktiv zu erleben . Die gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse sind in die einzelnen Thematiken der Hausarbeit mit eingeflossen. DIE ZÖLIAKIE - ABSTRACT !2 Thema 11 Inhaltsverzeichnis Seite: Inhalt: 1 Titelblatt 2 Abstract 3 Inhaltsverzeichnis 5 Vorwort 6 Was ist Zöliakie? 7 Historie der Zöliakie 8 Der Dünndarm 9 10 11 13 Die Dünndarmschleimhaut bei Zöliakie Was ist Gluten? Gluten als auslösender Faktor Getreidesorten 13 Glutenhaltige Getreidesorten 13 Glutenfreie Getreidesorten 15 Versteckte Glutenquellen 17 Wie häufig tritt Zöliakie auf ? 18 19 Besteht bei Zöliakie eine genetische Veranlagung? Das klinische Bild 19 Klassische Zöliakie 20 Oligosymptomatische Zöliakie 20 Subklinische Zöliakie 20 Atypische Zöliakie 21 Potenzielle Zöliakie 21 Refraktäre Zöliakie 22 Symptome einer Zöliakie 23 Diagnose 23 Serologische Diagnostik 24 Dünndarmbiopsie und histologische Diagnostik ZÖLIAKIE - INHALTSVERZEICHNIS !3 Thema 11 Seite: Inhalt: 25 Marsh-Klassifikation 25 Bedeutet eine Zottenatrophie gleich Zöliakie? 26 Assoziationen mit Zöliakie 26 Diabetes mellitus Typ 1 27 Dermatitis Herpetiformis Duhring (DH) 27 Laktoseintoleranz 28 28 29 29 Zöliakie - eine Autoimmunerkrankung Antikörper Behandlung Kann man Zöliakie vorbeugen? 30 Nachwort 31 Quellenverzeichnis 31 Abbildungen 32 Inhalt ZÖLIAKIE - INHALTSVERZEICHNIS !4 Thema 11 Vorwort Neben Trinken ist Essen eines der wichtigsten Güter unserer Existenz. Doch was ist, wenn Essen krank macht? Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) nehmen wir Deutschen pro Jahr durchschnittlich 670 kg Nahrung zu uns. Fast 90 kg davon bilden Getreideerzeugnisse, wie zum Beispiel Brot, Brötchen, Nudeln, Kuchen etc. Auf diesen Teil unser Nahrung müssen Betroffene der Krankheit Zöliakie lebenslang verzichten, da viele Getreidesorten (siehe „Getreidesorten“, Seite 13) das für sie unverträgliche Gluten beinhalten. Dazu kommen noch tausende Lebensmittel die Spuren oder Bestandteile von Gluten aufweisen, wie etwa Bier. Doch auch Fertigsoßen und -suppen, Schokolade sowie Pommes Frites enthalten in den meisten Fällen Gluten (siehe „Versteckte Glutenquellen“, Seite 15). Immerhin hat der Gesetzgeber mit der 2005 erlassenen Allergen-Kennzeichnungspflicht die glutenfreie Ernährung der Betroffenen etwas erleichtert. Durch diese Kennzeichnungspflicht müssen bei annähernd allen verpackten Lebensmitteln europäischer Hersteller Zutaten, welche häufig Allergien auslösen so auch Gluten - in der Zutatenliste aufgeführt werden, auch wenn diese nur in einer verschwindend kleinen Menge (unter einem Prozent) vorkommen. Aus diesen Zutatenlisten ist ersichtlich, wie oft Gluten in Form von Weizenstärke, Gerstenmalz o. ä. den verschiedensten Lebensmitteln beigemischt wird. Mit dem Hinweis in der Zutatenliste „Kann Spuren von Gluten enthalten“ schützen sich die Hersteller vor einer möglichen Haftung. Oft wird ein mit diesem Hinweis gekennzeichnetes Produkt, welches an sich glutenfrei ist, in einer Fabrik produziert, in der auch glutenhaltige Lebensmittel verarbeitet werden, weshalb der Hersteller eine mögliche, unbeabsichtigte Kontamination mit Gluten nicht ausschließen kann. Betroffene müssen diese Produkte dennoch meiden, wodurch die Produktvielfalt für sie stark dezimiert ist. Stattdessen greifen Betroffene auf Lebensmittel zurück, die als glutenfrei zertifiziert sind. Diese Zertifizierung lassen sich die entsprechenden Hersteller aber auch teuer bezahlen. So kostet ein glutenfreies Brötchen etwas da vierfache eines normalen Brötchens. Da Schätzungen zufolge 0,5 bis 1% der Bevölkerung von Zöliakie betroffen sind (siehe „Wie häufig tritt Zöliakie auf?“, Seite 17) und sie daher zu den häufigsten lebenslangen Erkrankungen in vielen Industrieländern zählt, gibt es mittlerweile bei einigen Billig-Discountern Eigenmarken, die glutenfreie Lebensmittel zu „normalen“ Preisen anbieten. Trotz allem erfordert eine glutenfreie Ernährung bei Betroffen ein neues Kaufverhalten sowie eine vollständige Umstellung des Speiseplans. ZÖLIAKIE - INHALTSVERZEICHNIS !5 Thema 11 Was ist Zöliakie? Dauerhafte Unverträglichkeit gegenüber Gluten Die Zöliakie, auch einheimische Sprue oder glutensensitive Enteropathie genannt (siehe „Historie der Zöliakie“, Seite 7), ist eine chronische Erkrankung des Dünndarms, bei der das Immunsystem eine dauerhafte Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten bzw. Gliadin (siehe „Was ist Gluten?“, Seite 10) aufweist. Der Eiweißkleber befindet sich in vielen Getreidesorten (siehe „Getreidesorten“, Seite 13) und darf von den Betroffenen, den sogenannten „Zölis“ nicht gegessen werden. Die Aufnahme von glutenhaltigen Lebensmitteln oder solchen, die auch nur Spuren von Gluten enthalten, führt bei Betroffenen mit entsprechender genetischer Veranlagung zu einer AutoImmunreaktion im Dünndarm. Dabei bilden sich sogenannte Endomysium- oder Transglutaminase-Antikörper (siehe „Serologische Diagnostik“ und „Antikörper“, Seite 23 und 28), die aber nicht nur das Gluten, sondern auch die Dünndarmschleimhaut angreifen, über die neben vielen wertvollen Nährstoffen auch Gluten aufgenommen und der Körper damit versorgt wird. Die Antikörper verursachen eine chronische Entzündung und Rückbildung der Dünndarmzotten (Atrophie) und können meist im Blut nachgewiesen werden. Die für die Zöliakie charakteristische Schleimhautveränderung (Mukosaveränderung) im Dünndarm kann bis zum völligen Verlust der Zottenoberfläche (im Dünndarm) führen. Diese Zotten (Villi) und noch feinere Ausstülpungen (Mikrovilli) bedecken die Schleimhaut unseres Dünndarms und vergrößern deren Oberfläche um ein Vielfaches (siehe „Der Dünndarm“, Seite 8). Bei Betroffenen ist die Dünndarmschleimhaut beschädigt, wodurch sich die Zotten und feinen Ausstülpungen fast komplett zurückgebildet haben. Infolgedessen können weniger oder keine wichtigen Nährstoffe wie Vitamine, Fette, Eiweiße, Kohlenhydrate und Mineralstoffe aufgenommen werden. Als Folgen können daher vor allem Mangelerscheinungen und Unterernährung auftreten. Die Autoimmunerkrankung Zöliakie (siehe „Zöliakie - eine Autoimmunerkrankung“, Seite 28) bleibt lebenslang bestehen und kann nicht ursächlich behandelt werden. Einzig mit einer lebenslangen Diät, also mit einer Ernährungsumstellung auf streng glutenfreie Nahrung kann man sie sowie ihre Symptome unterdrücken. Bei der Diät regeneriert sich die Dünndarmschleimhaut und das allgemeine Wohlbefinden wird wieder hergestellt. Bei Zöliakie besteht eine genetische Veranlagung, was dadurch belegt werden kann, dass bei Verwandten ersten Grades im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung ein zehnfach höheres Zöliakievorkommen festgestellt wird (siehe „Wie häufig tritt Zöliakie aus?“, Seite 17). ZÖLIAKIE - WAS IST ZÖLIAKIE? !6 Thema 11 Historie der Zöliakie Bereits im zweiten Jahrhundert nach Christus beschrieb Aretaeus von Kappadozien ein Krankheitsbild, das der heutigen Zöliakie nahe kommt. Seine Patienten bezeichnete er als „koiliakus“ (ein an Verdauungsstörung Leidender), abgeleitet vom altgriechischen Wort „koilia“, welches so viel wie „Bauch“ bzw. „Unterleib“ bedeutet. Der Begriff „Sprue“ stammt dagegen vom Holländer Vincent Ketelaer aus dem 17. Jahrhundert, der bei seinen Patienten mit Verdauungsstörungen Bläschen im Mund beobachtete („sprouw“ = Bläschen, Mundschleimhautentzündung). 1888 beschrieb der Engländer Samuel Gee die Zöliakie erstmals klinisch exakt. Er berichtete von der „coeliac affection“ und sprach dabei von einer Verdauungsstörung. Schon damals hielt Gee es für wahrscheinlich - aus jetzigem Wissensstand richtig -, dass die Zöliakie allein durch eine Diät behandelt werden könne. Verschiedenste Diäten wurden in den folgenden 40 Jahren ausprobiert, doch der große Erfolg blieb aus. 1950 wurde schließlich das Gluten bzw. das Gliadin (siehe „Was ist Gluten?“, Seite 10) vom Holländer Willem Karel Dicke als auslösender Faktor (siehe „Gluten als auslösender Faktor“, Seite 11) der Zöliakie identifiziert. Dicke konnte im Zweiten Weltkrieg die Beobachtung machen, dass es den Kindern mit chronischen Durchfällen und ähnlichen Zöliakie-Symptomen aufgrund von Mangel an Getreideprodukten besser ging, als noch vor der Kriegszeit. Nach dieser Erkenntnis konnten erstmalig wirksame Diäten zur Behandlung eingesetzt werden. Noch 1939 lag die Sterberate der an Zöliakie Erkrankten bei 12%, 1969 nur noch bei 0,4%. 1957 konnte mit der von Margot Shiner eingeführten Dünndarmbiopsie ein weiterer Meilenstein in der Zöliakie-Forschung gelegt werden. Die aus London stammende Shiner beschrieb die Zottenatrophie zum ersten Mal (siehe „Was ist Zöliakie?“, Seite 6). In den 70er Jahren konnte mit dem Beginn der Antikörperdiagnostik (siehe „Serologische Diagnostik“, Seite 23) ein weiterer essentieller Schritt gegangen werden. Im Jahre 1997 konnte die Gewebstransglutaminase (tTG) als entscheidendes Antigen für die Endomysium-Antikörper, welche bereits in den 80er Jahren entdeckt wurden, erkannt werden. Heute weiß man, dass es sich bei der Zöliakie des Kindes und bei der einheimischen Sprue des Erwachsenen klinisch sowie pathogenetisch, also in ihrer Entstehung mit allen daran beteiligten Faktoren, um die gleiche Erkrankung handelt. Deshalb hat sich der Begriff Zöliakie bzw. glutensensitive Enteropathie (bezeichnet allgemein eine Erkrankung des Darmes) durchgesetzt. ZÖLIAKIE - HISTORIE !7 Thema 11 Der Dünndarm Der Dünndarm befindet sich zwischen Magen und Dickdarm. Er bildet den längsten Teil des menDünndarm schlichen Verdauungstraktes. Nachdem wir Nahrung aufgenommen haben, wird sie im Magen vorverdaut und gelangt in Form eines Speisebreies in den Dünndarm. Dort findet Abb. 2: Der menschliche Dünndarm ist eine chemische Aufspaltung des Breies statt. zwischen drei und sechs Metern lang. Kohlenhydrate werden in Zucker, Eiweiße in Aminosäuren sowie Fette in Fettsäuren und Glycerin aufgespalten. Im Dünndarm vollzieht sich zudem die Resorption, also Aufnahme von Vitaminen, Fetten, Eiweißen, Kohlenhydraten, Mineralstoffen und nicht zuletzt von Wasser. Zudem gehört der Transport von nicht resorbierbaren Stoffen in Richtung Dickdarm als auch die Rückresorption von Wasser und darin löslichen Stoffen aus den Blut- und Lymphbahnen zu den Aufgaben des Dünndarms. Die gesunde Dünndarmschleimhaut erreicht durch die Existenz von Falten (sog. Kerckring’sche Falten), Zotten und Mikrovilli bzw. Mikrozotten (fadenförmige Zellfortsätze der einzelnen Epithelzellen, Bürstensaum) eine gigantische Oberflächenvergrößerung (siehe Abb. 5). Durch diese einzigartige Architektur bringt es der menschliche Dünndarm größen-mäßig auf die Oberfläche eines Tennisplatzes. Die Mikrovilli besitzen essentielle Verdauungsenzyme, wie z. B. die sogenannten Disaccharidasen, die die Fähigkeit haben, Doppelzucker (Disaccharide) wie z. B. Milchzucker in Einfachzucker (Monosaccharide) wie z. B. Traubenzucker aufzuspalten, da nur diese vom Epithel (Deck- und Drüsengewebe) aufgenommen werden können. Nach nur wenigen Tagen endet die Lebenszeit der Enterozyten (Schleimhautzellen, Abb. 3) und sie werden in den Darmhohlraum abgestoßen (Abschilferung). Es werden aber unaufhörlich neue Enterozyten in den Krypten (Abb. 3) der Epithelschicht gebildet, die dann die abgestoßenen Abb. 3: Gesundes Resorptionsepithel im Dünndarm. Nährstoffaufnahme findet statt. ZÖLIAKIE - DER DÜNNDARM Schleimhautzellen ersetzen und deren Funktion der Nahrungsaufnahme übernehmen. !8 Thema 11 Die Dünndarmschleimhaut bei Zöliakie Durch das Einwirken glutenhaltiger Nahrung auf die Zellen (Enterozyten) und die damit einhergehende Bildung von schädigenden Antikörpern reduziert sich die riesige Oberfläche der Dünndarmschleimhaut bei Zöliakiekranken beträchtlich. Es kommt zur Atrophie, also zur Abflachung der Dünndarmzotten (Abb. 4). Daraus geht hervor, dass fast alle Nahrungsbestandteile schlechter im Dünndarm aufgenommen und verarbeitet werden und die Nahrung teilweise unverdaut im Stuhl ausgeschieden wird. Diese Fehlverwertung der Nahrung im Dünndarm wird als Malabsorption, bzw. fehlerhafte Resorption bezeichnet. Durch diese fehlerhafte Resorption ist die Dünndarmschleimhaut nicht mehr in der Lage, ausreichend viele Nährstoffe und vor allem Abb. 4: Schädigung des Kalorien aus der Nahrung aufzunehmen, was zu den Zöliakie-typ- R e s o r p t i o n s e p i t h e l s i m ischen Mangelerscheinungen wie Gewichtsverlust führt und im Dünndarm durch Gluten. Die Zotte verkürzt sich (Zottena- Kindesalter evtl. auch Wachstumsstörungen hervorrufen kann. trophie) und als Ersatz der Parallel zu der Malabsorption entgegnet der Dickdarm auf die Enterozyten folgen unreife große Menge nicht aufgenommener Nährstoffe mit Wasserein- Enterozyten aus den Krypten. strom und bakteriellem Abbau mit Durchfällen (sog. osmotische Diarrhö). Diese Stühle bestehen aus teil- oder unverdauter Nahrung und enthalten vor allem Fett. Daher werden sie als Steatorrhö (erhöhte Fettausscheidung im Stuhl) bezeichnet. Die Oberfläche des Dünndarms beträgt ca. 3.300 cm². Die Oberfläche der Kerckring’schen Falten ist 3-fach so groß wie die des Dünndarms, also ca. 10.000 cm². Die Oberfläche der Zotten ist 30-fach so groß wie die des Dünndarms, also ca. 100.000 cm². Die Oberfläche der Mikrozotten (Bürstensaum) ist 600fach so groß wie die des Dünndarms, also ca. 200 m². Abb. 5: Die Oberflächenstruktur einer gesunden Dünndarmschleimhaut. Mit Hilfe von Falten, Zotten und Mikrozotten wird eine gigantische Kontaktflächenvergrößerung zur Nahrung erzielt, die die Aufnahme einer ausreichenden Menge von Nährstoffen möglich macht. Bei Zöliakiekranken ist diese einzigartige Schleimhautarchitektur fast vollkommen zerstört. Infolgedessen tritt eine Fehlverwertung (Malabsorption) von Nährstoffen auf. ZÖLIAKIE - DER DÜNNDARM !9 Thema 11 Was ist Gluten? Gluten bzw. Klebereiweiß ist eine Sammelbezeichnung für ein Gemisch aus Proteinen, das im Samen vieler Getreidesorten vorhanden ist (siehe „Getreidesorten“, Seite 13). Das Synonym zu Gluten Klebereiweiß ist dagegen eigentlich als ein Gemisch aus Proteinen, Kohlenhydraten und Lipiden (Fette) definiert, wird aber mit dem Begriff Gluten gleichgesetzt. Bei einem Teig sorgt das Gluten dafür, dass sich das Mehl gut verbindet und der Teig elastisch wird, also für die Backfähigkeit des Getreides. Beim Auswaschen eines Teiges verschwinden die löslichen Bestandteile (vor allem Stärke) und zurück bleibt eine klebrige Masse, da das Gluten wasserunlöslich ist. Der Proteingehalt bzw. Eiweißgehalt von z. B. Weizenmehl beträgt 7 bis 15%, der wiederum zu 90% aus Gluten besteht. Das Gluten stellt das wichtigste Speicherprotein (Proteingemisch) von Getreide dar. Da es in Alkohol löslich ist kann Gluten in die löslichen Prolamine und die unlöslichen Gluteline aufgespalten werden (Abb. 6). Die Gluteline des Weizenmehls werden Glutenine und die Prolamine des Weizenmehls werden Gliadine genannt. Sowohl Prolamine als auch Gluteline zeichnen sich besonders dadurch aus, einen vergleichsweise hohen Gehalt an den Aminosäuren Glutamin und Prolin zu besitzen. Dagegen werden Gliadine in Alpha-, Gamma- und Omega-Gliadine unterteilt, da sie verschiedene Aminosäuresequenzen (Abfolgen der Aminosäuren in einem Protein) aufweisen können. Nach jetzigem Wissensstand ist man der Auffassung, dass nicht nur die Prolamine einer Getreidesorte - bei Weizen das Gliadin - für die Schleimhautveränderung bei Zöliakie verantwortlich sind, sondern auch der Gluteninteil schädigend wirken kann. Gluten (z. B. von Weizen) Prolamine alkohollöslich Gluteline alkoholunlöslich Weizen = Gliadin Weizen = Glutenin Abb. 6: Getreidekörner enthalten Gluten, das für Betroffene der Zöliakie schädigend wirkt. Die Getreidesorte Weizen beinhaltet die Bestandteile des Glutens Gliadin sowie Glutenin, welche beide Schleimhautveränderungen hervorrufen können. Reich an Glutamin (>40%) und Prolin Abb. 7: Glutamin ist eine für den Menschen nicht essentielle α-Aminosäure. ZÖLIAKIE - GLUTEN Abb. 8: Prolin ist eine nicht essentielle, heterocyclische, sekundäre α-Aminosäure. !10 Thema 11 Gluten als auslösender Faktor Bei Erkrankten der Zöliakie kommt es zu Veränderungen der Dünndarmschleimhaut, bei denen sich die Dünndarmzotten zurückentwickeln (siehe „Die Dünndarmschleimhaut bei Zöliakie“, Seite 9). Als Auslöser dieser Veränderungen gilt der alkohollösliche Eiweißkörper des Glutens, welcher bei entsprechenden Getreidesorten vorhanden ist (siehe „Getreidesorten“, Seite 13). Dieser Schleimhautveränderungen hervorrufende Eiweißteil ist bei Weizen das Gliadin, bei Roggen das Secalin, bei Gerste das Hordein und bei Hafer das Avenin, wobei die schädigende Wirkung des Hafers umstritten ist und noch weiter erforscht wird (siehe „Was ist Gluten?“, Seite 10). Zusätzlich gehören auch Teile des Glutenins zu den auslösenden Faktoren der Zöliakie. Unter Einwirkung dieser Eiweißkörper verändert sich die Schleimhaut eines Betroffenen der Zöliakie in ganz typischer Form. Zuerst wird eine verheerende Entzündung der Darmwand ausgelöst, die als Folge eine Selbstzerstörung der Dünndarmzotten mit sich bringt. Die Folge ist das Ergebnis eines autoimmunologischen Prozesses, der wiederum für das Atrophieren der Zotten (flachen nach und nach ab) verantwortlich ist. Der Darm versucht dem Zottenschwund mit einer erhöhten Neubildung von Enterozyten (Epithelzellen) in den Krypten entgegenzuwirken, wodurch sich die Krypten verlängern und die (Ersatz-) Enterozyten noch nicht vollständig ausgebildet sind (siehe Abb. 4). Dieser Prozess (Verlängerung der Krypten) wird mit dem Begriff „Hyperregeneration“ (Zottenatrophie hyperregeneratorischen Typs) näher beschrieben. Bei einer gesunden Darmwand beträgt die Lebenszeit von Enterozyten zwei bis fünf Tage. Bei einer Hyperregeneration verringert sich die Lebenszeit auf gerade einmal sechs Stunden. Letztendlich kann trotz der erhöhten Neubildung von Enterozyten die Zottenatrophie (Zottenschwund, Abb. 9) nicht verhindert werden. Abb. 9: Während einer Zöliakie kommt es zu einer Schleimhautveränderung im Dünndarm, bei der die Darmzotten verkümmern und kaum noch Nährstoffe aufgenommen werden können (rechtes Bild). Bei einer gesunden Schleimhaut (linkes Bild) ist die Oberfläche aufgrund einer einzigartigen Architektur gigantisch groß, wodurch die Resorption, also die Aufnahme von Nährstoffen ohne Probleme stattfinden kann. ZÖLIAKIE - GLUTEN !11 Thema 11 Abb. 11: Gewebeschnitt einer verkümmerten Dünndarmschleimhaut mit 60-facher Vergrößerung. Die partielle Zottenatrophie (Zottenschwund) ist eindeutig zu erkennen. Bei einem Betroffenen der Zöliakie sind die Dünndarmzotten bei der Diagnose zumeist fast komplett verschwunden (siehe Abb. 11 und 12). Abb. 10: Gewebeschnitt einer gesunden Dünndarmschleimhaut mit 60-facher Vergrößerung. Die Dünndarmzotten und Mikrovilli sind ausgeprägt, wodurch sie eine Kontaktflächenvergrößerung der Dünndarmschleimhaut herstellen. Zudem grenzt sich der Bürstensaum klar vom Zottengewebe ab. Mit Hilfe eines Elektronenmikroskops können Veränderungen der Elektrozyten festgestellt werden, welche hier (Abb. 13) auch atrophiert sind und einen geschädigten Bürstensaum aufzeigen. Abb. 12: Gewebeschnitt einer Dünndarmschleimhaut mit 60-facher Vergrößerung. Die Dünndarmzotten sind vollständig verkümmert, weshalb die Schleimhaut einer flachen Ebene gleicht. Zudem ist der Bürstensaum deutlich schmaler (als bei Abb. 10) und die Krypten länger bzw. tiefer, was auf eine Hyperregeneration (Zottenatrophie hyperregeneratorischen Typs) hindeutet. Die Resorptionsleistung dürfte ihr Minimum erreicht haben). ZÖLIAKIE - GLUTEN Abb. 13: Gewebeschnitt einer Epithelzelle (Enterozyt) bei Zöliakie. Das Elektronenmikroskopische Bild zeigt deutlich die Schädigung des Bürstendamms. !12 Thema 11 Getreidesorten Gluten ist in vielen, aber längst nicht in allen Getreidesorten enthalten. Für Betroffene der Erkrankung Zöliakie ist ein detailliertes Wissen darüber, in welchen Lebensmitteln Gluten vorkommt und in welchen nicht, äußerst wichtig, da selbst kleinste Mengen an Gluten eine Darmzottenabflachung (Atrophie) auslösen können. Für sie bietet der Großhandel aber einige Alternativen. Glutenhaltige Getreidesorten Das Klebereiweiß Gluten findet sich in folgenden Getreidesorten wieder: Weizen, Dinkel (Spelt), Abb. 14: Neben den eindeutig als glutenhaltig Gerste und Roggen sowie in Urkornarten wie Ka- zu erkennenden Lebensmitteln gibt es etliche, mut, Einkorn und Emmer. Auch Kreuzungen dieser die Spuren von Gluten enthalten, obwohl man es bei diesen entsprechenden Lebensmitteln genannten Getreidesorten enthalten natürlich gar nicht vermutet (siehe „Versteckte GlutenGluten, wie Triticale (Kreuzung zwischen Weizen quellen“, Seite 15). und Roggen). Hafer* (siehe Seite 14) stellt eine Ausnahme dar und galt bislang als glutenhaltig. Neue klinische Studien konnten jedoch belegen, dass nicht kontaminierter Hafer von dem Großteil der Betroffenen vertragen wird. Um kein größeres Risiko einzugehen sollten Betroffene nicht mehr als 50g Hafer pro Tag zu sich nehmen. Das größte Problem stellt aber die Tatsache dar, dass Hafer zumeist in der gleichen Mühle wie glutenhaltige Getreidesorten gemahlen wird und daher eine Kontamination kaum vermeidbar ist. Auch ist ein sortenreiner Anbau in Deutschland nicht gewährleistet. Glutenfreie Getreidesorten Die Anzahl an glutenfreien Getreidesorten ist größer als man vermutet, doch ihre Verwendung als Mehlersatz bleibt eine Herausforderung, da Gluten als Klebereiweiß das Backen deutlich erleichtert. Doch auch glutenfreie Getreidesorten verfügen über ein Klebereiweiß, welches das Backen überhaupt erst ermöglicht. Allerdings weisen derartige Klebereiweiße eine andere Struktur auf, die keine Zöliakie-typischen Reaktionen auslösen. So verfügt Mais über das Klebereiweiß (Speicherprotein) Zein und Reis über das Oryzanin. Zu den glutenfreien Getreidesorten gehören u. a. Reis, Hirse, Buchweizen, Quinoa und vor allem Mais. ZÖLIAKIE - GETREIDESORTEN !13 Thema 11 Buchweizen Gerste Dinkel Hafer* Quinoa Einkorn Emmer Hirse Kamut Roggen Weizen Reis Abb. 15 und 16: Neben vielen glutenhaltigen Getreidesorten gibt es auch einige glutenfreie. Vor allem Maismehl eignet sich zum glutenfreien Backen. Es enthält zwar nicht so viel Eiweiß wie herkömmliches Weizenmehl, dafür aber viele Kohlenhydrate. Zudem beinhaltet Mais viel Vitamin A und E sowie einen hohen AnMais teil an ungesättigten Fettsäuren. Beim Kauf von Mehlen glutenfreier Getreidesorten sollte man als Betroffener darauf achten, dass sie nicht mit glutenhaltigen Getreidesorten kontaminiert wurden (z. B. beim Transport, der Lagerung oder beim Mahlen). Um kein Risiko einzugehen ist es ratsam, Mehle zu bevorzugen, die als „glutenfrei“ zertifiziert sind oder von der DZG (Deutsche Zöliakie Gesellschaft) empfohlen werden. So hat sich z. B. die Firma „Schär“ auf glutenfreie Lebensmittel spezialisiert und u. a. verschiedene Mehle herausgebracht. Die Standard-Mehlmischung von Schär basiert auf Mais in Form von Maisstärke sowie Maismehl und ist mit den Verdickungsmitteln Guarkernmehl und Dextrose angereichert. Weitere glutenfreie Mehle, die aber nicht von Getreide stammen, sind Mandel-, Soja-, Kartoffel-, Bulgur-, Johannisbrotkern-, Leinsamen-, Tapioka- und das bereits erwähnte Guarkernmehl. ZÖLIAKIE - GETREIDESORTEN !14 Thema 11 Versteckte Glutenquellen Solange sich Betroffene der Erkrankung Zöliakie im eigenen Heim aufhalten und dabei alle Speisen selbst mit frischen Zutaten zubereitet werden, stellt die glutenfreie Ernährung nach einer gewissen „Einspielphase“ kein größeres Problem mehr dar. Sobald Betroffene aber einmal auswärts, beispielsweise im Restaurant, essen gehen wollen, wird das Unterfangen, glutenfrei zu essen bereits deutlich komplizierter und in vielen Fällen auch nervenaufreibend. Richtig problematisch wird es aber erst dann, wenn man ab und zu ein Fertigprodukt zu sich nehmen möchte, da in diesen gerne Getreideprodukte, wie z. B. Weizenstärke, aufgrund ihrer günstigen Bindungseigenschaften, verwendet werden, zumal man bei den meisten dieser Produkte nicht vermutet, dass in diesen Gluten enthalten ist. Neben der 2005 nach den neuen EU-Richtlinien eingeführten Kennzeichnungspflicht, wonach Zutaten, welche häufig Allergien auslösen, so auch Gluten, in der Zutatenliste aufgeführt werden müssen (siehe „Einleitung“, Seite 5), hat im Jahre 2007 ein Ausschuss neue Richtlinien für die Unterscheidung von Lebensmitteln festgelegt. Demnach sind zwei Produkte zu unterscheiden: Die erste Gruppe sind glutenfreie Lebensmittel, die sich dadurch charakterisieren, dass sie höchstens 20mg Gluten pro Kilogramm enthalten. Die zweite Gruppe besteht aus glutenarmen Lebensmittel, bei denen der Glutengehalt zwischen 21 und 100mg pro Kilo betragen darf. Dass es für Betroffene der Zöliakie äußerst wichtig ist genau zu wissen, was sie bedenkenlos essen können und bei welchen Produkten sie vorsichtig sein müssen, ist dadurch bedingt, dass bereits eine Menge von 50 bis 100mg Gluten pro Tag ausreicht, um eine schädigende Schleimhautveränderung hervorzurufen. Zur Veranschaulichung: Eine einzelne Nudel der kleineren Sorte (z. B. Penne) enthält bereits 44mg Gluten, eine Brotscheibe (40g) sogar 2.500mg und selbst ein winziger Brotkrümel noch 1mg Gluten. Ein gesunder bzw. nicht an Zöliakie erkrankter Deutscher Abb. 17: Bereits eine einzelne dieser Nudeln (Penne) enthält 44mg Gluten, so dass der untere Grenzwert von 50mg pro Tag für einen Betroffenen der Erkrankung Zöliakie schon fast erreicht ist. nimmt pro Tag durchschnittlich ca. 13.000mg Gluten zu sich. ZÖLIAKIE - GLUTENQUELLEN !15 Thema 11 In folgenden (Fertig-)Produkten findet sich zumeist Gluten wieder, weshalb diese von Betroffenen nur mit Vorsicht zu genießen sind: Frühstücksfleisch Bonbons Fertigsuppen in Dosen Medikamente Formfleisch Eiscremes Brühwürfel Lippenbalsam Würstchen Kakao(-mixgetränke) Marinaden Zahncremes Dosenfleisch Puddings Tomatensoße Vitamine Chips Erdnussbutter (Salat-) Dressings Ergänzungsmittel Dips Fruchtjoghurt Gewürzsoßen (Soja etc.) (Vitamine etc.) Schmelzkäse Smoothies Senf Kaffeeweißer Bratrollmöpse Trockenobst Bratheringe Milchshakes Pommes Frites Schokolade Béchamelsoße Backpulver Bier Kaugummi Gewürzmischungen Puderzucker Reibekuchen Frappé Kaffeeersatz (Gerste/Malz) Eiskaffeepulver Kroketten Studentenfutter gebrannte Mandeln Sprühsahne Meerrettich Cornflakes Lightprodukte Getränkesirup Ketchup Kuvertüre Punsch Tortenguss Mayonnaise Blattgelatine (gefärbt) Liköre Sahnesteif etc. Zudem ist allgemein bei chinesischem Essen Vorsicht geboten, da in chinesischen Restaurants fast immer Fertigsoßen verwendet werden, die meistens Gluten enthalten, ganz gleich ob Soja- oder Fischsoße. Auch bei Pommes Frites sollten Betroffene achtsam sein, da Pommes gerne mit Mehl bestäubt werden, um später knuspriger zu werden. Selbst wenn sie in ihren Grundzutaten glutenfrei sind, kann es sein, dass sie anschließend in Öl frittiert werden, indem zuvor panierte, und damit glutenhaltige Lebensmittel frittiert wurden. An den ursprünglich glutenfreien Pommes haften dann glutenhaltige Partikel von Schnitzeln, Kroketten o. ä. Eine ähnliche Kontamination wie bei der Fritteuse kann auch durch einfache Haushaltsgeräte bzw. -gegenstände verursacht werden. So kann etwa ein Brotkorb, der zuvor für normale, glutenhaltige Brote benutzt wurde, die teuren Mais-Leinsamen-Buchweizen-Brötchen oder ein Toaster die einst glutenfreien Maistoasts in schädigende und gefährliche Glutenquellen verwandeln. ZÖLIAKIE - GLUTENQUELLEN !16 Thema 11 Wie häufig tritt Zöliakie auf ? Noch in den 80er Jahren war man der Auffassung, dass die Zöliakie weltweit etwa bei jedem 2.000. Einwohner auftritt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass man seine Schätzungen damals nur auf Basis manifester Erkrankungen mit dem charakteristischen Bild der Zöliakie gestützt hat. Am häufigsten war die Erkrankung zu der Zeit in Irland mit 0,34% (1:300). In England dagegen ging man von 0,034% (1:3000) aus. Diese starken regionalen Schwankungen sind bis heute geblieben, auch wenn die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) aufgrund genauerer Untersuchungen durch Antikörpertests (siehe „Diagnose“, Seite 23) deutlich angestiegen ist. Schätzungsweise sind 0,37% (1:270) der weltweiten und 1% (1:100) der europäischen Bevölkerung an Zöliakie erkrankt, wobei in 60% der Fälle das weibliche Geschlecht erkrankt ist, also im Verhältnis 1,5:1 zum männlichen Geschlecht. Bei der Mehrheit dieser Vorkommnisse (80 bis 90%) handelt es sich aber um die oligosymptomatische oder um die subklinische Zöliakie (siehe Abb. 18, Seite 19), welche dadurch gekennzeichnet sind, dass die typischen Symptome (siehe „Symptome“, Seite 22) kaum auftreten und die Zöliakie daher zumeist nicht diagnostiziert wird. Die Prävalenz von Zöliakie variiert auch in Europa erheblich. So zeigten Screening-Untersuchungen (systematische Testverfahren), dass bei ca. 80 bis 95% der Zöliakiekranken die Erkrankung noch nicht diagnostiziert worden war und man daher von einer hohen Dunkelziffer ausgehen muss. Dies ist wohl auf die unspezifischen Symptome der Erkrankung Zöliakie zurückzuführen. Nach den aktuellsten Schätzungen leiden in Deutschland ca. 0,2 bis 0,4% (1:500 bis 1:250), in Großbritannien und den USA ca. 0,91% (1:110) und in Finnland etwa 2,4% (1:42) an der Erkrankung Zöliakie. Die bisher weltweit größte Prävalenz konnte mit Screening-Untersuchungen in Nordafrika nachgewiesen werden. Beim nordafrikanischen Volk Saharawi waren 5,56% (1:18) von Zöliakie betroffen. Man geht davon aus, dass Afrika aufgrund seiner großen Weizenimporte, wodurch glutenärmerer, heimischer Wildweizen kaum noch verzehrt wird, zukünftig mit einer steigenden Anzahl von Zöliakiefällen rechnen muss. In China und Japan ist dagegen kaum jemand an Zöliakie erkrankt, da die Nahrung dort größtenteils aus Reis und Gemüse besteht. ZÖLIAKIE - PRÄVALENZ/VERERBUNG !17 Thema 11 Besteht bei Zöliakie eine genetische Veranlagung? Auch wenn die komplexen Zusammenhänge noch nicht vollständig geklärt sind, gilt als Voraussetzung für die Manifestation (Sichtbarwerden bestimmter Krankheitssymptome) einer Zöliakie, dass die Aufnahme glutenhaltiger Nahrung stattfindet sowie eine genetische Bereitschaft vorhanden ist. Bei Familien, in denen bereits eine Person an Zöliakie erkrankt ist, ist ein besonders hohes Vorkommen zu beobachten. Die angeborene, genetische Veranlagung trägt also erheblich zur Manifestation bei. So ist bei Verwandten ersten Grades im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung ein zehnfach höheres Zöliakievorkommen festgestellt worden. Eine noch größere Rolle spielt die genetische Veranlagung bei Zwillingen, was sich in Zwillingsstudien herausgestellt hat. So liegt die Wahrscheinlichkeit bei eineiigen Zwillingen, dass beide erkranken, wenn bei einem bereits Zöliakie diagnostiziert wurde, bei 75%. Bei der gleichen genetischen Beziehung ist die Wahrscheinlichkeit bei anderen Krankheiten wesentlich geringer (Diabetes mellitus Typ 1 36%, Morbus Crohn 33%, Multiple Sklerose 25%). Zudem geht Zöliakie häufig mit anderen Krankheiten einher, wie z.B. Down-Syndrom (Trisomie 21), Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, Kolitis oder selektivem IgA-Mangel (Immunglobulin A ist ein Antikörper, der eine essentielle Abwehrbarriere gegen Krankheitserreger bildet). Bislang wurden fünf sogenannte Kandidatengene ausgemacht, mit denen möglicherweise Rückschlüsse auf das Auftreten von genetisch beeinflussten Krankheiten festgestellt werden können (siehe „Assoziationen mit Zöliakie“, Seite 26). Diese fünf Kandidatengene werden Celiac 1 bis Celiac 5 genannt, wobei Celiac 1 am besten erforscht ist. Zu Celiac 1 gehören verschiedene HLA-Genklassen (HLA I, DR und DQ), welche von den Schleimhautzellen des Dünndarms, also von den Enterozyten hergestellt werden. Die Gene HLA-DQ2 oder HLADQ8, welche sich auf dem Chromosom (Chromosome enthalten Gene und so auch Erbinformationen) Nummer 6 befinden, können bei annähernd jedem Erkrankten der Zöliakie nachgewiesen werden. Wenn die Existenz dieser Gene nicht nachgewiesen werden kann, ist demzufolge mit 99%iger Wahrscheinlichkeit der Nachweis erbracht worden, dass beim Untersuchten eine Zöliakie ausgeschlossen ist. Demgegenüber verfügen aber auch 25 bis 30% der nicht an Zöliakie Erkrankten über das Gen HLA-DQ2 und 5 bis 15% über das Gen HLADQ8. Ein Nachweis dieser Gene bedeutet also nicht gleich von Zöliakie betroffen zu sein (siehe „Diagnose“, Seite 23). Da in China und Japan Zöliakie sehr selten vorkommt, sind auch die Risikogene HLA-DQ2 sowie HLA-DQ8 fast nie anzutreffen. ZÖLIAKIE - PRÄVALENZ/VERERBUNG !18 Q8 er H LA-D d/od 2 un -DQ HLA isposi tion (E i Genet ische D s) erdarm des Le Gesunde s (Form junum des Je Atypische oder Potentielle Zöliakie ukosa ale M ut) Norm leimha de Sch (gesun Oligosymptomatische oder Subklinische Zöliakie ologie Zöliakie Morph Klassische n io äs a l g) o s un uk ig M häd c e st uts i f e ha an im M chle (S nteilu ng) Thema 11 Abb. 18: Die Grafik stellt den sogenannten Eisberg der Zöliakie dar. Die Spitze der Pyramide bezieht sich auf das Vollbild der Zöliakie mit den typischen Symptomen, die nur selten vorkommt. Die beiden mittleren Abschnitte vertreten die deutlich öfter vorkommenden aber zumeist nicht diagnostizierten Zöliakien, weil bei diesen subjektiv keine Beschwerden wahrgenommen werden. Das klinische Bild Die Dünndarmerkrankung Zöliakie wartet mit den verschiedensten Verlaufsformen auf, weshalb bei ihr von einem „facettenreichen klinischen Bild“ oder von einem „heterogenen Krankheitsbild“ die Rede ist. Um die Begriffe, welche im Zusammenhang mit der Erkrankung Zöliakie verwendet werden, zu vereinheitlichen, wurden diese von der DGVS (Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten) festgelegt. Neben der Vereinheitlichung der verwendeten Begriffe war es auch ein Ziel, zur Verbesserung im Management der Erkrankung Zöliakie beizutragen. Folgende Verlaufsformen der Dünndarmerkrankung Zöliakie, welche sich auf den Zeitpunkt der Diagnose beziehen, sind möglich: Klassische Zöliakie Fast ausschließlich bei Patienten der klassischen Zöliakie (auch symptomatische oder klinisch manifeste Zöliakie genannt) zeigt sich das Vollbild der Erkrankung mit den intestinalen (zum Darm gehörend) Symptomen, wie Durchfälle, Gewichtsverlust, Schwäche, Blähungen, Blähbauch, Erbrechen und Bauchschmerzen. Der Patient weist zudem extraintestinale (außerhalb des Darmes) Symptome auf (siehe „Symptome“, Seite 22) und spricht auf den Beginn einer glutenfreien Ernährung mit einer schnellen Besserung der Beschwerden an. ZÖLIAKIE - PRÄVALENZ/VERERBUNG !19 Thema 11 Oligosymptomatische Zöliakie Patienten der (Mono- oder) oligosymptomatischen Zöliakie kennzeichnen sich dadurch, dass sie nur einzelne Symptome besitzen, die auf teilweise Fehlresorption hinweisen. Zumeist sind diese Symptome Eisenmangel oder eine Eisenmangelanämie (Blutmangel durch Eisenunterversorgung), die sich in Müdigkeit und Schwäche ausdrücken. Mit Hilfe einer Dünndarmbiopsie (siehe „Diagnose“, Seite 23) kann jedoch ein eindeutiger feingeweblicher Befund einer Zöliakie nachgewiesen werden. Auch bei Antikörpertests zeigt sich ein positives Ergebnis. Bei einer oligosymptomatischen Zöliakie ist vorwiegend der obere Teil des Dünndarms (Zwölffingerdarm/Duodenum und Leerdarm/Jejunum) betroffen, indes die unteren Dünndarmbereiche (Krummdarm/Ileum) kaum eine Schleimhautveränderung aufzeigen. Subklinische Zöliakie Die subklinische (früher: asymptomatische oder silente) Zöliakie wird auch als stumme Zöliakie bezeichnet, da Patienten dieser Verlaufsform trotz eines Zottenschwundes (Atrophie) keine oder nur schwache Krankheitszeichen aufweisen. Bei einer Dünndarmbiopsie wird bei diesen Patienten überwiegend eine Schleimhautveränderung nach Marsh 2 oder 3 (siehe „Marsh-Klassifikation“, Seite 25) festgestellt. Diese Zöliakieform kommt öfters vor, wird aber aufgrund der fehlenden Symptome zumeist nur durch eine Bevölkerungsscreening- oder eine Risikoscreening-Untersuchung in der Verwandtschaft diagnostiziert. Atypische Zöliakie Die atypische (oder auch extraintestinal manifestierte) Zöliakie ist ebenfalls häufiger anzutreffen. Patienten dieser Zöliakieform weisen überwiegend extraintestinale (außerhalb des Darmes) Symptome auf, weshalb eine Diagnose dieser Zöliakie eine Herausforderung darstellt. Dennoch können auch bei diesen Patienten charakteristische Schleimhautveränderungen sowie zöliakiespezifische Antikörper (siehe „Diagnose“, Seite 23) nachgewiesen werden. Aufgrund der nicht Zöliakie-typischen Beschwerden wird diese Verlaufsform vor allem bei Älteren erkannt. ZÖLIAKIE - PRÄVALENZ/VERERBUNG !20 Thema 11 Potenzielle Zöliakie Als Patient der potentiellen Zöliakie besitzt man eine genetische Veranlagung, sogenannte Risikogene (siehe „Besteht bei Zöliakie eine genetische Veranlagung?“, Seite 18), weist aber unter Aufnahme von glutenhaltiger Nahrung keine charakteristischen Schleimhautveränderungen oder andere zöliakiespezifische Symptome auf. Dennoch kann sich im Verlauf der Erkrankung unter großer Glutenzufuhr eine Zöliakie manifestieren, weshalb regelmäßige Untersuchungen für Betroffene ratsam sind. Refraktäre Zöliakie Bei den zumeist erwachsenen Patienten der refraktären Zöliakie (Herkunft: lateinisch refractarius = widerspenstig) handelt es sich um Betroffene einer persistierender (fortdauernder) Zottenatrophie (Abflachung der Dünndarmzotten) trotz streng glutenfreier Ernährung, wobei die Beschwerden in Intervallen auftreten (siehe „Behandlung“, Seite 29). ZÖLIAKIE - PRÄVALENZ/VERERBUNG !21 Thema 11 Symptome einer Zöliakie Es gibt viele Symptome, die auf eine Zöliakie hindeuten können. Viele entstehen aufgrund der geschädigten Dünndarmschleimhaut, da es dadurch einerseits zu einer fehlerhaften Resorption (Aufnahme) von Nährstoffen aber andererseits auch zum Eindringen von schädigenden Stoffen in unseren Organismus kommt. Unterschieden wird dabei zwischen intestinalen (zum Darm gehörend) und extraintestinalen (außerhalb des Darmes) Symptomen. Folgende Symptome kommen häufiger bei einer Zöliakie vor: Intestinale Symptome bei Zöliakie Durchfälle Gewichtsverlust Blähungen/Blähbauch Erbrechen (Übelkeit) Schwäche Bauchschmerzen Extraintestinale Symptome bei Zöliakie (aufgrund von Malabsorption/fehlerhafte Resorption) Organsystem Manifestation (Ergebnis) Ursache/Auslöser Skelett Malabsorption von Kalzium und Vitamin-D Knochenschwund (Osteoporose), Knochenbrüchigkeit pathologische Frakturen (Knochenbrüche) Osteopenie (Minderung der Knochendichte) Muskulatur Haut Nervensystem Blutbildende Organe (Hämatopoese) Hormondrüsen Muskelschwund (Muskelatrophie) Unterernährung (Malnutrition) Muskelkrämpfe (Tetanie) Calcium-, Vitamin-D- und/oder Magnesiummangel Schwäche Dermatitis Petechien (Blutungen, Blut- Kaliummangel (Hypokaliämie) Hypoprothrombinämie (zu wenig Prothrombin im Blut, pünktchen in der Haut) das wichtigste Enzym der Blutgerinnung) Schädigung des peripheren Nervensys- Vitaminmangel (Thiamin, Vitamin-B12) tems (periphere Neuropathie) Anämie (Blutarmut) Eisen-, Folsäure-, Vitamin-B12-, Pyridoxin-(VitaminB6-)Mangel Blutungen Vitamin-K-Mangel, Hypoprothrombinämie Amenorrhö (Ausbleiben der Menstruation), Infertilität (Unfruchtbarkeit), Impotenz Unterernährung (Malnutrition) Weitere mögliche Symptome und Befunde bei Zöliakie Uhrglasnägel (krankhaft veränderter Ödeme (Einlagerung von Flüssigkeit, Übererregbarkeit der Nerven und Fingernagel) „Wassersucht“) Muskeln (Tetanie) Zungenveränderungen Zahnschmelzveränderungen Hornhautbildungen Schmerzüberempfindlichkeit Gangunsicherheit Mundwinkelveränderungen DIE ZÖLIAKIE - SYMPTOME !22 Thema 11 Diagnose Heutzutage zählt Zöliakie zu den häufigsten lebenslangen Erkrankungen in vielen Industrieländern. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass man mittlerweile über leistungsfähige Testverfahren bzw. Diagnosetechniken verfügt, mit denen nicht nur die verhältnismäßig seltene klassische Zöliakie mit dem vollen Krankheitsbild (siehe „Das klinische Bild“, Seite 19), sondern auch die atypischen Formen der Erkrankung diagnostiziert werden können (siehe „Wie häufig tritt Zöliakie auf?“, Seite 17). Der wichtige Anfangsverdacht einer Zöliakie kann durch Erfragen der Vorgeschichte des Patienten (Anamnese/Leidensgeschichte) erfolgen und wird meist mit einem Antikörpertest in Form einer Blutprobe vom Arzt abgerundet (siehe „Serologische Diagnostik“). Um den Verdacht zu bestätigen muss aber in jedem Fall eine endoskopische Gewebsbiopsie (siehe „Dünndarmbiopsie und histologische Diagnostik“) durchgeführt werden. Neben dem Nachweis zöliakiespezifischer Antikörper (Serologische Diagnostik) und der Bestätigung über eine Schädigung der Dünndarmschleimhaut (Histologische Diagnostik) sind auch die HLA-DQ2bzw. HLA-DQ8-Positivität (siehe „Besteht bei Zöliakie eine genetische Veranlagung?“, Seite 18) und die Besserung der klinischen Symptome sowie das Verschwinden der Antikörper unter glutenfreier Nahrung wichtige Diagnosekriterien für eine Zöliakie. Serologische Diagnostik Die Serologische Diagnostik mit Bestimmung der zöliakiespezifischen Antikörper bietet die größte positive, also prädiktive Vorhersage-Wahrscheinlichkeit (Spezifität) einer Zöliakie. Dabei wird eine dem Patienten entnommene Blutprobe auf IgA-Antikörper (Immunglobulin A) gegen Gewebstransglutaminase (GTG) und auf IgA-Antikörper gegen Endomysium (EmA) getestet. Transglutaminasen sind Enzyme, welche neben der Blutgerinnung auch für die Stabilisierung verschiedener Strukturproteine zuständig sind . Das Endomysium stellt im Gegensatz dazu eine Schicht aus Bindegewebe dar, welche für die Reißfestigkeit der Muskeln bedeutsam ist. Gewebstransglutaminasen befinden sich in Zellen und werden bei einer Zellverletzung, sei es durch eine Entzündung oder Infektion, aus diesen abgegeben. Sie sind in der Lage, Glutenpeptide (Spaltprodukte) so zu verwandeln (zu desaminieren, also eine Aminogruppe aus organischen Verbindung abzuspalten), dass diese den autoimmunologischen Vorgang an der Schleimhaut des Dünndarms, der als Endstadium die Zottenatrophie mit sich bringt, auslösen. Die GTG-Antikörper werden mit der sogenannten ELISA-Technik (EnzymeLinked Immunosorbent Assay) identifiziert. Die Aussagekraft (Spezifität und Sensitivität) der ZÖLIAKIE - DIAGNOSE !23 Thema 11 GTG-Antikörper ist ähnlich hoch wie die von EmA. Diese Endomysium-Antikörper werden dagegen mittels eines Immuno-Fluoreszenzverfahrens bestimmt. Bei beiden Antikörpertests ist es wichtig, einen IgA-Mangel ausschließen zu können, der europaweit auch durchschnittlich mit 0,2% (1:500) vertreten ist und als Risikofaktor für eine Zöliakie gilt. Wenn also ein IgA-Mangel besteht, sollten im jeden Fall GTG-Antikörper- und EmA-Tests durchgeführt werden. Die bereits ab 1958 üblichen Tests auf die IgA- und IgG-Antikörper (Immunglobulin G oder Gammaglobulin) gegen das Gliadin (Prolamine des Weizens, siehe „Was ist Gluten?“, Seite 10) werden heutzutage nicht mehr benutzt, da ihre Aussagekraft (Spezifität und Sensitivität) deutlich geringer ist. Beim Screening auf Zöliakie ist die Bestimmung des IgA-GTG-Antikörpers die erste Wahl. Fällt der Test positiv aus, wird mit einer Dünndarmbiopsie der Verdacht überprüft und gegebenenfalls bestätigt. Dünndarmbiopsie und histologische Diagnostik Nach einer positiven serologischen Diagnostik folgt entsprechend den Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung (ESPGHAN) eine histologische Untersuchung. Dabei werden mit Hilfe einer Biopsie (Entnahme und Untersuchung von Material eines lebenden Organismus’) mehrere Schleimhautstücke (sogenannte Biopsate) dem Dünndarm entnommen und anschließend vom Pathologen untersucht. Die Dünndarmbiopsie ist eine risikoarme Untersuchung, die in jedem Lebensalter durchgeführt werden kann. Der Patient bekommt von dem Eingriff nichts bis kaum etwas mit. Während einer Dünndarmbiopsie wird dem Patienten ein Schlauch durch die Speiseröhre und durch den Magen bis in den Darm geschoben. In dem Schlauch befindet sich ein Draht, mit dem eine winzige Zange am Ende des Schlauches bedient werden kann. Mit dieser werden die aufschlussreichen Schleimhautstücke sichergestellt. Da die charakteristischen Schleimhautveränderungen bei einer Zöliakie (siehe „ Die Dünndarmschleimhaut bei Zöliakie“ und „Gluten als auslösender Faktor“, Seite 9 und 11) im oberen Teil des Verdauungstraktes, also dem Zwölffingerdarm (Duodenum) am stärksten ausgeprägt sind, werden üblicherweise auch dort die Proben entnommen. Das gewonnene Biopsat ist ein erforderliches Diagnosekriterium bei einer Zöliakie. Es wird in Wachs eingegossen und anschließend in hochfeine Scheiben gehobelt, so dass man diese nachträglich mikroskopisch untersuchen kann. Unter einem Mikroskop (bei 50-60-facher Vergrößerung) offenbart sich dann, ob eine Zottenatrophie (Zottenschwund) vorliegt, die Dünndarmschleimhaut eine Vermehrung von Entzündungszellen aufweist und somit eine Zöliakie möglich sein kann (siehe Abb. 9, 11 und 12, Seite 11 und 12), oder ob die Dünndarmschleimhaut gesund ist (siehe Abb. 9 und 10, Seite 11 und 12). ZÖLIAKIE - DIAGNOSE !24 Thema 11 Als Beurteilung der Dünndarmmukosa dienen die Marsh-Klassifikationen: Marsh-Klassifikation Die Marsh-Klassifikationen beziehen sich auf die Zahl der in die Zottenspitzen eingewanderten intraepithelialen Lymphozyten (IEL, weiße Blutkörperchen in der Deckschicht der Schleimhaut), die Länge der Zotten im Verhältnis zu den Krypten, die Zellteilungsrate (Mitoserate) der Epithelzellen in den Krypten, die Anzahl der Entzündungszellen in der Darmwandschicht (direkt unterhalb des Epithels), den Grad des Zottenschwundes (Zottenatrophie) und auf die Beurteilung des Bürstensaums (siehe Abb. 13, Seite 12). Erst ab Typ Marsh 2 kann eine Zöliakie diagnostiziert werden. Folgende modifizierte Marsh-Klassifikationen werden unterteilt: Marsh: Typ 0 Typ 1 Typ 2 Typ 3a Typ 3b Typ 3c IEL1 < 30 < 30 < 30 < 30 Krypten normal normal Hyperplasie2 Hyperplasie2 Hyperplasie2 Hyperplasie2 Zotten normal normal normal 1Zahl 5keine < 30 < 30 leichte Atrophie3 subtotale Atrophie4 totale Atrophie5 der Lymphozyten/100 Epithelzellen, 2 Kryptenvergrößerung, 3leicht verkürzte Zotten, 4verkürzte Zotten, Zotten mehr vorhanden Bedeutet eine Zottenatrophie gleich Zöliakie? Die charakteristischen Schleimhautveränderungen ab Typ Marsh 2 weisen in vielen Fällen auf eine Zöliakie hin. Dennoch kommt es bei einigen anderen Erkrankungen zu ähnlichen Veränderungen der Dünndarmschleimhaut. Zu diesen gehören z. B. eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, eine bakterielle oder durch Lamblien (einzelliger Parasit) ausgelöste Darminfektion, eine Autoimmunenteropathie, ein bösartiges Dünndarmlymphom (eine Form von Dünndarm-Krebs), eine Immunmangelerkrankung o. ä. Als Schlussfolgerung aus dieser Tatsache kann man ziehen, dass eine positive histologische Untersuchung zwar auf eine Zöliakie hindeutet, aber nicht alleine als Diagnosekriterium zu benutzen ist. Das gleiche gilt natürlich auch für serologische Untersuchungen. Eine Diagnose ist also immer aus der Gesamtheit von Vorgeschichte (Anamnese), den entsprechenden Beschwerden, sowie dem histologischen und serologischen Befund zu bilden. ZÖLIAKIE - DIAGNOSE !25 Thema 11 Assoziationen mit Zöliakie Zöliakie wird oft mit anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert, also tritt mit diesen oft gemeinsam auf. Ein besonders häufiges Auftreten ist von Zöliakie und Diabetes bzw. und Dermatitis Herpetiformis Duhring (DH) festzustellen. Bei Betroffenen einer Zöliakie tritt aber auch eine Laktoseintoleranz vermehrt auf. Diabetes mellitus Typ 1 Zöliakie tritt am häufigsten gemeinsam mit der Autoimmunerkrankung Diabetes mellitus auf. Dabei handelt es sich um den Diabetes mellitus Typ 1, also um den insulinabhängigen Diabetes. Unter Zöliakiebetroffenen leiden 5% zusätzlich an Diabetes, während bei den Typ-1Diabetikern ca. 6 bis 8% auch positive serologische und/oder 1 bis 3% auch positive histologische Ergebnisse aufzeigen (Siehe „Diagnose“, Seite 23). Da die Entwicklung eines Diabetes’ die Symptome einer Zöliakie zumeist verdeckt, wird in über 90% der Fälle zuerst der Diabetes diagnostiziert und anschließend eventuell eine Zöliakie. Manchmal weisen Typ-1Diabetiker auch vorerst negative Antikörpertests auf, obwohl der Patient bereits von einer Zöliakie betroffen ist. Nach einer gewissen Zeit fallen die Antikörpertests dann aber positiv aus. Im Gegensatz dazu gibt es auch einige Patienten, bei denen erhöhte Antikörperwerte festgestellt werden, wenngleich keine zöliakiespezifische Schleimhautveränderung (Mukosaveränderung) vorliegt. Diese Form kann ein Charakteristikum einer potentiellen Zöliakie (siehe „Das klinische Bild“, Seite 19) sein, bei der sich im weiteren Verlauf der Erkrankung unter großer Glutenzufuhr eine Zöliakie manifestieren kann, weshalb regelmäßige Untersuchungen für Betroffene ratsam sind. Aufgrund der hohen gemeinsamen Prävalenz dieser zwei Autoimmunerkrankungen sollten sich in jedem Fall Typ-1-Diabetiker auf Zöliakie untersuchen lassen und sich regelmäßig Kontrollen hinsichtlich der Manifestation einer Zöliakie unterziehen. Die Behandlung einer Zöliakie in Form einer Diät (siehe „Behandlung“, Seite 29) beeinflusst auch den Diabetes positiv, da der Metabolismus (Stoffwechsel) wieder intakt ist und so besser kontrolliert werden kann. Dadurch kann nicht selten der Insulinbedarf deutlich gesenkt werden. ZÖLIAKIE - ASSOZIATIONEN !26 Thema 11 Dermatitis Herpetiformis Duhring (DH) Bei Dermatitis Herpetiformis Duhring (DH) handelt es sich um die Form der Zöliakie, die sich als eine stark juckende Hauterkrankung äußert. Da DH immer mit Zöliakie assoziiert ist, wird sie auch als „Zöliakie der Haut“ bzw. als „Hautmanifestation der Zöliakie“ bezeichnet. Zu den charakteristischen Symptomen von DH gehören rötliche Papeln auf der Haut, die sich bei Betroffenen zumeist an Ellbogen und Unterarmen befinden. Die Zöliakie selbst ist bei Patienten von DH in den meisten Fällen nur gering ausgeprägt, wobei zöliakiespezifische Schleimhautveränderungen festgestellt werden können. Als wirkungsvollste Behandlung dieser Erkrankung gilt die Diät auf streng glutenfreier Nahrung. Allerdings kann das Ver- Abb. 19: Dapson ist ein antibiotischer und schwinden der Symptome mehrere Jahre in Anspruch entzündungshemmender Arzneistoff, der nehmen, weshalb neben der Diät zusätzlich eine vor allem zur Behandlung von Infektionsmedikamentöse Behandlung erfolgen sollte, wie z. B. krankheiten eingesetzt wird. mit Dapson. Laktoseintoleranz Bei Zöliakiebetroffenen kann im Zeitraum kurz vor bis nach der Diagnose zusätzlich eine Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) auftreten. Diese ist eine Folge der geschädigten Dünndarmschleimhaut (siehe „Die Dünndarmschleimhaut bei Zöliakie“, Seite 9). Bei Betroffenen führt die Aufnahme von besonders laktosehaltigen Lebensmitteln zu fortwährenden Symptomen wie Blähungen, Bauchschmerzen und allgemein zu Mangelerscheinungen von Mineralien, Vitaminen etc. Neben der streng glutenfreien Ernährung sollten Betroffene daher zudem Lebensmittel mit einem großen Laktosegehalt meiden, also Abb. 20: Prävalenz von Laktoseintoleranz: Je Milchprodukte (wie Vollmilch, Käse, Eis, usw.). dunkler der jeweilige Bereich ist, desto größer Wenn selbst nach Regeneration der Dünndarm- ist die entsprechende Prävalenz. Japan 97,5%, schleimhaut eine Laktoseintoleranz bestehen bleibt, Deutschland 17,5% und Schweden 5%. ist dies nicht mehr auf die Zöliakie, sondern auf einen Enzymmangel zurückzuführen. ZÖLIAKIE - ASSOZIATIONEN !27 Thema 11 Zöliakie - eine Autoimmunerkrankung Zöliakie ist wie Rheuma, Multiple Sklerose und Typ-1-Diabetes eine Autoimmunerkrankung. Bei einer Autoimmunerkrankung bekämpft das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe. Der Name „Autoimmunerkrankung“ ist aus der Tatsache entstanden, dass sich der Körper selbst bekämpft (griechisch autos = selbst), wodurch sich das Gewebe chronisch entzündet. Dabei halten die sogenannten T-Lymphozyten körpereigene Zellen irrtümlich für einen Feind und greifen diesen daher an. T-Lymphozyten bilden eine Gruppe aus weißen Blutzellen, die im Knochenmark erzeugt werden. Bei diesen Lymphozyten steht das „T“ im Namen für den Thymus, in dem sich die Zellen entwickeln. Sie dienen im Normalfall der Immunabwehr, indem sie Körperzellen auf krankhafte Veränderungen untersuchen, also zwischen körpereigenen und -fremden Eiweißmolekülen unterscheiden. Solange dies funktioniert und eine Immunreaktion vermieden wird, ist von einer Selbsttoleranz bzw. von einer Immuntoleranz die Rede. Eine Autoimmunkrankheit ist also auf eine falsche Reaktion des Immunsystems zurückzuführen, wobei sich der natürliche Schutzmechanismus durch die T-Lymphozyten gegen den Körper wendet. Antikörper Als Antikörper bezeichnet man Proteine (Eiweiße), welche als Reaktion auf sogenannte Antigene entstehen. Sie entstammen der Klasse der Globuline (Speicherproteine). Antikörper stehen normalerweise im Dienste des Immunsystems und werden von den B-Lymphozyten, einer Klasse weißer Blutzellen, produziert. Bei Zöliakie wird eine dem Patienten entnommene Blutprobe auf IgA-Antikörper (Immunglobulin A) gegen Gewebstransglutaminase (GTG) oder auf IgA-Antikörper gegen Endomysium (EmA) getestet (siehe „Serologische Diagnostik“, Seite 23). Immunglobulin A ist dabei ein Antikörper, der eine essentielle Abwehrbarriere gegen Krankheitserreger bildet. Bei Zöliakie bekämpft er allerdings körpereigenes Gewebe, vor allem das Endomysium. Endomysium bildet normalerweise eine Schicht aus Bindegewebe, welche vorwiegend für die Reißfestigkeit der Muskeln bedeutsam ist. ZÖLIAKIE - EINE AUTOIMMUNERKRANKUNG !28 Thema 11 Behandlung Die bis heute einzig mögliche Behandlung einer Zöliakie stellt eine lebenslange Diät auf streng glutenfreie Nahrung dar. Bei penibler Einhaltung der Diät setzt schon schnell eine Besserung der Beschwerden ein. Dabei sollte sich der Dünndarm spätestens nach 12 Monaten vollständig regeneriert und seine natürliche Resorptionsleistung erreicht haben. Dadurch können zudem mögliche langfristige Komplikationen vermieden werden. In der ersten Zeit der Diät werden vom Arzt des öfteren Nahrungsergänzungsmittel verschrieben, um die Mangelerscheinungen möglichst schnell in den Griff zu bekommen. Besonders der Mangel an Eisen, Kalzium, Magnesium und Vitamin B12 tritt bei Zöliakiebetroffenen zum Zeitpunkt der Diagnose regelmäßig auf. Hinsichtlich der streng glutenfreien Diät ist eine Aufklärung über versteckte Glutenquellen (siehe „Verstecke Glutenquellen“, Seite 15) zwingend notwendig. Vor allem wenn der Patient zusätzlich von einer Begleiterkrankung betroffen ist, wie etwa Diabetes mellitus Typ 1 (siehe „Assoziationen mit Zöliakie“, Seite 26), sollte eine Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft mit dem Aspekt auf die Diät beider Erkrankungen stattfinden. Bei Kindern sollte insbesondere das Wachstum bzw. die körperliche Entwicklung bei regelmäßig durchgeführten Kontrollen vom Arzt beobachtet werden, um eine Wachstumsstörung frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Beachtet man diese Punkte stellt die glutenfreie Ernährung und damit ein beschwerdefreies Leben als Zöliakieerkrankter nach einer gewissen Zeit keine Schwierigkeit mehr dar. Kann man Zöliakie vorbeugen? Laut der neusten Studie „New therapeutic strategies for celiac disease“ (Lerner A et al., 2010) soll Zöliakie bestmöglich vorgebeugt werden können, indem ein Neugeborenes in den ersten Monaten nach der Geburt kein Gluten zu sich nimmt. Zwischen dem vierten und dem siebten Monat sollte dann stufenweise glutenhaltige Kost zusätzlich zur Muttermilch verabreicht werden. Diese Maßnahme soll die Entwicklung einer Zöliakie verhindern bzw. immerhin die Manifestation der Krankheit verzögern können. ZÖLIAKIE - DAS KLINISCHE BILD !29 Thema 11 Nachwort Die Diagnose von Zöliakie bzw. von glutsensitiver Enteropathie wird einen Betroffenen im ersten Moment zwar hart treffen, ihm vielleicht den Boden unter den Füßen wegreißen und in einen Schockzustand versetzen, doch nach einer gewissen Zeit wird man gelernt haben, mit der Krankheit umzugehen und sich in sein Schicksal zu fügen. Auch wenn der Verzicht auf jegliche glutenhaltige Nahrung einen großen Verlust darstellt, wird man sich dennoch ausgewogen und ebenso vielseitig ernähren können, da mittlerweile eine Vielzahl von glutenfreien Alternativprodukten - wenn auch zu einem deutlich höheren Preis - für Zöliakiekranke zur Verfügung stehen. Trösten kann man sich als Betroffener vielleicht mit der Tatsache, dass man bei dieser Autoimmunerkrankung lebenslang keine Medikamente zu sich nehmen muss, sondern „nur“ auf einen Teil der Nahrung verzichtet. Die Vorstellung ein Betroffener der Zöliakie zu sein ist angesichts der hohen Prävalenz nicht unwahrscheinlich. Immerhin sind schätzungsweise über 2,7 Milliarden Menschen der weltweiten Bevölkerung bereits jetzt von Zöliakie betroffen, auch wenn diese bei dem Großteil der Erkrankten noch nicht diagnostiziert wurde. Aufgrund dieser hohen Prävalenz von Zöliakie wird intensiv an der Entwicklung von verschiedensten Behandlungsmöglichkeiten geforscht, wobei momentan drei Ansätze verfolgt werden: Das Ziel eines Ansatzes ist es, durch einen medikamentösen Einsatz den Grenzwert bei Zöliakiebetroffenen so zu lockern, dass kleinere Mengen an Gluten in Verbindung mit einem Medikament beschwerdefrei und ohne Folgen aufgenommen werden können. Besonders die Entwicklung von Glutenasen soll dabei einen erfolgsversprechenden Ansatz darstellen. Als ein weiterer Ansatz wird die Möglichkeit einer Impfung erforscht, wodurch die glutenfreie Ernährung überflüssig werden könnte. Als letzter Ansatz gilt die Möglichkeit, bereits beim Getreide anzusetzen, indem man die Pflanze genetisch so verändert, dass das Gluten aus ihr verschwindet. Da die Prävalenz von Zöliakie weltweit stetig steigt, ist davon auszugehen, dass uns diese Krankheit auch in ferner Zukunft noch beschäftigen wird. Gerade in Afrika sollte man damit rechnen, dass die großen Weizenimporte, aufgrund derer glutenärmerer, heimischer Wildweizen kaum noch verzehrt wird, zukünftig mit einer steigenden Anzahl von Zöliakiefällen einhergehen. Für an Zöliakie Interessierte oder bereits selbst Erkranke stellt die DZG (Deutsche Zöliakie Gesellschaft) auf ihrer Internetseite umfangreiche Berichte zu Themen wie glutenfreie Ernährung, Tipps für den glutenfreien Alltag, medizinische Berichte zum aktuellen Forschungsstand etc. zusammen. Link: www.dzg-online.de ZÖLIAKIE - DAS KLINISCHE BILD !30 Thema 11 Quellenverzeichnis Abbildungen: Seite: Abb.- Link oder Buchname: Nr.: 1 1 http://www.naturkostkorzer.de/files/glutenfrei..jpg 8 2 http://www.magen.hexal.de/grundwissen/_images/duenndarm.jpg 8 3 W. Siegenthaler, W. Kaufmann, H. Hornbostel, H. D. Waller: Lehrbuch der inneren Medizin, Georg Thieme Verlag Stuttgart/New York, 1987, S. 967 9 4 W. Siegenthaler, W. Kaufmann, H. Hornbostel, H. D. Waller: Lehrbuch der inneren Medizin, Georg Thieme Verlag Stuttgart/New York, 1987, S. 967 9 5 http://user.medunigraz.at/helmut.hinghofer-szalkay/small_intestine.jpg 10 6 Eigene Produktion, Vorlage: Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010 10 7 Eigene Produktion 10 8 Eigene Produktion 11 9 http://www.apotheken-umschau.de/multimedia/17/43/298/83322101777.jpg 12 10 Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010 12 11 Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010 12 12 Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010 12 13 Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010 13 14 http://files.dr-barbara-hendel.de/files/uploads/blog/wenn-muesli-brot-und-nudelnkrank-machen.jpg 14 15 http://vollwert-blog.de/wp-content/uploads/2013/06/Getreideauswahl.jpg 14 16 http://www.kalorio.de/Img/BPics/Mais.jpg 15 17 http://www.naturallandfree.com/wp-content/uploads/2014/03/ naturall_sd_produktheader_penne_streifen.jpg 19 18 Eigene Produktion 27 19 Eigene Produktion 27 20 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/67/ Laktoseintoleranz-1.svg/2000px-Laktoseintoleranz-1.svg.png ZÖLIAKIE - DAS KLINISCHE BILD !31 Thema 11 Inhalt: Thema: Link oder Buchname: Allgemeines zur Zöliakie W. Siegenthaler, W. Kaufmann, H. Hornbostel, H. D. Waller: Lehrbuch der inneren Medizin, Georg Thieme Verlag Stuttgart/New York, 1987, S. 966-970 Allgemeines zur Zöliakie Karl-Hein Niessen: Pädiatrie, edition medizin, VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim, 1989, S. 110 ff, 112, 117, 122, 155, 231 Jahresverbrauch von Nahrungsmittel je Kopf Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), 2010: Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bonn, (206. Verbrauch von Nahrungsmittel je Kopf) Glutenfreie Lebensmittel Glutenfreie Lebensmittel, http://www.was-ist-zoeliakie.de/glutenfreie-lebensmittel/ Eigenschaften von Mais Mais das Märchen vom glutenfreien Allheilmittel, http://www.kochwerte.de/artikel/ mais-das-maerchen-vom-glutenfreien-allheilmittel Glutenfreie Mehle Springlane, Glutenfrei backen: So lässt sich Weizenmehl einfach ersetzen, https:// www.springlane.de/magazin/glutenfrei-backen-laesst-sich-weizenmehl-einfach-ersetzen/#glutenfreie-mehle Versteckte Glutenquellen DEBInet, Verbotene und erlaubte Lebensmittel, http://www.ernaehrung.de/tipps/zoeliakie/ zoli13.php Versteckte Glutenquellen Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V., Hier kann Gluten enthalten sein, http://www.dzg-online.de/hier-kann-gluten-enthalten-sein.30.0.html Prävalenz der Zöliakie in den 80er W. Siegenthaler, W. Kaufmann, H. Hornbostel, H. D. Waller: Lehrbuch der inneren Medizin, Georg Thieme Verlag Stuttgart/New York, 1987, S. 966 Prävalenz der Zöliakie QUERFOOD, Häufigkeit von Zöliakie, http://www.querfood.de/Haeufigkeit-von-Zoeliakie:_:1065.html Prävalenz der Zöliakie EUFIC, Zöliakie in Europa auf dem Vormarsch, http://www.eufic.org/article/de/artid/ Coeliac-disease-on-the-rise-in-Europe/, 11/2012 Prävalenz der Zöliakie Dr. Falk Farmer GmbH, Freiburg, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart/New York, Gluten-induzierte Enteropathie - Zöliakie: ein unterschätztes Krankheitsbild, https://www.thiemeconnect.com/products/ejournals/html/10.1055/s-0034-1397323, 09/2014 Prävalenz der Zöliakie Welt-Zöliakie-Tag, Was ist Zöliakie/Sprue?, http://www.welt-zoeliakie-tag.de/was-istzoeliakie, 27.06.2014 Verlaufsformen der Zöliakie Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V., Definitionen, http://www.dzg-online.de/definitionen.358.0.html Verlaufsformen der Zöliakie Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010 Symptome Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010 AutoImmunerkrankungen Bettina Dobe, Was sind Auto-Immunerkrankungen?, http://www.apotheken-umschau.de/ Immunsystem/Was-sind-Autoimmun-Erkrankungen-208757.html, 29.02.2016 Assoziationen mit Zöliakie Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V., Autoimmunerkrankungen, https://www.dzg-online.de/autoimmunerkrankungen.349.0.html Antikörper Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V., Antikörper, http://www.dzg-online.de/antikoerper. 359.0.html Antikörper Gesundheitsportal, Antikörper gegen Endomysium (IgA), https://www.gesundheit.gv.at/ Portal.Node/ghp/public/content/labor/referenzwerte/laborwerte-ttga-igattaaq3.html, 23.05.2014 ZÖLIAKIE - DAS KLINISCHE BILD !32 Thema 11 Thema: Link oder Buchname: Historie der Zöliakie Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010, S. 8 Diagnose Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010, S. 19-20, 28 Symptome der Zöliakie Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V.: Zöliakie/Sprue, DZG Medizin, 2010, S. 24-25 ZÖLIAKIE - DAS KLINISCHE BILD !33 Thema 12 Thema 12 Lebensmittelfarbstoffe Anna Bella Rohweder Inhalt: 1. Lebensmittelfarbstoffe S. 2 2. Farbigkeit S. 3 • Über die Eigenschaften von Licht S. 3 • Anregung von Elektronen S. 4 • Absorption von Lichtquanten als Energie durch anregbare • Elektronen in farbigen Molekülen S. 5 3. Unterscheidung von Lebensmittelfarbstoffen S. 7 • Natürliche Farbstoffe S. 7 • Naturidentische Farbstoffe S. 8 • Synthetische Farbstoffe S. 8 • Azofarbstoffe S. 8 • Synthese eines Azofarbstoffes S. 9 4. Echter oder falscher Lachs S. 12 5. Tabelle aller Lebensmittelfarbstoffe S. 14 1 Thema 12 Lebensmittelfarbstoffe Lebensmittelfarbstoffe gehören zu den Lebensmittelzusatzstoffen. Diese müssen von der Lebensmittelindustrie auf Verpackungen erkenntlich gemacht werden, weshalb jedem Lebensmittelzusatzstoff eine Nummer zugeordnet ist, mit einem großen E davor. Die Gruppe der Lebensmittelfarbstoffe ist erkennbar an den Nummern E-100 bis E-200. Der durchschnittliche Verbraucher von Lebensmitteln aus dem Supermarkt hat eine Vorstellung wie diese aussehen sollten, z.B. das Himbeerbonbons rot sein sollten oder Lachs orange/rosa. Um diese Erwartungen zu erfüllen, welche auch teilweise durch Werbung mit Bildern entstanden, werden Lebensmittel gefärbt. Oft werden gefärbte Lebensmittel den ungefärbten vorgezogen, da sie beispielsweise frischer erscheinen. Auch werden durch die Färbung von Lebensmitteln eventuelle verarbeitungsbedingte Farbveränderungen oder Farbverluste wieder ausgeglichen, z.B. bei Fruchtjoghurt. Heutzutage werden Lebensmittel auch gefärbt um aus der Masse ungefärbter Lebensmittel herauszustechen, wodurch sie dann ungewöhnlich, witzig oder absurd erscheinen und somit auch anziehend wirken können, wie z.B. blaue Erdbeeren. Allerdings sind nicht alle Zusatzstoffe ungefährlich für den Menschen und gut verträglich. Aus diesem Grund wurde für viele Lebnsmittelzusatzstoffe und somit auch für Farbstoffe ist ein ADI-Wert definiert, an welchem erkennbar ist, wie schädlich oder unbedenklich ein bestimmter Zusatzstoff ist. ADI steht für den englischen Ausdruck „Acceptable Daily Intake“ welcher mit „erlaubte Tagesdosis“ ins Deutsche übersetzt werden kann. Der ADI ist in mg pro kg Körpergewicht definiert. Er definiert die Dosis, welche ein Mensch lebenslänglich, pro Tag, zu sich nehmen kann, ohne das schädliche Auswirkungen zu erwarten sind. Ermittelt wird der ADI an Tierversuchen. Hierbei wird ein Stoff einer Ratte zugefügt, bis gesundheitsschädigende Reaktionen festgestellt werden können. Diese Dosis wird dann auf das Körpergewicht eines Menschen umgerechnet und durch den Sicherheitsfaktor 100 geteilt. Die Geschichte der Farbstoffe ist sehr lang und reicht sogar zurück bis zu der Zeit der Ägypter, welche schon mit Indigo färbten. Am interessantesten ist die Entwicklung der Lebensmittelfarbstoffe allerdings ab dem 19. Jahrhundert. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der erste synthetische Farbstoff Mauvein entdeckt (1856), welcher allerdings nicht als Lebensmittelfarbstoff eingesetzt wurde. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele weitere synthetische Farbstoffe entdeckt, welche hauptsächlich für Textilien genutzt wurden. 2 Thema 12 Auch schon einige Azofarbstoffe wurden synthetisiert, welche meist auf Erdöl- oder Teerbasis aufgebaut waren. Um 1975 gab es allerdings noch keine Gesetzte, die definierten, welche Substanzen in Lebensmitteln enthalten sein durften und welche nicht. Auch war man sich Teilweise gar nicht der Giftigkeit mancher Stoffe bewusst und so wurde zu dieser Zeit noch Käse mit Quecksilber, Zuckerwaren mit Bleioxiden und Wein mit Fuchsien gefärbt. Erst 1887 wurde das erste Gesetzt zum Verbot von Einsatz von schwermetallhaltigen Lebensmittelzusatzstoffen verabschiedet. Im Laufe der Jahre wurden immer mehr synthetische Farbstoffe verboten. Von ehemals (1970) 80 gesundheitsschädlichen Zusatzstoffen sind nur noch sieben zugelassen. Erst 1993 wurde europaweit das Lebensmittelgesetz einigermaßen angeglichen. Auch heute sind immer noch nicht alle Nebenoder Langzeitwirkungen von Lebensmittelzusatzstoffen bekannt und es gibt Differenzen der Länder was das Lebensmittelgesetz und die Zulassung einzelner Stoffe betrifft. Farbigkeit Um zu verstehen, warum uns Dinge farbig erscheinen, muss man die Eigenschaften von Licht betrachten, die Eigenschaft von Elektronen angeregt zu werden und Die Eigenschaft von Dingen Licht zu absorbieren. Verbindet man dann diese Vorkenntnisse miteinander, so ist es ein Leichtes nachzuvollziehen, warum wir in einer bunten Welt leben. Über die Eigenschaften von Licht Licht spielt in der Erklärung der Farbigkeit eine der größten Rollen, denn ohne Licht sehen wir auch keine Farben. Wenn wir von Licht sprechen meinen wir damit meist den Bereich der elektromagnetischen Strahlung, der für uns sichtbar ist. In der Physik gilt als Licht aber auch der gesamte Bereich der Elektromagnetischen Strahlung. Elektromagnetische Strahlen haben unterschiedliche Längen welche in Nanometern (nm) gemessen werden. Die für uns als Licht sichtbaren Strahlen haben eine Länge von 380-780 nm. Dieser Bereich wird auch VIS-Bereich genannt, was sich von dem englischen Wort visible ableitet. Sind die Wellenlängen des Lichtes kürzer als 380 nm befindet man sich im Bereich der Ultraviolettstrahlung (kurz UV-Strahlung). Sind die Wellen länger als 780 nm spricht man von der Infrarotstrahlung (kurz IR-Strahlung). 3 Thema 12 Licht welches uns als weiß erscheint setzt sich aus Licht aller Farbspektren zusammen, wobei jede Farbe von Licht eine andere Wellenlänge hat. Anfang des 20. Jahrhunderts fand Albert Einstein heraus, das Licht nicht nur in Form von wellenförmigen Strahlen zu betrachten ist, sonder auch als Strom von Energiepaketen definiert werden kann. Diese Energiepakete nennen wir Photonen. Die Energie eines Photons (E) hängt mit der Wellenlänge des Lichtes (λ) zusammen. E = (h·c) / λ ( h·c = const.) Das bedeutet, je langwelliger das Licht ist, desto geringer ist die Energie der Photonen. Außerdem kann Licht absorbiert werden, von Molekülen welche fähig sind Energie aufzunehmen, wie z.B. anregbare Elektronen. Diese Moleküle nehmen dann eine bestimmte Menge an Photonen auf. Anregung von Elektronen Wenn davon gesprochen wird ein Elektron anzuregen ist damit gemeint es auf ein höheres Energieniveau anzuheben. Dies passiert durch die Zufuhr von Energie. Allerdings unterscheiden sich die Energieniveaus um einen ganz bestimmten Betrag an Energie und genau dieser muss von dem Elektron absorbiert werden, damit es auf ein höheres Niveau angehoben wird. Die Energie muss also genau dem Betrag entsprechen, welcher den Unterschied ausmacht, zwischen der höchsten Energie des niedrigeren Niveaus und der geringsten Energiemenge die für das höhere Energieniveau nötig ist. Und auch nur diese Menge an Energie kann von einem Elektron absorbiert werden, denn jedes Elektron kann nur eine bestimmte Menge an Energie aufnehmen. An Hand des Bohrschen Atommodells ist dies gut nachvollziehbar. 4 Thema 12 Wenn davon ausgegangen wird, dass sich die negativ geladenen Elektronen auf verschiedenen Bahnen (den Schalen des Modells) um den positiv geladenen Kern befinden, dann entspricht jede Schale einem Energieniveau. Zwischen den Schalen können die Elektronen sich nicht aufhalten, was deutlich macht, dass sie immer nur bestimmte und nicht beliebige Mengen von Energie aufnehmen können. Durch die Absorption von dieser bestimmten Energiemenge (in diesem Beispiel entspräche die Menge dem Energieunterschied von der K- zur L-Schale) kann ein Elektron eine Schale weiter nach außen „springen“. Durch die größere Menge an negativer Ladung stößt das Elektron sich quasi weiter vom positiv geladenen Kern ab. Sobald die Energiezufuhr beendet wird springt es wieder zurück. Absorption von Lichtquanten als Energie durch anregbare Elektronen in farbigen Molekülen Alle farbigen Moleküle enthalten anregbare Elektronen, z.B. in Doppelbindungen oder als delokalisierte Elektronen wie beim Benzol. Wenn diese Elektronen nun von Licht angestrahlt werden, werden sie angeregt und absorbieren dabei Energie. Bei dieser Energie handelt es sich um Photonen. Da ein Elektron immer eine ganz bestimmte Menge an Energie benötigt um auf ein höheres Energieniveau gehoben zu werden, absorbiert es auch nur genau diese Menge. In diesem fall entspricht diese Menge einer bestimmten Anzahl an Photonen und somit einer bestimmten Wellenlänge eines Lichtstrahls. Und da jede Wellenlänge von Licht einem anderen Farbbereich entspricht, wird auch immer ein anderer Farbbereich absorbiert. Als farbig sehen wir dann das Licht, welches nicht absorbiert, sondern reflektiert wird. Dies entspricht immer genau der Komplementärfarbe zu dem absorbiertem Licht. Ein Beispiel hierfür ist der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll. Er absorbiert Lichtstrahlen die ca. einer Länge von 600 nm entsprechen und somit rot scheinen. Reflektiert wird dann die Farbe, welche von dem weißen Licht über bleibt, die Komplementärfarbe zu rot, grün. Unterschiedliche Farben sehen wir also aus dem Grund, dass alle Elektronen unterschiedlich 5 Thema 12 viel Energie benötigen um angeregt zu werden. Farbkreis: In der Mitte die drei Grundfarben, an welche sich jene anschließen die aus ihrer Mischung entstehen. In dem äußeren Kreis steht jede Farbe ihrer Komplementärfarbe gegenüber. Die wichtigste Eigenschaft eines farbigen Moleküls muss also diese sein, Licht absorbieren zu können. Für diese Funktion sind in jedem Farbstoff die Chromophoren zuständig, welche auch Farbträger genannt werden. Wichtig ist dabei, dass diese Chromophoren delokalisierte Elektronen enthalten, z.B. in Form von Doppelbindungen. Delokalisiert bedeutet hierbei, dass ein Elektronenpaar nicht eindeutig einem Atom zuzuordnen ist. Oft sind dies Doppel- oder Dreifachbindungen, da diese reaktionsfreudig sind und sich aus diesem Grund schnell mit einem anderen Atom binden und ihre Position quasi wechseln. Hier ein Beispiel für delokalisierte Elektronenpaare am Beispiel Azobenzol, des einfachsten Azofarbstoffes: 6 Thema 12 Verschiede Chromophore, welche alle Doppelbindungen mit anregbaren Elektronen enthalten. Unterscheidung von Lebensmittelfarbstoffen Die Lebensmittelfarbstoffe lassen sich in drei Hauptgruppen unterteilen. Die natürlichen Farbstoffe, die naturidentischen Farbstoffe und die synthetischen Farbstoffe. Natürliche Farbstoffe Die natürlichen Farbstoffe werden aus natürlichen Rohstoffen, pflanzlichem oder tierischem Ursprungs gewonnen. Wie z.B. das Chlorophyll, welches in der Natur als grüner Pflanzenfarbstoff vorkommt, oder der Farbstoff Karmin, welcher aus der Cochenilleblattlaus gewonnen wird. Eine große Untergruppe der natürlichen Farbstoffe sind die Carotinoide, welche in vielen Lebensmitteln von Natur aus enthalten sind, welche aber auch extrahiert und dann neu verwendet werden. Carotinoide sind z.B. in Karotten, Tomaten, Paprika, Orangen aber auch in Hummer und Lachs enthalten. Das wohl bekannteste ist der Farbstoff aus der Karotte, das β-Carotin. Strukturformel des Beta-Carotins. 7 Thema 12 Naturidentische Farbstoffe Naturidentische Farbstoffe kommen auch in der Natur vor, werden aber inzwischen synthetisch hergestellt, meist aus wirtschaftlichen Gründen. So z.B. auch der gelbe Farbstoff Riboflavin, welcher in Milch, Eiern und Hefe natürlich vorkommt. Das erste mal wurde er aus Milch isoliert, unter dem Namen Lactoflavin. Heutzutage wird er synthetisch hergestellt, hat aber noch genau die gleiche Struktur wie der natürliche Farbstoff und findet Verwendung in Puddingpulver oder Gebäck. Synthetische Farbstoffe Die synthetischen Farbstoffe werden industriell hergestellt. Der erste synthetische Farbstoff war Mauvein, welcher 1856 das erste Mal synthetisiert wurde. Die synthetischen Farbstoffe teilen sich in viele Untergruppen, welche hauptsächlich nach unterschiedlichen Chromophoren unterteilt sind. Z.B. gibt es die Triarylmethanfarbstoffe zu denen Patentblau V oder Brillantsäuregrün AS gehören. Verwendet werden sie meist in Süßwaren oder Getränken. Da sie zu großen Teil unverändert wieder ausgeschieden werden gelten sie als relativ unproblematisch. Azofarbstoffe Die größte Gruppe der synthetischen Farbstoffe bilden die Azofarbstoffe Sie enthalten als Chromophor alle die Azogruppe, welche aus zwei Stickstoffatomen besteht die durch eine Doppelbindung verbunden sind. Die allgemeine Formel der Azofarbstoffe lautet dementsprechend so: R₁ -N=N-R₂. Beide Reste sind in der Regel aromatisch (wie z.B. ein Benzolring). Ausgangskomponente für einen solchen Farbstoff ist aromatisches Amin (Derivat von Ammoniak), wie z.B. Anilin welches aus einem Benzolring und einer Aminogruppe besteht. Die Aminogruppe ist hierbei sehr wichtig, da ihr freier Bindungsarm benötigt wird und in allen Ammoniakabkömmlingen enthalten. In der Industrie sind diese Farbstoffe sehr beliebt, da sie gut mischbar und farbecht sind und besonders kräftige Farben erzielen. Allerdings gelten viele der Azofarbstoffe als Krebserregend, stehen im Verdacht ADHS oder Asthma auszulösen, oder sind sehr giftig, so wie Buttergelb, welches schon 1938 verboten wurde. 8 Thema 12 Synthese eines Azofarbstoffes Die Herstellung von Azofarbstoffen ist in zwei Schritte unterteilt, wobei sich der erste wiederum in zwei Schritte unterteilt: 1. Diazotierung a) Bildung des Nitrosylkations b) Bildung des Diazoniumions 2. Azokupplung Als Beispiel dient nun die Betrachtung der Synthese des Farbstoffes Orange II. Für diese benötigt man Beta-Naphtol als Aromaten, Sulfanilsäure als Anelinderivat (incl. Aminogruppe) außerdem Natriumnitrit, Essigsäure und Ethanol. 1. a) Als erstes reagiert das Natriumnitrit mit der Essigsäure und wird zu Salpetriger Säure und Natriumacetat. Die Salpetrige Säure reagiert dann weiter im sauren Millieu, wodurch sich das Nitrosylkation von dem Rest isoliert. Dieses ist durch seine vielen Bindungsarme stark elektrophil. 9 Thema 12 b) Daraufhin verbindet sich die Sulfanilsäure mit dem Nitrosylkation zu dem Diazoniumion. Es ist wichtig, dass hier ein Substituent mit einer Aminogruppe verwendet wird, da der freie Bindungsarm des Stickstoffes sich mit dem Stickstoffatom des Nitrosylkations verbinden kann. Dadurch entsteht dann eine Doppelbindung zwischen zwei Stickstoffatomen und somit die Azogruppe. Die zwei Wasserstoffatome und das Sauerstoffatom werden zu einem Rest aus Wasser. Dieses Diazoniumion eignet sich auch für eine Mesomerie, bei welcher ein freier Bindungsarm eines Stickstoffatoms sich auch noch mit dem zweiten verbindet, wodurch dann eine Dreifachbindung entsteht. 10 Thema 12 2. Der letzte Schritt ist die Azokupplung, bei welcher sich das Diazoniumion mit dem BetaNaphtol verbindet. Da das Diazoniumion einen starken elektrophilen Charakter besitzt verbindet es sich leicht mit dem Benzolring des Beta-Naphtols. Aus diesem wird ein Wasserstoffatom entfernt, welches den Rest zu H₃ O werden lässt. Orange II C₁ ₆ H₁ ₁ N₂ NaO₄ S Als Endprodukt ist nun der Azofarbstoff Orange II entstanden, welcher allerdings nicht zu den Lebensmittelfarbstoffen zählt sondern hier nur als Beispiel diente. Er wird für die Färbung von Wolle, Seide und Kosmetik verwendet. 11 Thema 12 Echter oder falscher Lachs Im Laufe dieses Referates habe ich auch einen Versuch durchgeführt, dessen Verlauf und Erklärung ich nun schildern werde. Bei dem Versuch ging es darum, echten Lachs von gefärbtem Lachsersatz zu unterscheiden Versuchsbeschreibung Aufbau: Lachs, Lachsersatz, Ethanol, zwei Reagenzgläser Durchführung: Der Lachs und der Lachsersatz wurden jeweils in eins der Reagenzgläser gefüllt. Danach wurden beide Proben mit Ethanol übergossen und die Reagenzgläser verschlossen und kräftig geschüttelt. Beobachtung: Das Ethanol in dem Reagenzglas mit dem Lachsersatz färbe sich leicht orange, das Ethanol in dem Glas mit dem echten Lachs blieb komplett farblos. Erklärung: Lachs erhält seine orangene Färbung durch die Einlagerung von Astaxanthin. Astaxanthin ist ein Carotinoid und ist in bestimmten Algenarten aufzufinden, welche es produzieren. Diese Algen werden dann von kleinen Krebstierchen gefressen und lagern das Astaxanthin in ihren Schalen ein. Diese Krebstierchen stellen die Hauptnahrungsquelle der Lachse da. Da der Lachs den Farbstoff in seinem Muskelgewebe einlagert kann er auch durch eine Behandlung mit Ethanol nicht aus dem Fleisch gelöst werden. Die Strukturformel von Astaxanthin 12 Thema 12 Bei der Herstellung von Lachsersatz wird Fisch verwendet, der sowohl günstiger, als auch farbloser ist als Lachs, wie z.B. der Köhler. Der Köhler oder auch Kohlfisch ist auch unter dem Namen Seelachs bekannt, gehört allerdings nicht zur Familie de Lachse. Dieser Fisch wird dann mit Farbstoffen behandelt. Bei diesen Farbstoffen handelt es sich um die beiden Azofarbstoffe Gelborange S und Cochenillerot A. Diese werden verwendet, da sie die für Azofarbstoffe typische Eigenschaft haben, sich gut mischen zu lassen, so dass aus Rot und Relb ein kräftiges Orange entsteht. Da der Lachsersatz nur äußerlich mit den Farbstoffen behandelt wurde lassen diese sich durch Ethanol von dem Fleisch lösen. Lachsersatz ist in jedem Supermarkt unter diesem Namen erhältlich und unterscheidet sich äußerlich tatsächlich kaum von echtem Lachs. Gelborange S ist die Nummer E 110 zugeordnet und ein ADI Wert von 1,0, welcher 2005 von 2,5 gesenkt wurde. Cochenillerot A ist die Nummer E 124 zugeordnet und ein ADI Wert von lediglich 0,7. Es wird als krebserregend eingestuft und steht im Verdacht Symptome des ADHS auszulösen und an der Auslösung von Neurodermitis und Asthma beteiligt zu sein. Auf Produkten welche den Farbstoff enthalten muss ein Warnhinweis stehen, welcher darauf hinweist, dass das Produkt die Aufmerksamkeit von Kindern beeinflussen kann. In den USA, Finnland und Norwegen ist Cochenillerot A bereits verboten. Cochenillerot A Gelborange S Der geringe ADI beider Farbstoffe ist schon ein Hinweis für negative Auswirkung auf den Menschlichen Körper. Denn durch den ADI ist die tägliche Dosis eines Stoffes definiert, die unbedenklich aufgenommen werden kann. Und je geringer diese Dosis ist, desto bedenklicher ist der Zusatzstoff. 13 Thema 12 Tabelle aller Lebensmittelfarbstoffe E Nummer Name Farbe E 100 Curcumin Orange-gelb E 101 Riboflavin Gelb E 101 a Riboflavin-5Phosphat Gelb E 102 Tartrazin Gelb 7,5 E 104 Chinolingelb Grün-gelb 0,5 E 110 Gelborange S Gelb-orange 1 E 120 Karmin Rot 5 E 122 Azorubin Rot 4 E 123 Amaranth Rot 0,8 E 124 Cochenillerot A Rot 0,7 E 127 Erythrosin Rot 0,1 E 129 Allurarot AC Rot 7 E 131 Patentblau V Hellblau 15 E 132 Indigotin I Dunkelblau 5 E 133 Brillantblau FCF Hellblau 0,1 E 140 Chlorophylle Grün E 141 Kupferhaltige Komplexe des Chlorophylle Grün 15 E 142 Grün S Grün 5 E 150 a Zuckerkulör Braun E 150 b SulfitlaugenZuckerkulör Braun 300 (für E 150 a-d zusammen) E 150 c AmmoniakZuckerkulör Braun E 150 d AmmonsulfitZuckerkulör Braun E 151 Brillantschwarz BN Schwarz E 153 Pflanzenkohle Schwarz E 154 Braun FK Braun 0,15 E 155 Braun HT Braun 3 E 160 a Beta-Carotin Orange-gelb 5 14 ADI 5 Thema 12 E 160 b Antto, Bixin, Norbixin Gelb-orange E 160 c Capsanthin Orange-rot E 160 d Lycopin Orange E 160 e Beta-apo-8-Carotinal Orange-rot E 160 f Beta-apo-8Carotinsäureethylester Orange-rot bis gelb 5 E 161 b Lutein Gelb 2 E 161 g Canthaxanthin Orange-rot 0,05 E 162 Betanin Rot-violett E 163 Anthocyane Rot, blau, braun E 170 Calciumcarbonat Weiß E 171 Titandioxid Weiß E 172 Eisenoxide und -hydroxide Gelb, rot, schwarz E 173 Aluminium Metallisch E 174 Silber Silber E 175 Gold Gold E 180 Litholrubin BK Rot Quellenverzeichnis: www.Wikipedia.de www.chemie.de www.chids.de www.grin.com www.youtube.de/sofatutor www.youtube.de/theSimpleChemics www.ChemieLV.net 15 1,5 für die Summe von Bixin und Norbixin 2,5 für Anatto 5 0,14 1,5 THEMA 13 THEMA 13 Car e -Charlotte Ro berger Inhaltsverzeichnis Einleitung .............................................................................................................. 3 Kunststoffe ............................................................................................................ 4 Umweltverschmutzung durch Plastik ................................................................... 6 Was ist Bioplastik? ................................................................................................ 8 Die Zeichen, die unter anderem auf Bioplastik hinweisen ..................................................... 9 Preisvergleich: (€/Kg)........................................................................................................... 10 Produktion im Laufe der Jahre: ............................................................................................ 10 1 THEMA 13 Polymilchsäure (C3H4O2) .................................................................................... 11 Aufbau:................................................................................................................................. 11 Herstellung: .......................................................................................................................... 12 Eigenschaften: ...................................................................................................................... 13 Verwendungsaspekte: .......................................................................................................... 13 PCL ...................................................................................................................... 14 Aufbau:................................................................................................................................. 14 Herstellung: .......................................................................................................................... 14 Eigenschaften: ...................................................................................................................... 14 Verwendungsaspekte: .......................................................................................................... 14 Celluloseester ...................................................................................................... 15 Geschichte: ........................................................................................................................... 15 Aufbau:................................................................................................................................. 15 Eigenschaften: ...................................................................................................................... 15 Verwendungsaspekte: .......................................................................................................... 15 Biokunststoffe aus Holz und anderen Naturstoffen ............................................ 16 Aufbau:................................................................................................................................. 16 Die Strukturformel von Lignin: ........................................................................................... 16 Herstellung: .......................................................................................................................... 16 Eigenschaften: ...................................................................................................................... 17 Verwendungsaspekte: .......................................................................................................... 17 Polyhydroxyalkanoate (PHA) ............................................................................. 18 Aufbau:................................................................................................................................. 18 Eigenschaften: ...................................................................................................................... 18 Verwendungsaspekte: .......................................................................................................... 18 Polyhydroxybutyrat (PHB).................................................................................. 19 Aufbau:................................................................................................................................. 19 Die Synthese von PHB:........................................................................................................ 19 Weitere Polykondensate ...................................................................................... 20 Aufbau:................................................................................................................................. 20 Schlusswort.......................................................................................................... 21 Quellennachweise ................................................................................................ 22 2 THEMA 13 Einleitung Wir verschmutzen unsere Umwelt immer mehr, durch Müll, Abgase und vieles mehr. Unter anderem spielt in der Umweltverschmutzung das Plastik eine große Rolle. Durch Plastik entstehen immense Schäden, die noch viele weitere Folgen haben werden, die noch nicht abzusehen sind. Auf diese Schäden wurde ich in letzter Zeit, durch die Jahresarbeit eines Mitschülers, durch Zeitungsartikel und anderes aufmerksam. Also entschloss ich mich, diesen Folgen und vor allem der Vermeidung von solchen, auf den Grund zu gehen. Ich wollte zunächst an mir selber arbeiten und begann zum Beispiel, durch die Verwendung von Glasflaschen auf den Gebrauch von Plastik zu verzichten. Darüber hinaus Recherchierte ich, um Alternativen für Plastik zu finden. Schnell stieß ich auf den Begriff „Bioplastik“ der mir zunächst nichts sagte, aber mein Interesse weckte. Ich bemerkte, dass „Bioplastik“ ein weitreichendes Thema ist, dass ich nun in dieser Hausarbeit behandeln werde. Ich werde noch allgemein auf Kunststoffe eingehen und auf die Umweltverschmutzung, die durch diese entsteht. Natürlich werden auch die Verschiedenen Biokunststoffe nicht fehlen, genauso wenig wie deren Herstellung. 3 THEMA 13 Kunststoffe Kunststoffe heißen Kunststoffe, da sie künstlich hergestellt werden, also in der Natur so nicht vorzufinden sind und vom Menschen erarbeitet werden. Normale Kunststoffe werden auf Erdölbasis hergestellt. Sie werden mittels Polymerisation, bei der viele Acetylenmoleküle unter Einwirkung von Hitze und Druck zu langen Ketten zusammengefügt werden, erzeugt und die entstandenen Ketten werden dann Polymere genannt. Wenn vorher verschiedene Moleküle hinzugefügt werden, entstehen verschiedene Polymere: +HCN ergibt: CH2=CH-CN also Orlon +H2O ergibt: CH3COOH also Essigsäure H-C≡C-H +HCl ergibt: CH2=CH-Cl also Kunststoffe +CO2 +H2O ergibt CH2=CH-COOH also PLexiglas +H-C≡C +H2 ergibt: CH-CH=CH2 also Kautschuk Da Kunststoffe aus solch langen Ketten bestehen, sind sie sehr haltbar und es dauert Jahrhunderte, bis sie wieder in ihre ursprünglichsten Bausteine, also CO2und H2O zersetzt werden. Kunststoffe prägen unseren Alltag sehr stark. In fast allem, was wir benutzen befindet sich Plastik. So zum Beispiel, um nur einen kleinen Einblick zu bekommen: in Flaschen und Verpackungen aller Art, Kleidung und anderen Textilien, in Kosmetika, elektronischen Geräten und nicht zuletzt in Fenstern, Türen und Gartengeräten. Am meisten in der Kritik stehen Plastiktüten, da sie meist nur für ein paar Minuten gebraucht werden, obwohl sie Jahrhunderte bestehen bleiben, wenn sie einfach in die Landschaft geworfen werden. Und außerdem werden Plastiktüten in Unmengen verbraucht. So verbraucht jeder Europäer im Jahr fast 200 Plastiktüten, während es in Deutschland immerhin nur circa 70 sind. Doch wenn man bedenkt was für eine riesige Menge das für die Gesamtbevölkerung ergibt, wird einem klar, dass es so nicht weitergehen kann. 4 THEMA 13 Im letzten März wurde von der EU beschlossen, dass Mitgliedstaaten Steuern auf Plastik erheben, oder sie sogar verbieten dürfen. In Irland gibt es bereits seit 2002 eine Steuer auf Plastiktüten. Dadurch ist der Verbrauch an Plastiktüten dort um 90 Prozent gesunken. So ist von Seiten der Regierung schon einmal ein Anfang gemacht worden, auch in Deutschland soll es demnächst Steuern auf Plastiktüten geben. 5 THEMA 13 Umweltverschmutzung durch Plastik Es ist klar dass bei solch einem Gebrauch von Plastik große Mengen in die Umwelt gelangen, sei es durch direktes in der Natur liegenlassen, oder durch einige Umwege. So gelangen zum Beispiel beim Waschen von Textilien mit Kunstfaseranteilen, wobei die Mikroplastikteile direkt und ungefiltert durch Klärwerke und direkt in die Meere fließen. Aber nicht nur dieses Plastik sondern auch alles andere landet irgendwann in den Weltmeeren. Jährlich sind es zwischen sieben und zwölf Millionen Tonnen die in die Meere gelangen. Allein in die Ostsee gelangen jedes Jahr 10 000 Tonnen Plastikmüll. Doch all dies sind nur Schätzungen. Das Plastik das so oder so ähnlich ins Meer gelangt, wird im Wasser nach und nach zu Mikroplastik zerrieben. Dieses Mikroplastik wird von den Meerestieren für Plankton gehalten und landet somit am Ende der Nahrungskette auf unserem Teller. Doch nicht nur das, auch die größeren Plastikteile wie zum Beispiel herrenlose Netze werden den Meerestieren zur Gefahr, sie verfangen sich darin oder halten es für Nahrung und sterben an einem vollen Magen, dessen Inhalt sie nicht verdauen können. Abbildung 1: Hier sieht man was passieren kann, wenn Tiere Plastik für Nahrung halten. Als dritte potentielle Gefahr die vom Plastik ausgeht, sind Weichmacher wie Bisphenol-A und Flammschutzmittel, die wie Hormone wirken oder Krebserregend sein können, zu nennen. Abbildung 2: Einige Beispiele, wie lange es dauern kann, bis Müll im Meer zerfällt. 6 THEMA 13 Die lange Zerfallsdauer hängt mit der van der Waalschen Wechselwirkung zusammen, die Bewirkt, dass besonders lange Molekülketten besonders haltbar sind. Da Polymere (Kunststoffe), wie gesagt aus besonders langen Ketten bestehen, halten sie also auch besonders lange. Es kann, bei besonders stabilen Kunststoffen bis zu 106 Jahre dauern, bis sie zerfallen. Abbildung 3: Daher sieht es an manchen Orten im Meer so aus. Es ist also wichtig sich nach Alternativen umzuschauen und auf den ersten Blick scheint Bioplastik diese Alternative zu sein. 7 THEMA 13 Was ist Bioplastik? Bei Bioplastik handelt es sich chemisch gesehen, nicht um eine einheitliche Gruppe (also keine einheitliche Polymergruppe), sondern lässt sich nach drei Kriterien beurteilen: Biobasierte Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden Bioabbaubare Kunststoffe, die sich kompostieren lassen Bioverträgliche Kunststoffe, die für den Menschen und seine Umwelt nicht schädlich sind. Dabei heißt Bio nicht gleich, dass es sich um ökologisch erzeugte Pflanzen handelt, aus denen das Plastik erzeugt wird. Die Idee von Bioplastik ist es , einen Kohlenstoffkreislauf zu schaffen, der dann einen sehr viel kürzeren Zeitraum umspannen soll als der von „normalen“ Plastik, denn Bioplastik zerfällt, wenn es kompostierbar ist, in CO2 und H2O, welche von den Pflanzen direkt wieder aufgenommen werden können. Bei Bioplastik handelt es sich um einen Kreislauf innerhalb von ca. 10 Jahren, während er vom herkömmlichen Kunststoff ca. 106 Jahre dauert. Biokunststoffe werde vor allem nach den Kriterien abbaubar und biobasiert definiert. So ist die Erfüllung eines, beider oder keinem der Kriterien möglich: bioabbaubar Polyester, PBS,... PHA, PHB,... fossilbasiert biobasiert Polystyrol, Polyamid,... Cellulose, Chitin,... haltbar Biokunststoffe können in ihrer Qualität und ihrem Aussehen den herkömmlichen Kunststoffen sehr ähnlich, wenn nicht sogar identisch sein. So haben sie sich in vielen Bereichen wie Verpackungen oder der Autoindustrie bereits vielfach bewährt. 8 THEMA 13 Die Zeichen, die unter anderem auf Bioplastik hinweisen Das „O“ weist daraufhin, dass es sich um andere (others) Kunststoffe wie Acrylglas, Polycarbonat, Nylon, ABS, Fiberglas und Polylactide (PLA) oder Tritan ohne Bisphenol A (z.B. für Trinkflaschen ohne Weichmacher) handelt. Dieses Zeichen Verweist auf die Kompostierbarkeit des Produkts. Doch stellt sich die Frage ob sie tatsächlich einen ökologischen und/oder ökonomischen Nutzen haben. Denn da ein großer Teil von ihnen aus Pflanzen hergestellt wird stellt sich die Frage der Konkurrenz um die Ackerflächen. Schon 2008 in der Finanzmarktkrise stellte sich diese Frage, da aufgrund der steigenden Biokraftstoffproduktion die Lebensmittelpreise enorm ansteigen. Doch kurzfristig scheinen diese Probleme für Biokunststoffe nicht relevant zu sein, da der Anteil des Bioplastiks auf dem Markt momentan noch nicht bedeutend ist und so noch keine Konkurrenz um die Flächen entsteht. Zudem können auch Abfallprodukte der Agrarwirtschaft genutzt werden, um Biokunststoffe herzustellen. Zusätzlich besteht die Vermutung, dass in Zukunft der Anteil der Elektromobilität steigen wird und somit Flächen, die zuvor für die Herstellung von Biokraftstoffen genutzt werden, für den Anbau von Produkten für Biokunststoffen genutzt werden können. Doch ich schätze die Lage so ein, dass die Landwirte, wenn sie genug Subventionen für den Anbau von Pflanzen für die Herstellung von Biokunststoffen bekommen, sich nicht dafür interessieren ob sie ihre Flächen nun für den übermäßigen Anbau von Nicht-Lebensmittel nutzen oder nicht. Ein Vorteil von Biokunststoffen ist, dass sie, unter den richtigen Umständen (also in industriellen Kompostierungsanlagen, die das Bioplastik allerdings nicht immer annehmen, da sie nicht sicher sein können, inwieweit sich das Plastik tatsächlich abbaut oder ob es in der Zeit die sie dafür anberaumen zerfällt) in Bestandteile zerfallen, die von Pflanze direkt wieder aufgenommen werden können, also in CO2 und H2O. So entsteht ein Kohlenstoffkreislauf. Allerdings stellt sich natürlich die Frage, ob in Biokunststoffen nicht auch schädliche Stoffe enthalten sind, wie zum Beispiel der Weichmacher Bisphenol-A. Dem ist nicht so: 9 THEMA 13 Biokunststoffe werden durch die Beimischung anderer Kunststoffe oder Ähnlichem wie zum Beispiel Stärke oder Lignin elastischer gemacht oder stabilisiert. Preisvergleich: (€/Kg) Herkömmliche Kunststoffe sind immer noch deutlich preiswerter als Biokunststoffe, da ihre Herstellung, unter anderem durch den niedrigen Ölpreis, immer noch kostengünstiger ist: herkömmliche Kunststoffe biologisch Kunststoffe abbaubare PE-Folienqualität 0,85 bis 0,91 [9] Stärkekunststoffe 2 bis 4 PP 0,77 bis 0,85 [9] PLA 1,50 bis 2,50 PS 0,79 bis 0,85 [9] PET 0,97 bis 1,08 [10] Produktion im Laufe der Jahre: Die Grafik zeigt den Anstieg der Produktion von 2008 bis 2015 an, doch da es eine ältere Studie ist, sind die Zahlen für 2016 eine Prognose. 10 THEMA 13 Polymilchsäure (C3H4O2) Aufbau: Polymilchsäure (kurz: PLA für poly lactic acid) wird aus der natürlich vorkommenden Milchsäure, der 2-Hydroxypropansäure (C3H6O3) gewonnen. Milchsäure: Milchsäure kann als R- oder L-oder Mesolactid vorliegen, wie aus folgender Grafik hervorgeht, dort haben sich unter Abspaltung von Wasser(H2O) schon je zwei Milchsäuremoleküle zusammengeschlossen, wie es für die Polymerisation nötig ist: 11 THEMA 13 In der nächsten Grafik wird deutlich, wie sich die Lactide in der Polymerisation durch Hitze, nachdem sie sich aufgespalten haben, zusammenschließen. Auf „Fachchinesisch“: Die Lactide wandeln sich durch thermische und katalytische Ringöffnungspolymerisation in Polylactide um: Natürlich gibt es dann auch bei den Polylactiden Isomerien, je nachdem aus welchen Lactiden sie bestehen. Herstellung: Der Rohstoff für Milchsäure ist Stärke die in den meisten Fällen aus Mais gewonnen wird, allerdings eigen sich hierfür auch landwirtschaftliche Abfallstoffe wie zum Beispiel Molke. 12 THEMA 13 Eigenschaften: Da der Erweichungspunkt von PLA schon bei 55°C (Glastemperatur) liegt, kann sie in Reinform nur bedingt eingesetzt werden. Allerdings kann durch eine gute Wahl von zugefügten Stoffen (zum Beispiel Naturfasern und Füllstoffe)und durch Copolymerisation eine höhere Temperaturbeständigkeit erreicht werden. So kann sogar eine Haltbarkeit erzeugt werden, die mit der von herkömmlichen Kunststoffen (wie zum Beispiel PVC, PET…) zu vergleichen ist. Nebenbei: Polymere bestehen aus einem Monomer(Molekül), das sich ständig wiederholt. Copolymere bestehen aus zwei oder mehr verschiedenen Monomeren, die sieabwechseln oder in anderen Reihenfolgen immer wieder auftauchen. Abgebaut wird PLA unter feuchten Bedingungen oberhalb der Glastemperatur, bei etwa 60°C, die zum Beispiel in einem normalen Komposthaufen nicht zu erzeugen ist, sondern nur in industriellen Kompostierungsanlagen vorhanden ist. Durch autokatalytische Hydrolyse entsteht das Monomer Milchsäure. Diese dient nach dem Zerfall Mikroorganismen als Nahrung und damit ist ein Kohlenstoffkreislauf geschaffen. Die konkrete Verfallsdauer von PLA, hängt von den Faktoren wie dem Kristallisierungsgrad, Molekulargewicht und Konstruktion des Produkts ab. Sie kann zum Beispiel bei hochkristallinen Produkten Monate bis Jahre betragen, während sie bei amorphen PLA-Kunststoffen „nur“ einige Wochen andauert. Allgemein kann man sagen, dass der Abbau von PLA dem von Holz ähnelt. Verwendungsaspekte: PLA Wird im medizinischen Bereich, zum Beispiel als Nahtmaterial, das sich zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Körper auflösen lässt und im Verpackungsbereich als Lebensmittelverpackungen und im Bürobedarf angewendet. Der Preis liegt mit 1.50 bis 2.50€ über dem Preis für herkömmliche Kunststoffe, der bei 0.85 bis 1.80€ pro Kilo liegt. Man vermutet aber, dass er noch deutlich sinken wird. Trotzdem ist PLA einer der günstigsten Biokunststoffe. 13 THEMA 13 PCL Aufbau: Polycaprolacton (C6H10O2) ist, obwohl er aus Erdöl hergestellt wird ein biologisch abbaubarer Kunststoff. Er besteht aus Methylen-Einheiten (CH2), zwischen denen (immer nach fünf Einheiten) Estergruppen ausgebildet sind. In diesem Fall Carbonsäureester. Das oben abgebildete Molekül wird wiederholt. Herstellung: PCL entsteht durch Polymerisation unter Einwirkung von Hitze und mit Hilfe von Katalysatoren (meistens Alkohole oder Diole) aus ε-Caprolacton: Eigenschaften: Durch den einfachen Aufbau bedingt, können die einzelnen Kettenglieder relativ uneingeschränkt rotieren. Daher hat PCL eine sehr niedrige Glastemperatur, bei -72°C. Kurzkettiges und amorphes PCL hat dadurch bei Raumtemperatur eine Gummiartige Konsistenz. Durch die gleichmäßige Struktur ist es leicht kristallisierbar, Wodurch eine Verstärkung des Materials erzeugt wird. PCL ist sehr gut mischbar, zum Bespiel mit Lignin, Stärke oder mit anderen Kunststoffen. Insgesamt ist es sehr gut zu verarbeiten und haftet gut an Oberflächen. Doch das wichtigste ist, dass es nicht toxisch ist. Es ist biologisch abbaubar, wobei der Abbau durch Mikroorganismen erfolgt. Verwendungsaspekte: Hauptsächlich wird PCL neben dem Verpackungsbereich, im medizinischen Bereich angewendet, zum Beispiel für Präparate mit kontrollierter Abgabe von Medikamenten, medizinische Klebstoffe und orthopädische Abdrücke verwendet. Die Preispanne liegt zwischen 4,50 und 6,00€ pro Kilo. 14 THEMA 13 Celluloseester Geschichte: Im Jahr 1859 wurde dem englischen Chemiker das britische Patent Nr.787 erteilt. Es betraf die Steigerung der Festigkeit von Pergamentpapier und Vulkanfieber. Dadurch war der Anstoß zur bedeutsamen Entwicklung von abgewandten Naturstoffen, auf der Grundlage von Cellulose gegeben. Von dieser Entwicklung ausgehend entstanden nicht nur Celluloid, Rayon oder Zellglas (Cellophan), sondern auch Lacke und die Gruppe der Celluloseester. Aufbau: Celluloseester wird aus Cellulose, dem Grundbaustoff von Holz, Bast, Baumwolle und allen verholzten Pflanzenteilen gewonnen. Es handelt sich um ein Derivat der Cellulose (in diesem Fall ist sie verestert worden). Eigenschaften: Da die Schmelztemperstur der meisten Cellulosederivate über der, Zersetzungstemperatur liegt, ist eine thermoplastische Verarbeitung nicht möglich, aber die Zersetzungstemperatur von Celluloseester liegt über Schmelztemperatur, sodass eine thermoplastische Verarbeitung möglich ist. Allerdings ist hierfür meist ein Vortrocknen des hydrophilen Granulates nötig., Celluloseester haben antistatische Eigenschaften, sind kristallklar, schlagzäh, kratzbeständig, leicht einfärbbar aber nicht dauernd witterungsbeständig und nicht chemisch stabil. Teile (Formteile und Halbzeuge) aus Celluloseester lassen sich gut schrauben, schweißen und kleben. Wenn sie geklebt werden müssen sie demselben Estertyp angehören oder es müssen Zweikomponentenkleber verwendet werden. Verwendungsaspekte: Das größte Anwendungsgebiet der Celluloseester liegt, aufgrund ihre antistatischen Eigenschaften, in Elektronikanlagen, wenn allerdings hohe Isolierungseigenschaften gefordert sind, eigenen sie sich nicht. Zusätzlich werden sie für Griffe, Hammerköpfe oder Brillengestelle verwendet. Der Preis für Celluloseester liegt bei drei bis vier Euro pro Kilo, deutlich über dem von zum Beispiel Polyolefin oder Polystyrol, zwei vergleichbaren petrochemischen (erdölbasierten) Kunststoffen, deren Platz Celluloseester einnehmen könnte. In der Forschung an bakteriell hergestellter Cellulose wird deutlich, dass konkurrenzfähige Preise erzielt werden könnten. 15 THEMA 13 Biokunststoffe aus Holz und anderen Naturstoffen Aufbau: Die Biokunststoffe, die unter diese Rubrik fallen, bestehen meistens aus Lignin, welches der Hauptbestandteil von Holz ist und zusätzlich manchmal noch aus Bindemitteln, wie zum Beispiel Mais oder Harze. Der Anteil an Lignin kann zwischen 50% und 100% schwanken. Die Strukturformel von Lignin: Herstellung: Dabei wird Lignin meist aus Schwachholz in von Spanform oder Sägemehl gewonnen. Es kann aber auch Abfallholz genutzt werden, dieses ist dann ökologisch und ökonomisch besonders 16 THEMA 13 vorteilhaft. Zum Beispiel fallen jährlich weltweit ca. 60 Millionen Tonnen Lignin als Abfallprodukt der Papierherstellung an, die für diese Zwecke genutzt werden könnten. Eigenschaften: Die Biokunststoffe aus Holz und anderen Naturstoffen haben ähnliche Eigenschaften wie Holz, vor allem bezüglich Quellung und Schwindung. Doch lassen sich Materialeigenschaften wie Festigkeit, Steifigkeit und Wärmeformbeständigkeit durch die Zusammensetzung der Compounds (Verbundstoffe) in gewissen Bereichen einstellen. Die Oberfläche ist nicht glänzend wie bei herkömmlichen Kunststoffen, sondern eher matt und aufgrund der Füllstoffe nichttransparent. Diese Werkstoffe können lackiert, lasiert, gespritzt und pulverbeschichtet werden, also besteht auch in den Möglichkeiten der Färbung eine Ähnlichkeit zu Holz. Zusätzlich kann durch Beimengung von Masterbatches (Farbgranulat) eine Durchfärbung der fertigen Teile erzielt werden. Verwendungsaspekte: Durch die dem Holz ähnlichen Eigenschaften, durch hohe Dichte und Wandstärke hervorragende akustische Eigenschaften, haben sich diese Werkstoffe im Musikinstrumentenbau und in Lautsprechergehäusen bewährt. Die Preise für diese Werkstoffe liegen derzeit zwischen 1,50 und 10 € pro Kilo. 17 THEMA 13 Polyhydroxyalkanoate (PHA) Aufbau: Polyhydroxyalkanoate sind Polyester, die von Bakterien aus ungesättigten Hydroxyalkansäuren synthetisiert und intrazellulär angehäuft wurden. Sie liegen entweder als Copolymer oder Homopolymer. Es gibt in dieser Polymerfamilie eine nahezu unerschöpfliche Vielfalt an Eigenschaften und Anwendungsgebieten. Diese Vielfalt wird erzeugt durch die Vielfalt der Monomere, die PHA aufbauen können, durch die möglichen Variationen in der Verknüpfung dieser Monomere zum Polymer, durch die Variationen in der Kettenlänge der Polymere, durch die Möglichkeit, Blends aus verschiedenen PHA herzustellen und durch die Möglichkeit, zusätzlich chemische oder physikalische Modifikationen in das Polymergerüst einzubauen. Wahrscheinlich werden aber nur fünf bis zehn dieser Polymere schlussendlich für die Wirtschaft interessant sein. Eigenschaften: PHA sind nicht toxisch, biokompatibel, biologisch abbaubar und lassen sich thermoplastisch verarbeiten. Sie unterscheiden sich in Hinblick auf die Verarbeitung kaum von herkömmlichen Kunststoffen und werden als zukunftsfähige Alternative zu nicht abbaubaren Polymeren petrochemischer Basis angesehen. Verwendungsaspekte: Es wird vermutet, dass sie das Potenzial haben als Massenkunststoffe im Bereich der Verpackungen und Beschichtungen konkurrenzfähig zu werden. Weitere Bereiche der Anwendung von PHA sind: Hygieneartikel (Zum Beispiel als Windelbestandteile), Fasern, Klebstoffe, Träger von Geschmacksstoffen in Lebensmitteln, Biologisch abbaubare Fischernetze, Medizinischer Bereich… Da bis jetzt noch keine Konkurrenzfähigkeit durch konventionelle mikrobielle Fermentation erziel werden konnte, legen Hersteller ihre Hoffnung auf die Nutzung transgener Pflanzen, um einen höheren Gewinn zu erlangen. 18 THEMA 13 Polyhydroxybutyrat (PHB) Aufbau: Die, am häufigsten erzeugte und genutzte Form von PHA ist PHB (Polyhydroxybutyrat). Diese einfachste, der Formen von PHA wird fermentativ hergestellt. Sie wird von 1000 bis 3000 Hydroxyfettsäureeinheiten gebildet und zwar in Bakterien. Nach der Biosynthese betsehen die Bakterien zu 80% ihres Gewichtes aus PHB. Die Synthese von PHB: Die Synthese von PHB lässt sich in drei Schritten darstellen, die jeweils von Enzymen katalysiert werden: Zwei Acetyl-Co A Moleküle werden mittels der -Keotothiolase (einem Enzym) zu Acetoacetyl-Co A katalysiert. Das Acetoacetyl-Co A wird jetzt in einer stereospezifischen Reaktion (auf eine bestimmte Isomerie gerichtet) durch die NAD(P)H-abhängige Acetoacetyl-CoA Reduktase zu R-3-Hydroxybutyryl-CoA reduziert. Dabei wird ein H hinzugegeben und das NADP verschwindet wieder. DasHydroxybutyryl-Co A Wird jetzt mittels der PHA-Synthase zu OHB polymerisiert. Das enstandene PHB setzt sich aus einer Reihe von diesem letzten Monomer zusammen. 19 THEMA 13 Weitere Polykondensate Aufbau: Die Biopolymere die in diese Rubrik eingeordnet werden, haben als Grundbausteine Dicarbonsäuren und Diole. Diese können, zum Teil biobasiert sein: So sind die Diole hauptsächlich 1,3-Propandiol (PDO) und 1,4-Butandiol, welch biobasiert sind: Als Dicarbonsäuren werden meist Bernsteinsäure und Adipinsäure genutzt, die nicht immer biobasiert sind: Daraus bauen sich folgende Polymere auf: Polymer Handelsname Biobasierte Monomere Polytrimethylenterephthalat (PTT) Sorona PDO Polybutylensuccinat (PBS) Bionolle 1000 BDO Bernsteinsäure Polybutylensuccinatadipat (PBSA) Bionolle 3000 BDO Bernsteinsäure Adipinsäure BDO Adipinsäure Polybutylenadipatterephthalat Ecoflex (PBAT) Die Eigenschaften sind denen, der petrochemischen Kunststoffe sehr ähnlich, sind fast identisch. Preislich liegen sie bei ca. 2.30 € pro Kilo und sind somit verhältnismäßig teuer. 20 THEMA 13 Schlusswort Das Thema „Biokunststoffe“, ist ein sehr großes Thema, zu dem man noch sehr viel mehrherausfinden, dass man noch umfassender bearbeiten könnte. Doch mein Ziel war es, bei all den Dingen, die in der Welt sind, den Fokus auf das Positive zu legen und den Blick auf Alternative zu legen und nicht nur eine negativ angehauchtes Thema zu bearbeiten. So bin ich auf die herkömmlichen Kunststoffe, die ein Thema für sich sind, nur kurzeingegangen und habe den Fokus auf die Alternative Biokunststoffe gelegt. Dabei ist mir klargeworden, dass auch Biokunststoffe noch nicht die perfekte Lösung sind, doch schon einen Anfang bilden in der Suche nach ökologisch und ökonomisch sinnvollen Alternativen zum herkömmlichen Kunststoff. Bis jetzt erscheint es mir als richtig, möglichst auf Kunststoff zu verzichten und nachhaltige Produkte zu bevorzugen. Als Fazit kann ich sagen, dass ich einen weiteren Blick auf die Welt bekommen habe, durch diese Hausarbeit. 21 THEMA 13 Quellennachweise Von www.bioplastik.de, die sich auf die umfassendste Studie, die es über Bioplastik gibt, stützt: von Ostfalia ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/biokunststoff-arten/polymilchsaeure-pla ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/grundlagen/was-sind-biokunststoffe ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/grundlagen/was-ist-der-umweltnutzen-von-biokunststoffen ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/grundlagen/technische-eigenschaften ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/biokunststoff-arten/celluloseester ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/biokunststoff-arten/polyhydroxyalkanoate ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/biokunststoff-arten/polycaprolacton ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/biokunststoff-arten/weitere-polykondensate ► http://www.bio-plastics.org/de/informationen-fachwissen-a-markt-knowhow/biokunststoff-arten/holz-a-andere-naturstoffe Von Wikipedia: ► https://de.wikipedia.org/wiki/Biokunststoff ► https://de.wikipedia.org/wiki/Recycling-Code ► https://de.wikipedia.org/wiki/Polyhydroxybutters%C3%A4ure#Biogene_Produkti on ► https://de.wikipedia.org/wiki/Polyhydroxyalkanoate Andere Seiten: ► http://www.bioland.de/im-fokus/hintergrund/detail/article/kann-denn-plastik-biosein.html ► www.umweltbundesamt.de http://www.biohandel-online.de/aktuelles-heft.html?magazinId=215 Zusätzliche Bildquellen: ► Abbildung1:https://ixquickproxy.com/do/show_picture.pl?l=deutsch&rais=1&oiu=http%3A%2F%2Fwww. wwf.de%2Ffileadmin%2Fuser_upload%2FBilder%2F08-Plastikmuell-c-LiquidProductions-LLCMarinePhotobank.jpg&sp=a12578466715a8595cce7464a0721564 ► Abbildung2: http://infonet.sonnenwelt.at/wp-content/uploads/2013/05/Wie-langedauert-der-Abbau-von-Müll-im-Meer.jpg ► Abbildung3:http://www.spiegel.de/fotostrecke/plastikabfall-muell-im-meerfotostrecke-114030-3.html 22 Pestizide - Thema 14 Pe s t i z i de DI CHL ORDI PHENYL TRI CHL ORETHAN, GLYPHOSAT UNDNEONI COTI NOI DE Hausarbeit von Johann-E. Schmiedehausen Pestizide - Thema 14 INHALT Pestizide Einleitung und Geschichtliches Anwendungsweise Wirkungsweise Resistenzen, Umweltverhalten und andere Aspekte Dichlordiphenyltrichlorethan Geschichte Chemische Eigenschaften Wirkungsweise Toxizität Resistenzen Exposition des Menschen Glyphosat Geschichte Chemische Eigenschaften Wirkungsweise Anwendung Resistenzen Neonicotinoide Geschichte Wirkungsweise Verwendung Toxizität Umweltverhalten Zulassungsverfahren von Pestiziden Stichwortverzeichnis Abbildungsverzeichnis Literaturverzeichnis ―2― 3 6 12 18 23 25 26 26 Pestizide - Thema 14 PESTIZIDE Pestizide begegnen uns eigentlich täglich. Bloß sieht, hört oder schmeckt man sie nicht. Es wird immer mal wieder darüber geredet. Jetzt gerade aktuell ist ja die Debatte über dieses Glyphosat. Aber was sind Pestizide? Und warum gibt es so einen Wirbel um dieses Glyphosat? Diesen Fragen bin ich in meiner Hausarbeit nachgegangen, und habe mich mit diesem Thema in einer Weise auseinandergesetzt, dass ich sagen kann: „Ich weiß jetzt was Pflanzenschutzmittel sind, und auch ungefähr wie sie in der Pflanze und uns Menschen wirken.“ EINLEITUNG UND GESCHICHTLICHES Pestizide sind Gifte, die zur Schädlingsbekämpfung genutzt werden. Dabei assoziiert man mit dem Begriff Pestizide meist Pflanzenschutzmittel, die im Ackerbau eingesetzt werden. Doch zu den Pestiziden gehören auch die nicht-agrarischen Pestizide oder Biozide. Hierunter fallen z. B. Holzschutzmittel, Desinfektionsmittel aller Einsatzbereiche wie auch Wasserdesinfektionsmittel. Ich werde in dieser Abreit den Fokus auf einige wenige Pestizide beider Arten legen. Bereits zweitausend Jahre v. Chr. wurden Substanzen zum Schutz der Ernten ausgetragen. Die Sumerer in Mesopotamien etwa verwendeten vor 4500 Jahren Schwefelpulver. Im 15. Jahrhundert nutzte man Blei, Quecksilber und Arsen, um Schädlinge fern zu halten. Im 17. Jh. wurde auch Nikotinsulfat aus Tabakblättern als Insektizid eingesetzt.Während Arsen bis in die 50er des 20. Jh. als Wirkstoff der Pestizide dominierte, gewann das seit Anfang der 1940er eingesetzte DDT zunehmend an Bedeutung und löste das Arsen bald ab. P. H. Müller hatte 1939 die insektizide Wirkung von DDT erkannt. Aber auch andere Substanzen, wie organische Chlorverbindungen und Carbamate wurden ab Mitte des 20. Jh. als Wirkstoffe von Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Glyphosat, auf das ich später auch eingehen werde, wird erst seit Mitte der 1970er Jahre eingesetzt. ANWENDUNGSWEISE Pflanzenschutzmittel, kurz geschrieben PSM, lassen sich auf unterschiedliche Weise in die Pflanze eintragen. Beginnend bei der Beizung des Samens, der Aufnahme über die Wurzeln bis zur Aufnahme über die Blätter ist alles möglich. Die Saatgutbeizung wird häufig verwendet, wenn der Samen konserviert, also gegen Insekten und Pilzbefall resistent gemacht werden soll. Gegen Insekten reicht es ―3― Pestizide - Thema 14 oft aus, das Saatgut zu vergällen – es auffällig zu färben, den Geruch zu ändern oder ähnliches, man kann auf toxische (giftige) Stoffe häufig verzichten. Während der Feldvorbereitung besteht auch die Möglichkeit die Kulturpflanze zu schützen; indem bereits sprießende Beikräuter vernichtet werden. Besonders nach der Bodenschälung, einem besonders flachen Pflügen, welches der Erosion vorbeugen soll, werden gerne Fungizide ausgetragen, da durch die oberflächlichen Verrottungsprozesse die Pilzbildung besonders begünstigt wird. Das nächste Zeitfenster zur Oberflächenbehandlung des Ackers öffnet sich für kurze Zeit direkt nach der Aussaat. Die Samen der Kulturpflanze befinden sich unter der Erde, die Blätter der Beikräuter ragen meist schon aus dem Boden – da kann ein Herbizid, das nicht in den Boden einwirkt gut eingesetzt werden (z. B. Glyphosat). Während die Pflanze wächst, kann in der Regel kein Pestizid gegen Schädlinge eingesetzt werden. Es gibt aber bereits Pflanzenzüchtungen, die gegen bestimmte Wirkstoffe resistent sind. Diese Methode nutzt vor allem Monsanto, die Pflanzen und kompatible PSM in einem „Paket“ vermarktet. Ist die Pflanze erntereif, besteht wieder eine Möglichkeit durch Pestizide weitere Arbeit und vor allem Zeit einzusparen. In dem Sikkation genannten Verfahren wird die Nutzpflanze kurz vor der Ernte bewusst durch Herbizideinsatz abgetötet. Dadurch kann beispielsweise bei Getreide der Feuchtigkeitsgehalt der Frucht deutlich gesenkt werden, die aufwändige Trocknung der zu nassen Ernte entfällt. WIRKUNGSWEISE Je nach Wirkstoff ist die Wirkungsweise von Pestiziden eine andere. Grundsätzlich versuchen jedoch alle Pestizide funktional wichtige Faktoren der Pflanze, des Insekts oder anderer schädlicher Organismen zu hemmen oder zu blockieren. Man unterscheidet die verschiedenen Pflanzenschutzmittel nach ihrer Wirkungsrichtung: • Bakterizide gegen Bakterien • Fungizide gegen Pilze, bzw. Pilzkrankheiten • Akarizide gegen Milben ◦ Ovizide gegen Eier von Milben • Insektizide gegen Insekten ◦ Ovizide gegen Eier von Insekten • Molluskizide gegen Schnecken • Nematizide gegen Fadenwürmer (Nematoden) • Rodentizide gegen Nagetiere ―4― Pestizide - Thema 14 • Avizide gegen Vögel • Herbizide gegen Pflanzen ◦ Algizide gegen Algen ◦ Graminizide gegen Gräser ◦ Arborizide gegen Gehölze Diese Liste umfasst nur eine Auswahl, denn des gibt viele verschiedene Organismen auf einem unbehandelten Acker. RESISTENZEN, UMWELTVERHALTEN UND ANDERE ASPEKTE Ich erwähnte oben bereits, dass Monsanto zu seinen Giften auch gerne resistente Pflanzen verkauft. Durch gezielte Gen-Manipulation ist es möglich, solche Resistenzen zu schaffen. Doch was der Mensch unter mühsamer Arbeit im Labor erschafft, kann die Natur ebenso. Das ist auch den Pestizidanwendern bekannt. Aus diesem Grunde werden mehrere Wirkstoffe in einem Pestizid verwendet und auf eine gewisse Abwechslung der eingesetzten Pestizide geachtet. Trotz dieser Strategien gibt es in den USA bereits solche, als Superunkräuter bezeichneten glyphosatresistenten Pflanzen. Den Namen Superunkräuter haben diese Pflanzen zu recht verdient, denn sie sind durch ihre Resistenz kaum mit herkömmlichen Giften zu beseitigen. In der Umwelt erfüllen Pflanzenschutzmittel in aller Regel ihre Aufgabe. Viele der Mittel haben aber unbekannte oder verschwiegene Folgen für die Natur. Ein wichtiger Punkt vieler Naturschützer ist beispielsweise der Erhalt der Feldvögel geworden. Durch den massiven Einsatz von Insektiziden ist den Vögeln die Nahrungsgrundlage entzogen – ein Artenrückgang daher gut nachvollziehbar. Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass in der Umgebung ökologisch geführter Betriebe die Artenvielfalt deutlich höher, genauer bis zu sechs mal höher sei. Doch Pestizide wirken nicht nur gegen ihre Zielorganismen. Viele Stoffe, die im Laufe der Zeit entwickelt wurden, wurden später als „giftig“ oder „krebserregend“ oder als „ökologisch nicht vertretbar“ verboten. Als pervers betrachte ich dabei vor allem die Situationen, in denen Menschen diesen Giften schutzlos ausgeliefert sind. Sei es die argentinische Landbevölkerung, die unter dem Giftnebel der Agrarflugzeuge lebt, oder sei es ein deutscher Fötus im Bauch seiner belasteten Mutter oder eine weidende Kuh. Doch nun zu den Einzelaspekten der verschiedenen Gifte: ―5― Pestizide - Thema 14 DICHLORDIPHENYLTRICHLORETHAN GESCHICHTE Nachdem Dichlordiphenyltrichlorethan, kurz DDT, bereits 1874 synthetisiert wurde, entdeckte der Schweizer Paul Hermann Müller erst 1939 die insektizide Wirkung dieses Stoffes. Drei Jahre später wurde dieses Mittel auf den Markt gebracht. Während Deutschland gleich 10.000 Tonnen zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers orderte, untersuchten die USA Proben des DDT zunächst intensiv auf gesundheitliche Auswirkungen. Doch ab 1944 arbeitete man auch in den USA schon an der effizienten Herstellung und Ausbringung von DDT. Zwischen '44 und Kriegsende stieg der Verbrauch des US-Militärs von 900 t auf 1350 t monatlichem Verbrauch. Gegen die Fleckfieberepidemie 1943/44 in Neapel konnte mit DDT erfolgreich vorgegangen werden. Ab dem 1. August '45 war DDT in den USA auch für die zivile Nutzung freigegeben, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits konkrete Hinweise auf mögliche kanzerogene Wirkung von DDT bestand. Bei der Bekämpfung der Malaria setzte die WHO recht erfolgreich auf den Wirkstoff DDT; ab 1952 wurde die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von nur neun Jahren um das Zweihundertfache auf 50.000 gesenkt. Ähnliche Erfolge konnten auch in vielen anderen Ländern erzielt werden. Doch dieser Erfolg währte nicht lange. Aus verschiedenen Gründen nahmen die Neuinfektionen wieder zu. Ein erneuter Einsatz des DDT zeigte auch, dass sich bei den Anophelesmücken (dem Überträger der Malaria) bereits eine Resistenz gebildet hatte, ein zweiter Erfolg blieb aus. Von 1947 bis in die 1960er Jahre hinein wurde DDT gegen den Ulmensplintkäfer eingesetzt. Dabei wurden die Alleebäume mit etwa 700g DDT/Baum besprüht. Diese hohe Dosis führte in einigen Orten zum gänzlichen Verschwinden von Singvögeln. Mitte der 50er Jahre wurde die schädigende Wirkung des DDT bekannt; das Buch „Silent Spring“, in dem die Autorin Rachel Carson zunächst ein von Tieren geleertes Dorf schildert und später auf die Gefahren von Pestiziden auf Menschen und Tiere eingeht, löste 1962 in den USA dann die Debatte um die Folgen des DDT-Einsatzes aus. Dies führte letztlich ab 1969 zu einem zweijährigen „phasing out“, nach dem die US-Regierungsbehörden kein DDT mehr einsetzen sollten. In Europa fand keine solche öffentliche Debatte um die Folgen von DDT statt. Die Fachgremien schauten aufmerksam auf die amerikanische Debatte und ab den 1970ern gab es in immer mehr Ländern immer weitreichendere Verbote. ―6― Pestizide - Thema 14 Mit dem im Mai 2004 in Kraft getretenen Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe, auch POP-Konvention, ist allen Staaten, die diese Konvention unterzeichneten oder ratifizierten, nicht nur die Verwendung von DDT, sondern auch vieler weiterer Stoffe weitgehend untersagt. Umfasste die Liste anfänglich zwölf verbotene Stoffe, das „Dreckige Dutzend“ sind mittlerweile 25 verbotene Stoffe aufgeführt. Die Konzentrationen dieser POP (Persistent Organic Pollutants – langlebige organische Schadstoffe) in Muttermilch sind weitestgehend rückläufig. DDT wurde vor allem im Baumwollanbau verwendet. 1963 etwa machte dieser Sektor fast drei Viertel der Gesammtmenge des landwirtschaftlich verwendeten DDT aus. CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN DDT, ausgeschrieben Dichlordiphenyltrichlorethan oder nach IUPAC 1,1,1-Trichlor-2,2-bis(4-chlorphenyl)ethan besitzt am ersten C-Atom drei ChlorAtome. Am zweiten Chlor-Atom binden zwei Phenylgruppen an. An diesen befindet sich am vierten C-Atom ein weiteres Chlor-Atom. Die Herstellung von DDT gestaltete sich relativ einfach. Chloral (C2HCl3O) und Chlorbenzol (C6H5Cl) reagieren in konzentrierter Schwefelsäure (H2SO4) zu DDT. Während des Vorgangs nimmt die Schwefelsäure das frei werdende Wasser (2 H2O) auf. 2 C6H5Cl + C2H3Cl3O2 ――→ C14H9Cl5 + 2 H2O Das insektizid wirksame p,p'-DDT-Isomer ist in dem durch eine solche Reaktion gewonnenem Gemisch zu 77,1 % enthalten, weitere 14,9 % macht das o,p'DDT-Isomer aus, bei dem sich lediglich das eine Chloratom des Chlorbenzol parallel zum anderen ausrichtet, anstatt symmetrisch. Das synthetisierte DDT ist ein amorphes weißes Pulver, dessen Schmelzpunkt zwischen 80 und 94 °C liegt. DDT sowie seine häufigsten Abbauprodukte DDE (Dichlordiphenyldichlorethen) und DDD (Dichlordiphenyldichlorethan) sind aufgrund ihrer Chlorgruppen stark lipophil (fettliebend, fettartig). Zum Abbau lipophiler Produkte wird viel Energie benötigt, denn sie sind chemisch besonders stabil. Zusätzlich sind oben genannte Soffe auch noch hydrophob (wassermeident – im Bezug auf chemische Bindungen). Im Zusammenspiel füren diese beiden Eigenschaften zur Anreicherung in der ―7― Pestizide - Thema 14 Nahrungskette, d. h. der Konsument höchster Ordnung, jener der an der letzten Stelle der Nahrungskette steht, hat die größte Dosis des Giftes in seiner Nahrung. p,p'-DDT (oben) hat zwei wesentliche Metaboliten (chemische Abbauprodukte): DDE (links) und DDD (rechts). Ersterer entsteht durch Abspaltung von Chlorwasserstoff (HCl). Letzterer durch reduktive (entfernende) Dechlorierung. Ist Sauerstoff vorhanden, baut sich DDT hauptsächlich zu DDE ab, ist keiner vorhanden, beispielsweise in Wasser oder dichten Böden, ist eher DDD als Metabolit zu finden. Nicht unerheblich für den mikrobiellen Abbau von DDT ist die Umgebungstemperatur. Untersuchungen haben ergeben, dass die Halbwertszeit von DDT (betrachtet wurde die Gesamtheit aller Isomere) in tropischen und subtropischen Gebieten 22 bis 365 Tage beträgt, in gemäßigten Breiten aber bei 2,3 bis 16,7 Jahren liegt. So wie DDT am und im Boden von Bakterien zersetzt oder vom Oberflächenwasser weggewaschen wird, ist es auch in der Atmosphäre. Dort liegt die eine Hälfte des DDT partikelgebunden vor, d. h. es haftet an Molekülen. Ist es derart gebunden, kann es nicht abgebaut werden – es wird über weite Entfernungen hinweg getragen und vom Regen ausgewaschen. Die andere Hälfte des DDT liegt in der Atmosphäre ungebunden vor. DDT in der Gasphase kann von Hydroxyl-Radikalen (•OH) abgebaut werden. Der freie Bindungsarm des •OH ist der „Radikale“, der ein Chloratom des DDT an sich reißt. Hierbei beträgt die Halbwertszeit von DDT etwa 37 Stunden. DDT kann auch durch Hydrolyse (Aufspaltung durch Wasserstoff) zu DDE abgebaut werden; in basischem Milieu geht dieser Prozess besser vonstatten als in saurem. DDE wiederum kann innerhalb weniger Tage auf der Wasseroberfläche durch Photolyse (Spaltung des Moleküls durch Lichtenergie) abgebaut werden. ―8― Pestizide - Thema 14 WIRKUNGSWEISE Die Wirkung von DDT ist abhängig von der Dosierung. Je größer die Dosis, desto stärker reagiert der Körper. DDT wirkt hauptsächlich auf das zentrale Nervensystem (ZNS); zuerst auf die Motoneuronen (efferente/zum Muskel führende Nerven), bei größerer Dosis auch auf die Spiralnerven (Rückenmark). Es löst Tremores, kaum sichtbares Zittern, aus, das so genannte DDT-Jittern. Durch diese Stauung von Reizen kommt es zum übermäßigen Verbrauch von Neurotransmittern – so weit, dass eine Reizleitung nicht mehr möglich ist. Diese Wirkungsweise ist sehr langsam. Lähmungen setzen erst nach Stunden ein und es dauert mitunter mehrere Tage, bis die Lähmungen ein tödliches Stadium erreichen. Niedrige Temperaturen begünstigen einen früheren Exitus, insgesamt tritt die Wirkung von DDT langsamer ein als bei anderen Insektiziden. An dieser Stelle seien Pyrethroide genannt, die eine ganz ähnliche Wirkungsweise wie DDT besitzen. Denn auch sie blockieren die Natriumkanaldurchlässe. Beim Auslösen eines Nervenimpulses öffnen sich die Durchlässe um Natriumionen (Na +) einzulassen. Wenn der Kanal offen ist, lagert sich der obere Bereich des DDT-Moleküls in diese „Schleuse“ und verhindert deren Schließen. Pyrethroide besitzen ein filigraneres Ende als DDT-Moleküle und können diese Natrium-„Schleuse“ weiter offen halten, der immobilisierende (lähmende) Effekt setzt schneller ein. TOXIZITÄT DDT und einige seiner Abbauprodukte (auch DDE) wirken auch hormonell (als endokrine Disruptoren – als innere Störfaktoren). Die o,p'-Isomere von DDT und DDE wirken beispielsweise auf den Östrogen-Rezeptor als Agonist, sie täuschen Östrogene vor. Besonders p,p'-DDE wirkt auch auf den Androgenrezeptor (AR). Dieser ist eigentlich Testosteron-sensibel. Wenn sich nun ein Antagonist (Handlungsblockierer) wie beispielsweise p,p'-DDE dort anbindet, erfolgt keine Reaktion, der Rezeptor kann dort jedoch auch keinen Agonisten mehr empfangen. Positiv ist dabei zu erwähnen, dass DDT und seine Derivate (Abkömmlinge) erheblich schwächer an einen Rezeptor binden, als es die eigentlichen Hormone tun. BEIM MENSCHEN Beim Menschen zeigt DDT kaum eine sichtbare Wirkung. Der LD50 bei Ratten liegt bei 250 – 300 mg/kg Körpergewicht. Bei akuter Vergiftung kommt es beim Menschen jedoch auch zu Zungentaubheit und Schwindel bis hin zu Krampfanfällen und Läh- ―9― Pestizide - Thema 14 mungen. Eine kanzerogene (krebserregende/-begünstigende) Wirkung für den Menschen ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen; eine kanzerogene Wirkung für Nagetiere hingegen steht fest. Es gibt Hinweise darauf, das vorzeitige Wehentätigkeiten, Totgeburten und Alzheimer in Verbindung mit erhöhten DDE-Werten im Blut stehen. DDE (Dichlordiphenyldichlorethen) ist das hauptsächliche Abbauprodukt von DDT. Dessen biologische Halbwertszeit beträgt über ein Jahr (die Zeit bis die Hälfte eines Stoffes durch biologische Prozesse abgebaut und/oder ausgeschieden wird). BEIM TIER Die hormonelle Wirkung des DDT und seiner Derivate ist bei Tieren sehr unterschiedlich. Starben in Südengland die Wanderfalken aus und wurden deren Populationen in weiten Teilen Europas katastrophal dezimiert, so konnte eine Wirkung des DDT auf Hühnervögel nicht bestätigt werden. Die Belastung der Kegelrobben mit DDT war in der Ostsee zwanzig mal höher als die von im Atlantik lebenden Kegelrobben (bei diesen betrug die Belastung 1,2 – 2,5 mg DDT/Kg Fett). Dabei wird die LD50 für Säugetiere mit 0,1 bis 0,5 g DDT/kg Körpergewicht angegeben. Grund für die Bedrohung des Wanderfalkenbestandes war ein Rückgang der Eierschalendicke um bis zu zwanzig Prozent zwischen 1950 und 1970, der mit DDT in Zusammenhang gebracht werden konnte. Die Gründe für dieses Phänomen des Schalendickenrückganges sind umstritten. Möglich wäre eine Hemmung der Calcium-Einlagerungen in der Eischale. RESISTENZEN Die ersten DDT-Resistenzen zeigten sich um 1950. Zunächst bei Stallfliegen in Schweden und der Schweiz, wenig später auch bei Arten der Anophelesmücke in südlichen Ländern. Die Herstellerfirma Geigy erhöhte darauf hin den Wirkstoffgehalt ihres Mittels Gerasol von fünf Prozent auf zehn Prozent, später auf fünfzig Prozent. Doch der Umsatz ging mit dem Auftreten dieser Resistenzen spürbar zurück, man intensivierte die Forschung am Nachfolgeprodukt Diazinon. Diazinon (Abb.) ist toxischer als DDT (für Insektizide wie Bauern), seine Brand- und Explosionsgefahr deutlich höher. EXPOSITION DES MENSCHEN War der Mensch Mitte des letzten Jahrhunderts noch deutlich durch den aktuellen Einsatz dem Gift ausgesetzt, haben die Gehalte in Blut und Fettgewebe inzwischen deutlich abgenommen. So ging etwa die mittlere DDT-Belastung der Muttermilch in ― 10 ― Pestizide - Thema 14 Westdeutschland seit 1980 von 1910 µg/kg Fett auf 367 µg/kg Fett bis 1994 zurück. In den neuen Bundesländern betrug der Gehalt 1990 noch 2250 m/kg Fett. Dies ist – auch wenn die Verwendung von DDT auch in der DDR ab 1970 stark zurück ging – auf die relativ lange Verwendung von DDT (z. B. in Holzschutzmitteln) zurückzuführen. Betrug das Verhältnis von DDT zu DDE im Serum 1970 3:1, so lag es 1990 bei 1:9. Je höher der DDT-Gehalt gegenüber dem metabolen DDE-Gehalt, desto kurzer liegt eine Einnahme zurück. Auch junge Generationen sind DDT-belastet. Denn ein Säugling weist die gleichen Konzentrationen wie seine Mutter auf. Die Aufnahme geschieht zunächst über die Plazenta, später über die Muttermilch. ― 11 ― Pestizide - Thema 14 GLYPHOSAT GESCHICHTE Das Breitbandherbizid Glyphosat wurde bereits 1950 zum ersten mal hergestellt. Erst 1971 entdeckten Wissenschaftler von Monsanto bei Untersuchungen verschiedener Aminomethylphosphonsäure-Produkte die herbizide Wirkung von Glyphosat. Drei Jahre später kam Roundup, das erste Herbizid mit dem Wirkstoff Glyphosat, auf den Markt. Zunächst konnte es nur zur Feldvorbereitung genutzt werden. Doch in den 1990er Jahren entwickelte Monsanto gentechnisch veränderte Pflanzen, die gegen Glyphosat resistent waren. Das gab den Bauern neue Spielräume, den nun konnte das neue Herbizid ganzjährig ausgebracht werden. Inzwischen regen sich Zweifel daran, dass Glyphosat unschädlich für den Menschen sei. Es gibt Studien mit Tierversuchen die eindeutig zeigen, dass Glyphosat Wirkungen auf Säugetiere hat. Ebenso konnten Bauern Zusammenhänge zwischen Schäden am Kuhleib oder Fehlbildungen von Ferkeln und glyphosatbelastetem Tierfutter erkennen. Es zeigten sich bei Ferkeln Fehlbildungen wie beispielsweise nicht geschlossene Schädeldecken oder offen liegende Wirbelsäulen. Bei Kühen sind es besonders Fehlbildungen der Beine und Defekte an der Haut, die im Zusammenhang mit belastetem Futter stehen. Haupteinfuhrpunkt der EU für diese (Soja-)Futtermittel ist der Hafen von Rotterdam. Da in den letzten Jahren keine Überschreitungen der Belastungsgrenzwerte festgestellt wurden, sind die Kontrollen des Sojas daraufhin weitgehend ausgesetzt worden. Die direkte Weiterverarbeitung im Hafen zu Schrot macht eine Nachmessung sinnlos, da ein Herkunftsnachweis nicht mehr möglich ist. ― 12 ― Pestizide - Thema 14 CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN N-(Phosphonomethyl)glycin Glyphosat, auch N-(Phosphonomethyl)glycin, kann über verschiedene Wege synthetisiert werden. Eine Möglichkeit ist die Reaktion von Glycin (Abb. rechts oben), Formaldehyd (Abb. rechts mittig), Phosphorsäure (Abb. rechts unten) und Chlorkohlenwasserstoff. Der Reinheitsgrad der Synthese liegt üblicherweise bei 96 %, das heißt es sind nur 4 % andere Stoffe als Glyphosat enthalten. Glyphosat kann als Säure oder Lauge hergestellt werden. Dem Glyphosat wird in Pflanzenschutzmitteln (PSM) häufig ein Netzmittel beigefügt, das die Aufnahme in die Pflanze verbessern soll. Diese Netzmittel werden teilweise als giftiger bezeichnet, als es der eigentliche Wirkstoff – das Glyphosat – selber sei. Gerade für Wassertiere gibt es einige Formulierungen (Zusammensetzungen), die problematisch sind. Das Herbizid ist nicht flüchtig (es verdampft nicht) und ist geruchslos. Es hat einen amphoteren Charakter, das heißt, es kann sowohl als Lauge als auch als Säure reagieren. Zudem ist Glyphosat durch seine vielen Hydroxygruppen stark polar, und daher wasserlöslich. Denn alle polaren Stoffe lassen sich untereinander mischen. Ist ein Molekül polar, bedeutet es, dass innerhalb des Moleküls elektrische Ladungen verschoben sind oder ein Ungleichgewicht dieser besteht und es daher nach außen hin elektrische Felder aufweist (z. B. sorgen die Valenzelektronenpaare des Sauerstoff für die Polarität eines Moleküls). Der Nachweis von Glyphosat geschieht über die Flüssigchromatographie und eine anschließende Tandem-Massenspektrometrie. Die einzelnen Bestandteile der Probe werden durch die Chromatographie getrennt. Anschließend wird mit der doppelten Massenspektrometrie nach Stoffen bestimmten Gewichtes gesucht. Finden sich diese, kann auf Glyphosat rückgeschlossen werden. Da Glyphosat starke Ähnlichkeit zu Phosphat-Ionen aufweist, lagert es sich ebenso wie diese an bestimmten Mineralien gut ab. Das führt zu einer schnellen Bindung (Absorption) im Boden. Glyphosat lässt sich kaum durch Hydrolyse (Spaltung durch Wasser) und nur wenig durch Photolyse (Spaltung durch Licht) zersetzten. Die Halb- ― 13 ― Pestizide - Thema 14 wertszeit im Gewässer beträgt zwischen 7 und 14 Tagen, auf dem Acker, je nach Boden, etwa 14 Tage und im Wald 30 bis 60 Tage. Beim Ausbringen auf dem Feld gelangt immer ein gewisser Teil des Spritzmittels neben das Feld. Bei modernen Spritzmaschinen sind dies bei Glyphosat etwa vier Prozent, die einen Meter entfernt vom Feld landen. Bringt man das Gift aber mit einem Flugzeug aus, wie es etwa in weiten Teilen Amerikas üblich ist, so landen etwa zehn Prozent in 25 Metern Entfernung und in 75 Metern Entfernung immerhin noch ein Prozent. Beim biologischen Abbau von Glyphosat entsteht Aminomethylphosphonsäure, kurz AMPA (Abb. rechts), oder Ethanalsäure (Glyoxylsäure). Beide Metaboliten werden später zu Phosphat, Ammonium und Kohlenstoffdioxid zersetzt. Dies kann unter aeroben (sauerstoffhaltigen) oder anaeroben (sauerstofflosen) Bedingungen geschehen. AMPA ist ebenso wie Glyphosat toxisch (giftig). WIRKUNGSWEISE IN PFLANZE UND MIKROORGANISMUS Glyphosat blockiert das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS), das für die Synthese einiger Aminosäuren über den Shikimatweg (ein Stoffwechselweg, der besonders in Pflanzen und Mikroorganismen vorkommt) zuständig ist. Dadurch sind lebensnotwendige Stoffwechselprozesse blockiert und der Organismus stirbt. Aufgenommen wird der Wirkstoff von der Pflanze über die grünen Pflanzenteile. Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel haben in der Regel immer ein Netzmittel beigemischt, dass die gleichmäßige Verteilung und Haftung des PSM an der Pflanze sicherstellt und gleichzeitig die Diffusion (Aufnahme durch die Zellwand) erleichtert. In der Pflanze wird das systemisch wirkende Herbizid über das Phloem verteilt. Das bedeutet, anders als beim DDT, dass der Wirkstoff in der Pflanze nur nach unten weiterverteilt werden kann. Denn das Phloem transportiert normalerweise die durch Photosynthese gewonnene Stärke in die Pflanzenspeicher. Glyphosat unterstützt durch die Hemmung bestimmter Bakterien im Boden den Pilzbefall der Pflanzenwurzeln. BEI SÄUGETIEREN In Säugetieren ist der Höchstgehalt des Glyphosat fünf bis sechs Stunden nach der Aufnahme im Blut zu messen. Glyphosat verteilt sich auch im extraversalen Gewebe, ― 14 ― Pestizide - Thema 14 dem Gewebe außerhalb des Blutes. Es findet eine Anreicherung (Akkumulation) im Gewebe statt. Fast alle diesbezüglichen Studien kommen zu dem Schluss, dass von Glyphosat keine Gefährdung ausgehe. Es wirke weder auf das Erbgut (mutagen), noch sei es kanzerogen. Viele Umweltverbände sehen das anders, verweisen auch auf einige Studien und fordern in der EU ein Verbot auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips. Studien verschiedener Umweltverbände konnten Glyphosat in Muttermilch und Urin nachweisen, doch das BfR (Bundesamt für Risikobewertung) befand alle gefundenen Werte als deutlich unter dem europäischen Grenzwert. Die letale (tödliche) Dosis für menschliche Plazentakulturen lag bei 4,54 g/l. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO stufte, sich auf Kohortenstudien aus verschiedenen Ländern stützend, Glyphosat im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Die Mutagenität (gentoxische Wirkung) von Glyphosat sieht die IARC als hinreichend belegt an. Bleibt hinsichtlich eines europaweiten Verbotes die Entscheidung der europäischen Mitgliedsstaaten am 7. März 2016 abzuwarten, doch es sieht so aus, als wollten diese, der Empfehlung der Kommission folgend, das umstrittene Herbizid für weitere fünfzehn Jahre zulassen. BEI ANDEREN Die LD50 der Virginiawachtel liegt für Roundup bei 1742 mg a. e./kg Erde etwa dreimal niedriger als für den Wirkstoff Glyphosat alleine. Für den Kompostwurm liegt die Differenz bei immerhin dem Doppelten (2300 mg a. e./kg für Glyphosat, 1550 mg a. e./kg). Diese Werte unterstreichen, wie relevant die Bewertung eines Pestizides auf Grundlage der Toxizität des Gesammtproduktes ist, und eine Analyse des Wirkstoffes alleine eben nicht ausreicht. ANWENDUNG Glyphosat war zunächst, wie anfangs schon erwähnt, nur als Vorlaufherbizid, sprich vor der Aussaat, verwendbar. Inzwischen gewinnt die Pfluglose Bodenbearbeitung an Bedeutung. Dabei werden die Stoppel des letzten Jahres nicht mehr untergepflügt, sondern verbleiben in den ersten Zentimetern Boden. Das führt dort zu Humusbildung, die ― 15 ― Pestizide - Thema 14 Beikräutern zugute kommt, aber das Verfahren spart enorm Arbeitsenergie und wirkt der Bodenerosion entschieden entgegen. Aufgrund seiner guten Bindung im Boden kann Glyphosat auch kurz nach der Aussaat bevor die Nutzpflanze keimt noch einmal versprüht werden. Die Keimblätter des inzwischen wieder aufgelaufenen Beikrautes nehmen genug Glyphosat auf, damit die Pflanze kollabiert. Während der Wachstumsphase der Nutzpflanze kann in der Regel kein Glyphosat gesprüht werden, da auch die Nutzpflanze vom nicht selektiven Herbizid vernichtet würde. Ist die Nutzpflanze allerdings glyphosatresitent, kann auch in diesem Zeitraum Glyphosat ausgebracht werden. Mit Herbiziden wie Glyphosat kann der Erntezeitpunkt, oder besser die Feuchtigkeit der Ernte zum Erntezeitpunk manipuliert werden. Möchte man beispielsweise das Getreide aus logistischen Gründen eine Woche vor seinem eigentlichen Reifezeitpunkt ernten, dann tötet man die Pflanzen zum geeigneten Zeitpunkt mit Glyphosat ab und erntet das Getreide bevor es so weit vertrocknet ist, dass die Ähren herausfallen. Eine aufwändige Trocknung des Getreides, das die Schimmel- und Brandgefahr erheblich senkt, wird auf diese Weise überflüssig. Dieses Verfahren ist zumindest zur Bestimmung des Erntezeitpunktes in Deutschland verboten. Eine Anwendung bei „besonderen Bedingungen“ ist aber grundsätzlich nicht verboten. 2011 wurden in den USA mehr als 110.000 t Glyphosat ausgebracht. KONTROVERSEN Einige Studien sehen in Glyphosat einen wirtschaftlichen Faktor, der nicht unterschätzt werden dürfe. Auch trage Glyphosat dazu bei, dass Resistenzen vermieden würden, da es eine größere Auswahl an PSM gäbe. Mit Blick auf die Super-Unkräuter in den USA scheint dieser Aspekt absurd. Eine dieser Studien prognostiziert durch ein mögliches Verbot in der Europäischen Union Ertragseinbußen von fünf Prozent. Andere Wissenschaftler sind der Auffassung, dass ein Wegfall des Herbizids durch andere Methoden kompensiert werden könne. RESISTENZEN So wie der Mensch mühsam im Labor die Nutzpflanzen gentechnisch verändert um sie gegen Glyphosat resistent zu machen, kann es auch die Natur machen. In einigen Teilen Amerikas breiten sich die als Super-Weeds (Superunkräuter) bekannten Pflanzen immer weiter aus. Eine Bekämpfung dieser Pflanzen ist mit chemischen Mit- ― 16 ― Pestizide - Thema 14 teln kaum möglich. Einige Äcker wurden auf Grund dieser Unkräuter bereits aufgegeben, da sie nicht mehr bewirtschaftet werden konnten. Die Superunkräuter tauchten vorwiegend in den Gegenden auf, in denen glyphosatresistente Nutzpflanzen angebaut werden. Bauern wird dazu geraten eine größere Auswahl von Herbiziden zu nutzen um diesem Phänomen vorzubeugen. Auch die mechanische Unkrautentfernung sowie Fruchtfolgen würden dazu beitragen, dass die Vorteile von Glyphosat länger genutzt werden könnten. ― 17 ― Pestizide - Thema 14 NEONICOTINOIDE GESCHICHTE Zunächst entdeckte man die insektizide Wirkung von 2-(Dibromnitromethyl)-3-methylpyridin auf Stubenfliegen. Die Weiterentwicklung dieses Stoffes führte zu Nithiazin. Bereits dieser Stoff zeigte die für Neonicotinoide, oder kurz gesprochen „Neonics“, typischen Merkmale: eine gute systemische Wirkung und geringe Toxizität gegenüber Säugetieren. Systemische Wirkung bedeutet, dass der Wirkstoff über das Xylem in der ganzen Pflanze verteilt wird (da das Xylem das Wasser aus den Wurzeln nach oben bringt, kann der Wirkstoff auch nur in dieser Richtung transportiert werden). Der Nachteil dieses Stoffes war seine leichte Photolyse. Dadurch war keine Lichtbeständigkeit in der Pflanze geboten, der Stoff zersetzte sich unter Sonneneinstrahlung sehr schnell. Zu Beginn der 1980er Jahre wurde weiter in dieser Richtung geforscht und man fand schließlich die Verbindung Imidacloprid (Abb.). 1991 wurde Imidacloprid von der Bayer AG auf den Markt gebracht und wurde schnell zu einem der bedeutendsten Insektizide weltweit. Andere Unternehmen investierten infolge dessen nun auch in die Forschung in diesem Bereich. WIRKUNGSWEISE Neonicotinoide werden synthetisch hergestellt. Sie wirken auf den Nikotinischen Acetylcholinrezeptor, kurz nAChR. Dieser Rezeptor ist für die Nervenimpulsübertragung an der Synapse zuständig. Normalerweise lagert sich dort Acetylcholin (ACh) an und es öffnet sich der Ionenkanal (Tunnelprotein) der Synapse um die interzelluläre Signalübertragung zuzulassen. Ein entsprechendes Enzym, die Acetylcholinesterase, kurz AChE, baut dann das Acetylcholin wieder ab. Neonicotinoide wie das Imidacloprid lagern sich ebenfalls am nAChR an (Agonist), können aber von der AChE nicht abgebaut werden. Dies führt zu einer dauerhaften Öffnung des Ionenkanals und infolge derer zu Krämpfen, die schließlich zum Tod der Insekten führen. Neonicotinoide sind selektiv, da sie gut gegen Insekten und kaum gegen Wirbeltiere wirken. ― 18 ― Pestizide - Thema 14 VERWENDUNG Neonicotinoide sind Kontakt- und Fraßgifte. Für systemische Mittel bedeutet dies, das ein einfacher Eintrag über die Wurzeln der Pflanze selbige gegen beißende und saugende Insekten schützt. Aufgrund ihrer guten Verteilungsfähigkeit in der Pflanze eignen sich „Neonics“ besonders als Saatgutbeizmittel. Der Samen wird vor der Aussaat mit Neonicotinoiden versetzt und dann aufs Feld gebracht. So ist die Pflanze vom Keimling bis zur großen Pflanze geschützt. Denn in der Pflanze bauen sich diese Insektizide nur langsam ab. Bei Wein beispielsweise reicht eine Pflanzenbehandlung um die Nutzpflanze ein halbes Jahr lang gegen Insekten zu schützen. Bei einem Ahornbaum beträgt diese Zeit sogar vier Jahre. Es gelangen lediglich 1,6 bis 20 % des im Samen vorhandenen Beizmittels in die Pflanze, dort reicht eine Konzentration von fünf bis zehn ppb (10-9 : 1) aber schon aus, um die Pflanze zu schützen. Es ist aber auch eine Behandlung der Pflanzenblätter oder des Bodens möglich. Auch kann das Neonicitoid anderen Stoffen wie beispielsweise dem Dünger beigemischt oder über die Bewässerung eingebracht werden. 2008 entstanden 24 % des Umsatzes von Insektiziden aus dem Verkauf von Neonicotinoiden. Es sind zur Zeit sieben verschiedene neonicotinoide Wirkstoffe auf dem Markt. 2012 entfielen in England, dem einzigen Land, das zum Gebrauch von Neonicotinoiden Statistiken aufweisen kann, 85 % der Neonicotinoid-Applikationen (-Ausbringungen) auf Getreide- und Ölsaaten. Etwa 19 % der Getreideanbauflächen und 68 % der Ölsaatanbauflächen wurden 2012 mit Neonicotinoiden behandelt. Auch in der privaten Nutzung spielen Neonicotinoide eine Rolle. Sie können in entsprechenden Produkten für die Anwendung im Garten, im Haus oder am Haustier enthalten sein. TOXIZITÄT Neonicotinoide sind, wie schon erwähnt, stark selektiv. Dies liegt, so wird vermutet, an der Wirkungsweise am Nikotinischen Acetylcholinrezeptor. So starben von siebzig bekannten Vergifteten nur zwei der Opfer. Weitere acht dieser Vergiftungen, meist Selbstmordversuche, verliefen mit schweren Auswirkungen. Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) schließt eine Beeinträchtigung der Lern- und Gedächtnisfunktionen von Säuglingen und Kleinkindern nicht aus. Bei Tieren ist die Toxizität deutlich höher. Die Toxizität eines Stoffes wird üblicherweise mit LD50 angegeben. Damit ist die Dosis gemeint, bei der die Hälfte (50%) der Versuchsorganismen sterben (letale Dosis). Der Verzehr von drei gebeizten Mais- ― 19 ― Pestizide - Thema 14 körnern übersteigt bereits die LD50 der Maus. Die LD50 eines Rebhuhns ist mit fünf Maiskörnern, sechs Rübensamen oder zweiunddreißig Rapssamen erreicht. Die LD50 der Honigbiene ist bei Neonicotinoiden mit 4 bis 5 ng etwa zehntausend mal niedriger als bei DDT, also sind Neonicotinoide für die Biene deutlich giftiger als DDT. Ende April 2008 gab es im Oberrheingraben einen Zwischenfall, bei dem elftausend Bienenvölker geschädigt wurden. Grund dafür war Saatgutbeize von Maiskörnern, die sich bei der Aussaat vom Korn löste und vom Wind auf angrenzende, in Blüte stehende Maisfelder getragen wurde. In Deutschland sind seitdem die Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid zur Saatgutbehandlung verboten. Seit 2013 gilt dies in vielen Anwendungsbereichen europaweit. Es gibt rund um Neonicotinoide und das Bienensterben (Colony Collapse Disorder, kurz CCD) die Frage, ob es zwischen beidem einen Zusammenhang gibt. Wissenschaftliche Studien sind kaum möglich, da die Toxizität so gering ist und weitere Faktoren, die die Bienenstöcke beeinflussen, nicht ausgeschlossen werden können. Mehrere Studien kommen zu dem Schluss, dass einzelne Bienen und Hummeln negativ beeinflusst werden. Eine dieser Studien kommt weiter zu dem Ergebnis, dass Bienenvölker die Belastung abpuffern könnten, indem sie die Geschlechterverteilung hin zu den Arbeiterbienen verschieben. Eine 2011 publizierte Metaanalyse aus vierzehn Studien kommt zu dem Schluss, dass das Leistungsniveau der Bienen eines Volkes um 6 bis 20 % sinke. UMWELTVERHALTEN Eindeutige Zahlen zur Anreicherung und Persistenz (Beständigkeit) von Neonicotinoiden im Boden gibt es nicht. Denn je nach Messverfahren, Boden und untersuchtem Wirkstoff gibt es große Unterschiede. Die folgende Auflistung zeigt die Halbwertszeit verschiedener „Neonics“ in Tagen. Imidacloprid 28 – 1250 Thiamethoxam 7 – 353 Clothianidin 148 – 6931 Thiacloprid 3 – 74 Acetamiprid 31 – 450 Der Nachweis von Neonicotinoiden gestaltet sich, ähnlich wie bei Glyphosat, schwierig und wird ebenso über Chromatographie und Massenspektronomie gemacht. Zumindest bei Imidacloprid ist eine Anreicherung und lange Beständigkeit im Boden ziemlich sicher. Auswaschung und Abrieb sind die beiden Eintragsquellen für den Boden und das Grundwasser. Diese weisen heute schon etwa die Konzentrationen dieser Gifte auf, die eine Pflanze sicher vor Insekten schützen. Frankreich geht in ― 20 ― Pestizide - Thema 14 dieser Beziehung weit voran, denn hier sind seit 2016 keine Neonicotinoide mehr zugelassen. In Deutschland sind es 34 Pflanzenschutzmittel mit den oben genannten Wirkstoffen, die zugelassen sind. 2013 beschäftigte sich die Europäische Kommission mit diesem Thema und verabschiedete auf Grundlage uneindeutiger wissenschaftlicher Positionen eine Verordnung, die Neonicotinoid-Anwendungen verbietet, in deren Folge die Honigbiene diesen Mitteln ausgesetzt sein könnte. So ist die Beizung von Saatgut, das beim Aussäen häufig belasteten Staub verursacht, genauso verboten wie die Behandlung von Pflanzen, deren Nektar die Bienen später aufnehmen könnten. Verboten sind die Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid. Als Reaktion veröffentlichten Bayer CropScience und Syngenta eine umfangreiche Studie zu den erwarteten wirtschaftlichen Einbußen. Die Europäische Kommission wollte zwei Jahre nach Erlassung der Verordnung die Gefährdungsrisiken neu bewerten lassen und die Verordnung entsprechend der fachlichen Einschätzung revidieren. ― 21 ― Pestizide - Thema 14 Schematische Darstellung der chemischen Bindung eines Nikotin-Moleküls und des Neonicotinoids Imidacloprid an den Nikotinischen Acetylcholinrezeptor. Die Aufnahme geschieht über den aus der Pflanze gesaugten Pflanzensaft oder den bloßen Kontakt mit dem Gift. Kutikula heißt die äußere Haut des Pflanzenblattes. ― 22 ― Pestizide - Thema 14 ZULASSUNGSVERFAHREN VON PESTIZIDEN Möchte ein Hersteller ein neues Produkt in der Europäischen Union auf den Markt bringen, muss er in einem der EU-Länder einen Zulassungsantrag stellen. Dieses Land lässt von seinen Behörden daraufhin das Produkt auf die enthaltenen Wirkstoffe untersuchen und gibt eine Einschätzung ab, die den anderen Mitgliedsstaaten und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) mitgeteilt wird. Daraufhin entscheidet die Europäische Kommission über die Zulassung. Anschließend können die einzelnen Mitgliedsstaaten eine eigene Einschätzung vornehmen und wenn gewünscht, das Produkt speziell in ihrer Zone zulassen. Von diesen Zonen gibt es drei Stück. Sie unterteilen die Menge der Mitgliedsstaaten in Zone A (Norden), Zone B (Mitte) und Zone C (Süden). Jede dieser Zonen kann individuell über eine Zulassung entscheiden. In Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für die Einschätzung zuständig. Dieses kooperiert mit dem Bundesumweltamt (BUA), dem BfR sowie dem Julius-Kühn-Institut. Dabei führt letztgenanntes gelegentlich eigene Studien und Analysen durch, während das BfR lediglich die Aussagekraft und Richtigkeit des Verfahrens von Studien bewertet und solche zusammenfasst. In den USA koordiniert die Environmental Protection Agency (EPA) die Zulassungsverfahren. Dabei stützt sie sich auch auf Einschätzungen verschiedener Behörden. Das Produkt wird auf die relevanten Punkte wie Toxizität, Umweltverhalten und Möglichkeiten der Entsorgung untersucht. Dabei stützen sich die Behörden auf Daten und Studien der antragstellenden Unternehmen, ja fordern diese sogar explizit an, da die Landesbehörden die Kapazitäten für eigene Untersuchungen nicht hätten. Ist das Produkt zugelassen, erfolgt eine weitere Zulassung in den eigenen Ländern. In den USA gilt bei den Pflanzenschutzmitteln – so wie in der EU generell – das Vorsorgeprinzip (so heißt es zumindest in einer Dokumentation 1 für den deutschen Bundestag, der Spiegel schreibt in seiner aktuellen Ausgabe, der vom 5.3.2016, es gelte für Pestizide in den USA das Nachsorgeprinzip). Vorsorgeprinzip bedeutet, dass solange Zweifel an der Unschädlichkeit oder den Auswirkungen eines Produktes bestehen, es nicht zugelassen werden darf. Der große Unterschied liegt in der Bewertungsgrundlage. Während in der EU noch einige Studien selber vorgenommen werden und gelegentlich auch Studien anderer 1 Zulassung von PSM – Unterschiede zwischen der EU und den USA, siehe Quellenverzeichnis ― 23 ― Pestizide - Thema 14 Institute oder Organisationen herangezogen werden, sind in den USA einzig die Studien der Hersteller entscheidend. Für ein Zustandekommen des Transatlantischen Handelsabkommens TTIP wäre auch in diesem Punkt eine Angleichung der Verfahren denkbar bzw. nötig. ― 24 ― Pestizide - Thema 14 STICHWORTVERZEICHNIS A Acetylcholin...............18f., 22 Acetylcholinesterase......18 Nikotinischer Acetylcholinrezeptor..................18f., 22 Agonist...........................9, 18 Aminosäure........................14 Amphoterer Charakter........13 Androgene.............................. Androgenrezeptor............9 Anophelesmücke............6, 10 Antagonist............................9 B Baumwollanbau....................7 Biene................................20f. Biologische Halbwertszeit..10 Biozid...................................3 C Chromatographie..........13, 20 D DDD (Dichlordiphenyldichlorethan).........................7 DDE (Dichlordiphenyldichlorethen)...................7, 10 DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan).............1ff., 6ff., 14, 20 Abbauprodukt DDD......7f. Abbauprodukt DDE.....7ff. Jittern...............................9 Derivat................................9f. Diazinon............................10, Dreckiges Dutzend...............7 Stockholmer Übereinkommen..............7 E Endokrin...............................9 Enzym...........................14, 18 Erbgut.................................15 F Flüchtig...............................13 G Gerasol................................10 Glyphosat..........1ff., 12ff., 20 H Hormon..............................9f. Hydrolyse.......................8, 13 Hydrophob............................7 Hydroxygruppe...................13 Hydroxyl-Radikal.................8 I Imidacloprid..............18, 20ff. Immobilisierend....................9 Insektizid............3ff., 9f., 18f. Ionenkanal..........................18 Isomer...............................7ff. J Jittern....................................9 K Kanzerogen...............6, 10, 15 Kartoffelkäfer.......................6 L Lähmend...............................9 LD50....................9f., 15, 19f. Lipophil................................7 M Massenspektrometrie..........13 ― 25 ― Metabolit........................8, 14 Motoneuronen......................9 Mutagen..............................15 N Neonicotinoide.........1f., 18ff. Nithiazin.............................18 O Östrogen...............................9 P Partikelgebunden..................8 Phasing out...........................6 DDT.............3, 6ff., 14, 20 Photolyse..................8, 13, 18 Polar....................................13 POP.......................................7 POP-Konvention..............7 Pyrethroide...........................9 S Selektiv.......................16, 18f. Shikimatweg.......................14 Silent Spring.........................6 Spiralnerven..........................9 Stockholmer Übereinkommen................................7 Systemische Wirkung.........18 T Testosteron............................9 Tod..............................4, 9, 18 Tremor..................................9 Tunnelprotein......................18 W WHO..............................6, 15 Z Zentrales Nervensystem (ZNS)....................................9 Pestizide - Thema 14 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Namenserklärung DDT.svg, Wikimedia Commons....................................................................7 DDT to DDD and DDE.svg, Wikimedia Commons...................................................................8 Diazinon-Structural Formula V1.svg, Urheber: Jü, Wikimedia Commons..............................10 Deformierte Ferkel; Seitenabbildung aus "Glyphosat: Wirkung des Totalherbizids auf Menschen und Tiere", siehe Quellenverzeichnis......................................................................12 Glyphosate.svg, Wikimedia Commons.....................................................................................13 Glycin - Glycine.svg, Wikimedia Commons............................................................................13 Formaldehyde-2D.svg, Wikimedia Commons..........................................................................13 Phosphorsäure - Phosphoric acid.svg, Wikimedia Commons...................................................13 Aminomethylphosphonic acid.svg, Wikimedia Commons.......................................................14 Imidacloprid.svg, Wikimedia Commons..................................................................................18 Nicotin-Imidacloprid.svg, Urheber: Kopiersperre, Wikimedia Commons...............................22 Sofern kein Urheber genannt ist, sind die Abbildungen gemeinfrei. LITERATURVERZEICHNIS Verschiedene Artikel der (deutschen) Wikipedia, u.a. diese: Verschiedene Inhalte der Internetseite des BUND, besonders zu den Themen Androgenrezeptor Pestizide Aminomethylphosphonsäure Glyphosat Biozid Neonicotinoide Chlorkohlenwasserstoffe Dichlordiphenyltrichlorethan Dichlordiphenyldichlorethen Alles für TTIP in: Der Spiegel, Nr. 10 vom 5.3.2016 Monsanto gegen Bauern – Bericht des Zen- Herbizid trums für Nahrungsmittelsicherheit, Huminsäuren Washington D.C. Neonicotinoide Acetylcholin Nikotinischer Acetylcholinrezeptor Nithiazine (en) Persistenz Pesticide (en) Pestizid Pflanzenschutzmittel Glyphosat: Wirkung des Totalherbizids auf Menschen und Tiere WDR Die Story: Gift im Ackern, Glyphosat – die unterschätzte Gefahr www.farmlandbirds.net: Schwere Zeiten für Brutvögel Zulassung von PSM – Unterschiede zwischen der EU und den USA ― 26 ― Thema 15 Thema 15 Impfungen mit ihren Vor- und Nachteilen Leonie Schoeneich Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung..........................................................................................2 2 Das Immunsystem.............................................................................3 2.1 Unsere spezifische Immunabwehr...................................3 2.2 Unsere unspezifische Immunabwehr...............................4 3 Antikörper..........................................................................................7 4 Geschichte der Impfung...................................................................10 5 Die Immunisierung...........................................................................12 5.1 Die aktive Immunisierung..............................................12 5.2 Die passive Immunisierung............................................13 5.3 Die Simultanimpfung.....................................................14 6 Die Impfstoffe..................................................................................15 6.1 Lebendimpfstoffe...........................................................15 6.2 Totimpfstoffe..................................................................16 6.3 Toxoidimpfstoffe............................................................17 7 Zusatzstoffe in Impfpräparaten........................................................19 8 Häufige Schäden nach einer Impfung..............................................21 9 Meine Einstellung zum Impfen........................................................23 10 Quellenangaben....................................................................24 1 Thema 15 Einleitung Das Impfen beschäftigt die Menschen schon seit mehreren hundert Jahren, ist aber auch heute noch höchst aktuell und ein viel diskutiertes Thema. Die Meinungen über das Thema spalten sich so sehr, wie kaum bei einem anderen. Das Auftreten von Masernerkrankungen und andere epidemieähnliche Ausbrüche sorgen außerdem immer wieder für neuen Diskussionsstoff, ob in Deutschland zum Beispiel eine Impfpflicht eingeführt werden sollte oder nicht. Die meisten Ärzte, aber auch offizielle Institute wie die STIKO (ständige Impfkommission) sprechen eine Empfehlung für das Impfen von äußerster Dringlichkeit aus, damit so die Bevölkerung als Gemeinschaft einzelne Krankheiten aussterben lässt. Aber auch die Zahl der Impfgegner steigt immer mehr an, es werden Bücher zur Aufklärung veröffentlicht und auf Nachteile hingewiesen. Allerdings geschieht diese Aufklärung über sowohl die Vor- als auch die Nachteile des Impfens bei einem Besuch beim Arzt nur sehr selten. Häufig werden Fragen zu zusätzlichen Inhaltsstoffen übergangen oder bleiben aus Unwissenheit des Arztes unbeantwortet. Man sollte sich also nur von einem Arzt impfen lassen, der einen sowohl auf die Vorteile der Schutzimpfung sowie auf die Empfehlungen der STIKO hinweist, aber auch auf die Impfnebenwirkungen eingeht. Die Aussagen des Arztes sollten dabei nicht all zu sehr durch seine persönliche Einstellung gegenüber dem Impfen beeinflusst sein, sondern möglichst objektiv gehalten werden und vor allem wissenschaftlich begründet werden können. Nur auf diese Weise der Impfaufklärung ist es dem Patienten, der mit seinen Bedürfnissen immer an erster Stelle stehen sollte, möglich, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich zu entscheiden, ob er sich oder vor allem sein Kind impfen lassen möchte, oder es vorzieht auf die künstliche Immunisierung zu verzichten. Ich möchte mit meinem Referat genau auf diese Art der Aufklärung zurückgreifen und sowohl die Vorteile, als auch die Nachteile des Impfens betrachten. 2 Thema 15 Das Immunsystem Unser Immunsystem ist das natürliche Abwehrsystem unseres Körpers, welches uns mit Hilfe unterschiedlicher Mechanismen vor Krankheitserregern schützt. Allerdings bekämpft es nicht nur in unseren Organismus eingedrungene Erreger und Fremdstoffe, sondern ist außerdem in der Lage krankhafte körpereigene Zellen zu vernichten. Das Immunsystem besteht aus verschiedenen Zelltypen und Molekülen, den sogenannten lymphatischen Organen, zu welchen der Thymus, das Knochenmark, die Lymphknoten, die Tonsillen, die Milz, die Appendix und die Lymphfollikel der Schleimhäute gehören. Sein gesamtes Gewicht beträgt ganze zwei bis drei Kilo. Nicht nur der Aufbau unseres Immunsystems ist sehr komplex, sondern vor allem auch die Aufgaben, die es ausführt. Es gewährleistet uns Schutz, indem es zwischen fremden und eigenen Elementen unterscheidet und mit einer entsprechenden Immunantwort reagiert. Für die Abwehr schädlicher Stoffe stehen dem menschlichen Körper spezifische und unspezifische Abwehrmechanismen zur Verfügung. Mit Hilfe der unspezifischen Mechanismen kann ein Fremdstoff ohne vorhergehenden Kontakt unschädlich gemacht werden, während bei spezifischen Mechanismen ein sogenannter Erstkontakt nötig ist, der die Bildung von Abwehrstoffen (Antikörpern) auslöst. Diese beiden Abwehrsysteme sind zwar von einander unabhängig, können aber durch Zusammenwirken noch deutlich effizienter sein. In der Regel erkennt unsere Immunabwehr Krankheitserreger innerhalb von wenigen Stunden und zerstört diese unmittelbar mit Mechanismen des unspezifischen Immunsystems. Sollte dies nicht gelingen kommt es nach etwa vier bis sieben Tagen zu der spezifischen Immunabwehr. Unsere unspezifische Immunabwehr Die unspezifische Immunabwehr wird auch angeborenes Immunsystem genannt, da diese Art des Schutzes schon seit unser Geburt besteht. Sie besteht aus zwei unterschiedlichen Arten von Faktoren. Zum einen wären da die zellulären Faktoren, zu welchen die als Abwehrzellen eingesetzten bestimmten weißen Blutkörperchen gehören. Diese sogenannten Fresszellen (Phagozyten) nehmen die Fremdkörper bzw. Erreger auf und verdauen sie. Phagozyten werden in neutrophile und esoinophile Granulozyten, Makrophagen (Riesenfresszellen) und 3 Thema 15 Monozyten (Vorläufer der Makrophagen) unterteilt. Die andere Art der Faktoren sind die humoralen Faktoren. Dazu gehören unter anderem in Körperflüssigkeiten gelöste Substanzen, die eine bakterientötende Wirkung haben. Zum Beispiel das Enzym namens Lysozym, welches in verschiedenen Körpersekreten wie Tränenflüssigkeit oder Speichel enthalten ist und die Zellwände vieler Bakterien angreift. Die humoralen Faktoren umfassen außerdem das von der Leber gebildete Enzymsystem, das sogenannte Komplementsystem, welches für die Auflösung körperfremder Zellen verantwortlich ist. Interferone sind Proteine mit einer immunstimulierenden Wirkung, die meist von Leukozyten und Fibroblasten gebildet werden und den letzten Bestandteil der humoralen Faktoren ausmachen. Neben diesen beiden Arten von Mechanismen wird unser unspezifisches Immunsystem aber noch durch andere Faktoren unterstützt. Einer dieser Faktoren ist unsere Haut. Sie ist das größte Organ des menschlichen Organismus und bildet die äußere Barriere unseres Abwehrsystems. Auch unser Magensaft hat eine unterstützende Wirkung indem er Bakterien, die wir über unsere Nahrung aufnehmen, zersetzt. Krankheitserreger oder andere Fremdstoffe, die durchs Atmen in unsere Luftwege gelangen, werden durch gewisse Flimmerhärchen der Schleimhäute wieder hinaus befördert oder bleiben an dem Schleim der Schleimhäute haften. Unsere spezifische Immunabwehr Unsere spezifische Immunabwehr bildet sich erst im Laufe unseres Lebens, weswegen sie auch den Namen „erworbene Immunabwehr“ trägt. Durch die direkte Auseinandersetzung mit einem bestimmten Krankheitserreger entsteht ein Lernprozess, bei welchem eine adaptive Immunantwort ausgebildet wird, welche direkt auf den Erreger angepasst ist. Für diese adaptive Immunantwort spielen die Lymphozyten, die zu immunologischen Reaktionen fähigen Immunzellen, eine entscheidende Rolle. Lymphozyten sind die kleinsten weißen Blutkörperchen, deren Anteil aller Blutkörperchen im Blut etwa 25% ausmachen. Lymphozyten werden in den primären Immunorganen, dem Thymus und dem Knochenmark, gebildet und von dort an die sekundären Organe des Immunsystems, die Lymphknoten, die Lymphbahnen und die Milz, weitergegeben. 98% der Lymphozyten befinden sich in den lymphatischen Organen, wo sie produziert oder hin abgegeben wurden und nur ein kleiner Teil wird beständig ins Blut gegeben. Die Immunzellen können mindestens zehn Tage, aber sogar bis zu mehreren Jahren leben und aktiv unseren Organismus verteidigen. Die 4 Thema 15 spezifische Immunabwehr wird aus zwei primären Arten der Lymphozyten gebildet, aus den T-Lymphozyten und den B-Lymphozyten, welche sich in ihren Eigenschaften und Aufgaben unterscheiden. • T-Lymphozyten Die T-Lymphozyten gehören zu unserem spezifischen zellulären Abwehrsystem, werden im Thymus produziert und machen einen Anteil von ca. 70% bis 80% aller Lymphozyten aus. Sie lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Die erste Gruppe bilden die T-Effektorzellen. Sie können verschiedenste Immunantworten auslösen oder verstärken und unterteilen sich aufgrund unterschiedlicher Eigenschaften in weitere Untergruppen. Zum einen gibt es die sogenannten T-Killerzellen, auch als zytotoxische T-Zellen bekannt, da sie infizierte Zellen abtöten indem sie sie auflösen. Eine weitere Art der T-Effektorzellen sind die THelferzellen. Wie der Name schon vermuten lässt ist ihre Aufgabe die Makrophagen und B-Zellen zu aktivieren, also zu unterstützen. Außerdem bilden noch die TUnterdrückungszellen einen Teil der T-Effektorzellen. Sie verhindern zum Beispiel die Bildung von Autoimmunerkrankungen, indem sie eine Immunreaktion gegen körpereigene Zellen größtenteils unterdrücken. Die zweite Art der T-Lymphozyten sind die T-Gedächtniszellen, die noch jahrelang den selben Erreger wiedererkennen und dessen Bekämpfung durch das Verstärken der Immunantwort unterstützen. • B-Lymphozyten Auch die B-Lymphozyten gehören zu unserem spezifischen Abwehrsystem, sind aber keine gewöhnlichen Zellen. Sie sind die einzigen Zellen, die in der Lage sind Antikörper zu produzieren. Im Gegensatz zu den T-Lymphozyten gehören sie zu dem humoralen Teil unserer Immunabwehr. Bei Kontakt mit einem Antigen, welches zum Beispiel auf einem Bakterium sitzt, entwickeln sich B-Lymphozyten entweder zu Plasmazellen oder zu B-Gedächtniszellen. Dies geschieht dadurch, dass sich die BZelle an das erkannte Antigen bindet, welches zu ihrem sogenannten Rezeptor (Bindungsstelle) passt und dann von Lymphokinen, die von einer T-Helferzelle ausgeschüttet wurden, aktiviert wird. Sowohl die Plasmazellen als auch die Gedächtniszellen sind in der Lage körperfremde Strukturen, die Antigene, zu erkennen und daraufhin die passenden Antikörper zu 5 Thema 15 bilden. Der Unterschied der beiden B-Lymphozyten-Arten besteht darin, dass die Plasmazellen kurzlebige Zellen sind, die eine Lebensdauer von nur etwa zwei bis drei Tagen haben. Sie produzieren also Antikörper, können sich allerdings nicht die Struktur des Antigens merken und somit nur für einen vorübergehenden Schutz sorgen. Die B-Gedächtniszellen bilden mit den T-Gedächtniszellen unser immunologisches Gedächtnis. Sie erkennen auch noch nach Jahren den selben Erreger und können daher bei einer erneuten Erkrankung umgehend mit der verstärkten Produktion von Antikörpern beginnen. Allgemein sind B-Zellen, im Gegensatz zu TZellen, fähig, auch freie Antigene zu erkennen und eine entsprechende Immunantwort auszulösen. 6 Thema 15 Antik̈rper Antikörper sind Glycoproteine, die zu der Klasse der Globuline gehören, weshalb sie auch häufig als Immunglobuline bezeichnet werde. Antikörper werden von Plasmazellen gebildet, die aus B-Lymphozyten nach einem Antigenkontakt entstehen. Die Antikörperbildung wird durch die Bindung des entsprechenden Antigens und den Antigenrezeptor des B-Lymphozyten stimuliert. Als Antigene gelten in der Regel Makromoleküle oder auch kleinere Moleküle, die sich an die Oberfläche eines Partikels häufig an Bakterien gebunden haben. Ein solches gebundenes Molekül könnte beispielsweise ein Lipopolysaccharid sein. Abb. 2, Struktur eines möglichen Antigens Dieses spezifische Antigen sorgt nun für die Produktion der genau angepassten Antikörper, welche über eine non-kovalente Bindung auch nur dieses bestimmte Antigen erkennen und in seltenen Fällen verwandte Strukturen eines Fremdkörpers (Pockenschutzimpfung). Allerdings erkennen Antikörper nicht den Fremdstoff selbst, sondern nur eine bestimmte Stelle des Antigens, das sogenannte Epitop (oder auch antigene Determinante). Da jedes Antigen die spezifische Produktion eines passenden Immunglobulins fordert, wird das Verhältnis der beiden auch häufig als „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ beschrieben. Struktur: Die Antikörper sind symmetrische Moleküle. Sie bestehen aus zwei leichten (L-Ketten) und zwei schweren Peptidketten (H-Ketten), die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Da sie aus vier Protein-Untereinheiten (Ketten) bestehen, gehören sie zu den Proteinen, die nur in einem Komplex funktionell sind und daher eine Quartärstruktur besitzt. 7 Thema 15 Zwischen der L- und H-Kette liegt die Antigenbindungsstelle. Dieser Teil des Moleküls wird häufig auch als „Fab-Stück“ bezeichnet (antigen-bindendes Fragment). Da der Aufbau der Antikörper symmetrisch ist, ergibt sich, dass diese über zwei Bindungsstellen verfügen und daher als bivalent bezeichnet werden. Abb. 3, Struktur eines Immunglobulin Bei verschiedenen Antikörpern wird die Bindungsstelle auch als „variable Region“ bezeichnet. Vergleicht man die Aminosäuresequenzen der Enden der H-Ketten mit der variablen Region, fällt auf, dass diese deutlich konstanter in Erscheinung treten. Daher auch die Bezeichnung „Fc-Stück“ (c=constant) für diesen Bereich. Vor allem für die Komplementaktivierung ist das Fc-Stück bedeutend, zur Antigenbildung ist es allerdings unfähig. Es gibt zwei Typen von leichten Ketten (κ und λ) und fünf Typen von schweren Ketten (α, δ, ε, γ und μ), anhand derer die Antikörper in unterschiedliche Klassen (IgA, IgD, IgE, IgG und IgM) eingeteilt werden, die sich durch unterschiedliche Eigenschaften auszeichnen. Um den Vorgang der Immunisierung zu verstehen, genügt es allerdings sich nur allgemeine 8 Thema 15 Eigenschaften der Antikörper anzuschauen. Antigen-Antikörper-Reaktion Antikörper reagieren mit Determinanten an der Antigenoberfläche. Dabei kommt es zu einer Konformationsänderung des Antikörpers, wodurch Strukturelemente erkennbar werden, die vor der Bindung nicht vorhanden waren. Diese Strukturen befinden sich auf dem Fc-Stück und ermöglichen eine Interaktion des Antikörpers mit Komplementfaktoren. Durch diese Bindung des Antigens an den Antikörper wird dieses sozusagen neutralisiert. Dies ist der Moment, bei welchem die Auflösung von Bakterien und der Abbau einiger Gifte eingeleitet wird und dem Antigen die schädlichen Wechselwirkungen mit unserem Organismus nicht mehr möglich sind. Abb. 4, vereinfachte Darstellung der Bindung von Antikörper und Antigen Bei der künstlichen Form des Immunisierens spielen Antikörper eine sehr wichtige Rolle. 9 Thema 15 Geschichte der Impfung Um die Geschichte von der Entdeckung und dem Erfolg des Impfens zu verstehen, muss man sich in die historischen Gegebenheiten hineinversetzen. Bis in das 19. Jahrhundert war es den Chemikern, Biologen und Medizinern auf der Welt unmöglich, eine grundlegende und vorbeugende Schutzmaßnahme gegen die im Laufe der Geschichte immer wieder mit verheerenden Folgen auftretenden großen Seuchen zu finden und diese somit effektiv zu bekämpfen und zurückzudrängen. So rafften Krankheiten wie die Pest oder Pocken immer wieder große Bevölkerungsschichten dahin und wurden durch die ergriffenen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen häufig sogar verschlimmert anstatt geheilt. Schon früh (etwa 200. v. Chr.) gab es jedoch in Asien, genauer gesagt in China Ärzte, die auf die Idee einer absichtlichen „Vorinfektion“ als Schutzmaßnahme gegen eine spätere, weitaus schlimmere Infektion setzten. Auch im nahen Osten wurde mit solchen Versuchen erfolgreich experimentiert und dies schon weit vor dem großen „Durchbruch“ des Impfens in Europa. Als erstem Europäer gelang im Jahre 1796 dem englischen Arzt Edward Jenner eine Person erfolgreich mit Pocken „vorzuinfizieren“ und im späteren Verlauf des Experimentes immun gegen eine erneute Ansteckung zu machen. Dies gelang ihm, indem er einen Jungen mit Kuhpocken, welche sich durch einen bei dem Menschen weit harmloseren Krankheitsverlauf auszeichnen, infizierte und somit immunisierte. Nach einer späteren Infektion zeigte der Junge keinerlei Krankheitssymptome und galt somit als geheilt. Das Problem dieser Impfungen war jedoch, dass zwar eine grundlegende Schutzmaßnahme getroffen wurde, diese jedoch mehr oder weniger zufällig entstand und lediglich auf Vermutungen der Mediziner, nicht jedoch auf Fakten basierte. So wurde zwar die Krankheit verhindert, dessen Ursache war jedoch weiterhin nicht bekannt. Dies änderte sich erst zum Ende des 19. Jahrhunderts. Der französische Mikrobiologe und Chemiker Louis Pasteur fand in seiner als „Keimtheorie“ weltberühmten Forschungsarbeit als erster die Ursachen von Infektionen heraus und konnte diese somit auch gezielt bekämpfen und zuordnen. Louis Pasteur, geboren am 27.12.1822 in Frankreich, studierte Naturwissenschaften und war schon früh ein begeisterter Chemiker. Während es zwar bekannt war, dass es außer den offensichtlich zu sehenden Lebewesen auf der Welt noch sehr viele andere winzige Lebewesen gab, welche damals unter dem Sammelbegriff Mikroben zusammengefasst wurden, war Pasteur der Erste dem es gelang, 10 Thema 15 diese kleinen Mikroorganismen in Verbindung zu Dingen wie dem Verderb von Lebensmitteln aber auch Krankheiten zu bringen. Er konnte mithilfe eines Experiments beweisen, dass Lebensmittel nur verderben, wenn sie der Luft ausgesetzt sind. Somit wies er die Existenz von Mikroorganismen nach und kam zu der festen Überzeugung, dass diese auch die Auslöser für viele der bisher nicht zu bekämpfenden Krankheiten waren. So widmete er sich ab einem Alter von etwa 50 Jahren dem Erforschen von „Infektionskrankheiten“. Er begann zunächst mit Hilfe von Tieren an einer Prävention gegen die Krankheiten zu forschen. Er infizierte Hühner mit Proben von anderen an Hühnercholera erkrankten Tieren und stellte fest, dass die neu infizierten Hühner keinerlei Krankheitssymptome aufwiesen. Somit bewies er die Abschwächung der Mikroorganismen und deren Ungefährlichkeit nach einer gewissen Zeitdauer. Nun infizierte er die Hälfte der Hühner, welche bereits vorher schwache Mikroorganismen bekamen, zeitgleich mit einer Gruppe Hühner ohne vorherige Injektion. Während die nicht „geimpften“ Hühner ausnahmslos verstarben, überlebten die Hühner mit der Injektion. Somit war der Beweis erbracht, dass eine Immunität gegen den Erreger vorlag und die Vorinfektion mit einer harmloseren Form des Virus eine spätere möglicherweise tödliche Infektion verhinderte. Angetrieben von seinen Forschungsergebnissen und einem gewissen Konkurrenzkampf mit dem deutschen Arzt Robert Koch, entwickelte Pasteur in den folgenden Jahren unter anderem ein Impfverfahren gegen Tollwut, sowie andere Methoden, die die Medizin auf ein komplett neues Level hoben. Jedoch sind auch Louis Pasteurs Methoden umstritten und unter Impfgegner und Befürwortern heiß diskutiert, da vieles auf reinen Theorien Pasteurs beruht und nicht wissenschaftlich von anderen Ärzten überprüft wurde. In den folgenden Jahren entwickelte sich ein bis heute anhaltender „Impfboom“ , es wurden staatlich geregelte Impfungen ins Leben gerufen und viele der „großen Seuchen“, wie zum Beispiel die Pocken, verschwanden nach und nach durch die immer besser werdende medizinische Versorgung der Menschheit. Doch auch hier bleibt anzumerken, dass es umstritten ist, ob dafür einzig und allein die kontinuierliche „Durchimpfung“ der Weltbevölkerung oder auch einfache Faktoren, wie die Verbesserung der allgemeinen hygienischen Zuständen verantwortlich sind. 11 Thema 15 Die Immunisierung Bei der Immunisierung macht man sich das natürliche Prinzip unseres Immunsystems zunutze und injiziert durch Mechanismen der Immunabwehr erzeugte Antikörper. Es gibt zwei Arten der Immunisierung, zum einen die aktive Immunisierung, zum anderen die passive Immunisierung, welche sich erheblich von einander unterscheiden. Abb. 1: Impfkalender der STIKO Die aktive Immunisierung Die aktive Immunisierung wird aufgrund der Entdeckung E. Jenners auch als Vakzination bezeichnet, da dieser für die erste Impfung in Europa abgeschwächte Erreger der Kuhpocken nutzte (von lat. Vaccinus, von Kühen stammend). Bei einer aktiven Impfung werden dem Körper entweder Lebend- oder Totimpfstoffe zugeführt, die eine natürliche Immunantwort des Abwehrsystems provozieren. Es werden also spezifische Antikörper gebildet, da unser Abwehrsystem von einer echten Infektion ausgeht. Diese bekämpfen den abgeschwächten 12 Thema 15 oder toten Erreger und „merken“ sich die Struktur des Antigens. Somit schützen sie langfristig unseren Körper vor eben dieser Krankheit. Bei einer erneuten Infektion erkennt unser immunlogisches Gedächtnis dann die Struktur des bestimmten Erregers und unser Immunsystem kann sofort mit der verstärkten Bildung von passenden Antikörpern beginnen. Der langfristige Schutz ist auch die Komponente, welche die Schutzimpfung ausmacht und von der passiven Immunisierung unterscheidet. Aktive Impfungen unterscheidet man in Routineimpfungen und in Indikationsimpfungen. Wobei die Routineimpfung die Standardimmunisierung ist, welche einen Schutz gegen weitverbreitete Infektionskrankheiten bildet. Routineimpfungen sind von der STIKO empfohlen und im Impfkalender nachzulesen. Die Indikationsimpfungen sind davon abzugrenzen. Zu ihnen gehören auch die Reiseimpfungen, welche auf die entsprechenden Länder angepasst sind. Außerdem werden von der STIKO die Grundimmunisierungen zum Aufbau eines ausreichenden Impfschutzes und die sogenannten Auffrischungsimpfungen zum Anheben eines abgefallenen Antikörpertiters auf das nötige Niveau, empfohlen. Die passive Immunisierung Bei der passiven Immunisierung verhält sich unser Abwehrsystem, wie der Name schon sagt, passiv. Die Immunglobuline, die für den Schutz gegen den Krankheitserreger gebraucht werden, führt man mit Hilfe einer Injektion durch. Dadurch, dass unser Immunsystem diese Antikörper nicht selbst produzieren muss, wird kein immunologisches Gedächtnis aufgebaut und der Schutz ist nur von kurzer Dauer (meist hält er wenige Wochen). Für die meisten Krankheiten gibt es keine Antikörperpräparate, da häufig deren Wirkung nicht ausreicht und vor allem die Produktion der Präparate vergleichsweise teuer ist. Bei Antikörperpräparaten unterscheidet man homologe und heterologe Präparate, wobei die homologen Antikörper eines Menschen, die heterologen Immunglobuline eines Tieres enthalten. Da die Antikörper für heterologe Präparate von Pferden, Schafen oder anderen Tieren gewonnen werden, können bei ihrer Injektion Komplikationen aufgrund von Fremdeiweißen auftreten. Gewonnen werden diese speziellen Impfstoffe durch die Filterung der Immunglobuline und die anschließende Verarbeitung zu einem Serum. Eine besondere Form der passiven Immunisierung ist die diaplazentare Immunisierung. Diese beschreibt die Übertragung der Antikörper einer Frau an ihr ungeborenes Kind während der Schwangerschaft. Diese Weitergabe der Antikörper geschieht über die Plazenta und ist vor allem für die ersten Lebenswochen des Säuglings sehr entscheidend, da sie der Grund für den sogenannten „Nestschutz“ ist. Das Kind ist dadurch vor Infektionen geschützt. Der wohl wichtigste Vorteil der passiven Immunisierung ist der unmittelbar eintretende 13 Thema 15 Schutz, weshalb sie in der Regel erst nach Eintreten der Erkrankung oder bei Verdacht auf eine mögliche Infektion angewendet wird. Die Simultanimpfung Selbstverständlich lassen sich diese beiden Arten der Immunisierung auch kombinieren. Der Vorteil einer solchen Simultanimpfung ist, dass ein sofortiger Schutz gegen eine Erkrankung und gleichzeitig eine Prophylaxe gegen eine erneute Ansteckung gewährleistet wird. Allerdings lässt sich diese Methode des Impfens nur bei wenigen Infektionen einsetzen. Häufig beeinträchtigt die passive nämlich die aktive Immunisierung in ihrer Wirkung, was abhängig von der Art des aktiven Impfstoffs ist. Beispielsweise können Simultanimpfungen aber als Tetanusprophylaxe nach einer Verletzung oder als Tollwutprophylaxe nach Tierbissen angewendet werden. 14 Thema 15 Die Impfstoffe Für die aktive Immunisierung werden zwei verschiedene Arten von Impfstoffen angewendet. Sie nennen sich Lebend- und Totimpfstoffe und unterscheiden sich vor allem in ihrer Herstellung. Wichtig bei der Herstellung von Impfstoffen ist in erster Linie, dass sie vor allem keine Erkrankung auslösen, schließlich sollen sie ja gegen diese einen Schutz bieten. Außerdem ist daher wichtig, dass genügend antigenes Material vorhanden ist, um eine entsprechende Immunantwort, also die Bildung von passenden Antikörpern, zu provozieren. Anderenfalls wäre die Impfung zwecklos. Lebendimpfstoffe Die Eigenschaft, die Lebendimpstoffe besonders auszeichnet und gleichzeitig auch riskanter als den Totimpfstoff macht, ist, dass sie lebende und somit vernehmungsfähige Keime enthalten. Krankheitserreger müssen also durch verschiedene Vorgänge attenuiert werden, was den Verlust der Virulenz bedeutet um als Lebendimpfstoff zum Einsatz zu kommen. Dabei ist besonders wichtig, dass die Epitope, die Oberflächeneigenschaften des Erregers, welche die Immunantwort auslösen, erhalten bleiben. Um einen Krankheitserreger in seinen krankmachenden Eigenschaften abzuschwächen, nutzt man seine natürlichen Eigenschaften. Ein Erreger kann sich nämlich in einem ungünstigen Wirt oder bei ständigem Wirtswechsel am Anfang noch vermehren, allerdings keine Krankheit als solche mehr auslösen. Für die Attenuierung mit Hilfe von mehreren Passagen wird entweder ein befruchtetes Hühnerei, ein lebendes Tier oder eine Zellkultur verwendet. Eine weitere Methode zur Attenuierung ist das Züchten von Erregern bei zu niedrigen Temperaturen. Auch dadurch verlieren sie ihre krankmachenden Eigenschaften. Sollen Bakterien attenuiert werden, werden dafür meist stabile Stämme gezüchtet, die keine krankmachenden Eigenschaften enthalten. Folgende Impfstoffe gelten als Lebendimpfstoffe, da sie zwar abgeschwächte, aber immer noch vermehrungsfähige Erreger enthalten: • Cholera-Schluckimpfung • Gelbfieberimpfstoff 15 Thema 15 • Masernimpfstoff • Mumpsimpfstoff • Polio-Schluckimpfung • Typhus-Schluckimpfung • Windpockenimpfstoff • Rötelnimpfstoff • … Der Vorteil der Lebendimpfstoffe besteht in ihrem äußerst langanhaltenden Schutz, der sogar ein Leben lang bestehen bleiben kann, da sowohl die humorale als auch die zellulare Immunabwehr aktiviert wird. Den Nachteil bilden die häufigen Nebenwirkungen, die bei einer Impfung mit Lebendimpfstoff auftreten können und vor allem auch die Gefahr nicht nur eine vorübergehende Schädigung, sondern einen ernsthaften Impfschaden davonzutragen. Totimpfstoffe Die wichtigste Eigenschaft, die den sogenannten Totimpfstoff vom Lebendimpfstoff unterscheidet, ist, dass er keine vermehrungsfähigen Keime enthält. Da bei einer Immunisierung mit Totimpfstoff nur eine sehr spezifische Menge an antigenem Material zugeführt wird, kommt es zu einer sehr kontrollierten Immunantwort. Um das antigene Material, welches den wichtigsten Bestandteil des Impfpräparates ausmacht, dem Immunsystem optimal zu präsentieren, wird einem Totimpfstoff häufig ein Additiv (Zusatzstoff) zugegeben. Impfstoffe, die ein Additiv wie zum Beispiel Aluminiumsalze, Aluminiumhydroxide oder Aluminiumphosphat enthalten, nennt man Adsorbatimpfstoffe. Allgemein sind die Zusammensetzungen von Totimpfstoffen sehr unterschiedlich, man kann allerdings drei Gruppen unterscheiden. Zum einen gibt es die Ganzkeimvakzinen. Sie enthalten ganze, inaktivierte Erreger und werden zum Beispiel für die Hepatitis A- , Tollwut-, oder die Zeckenschutzimpfung genutzt. Eine weitere Form der Totimpfstoffe sind die Subunitimpfstoffe. Für ihre Produktion werden keine kompletten inaktiven Erreger 16 Thema 15 verwendet, sondern nur der Teil, der für die Provokation einer Immunantwort entscheidend ist. Diese entscheidenden Komponenten können zum Beispiel Polysaccharide sein, die sich am äußeren Teil des Erregers befinden. Dies ist beim Typhus-Polysaccharidimpfstoff der Fall. Wenn solche Polysaccharide allerdings an ein weiters Protein gebunden sind, nennt man einen solchen Impfstoff „Konjugationsimpfstoff“. Diese werden unteranderem für die Pneumokokkenimpfung oder die Meningokokkenimpfung benutzt. Allgemein gelten folgende Impfstoffe als Totimpfstoffe: • Pertussisimpfstoff • Choleraimpfstoff • Tollwutimpfstoff • Typhusimpfstoff • Poliomyelitisimpfstoff • Hepattitis-A und -B Impfstoff • Grippeimpfstoff • ... Der Vorteil des Totimpfstoffs besteht darin, dass er deutlich geringere Nebenwirkungen als der Lebendimpfstoff mit sich bringt, weshalb heute auch deutlich mehr Impfstoffe zu dieser Kategorie gehören. Nachteilig ist allerdings, dass sein Schutz teilweise schon nach wenigen Jahren aufgefrischt werden muss, spätestens nach einigen Jahren. Toxoidimpfstoffe Manche Bakterien produzieren bei ihrer Vermehrung sogenannte Exotoxine (ausgeschiedene Gifte) als Stoffwechselprodukte, die auf unsere Organismus eine schädigende Wirkung haben. Zu dieser Art von Erregern gehören Tetanus und Diphtherie. Unser Immunsystem kann Toxine weder erkennen noch Immunglobuline gegen sie bilden, weswegen Tetanus und Diphtherie auch als so gefährlich gelten. Allerdings kann man Exotoxine in Toxide 17 Thema 15 umwandeln, gegen welche unser Körper dann Antikörper bilden kann, mit welchen er wiederum auch die Toxine, die im Falle einer Erkrankung in den Körper gelangen würden, bekämpfen kann. Herstellung eines Toxoidimpfstoffes: Zunächst wird für die Herstellung von Toxoidimpfstoffen eine entsprechende Bakterienkultur benötigt. Als solche wird zum Beispiel eine Kultur der krankheitserregenden Bakterien Corynebacterium diphtheriae oder Clostridium tetani benutzt. Diese werden auf ein Nährmedium gegeben, an welches sie nun beginnen ihre Exotoxine abzugeben. Da diese für die Herstellung eines Toxoidimpfstoffes nötig sind, werden sie durch den Mechanismus der Sterilfiltration aus dem Nährmedium gewonnen. Um aus diesen gewonnenen Toxinen nun ein für eine Impfung geeignetes Toxoid herzustellen, müssen sie zunächst chemisch behandelt werden. Dies geschieht bei etwa 30-40°C mit einer Formaldehydlösung und sorgt für eine Reaktion freier Aminogruppen in den Proteinseitenketten der Toxine mit dem Formaldehyd zu Azomethingruppen. Durch diese Reaktion verlieren die Toxine ihre zellenzerstörende Bindungsfähigkeit und somit auch ihre toxischen Eigenschaften, was sie zu Toxoiden macht. Diese Rohtoxoide müssen im nächsten Schritt durch gewöhnliche Verfahren zur Proteinreinigung zu einem reinen Toxoid verarbeitet werden. Durch diese Reinigung werden größtenteils auch die Formaldehydreste entfernt. Damit unser Immunsystem besonders gut auf den Toxoidimpfstoff reagiert, muss das Toxoid vor seiner Verwendung zunächst noch an ein Additiv adsobiert werden. Dafür eignet sich vor allem Aluminiumhydroxid, welches dem Immunsystem das Toxoid optimal präsentiert. Wird nun noch anhand eines Tierversuches festgestellt, dass der Toxoidimpfstoff weder schädigende Wirkungen auf den Organismus hat, noch eine Infizierung durch den Tetanuserreger zulässt, ist der Impfstoff fertig für die aktive Tetanusimmunisierung. 18 Thema 15 Zusatzstoffe in Impfpräparaten Impfpräparate werden noch immer mit Zusatzstoffen angereichert, die eigene Probleme hervorrufen. Bei dem eventuellen Gespräch beim Arzt geht es allerdings nur selten um diese Anteile: • Antibiotika (Gentamycin, Framycetin u.a.) • Thiomersal (bis 2000) • Phenoxiaethanol (vorübergehend) • Reste von Formaldehyd, Phenol • Aluminiumionen • Aminosäuren, Laktulose, Sorbit, Mannit • Übertragungen aus den Züchtungsmedien Alle diese Zusatzsubstanzen sollten bei einer Impfung als potentielle Schädiger betrachtet werden. Von der STIKO (Ständige Impfkommission) werden sie allerdings nur verharmlost. Argumentiert wird mit den „geringen Konzentrationen“ oder mit Studien und Statistiken, die Harmlosigkeit belegen sollen. Mit jeder Impfung werden natürlich auch diese Substanzen wiederholt eingespritzt, wodurch die Allergisierung des Geimpften, sofern die Substanzen eine allergisierende Wirkung haben, ansteigt. Das gilt für die Antibiotika, für Thiomersal, für Formaldehyd, für Aluminium und für Begleitsubstanzen aus Züchtungsmedien. Thiomersal wurde bis zum Ende des 20. Jahrhundert als Konservierungsmittel verwendet. Über 50 % dieser Substanz besteht aus Quecksilber, welches nicht nur Gehirnzellen, Erbsubstanzen und Abwehrzellen schädigt, sondern auch Krebs auslösen kann. Thiomersal ist nach Nickel das potenteste Allergen. Auch wenn durch Impfbefürworter diverse Studien vorgelegt werden , mit denen bewiesen werden soll, dass Impfungen an der unglaublich hohen Anzahl der Allergiekranken nicht beteiligt seien, so ist seit der Durchimpfung der Bevölkerung die Anzahl der Allergiekrankheiten nachweislich gestiegen. Nicht nur in vielen Einzel- sondern auch in vielen Mehrfachimpfungen finden sich heutzutage Aluminiumionen. Für diese gilt keine Membran unseres Organismus als unüberwindbare 19 Thema 15 Barriere und so dringen sie bevorzugt in unser Gehirn ein. Es konnten bisher wenige Erkenntnisse über das weitere Verhalten von Aluminium gemacht werden, da es kein Isotop gibt, das länger als eine Sekunde existiert und für Tests zu gebrauchen ist. Allerdings ist Fakt, dass die häufigsten Komplikationen nach Impfungen Schmerzen, Rötungen und Schwellungen an der Einstechstelle sind. Früher dachte man, dass dies ein Zeichen einer besonders guten Wirksamkeit des Impfstoffes wäre, heute ist klar, dass das die negativen Eigenschaften des Aluminiums sind. Da diese Tatsache bewiesen ist, ebenso wie der Fakt, dass Aluminiumionen in unser Gehirn eindringen, muss davon ausgegangen werden, dass sie auch dort schädigende Auswirkungen Gehirnentzündungen, die nicht selten nach haben einer müssen. Dazu Immunisierung gehören auftreten, akute die Nervenzellenschädigung, die Beschädigung des Langzeitgedächtnisses, die nicht nur Folgekrankheiten sondern auch eine allgemeine Verschlechterung des Immunsystems mit sich bringt. Außerdem stehen Aluminiumionen im Verdacht, einer der Auslöser für Alzheimer und Demenz zu sein. Für all diese Vermutungen ist natürlich im Kopf zu behalten, dass es niemals nur einen Auslöser für eine Krankheit gibt, sondern immer mehrere, wobei Impfungen meiner Meinung nach definitiv eine Rolle spielen. So ist in den letzten Jahrzehnten auch die Anzahl der Allergiekrankheiten zusammen mit der Anzahl der Impfungen enorm angestiegen. Jeder zweite Bundesbürger gilt heutzutage in Deutschland als Allergiker. Gründe dafür sind zum Beispiel die Verunreinigung der Impfstoffe durch die Züchtungsmedien. Für deren Herstellung werden nämlich Nährmedien in Form von Hühnereiern oder anderen tierischen Produkten genutzt. Da die Reste dieses Nährmediums kaum gänzlich entfernt werden können, kommt es nach einer Impfung häufig zu einer Reaktion mit dem tierischen Fremdeiweiß, die ein plausibler Grund für die häufig auftretende Allergie gegen Hühnereier. Neben der Steigerung der Allergiekrankheiten, gibt es auch eine Hypothese, die den Zusammenhang zwischen den heutzutage weitverbreiteten HIV-Viren und der altbekannten Polioimpfung beschreibt. Die Viren der beiden Krankheiten haben nämlich eine Gemeinsamkeit. Sie stammen beide von der selben Affenart. Erst mit der zunehmenden Anwendung der Polioimpfung, tauchten die ersten HIV-Erkrankungen auf. Diese These wurde zwar durch viele Genetiker versucht zu widerlegen, regt aber ganz klar dazu an, die Harmlosigkeit der Impfpräparate zu überdenken und kritisch zu betrachten. 20 Thema 15 Häufige Schäden nach einer Impfung • Infekthäufungen • Chronische Schleimhautanschwellungen • Häufungen von Ohrentzündungen mit m̈glicher Schwerḧrigkeit als Folge • Anschwellungen von Lymphknoten • Organentzündungen (Rheuma bei Kindern) • Schlafsẗrungen • Schädigungen des neurovegetativen Nervensystems (Neurodermitis, Asthma, Colitis) • Nerven-Muskelkoordinationssẗrungen • Wahrnehmungssẗrungen • Hirnkrämpfe, Hirnentzündungen • Emotionale Abnormitäten • Lern- und Konzentrationsschwächen • Kindstod • Chronische Nervenkrankheiten • Krebsentstehung • Fehlgeburten, Unfruchtbarkeit, kindliche Fehlbildungen • Allergien 21 Thema 15 Die vorangegangene Liste wurde von Dr. Friedrich Graf, einem erfahrenen Mediziner, erstellt und geht auf die „häufigsten“ Impfschäden ein. Graf hat festgestellt, dass Erkrankungen wie diese zwar nicht immer eindeutig auf das Impfen zurück zu führen sind, aber häufig mit Impfungen im Zusammenhang stehen. Außerdem ist eine Tatsache, dass Erkrankungen wie in der Liste aufgeführt, vor allem bei komplett ungeimpften Kindern eine absolute Seltenheit sind. 22 Thema 15 Meine Einstellung zum Impfen Nachdem ich mich nun selbst mit dem Thema Impfen auseinandergesetzt habe, konnte ich mir selbst einen Überblick verschaffen. Ich bin der Meinung, dass die Vorteile des Impfens zwar bestehen, die Nachteile aber dennoch überwiegen. Es gibt so viele Aspekte, die gegen eine künstliche Immunisierung sprechen, dass für mich die wenigen Vorteile einfach an Bedeutung verlieren. Zu all den schädlichen Additiven kommt noch die Tatsache dazu, dass unser Immunsystem einfach nicht dafür ausgelegt ist gegen sechs verschiedene Krankheitserreger gleichzeitig Antikörper zu produzieren. Dies wird aber bei einer „6Fachimpfung“ von ihm gefordert. Außerdem haben mich Tatsachen, wie der rasante Anstieg der Allergiekrankheiten (trotz unser guten hygienischen Verhältnisse), ebenso wie die Anzahl der Krebsfälle, die auch drastisch angestiegen ist, nachdenklich gestimmt. Neben all diesen Nebenwirkungen kommt hinzu, dass ich der Meinung bin, dass ein Kind bestimmte Kinderkrankheiten auch durchmachen sollte, da diese nicht nur auf natürliche Weise das Immunsystem stärken, sondern auch den Reifungsprozess des Kindes gewissermaßen unterstützen. Ich werde mich in Zukunft nur noch mit der Frage nach einer Reiseimpfung beschäftigen und mich in jedem Fall vor einer Entscheidung, wie auch immer diese ausfallen wird, ausreichend mit dem entsprechenden Impfstoff, sowie seinen Nebenwirkungen, auseinandersetzen. Spätestens in dem Moment in dem ich gelesen habe, dass es bei uns in Deutschland wahrscheinlicher ist einmal im Lotto zu gewinnen,, als an Tetanus zu erkranken, habe ich mich entschieden auf jeden Fall auf die Empfehlungen der ständigen Impfkommission zu verzichten und mich weiterhin nicht erneut impfen zulassen. 23 Thema 15 Quellenangaben • „Arzneimittelwirkungen, Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie“ von Ernst Mutschler unter Mitarbeit von Monika Schäfer-Korting, 7. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart • „Die Impfentscheidung“ von Dr. Friedrich P. Graf, Erstauflage 7-2007, Spangsrade Verlag • „Kurzes Lehrbuch der Biochemie für Mediziner und Naturwissenschaftler“ von Peter Karlson, 12. völlig neubearbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York, 1984 • https://www.youtube.com/watch?v=NpKGD6WW5mI • http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/I/Impfkalender/BZgA_Impfkal ender_2015_2016.pdf • https://de.wikipedia.org/wiki/Impfung • https://de.wikipedia.org/wiki/Phagozyt • http://www.onmeda.de/anatomie/immunreaktion_ablauf.html • https://de.wikipedia.org/wiki/Immunsystem#Angeborene_oder_unspezifische_Immun abwehr • http://www.impfen-info.de • http://www.damid.de/anthroposophische-medizin/positionen/14-schutzimpfungen-imkindesalter.html • https://de.wikipedia.org/wiki/Attenuierung • http://flexikon.doccheck.com/de/Antikörper • http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/impfen_node.html • http://www.aerzteblatt.de/archiv/77449 • http://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoff-impfstoffe-fuer-denmenschen/informationen-zu-impfstoffen-impfungen24 Thema 15 impfen.html;jsessionid=584D9FE1ADAEEB81F99E061774B7784A.1_cid319 • http://tropeninstitut.de/impfung/arten.php • http://mimi-impfen.de/modules/Mipo/public/data/documents/impfschutz/2-DieGeschichte-des-Impfens.pdf • https://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Pasteur#Vorbeugung_gegen_Infektionskrankheite n_durch_Impfung • http://www.chemie.de 25 Thema 16 Wasser und unser Trinken Harka Schüller Einführung "Wir haben große Fortschritte gemacht. Inzwischen wissen wir, dass wir beinahe nichts über Wasser wissen. Dadurch ist das Bedürfnis entstanden mehr über Wasser herauszufinden und das ist ein großer Fortschritt." Prof. Dr. Vladimir Voeikov Staatliche Universität Moskau Die Lebensgrundlage von unzähligen Organismen, das Element, das über 70% der Erdoberfläche bedeckt, die einzige chemische Verbindung, die auf diesem Planeten als Flüssigkeit, Festkörper und als Gas vorkommt und die Grundlage allen Lebens- Wasser. Genau wie alle anderen Lebewesen ist der Mensch abhängig von Wasser. Da wo der Mensch ist, muss auch Wasser sein. Der Wasseranteil am Körpergewicht beträgt bei einem Neugeborenen 75-80%, bei einem Erwachsenen 60% und bei einem Senioren immer noch 50%. Zwei Drittel des Wassers befinden sich in den Zellen, der Rest in Gewebeflüssigkeit und im Gefäßsystem. Die wasserreichsten Organe sind Gehirn, Leber und Muskulatur. Im Gegensatz zu einigen Tieren und Pflanzen hat der Mensch keine Wasserspeicher in seinem Körper, auf die er im Notfall zurückgreifen kann. Aus diesem Grund ist eine regelmäßige Aufnahme erforderlich. Der Wasserkreislauf im Menschen: – ein erwachsener Mensch von 70 Kilogramm hat 5 bis 5,5 Liter Blut in seinem Körper (7-8 Prozent des Körpergewichts – in 24 Stunden durchströmen 1400 Liter Wasser das Gehirn – in 24 Stunden durchspülen 2000 Liter Wasser die Nieren – In 24 Stunden produziert der Körper 1,5 Liter Speichel, 2,5 Liter Magensaft, 3,0 Liter Darmflüssigkeit, 0,5 Liter Flüssigkeit in der Galle und 0,7 Liter in der Bauchspeicheldrüse, also insgesamt über 8 Liter Verdauungssäfte – in 24 Stunden scheidet ein Erwachsener 2 bis 2,5 Liter Flüssigkeit über Nieren, Darm, Haut und Lunge aus. Symptome des Wasserverlustes in Höhe von (bezogen auf einen Erwachsenen mit 70 Kilogramm Körpergewicht) – – – 1 Prozent des Körpergewichts ca.(0,8 Liter) – leichtes Durstgefühl 2 Prozent des Körpergewichts (ca. 1,5 Liter) – Verminderung der Ausdauerleistung 3-5 Prozent des Körpergewichts (ca. 2-4 Liter) – trockene Haut/Schleimhäute, verminderter Wasser und unser Trinken 1 Thema 16 – – – – Speichel-/Harnfluss, Abbau der Kraftleistung über 5 Prozent des Körpergewichts (ab 4 Liter) – Kreislaufsymptome (hoher Puls, niedriger Blutdruck) 10 Prozent Prozent des Körpergewichts (ab 7,5 Liter) – psychische Störungen (Verwirrtheit, Desorientierung), später Krampfanfälle um 15 Prozent des Körpergewichts (ca. 11 Liter) – Tod durch multiples Organversagen Vor allem beim Sport verliert der Körper viel Flüssigkeit durch Schweiß, dem "Kühlaggregat" des Körpers. 90 Minuten Fussball entziehen 3,0 Liter. Bei einem Marathonlauf scheidet der Körper 4,6 Liter, bei einem Ironman gar 20 Liter aus. Über 97 Prozent des Wasservorkommes der Erde sind Salzwasser. Hinzu kommen 2,0 Prozent Eis, 0,58 Prozent Grundwasser und 0,02 Prozent Oberflächenwasser (Seen, Flüsse). Auf der Erde gibt es 1380 Millionen Kubikkilometer Wasser. 1344 davon sind Salzwasser, 36 sind Süßwasser(Eis, Gletscher) und 3,6 sind verfügbares Trinkwasser. Wassergehalt in einigen Nahrungsmitteln: Butter 18 Prozent Brot 40 Prozent Käse 30 bis 60 Prozent Joghurt, Milch 87,5 Prozent Fleisch 60-75 Prozent Apfel, Birne 85 Prozent Wassermelone 90 Prozent Mohrrüben 94 Prozent Gurken, Tomaten 98 Prozent Wasser und unser Trinken 2 Thema 16 Zur Chemie des Wassermoleküls Wasser (H2O) ist eine chemische Verbindung aus den Elementen Sauerstoff(O) und Wasserstoff(H) und ist bekannt in seinem flüssigen Aggregatzustand, wobei es auch noch im festen Zustand als Eis und im gasförmigen Zustand als Wasserdampf auftritt. Das Wassermolekül besteht aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom. Der Winkel, in welchem die Wasserstoffatome am Sauerstoffatom haften, beträgt 104,45°. Wasser-Molekül Wasser ist das Oxid des Wasserstoffs, das heißt, dass durch die Verbrennung von Wasserstoff an der Luft im einfachsten Fall Wasser entsteht. Eine andere Möglichkeit bei dieser Interaktion ist die sogenannte Knallgasexplosion, eine exotherme Reaktion, welche bei einer Wassersoffsauerstoffaufteilung von 2:1 in Verbindung mit Funken eine Detonation auslöst. Auch Wasserstoff alleine kann, wenn er bei einem Volumenanteil innerhalb von 4-77% in die Atmosphäre gerät, zur Explosion führen. Wasserstoffexplosionen können riesige Ausmaße annehmen, so verschuldeten sie unter anderem den Absturz des Hindenburg-Zeppelins. Außerdem gibt es Hinweise, dass bei der Tschernobyl- sowie der Fukushimakatastrophen eine riesige Knallgasexplosion zu enormen Schäden führte. Sauerstoff hat sechs Elektronen auf der äußeren Schale. Jeweils zwei davon bilden von vornherein Valenzpärchen. Zwei weitere Bindungsmöglichkeiten bestehen also noch – aus diesem Grund ist Sauerstoff auch zweibindig. Die zwei Bindungsarme gehen bei der Zusammensetzung zu einem Wassermolekül die Bindung mit den einbindigen Wasserstoffatomen ein. Sauerstoff hat eine höhere Elektronegativität als Wasserstoff, das heißt, dass diese Atome stärkere chemische Bindungen besitzen, Elektronen an sich zu ziehen. Dies liegt daran, dass das Sauerstoffatom mit seinen sechs Valenzelektronen auf der Außenschale noch zwei weitere verfügbare Plätze für Elektronen besitzt. Das Bestreben des dadurch sehr reaktionsfreudigen Atoms ist es, die zwei fehlenden Elektronen zu erhalten, um die Schale auffüllen zu können. Mit seinem geringen Gewicht von 15,999 Mol ist Sauerstoff das leichteste Element der sechsten Hauptgruppe des Periodensystems (Chalkogene) und durch seine sechs Außenelektronen sehr "aggressiv" gegenüber anderen Elementen. Seine Anziehungskraft gegenüber Wasserstoff erhält der Sauerstoff außerdem durch die acht Protonen im Kern. Wasser und unser Trinken 3 Thema 16 Das Wasserstoffatom mit einem Proton und einem Elektron besitzt daher eine viel geringere Bindungsstärke. Um die erste äußere Schale auffüllen zu können, welche immer aus zwei Elektronen besteht, benötigt das Wasserstoffatom folglich ein weiteres Elektron. So funktioniert die Bindung von H2O: Ein Sauerstoffatom und zwei Wasserstoffatome gehen eine Bindung miteinander ein. Das Sauerstoffatom zieht das jeweilige eine Elektron des Wasserstoffs an sich, um seine Außenschale auffüllen zu können, die beiden Wasserstoffatome interagieren mit dem Sauerstoff, um jeweils ihre Schale mit dem noch fehlenden Elektron aufzustocken. Auf diese Weise "ergänzen sich" beide Atome mit dieser Bindung, auch wenn keines der beiden die Elektronen komplett für sich bekommt. Diese befinden sich als Elektronenpaarbindungen zwischen den Atomen, liegen jedoch durch die höhere Elektronegativität des Sauerstoffatoms näher am selbigen. Aus diesen Gründen bildet Wasser einen sogenannten Dipol aus, hat also zwei unterschiedliche Pole. Auf der Seite der Wasserstoffatome hat es eine positive Partialladung (δ+) und auf der Seite des Sauerstoffatoms eine negative (δ-). Die Partialladung beschreibt die sich unterscheidenden Ladungen zweier Bindungspartner, in diesem Fall der Sauer- und der Wasserstoffatome. Wasser ist das bekannteste Dipol-Molekül. Die Dipolarität des Wasser kann an einem einfachen Versuch gezeigt werden: Wenn man eine statische Elektrizität, die entweder negativ oder positiv geladen ist, in die Nähe eines Wasserstrahls hält, richten sich die jeweiligen Gegenpole des Dipol-Moleküls zu dieser aus. Lädt man zum Beispiel einen Luftballon elektrisch auf indem man ihn an seinen Haaren oder an Baumwolle reibt und hält man ihn in die Nähe eines Wasserstrahls, zieht der Ballon den Strahl zu sich. Wasser-Dipol Wasser und unser Trinken 4 Thema 16 Die Wasserstoffbrücke Die stärkste aller Dipol-Dipol-Wechselwirkungen ist die Wasserstoffbrücke. Sie entsteht durch den den Kontakt von einem Wasserstoffatom mit einem der vier elektronegativsten Elemente (Fluor, Sauerstoff, Chlor und Stickstoff). Ist die Wasserstoffbrücke hergestellt, entsteht eine andere Art molekularer Verbindungen: H (Wasserstoff) + elektronegativste Elemente: H + F (Fluor) = HF (Flußsäure) H + O (Sauerstoff) = H2O (Wasser) H + Cl (Chlor) = HCI (Salzsäure) H + N (Stickstoff) = NH3 (Ammoniak) Die jeweiligen elektronegativen Elemente ziehen die Bindungselektronen nahe zu sich und distanzieren diese vom Wasserstoff, sodass derselbige eine postivie Teilladung erhält. Dass sich also mehrere Wassermoleküle miteinander verbinden können, wird durch die Dipolarität erklärbar: Durch die erhöhte Elektronegativität der Sauerstoffatome und die Verschiebung der Bindungselektronen zu ihnen hin entwickeln Wasserstoffmoleküle eine ausreichende positive Ladung, um sich, ohne eine echte Bindung einzugehen, mit negativ geladenen Sauerstoffatomen zusammenschließen zu können. Ein Sauerstoffatom ist immer durch eine kovalente, also eine direkte Verbindung, mit zwei Wasserstoffatomen verknüpft. Hinzu kommen zwei weitere Wasserstoffatome über die Wasserstoffbrückenbindungen. Diese Verbindungen von Wassermolekülen sind zwar nur 5% so stark wie sogenannte kovalente Bindungen (Atombindungen, auch genannt Elektronenpaarbindungen), doch für intermolekulare Verkettungen, das heißt Verbindungen zwischen zwei Molekülen, sind sie sehr stark und fester verbunden als andere Dipol-Dipol-Wechselwirkungen. Die Kraft der Wasserstoffbrückenbindungen zeigt sich beispielsweise bei einer Temperatur von 25 Grad Celsius: Viele andere Stoffe würden bei dieser Wärme schon gasförmig sein, doch durch die starken intermolekularen Bindungen bleibt das Wasser flüssig. Bei normalen Druckverhältnissen siedet Wasser jedoch erst bei 100° Celsius. Durch die Wasserstoffbrückenbindungen werden beispielsweise auch die Einzelstränge der DNA in der Doppelhelix zusammengehalten. Wasser und unser Trinken 5 Thema 16 Anomalie des Wassers Die Dichteanomalie bezeichnet das Verhalten eines Stoffes, der sich bei sinkenden Temperaturen abnormalerweise ausdehnt. In der Regel ist es so, dass mit dem Absinken der Temperatur eine Erhöhung der Dichte einhergeht. Wasser hat unter normalen Druckumständen seine höchste Dichte bei 3,98°C. Bei dieser Temperatur fasst ein Kubikmeter 1000 Kilogramm Wasser. Sinkt die Temperatur weiter bis zum Gefrierpunkt, dehnt sich Wasser wieder aus. Im Gegensatz zu vielen anderen Elementen verringert Wasser sein Gewicht, wenn es in den festen Aggregatzustand übertritt. Während das Gewicht von Wasser in seiner höchten Dichte mit 1 g/cm3 berechnet wird, beträgt das Gewicht von Eis 0,92 g/cm3. Ein Kubikmeter Eis wiegt demnach knapp 920 Kilogramm, ist also etwa 80 kg leichter als ein Kubikmeter Wasser in seiner flüssigen Form. Der Grund hierfür ist, dass die Wassermoleküle im flüssigen Zustand durch die Wasserstoffbrückenbindungen enger aneinander gelagert werden als im Kristallgitter des Eises. Beim Gefrieren von Wasser verbinden sich einzelne Wassermoleküle symmetrisch miteinander zu Sechsecken. Durch die Anlagerung weiterer Moleküle entstehen immer dreidimensionale sechseckige Gitter. In der Chemie wird diese Struktur "hexagonales Kristallsystem" gennant. Erst kürzlich fand das Max-Planck-Institut Göttingen heraus, dass ein einziger Eiskristall aus 475 oder mehr Wassermolekülen gebildet wird. Die Form von Schneeflocken resultiert ebenfalls aus dieser sechseckigen Struktur und ist dasselbe Gebilde Wasser und unser Trinken 6 Thema 16 in vergrößerter Form. Damit die seckseckige Form zustande kommen kann, muss zwischen den Molekülen Freiraum gelassen werden. Durch diese Hohlräume hat Eis eine geringere Dichte als Wasser. Es ist folglich leichter. Dies ist kann unter anderem an gefrorenen Seen, welche von oben nach unten gefrieren, oder an Eiswürfeln, die in einem Glas mit Wassser oben schwimmen, beobachtet werden. Ab wann Wasser gefriert, kann nicht genau definiert werden, da dies von dessen Reinheit abhängt. Je größer die Verunreinigung ist, desto schneller kann es gefrieren, weil sich die Wassermoleküle an diesen Partikeln ansammeln und somit schneller kristallisieren können. Destilliertes Wasser, also von jeglichen Keimen und Spurenelementen befreites Wasser, kann seine flüssige Form bis zu -70°C beibehalten, ohne Eiskristalle zu bilden. Die Bedeutung von Wasser für den Stoffwechsel Ohne Wasser kann kein Stoffwechsel stattfinden. Nur mithilfe von Wasser sind Vorgänge wie das Verdauen, das Transportieren, das Lösen oder das Verändern von Stoffen möglich. Als Hauptbestandteil des Blutes trägt Wasser entscheidend dazu bei, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen . Im Verdauungstrakt werden aufgenommene Nährstoffe durch den Blutkreislauf zu den Zellen transportiert. Außerdem werden Giftstoffe zu den Nieren gebracht, von wo diese ausgeschieden werden. Durch Wasser wird die Körpertemperatur reguliert. Ist sie erhöht, wird Schweiß zur Abkühlung produziert und hält unsere Körpertemperatur unabhängig von äußeren Faktoren konstant. Viele Vitamine und andere Stoffe können im Körper erst mit Wasser gespalten und zersetzt werden, damit sie weiterverarbeitet werden können. Wasser verdünnt auch andere Stoffe, sodass unser Körper sie überhaupt aufnehmen und verarbeiten kann. So können zum Beispiel wichtige Salze aufgenommen werden, welche in zu hohen Dosen schädlich oder gar tödlich wirken können. Aus diesem Grund kann auch Salzwasser langfristig nicht den Durst löschen. Denn dessen Salzgehalt ist höher als der der menschlichen Zellen. Das Wasser in unserem Körper befindet sich zu zwei Dritteln in unseren Zellen. Gelangt Salzwasser in Kontakt mit Zellen, zieht es aufgrund seiner höheren Salzkonzentration deren Wasser heraus, damit die Konzentration der Salze gemindert werden kann. Wir trocknen bei zu hohem Salzgehalt als wirklich von innen aus. Wenn zwei Flüssigkeiten unterschiedliche Konzentrationen von Salzen aufweisen und sie durch eine durchlässige Membran voneinander getrennt sind, findet ein Ausgleich der beiden Konzentrationen statt, den man als Osmose bezeichnet. Ohne Wasser kann keine Energie durch feste Nahrung verwertet werden und auch andere unzählige körpereigene Funktionen sind blockiert. Im Gegensatz zu Energie kann der Körper Wasser nicht speichern. Es tritt automatisch über die Nieren, die Haut und die Lunge aus und muss daher regelmäßig erneuert und "nachgefüllt" werden. Folglich kann der Körper über lange Zeit auf feste Nahrungsmittel und Energiezufuhr verzichten, auf Wasser jedoch nur wenige Tage. Der wichtigste Prozess in der Natur ist ohne Wasser ebenfalls nicht möglich. Die Photosynthese, bei welcher Wasser den Aufbau organischer und energiereicher Verbindungen, nämlich Kohlenhydraten, ermöglicht. Wasser und unser Trinken 7 Thema 16 Trinken Das Wort "Trinken" bezeichnet die Flüssigkeitsaufnahme durch den Mund. Wasser ist das wichtigste Getränk der Welt. 1,1 Milliarden Menschen haben kein Zugang zu sauberem Trinkwasser und pro Tag sterben 6000 Kinder, weil sie dreckiges Wasser trinken. Durch das Trinken stillt der Mensch seinen Durst, ein natürliches Signal des Körpers, wenn ein akuter Flüssigkeitsmangel herrscht. Bei einem intakten menschlichen Körper signalisiert dessen Durstgefühl einen Flüssigkeitsmangel. Dieses wird vor allem durch trockene Schleimhäute -vor allem im Mundraum- geäußert und zeigt sich bei einigen auch erst durch Kopfschmerzen, den Folgen verdickten Blutes und somit mangelnder Durchblutung. Wasser, welches dauerhaft über die Hautoberfläche, den Urin oder beim verstoffwechselten Atemvorgang ausgeschieden wird sowie Lieferant wichtiger Stoffe für Leber, Gehirn, Nieren, Darm, Muskulatur und das Blut ist, muss dem Menschen regelmäßig zugeführt werden. Nur vier Tage kann der Mensch maximal ohne Wasser überleben. Bei der Verdurstung versagt entweder zuerst der Kreislauf und sorgt für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, oder die unterversorgten Nieren, welche für die Abführung von Giften verantwortlich sind, versagen, sodass andere Organe einer inneren Vergiftung erliegen. Um das zu verhindern sollte bei einem Erwachsenen die tägliche Flüssigkeitszufuhr bei zweieinhalb Litern Wasser liegen. Hierbei sind die Flüssigkeitsaufnahme durch das Trinken aber auch durch das Essen berücksichtigt. Mindestens eineinhalb Liter sollten durch Flüssigkeit aufgenommen werden, der Rest kann durch verschieden Lebensmittel zugeführt werden. Grundsätzlich sollte man immer soviel trinken, dass ein allzu großes Durstgefühl vermieden wird. Besonders wichtig ist, was an Flüssigkeit aufgenommen wird. Viele Getränke, die von der Bevölkerung heutzutage konsumiert werden, kann der Körper nur unzureichend abbauen und verwerten. Sie können Auslöser für Abhängigkeit und organische Schäden sein. Eine Statistik, die am 20.11.2014 im "Handelsblatt" veröffentlicht wurde, macht deutlich, was der Durchschnittsdeutsche trinkt. Auf Platz 5 der meistkonsumierten Getränke befindet sich Milch. 82,3 Liter werden im Jahr pro Kopf getrunken. Auf Platz vier folgt Bier mit 107 Litern. Insgesamt nimmt der Deutsche 137 Liter alkoholische Getränke im Jahr zu sich. Erfrischungsgetränke wie Cola, Fanta und Sprite belegen Platz 3 mit 125,5 Litern. Wasser ist in Deutschland nur das zweitbeliebteste Getränk mit 145 Litern. Mit großem Abstand auf Platz 1 landet der Bohnenkaffee mit jährlich 165 konsumierten Litern. Aus diesen Werten ergibt sich ein täglicher Durchschnittskonsum von einem knappen halben Liter Kaffee, zwei Gläsern Wasser, einer normalen 0,33l Flasche Softgetränk, fast einer Flasche Bier und einem Glas Milch. Gesund ist allein die flüssige Ernährung der Deutschen demnach nicht. Der Kaffee als das meistgetrunkenste Getränk der Deutschen deckt nicht den Flüssigkeitsbedarf, sondern entzieht dem Körper und dem Binde- und Zellgewebe sogar Wasser. Dies liegt daran, dass die Konzentration der zu lösenden Substanzen in Kaffee aber auch Cola und EnergyDrinks so hoch ist, dass der Körper sie verdünnen will. Zu einem Kaffee und zu anderen Genussmitteln müsste demnach immer ein Glas Wasser getrunken werden, damit der Körper nicht an Flüssigkeit verliert. Ein in dieser Hinsicht besonders extremer Typ sind die Energy-Drinks. Wasser und unser Trinken 8 Thema 16 Exkurs: Energy-Drinks Energy-Drinks Energy-Drinks werden die Getränke genannt, die laut deren Produzenten eine anregende Wirkung auf unseren Organismus haben sollen. Bekannte Energy-Drinks sind Red Bull, Monster und Rockstar. Einen Energy-Drink zeichnen folgende Zutaten aus: • • • • • • • • • • Wasser Zucker, bei zuckerfreien Varianten Süßstoff Kohlensäure Koffein (oft auch in Form von Guarana) Taurin Glucuronolacton Vitamine (häufig aus der Gruppe der B-Vitamine, Inosit) Mineralstoffe Natürliche, naturidentische oder synthetische Aromastoffe Farbstoffe In den letzten Jahren boomte die Produktion, der Verkauf und der Konsum von EnergyDrinks. Allein in den Jahren 2011 und 2012 kamen in Europa über 600 neue Marken in die Läden. Es ist die Kombination aus Zucker, welcher schnelle Energie liefert, und Koffein, das die Nervenzellen und den Kreislauf anregt. Eine beschleunigte Atmung, geweitete Blutgefäße sowie ein schneller schlagendes Herz sind die Folge. Jeder dritte Erwachsene in Europa kosumiert Energy-Drinks. Zweistellige Zuwachsraten des Konsums unterstreichen die steigende Tendenz. Doch vor allem der Kosum bei Kindern sorgt für große Diskussionen. Fast jedes fünfte Kind zwischen 3 und 10 Jahren gab bei einer Befragung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) an, Energy Drinks zu kosumieren. Fast die Hälfte der Jugendlichen nutzen die Zuckerbrausen bei sportlichen Aktivitäten für eine erhöhte Leistungsfähigkeit, über 50 Prozent von ihnen mischen das Getränk mit Alkohol. Gefährdend ist hierbei eine Selbstüberschätzung und daraus mögliche resultierende gesundheitliche sowie psychische Folgen. Diplom-Ökotrophologin Monika Bischoff erklärt den Effekt der Energy Drinks: "Neben der aufputschenden Wirkung können Energy Drinks oft auch unerwünschte Nebenwirkungen wie Herzrasen, Nervosität und Unruhe verursachen. Als reiner Durstlöscher sollten Energy Wasser und unser Trinken 9 Thema 16 Drinks nicht in Frage kommen. Zusammen mit Alkohol entsteht bei Longdrinks wie WodkaEnergy, Flying Hirsch und ähnlichen Kombinationen eine explosive Mischung. Studien zeigen, dass Probanden unter dem Einfluss von aufputschenden Getränken ihre Reaktionsfähigkeit nicht mehr realistisch wahrnehmen können." Bei der Kombination mit Alkohol wird nämlich laut Bischoff zuerst das größere Gift, der Energy-Drink, abgebaut. Der Alkohol bleibt dadurch überdurchschnittlich lang im Blut, wird aber durch die pushende Wirkung des Energys nicht komplett wahrgenommen. Der Konsument bleibt länger wach und merkt zudem durch die Süße des Mischgetränks die Schärfe des Alkohols nicht. Als Folge trinkt man hierbei schneller über seinen Durst hinaus und greift immer weiter das Nervensystem und die Entgiftungsorgane an. Der maximal zulässige Koffeingehalt pro 100 ml liegt bei 32mg. Kaffee liegt mit 80 mg pro 100 ml also weiter vorne, wird jedoch dadurch, dass er ein Heißgetränk ist, in geringeren Massen getrunken als die gekühlte Brause. Hinzu kommt bei Energy-Drinks der Zuckergehalt, welcher bewirkt, dass auch Kinder sie so häufig trinken. In einer 500ml-Dose "Rockstar" befinden sich 70g Zucker- das entspricht 23 Würfeln Zucker. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfahl ein Jahrzehnt lang, dass die tägliche Energiezufuhr sich nur zu zehn Prozent auf Zucker stützen dürfe, also 50 g Zucker für einen erwachsenen Menschen. Im Jahr 2015 überarbeitete sie jedoch die Grenzwerte des nötigen Zuckerkonsums und halbierte die Beträge. Der Betrag des versteckten Zuckers in Lebensmitteln solle sich pro Tag bei einem Erwachsenen nun auf 25 g beschränken. Das entspricht sechs Teelöffeln. Blicken wir nun auf die in einer Dose Rockstar enthaltenen 70 g Zucker, wird wohl jedem deutlich werden, wie wenig Zucker der Mensch benötigt und in welchem Übermaße ihn viele Menschen konsumieren. Mit einer Dose Rockstar ist der Tagesbedarf an Zucker also mehr als gedeckt. Weitere Folgen des übermäßigen Konsums können Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle und viele weitere Dinge sein. Ein Freund von mir trank ein halbes Jahr lang täglich 2-3 Dosen Red Bull. Er merkte auch anfangs eine Wirkung, musste mit der Zeit jedoch immer mehr trinken, um dieselbe Wirkung wiedererlangen zu können. Nach zwei Monaten bekam er Magenprobleme, bezog diese aber nicht auf den Energy-Drink-Konsum. Als er abrupt mit dem Konsum aufhörte, hatte er eine Woche lang Kopfschmerzen. Marktführer hierzulande ist Red Bull. Der österreichische Vertrieb verkaufte im Jahr 2014 über 6,1 Milliarden Dosen weltweit. Das beste ist immer noch Wasser in seiner reinen Form – ohne Zusätze und Geschmacksverstärker. Wasser und unser Trinken 10 Thema 16 Trinkwasser Eines der am meisten konsumierten und am strengsten kontrollierten Lebensmittel Deutschlands ist Trinkwasser. Zugleich ist es auch eines der meistdiskutiertesten Themen. Seit Jahren stehen Forscher und Wissenschaftler im Disput über Trinkwasserqualität, wichtige oder bedenkliche Nährstoffanteile und deren Auswirkungen. Pro Jahr trinkt der durchschnittliche deutsche Staatsbürger etwa 140 Liter Wasser. Damit sind wir in Europa hinter Italien auf Platz zwei. Aus der Leitung kostet ein Liter Trinkwasser in Deutschland 0,2 Cent. Im Gegensatz zu natürlichem Mineralwasser darf es chemisch behandelt und aufbereitet werden. Mineralwasser muss von Natur aus sauber sein. Da es weniger Behandlungen als Leitungswasser erfährt, müsste es eigentlich billiger sein, doch durch Werbung und Transport ist schon Mineralwasser aus dem Discounter um ein vielfaches teuerer. Die Bennenung der Quelle ist gesetzlich vorgeschrieben. Die 6200 Wasserwerke in Deutschland beziehen das Wasser zu 60 Prozent aus Grundwasserreserven, der Rest wird aus Flüssen und Seen hinzugenommen. Der Preis pro Kubikmeter Wasser schwankt von Bundesland zu Bundesland zwischen 1,20 und 2,20 Euro. Von Natur aus schmeckt Wasser nach gar nichts – es erhält seinen Geschmack aus dem Umgebungsgestein. Die regionale Herkunft spielt hierbei eine große Rolle. Ein großes Thema sind neben denen sich im Wasser befindenden Mineralstoffanteilen, die sich in den über 500 verschiedenen in Deutschland produzierten Wässern mehr oder weniger unterscheiden, mögliche Giftstoffe, welche sich laut Kritikern in Wasser befinden sollen. Die Meinungen der Experten variieren bei beiden Themen stark. Es gibt sind zum Beispiel die Überzeugung, dass das Wasser, je mehr Mineralien es enthält, umso gesünder ist. Ab einem bestimmten Nährstoffgehalt wird in Deutschland staatlich anerkanntes "Heilwasser" verkauft. Andere kritisieren einen hohen Nährstoffgehalt und preisen das Wasser in seiner Reinheit mit möglichst wenig Nährstoffen, da diese vom Körper gar nicht verarbeitet werden könnten und der Sinn und Zweck als "Durchspüler" und Transportmittel, welchen das Wasser im Körper innehabe, gehindert sein würde. Eine Debatte, die ihren Zenit wohl erst in der Zukunft erreichen wird. Fakt ist, dass sich in unserem Trinkwasser eine große Anzahl von Stoffen befindet, die von Wasserwerken gar nicht analysiert und gemessen werden. Dies wird auf die fehlende Technik geschoben. Laut Schätzungen gibt es in unserem Trinkwasser 3000 existierende Stoffe und Stoffverbindungen.. 200 davon sollen laut der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) laufend geprüft werden. Mindestens 16 zu prüfende Stoffe schreibt jedoch nur die deutsche Mineralwasserverordnung vor. Für Trinkwasser aus der Leitung werden durchschnittlich etwa 40 Inhaltsstoffe gemessen. Im Gegensatz zur Trinkwasserverordnung gibt es beim Mineralwasser für folgende Stoffe überhaupt keine Grenzwerte: Uran, Fungizide, Herbizide, organische Chlorverbindungen und Kohlenwasserstoffe. Doch bekannt ist, dass die Reinheit des Grundwassers, welches zum großen Teil unseren Wasserlieferanten darstellt, unter Industrie, Landwirtschaft und anderen anthropogenen Einflüssen leidet. Es gibt Hinweise, dass allein durch Phosphat, welches in Kunstdüngern enthalten ist, werden pro Jahr in Deutschland 167 Tonnen Uran auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht wird. Uran ist radioaktiv und kann den Wachstum von Tumoren fördern. Bis zu 25 Mikrogramm pro Liter wurde in Mineralwasser gemessen. Ein weiteres nationales Problem ist die Entsorgung Arzneimitteln. Viele Menschen spülen diese in der Toilette oder im Waschbecken herunter. Die Zahl der in Deutschland gekauften Wasser und unser Trinken 11 Thema 16 Medikamente beläuft sich pro Jahr auf 38000 Tonnen. Viele davon gelangen ins Grundwasser. Von 160 Tonnen Antibiotika werden 75% unverändert wieder ausgeschieden. Durch die Alterung des Volkes wird der Arzneimittelverbrauch außerdem nicht sinken sondern steigen. Auf Stoffe wie diese wird das Mineralwasser und das Trinkwasser gar nicht erst überprüft, da es unmöglich ist, all diese nachweisen und herausfiltern zu können. Eines der größten Probleme der Wasserindustrie sind die steigenden Nitratwerte, die durch die Landwirtschaft verschuldet sind. Nitrate sind Salze und Ester der Salpetersäure und gelangen durch Kunstdünger und Viehzucht in das Grund- und damit in unser Trinkwasser. Laut dem ZDF wird der Nitrat-Grenzwert von 50mg Nitrat/Liter schon bei der Hälfte der Messstellen in Deutschland nicht mehr eingehalten. Im Grundwasser sollen sich bereits 250 mg Nitrat/Liter befinden, die mit immer mehr Aufwand entfernt werden müssten. Europaweit hat Deutschland nach Malta den höchsten Anteil von Nitrat im Grundwasser. Im Körper kann eine Umwandlungzum Nitrite, insbesondere im Darm stattfinden, weil es dort entsprechende (nitritbildende) Bakterien gibt. Nitrite sind Salze der salpetrigen Säuren und daher in vieler Hinsicht toxisch. Wenn diese mit Hämoglobin, unserem Blutfarbstoff, zusammenkommen, entstehen Verbindungen, die von Säuglingen nicht wieder zu Hämoglobin zurückverwandelt werden können: Es droht Erstickung. Außerdem besteht die Gefahr der Bildung von Nitrosaminen, einer Kombination von Nitriten und Bausteinen von Aminosäuren. Nitrosamine sind krebserregend. Wenn zum Beispiel nitritgepökeltes Fleisch, welches in vielen konventionellen Würsten zu finden ist, zu hoch erhitzt wird, bilden sich Nitrosamine, welche hochgradig krebserregend sind. Durch anthropogene Einflüsse dürften sich die Konzentrationen von Schadstoffen in unserem Essen und unserem Wasser weiter verschlimmern. Wasser und unser Trinken 12 Thema 16 Als Gegenpol zu den Befürwortern unseres Leitungswassers und den Anhängern von sogenanntem Heilwasser hat sich eine neue Gruppe gebildet. Haushalte, die ihr Leitungswasser mithilfe von Filtern noch einmal individuell aufbereiten, um es so mineralstofffrei wie möglich zu machen. Nach einer speziellen Maßeinheit wird hierbei die Menge der im Wasser gelösten Teilchen gemessen und kategorisiert: Mikrosiemens (µS). Beim Messvorgang wird der elektrische Widerstand im Wasser gemessen und von der Menge her in ppm angegeben. "ppm" bedeutet "parts per million", also Teilchen pro eine Million Wassermoleküle. Dabei werden nicht die Inhaltsstoffe sondern nur deren Anzahl errechnet. Der Grenzwert soll bei etwa 130 µS liegen. Liegt der Wert von Mikrosiemens über dieser Zahl, gilt das Wasser als gesättigt und soll seine Fähigkeit verlieren, in Zellen einzudringen und diese zu reinigen. Ein Wert unterhalb von 130 µS soll hierbei die Giftstoffe binden und somit entfernen können. Doch das Wasser in Deutschland hält diese Werte nicht ansatzweise. Entgegen der EU-Richtlinie von maximal 400 µS und dem empfohlenen Höchstwert der WHO von 750 µS, welcher für Krisengebiete festgelegt wurde, ist der zugelassene Wert in der Trinkwasserverordnung bis 1990 auf 1000 µS angesetzt gewesen. In deren darauffolgender Fassung wurde er gar auf 2000 tolerierte Mikrosiemens erhöht. Seit dem 01.11.2011 liegt der Wert nun bei 2790 µS. Wasser und unser Trinken 13 Thema 16 Die Filterung des Wassers wird durch die sogenannte Umkehrosmose durchgeführt. In einem Gespräch mit einem Bekannten, der sein Trinkwasser nach diesen Richtlinien filtert und sich außerdem in seiner Freizeit intensiv damit beschäftigt, erfuhr ich mehr über die Hintergründe. Mir wurde die Ansicht dargelegt, dass die sich im Wasser befindlichen Mineralien nicht verstoffwechselt werden können und so die Leitfähigkeit mindern würden. Er erklärte mir seine Ansicht anhand eines Busses, bei welchem die Hälfte der Plätze schon von vornherein blockiert sind. Derselbige könne nun nur noch die Hälfte mitnehmen und genau nach diesem Prinzip verhalte sich Wasser im Körper, das bereits voll von Mineralien sei. Die Mineralien seien kleine Steinchen, welche den Körper belasten. Kritisch sei bei Leitungswasser allein der Wasseraufbereitungsprozess, bei welchem oft Ozon beigesetzt wird, wodurch unter anderem die Atemwege gereizt werden können. Außerdem wird es chloriert. Hinzu kommen weitere Verunreinigungen wie zum Beispiel Schwermetalle, die über Wasserhähne aus Chrom ins Wasser gelangen. Wasserhähne sollten daher aus Edelstahl bestehen. Das Wasser in Eckernförde und Umgebung hat in etwa einen Gehalt von 300-400 Mikrosiemens. Verglichen mit Berlin, wo das Wasser bei 1000 µS liegt, ist unser Wasser laut meinem Bekannten recht gut, doch die 80 Mikrosiemens, welche laut ihm der Richtwert sein sollten, erreicht es dennoch nicht. Die Umkehrosmose wäre daher die beste Möglichkeit für sauberes reines Wasser, da hier mithilfe von Druck das Wasser aufkonzentriert und von jeglichen Inhaltsstoffen befreit werde. Eine hierfür benötigte Filteranlage kostet zwischen 500 und 3000 Euro. Das Ergebnis ist Wasser mit nur etwa zehn Mikrosiemens. Mithilfe von 22 Volt kann mein Informant die enthaltenen Inhaltsstoffe sichtbar machen. Durch die Erschaffung eines positiven und eines negativen Pols resultiert eine Elektrodenwanderung von Kationen und Anionen. Wartet man nun eine Minute, zeigen sich die Mineralien und andere verschmutzende Stoffe und machen sichtbar, was sich in einem Glas Wasser alles befindet. Das folgende Bild zeigt mehrere Gläser Wasser, bei denen mithilfe der Elektrolyse alle Inhaltsstoffe sichtbar gemacht wurden. Zum Vergleich steht ganz links ein Glas Wasser, das durch die Umkehrosmose gereinigt wurde. Die Wässer kommen aus Eckernförde und der Umgebung. Wasser und unser Trinken 14 Thema 16 Doch längst nicht alle sind von der Umkehrosmose überzeugt. Kritiker sind der Meinung, dass viele Filteranlagen entmineralisiertes, energieloses und abgestandenes Wasser entwickeln, das entweder extrem aggressiv ("sauer") oder extrem alkalisch ("basisch") sei. Nur schwach gefiltertes Leitungswasser sei die Folge, welches von keinem Nutzen für unseren Körper sei und reine Geldverschwendung ist. Kurzfristige Effekte die langfristig bedenklich seien. Je reiner Wasser ist, desto mehr kann es an Stoffen aufnehmen. Aus diesem Grund sind vor allem viele Wässer aus Plastikflaschen, die als rein und gesund verkauft werden, irreführend, da sie mikroplastische Stoffe aufnhemen. Je reiner es ist desto mehr kann es aufnehmen und je belasteter es ist desto weniger nimmt es auf. Letztendlich kommt es also auf dasselbe hinaus. Abschließend kann ich, genau wie Prof. Dr. Vladimir Voeikov, die Meinung vertreten, dass Wasser ein unfassbares und höchstinteressantes Element ist. Es beginnen immer mehr Forscher und Experten zu versuchen, einen Nachweis dafür zu finden, dass Wasser ein Gedächtnis hat. Bereits in einem Test wurde nachgewiesen, dass Wasser, allein durch die Konzentration menschlicher Emotionen, unterschiedliche Messwerte aufweist. Wasser ist unser Ursprung gleichzeitig unsere Zukunft und ich hoffe, dass wir gemeinsam dafür sorgen können, dass diese Lebensgrundlage für alle Menschen zugänglich werden wird und dies so bleiben kann. Wasser und unser Trinken 15 Thema 16 Quellennachweise -http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/bier-schnaps-kaffee-und-cola-das-sind-die-zehn-liebstengetraenke-der-deutschen/10990144.html -http://www.welt.de/print/die_welt/wissen/article10461591/Das-trinken-die-Deutschen.html -http://www.vzhh.de/ernaehrung/281023/energy-drinks-ueberfluessige-energie.aspx -http://www.focus.de/gesundheit/videos/der-fluessige-super-kick-die-wahrheit-ueber-energydrinks_id_3068405.html -https://www.test.de/Energy-Drinks-WHO-Forscher-warnen-4777079-0/ -http://wasser-infos.com/wasser-mikrosiemens/ -http://www.beladomo.de/wp-content/uploads/2013/12/Spitze-Eisberg.png -http://wasser-infos.com/wp-content/uploads/2013/06/Mikrosiemenswerte.png -Wikipedia: Wasser Eigenschaften des Wassers Wasserstoffbrücke Dichteanomlie Elektronegativität Sauerstoff Wasserstoff Trinkwasser Umkehrosmose Wasser und unser Trinken 16 Thema 17 Die Acetylsalicylsäure im Aspirin Ein Chemiereferat von Matti Bjarki Thomsen „America is the country where you can buy a lifetime supply of aspirin for one dollar and use it up in two weeks.“ John Barrymore (US-amerikanischer Schauspieler) Thema 17 Inhaltsangabe Inhaltsangabe S. 2 Einleitung zur Acetylsalicylsäure in Aspirin S. 3 Geschichte des Medikaments S. 4-5 Wirkung S. 5-6 Nebenwirkungen S. 7 Debatte zur Entwicklung S. 8 Herstellung S. 9 Image S. 10 2 Thema 17 Acetylsalicylsäure Die Acetylsalicylsäure ist die chemische (synthetische) Grundlage für das wohl bekannteste, am häufigsten verwendete und kommerziell erfolgreichste Medikament aller Zeiten, das Aspirin. Aspirin ist dabei nur eines von vielen, aber trotzdem das geläufigste Acetylsalicylsäure-Präparat. Die Acetylsalicylsäure ist ein Derivat (Abkömmling) der Salicylsäure, weil zu ihrer Herstellung die Grundstruktur der Salicylsäure lediglich durch einen Acetatrest erweitert wird. Laut der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) gehört Aspirin zu den zwanzig unentbehrlichsten Medikamenten. Die Nachfrage danach steigt weltweit noch immer an. Der Wirkstoff darin ist seit tausenden Jahren bekannt. Doch erst Entwicklungen der modernen Chemie machten es möglich, diesen Wirkstoff synthetisch und damit in großer Menge, kostengünstig und in langfristig gleichbleibender Qualität herzustellen. Verschiedene Forscher suchten im 19. Jahrhundert mit unterschiedlichen Ansätzen nach Verfahren, Acetylsalicylsäure künstlich herzustellen. Arthur Eichengrün und Felix Hoffmann gelang es, den Stoff mit einer optimierten Wirkung vollsynthetisch zu produzieren. Ihre Entwicklung wurde am 6. März 1899 unter der Marke Aspirin in die Warenzeichenkontrolle des kaiserlichen Patentamtes aufgenommen. Die natürliche Grundlage für den synthetischen Stoff, schon den Ägyptern bekannt, waren Rinden der Silberweide und die Extrakte der Mädesüß-Pflanze. Mädesüß war auch die Grundlage für Aspirin als den bekanntesten Trivialnamen der Acetylsalicylsäure. Dabei steht das „A“ für den Acetatrest und das „Spirin“ für die natürliche Herkunft des Mittels. Diese Extrakte wurden schon früh zum Schmerzstillen oder Fiebersenken verwendet. Der Prozess von einem natürlichen Extrakt zu einem vollsynthetischen Produkt war lang, viele Menschen arbeiteten intensiv daran. Es musste sich immer auf die Überlieferungen des Stoffes berufen werden, weil auch der Stoff den neuen Gegebenheiten (wie zum Beispiel: neue Verwendungszwecke, Dosierungsformen, Anforderungen, neue medizinische Standards, etc.) angepasst werden musste. 3 Thema 17 Geschichte des Medikaments Schon frühen Hochkulturen war die Wirkung von Extrakten aus salicylhaltigen Rinden und Blättern bekannt. Sie nutzten sie zur Fiebersenkung und zur Schmerzbekämpfung aller Art. Dieses natürliche Salicin wird im Darm zu Salicylalkohol und Glucose gespalten und durch die Magenschleimwände in den Blutkreislauf aufgenommen. In der Leber wird der Salicylalkohol zu Salicylsäure umgewandelt. Die Wirkung des umgewandelten Salicylalkohols ist fast identisch mit der heutiger synthetischer Acetylsalicylsäure-Mittel, nur war es damals nicht möglich, genau zu dosieren und damit optimale Wirkungen zu erzielen. Die Extrakte wurden unter verschiedenen Bedingungen hergestellt. Deshalb waren auch die Nebenwirkungen für Magen und Darm oftmals zu stark, sodass das Mittel hauptsächlich in Notfällen verabreicht wurde. Erst im 19. Jahrhundert wurde versucht, die Wirkung dieser Extrakte dahingehend zu optimieren, dass der relevante Stoff, das Salicin, aus den Extrakten extrahiert wurde und ohne unnötige Inhaltstoffe verwendet werden konnte, was auch die Nebenwirkungen minimierte. Andreas Buchner vollbrachte die Extrahierung des Salicin aus Weidenextrakten um 1828. Die nächste historische Entwicklung des Stoffes war die Isolierung der Salicylsäure aus dem Salicin, ohne dass es erst in der Leber umgewandelt werden musste. 1838 isolierte der italienische Chemiker Raffaele Piria Salicylsäure aus dem im Salicin enthaltenen Salicylalkohol. Salicin ist eine chemische Verbindung von Alkohol und Zucker. Durch Oxidation, d.h. durch Zugabe eines Sauerstoffatoms, entnahm er dem Glykosid (der Verbindung von Alkohol und Zucker) die Salicylsäure. Einige Jahre später synthetisierte er Salicylsäure aus einem Salicylaldehyd und verfeinerte dadurch das Produkt. 1859 wurde die Salicylsäure durch mehrere deutsche Chemiker aus Phenol, Kohlendioxid und Natron synthetisiert. Durch die Kolbe-Schmitt-Reaktion war es nun möglich, auf die natürlichen Extrakte gänzlich zu verzichten und den Stoff rein chemisch herzustellen. So konnte auch besser an der chemischen Verbindung geforscht werden, weshalb auch der phenolische Charakter durch den Benzolring (Phenol ist ein Benzol mit einer Hydroxylgruppe statt einem Wasserstoffatom) entdeckt wurde. Dieses Phenol ist die hauptreagierende Gruppe des Moleküls. Mit diesen Grundlagen wurde immer weiter versucht, aus der Salicylsäure einen verlässlichen und optimierten Wirkstoff der modernen Schulmedizin zu machen. Dies geschah in vielen kleinen Schritten; viele Chemiker an vielen verschiedenen Orten machten Aspirin durch ihre Initiativen, geistreiche Ideen, Austestung an Probanden und Auswertung von Analyseergebnissen zu dem Medikament, was es heute ist. Diese Entwicklung wurde hauptsächlich durch den deutschen Chemiker Arthur Eichengrün vorangetrieben. Er machte aus der Salicylsäure die Acetylsalicylsäure, indem er ihr einen Acetat-Rest hinzufügte. Eichengrüns langjähriger Arbeitgeber war die Bayer AG, die heute die Marken- und Patentrechte am bekanntesten Acetylsalicylsäure-Präparat Aspirin hält. Das Unternehmen stand aber nicht uneingeschränkt hinter Eichengrüns Medikament, weil es immer noch als ein sehr potentes Mittel galt, dessen Einnahme zu starken Nebenwirkungen führte. Deshalb unterstützte Bayer lieber die Verbreitung anderer Medikamente, die aus wirtschaftlicher Sicht lukrativer waren. Erst ab dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wurde aus der Acetylsalicylsäure ein Allzweckmedikament und war ab dann nicht mehr wegzudenken. 4 Thema 17 Nach dem ersten Weltkrieg wurden die Markenrechte von der Bayer AG an Aspirin an ein amerikanisches Unternehmen als Reparationsleistung verkauft. Erst 1990 wurden diese Rechte für eine Milliarde Dollar von Bayer zurückgekauft. Seitdem vertreibt und produziert der deutsche Pharmaziekonzern das Medikament. Die deutsche Produktionsanlage in Bitterfeld produziert jährlich um die 4,5 Milliarden Tabletten, was ungefähr die Hälfte des europäischen Marktes abdeckt. Wirkung Die Wirkung des heutigen Aspirins hat seinen Ursprung in Extrakten, die aus Weiden (Silberweiden, lat. Salix) gewonnen wurden. Im Laufe der Zeit wurden die Extrakte, die schon sehr früh als Arznei erkannt wurden, immer mehr verändert, und als die Chemie auch immer weiter erneuert und erschlossen wurde, war es schließlich möglich, die Wirkung dieser Extrakte mit anderen Stoffen auf künstliche Weise (durch Synthese) zu erzeugen. 1828 wurde es geschafft, die kristallisierende Salicylsäure aus Rindeextrakten der Weiden zu isolieren. Das bedeutete, dass man auf den essentiellen Wirkstoff in diesen Rinden direkt zugreifen konnte und auf unnötige Zutaten der Rinde verzichten konnte. Aspirin ist ein Analgetikum, was bedeutet, dass es schmerzstillend wirkt, dabei aber nicht das komplette Nervensystem betroffen ist. Wenn Aspirin konsumiert wird, gelangt es durch die Schleimwände in Magen und Darm in unseren Blutkreislauf und kann ab dann im ganzen Körper agieren. Prostaglandine sind Gewebshormone, die bestimmte Schmerzreize an unsere Rezeptoren leiten. Sie übermitteln die Nachricht, dass sich zum Beispiel Fieber bildet und sorgen dafür, dass sich unser Immunsystem darauf vorbereitet. Diese Gewebshormone werden von den Enzymen Cyclooxygenase I (COX I) und Cyclooxygenase II (COX II) produziert. Schon kurz nach der Einnahme von Aspirin wirkt die Acetylsalicylsäure, indem sie diese beiden Enzyme blockiert und dadurch unser Schmerzempfinden hemmt. Die Blockade sieht so aus, dass sich die Acetylsalicylsäure-Verbindungen auf die Enzyme setzen und sie dadurch inaktivieren. Deshalb werden die Produktion der Prostaglandine und unsere Schmerzanfälligkeit gesenkt, weil uns nicht mehr übermittelt wird, dass der Schmerz noch aktiv ist. Ob die Acetylsalicylsäure COX I oder COX II hemmt, hängt ganz von der Dosis ab. COX I wird schon bei kleinsten Mengen (30-50mg) gehemmt. Eine normale Einheit Aspirin hat 500 mg. Die Gewichteinheit bezieht sich auf die Menge Acetylsalicylsäure in einer Dosierungsform. Schon die kleinste Dosis kann daher gerinnungshemmend wirken, weil es die Botenstoffe blockiert, die dafür sorgen, dass sich die einzelnen Blutplättchen miteinander verbinden und dann verklumpen. Bei quasi jeder Dosis ist die gerinnungshemmende Wirkung erzeugt und bei steigender Dosis (1 bis 2 g) wird dann erst das Enzym COX II gehemmt. Und nur wenn COX II gehemmt wird, hat das Medikament eine dezentral schmerzstillende, antirheumatische, fiebersenkende und entzündungshemmende Wirkung. 5 Thema 17 Weil die gerinnungshemmende Wirkung immer auftritt, sind Aspirin und sein Wirkstoff Acetylsalicylsäure nicht zu unterschätzen. Kleinste Stoffreste können unter Umständen erst bis vier oder gar acht Tage nach der Einnahme abgebaut sein – so lange kann eine herabgesetzte Blutgerinnung nicht ausgeschlossen werden. Viele Menschen vergessen diese Wirkkraft und stellen bei grundsätzlich unkomplizierten Verletzungen nach der Einnahme fest, dass sie lange und intensiv bluten. Tatsächlich können Menschen unter dem Einfluss von Aspirin und seiner blutgerinnungshemmenden Wirkung sogar verbluten. Wie viele das jährlich sind, ist jedoch ungewiss. In diesen Bildern ist die gerinnungshemmende Wirkung des Aspirins im Körper zu sehen. Die gelbliche Substanz im Bild symbolisiert eine Stoffansammlung in einer Arterie oder einem Gefäß, wie es zum Beispiel Cholesterin sein könnte. Wenn das Blut von sich aus, durch zum Beispiel zu fettgeprägte Ernährung verklumpt, kann es durch die immer enger werdenden Arterien irgendwann nicht mehr durchfließen. Das Cholesterin ist, einfach gesagt, ein Fett, das sich bei Fehlernährung in unseren Arterien absetzen kann. Wenn sich unsere Arterien und Gefäße dann verstopfen, steigert das das Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Denn das Herz muss in diesen Fällen immer stärker pumpen, um gegen den Widerstand der Verstopfung Blut an jede Stelle unseres Körpers zu transportieren. Genau diese erhöhte Belastung des Herzens erhöht das Risiko für einen Infarkt. Wenn wir aber Aspirin nehmen, wird unser Blut flüssiger und die Gerinnung des Blutes wird gehemmt, weil sich die einzelnen Blutplättchen (Thrombozyten) durch die Acetylsalicylsäure trennen. Unser Blut gerinnt etwa, wenn wir uns verletzen, weil es sich verdickt an der Wunde ansammelt und so die Blutung stoppt. Diese Blutgerinnung ist eine körpereigene Reaktion. Schon kurz nach der Einnahme von Aspirin kommt unser Blut auch an verstopften Arterienstellen leichter vorbei und entfernt sogar oft die Stoffe, die sich dort absetzten. Das flüssigere Blut kann die abgesetzten Stoffe besser aufnehmen und deshalb mindert Aspirin beziehungsweise die Acetylsalicylsäure im Aspirin das Risiko auf solche Gefäßverstopfungen, welche oft zu Schlaganfällen oder Herzinfarkten führen können. Obwohl Aspirin immer wieder auch kritisch diskutiert wird, ist es in diesem Aspekt ein effizientes Vorbeuge-Medikament. 6 Thema 17 Nebenwirkungen Aspirin ist ein Analgetikum, das heißt ein Schmerzmittel, welches dezentral wirkt und daher nicht das komplette zentrale Nervensystem beeinflusst. Nebenwirkungen bei Aspirin sind vor allem die, bei denen der Körper durch den Stoff an sich beeinflusst und unter Umständen geschädigt wird. Die Wirkungen durch Aspirin sind chemische Abläufe im Blutkreislauf, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auftreten. Die Nebenwirkungen finden sich vor allem im Magen-Darm-Trakt an, weil das Medikament überwiegend oral eingenommen und dann durch die Schleimwände des Magens und Darms in den Blutkreislauf aufgenommen wird. Die Acetylsalicylsäure als Hauptbestandteil des Aspirins ist ein potenter, toxischer Stoff, der andere Stoffe zersetzen und darum im menschlichen Organismus auch schädlich wirken kann. Dennoch sind die Wirkungen des Stoffes eigentlich relativ beständig, der Körper ist nur nie in gleicher „Stimmung“, weshalb unterschiedlich auf das Medikament reagiert wird. Die Nebenwirkungen, die zum Teil trotz veränderter Rezepturen bis heute blieben, treten hauptsächlich im Magen-Darm-Trakt auf und sind vor allem dem SäureCharakter der Acetylsalicylsäure zuzusprechen. Das liegt an der hohen Potenz der Säure, welche häufig Schäden an der Magenwand verursacht, weil das Medikament oral eingenommen erst im Darm verarbeitet wird. Die Acetylsalicylsäure im Aspirin ist quasi ein Gift, welches bei zu häufiger Einnahme verursachen kann, dass die DarmFlora komplett aus dem Gleichgewicht gebracht wird und dass die Magen und Darmwände langsam angegriffen und zerstört werden. Dadurch sind die Schleimwände so gereizt, dass sie ihre selbstgenerierende Struktur verlieren und dann durch Verdauungssäuren und von außen zugefügte Säuren immer weiter beschädigt werden, dass schlussendlich ein Magen- und/oder Darmbluten entsteht. Dieses Bluten ist keine leichte Verletzung, sondern sehr gravierend und sehr schwer zu behandeln, da ab einem gewissen Zustand der Schleimwände eigentlich sehr viele „normale“ Lebensmittel das Bluten sogar verstärken. Diese kaum diskutierte Nebenwirkung der Acetylsalicylsäure trägt mit dazu bei, dass jährlich um die 20.000 Amerikaner an dem Medikament sterben. Die tödlichen Nebenwirkungen von Aspirin sind vor allem Magen- und Darmbluten und das Verbluten durch die gerinnungshemmende Wirkung des Mittels. In Deutschland sterben jährlich mehr Menschen durch die Folgen der Langzeitschäden von Aspirin als von allen illegalen Drogen. Die Zahl der Drogentote in Deutschland liegt ungefähr bei tausend. Die Anzahl der Menschen, die hierzulande an Aspirin sterben, liegt geschätzt zwischen 1.000 bis 5.000. Die Schwierigkeit der Schätzung liegt darin, dass bei vielen Toten die Todesursache nicht mehr ausreichend sicher diagnostiziert werden kann. 7 Thema 17 Debatte zur Entwicklung Arthur Eichengrün (1867–1949) war ein deutscher Chemiker mit jüdischen Wurzeln. Er gilt als Kopf hinter der Erfindung von Aspirin, während Felix Hoffmann lediglich seine Anweisungen ausgeführt haben soll. Als die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland übernahmen, negierten sie mit ihrem offenen Antisemitismus auch die vielen Errungenschaften jüdischer Chemiker. Viele jüdische Chemiker konnten nicht von ihren Erfolgen profitieren, geschweige denn davon berichten, da diese Erfolge deutschen Chemikern zugeschrieben wurden, um die Politik des Regimes zu stärken. Felix Hoffmann hatte wenig mit der eigentlichen Aspirin-Entwicklung zu tun, er führte lediglich die Anweisungen Eichengrüns aus. Er hatte nämlich einen Hustenstiller entwickelt, der größtenteils aus dem Opiat Heroin bestand und war, was die Organisation, Ausarbeitung und Weiterentwicklung der Medikament-Herstellung angeht, gedanklich anderweitig beschäftigt. Sein Arbeitgeber, die Bayer AG, sah in seinem Medikament zuerst mehr Potenzial als in dem von Eichengrün. Man ging davon aus, dass die Nebenwirkungen des Heroin-Hustenstillers unbedenklicher als die der Acetylsalicylsäure waren, die erkennbar zu mehr Beschwerden führten. Zu dem Zeitpunkt waren Opiate wie Heroin in der Medizin sehr gängig und das Suchtpotenzial, welches erst nach einem längeren Zeitraum erkennbar wurde, kaum bekannt. Hingegen waren die Nebenwirkungen der Acetylsalicylsäure akuter und sofort spürbar. Der damalige Stand der Medizin war, dass ein Medikament eine optimale Kurzzeitwirkung haben sollte, oft wurden dabei aber die Langzeitschäden nicht beachtet. Nachdem dann der vollsynthetische Stoff weiter optimiert wurde und er dadurch immer reiner wurde, verringerten sich die Nebenwirkungen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde versucht, vielen eigentlich jüdischen Entwicklern, verleugnet und verfolgt während der Nazi-Zeit, den ihnen gebührenden Erfolg zurückzugeben. Arthur Eichengrün verschwand schon ab dem ersten Weltkrieg aus vielen Geschichtsbüchern und die Erfindung wurde gänzlich Felix Hoffmann und anderen Personen zugesprochen, die laut Eichengrün gar nicht in den Prozess involviert waren. Wie viele jüdische Forscher wurde Eichengrün in ein Konzentrationslager deportiert. Er hingegen überlebte den Genozid an den Juden, starb aber schon kurz nach dem zweiten Weltkrieg, im Alter von 82 Jahren im Jahre 1949. Heutzutage gibt es nur noch wenige Dokumente, die seinen Anteil an der Erfindung von Aspirin nicht erwähnen. Aber überwiegend ist er als Erfinder des Medikaments niedergeschrieben. 8 Thema 17 Die Herstellung: von der Salicylsäure zur Acetylsalicylsäure Reaktion: Übertragung eines Acetatrestes auf die Salicylsäure Eichengrün probierte verschiedene Reaktionspartner aus und kam schließlich zum Essigsäureanhydrid, weil es das Produkt reiner machte und im Ganzen optimierte. Bei dieser Übertragung gibt das Essigsäureanhydrid einen Acetatrest an die Salicylsäure ab und die übrigbleibende Essigsäure lässt sich leicht von der neu entstandenen Verbindung trennen. Acetatreste sind Salze und Ester der Essigsäure. Damit das Essigsäureanhydrid überhaupt mit der Salicylsäure reagiert, muss es durch eine Protonierung (Zugabe von positiven Ladungen) aktiviert werden. Erst dann reagiert es mit der Hydroxylgruppe (OH-Gruppe) der Salicylsäure. Die Protonierung eines Wasserstoffatoms erfolgt durch die Reaktion mit Schwefelsäure. Die Schwefelsäure fügt dem Essigsäureanhydrid ein Kation zu, in diesem Fall ein positives Wasserstoffatom. Erst dadurch ist das Essigsäureanhydrid reaktionsfreudig. Das Essigsäureanhydrid verbindet sich mit der Salicylsäure. Weil aber die Ladung an der Carbonylgruppe (=O-Gruppe) ungünstig ist, spaltet sich die Essigsäure (Abfallprodukt des Essigsäureanhydrids) aus dem Molekül ab. Wegen dieser Abspaltung verschiebt sich die positive Ladung auf ein Kohlenstoffatom (an dem die funktionelle Gruppe reagiert hat). Der letzte Schritt zur Acetylsalicylsäure ist die Abspaltung des Wasserstoffprotons (H+) aus der Verbindung. Nun hat man einen Benzolring (Aromat), der aus einer Carboxylgruppe (COOH-Gruppe) und einem Acetatrest besteht. Der Acetatrest besteht aus einem einfach gebundenen Sauerstoffatom, einem doppelt gebundenen Sauerstoffatom und einem Kohlenstoffatom, das drei Wasserstoffatome trägt. Essigsäureanhydrid eignet sich also besonders gut für die Reaktion mit der Salicylsäure, weil sie den Acetatrest leicht abgibt und einen Rest bildet, der ebenso leicht aus der neuen Verbindung wieder zu entfernen ist. Beim letzten Schritt der Reaktion hat man also zwei verschiedene Produkte, welche man nicht erst noch aufwändig voneinander trennen muss, sondern die sich durch die Reaktion schon voneinander gespalten haben. 9 Thema 17 Image Aspirin scheint für viele Menschen ein Medikament zu sein, das sie bei Unwohlsein sofort verwenden würden. Das liegt auch in der sehr intensiv betriebenen Marketingpolitik der Bayer AG begründet. Das Unternehmen investiert jährlich um die 40 % ihres Umsatzes (Bayers Umsatz betrug 2015 45 Mrd. Euro) in Werbung, was zweifelsfrei mit dazu geführt hat, dass Aspirin das wahrscheinlich bekannteste Medikament Deutschlands und seiner Fernseh-Werbung ist. Weil es das am häufigsten genannte Kopfschmerzmittel ist, nehmen viele Menschen bei Kopfschmerzen mit den unterschiedlichsten Ausprägungen und Ursachen durchweg immer Aspirin. Es wird dann aber nicht mehr zwischen den Arten, Äußerungen und Intensitäten des Schmerzes differenziert, sondern der Schmerzimpuls wird – durch das schnell wirkende Aspirin etwa – sofort künstlich unterdrückt. Dabei werden die Ursachen für ein normales Signal des Körpers einfach ausgeblendet. Man hat herausgefunden, dass der Körper zwischen mehr als hundert Arten von Kopfschmerzen unterscheiden kann. Kopfschmerzen unterscheiden sich durch ihre Schmerzintensität, die Lokalität des Schmerzes und durch die Auslösung des Schmerzes. Gegen jede Art und Stärke von Kopfschmerzen stets dasselbe Medikament einzunehmen, anstatt verschiedene Schmerzen ursachengerecht mit verschiedenen Mitteln anzugehen, beansprucht den Organismus auf lange Sicht. Kopfschmerzen können beispielsweise eine Folge von Schlafmangel, Stress und Wassermangel sein. Diese Folgen werden durch ein Medikament wie Aspirin lediglich zeitlich verschoben, da es nicht die Ursache behebt, sondern nur den Schmerz entfernt. Das wird durch einen Alltag, in dem es ständig auf Funktion ankommt, noch verstärkt. Und deshalb ist Aspirin auch so ein viel diskutiertes Mittel, weil es einen Menschen funktionieren lässt, obwohl er eigentlich erschöpft ist; am Ende aber werden so die Ressourcen des Körpers nur noch weiter verbraucht und die Belastbarkeit ausgereizt. Auf der anderen Seite gibt es auch Kopfschmerzen, die medizinisch noch nicht genug erforscht sind und deren Ursachen noch nicht weit genug bekannt sind, sodass Menschen zu medizinischen Mitteln greifen müssen, weil sie sonst ihren Alltag nicht bewältigen könnten. Daher geht es bei solchen Medikamenten wie Aspirin, die rezeptfrei erworben werden können, vor allem um das rechte Maß der Dosierung. 10 "Verlängert die euch zugemessene Lebensspanne, regeneriert die verbrauchten Gewebe des Körpers, macht steife Gelenke biegsam und ausgeleierte Gelenke fest. Nur sie entlockt trüben Augen ein schelmisches Glitzern, verwandelt Krankheit in Gesundheit, bietet dem Haarausfall Einhalt und lasst neue Haare auf spiegelnden Glatzen sprießen. (...) Eine ausgezeichnete Herzstärkung, anregender als das beste Tonikum, ein sanfteres Abführmittel als ein Salbenklistir." (aus Noah Gordon, Der Medicus, April 1990, Kapitel: Die Bestie in Chelmsfold. - - Anpreisung eines "Universal Specificums" in diesem im Mittelalter spielenden Roman) Thema 18 „Künstliche Proteine“ Helena Wirz Thema 18 Inhaltsverzeichnis Vorwort...........................................................................................................................1 Einleitung.......................................................................................................................2 Vorgehensweise............................................................................................................3 Proteine.........................................................................................................................3 Beispiele aus der Forschung der letzten 5 Jahre im Bereich der Synthese von Proteinen und ihrer Bedeutung für die Humanmedizin.................................................9 Nahrungsergänzungsmittel (NEM)..............................................................................11 Kohlenhydrate-........................................................................................................13 Proteinkonzentrate..................................................................................................13 Exkurs: Definition und gesetzliche Vorgaben Eine Gegenüberstellung von Arznei – und Nahrungsergänzungsmitteln...........16 Exkurs: Definition Novel-Food............................................................................18 Abschließende Überlegungen.....................................................................................19 Literaturnachweis...................................................................................................................20 2 Thema 18 Vorwort Zur Auswahl des Themas für mein Referat und diese Hausarbeit hat mein Interesse am „Streetworkout“, einem Kraftsport beigetragen. Ich begegnete in diesem Zusammenhang immer wieder Menschen, die Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. Und früher oder später stellte sich auch mir die Frage, ob ich es nicht auch einmal probieren solle. Ich thematisierte das wiederholt und all die Menschen mit denen ich sprach waren der Meinung, ich solle mich doch zunächst einmal informieren. Ich konnte also die Arbeit für die Schule und mein persönliches Interesse verbinden. Das Ergebnis findet sich in dieser Arbeit wieder. Sehr schnell wurde mir klar, dass es doch einige Hindernisse in der Recherche gab, denn unter dem Begriff „künstliche Proteine“ waren im Internet fast ausschließlich Artikel zu finden, die für Nahrungsergänzungsmittel warben und in denen pseudowissenschaftlich argumentiert wurde. Die Aussagen waren also im Sinne von Wissenschaft, hier Chemie, nicht zu gebrauchen. Dies führte mich zu der Überlegung, worauf sich der Begriff des Künstlichen eigentlich bezieht auf die Inhaltsstoffe des Produktes, auf die menschliche Erkenntnis, dass es heutzutage notwendig ist dem Körper mehr als die übliche Nahrung zuzuführen oder auf die Produktionsweise, die Herstellung der Nahrungsergänzungsmittel? 1 Thema 18 Einleitung Die Aufgabe der Chemie besteht darin zu untersuchen, wie die Stoffe in unserer Umwelt beschaffen und aufgebaut sind. In der chemischen Analyse werden die zusammengesetzten Stoffe, Verbindungen in einfachere Strukturen, schließlich auch in die einzelnen Elemente (durch verschiedene chemische Vorgänge) zerlegt und untersucht. Durch chemische Synthesen werden umgekehrt Stoffe aus einfachen Atomen aufgebaut. Im Zentrum steht die Erforschung von Gesetzmäßigkeiten nach denen sich chemische Prozesse vollziehen. Die Differenzierung zwischen chemischer Analyse einerseits und -Synthese andererseits ist im Kontext dieser Hausarbeit insofern von Bedeutung, als dass ohne eine Darstellung der analytischen Aspekte die Voraussetzungen zum Verständnis der Syntheseprozesse hin zum künstlichen Protein nicht gegeben wären. Es gilt die Gesetzmäßigkeiten zu beschreiben, die im Fall des Proteins unser ganzes Leben bestimmen, deren Kenntnis auch das Basiswissen darstellen, welches es ermöglicht Forschung zu betreiben, die ein würdevolles, gesundes menschliches Dasein ermöglichen können ( Insulin, Antibiotika etc.) In diesem Zusammenhang wurde mir bei den Vorbereitungen der Hausarbeit deutlich, wie sehr die Chemie mit der Biologie und auch mit der Physik verknüpft sind. Die Grenzen zwischen diesen Wissenschaften verschwimmen sogar miteinander (Proteinbiosynthese). 2 Thema 18 Vorgehensweise Im Zentrum meiner Arbeit steht die Beschäftigung mit Proteinen, ihrem Aufbau und ihrer Bedeutung für den menschlichen Organismus (chem. Analyse). Beides ist die Voraussetzung für Veränderungen, die durch natürliche Prozesse als auch durch menschliche Eingriffe stattfinden können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Veränderungen, die auf die unterschiedlichste Weise Wirkung zeigen: Ich werde verschiedene Aspekte beispielhaft ansprechen, aktuelle wissenschaftliche Arbeiten mit Syntheseprodukten heranziehen, um Möglichkeiten und Problematiken aufzuzeigen. Dabei soll deutlich werden, welch bedeutende Rolle die Kenntnis chemischer Gesetzmäßigkeiten für die Forschung und Medizin und auch für Industrie und unser gesellschaftliches Leben haben kann. Proteine Proteine sind neben Wasser die wichtigsten Bestandteile des tierischen und menschlichen Organismus, aller lebenden Zellen. Sie finden sich in allen Organen, im Gehirn und sie sind Hauptbestandteil der Muskulatur. Sie sind Grundstruktur aller Enzyme, vieler Hormone und regeln in dieser Form den Organismus mit den Stoffwechselvorgängen. Als Antikörper haben sie Schutzfunktionen und den Muskeln verleihen sie Kontraktionsfähigkeit. Aufbau Proteine (Eiweiße) setzen sich aus verschiedenen Aminosäuren zusammen, die stets aus den gleichen Bausteinen bestehen. 3 Thema 18 Im Zentrum des Moleküls steht ein C-Atom, an das die unten genannten Gruppen angegliedert sind: • eine Aminogruppe (NH2) • eine Carboxylgruppe (COOH) • ein Wasserstoffatom (H) und • ein Rest (R) (Bildquelle: Google) Der Rest (R) kann z.B. ein einfaches Wasserstoffatom sein, oder ein weiteres Kohlenstoffatom (C) an das wiederum Wasserstoffatome (H) gebunden sind. Die Aminosäure Glycin hat beispielsweise als Rest ein einzelnes Wasserstoffatom (H), die Aminosäure Alanin ein Kohlenstoffatom (C) mit drei weiteren Wasserstoffatomen (H). (Bildquelle: Google) 4 Thema 18 Es gibt 20 Aminosäuren, von denen bei einem Erwachsenen 8 essentiell sind, d.h. der Körper kann sie nicht selbst herstellen. Sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden: • Isoleucin • Leucin • Lysin • Methionin • Phenylalanin • Threonin • Thryptophan • Valin Bei Säuglingen sind außerdem noch Arginin (Stärkung des Immunsystems, entscheidende Rolle bei Muskelfunktionen, Wachstum, Wundheilung, Durchblutung) und Histidin (Funktion noch nicht ganz geklärt, Stärkung des Immunsystems) essentiell notwendig. Alle anderen Aminosäuren kann auch der kindliche Körper selbst aufbauen. Im Organismus werden Ketten aus meist über 100 Aminosäuren aufgebaut. Bis zu einer Anzahl von etwa hundert spricht man von Peptiden, bei mehr als Hundert Verbindungen von Proteinen. „Das größte bekannte Protein ist das Muskelprotein Titin und besteht aus über 30.000 Aminosäuren.“ (Quelle: Wikipedia „Protein“) Wenn sich 2 oder mehr Aminosäuren verbinden spricht man von Peptidbindungen. Die chemische Reaktion findet dabei immer – unter Abspaltung von Wasser (H2O), Kondensation - zwischen der Aminogruppe (NH2-Gruppe) der einen Aminosäure und der Carboxylgruppe (COOH-Gruppe) der anderen Aminosäure statt. Dementsprechend spricht man bei der Bindung von zwei Aminosäuren von einem entstandenen Dipeptid, bei der Bindung von drei Aminosäuren von Tripeptid. Bei mehr Verbindungen bis zehn spricht man von Oligopeptiden, ab zehn dann von Polypeptiden. 5 Thema 18 Bindung von Alanin zu einem Dipeptid (Bildquelle: Google - Dipeptidbindung) Bekannte biologisch wirksame Peptide sind zum Beispiel: • das Penizillin (Antibiotikum; ein Dipeptid) und • das Insulin (Hormon der Bauchspeicheldrüse; ein Polypeptid) Die Aminosäureketten haben keinen gestreckten linearen Bau, vielmehr ist die Kette schraubenförmig aufgewickelt, wobei die Struktur der Schraube durch Wasserstoffbrücken zwischen Aminogruppen und Carboxylgruppen verschiedener Aminosäuren aufrechterhalten bleibt. Wenn die H-Brücken aufgebrochen werden z.B. unter Einwirkung von Hitze, chemischer Substanzen (Säuren) oder radioaktiver Strahlung wird die Form der Schraube oft zerstört. Manche Eiweiße werden bei 65°C irreversibel geschädigt, andere wie das Kollagen in der Gelatine erst bei über 100°C. Hochtemperaturresistente Proteine sind als Enzyme technisch wichtig, sowohl in der Lebensmittelindustrie wie z.B. auch in Waschmitteln um bei 60°C die Reinigungswirkung wie bei 95°C erreichen zu können. Ein sehr einleuchtendes und häufig wiederholtes Beispiel sind die Veränderungen beim Kochen eines Vogeleies. Das Protein des Eies hat nicht mehr die Eigenschaften wie das ursprüngliche Eiweiß, obwohl es die gleichen Bestandteile hat. Durch Erhitzen ist das Eiweiß „denaturiert“. Das Eiklar wird fest und verändert seine Farbe. 6 Thema 18 In allen organischen Bereichen erfüllen Proteine eine Vielzahl von Aufgaben. So sind sie Bausteine in Enzymen Hormonen Stütz- und Gerüsteiweiß, z.B. Kollagen, Elastin, Keratin (für Haut, Haare und Nägel) Strukturproteine, z.B. Aktin, Myosin in den Muskeln Plasmaproteine Transportproteine, z.B. der rote Blutfarbstoff Hämoglobin Antikörper in der Immunabwehr Faktoren in der Blutgerinnung Alloantigene, z.B. Blutgruppenantigene Reservesubstanz für die Energiegewinnung bei Hunger All diese zentralen Funktionen können jedoch nicht mehr ausgeführt werden, wenn eine Denaturierung stattgefunden hat. Als lange Ketten sind diese Proteine im Körper unwirksam. Die Eigenschaften von der Zusammensetzung der Proteine hängen aber auch von ihrer Faltung im Raum, der sogenannten Tertiärstruktur ab. „Die Aminosäuresequenz (Reihe, mehrfache Abfolge, d.A.) eines Proteins – und damit sein Aufbau – ist in der Desoxyribonukleinsäure (DNA) codiert. Der dazu verwendete Code hat sich während der Evolution der Lebewesen kaum verändert. In den Ribosomen, der „Produktionsmaschinerie“ der Zelle, wird diese Information verwendet um aus einzelnen Aminosäuren eine Polypeptidkette zusammenzusetzen, wobei die je von einem Codon bestimmten Aminosäuren in der von DNA vorgegebenen Reihenfolge verknüpft werden. Erst mit der Faltung dieser Kette im wässrigen Zellmilieu entsteht dann die dreidimensionale Form eines bestimmten Proteinmoleküls.“ (Quelle: Wikipedia „Protein“) 7 Thema 18 Proteinstrukturen (Bildquelle: Wikipedia - Proteinstruktur) Beispiele aus der Forschung der letzten 5 Jahre im Bereich der Synthese von Proteinen und ihrer Bedeutung für die Humanmedizin Auf meiner Suche nach Textmaterial zum Arbeitsthema „Künstliche Proteine“ stieß ich im Internet auf eine Seite, die ein Verfahren beschreibt, das von Chemikern an der Universität Marburg entwickelt wurde. Ich möchte es hier kurz darstellen, um zu 8 Thema 18 verdeutlichen von welcher Bedeutung die Forschung im Bereich der synthetisch hergestellten Proteine für uns alle sein kann: Wie vorher dargestellt finden sich in der Natur 20 Aminosäuren. Sie können sich verbinden, abbauen und wiederum neu verbinden, falten sich auf in den dreidimensionalen Raum (Proteinstruktur). Durch Fehler in diesen Prozessen kann es zu einfachen Modifikationen kommen, die zum Teil zu positiven „Weiterentwicklungen“ führen können im Sinne der Evolution, aber auch z.B. zu krankhaften Erscheinungen beim Menschen. Dies kann u.a. entstehen bei Fehlfaltungen der Aminosäuren in den dreidimensionalen Raum. Die korrekte Faltung ist extrem wichtig für ihre Funktion, da alle Aminosäuren unterschiedliche Eigenschaften haben. Nicht nur die natürlichen Prozesse sondern auch die Biochemie, die Biotechnologie und das Bio-Engineering hängen von dieser Tatsache ab. „Störungen in der Bildung einer funktionsfähigen Raumstruktur werden als Proteinfehlfaltungserkrankungen bezeichnet. Ein Beispiel hierfür ist Chorea Huntington. Krankheiten, die auf eine Fehlbildung der Proteinstruktur zurückgehen werden Prionkrankheiten genannt. BSE oder die Alzheimer-Krankheit sind Beispiele für solche Erkrankungen. Auch Diabetes mellitus Typ2 ist eine Proteinfehlfaltungserkrankung, sie beruht auf einer Fehlfaltung des Amylin.“ (Quelle: Wikipedia „Proteinstruktur“) Die Entwicklung der Marburger Wissenschaftler bezieht sich nun auf die Verbesserungen der Möglichkeiten, Krankheiten durch planmäßige Veränderungen in den Proteinen z.B. Fehlfaltungen zu beheben. Sie entwickelten ein Aminosäure-Imitat, das sich in Proteine, die normalerweise ihre Gestalt ändern können, einbauen lässt und die damit ihre natürliche Beweglichkeit verlieren. Zwei herkömmliche Aminosäuren wurden durch ein synthetisches „Minimal-Protein“, ein Imitat mit dem Namen Hot=Tap ersetzt. „Hot-Tap hält die benachbarten Aminosäureketten wie ein Scharnier in einer vorhersagbaren Form 9 Thema 18 fest. Als stabile Oberflächenstrukturen können sie ganz bestimmte Antikörper binden, vergleichbar mit einem Schlüssel, der nur in das entsprechende Schloss passt.“ (Quelle: http://www.internetchemie.info/news/2010/oct10/kuenstliche-proteine.html) Die Wissenschaftler haben sich als erstes Anwendungsbeispiel die AlzheimerKrankheit vorgenommen. (Bildquelle: http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2010a/1011i/view) In einem zweiten Beispiel möchte ich Anne Peacock vorstellen, sie ist Wissenschaftlerin an der Universität Birmingham und forscht ebenfalls an der Herstellung von synthetischen Proteinen. „Die Natur zu kopieren kann nicht unser Ziel sein. Die ist nämlich gut, in dem was sie tut. Stattdessen haben wir die aufregende Chance, Systeme zu entwickeln, die Funktionen übernehmen, die in der Biologie nicht existieren.“ (Dies sagt sie in einem Interview, welches sie mit futurezone.at im April 2015 geführt hat.) Sie entwickelte ein besseres Kontrastmittel für die Magnetresonanztomografie (MRT) (Medizinische Diagnostik), auf der Basis ihrer Forschung mit Metallionen. „Ein Praxiseinsatz liegt zwar noch in weiter Ferne, aber wir legen derzeit die Fundamente.“ so Anne Peacock. Eine spannende Entwicklung, wie ich finde. 10 Thema 18 Nahrungsergänzungsmittel (NEM) Im Internet stieß ich auf einen Artikel, der die Aussage enthielt, dass es keine Regelung für Nems gebe wie für Arzneimittel, die geprüft und offiziell zugelassen werden müssen bevor sie auf den Markt kommen. Ich fand das seltsam, weil es so viele Mittel frei verkäuflich gibt. Kann ich dann nie wissen, was so ein Pille, eine Ampulle oder eine Mischung enthält, oder was diese Mittel mit mir machen? Ich habe dazu weitergeforscht und einen Exkurs geschrieben, der im Anschluss an dieses Kapitel zu finden ist. (Exkurs zu gesetzlichen Vorgaben) Wir kennen alle das Phänomen der Überflutung mit irgendeiner Werbung zu den verrücktesten Artikeln, die der Markt uns zu bieten hat. Höchstgradig aufmerksam um nicht zu sagen empfindlich – reagieren wir alle, wenn es um unser körperliches Wohlgefühl geht; ob es unsere Kleidung, die gemütliche Couch usw. betrifft. Oder ob es wie in diesem Fall um unsere Gesundheit, unser Aussehen, unsere Fitness geht. So gibt es hier, öffnet man z.B. einmal eine Internetseite zum Thema Nahrungsergänzungsmittel, eine unübersehbare Vielzahl an Produkten, die farbenfroh präsentiert werden. Selbst wenn nur nach einem bestimmten Mittel wie Eiweiß für den Muskelaufbau gesucht wird, wird eine ganze Palette verschiedener Mittel z.B. Vitamine, Eisen, Magnesium angeboten und genauso ergeht es uns in Drogeriemärkten. Wie ich schon zu Beginn gesagt habe, hat mich das Thema insgesamt interessiert, da ich selbst Kraftsport betreibe. Ich hatte zu dem Zeitpunkt allerdings nur den Hauch einer Ahnung, wie weit die Beschäftigung des Themas über "Proteine" hinausgehen würde. Meine folgenden Ausführungen beziehen sich zunächst allgemein auf die NEM, die für Sportler angeboten werden. NEMs sind in den verschiedensten Varianten (und zu den unterschiedlichsten Preisen) auf dem Markt. Sie versprechen im Allgemeinem Fitness, den Sportlern aber im Besonderen neben Muskelaufbau mehr Kondition oder Ausdauer. 11 Thema 18 Die diversen Mittel lassen sich unterteilen in Energie-, Kohlenhydrat- und Proteinkonzentrate, sowie spezifische Getränke für Sportler (in den verschiedensten Geschmackssorten, Formen und Farben), Nährstoffpräparate und Leistungsförderer. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL hat folgende Tabelle veröffentlicht: Täglicher Nährstoffbedarf nach Fitnesstyp in % Freizeitsportler Ausdauersportler Kraftsportler Kohlenhydrate 50-55 60 55 Fette 25-30 bis 35 bis 35 Eiweiße 10 10-15 bis 20 Kohlenhydrateauch Energiekonzentrate "Weight gainer" genannt, werden meist als Riegel oder in Pulverform angeboten. Da sie extrem energiereich sind ist es nur sinnvoll sie zu sich zu nehmen, wenn der Energiebedarf sehr groß ist und er sich über normale Ernährung nicht decken lässt. Sie enthalten fast ausschließlich Kohlenhydrate, sind schnell für den Körper verfügbar, wenn sie nicht zu viele Fette enthalten und können die Energiespeicher des Körpers wieder auffüllen. Als Zielgruppen gelten Extremsportler wie Bergsteiger, Langläufer oder auch Triathleten. 12 Thema 18 Proteinkonzentrate gibt es ebenfalls als Pulver, oder Riegel sowie in Getränken gelöst und in den verschiedensten Geschmacksrichtungen. Besonders für den schnellen Muskelaufbau sollen sie wirksam sein. Tatsächlich verbrauchen Kraftsportler mehr Eiweiß, als Menschen, die ihre Muskelmasse nur erhalten wollen. Aber auch Ausdauersportler haben einen erhöhten Eiweißbedarf, den sie aber über die normale Ernährung durchaus ausgleichen können. Die Qualität der Proteine wird über die Biologische Wertigkeit errechnet. Diese bestimmt wie gut das Eiweiß vom Körper verstoffwechselt werden kann. Je höher diese ist, desto besser kann das Protein in ein körpereigenes Protein integriert werden. Die biologische Wertigkeit beinhaltet das Erreichen eines Stickstoffgleichgewichtes im Magen des Menschen nach Aufnahme des Proteins. Sie errechnet sich aus der Menge des Stickstoffes in der Nahrung geteilt durch die Stickstoffzunahme im Körper mal 100. Stickstoff in der Nahrung x 100 Stickstoffzunahme Für den Muskelaufbau werden Eiweiße aus tierischen und pflanzlichen Stoffen gewonnen. Am häufigsten werden Milch, Molke, Hühnerei und Soja verwendet, unter anderen auch Hanfprotein, das von besonders hoher Qualität sein soll. Es wird also versucht für die verschiedenen Konsumentengruppen Produkte auf dem Markt anzusiedeln. Das am häufigsten vorkommende Eiweißpulver besteht aus Molke und wird unter dem Namen „Wheyprotein“ vermarktet. Molke ist ein Produkt, das bei der Verarbeitung von Milch zu Käse anfällt. Um aus der Molke Eiweißpulver zu erhalten wird sie denaturiert, in diesem Falle stark erhitzt und dann getrocknet bzw. 13 Thema 18 gefriergetrocknet. Proteine können durch Hitze oder Säure denaturiert werden. Da Molke – Eiweiß aus Milch gewonnen wird ist es ein tierisches Eiweiß, so für eine vegane Ernährung ungeeignet. Molke – Eiweiß ist daher so beliebt, da es eine besonders hohe biologische Wertigkeit hat. Ebenfalls eine hohe biologische Wertigkeit hat das Hanfprotein, wodurch es sehr verdaulich und effektiv wird. Hanfsamen (kleine Nüsse) bestehen zu 20 – 24 Prozent aus Protein, nämlich aus den zwei Proteinen Edestin und Albumin, welche alle essentiellen Aminosäuren beinhalten. Unter anderen die Aminosäuren Methionin und Cystein, die für die Zellentgiftung, das Wachstum und die Reparatur von Muskeln zuständig sind. Die Proteine Edestin und Albumin haben eine sehr ähnliche Molekularstruktur wie menschliche Proteine, weshalb sie besonders gut verwertbar sind. So können sie schnell in die Immunglobuline des Immunsystems umgewandelt werden. Da Hanf ein rein pflanzliches Produkt ist, bietet es sowohl für Vegetarier als auch für Veganer eine Nahrungsergänzungsmittelquelle. Das Milchprotein ist das Casein und hat eine lange Resorptionszeit. Die Resorptionszeit bestimmt, wie lange ein Stoff braucht, um in die Blutlaufbahn des Körpers und von dort in die Muskeln zu gelangen. Es ist gefragt, da man so die regelmäßige Eiweißzufuhr auch über Nacht vorab durchführen kann. Das Ei – Proteinpulver wird aus Hühnerei hergestellt, es enthält keine Lactose und bewirkt weniger Wassereinlagerungen, hat aber eine niedrigere biologische Wertigkeit als z.B. das Molke Protein. Soja – Proteinpulver entstammt der Sojabohne. Es enthält wie auch das Hanfprotein alle essentiellen Aminosäuren und bietet eine gute Alternative für Allergiker (Lactose – Intoleranz), Vegetarier und Veganer. Zudem hat es einen niedrigen Cholesteringehalt. Einen Nachteil bildet jedoch ein Östrogen ähnlicher Stoff, der bei 14 Thema 18 Männern (Testosteron senkend), sowie Frauen störend auf das Hormongleichgewicht wirken kann. Als weitere, natürliche Alternative bietet sich der Samen der Lupine an. Die Lupine ist eine Bohnen – und Erbsen ähnliche Pflanze und wächst auch in Deutschland. Bereits die Ägypter wussten um ihre Reichhaltigkeit, aber auch um die bitteren und schlecht verdaulichen Inhaltsstoffe: die Alkaloide, die von Züchtern heute aber größtenteils herausgezüchtet wurden. Diese Lupinen tragen den Namen „Süßlupinen“. Der Samen der Süßlupinen enthält ca. 40% Eiweiß, in denen alle essentiellen Aminosäuren vorkommen. Zudem ist er reich an Mineralien, Ballaststoffen und enthält die Vitamine A und B1. Seit Januar 2016 ist der völlig neu entwickelte Proteinriegel „Insanic“ auf dem Markt. Der „Insanic“ Proteinriegel wird aus Grillen hergestellt. (Die Entwickler stechen aus den konventionellen Herstellern heraus, da sie großen Wert auf Nachhaltigkeit in der Produktion als auch der Verpackung achten. Verpackt wird der Insanic Riegel in einer kompostierbaren Plastikfolie.) An dieser Stelle ist auch zu erwähnen, dass die herkömmlichen Proteinpulver, Riegel und Getränke durch die Denaturierung ihren Geschmack verlieren, weswegen sie mit Aromen, Geschmacksverstärkern und Farbstoffen versehen werden, die üblicherweise auch synthetisch hergestellt werden. 15 Thema 18 Exkurs: Definition und Gegenüberstellung gesetzliche von Vorgaben Arznei – eine – und Nahrungsergänzungsmitteln Ich begab mich auf die Suche und fand wider Erwarten eine ganze Menge Auflagen, die die Hersteller von Nems erfüllen müssen: Nahrungsergänzungsmittel werden definiert als Lebensmittel und haben daher schon einen anderen Charakter als Arzneimittel. Regelungen für die Produktgruppe finden sich im EU-Recht in der Richtlinie 2002/46EG. Hierauf basiert die Nahrungsmittelverordnung -Nem V-, Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel vom 24.05.2004, in der insbesondere die erlaubten Vitamine und Mineralstoffe (Anhang 1) geregelt sind. (Die verschiedenen Nationen haben unterschiedliche Regelungen.) (Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz; www.juris.de ) Demnach wird ein Nahrungsergänzungsmittel definiert als „ein Lebensmittel, das dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen, ein Konzentrat von ernährungsspezifischer Nährstoffen oder oder physiologischer sonstigen Wirkung Stoffen allein oder mit in Zusammenhang darstellt und in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen, Brausetabletten und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeutel, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen in den Verkehr gebracht wird.“ 16 Thema 18 Neben Vitaminen und Mineralien sind ausschließlich lebensmittelspezifische Rohstoffe gemäß des Lebensmittel- und Futtergesetzbuches (LFDB) und der NovelFood-Verordnung zugelassen. (Exkurs:Definition Novel-Food, s.u.) In Deutschland typische Inhaltsstoffe sind Mineralstoffe, Vitamine, Antioxidantien, Coenzym Q10, Kreatin, L-Carnitin, Inositol, Cholin u.a. Bestimmte andere Stoffe wurden in den Folgejahren aus der Liste entfernt. Es scheint also Anpassungen zu geben! In anderen Ländern wie z.B. den USA sind viele Produkte als Nahrungsergänzungsmittel frei auf dem Markt erhältlich, die in Deutschland unter das Arzneimittelrecht fallen. Was macht nunmehr den Unterschied von Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln in Deutschland aus? Arzneimittel sind per Definition dazu bestimmt, Krankheiten, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern etc und den Zustand, die Funktion des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen. Ihre Inhaltsstoffe sind pharmakologisch wirksam. Sie unterliegen den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und unterliegen der Zulassungspflicht durch das Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder der Genehmigung durch Dienststellen der EU, wobei Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nachgewiesen werden müssen. Daneben müssen im sogenannten Beipackzettel Informationen zum Gebrauch und eventuelle Nebenwirkungen aufgezeigt werden. 17 Thema 18 Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel und unterliegen den oben zitierten Bestimmungen. Es gibt für sie jedoch keine Zulassungspflicht, die ihre Unbedenklichkeit hinterfragt. Denn selbstverständlich ist der Erhalt von Gesundheit, auch mittels Sport, Bewegung, die viele in ihrem Alltag nicht mehr haben, von immenser Bedeutung für die Gesunderhaltung. Die Hersteller haben allerdings verschiedene Auflagen zu erfüllen: Angabe einer empfohlenen Tagesportion mit dem Hinweis darauf, das diese Menge nicht überschritten werden darf sämtliche Nährstoffe müssen aufgeführt werden und sie müssen darauf hinweisen, dass Nahrungsergänzungsmittel kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung sind. Werbung darf nicht mit krankheitsbezogenen Aussagen gemacht werden, allerdings sind ggf. Aussagen -nach Überprüfung – erlaubt, die auf die Verringerung eines Krankheitsrisikos hinweisen. Nahrungsergänzungsmittel besitzen keine therapeutische Wirkung und ebenso wenig lässt sich aus der Tatsache, dass sie auf dem Markt sind schließen, dass sie ein besonders wertvolles Lebensmittel sind. Interessant ist auch die Feststellung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), für gesunde Personen, die sich normal ernähren, Nahrungsergänzungsmittel überflüssig seien….eine zusätzliche Zufuhr einzelner Nährstoffe nicht nötig. Nur in seltenen Fällen sei eine Ergänzung sinnvoll. (Quelle: http://www.bfr.bund.de/cd/945) 18 Thema 18 Exkurs: Definition Novel-Food "Unter den Begriff Novel-Food fallen Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die vor dem Stichtag 15.Mai 1997 (Tag des Inkrafttretens der Novel-Food-Verordnung) in der Europäischen Gemeinschaft noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Novel - Food - Gruppen Zu Novel - Food zählen Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur die aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen bestehen oder aus diesen isoliert wurden die aus Pflanzen bestehen oder isoliert worden sind und aus Tieren isolierte Lebensmittelzutaten, ausgenommen Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die mit herkömmlichen Vermehrungs- oder Zuchtmethoden gewonnen wurden und die erfahrungsgemäß als unbedenkliche Lebensmittel gelten können bei deren Herstellung ein nicht übliches Verfahren angewandt worden ist, welches bedeutende Änderungen ihrer Struktur oder Zusammensetzung bewirkt " https://www.thueringen.de/imperia/md/content/tllv/vortraegeveranstaltungen/08 -fr._glaeser_-_novelfood.pdf 19 Thema 18 Abschließende Überlegungen Der Großteil dieser Hausarbeit beschäftigt sich mit den natürlichen Proteinen, ihrem Aufbau sowie den Bereichen der Forschung für die sie von zentraler Bedeutung sind. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sind – wie beschrieben – die Voraussetzung für die Syntheseprodukte , "künstliche Proteine". Hieran war ich ja interessiert. Im Verlauf der Arbeit musste ich jedoch erkennen, dass "künstliche Proteine" im Kontext Sport, Fitness, Wellness nicht denkbar sind ohne den Gesamtzusammenhang von vielerlei Nahrungsergänzungsmitteln. Ich bewegte mich also auf zwei völlig verschiedenen Ebenen bei der Untersuchung derselben Sache : Protein, Eiweißstoffe. Einerseits war da die Wissenschaft Chemie, die biochemische Forschung mit ihren spezifischen Fragestellungen und Arbeitsergebnissen, die wesentlich im Gesundheitswesen sind: Arzneimittel, moderne Behandlungsmethoden etc. Andererseits stellte sich zunehmend die Frage nach der Unterscheidung, wo genau die Grenze zwischen Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel liegt? Daher war es auch notwendig eine Auskunft zu finden, die die gesetzlichen Voraussetzungen beider Aspekte aufzeigte. Ich habe oben Beispiele aufgeführt für die Arbeit mit Proteinen, einerseits die Herstellung von Produkten, wie z.B. dem Insulin und die wichtigen Forschungen im Bereich der Biochemie, synthese, - ingeneering vorgestellt. Sie haben mit Heilung, Zukunft und Lebensqualität zu tun Dem gegenüber, so das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), ist für gesunde Personen, die sich normal ernähren, eine zusätzliche Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln überflüssig….eine Zufuhr einzelner Nährstoffe nicht nötig. Nur in seltenen Fällen sei eine Ergänzung sinnvoll. 20 Thema 18 (Quelle: http://www.bfr.bund.de/cd/945) Andererseits schauen wir auf einen heute nicht unwesentlichen Teil unserer Lebensumwelt, den ich charakterisieren möchte: BUNT – So zeigen sich die oben angesprochenen Internetpräsentationen ebenso wie die Regale in Studios oder auch in Drogeriemärkten. Und ja, lebendig begegnet sie uns auch in Form der scheinbar dazugehörigen Kleidung, eine "Synthese für den Markt". Offensichtlich hat dieser Markt aber auch seine Bedeutung, wenn auch eher im sozio-psychologischen Bereich. Denn selbstverständlich ist der Erhalt von Gesundheit, auch mittels Spaß, Sport, Bewegung, die viele Menschen in ihrem Alltag nicht mehr haben, von immenser Bedeutung für die Gesunderhaltung. Hier ist ein in sich geschlossenes System sozusagen ein paralleles Gesundheitssystem entwickelt, aus dem sich jeder individuell bedienen kann, da die Mittel ja frei verkäuflich, ja gemäß Definition Lebensmittel sind. Dabei bin ich mir keineswegs sicher, ob die Konsumenten tatsächlich wissen, was sie bei der Einnahme der Produkte ihrem Körper wirklich zuführen und welche Kombinationen gut und angemessen sind oder eben nicht gut sind. Durch die schriftliche Ausarbeitung des Referats bin ich zu dem Schluss gekommen, nicht auf künstliche Proteine zurückzugreifen, vielmehr werde und habe ich bereits meine Ernährung verändert. Nach dem Training nehme ich nun einfach mehr proteinhaltige Nahrungsmittel zu mir (Kartoffeln, Quark, Hülsenfrüchte...) Zu hinterfragen bleibt m.E. ob man, wie ich ja herausfinden konnte, den Herstellern der Nahrungsergänzungsmittel sowohl auf nationaler wie auch europäischer Ebene die Verantwortung zur Selbstkontrolle überlassen sollte. Es gibt hier scheinbar auch unterschiedliche Bewertungen in den verschiedenen europäischen Staaten. In Holland beispielsweise sind Arzneimittel wie Aspirin oder Ibuprofen, im selben Regal wie Nahrungsergänzungsmittel in Drogeriemärkten „Kruidvat“ rezeptfrei erhältlich. Diesen Aspekt gilt es weiterführend zu überprüfen! 21 Thema 18 Literaturnachweis • Epochenheft Chemie 12. und 13. Klasse • www.aminosäuren.org/biologische-wertigkeit-erklaert www.onmeda.de/naehrstoffe/eiweiss-biologische-wertigkeit https:/wikipedia.org/wiki/Biologische_Wertigkeit https://de.wikipedia.org/wiki/Protein https://de.wikipedia.org/wiki/Proteinbiosynthese https://de.wikipedia.org/wiki/Proteinstruktur https://de.wikipedia.org/wiki/Eiwei%C3%9Fpulver https://de.wikipedia.org/wiki/Nahrungsergänzungsmittel http://www.medizininfo.de/ernaehrung/eiweiss.htm http://q-more.chemie.de/q-more-artikel/121/gesundes-fett-im-fisch.html http://www.muskelaufbaumittel.net/sojaeiweiss-wahrheit-irrtum/# http://www.netdoktor.de/Service/ICD-Diagnose/E72-Sonstige-Stoerungen-desA-40397.html http://www.uni-protokolle.de/foren/viewt/218152,0.html? sid=70d06ed20bdea308c1d394d51cc40b97 http://www.netdoktor.de/GesundLeben/Sport+Fitness/Ernaehrung/Nahrungsergaenzung-fuer-Sportl-9722.html https://www.size-zero.de/blog/proteinshakes-pure-chemie-oder-wertvoll-fuerdiefettver http://www.internetchemie.info/news/2010/oct10/künstliche-proteine http://futurezone.at/science/kuenstliche-proteine-versprechen-neuechmie/118.826.265 https://www.it-recht-kanzlei.de/Thema/nahrungsergaenzungsmittelkennzeichnung-werbung.html http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/nemv/gesamt.pdf 22 Thema 18 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32002L0046 • http://www.guidobauersachs.de/oc/protein.html • http://www.bernd-leitenberger.de/aminosaeuren.shtml • https://www.dr-gumpert.de/html/protein.html • http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2010a/1011i/view • http://www.ernaehrung.de/lexikon/ernaehrung/b/Biologische-Wertigkeit.php • https://www.ugb.de/lebensmittel-zubereitung/lupine/ • http://www.chemieonline.de/forum/archive/index.php/t-192405.html • • https://www.uni-heidelberg.de/uni/presse/rc7/3.html www.Juris.de 23