LANDESUNTERSUCHUNGSANSTALT FÜR DAS GESUNDHEITSUND VETERINÄRWESEN Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 über erfasste übertragbare Krankheiten im Freistaat Sachsen Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Inhaltsverzeichnis Abkürzungen 4 1 Einleitung 5 2 Zu ausgewählten Infektionskrankheiten 6 2.1 Enteritis infectiosa 6 2.1.1 Clostridium difficile-Infektion 8 2.1.2 Norovirus-Infektion 9 2.1.3 Salmonellose 10 2.2 Shigellose 13 2.3 Typhus und Paratyphus 13 2.4 Meningitis / Enzephalitis 15 2.4.1 Bakteriell bedingte Meningitis / Enzephalitis 16 2.4.1.1 Meningokokkenmeningitis 16 2.4.1.2 Pneumokokkenmeningitis 17 2.4.1.3 Syphilitische Meningitis / Neurosyphilis 17 2.4.2 Virusbedingte Meningitis 18 2.4.2.1 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) 18 2.5 Impfpräventable Krankheiten (Auswahl) 19 2.5.1 Haemophilus influenzae, invasive Erkrankung 21 2.5.2 Masern 22 2.5.3 Meningokokken, invasive Erkrankung 23 2.5.4 Mumps 25 2.5.5 Pertussis 26 2.5.6 Pneumokokken, invasive Erkrankung 29 2.5.7 Windpocken 31 2.6 Reiseassoziierte Krankheiten (Auswahl) 31 2.6.1 Denguefieber 31 2.6.2 Malaria 32 2.6.3 Virales hämorrhagisches Fieber 34 2.6.3.1 Chikungunya-Fieber 34 2.7 Sexuell übertragbare Krankheiten (Auswahl) 35 2.7.1 Gonorrhoe (Tripper) 36 2.7.2 Lues (Syphilis) 36 2 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.7.2.1 Konnatale Lues 37 2.7.3 Infektion durch Chlamydia trachomatis und Mycoplasma hominis 38 2.7.4 Infektion durch Streptokokken der Gruppe B (S. agalactiae) 39 2.8 Weitere ausgewählte Erkrankungen 40 2.8.1 Borreliose 40 2.8.2 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit 41 2.8.3 Echinokokkose 42 2.8.4 Gasbrand 43 2.8.5 Influenza 43 2.8.6.1 Neue Influenza A/H1N1 43 2.8.6 Legionellose 45 2.8.7 Leptospirose 46 2.8.8 Listeriose 47 2.8.8.1 Konnatale Listeriose 48 2.8.9 MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) invasive Erkrankung 49 2.8.10 Ornithose 50 2.8.11 Trichinellose 51 2.8.12 Tuberkulose 51 2.8.13 Virushepatitis 54 2.8.13.1 Virushepatitis A 54 2.8.13.2 Virushepatitis B 55 2.8.13.3 Virushepatitis C 56 2.8.13.4 Virushepatitis D 57 2.8.13.5 Virushepatitis E 58 3 Übersicht über erfasste meldepflichtige Infektionskrankheiten im 4 Freistaat Sachsen 59 Literaturhinweise, Quellenverzeichnisse 61 3 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Abkürzungen • A Ausscheider • CJK Creutzfeldt-Jakob-Krankheit • DB Direktionsbezirk • EHEC Enterohämorrhagische Escherichia coli • E Erkrankung(en) • EW Einwohner • FSME Frühsommer-Meningoenzephalitis • GBS Gruppe B-Streptokokken • HIV Humanes Immundefizienz-Virus • HUS Hämolytisch-urämisches Syndrom • HSE Humane Spongiforme Enzephalopathien • IfSG Infektionsschutzgesetz • IgG Immunglobulin G • IgM Immunglobulin M • KBE Koloniebildende Einheit • KBR Komplementbindungsreaktion • LK Landkreis • LT Lysotyp • MMR-Impfung Mumps-Masern-Röteln-Impfung • NRZ Nationales Referenzzentrum • ÖGD Öffentlicher Gesundheitsdienst • PCR Polymerase change reaction • RKI Robert-Koch-Institut • SIKO Sächsische Impfkommission • SK Stadtkreis • spp. Spezies (pl.) • STIKO Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut • SurvStat@RKI Software zur Auswertung von Meldedaten, die das RKI der Fachöffentlichkeit online im Internet zur Verfügung stellt • T Tod(esfall) • TSS Toxisches Schocksyndrom • WHO World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation) 4 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 1 Einleitung Der vorliegende Bericht soll einen umfassenden Überblick über das Infektionsgeschehen im Freistaat Sachsen im Jahr 2009 vermitteln. Hiermit erfolgt eine abschließende Bewertung der im Berichtsjahr 2009 von den Gesundheitsämtern an das Fachgebiet Infektionsepidemiologie übermittelten Daten. Einen Schwerpunkt bilden die Auswertung und der Vergleich der Daten des Freistaates Sachsen mit den für Deutschland erfassten Zahlen. Dies geschieht sowohl in tabellarischer, grafischer wie auch in textlicher Form. Als Grundlage für die Angaben der Bundesdaten diente das Infektionsepidemiologische Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2009 des Robert Koch-Instituts Berlin. Diese umfassende Auswertung zeigt die Notwendigkeit der Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in der Prävention sowie bei der Bekämpfung von einzelnen Infektionskrankheiten und Ausbrüchen. Sie bildet die Grundlage für die Erstellung von Merkblättern, Impfempfehlungen, wissenschaftlichen Studien und Veröffentlichungen u. ä. Weiterhin dient sie als Arbeitsgrundlage für verschiedene Arbeitsgremien und -gruppen, die sich mit dem Thema Infektionsschutz befassen. Nicht zuletzt soll sie Ärzte, medizinisches Personal, Mitarbeiter im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) sowie sonstige Interessierte über das derzeitige Vorkommen und die Entwicklung der wichtigsten übertragbaren Krankheiten aufklären. An dieser Stelle danken wir allen Ärztinnen und Ärzten, Laboratorien und Krankenhäusern, die durch die Erfüllung Ihrer Meldepflicht aktiv zur Überwachung des Infektionsgeschehens beigetragen haben. Ebenso danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den sächsischen Gesundheitsämtern, die uns auch im vergangenen Berichtsjahr mit Fachkompetenz und oftmals aufwändiger Recherche unterstützt haben und freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit. 5 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2 Zu ausgewählten Infektionskrankheiten 2.1 Enteritis infectiosa Unter diesem Sammelbegriff werden alle infektiösen Darmerkrankungen zusammengefasst. Enteritis infectiosa wird meist durch Nahrungsmittel tierischen Ursprungs (bakterielle Erreger, Parasiten), oder Kontaktinfektionen (Viren) übertragen. Die deutliche Häufung von Erkrankungen in der warmen Jahreszeit betrifft alle bakteriellen Erreger, hingegen ist für virale Infektionen ein Herbst/Wintergipfel typisch. Infektiöse Gastroenteritiden sind seit langem die mit Abstand am häufigsten vorkommenden Infektionskrankheiten und nehmen ständig zu. Jahr 2009 Erkrankungen Inzidenz Norovirus 21.173 501,7 Rotavirus 8.016 Campylobacter Jahr 2008 Erkrankungen Inzidenz 46,3 21.512 506,2 41,4 189,9 17,5 11.296 265,8 21,7 4.905 116,2 10,7 5.666 133,3 10,9 C. difficile 3.499 82,9 7,7 3.422 80,5 6,6 Adenovirus 2.658 63,0 5,8 3.592 84,5 6,9 Salmonella spp. 2.146 50,9 4,7 3.174 74,7 6,1 Astrovirus 1.108 26,3 2,4 961 22,6 1,9 E. coli 859 20,4 1,9 883 20,8 1,7 Yersinia 541 12,8 1,2 630 14,8 1,2 Giardia lamblia 257 6,1 <1 346 8,1 <1 Cryptosporidium 149 3,5 <1 169 4,0 <1 EHEC 73 1,7 <1 110 2,6 <1 E. histolytica 32 0,8 <1 68 1,6 <1 266 6,3 <1 115 2,7 <1 Bacillus cereus 165 3,9 <1 35 0,8 <1 C. perfringens 14 0,3 <1 1 0,0 <1 Aeromonas 7 0,2 <1 22 0,5 <1 S. aureus 5 0,1 <1 8 0,2 <1 6 0,1 <1 51.944 1.222,3 100 Erreger übrige Erreger % Anteil sonstige Insgesamt Tabelle 1: 45.682 100 1.082,5 % Anteil Gemeldete infektiöse Durchfallerkrankungen nach Erregern sowie ihr Anteil am Gesamtvorkommen im Freistaat Sachsen. Jahresvergleich 2009 und 2008 Zur Übermittlung kamen insgesamt 45.682 Erkrankungsfälle mit 375 Ausscheidern und 4 Todesfällen (3-mal Clostridium difficile, 1-mal Noroviren). Die Inzidenz lag bei 1.081 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und damit um 12 % unter der des Vorjahres mit 1.221 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Dieser Rückgang beruht auf einem Absinken der Erkrankungszahlen bei fast allen Erregern. Lediglich bei den Infektionen durch Clostridium difficile sowie durch Astroviren waren Anstiege zu verzeichnen. 6 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 75 % aller infektiösen Gastroenteritiden im Jahr 2009 waren viralen Ursprunges; gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 3 %. Im Berichtsjahr wurde ein leichter Rückgang der Norovirusinfektionen von rund 2 % gegenüber 2008 verzeichnet. Dennoch hatten diese noch immer einen Anteil von 46 % am Gesamtvorkommen der Enteritis infectiosa und nahmen somit deutlich den ersten Platz ein (siehe Kapitel 2.1.2). Auf dem zweiten Rang lagen, wie auch schon in den letzen Jahren, die Rotavirusinfektionen mit einer Inzidenz von 190 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Absolut kamen 8.016 Erkrankungen und 14 Ausscheider zur Meldung. Dies bedeutete einen Rückgang um 29 % gegenüber dem Vorjahr. Über Todesfälle wurde nicht berichtet. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) hat ab Januar 2008 ihre öffentlichen Impfempfehlungen um die Rotavirus-Schluckimpfung für alle Säuglinge im ersten Lebenshalbjahr erweitert. Durch eine rechtzeitige Impfung können schwere Rotavirus-Gastroenteritiden bei Säuglingen und Kleinkindern vermieden werden. Geimpft werden kann ab der vollendeten 6. und je nach Impfstoff bis zur vollendeten 26. Lebenswoche. Ob die erwähnte neu eingeführte Impfung bereits Auswirkungen auf das Vorkommen der Rotavirosen bei Säuglingen und Kleinkindern hatte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Entwicklung der Erkrankungszahlen der nächsten Jahre wird zeigen, ob hier ein konstant rückläufiger Trend einsetzt. Während 2009 die Campylobacterinfektionen deutschlandweit um 3 % leicht rückläufig waren (76,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), sank die Inzidenz in Sachsen deutlich um rund 13 % gegenüber dem Vorjahr auf 116 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (4.905 Erkrankungen sowie 29 Ausscheider). Sie lag damit an 3. Stelle der Erreger der Enteritis infectiosa, nahm jedoch den ersten Rang unter den bakteriellen Erreger ein. Laut WHO gilt der Campylobacter als weltweit häufigster bakterieller Enteritis-Erreger. Schon eine relativ geringe Infektionsdosis kann zur Erkrankung führen. Neben der Infektion (erfolgt fäkal-oral) über Trink- und Badewasser, Rohmilch und Geflügel ist auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich. Auf die Infektionen durch Clostridium difficile, dem zweithäufigsten bakteriellen Erreger der Enteritis infectiosa wird unter Punkt 2.1.1 näher eingegangen. Eine deutliche Zunahme (+15 %) der Erkrankungszahlen gegenüber dem Vorjahr konnte bei den Astrovirusinfektionen beobachtet werden. Die im Berichtsjahr erfasste Inzidenz der Salmonella spp. lag bei 50,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (absolut 2.146 Erkrankungen und 159 Ausscheider). Es wurden keine Todesfälle gemeldet. (siehe unter 2.1.3 Salmonellen-Infektionen). Infektionen durch Escherichia coli wurden in 1,9 % als Erreger infektiöser Durchfälle gemeldet. Das entsprach einer absoluten Erkrankungszahl von 859 (20,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) und somit einer nur leichten Abnahme gegenüber dem Vorjahr um rund 3 %. Besonders deutlich war der Rückgang bei den Infektionen durch EHEC (enterohämorrhagische E. coli. Es wurden mit 73 Erkrankungen rund 34 % weniger erfasst als im Jahr 2008 (110 E). Weiterhin kamen 25 Ausscheider zur Meldung. EHEC sind E. coli Stämme, die so genannte Shigatoxine bilden und schwere blutige Durchfälle auslösen können. Die höchste Neuerkrankungsrate wurde bei den Kindern im Alter zwischen 1 und 5 Jahren registriert. Hier erkrankten 39,2 Patienten pro 100.000 der Altersgruppe. Dies entsprach einer Absolutzahl von 51 Erkrankungen. An zweiter Stelle rangierten die Säuglinge unter einem Jahr mit einer Inzidenz von 11,8 Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe (absolut 4 Erkrankungen). Insgesamt wurden 4 Erkrankungshäufungen erfasst. Auf eine soll an dieser Stelle näher eingegangen werden: 7 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 ¾ Im Krippenbereich einer Kindertagesstätte erkrankte ein einjähriger Junge mit Fieber und leichtem Durchfall. Die Stuhluntersuchung erbrachte den Nachweis von EHEC (bisher kein Coli-Typ) sowie Shigatoxin I und II. Durch eingeleitete Umgebungsuntersuchungen in der Einrichtung wurde eine weitere Erkrankung, ebenfalls bei einem Einjährigen, ermittelt (O 26, Stx I und II). Dessen Bruder (6 Jahre) sowie sein Vater wurden als Ausscheider (Coli ohne Typ, Stx II) erfasst. Die Untersuchungen des Betreuungspersonals verliefen mit negativen Ergebnissen. Als lebensbedrohliche Komplikation einer EHEC-Infektion kann das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) auftreten. Im aktuellen Berichtsjahr wurden 3 Fälle übermittelt. Betroffen waren Kinder im Alter zwischen 1 und 5 Jahren mit teils schweren Krankheitsverläufen. Die Yersinia-Infektionen gingen 2009 wieder leicht zurück (- 14 %). Mit 541 Erkrankungen (12,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) waren sie für lediglich 1,2 % der infektiösen Durchfallerkrankungen verantwortlich. 2.1.1 Clostridium difficile-Infektion Clostridium difficile ist ein anaerob wachsendes, sporenbildendes Stäbchenbakterium, welches überall in der Umwelt vorkommt. Bei Menschen und Tieren ist der Erreger häufig im Magen-Darm-Trakt zu finden. Kommt es nun zu einer Störung des mikrobiologischen Gleichgewichts (z. B. durch Antibiotikatherapie oder einen darmchirurgischen Eingriff) kann hieraus eine starke Vermehrung von C. difficile resultieren. Die durch den Keim produzierten Toxine können zu schweren Darmentzündungen führen. Die Symptomatik reicht von leicht verlaufenden Abb. 1: Clostridium difficile Durchfallerkrankungen bis hin zu schwersten Verläufen (toxisches Megakolon, pseudomembranöse Kolitis). In den letzten Jahren wurde weltweit nicht nur über einen Inzidenzanstieg der C. difficile-Infektionen sondern auch über eine Zunahme der Schwere der Erkrankungen berichtet. Anstelle einer Falldefinition werden bundesweit die Meldekriterien für die Einordnung des Falls als Grundlage zur Einordnung herangezogen. Erfasst werden am RKI nur die schweren Verläufe einer Clostridium difficile-Infektion nach § 6 Abs. 1, Nr. 5a IfSG (Arztmeldung). Für Deutschland kamen somit 406 Fälle (0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), die mindestens eines der Meldekriterien erfüllten zur Meldung, was einer geringen Abnahme gegenüber 2008 (n = 427) entsprach. Über die Hälfte der im Berichtszeitraum registrierten Patienten (220) verstarben an den Folgen der Infektion. Der hohe Anteil an Todesfällen lässt darauf schließen, dass eine beträchtliche Zahl von schwer verlaufenden Fällen ohne Todesfolge nicht zur Meldung gekommen ist. Im Freistaat Sachsen wird gemäß Landesverordnung jeder Erkrankungsfall von Clostridium difficile an die zuständige Landesbehörde übermittelt. Ein direkter Vergleich mit den auf Bundesebene erfassten Infektionen ist demnach leider nicht möglich. Die Zahl der im Jahr 2009 in Sachsen registrierten Erkrankungen durch Clostridium difficile stieg gegenüber 2008 leicht an. Es kamen 3.499 Infektionen zur Meldung, was einer Inzidenz von 83 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Der größte Anteil (71 %) konnte den über 65Jährigen zugeordnet werden. 3 Patienten starben an den Folgen ihrer Infektionen: 8 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 ¾ Ein 46-Jähriger wurde mit wässrigem Durchfall hospitalisiert und verstarb drei Tage später an einer Enterokolitis. Der Patient war aufgrund einer Herzinsuffizienz und Diabetes stark vorgeschädigt. In einer Stuhlprobe gelang der Nachweis von Clostridium difficileToxin A/B. ¾ Ein 85-Jähriger erkrankte mit Bauchkrämpfen und musste daraufhin stationär aufgenommen werden. Der Patient verstarb drei Tage später. Aus Stuhl konnte Clostridium difficile-Toxin nachgewiesen werden. Über eine bereits bestehende Vorerkrankung des Mannes wurde nichts bekannt. ¾ Bei einem 78-jährigen Mann, welcher an einer Gastroenteritis erkrankt war, wurde aus Stuhl C. difficile nachgewiesen. Nach der eingeleiteten Antibiotikatherapie kam es kurze Zeit später zur Ausprägung einer Sepsis. Der Patient verstarb unter dem klinischen Bild eines septischen Schocks. 2.1.2 Norovirus-Infektion Noroviren werden der Gruppe der Caliciviren zugeordnet. Sie kommen weltweit vor und sind die Ursache für einen Großteil der virusbedingten Magen-Darm-Erkrankungen bei Kindern und Erwachsenen. Die Übertragung erfolgt meist fäkal-oral oder durch die orale Aufnahme virushaltiger Tröpfchen. Es kommt dann in den meisten Fällen zu schwallartigem Erbrechen, teils auch mit Durchfall einhergehend. Ein gehäuftes Auftreten ist vor allem in den Wintermonaten zu beobachten. Abb. 2: Norovirus Im September 2009 wurden die bestehenden Übermittlungskriterien für Norovirus-Infektionen geändert. Alle labordiagnostisch bestätigten Erkrankungen waren wie bisher als Einzelfälle zu übermitteln. Die klinisch-epidemiologischen Fälle im Rahmen von Häufungen wurden in Form einer aggregierten Meldung zusammengefasst. Dies sollte in Zeiten einer hohen Norovirusaktivität zu einer Entlastung der Mitarbeiter der Gesundheitsämter führen, da nun nicht mehr jeder Fall einzeln in das elektronische Meldesystem einzupflegen war. Diese vom RKI initiierte Vorgehensweise wurde von den meisten Gesundheitsämtern Sachsens gut angenommen. Später zeigte sich jedoch, dass mit diesen Daten eine altersspezifische Auswertung (seitens des RKI) nun nicht mehr möglich war. Diese aggregierten Zahlen gingen deshalb nicht in die bundesweite Jahresstatistik ein; es wurden nur die labordiagnostisch-bestätigten Erkrankungen berücksichtigt. Auch im Statistischen Jahrbuch des RKI findet sich kein Hinweis auf die Zahl der im Rahmen der aggregierten Meldungen im Berichtsjahr 2009 erfassten Infektionen. Es kamen nach diesen Kriterien deutschlandweit 110.846 labordiagnostisch bestätigte Norovirus-Erkrankungen zur Meldung (135 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Die wahre Fallzahl der 2009 aufgetretenen Norovirusinfektionen wird somit deutlich unterschätzt. Es wurde jedoch von einer hohen Norovirusaktivität ausgegangen. Insgesamt kamen in ganz Deutschland 30 Todesfälle bedingt durch eine Norovirusinfektion zur Meldung. Im Freistaat Sachsen wurde im Berichtsjahr 2009 ein leichter Rückgang der Norovirusinfektionen um rund 2 % gegenüber 2008 verzeichnet. Es kamen insgesamt 21.173 Erkrankungen und 60 Ausscheider zur Meldung. Dies bedeutete eine Inzidenz von 502 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Im Rahmen der aggregierten Meldung wurden im Freistaat Sachsen 7.490 klinischepidemiologische Fälle erfasst. Diese sind in der Gesamtzahl (21.173) enthalten. 9 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Im Zusammenhang mit 409 Geschehen kamen im Freistaat Sachsen 9.271 Erkrankungen zur Meldung. Es wurde ein norovirusbedingter Todesfall registriert. Im Zusammenhang mit einem größeren Ausbruch in einem Seniorenheim im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verstarb eine 94-jährigen Heimbewohnerin an den Folgen der Infektion. ¾ Erkrankungen 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1 14 27 2005 40 1 14 27 2006 40 1 14 27 40 1 Kalenderwoche 2007 14 27 2008 40 1 14 27 40 2009 Abb. 3: Noroviruserkrankungen in Sachsen 2005 bis 2009 (2009 mit aggregierten Daten) 2.1.1 Salmonellen-Infektion Salmonellen sind stäbchenförmige Bakterien. Weltweit sind derzeit etwa 2.200 Serovare bekannt. Die durch eine Salmonellen-Infektion verursachten Symptome sind vielfältig; meist Bauchschmerzen, Durchfall, Fieber und Erbrechen. Diese können leicht, unter Umständen aber auch sehr heftig ausgeprägt sein. Für Säuglinge und Kleinkinder, Schwangere, alte oder kranke Menschen sowie für immunsupprimierte Personen kann eine Salmonelleninfektion unter Umständen gefährlich sein. In einigen Fällen zeigen sich keine Krankheitssymptome, obwohl Salmonellen im Darm vorhanden sind und mit dem Stuhl ausgeschieden werden (symptomlose Ausscheider). Abb. 4: Salmonelle Deutschlandweit wurden im Jahr 2009 31.397 Salmonellen-Meldungen (38,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) registriert, die der Referenzdefinition des RKI entsprachen. Dies bedeutete, wie auch schon in den vergangenen Jahren, einen deutlichen Rückgang zum Vorjahr. Dieser fiel mit - 27 % sogar noch etwas höher aus als im Jahr 2008 (- 23 %). Es wurden 20 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Salmonellen-Infektion registriert. Laut dem Jahresbericht des RKI nahm im Vergleich zum Vorjahr die Inzidenz in allen Bundesländern ab. In den ostdeutschen Flächenbundesländern, in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz lag sie jedoch über dem bundesdeutschen Durchschnitt für 2009. In 95 % der Meldungen wurde mindestens ein Infektionsland angegeben. Bei 94 % der Nennungen wurde Deutschland aufgeführt. Die anderen Nennungen entfielen laut RKI auf die typischen Urlaubsländer wie die Türkei (1 %), Spanien (0,6 %) und Ägypten (0,4 %). 10 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 100 90 80 70 60 50 40 30 20 Deutschland Sachsen 10 0 2005 Abb. 5: 2006 2007 2008 2009 Salmonellenerkrankungen 2005 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Mit absolut 2.146 Erkrankungen und 159 Ausscheidern setzte sich, auch im Berichtsjahr 2009, der rückläufige Trend im Freistaat Sachsen fort. Die hieraus resultierende Neuerkrankungshäufigkeit von 51 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner lag somit um 32 % niedriger als die von 2008 (75 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Es kamen keine Todesfälle zur Meldung. 2009 konnte bei der Verteilung der im Jahresverlauf aufgetretenen Salmonella-Serovare eine Verschiebung registriert werden. Es dominierte nun der Serovar S. Typhimurium mit einem Anteil von rund 42 %. An zweiter Stelle lagen die Infektionen durch S. Enteritidis mit etwa 32 %. In den vergangenen Jahren war der Anteil S. Typhimurium stetig angestiegen, während S. Enteritidis kontinuierlich rückläufig war. An dritter Stelle mit rund 90 Infektionen lag (wie auch schon in den Vorjahren) der Serotyp S. Infantis. Die Anteile aller weiteren Salmonella-Serovare lagen unter 1 %. Insgesamt wurden 54 unterschiedliche Serotypen erfasst. In weiteren rund 200 Fällen wurde bis zur Serogruppe B typisiert und bei etwa 70 Infektionen bis zur Serogruppe C. Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 100 90 80 70 60 50 40 30 20 S. Enteritis 10 S. Typhimurium sonstige Erreger 0 2005 Abb. 6: 2006 2007 2008 2009 Verteilung der häufigsten Salmonellen-Serovare in Sachsen 2005 bis 2009 11 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Es wurden 16 zumeist kleinere salmonellenbedingte Erkrankungshäufungen erfasst. Mit 116 Erkrankungen sowie 36 Ausscheidern in diesem Zusammenhang wurden deutlich weniger Fälle registriert als im Vorjahr (2008 = 300 Erkrankungen und 3 Ausscheider), was einem Anteil von rund 7 % am Gesamtvorkommen der Salmonelleninfektionen entsprach (2008 = 9 %). Die 16 Geschehen waren verursacht durch 8-mal S. Enteritidis, 7-mal durch S. Typhimurium und einmal durch S. Kentucky. Drei der Geschehen konnten ursächlich aufgeklärt werden: Es gelang zweimal der Nachweis in angeschuldigten Lebensmitteln (jeweils einmal S. Enteritidis bzw. S. Typhimurium). Bei dem dritten Geschehen wurde bei 7 Angestellten einer Viehwirtschaft S. Typhimurium nachgewiesen, nachdem der positive Sektionsbefund einer Kuh aus deren Bestand vorlag. Auf den größten salmonellenbedingten Ausbruch im Jahr 2009 soll hier näher eingegangen werden: ¾ Anfang Mai kam es im Landkreis Görlitz zum gehäuften Auftreten von Erkrankungen an Salmonella Typhimurium in der Bevölkerung (darunter eine Jugendweihefeier). Die Ermittlungen ergaben, dass alle Personen verschiedene Fleisch- und Wurstwaren aus einer Fleischerei (viele Verkaufsstellen im Landkreis) bezogen und verzehrt hatten. Mittels Tupferproben wurde im Kutter- und Zerlegeraum des Lebensmittelbetriebes auch S. Typhimurium nachgewiesen. Lebensmitteluntersuchungen (Hackepeter, Pizzabratwurst, Wiener und Wurstaufschnitt) erbrachten ebenfalls den positiven Nachweis von S. Typhimurium, ebenso Stuhluntersuchungen bei Angestellten der Fleischerei und Filialen; 15 wurden als Ausscheider ermittelt. Bei Patienten und in Wurstwaren wurde der gleiche Lysotyp (DT 120) als Verursacher der Erkrankungen eindeutig identifiziert. Insgesamt konnten diesem Ausbruch 41 Erkrankungen und 18 Ausscheider zugeschrieben werden. Als Besonderheit soll an dieser Stelle auch eine heimtierassoziierte Salmonelleninfektion beschrieben werden: ¾ Im Landkreis Leipzig erkrankte ein vier Monate alter weiblicher Säugling zunächst mit leichtem Durchfall. Später verschlechterte sich der Allgemeinzustand des Mädchens (hohes Fieber, Erbrechen sowie erhöhte Schläfrigkeit), so dass eine Hospitalisierung mit Verdacht auf Meningitis erforderlich wurde. Die Laboruntersuchungen ergaben aus Liquor, Blut und Stuhl den Nachweis von Salmonella Eastbourne. Umgebungsuntersuchungen bei Familienangehörigen verliefen negativ. Parallel veranlasste Kotuntersuchungen bei den im Haushalt lebenden Tieren (zwei Bartagamen, ein Hund, eine Katze und ein Hase) ergaben ebenfalls den Nachweis von S. Abb. 7: Bartagame (Pogona vittceps) Eastbourne bei der Katze und bei beiden Bartagamen. Es ließ sich nicht eruieren, welches der Tiere der Indexfall war. Als Übertragungsvehikel wurde eine Katzenstreu-Schaufel, die ebenfalls zur Reinigung des Terrariums genutzt wurde, in Erwägung gezogen. Auf die durch S. Typhi und S. Paratyphi verursachten Erkrankungsbilder wird unter 2.3 Typhus und Paratyphus separat eingegangen. 12 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.2 Shigellose Die Shigellenruhr, oder auch Bakterienruhr genannt, ist eine durch gramnegative Bakterien verursachte Infektionskrankheit, die hauptsächlich den Dickdarm betrifft. Sie äußert sich in plötzlichem Fieber, Erbrechen (teilweise blutigen) Durchfällen, schmerzhaftem Stuhlgang und Gliederschmerzen. Die Shigellenruhr wird durch verunreinigte Lebensmittel oder Wasser übertragen. Da die Infektionsdosis sehr niedrig ist (bereits weniger als 200 Bakterien können eine Erkrankung auslösen), können Shigellen leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Abb. 8: Shigella 2009 kamen in Deutschland 617 Erkrankungen zur Meldung, was einem leichten Anstieg um 7 % im Vergleich zum Vorjahr (575 Erkrankungen) entsprach; die Neuerkrankungsrate lag somit bei 0,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Es kam ein Shigellose-Fall als krankheitsbedingt verstorben zur Meldung. Auf Sachsen entfielen 51 Ruhrerkrankungen. Die Inzidenz betrug 1,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und wies somit einen leichten Anstieg (+ 12 %) gegenüber 2008 auf. 44 Erkrankungen waren bedingt durch S. sonnei, fünf Erkrankungen durch S. flexneri und jeweils eine durch S. boydii bzw. S. dysenteriae. Als Infektionsquelle konnte in den meisten Fällen ein Auslandsaufenthalt angenommen werden. Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 121 2,8 1.151 1,4 2005 124 2,9 1.168 1,4 2006 85 2,0 814 1,0 2007 81 1,9 869 1,1 2008 41 1,0 575 0,7 2009 51 1,2 617 0,8 Tabelle 2: Shigellenruhr 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Die am häufigsten genannten Infektionsländer waren Ägypten (22 Erkrankungen), Indien und Marokko (jeweils 3 Erkrankungen). Es wurde über eine kleinere Häufung berichtet: ¾ Nach ihrer Rückkehr von einer Ägyptenurlaubsreise erkrankte eine vierköpfige Familie mit Durchfall, Erbrechen und Fieber. Stuhluntersuchungen erbrachten bei den Eltern den Nachweis von Shigella sonnei. 2.3 Typhus und Paratyphus Typhus ist eine Infektionskrankheit, die durch Salmonella Typhi ausgelöst wird. Nach einer Inkubationszeit von ca. zehn Tagen beginnt die Erkrankung mit Kopfschmerzen, Mattigkeit, konstant hohem Fieber (über Wochen möglich), grau-gelb belegter Zunge, stark beeinträchtigtem Allgemeinbefinden, langsamem Puls und Exanthem. Die Diagnose wird über den Erregernach- 13 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 weis gesichert. Zwei bis fünf Prozent der Patienten scheiden den Erreger auf Dauer aus (Keimreservoir ist oft die Gallenblase). Der Erreger schadet dem Wirt nicht, benutzt ihn aber als Plattform für seine Vermehrung. Eine genaue Kontrolle und Behandlung der Typhuspatienten bis zur endgültigen Ausheilung sind sehr wichtig. Heute wird ein erheblicher Teil der gemeldeten Erkrankungen nur noch durch Reisen ins Ausland erworben bzw. betrifft nach Deutschland eingereiste Ausländer. Sachsen Jahr Deutschland Typhus Paratyphus Typhus Paratyphus E abs. E/100.000 E abs. E/100.000 E abs. E/100.000 E abs. E/100.000 EW EW EW EW 2004 7 0,16 1 0,02 82 0,10 107 0,13 2005 2 0,05 1 0,02 80 0,10 56 <0,10 2006 3 0,07 5 0,12 76 <0,10 73 <0,10 2007 4 0,09 1 0,02 59 <0,10 72 <0,10 2008 - - 1 0,02 69 <0,10 86 <0,10 2009 2 0,05 - - 65 <0,10 76 <0,10 Tabelle 3: Typhus und Paratyphus 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Es wurden bundesweit 65 Erkrankungen (< 0,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Etwa 86 % dieser Infektionen wurden vermutlich importiert. Wie auch schon in den letzten Jahren war hierbei Indien der am häufigsten genannte Infektionsort (23-mal). Über Todesfälle wurde nicht berichtet. Auf den Freistaat Sachsen entfielen in diesem Jahr 2 Erkrankungen. ¾ Es handelte sich um einen 32-jährigen Pakistani, welcher sich besuchsweise (Bergsteigerurlaub) in Deutschland aufhielt sowie um einen 24-jährigen Deutschen, der kurz nach seiner Rückkehr aus Indien erkrankte. Paratyphus wird durch Salmonella Paratyphi verursacht. Das klinische Bild ist dem des Typhus sehr ähnlich, verläuft meist jedoch etwas milder. In Deutschland kamen 76 Erkrankungen (< 0,01 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. 88 % der Fälle wurden als importiert angesehen. Als häufigste Infektionsländer wurden 47-mal Türkei, sowie 10-mal Indien genannt. In 9 Fällen wurde Deutschland als Infektionsland angegeben. Todesfälle wurden nicht erfasst. Auf den Freistaat Sachsen entfielen in diesem Jahr keine Erkrankungen; es kamen lediglich 2 Ausscheider zur Meldung. ¾ Bei einem 5-jährigen türkischen Jungen, welcher während eines dreiwöchigen Heimaturlaubs (Gaziantep und Mersin - Osttürkei) an Durchfällen erkrankt war, wurde aus Stuhl S. Typhimurium nachgewiesen. Da seine Familie im Vogtlandkreis eine Systemgastronomie betreibt, wurden bei ihnen Umgebungsuntersuchungen eingeleitet. So konnte der 28-jährige Vater, der ihn auf der Reise begleitet hatte, als Ausscheider von S. Para- 14 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 typhi B ermittelt werden. Eine nachfolgende Stuhluntersuchung bei dem Jungen erbrachte dann ebenfalls den Nachweis von S. Paratyphi B. Nach Berichten des RKI traten in den Sommermonaten in den genannten Regionen (wie auch schon 2008) gehäuft Paratyphus B-Infektionen auf. Die Ansteckung erfolgt meist durch den Genuss verunreinigter Nahrungsmittel sowie über Trinkwasser oder durch eine Schmierinfektion. 2.4 Meningitis / Enzephalitis Die Meningitis ist eine Entzündung der Hirnhäute (Meningen). Bakterien oder Viren sind die häufigsten Verursacher der Meningitis. In vielen Fällen kommt es auch zu einer Entzündung des Gehirns (Enzephalitis). Man spricht dann von einer Meningoenzephalitis. Kinder oder Patienten mit geschwächtem Immunsystem haben ein besonders hohes Risiko, an einer Meningitis zu erkranken. Das Hauptsymptom der Meningitis ist die Nackensteifigkeit (Meningismus). Weitere Symptome sind ein allgemeines Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen, hohes Fieber, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit. Seltener tritt Benommenheit bis hin zum Koma auf. Ein Vergleich auf bundesdeutscher Ebene ist hier leider nicht möglich, da laut IfSG keine Meldepflicht für das klinische Bild einer Meningitis/Enzephalitis besteht. Mit der Erweiterung des Infektionsschutzgesetzes durch die Sächsische Meldeverordnung wurde die Meldepflicht auf bestimmte Krankheiten ausgedehnt. Darunter fällt auch das klinische Bild einer Meningitis/Enzephalitis mit Erregernachweis im Liquor. Erreger Jahr 2009 Erkrankungen Bakterielle Erreger gesamt 60 Borrelien 14 Escherichia coli 2 Jahr 2008 Todesfälle Inzidenz Erkrankungen 3 1,35 38 0,28 3 0,07 1 0,02 1 Todesfälle 5 Inzidenz 0,89 0,05 Haemophilus influenzae Listerien 2 0,05 3 Meningokokken 9 0,21 8 Pneumokokken 29 0,66 18 Salmonellen 1 0,02 Gruppe-B-Streptokokken 1 0,02 2 0,05 sonstige Streptokokken 1 0,02 1 0,02 2 0,05 2 Staphylococcus aureus 1 0,07 0,19 4 0,42 Treponema pallidum 1 0,02 Virale Erreger gesamt 56 1,33 55 1,29 Enteroviren 41 0,97 42 0,99 FSME-Virus 1 0,02 1 0,02 Herpes-Viren 10 0,24 4 0,09 1 0,02 4 0,09 7 0,16 2,68 93 Parvovirus B19 Varizella-Zoster-Virus Insgesamt Tabelle 4: 116 3 5 2,19 Erkrankungen mit dem klinischen Bild Meningitis/Enzephalitis in Sachsen 2009 und 2008 15 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.4.1 Bakteriell bedingte Meningitis / Enzephalitis Im Freistaat Sachsen wurden 2009 insgesamt 60 bakteriell bedingte Meningitiden erfasst. Die Pneumokokkeninfektionen hatten mit 47 % (absolut 29 Erkrankungsfälle, davon 2 Todesfälle) den größten Anteil an den bakteriell bedingten Meningitiden. Nachfolgend trugen die Borrelien mit 20 % und die durch Meningokokken verursachten Meningitiden mit 15 % zum Gesamtvorkommen bei. Auf die durch Pneumo- bzw. Meningokokken bedingten Erkrankungen wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen. Weiterhin wurde im Berichtsjahr eine syphilitische Meningitis erfasst. Auch diese wird näher beschrieben. Die Neuroborreliose inklusive durch Borrelien verursachte meningitische Syndrome wurden unter 2.8.1 Borreliose aufgeführt. 7 9 29 Pneumokokken 14 Borrelien Meningokokken sonstige Erreger Abb. 9: Anteile der Erreger bakterieller Meningitiden 2009 Es kamen 3 Fälle einer bakteriellen Meningitis als krankheitsbedingt verstorben zur Meldung. Darunter war einer durch Escherichia coli bedingt: ¾ Eine 82-jährige Frau aus dem Landkreis Mittelsachsen erkrankte mit Bewusstseinstrübung und Meningismus. Aus dem Liquor gelang der Nachweis von Escherichia coli, jedoch ohne weitere Typisierung. Die Patientin verstarb fünf Tage nach Erkrankungsbeginn. Angaben zu Vorerkrankungen lagen nicht vor. 2.4.1.1 Meningokokkenmeningitis Unter den durch Bakterien verursachten Gehirnhautentzündungen ist die Meningokokken-Meningitis (Meningitis epidemica) die einzige Form, die epidemisch auftreten kann (überwiegend Typ A und C). Neisseria meningitidis (Meningokokken) können aufgrund der Antigenstruktur der Polysaccharidkapsel in 12 Serotypen (in Deutschland vorwiegend Serotyp B) eingeteilt werden. Sie rufen nach kurzer Inkubationszeit (wenige Tage) eine Allgemeininfektion hervor, die sich als Meningitis mit Bakteriämie manifestiert (meist akuter Beginn mit hohem Fieber, Erbrechen, starken Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, z. Abb. 10: N. meningitidis T. Bewusstseinseintrübungen). Als Komplikation kann neben septischen Zustandsbildern mit petechialen Hautblutungen ein mit hämorrhagischen Nekrosen einhergehendes Waterhouse-Friderichsen-Syndrom (Versagen der Nebennieren durch Nekrosen der Nebennierenrinde) auftreten. Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI 2009 zeigte sich bei 294 Patienten das klinische Bild einer Meningitis. Die Inzidenz lag somit bei 0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. In Sachsen kamen 9 Meningokokkenmeningitiden zur Meldung. Das entsprach einer Inzidenz von 0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Im Vergleich zum Vorjahr ergab sich somit keine 16 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 größere Veränderung (2008 = 8 Erkrankungen). Die meisten Erkrankungen (n = 3) traten in der Altersgruppe der 15 bis unter 25-Jährigen auf. In den Altersgruppen 1 bis unter 5 sowie 5 bis unter 15 Jahren wurden jeweils 2 Erkrankungen registriert. Weiterhin erkrankten ein 8 Monate alter Säugling und eine 54-Jährige. Bei 7 Patienten ergab die Subtypisierung des Erregers die Serogruppe B und in jeweils einem Fall die Serogruppen C bzw. Y. Die beiden Patienten, die sich mit den impfpräventablen Serogruppen C bzw. Y infiziert hatte, waren ungeimpft. Im Zusammenhang mit allen Infektionen wurde bei etwa 330 Kontaktpersonen eine medikamentöse Prophylaxe durchgeführt. Todesfälle kamen im Berichtsjahr 2009 nicht zur Meldung. 2.4.1.2 Pneumokokkenmeningitis Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) sind grampositive Kugelbakterien. Es gibt mehr als 80 verschiedene Typen. In der Regel besiedeln sie den Nasen-Rachenraum, ohne dass sie Symptome auslösen. Eine Übertragung erfolgt in Form von Tröpfcheninfektion. Ob und wie schwer ein Mensch erkrankt, hängt oftmals von seinem Alter und seinem Immunsystem ab. Eine Pneumokokkenmeningitis beginnt meist akut mit hohem Fieber, Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen und rasch zunehmenden Bewusstseinsstörungen. Die durchschnittliche Letalität beträgt 10 bis 20 %, bei Säuglingen und alten Menschen sogar bis zu 70 Prozent. Abb. 11: S. pneumoniae In Sachsen wurde im Jahr 2009 rund die Hälfte aller bakteriellen Meningitiden durch Pneumokokken verursacht (absolut 29 Fälle). Die meisten Fälle traten in diesem Jahr in den Altersgruppen der 25 bis unter 45-Jährigen (9 Erkrankungen) und der 45 bis unter 65-Jährigen auf (8 Erkrankungen). Weiterhin erkrankten 7 Senioren, welche alle über 65 Jahre alt waren. Kinder im Alter zwischen 3 und 9 Jahren waren in drei Fällen betroffen. Es kamen 2 Todesfälle zur Meldung: ¾ Die beiden an einer Pneumokokkenmeningitis verstorbenen Patienten waren 69 bzw. 73 Jahre alt. Im Liquor bzw. Hirnabstrich konnte Streptococcus pneumoniae nachgewiesen werden. Der 73-Jährige hatte im Jahr 2005 eine Pneumokokkenimpfung erhalten. Die hohen Neuerkrankungsraten bei den über 60-jährigen Patienten unterstreichen einmal mehr die Notwendigkeit der für dieses Alter empfohlenen Pneumokokkenimpfung. Bis auf einen Patienten waren alle anderen erfassten Personen ungeimpft. 2.4.1.3 Syphilitische Meningitis / Neurosyphilis Bei der Neurosyphilis handelt es sich um eine Verlaufsform der Syphilis (Treponema pallidum) mit Übergriff auf das Zentrale Nervensystem. Die klassische Neurosyphilis tritt vor allem in den späten Stadien einer allgemeinen Syphiliserkrankung auf. Es können Reizerscheinungen der Hirnhäute auftreten (meist Kopfschmerz, Hirnhäuteparesen, polyradikuläre Syndrome der Rückenmarks-Hinterwurzeln). Eine vollständig ausgeprägte syphilitische Meningitis ist selten. Eine solche syphilitische Meningitis wurde aus dem Landkreis Meißen übermittelt und wird im Folgenden beschrieben: ¾ Ein 38-jähriger Mann erkrankte bereits Anfang November 2008 mit einer schweren Psychose. Kurz darauf musste der Patient mit meningitischer Symptomatik stationär behandelt werden. Untersuchte Liquor- und Serumproben bestätigten eine Treponema palli- 17 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 dum-Infektion. Weitere Angaben über Vorerkrankungen, einen möglichen Infektionszeitpunkt oder eine gleichzeitig vorliegende HIV-Infektion wurden nicht bekannt. 2.4.2 Virusbedingte Meningitis Für das Berichtjahr wurden im Freistaat Sachsen 56 virale Meningitiden gemeldet. Davon waren 41 durch Enteroviren bedingt. Gegenüber dem Jahr 2008 konnten keine wesentlichen Veränderungen verzeichnet werden. Bei den übrigen virusbedingten Meningitiden wurden viermal Varizella-Zoster-Viren, zehnmal Herpes-simplex-Viren sowie einmal FSME-Viren nachgewiesen. Am häufigsten erkrankten Kinder der Altersgruppe 5 bis unter 15 Jahren (n = 21). An zweiter Stelle standen Kleinkinder bis 5 Jahre (n = 12). 8 Personen waren zwischen 25 und 44 Jahren alt. Häufungen sowie Todesfälle kamen im Berichtsjahr 2009 nicht zur Meldung. 2.4.2.1 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine entzündliche Erkrankung des Gehirns oder der Hirnhäute, die durch das FSMEVirus ausgelöst wird. Das Virus wird durch Zeckenstiche übertragen. Nach Ausbruch der Krankheit ist eine Therapie sehr schwierig. Bei etwa zehn Prozent der infizierten Personen befällt das Virus auch das Zentralnervensystem. Ein Teil dieser Patienten wiederum leidet an Spätfolgen wie Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Psychosen. Abb. 12: FSME-Virus Eine Impfung gegen FSME wird Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten oder Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind (z. B. Forstarbeiter, Exponierte in der Landwirtschaft, exponiertes Laborpersonal) empfohlen. Die Risikogebiete werden durch Landkarten ausgewiesen, die jährlich vom Robert Koch-Institut aktualisiert werden. Innerhalb Deutschlands werden die Kosten in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 5 0,12 275 0,3 2005 5 0,12 432 0,5 2006 4 0,09 546 0,7 2007 2 0,03 238 0,3 2008 1 0,02 288 0,3 2009 4 0,09 313 0,4 Tabelle 5: FSME 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Deutschlandweit kamen im Berichtsjahr 313 Erkrankungsfälle (0,38 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Dies entsprach einem leichten Anstieg von 8 % im Vergleich zum Jahr 2008. Die höchsten Neuerkrankungsraten wiesen wie auch schon in den Vorjahren das Bundesland Baden-Württemberg (146 Erkrankungen) und der Freistaat Bayern (130 Erkrankungen) auf. Diesen beiden Bundesländern sind 120 der insgesamt 136 als Risikogebiete eingestuften Kreise 18 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 zugeordnet. In insgesamt 300 Fällen wurde als Infektionsland Deutschland angegeben; 4-mal wurden Österreich, 2-mal Italien und jeweils einmal Kirgistan, Estland, Polen und Schweiz genannt. Ein Patient verstarb an einer FSME. Im Freistaat Sachsen kamen 4 Erkrankungen ungeimpfter Patienten (jedoch nur eine mit meningitischer Symptomatik) zur Meldung: ¾ Betroffen war ein 52-jähriger ungeimpfter Mann aus dem Landkreis Sächsische SchweizOsterzgebirge, welcher mit einer Armlähmung und grippeähnlicher Symptomatik erkrankte. Der Patient hielt sich im fraglichen Infektionszeitraum dienstlich im Raum Erlangen, welcher als FSME-Risikogebiet deklariert ist, auf. Die Infektion wurde serologisch bestätigt (IgM und IgG positiv). Ein Zeckenstich war nicht erinnerlich. ¾ Bei zwei weiteren Fällen wurde ein Zeckenstich der Patienten in der Dippoldiswalder Heide (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) als möglicher Infektionsort angegeben. Betroffen war eine 55-Jährige, welche mit grippaler Symptomatik und Fieber erkrankte. Die Diagnose wurde mittels eines erhöhten Antikörper-Liquor/Serum-Indexes gestellt. Ein 64-Jähriger, welcher ebenfalls mit grippaler Symptomatik und Fieber erkrankte, konnte sich an einen Zeckenstich im oben genannten Gebiet erinnern; er hatte dort oft die Wochenenden verbracht. Die Infektion wurde serologisch bestätigt (IgM- und IgG-Antikörper positiv – einmalig deutlich erhöhter Wert). ¾ Der vierte Fall betraf einen 66-jährigen Mann mit meningitischem Krankheitsbild. Er gab an, sich im Infektionszeitraum im Odenwald (FSME-Risikogebiet) aufgehalten zu haben und konnte sich an einen Zeckenstich erinnern. Im Moment gilt keine Region in Sachsen als Endemiegebiet. 2.5 Impfpräventable Krankheiten (Auswahl) Bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten nehmen die Schutzimpfungen neben der Verbesserung der sozialen und hygienischen Lebensbedingungen einen hohen Stellenwert ein. Sie zählen zu den effektivsten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin. Infektionskrankheiten stellten in der Vergangenheit die häufigste Todesursache dar. Die Influenza-Pandemie von 1918/19 forderte weltweit 20 Millionen Todesopfer. Um 1900 verstarben in Deutschland allein an Keuchhusten, Diphtherie und Scharlach jährlich noch etwa 65.000 Kinder. Groß angelegte Impfprogramme führten weltweit zum Rückgang zahlreicher bedrohlicher übertragbarer Krankheiten. Die Ausrottung der Pocken 1980 und die weitgehende Eliminierung der Poliomyelitis (Kinderlähmung) sind dabei die besten Beispiele für die Effektivität von Impfungen. Die Grundlage der Impfprogramme bildet u.a. die ständige Erhebung zuverlässiger Daten über die Entwicklung der Infektionskrankheiten (z.B. Neuerkrankungsraten, Seroprävalenz, Durchimmunisierungsraten). Der Rückgang der Erkrankungshäufigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung von Impfungen und mit dem Anstieg von Durchimpfungsraten belegt die Wirksamkeit sowie die Effektivität von Impfprogrammen. Durch das seit dem 01.01.2001 geltende Infektionsschutzgesetz (IfSG) konnten bestehende Datenlücken in der Erhebung der Vorkommen impfpräventabler Erkrankungen und der Umsetzung von Impfprogrammen geschlossen werden. Sachsen hat, wie einige andere Bundesländer auch, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit Länderverordnungen die Meldepflicht um bestimmte (impfpräventable) Krankheiten zu erweitern (z. B. Mumps, Pertussis, Röteln). Wie aus der Abbildung 13 ersichtlich ist, hat der Freistaat Sachsen auch auf dem Gebiet der empfohlenen Impfungen eine Vorreiterrolle eingenommen. 19 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Impfstoff Hepatitis B3, 6 und Hepatitis A 6 (HBV/HAV) 7. 6. Ge3. 4. 5. 13. 24. Wo1 1 1 Mon burt Mon. Mon. Mon.1 Mon.1 1 Mon. 1 che . 6. Lbj.1 HBV 3/43 oder HAV / HBV6 HBV 1 / HBV 2 3 Diphtherie, Tetanus, Pertussis2, 3, 4 1. 2. 3. DTPa DTPa DTPa Haemophilus influenzae Typ b 2, 3 1. Hib 3 2. Hib 3. Hib Polio (IPV)2, 3 (trivalent) 1. IPV 3 2. IPV 3. IPV 4. DTPa 11. 13. 18. Lbj.1 Lbj.1 Lbj.1 HAV / HBV6 5. DTPa Tdpa od. 4 Tdpa Tdpa 4. IPV Masern, Mumps, Röteln (MMR) 1. MMR 2. MMR Varizellen (VZV)5 1. VZV 2. VZV Meningokokken C7 Meningokokken (Gruppe C) IPV jährlich Influenza Pneumokokken Rotaviren 9 alle über Über 10 50 60 Jahre Jahre Jahre alle 6 Jahre Pneumokokken 8 Rotaviren Humane Papillomaviren (HPV) HPV 1 Zeitangabendefinition: Es bedeuten z. B.: 3. Monat = ab 3. Mon. = vollendeter 2. Monat; 7. Woche = ab 7. Woche = vollendete 6. Woche; 6. Lbj. = ab 5. Geburtstag 2 Abstände zwischen den Impfungen 1-3 bzw. 1 und 2 mindestens 4 Wochen, zwischen der 3. und 4. bzw. 2. und 3. Impfung zur Vervollständigung der Grundimmunisierung mindestens 6 Monate 3 bei Antigenkombinationen, die eine Pertussiskomponente enthalten, sind 3 Injektionen im Säuglingsalter erforderlich 4 ab 6. Lbj. Fachinformation zu den Impfstoffen wegen Altersbegrenzung hinsichtlich reduzierten Di-Toxoid-Gehalts beachten 5 alle ungeimpften Kinder/Jugendlichen mit negativer Varizellenanamnese und alle empfänglichen Erwachsenen als Nachholeimpfung 6 ab 2. Lbj. Kombinationsimpfung HAV/HBV empfohlen, falls Grundimmunisierung gegen HBV nicht im Säuglingsalter begonnen wurde; wenn ja, dann Hepatitis A monovalent impfen. 7 Im 1. Lbj. 2 Injektionen (Herstellerangaben beachten), ab 2. Lbj. 1 Injektion. Bei Impfung im Säuglingsalter wird eine Boosterung ab 2. Lebensjahr empfohlen. 8 Die Standardimpfung wird bis zum 24. Lebensmonat entsprechend dem jeweiligen Immunisierungsschema mit Konjugatimpfstoff empfohlen, bei Kindern nach dem 24. Lebensmonat sind nur Indikationsimpfungen empfohlen. 9 orale Impfung mit 2 oder 3 Dosen (Herstellerangaben beachten), Simultanimpfung siehe E 1, Seite 7 und 12 (Fußnote ******) Abb. 13: Synopsis-Impfkalender für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Freistaat Sachsen (Stand: 01.01.2008) 20 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.5.1 Haemophilus influenzae, invasive Erkrankung Bei Haemophilus influenzae handelt es sich um ein Bakterium, das insbesondere invasive Erkrankungen auslösen kann. Die Übertragung des Erregers geschieht durch Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen). Eine besonders gefürchtete Komplikation ist die Meningitis, welche unbehandelt zum Tod führen kann. Haemophilus influenzae kann als bekapseltes (Kapseltyp a bis f) und unbekapseltes Bakterium auftreten. Der Subtyp b (Hib) ist am weitesten verbreitet und ruft besonders im Kleinkindalter schwerste Erkrankungen hervor. Gegen diesen Subtyp wird in Deutschland seit 1990 eine Schutzimpfung im Kleinkindalter Abb. 14: H. influenzae empfohlen. Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 4 0,09 68 0,08 2005 3 0,07 70 0,08 2006 9 0,2 121 0,2 2007 7 0,2 93 0,1 2008 4 0,09 152 0,2 2009 8 0,2 185 0,2 Tabelle 6: Haemophilus influenzae, invasive Erkrankungen 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland 2009 wurden bundesweit 185 invasive Erkrankungen durch Haemophilus influenzae gemeldet. Das entsprach einer Zunahme um 22 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum und bedeutete die höchste Inzidenz seit der Einführung der Meldepflicht. Am häufigsten waren Säuglinge, Kleinkinder und ältere Erwachsene betroffen. Bei etwa 61 % der Patienten lag das Alter bei 60 Jahre bzw. darüber. In 62 Fällen wurden Aussagen zu einer durchgeführten Erregertypisierung gemacht, wobei in nur 55 Angaben zum Kapseltyp getroffen wurden. 17-mal handelte es sich um den impfpräventablen Typ b, 30-mal wurde keine Kapsel gefunden (a bis f negativ) und je 8-mal wurden der Typ f und einmal der Typ a angegeben. Insgesamt kamen 11 Todesfälle zur Meldung. Im Freistaat Sachsen kamen im Berichtsjahr 8 Erkrankungen (0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) darunter ein Todesfall sowie ein Erregernachweis ohne Angaben zum klinischen Bild zur Meldung. Betroffen waren Patienten aller Altersgruppen. Alle Erkrankten waren un- bzw. nicht vollständig geimpft. In nur einem Fall wurde eine Kapseltypbestimmung angegeben: ¾ Bei einer ungeimpften 37-Jährigen, welche mit einer Pneumonie erkrankte, wurde Haemophilus influenzae Kapseltyp b in der Blutkultur nachgewiesen. Aus dem Landkreis Meißen erreichte uns die Meldung einer Kontaktinfektion: 21 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 ¾ Bei einem männlichen Frühgeborenen (Geburt in 29. Schwangerschaftswoche) zeigte sich bereits am Tag der Geburt ein septisches Krankheitsbild. Die Blutuntersuchung sowie ein Innenohrabstrich erbrachten den Nachweis von H. influenzae. Der 1¾-jährige Bruder (Hauskind, unvollständig geimpft) erkrankte wenige Tage später ebenfalls mit einer Sepsis. Aus Nasenabstrich wurde ebenfalls H. influenzae isoliert. Die Untersuchungsmaterialien beider Kinder wurden zur Bestimmung des Kapseltyps an das Konsiliarlabor Würzburg gesandt. Eine Typisierung war jedoch in beiden Fällen nicht möglich. Die Mutter der Kinder wurde leider nicht untersucht. Es kam ein Todesfall zur Meldung: ¾ Eine 94-jährige ungeimpfte Frau aus dem Landkreis Görlitz erkrankte mit einer Pneumonie. Sie verstarb bereits einen Tag später. Aus der Blutkultur wurde H. influenzae nachgewiesen. Eine Kapseltypbestimmung gelang nicht. 2.5.2 Masern Die Masern-Erkrankung ist eine der ansteckendsten Krankheiten, die nur beim Menschen vorkommt. Sie geht einher mit einem typischen Ausschlag, Entzündung der oberen Atemwege und häufig schweren Komplikationen (Mittelohr-, Lungen- und Gehirnentzündung). Der Erreger der Masern ist das Morbilli-Virus aus der Gruppe der Paramyxoviren. Das Virus wird durch Tröpfcheninfektion beim Niesen, Husten und Sprechen oder beim direkten Kontakt mit Erkrankten übertragen. Die Masern sind weltweit in Gebieten mit unzureichenden Impfraten verbreitet. Die Eliminierung der endemischen Abb. 15: Masernvirus Masern bis 2010 ist Ziel der europäischen Region der WHO. Dafür müssten 95 % aller Kinder zweimal geimpft sein. Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 3 0,07 122 0,15 2005 16 0,37 780 0,95 2006 1 0,02 2.307 2,8 2007 1 0,02 566 0,7 2008 3* 0,07 916 1,1 2009 2 0,03 574 0,7 * darunter 1 Impfmasern Tabelle 7: Masernerkrankungen 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Im Jahr 2009 wurden deutschlandweit insgesamt 574 Masernerkrankungen gemeldet, das entsprach einem Rückgang von rund 37 % gegenüber den im Vorjahr übermittelten Fällen. Die bundesweite Inzidenz lag bei 0,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und entsprach somit in etwa der von 2007. Der Erkrankungsgipfel wurde im Frühjahr 2009 erreicht. Teilweise kam es hier zur Übermittlung von bis zu 50 Erkrankungen pro Woche. Grund dafür waren verschiedene saisonale Ausbrüche z. B. in Hamburg und angrenzenden Kreisen Niedersachsens (n = 284). 22 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Im Jahr 2009 kamen im Freistaat Sachsen 2 serologisch bestätigte Erkrankungen zur Meldung: ¾ Ein 20 Monate altes ungeimpftes Mädchen aus der Stadt Leipzig erkrankte am 01.04. mit Husten und Schnupfen. Am 04.04. zeigte sich am Hals beginnend ein Exanthem, das sich am folgenden Tag über Gesicht, Rücken und Brustkorb ausgebreitet hatte. Hinzu kamen eine Konjunktivitis, Hals- und Ohrenschmerzen sowie eine ausgeprägte Lichtempfindlichkeit. Ein Masernvirus-Nachweis gelang mittels PCR aus Urin und Zellen des Rachenraumes. Die Anamnese ergab, dass das Kind vom 13.03. bis 19.03. wegen einer Pneumonie, Harnwegsinfektion und hohem Fieber in einer Leipziger Klinik hospitalisiert war. Im selben Zimmer lag ein etwa einjähriger vietnamesischer Junge, der mit Schnupfen, Husten und einem Exanthem (Diagnose „Drei-Tage-Fieber“) erkrankt war. Leider weigerte sich der behandelnde Arzt, die Kontaktdaten der vietnamesischen Familie für Ermittlungen an das Gesundheitsamt herauszugeben, da seiner Meinung nach keine Masern vorgelegen hätten und die Inkubationszeit überschritten gewesen wäre (in diesem Fall: mehr als 13 Tage bis zum Beginn des katarrhalischen Stadiums). ¾ Eine 32-jährige vorgeschädigte Frau erkrankte mit grippeähnlicher Symptomatik und zwei Tage später mit Exanthem. Die Infektion wurde serologisch bestätigt. Die Frau arbeitet in einer Behindertenwerkstatt der Stadt Leipzig und wohnt in der Woche im angeschlossenen Wohnheim; dort traten keine weiteren Erkrankungen auf. Auf Grund ihrer Behinderung hatte sie bisher keine Masernimpfung erhalten. Es gab keinerlei Hinweise auf eine mögliche Infektionsquelle. 2.5.3 Meningokokken, invasive Erkrankung Verursacht werden diese Erkrankungen durch Neisseria meningitidis (gramnegative Bakterien). Zurzeit sind 13 verschiedene Serogruppen bekannt, wobei in Deutschland seit Jahren überwiegend die Serogruppen B und C vorkommen. Meningokokken werden durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Untersuchungen zur Besiedlung der Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum zeigten, dass je nach Altersgruppe bis zu 30 % der Bevölkerung Meningokokken auf der Schleimhautoberfläche tragen. Die Erkrankungen verlaufen in etwa der Hälfte der Fälle als eitrige Meningitis. Bei etwa einem Viertel aller Erkrankungsfälle ist der Verlauf durch eine Sepsis gekennzeichnet, die bei 10 bis 15 % der Patienten als eine besonders schwere Form des septischen Schocks, als Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, auftreten kann, welches durch eine sehr hohe Letalität gekennzeichnet ist. Bundesweit wurden im Jahr 2009 493 Fälle (Inzidenz 0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) an das RKI gemeldet, welche die Referenzdefinition erfüllten. Dies waren 9 % mehr als im Vorjahr. Bei fast 84 % der übermittelten Fälle lagen Angaben zur Serogruppe vor. Demnach sind Erreger der Serogruppe B, für die bisher keine Impfung verfügbar ist, für 69 % - also für die Mehrzahl - der Erkrankungen verantwortlich. Dieser Anteil ist gegenüber dem Vorjahr (71 %) etwas niedriger. Der Anteil der Serogruppe C ist mit 21 % ebenfalls leicht gesunken (Vorjahr 22 %). Als krankheitsbedingt verstorben kamen bundesweit im Berichtsjahr 2009 36 Fälle zur Übermittlung. 23 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Todesfälle 2004 26 0,60 - 600 0,73 47 2005 30 0,7 3 626 0,8 44 2006 34 0,8 2 555 0,7 53 2007 27 0,6 1 439 0,5 37 2008 20 0,5 4 452 0,5 44 2009 19 0,5 2 493 0,6 36 Tabelle 9: Deutschland E pro E abs. 100.000 EW Todesfälle Invasive Meningokokkenerkrankungen 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Seit Juli 2003 wird die Meningokokken-Impfung von der Sächsischen Impfkommission für alle Kinder bis einschließlich dem 18. Lebensjahr empfohlen (in der Bundesrepublik seit Juli 2006). Diese ist für Kinder ab dem vollendeten 2. Lebensmonat möglich (STIKO empfiehlt Impfung erst ab 13. Lebensmonat). Die derzeitig erhältliche Impfung schützt jedoch nur gegen Meningokokken der Serogruppe C. Gegen die in Deutschland häufiger vorkommende Serogruppe B ist eine Immunisierung bis jetzt nicht möglich. Im Freistaat Sachsen wurden 19 Meningokokkenerkrankungen, darunter 2 Todesfälle erfasst. Dies entsprach einer Inzidenz von 0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner, die somit unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner lag. Die meisten Fälle traten in der Altersgruppe der 15 bis unter 25-Jährigen sowie bei den über 65Jährigen (jeweils 6 Erkrankungen) auf. Insgesamt erfolgte in 17 Fällen eine Subtypisierung (12mal Serogruppe B, 3-mal Serogruppe C und 2-mal Serogruppe Y). Keiner der Patienten, der sich mit den impfpräventablen Serogruppen C bzw. Y infiziert hatte, war geimpft. Im Zusammenhang mit allen Infektionen wurde nach vorliegenden Informationen bei rund 500 Kontaktpersonen eine medikamentöse Prophylaxe durchgeführt. Laut Angaben zur klinischen Ausprägung der Infektion lag in 9 Fällen eine Meningitis und in 10 Fällen eine Sepsis vor. ¾ Ein fast einjähriges Mädchen erkrankte mit hohem Fieber (41° C), Bewusstseinsstörungen sowie septischem Krankheitsbild und wurde sofort stationär aufgenommen. Es verstarb noch am gleichen Tag. Aus Liquor wurden Meningokokken der Serogruppe B nachgewiesen. Im Zusammenhang mit der Erkrankung erhielten 15 Kontaktpersonen eine Chemoprophylaxe. ¾ Eine 68-jährige Frau erkrankte akut mit Fieber, Bewusstseinstrübung, Petechien und septischem Krankheitsbild. Die Infektion konnte trotz intensivmedizinischer Behandlung nicht beherrscht werden. Die Patientin verstarb am darauf folgenden Tag unter der Diagnose fulminante Meningokokkensepsis. Aus Blut wurde mittels PCR der Nachweis von Neisseria meningitidis Serogruppe B erbracht. Eine Medikamentenprophylaxe erhielten insgesamt etwa 20 Personen. 24 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.5.4 Mumps Mumps ist eine durch Tröpfcheninfektion übertragene Viruserkrankung. Sie kommt hauptsächlich bei Kindern vor, kann aber auch Erwachsene betreffen. Bei Mumps kommt es in erster Linie zu einer schmerzhaften Entzündung der Ohrspeicheldrüsen, welche dann stark anschwellen. Im Kindesalter verläuft die Erkrankung in der Regel harmlos und Komplikationen sind selten. Bei ungefähr 4 bis 6 Prozent der Betroffenen entwickelt sich eine Meningitis. Wenn das Mumps-Virus die Hoden infiziert, kann es eine Zeugungsunfähigkeit verursachen. Zur Vorbeugung steht eine Impfung zur Verfügung. Sie bietet den einzigen sicheren Schutz gegen Mumps. Empfohlen wird diese als Kombinationsimpfung zusammen mit Masern und Röteln (MMR). Abb. 16: Mumpsvirus Mumps ist laut Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig, insofern kann leider keine Einschätzung über die epidemiologische Lage in ganz Deutschland erfolgen. Jahr Erkrankungen abs. Erkrankungen / 100.000 EW 2004 42 1,0 2005 21 0,5 2006 17 0,4 2007 24 0,6 2008 19 0,5 2009 42 1,0 Tabelle 10: Mumpserkrankungen 2004 bis 2009 in Sachsen Während sich in den vergangenen Jahren die Erkrankungszahlen auf etwa dem gleichen Niveau bewegten (5-Jahres-Mittelwert lag bei 22 Fällen), wurden 2009 fast doppelt so viele Fälle übermittelt (n = 42). Hauptverantwortlich zeigten sich 3 Ausbrüche in Dresden und Leipzig: ¾ Von Mitte September bis Mitte Oktober 2009 erkrankten an einer alternativen Schule der Stadt Dresden 22 ungeimpfte Kinder aus insgesamt 4 Land- bzw. Stadtkreisen im Alter zwischen 7 und 10 Jahren. ¾ Vermutlich infolge familiärer Kontakte zu o. g. Ausbruch kam es ab Anfang November 2009 zu Erkrankungen im Umfeld einer Kindertagesstätte der Stadt Leipzig. Aufgrund zahlreicher sozialer Kontakte des betroffenen Personenkreises dauerte das Geschehen über einen längeren Zeitraum an (bis Ende Januar 2010). Betroffen waren insgesamt 12 Kinder und 2 Erwachsene. ¾ Weiterhin meldete die Stadt Dresden im November 2009 4 Fälle unter Schülern eines christlichen Gymnasiums. Inwieweit Kontakte zu den o. g. Einrichtungen bestanden, ließ sich nicht mehr eruieren. 25 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Die Ermittlungen aller involvierten Gesundheitsämter ergaben, dass bei fast allen Betroffenen die Infektion mit den typischen Entzündungen der Speicheldrüsen und leichtem bis mittlerem Fieber verlief. Ein 8-jähriger Junge aus der Stadt Leipzig musste wegen einer Meningitis stationär behandelt werden (Mumpsvirus-RNA-Nachweis im Liquor mittels PCR). Da es sich bei allen o. g. Institutionen um Einrichtungen mit alternativem pädagogischem Konzept handelt, ist hier der Anteil ungeimpfter Kinder und Betreuer erfahrungsgemäß sehr hoch. Bis auf einen Patienten, der im Alter von 2 Jahren eine einmalige MMR-Impfung erhalten hatte, verfügte keiner der Erkrankten über eine Mumpsimmunisierung. Die Durchsetzung antiepidemischer Maßnahmen (Besuchsverbot in Gemeinschaftseinrichtungen, Impfaufforderungen, serologische Testung) stieß besonders in Leipzig auf Grund der schon seit längerem bekannten und überwiegend milden Krankheitsverläufe zum Teil auf Unverständnis. Um eine weitere Verbreitung der Mumps-Infektionen zu verhindern, informierte und belehrte das zuständige Gesundheitsamt alle Kontaktpersonen (u. a. durch Elternbriefe). 2.5.5 Pertussis Weltweit geht man von ca. 51 Millionen Pertussis-Fällen jährlich aus – es wird geschätzt, dass etwa 600.000 Menschen an den Folgen der Krankheit versterben. Besonders betroffen sind vor allem die Entwicklungsländer. Aber auch in den Industriestaaten nimmt die Erkrankungshäufigkeit wieder zu, da zu selten Gebrauch von der vorhandenen Schutzimpfung gemacht wird. Pertussis (Keuchhusten) ist eine akute bakterielle (Bordetella pertussis) Infektionskrankheit der Atemwege. Die Betroffenen erkranken mit den typischen Hustenanfällen (bis hin zum Erbrechen); bei Abb. 17: Bordetella pertussis Säuglingen können unter Umständen auch lebensbedrohliche Atemstillstände auftreten. Die häufigsten Infektionsquellen sind Infizierte, die noch keine Symptomatik aufweisen, den extrem infektiösen Erreger jedoch in sich tragen und über Tröpfcheninfektionen weitergeben. Jahr Erkrankungen abs. Erkrankungen / 100.000 EW 2004 419 9,6 2005 457 10,6 2006 512 11,9 2007 1.221 28,6 2008 909 21,4 2009 1.554 36,8 Tabelle 11: Pertussis 2004 bis 2009 in Sachsen Pertussis ist laut Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig, insofern kann leider keine Einschätzung über die epidemiologische Lage in ganz Deutschland erfolgen. Pertussis, eigentlich eine Kinderkrankheit, entwickelte sich im letzten Jahrzehnt mehr und mehr zu einer Erwachsenenerkrankung. Neben einer hohen Inzidenz vor allem bei Personen, welche 1964, als in der DDR die Pflichtimpfung eingeführt wurde, nicht mehr im Impfalter waren, erhöhte sich jedoch auch die Erkrankungshäufigkeit bei vollständig geimpften Kindern. Seit im Freistaat Sachsen (Mai 1998) eine 5. Impfung ab dem 6. Lebensjahr sowie eine 6. Immunisierung (Boosterung) ab 26 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 dem 11. Lebensjahr empfohlen sind, wurde ein leichter Rückgang der Erkrankungszahlen registriert. Um der hohen Erkrankungsrate bei Erwachsenen, die zwar in der Kindheit geimpft wurden, jedoch nach vielen Jahren nicht mehr über einen Impfschutz verfügen, entgegenzuwirken, ist in Sachsen seit dem 01.01.2007 eine Pertussisimpfung der Erwachsenen, bei denen die letzte Pertussisimpfung mehr als 10 Jahre zurückliegt, empfohlen. Bundesweit wurde durch die STIKO ab Juli 2009 ebenfalls diese Empfehlung ausgesprochen. Im Freistaat Sachsen wurden im Berichtsjahr 1.554 Pertussiserkrankungen (36,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Dies bedeutete einen deutlichen Anstieg (+ 17 %) gegenüber dem Jahr 2008. Eine vergleichbar hohe Inzidenz wurde im Freistaat Sachsen noch nie registriert. Auf den Direktionsbezirk Leipzig entfielen absolut 260 Erkrankungen (24,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) und auf den Chemnitzer Direktionsbezirk 116 Erkrankungen, was einer Inzidenz von lediglich 7,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Die höchste Inzidenzrate wies, wie auch schon in den vergangenen Jahren, der Direktionsbezirk Dresden mit 71,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner auf. Hier wurden im Vergleich zum Vorjahr mehr als das Doppelte an Neuerkrankungen erfasst, ohne dass eine direkte Ursache dafür eruiert werden konnte. Erkrankungen 120 100 80 60 40 20 2008 2009 Abb. 18: 52. KW 49. KW 46. KW 43. KW 40. KW 37. KW 34. KW 31. KW 28. KW 25. KW 22. KW 19. KW 16. KW 13. KW 10. KW 7. KW 4. KW 1. KW 0 Pertussiserkrankungen in Sachsen – Vergleich 2008/2009 nach Wochen Es kam etwa ab der 7. Berichtswoche zu einem sprunghaften Anstieg der Erkrankungszahlen; im Monat April betrug dieser im Vergleich zum Vorjahr 2008 etwa das 10-fache. Betroffen waren hauptsächlich die Landkreise Bautzen und Görlitz. Es handelte sich in den meisten Fällen um Einzelerkrankungen – eine Zunahme von Erkrankungshäufungen wurde nicht beobachtet. Ab Ende Mai sank die Zahl der Meldungen und bereits im Monat Juni lag die Inzidenz wieder auf „normalem“ Niveau. Warum es in diesem Jahr zu einem solchen überdimensionalen Anstieg der Pertussiserkrankungen kam, blieb ungeklärt. Aus der Abbildung 18 ist der Verlauf der Erkrankungszahlen 2009 im Vergleich zum Vorjahr ersichtlich. 27 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 LK Nordsachsen SK Leipzig LK Bautzen LK Leipzig LK Meißen LK Görlitz SK Dresden LK Mittelsachsen SK Chemnitz LK Zwickau LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge LK Erzgebirgskreis LK Vogtlandkreis Abb. 19: Pertussis-Inzidenzen 2009 nach Land- und Stadtkreisen Ein hoher Prozentsatz der im Jahr 2009 aufgetretenen Infektionen konnte den insgesamt 19 gemeldeten Häufungen zugeordnet werden. Auf 3 Geschehen soll hier näher eingegangen werden: ¾ An einer Alternativschule der Stadt Leipzig sowie in deren Umfeld erkrankten seit Anfang des Jahres bis etwa Monat Mai 19 Schüler, vier Erwachsene und acht kleine Kinder (Geschwister). Zwei weitere Erwachsene wurden im Rahmen der Umgebungsuntersuchungen als gesunde Keimträger ermittelt. Ein Schüler war unvollständig geimpft; alle anderen hatte noch nie eine Pertussisimpfung erhalten. ¾ In einem Leipziger Kindergarten erkrankten 15 Kinder (darunter sechs altersentsprechend vollständig geimpft) und dreimal Personal (ungeimpft). Ermittlungen im familiären Umfeld ergaben weitere 12 klinisch-labordiagnostisch bestätigte Fälle, darunter zwei vollständig geimpfte Kinder sowie einen symptomlosen Keimträger. ¾ Bei einem ungeimpften Mann, der bereits seit Mai an ständigem Husten litt, wurde im Juli eine Pertussiserkrankung labordiagnostisch bestätigt. Der Betroffene war Patient auf einer hämatologisch/onkologischen Station mit angeschlossener Ambulanz eines Krankenhauses. Durch die eingeleiteten Umgebungsuntersuchungen konnten zwei Erkrankte und vier Keimträger unter dem Personal, ein Lebensgefährte einer Angestellten als Ausscheider sowie ein weiterer erkrankter Patient und ein Ausscheider ermittelt werden. Bis auf zwei Angestellte konnte das Klinikpersonal keinen vollständigen Impfschutz nachweisen. Gerade im Hinblick auf das letztgenannte Geschehen ergibt sich einmal mehr die Notwendigkeit der Impfung von Personal in Gesundheitseinrichtungen um mögliche Infektionen der Patienten zu verhindern. Ähnlich verhält es sich auch beim Betreuungspersonal von Kindereinrichtungen. Auch hier ist der Anteil an Geimpften sehr niedrig. 84 % aller erkrankten Patienten hatten keinen Impfschutz. 28 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 250 Personen erkrankten trotz vollständiger Immunisierung. Es konnte beobachtet werden, dass dies am häufigsten in der Altersgruppe der 25 bis unter 65-Jährigen vorkam (absolut 76 Fälle). Hier sollte eigentlich eine einzige Pertussisimpfung ausreichen, um den Impfschutz aufzubauen. geimpft 250 Erkr. (16 %) ungeimpft bzw . unv.geimpft 1304 Erkr. (84 %) Abb. 20: Pertussiserkrankungen in Sachsen. Prozentualer Anteil der geimpften und ungeimpften Fälle. 2.5.6 Pneumokokken, invasive Erkrankung Infektionen durch Streptococcus pneumoniae gehören mit zu den schwersten Erkrankungen des Menschens und führen weltweit pro Jahr zu etwa zwei Millionen Todesfällen. Von Infektionen durch dieses Bakterium sind insbesondere Kinder in den ersten fünf Lebensjahren sowie ältere Menschen betroffen. Bei jungen, gesunden Menschen verlaufen die Erkrankungen in der Regel ohne Komplikationen. Für ältere Menschen, sowie für Erwachsene und Kinder mit Vorerkrankungen oder Abwehrschwäche können sie schlimmstenfalls eine tödliche Bedrohung darstellen. Jahr Erkrankungen abs. Todesfälle E pro 100.000 EW 2004 47 5 1,1 2005 58 6 1,3 2006 60 5 1,4 2007 63 6 1,5 2008 72 11 1,7 2009 112 8 2,7 Tabelle 12: Invasive Pneumokokkeninfektionen 2004 bis 2009 in Sachsen Neben der bereits bundesweit bestehenden Standard-Impfempfehlung für über 60-Jährige wird die Pneumokokkenimpfung seit Juli 2006 (in Sachsen bereits seit Januar 2006) generell für alle Säuglinge und Kleinkinder bis 2 Jahre empfohlen. Mit der Impfung sollen sich ca. 90 % aller Pneumokokkeninfektionen bei Kindern unter zwei Jahren verhindern lassen. Für besonders gefährdete (immunsupprimierte) und ungeimpfte Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren) ist die Impfung ebenfalls empfohlen. 29 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Zum 1. Januar 2009 wurde die Falldefinition für Streptococcus pneumoniae geändert. Neue Falldefinition für Streptococcus pneumoniae: Das klinische Bild ist erfüllt, wenn mindestens eines der 14 folgenden Kriterien vorhanden ist: - Fieber - septisches Krankheitsbild - Osteomyelitis - Mastoiditis - Sinusitis - meningeale Zeichen - septische Arthritis - bakterielle Peritonitis - Karditis - HUS - Hirndruckzeichen - Empyem - Lungenentzündung - akute Otitis media Prinzipiell muss – zusätzlich zum klinischen Bild – immer ein labordiagnostischer Nachweis (direkter Erregernachweis aus einem normalerweise sterilen Material) vorliegen, um eine Übermittlung auszulösen. Laut IfSG besteht bundesweit für die Pneumokokken keine Meldpflicht, so dass ein deutschlandweiter Vergleich leider nicht möglich ist. Wie aus Tabelle 12 ersichtlich, sind die Infektionen in Sachsen während der vergangenen 6 Jahre stetig angestiegen. 2009 wurden insgesamt 112 invasive Erkrankungen (darunter 8 Todesfälle) mit Pneumokokken erfasst. Das entsprach einer Neuerkrankungsrate von 2,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und damit einem Anstieg der Erkrankungszahlen um 55 %. Dieser begründet sich hauptsächlich in der bereits erwähnten Änderung der Falldefinition. In 29 Fällen war das klinische Bild einer Meningitis vorherrschend (siehe 2.4.1.2 Pneumokokkenmeningitis). 32-mal bestimmte eine Sepsis das Erkrankungsbild und 63-mal eine Pneumonie (Mehrfachnennung möglich). Zusätzlich wurden fünf Erregernachweise gemeldet, die nicht der klinischen Falldefinition entsprachen. Fünf Patienten gaben eine vollständige Pneumokokkenimpfung an. Mit 8 erfassten Todesfällen lag die Mortalität bei 7 %. ¾ Bei den Todesfällen handelte es sich um Patienten im Alter zwischen 35 und 87 Jahren. Vier Erkrankungen verliefen unter dem klinischen Bild einer Sepsis. In jeweils zwei Fällen wurde eine Meningitis bzw. eine Pneumonie diagnostiziert. Bei einem Patienten war eine bereits bestehende Vorerkrankung bekannt. Der Großteil der Infektionen (n = 99) wurde in den Altersgruppen ab 25 Jahre verzeichnet. Die Altersgruppe der Säuglinge zählte einen Fall (3 Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe), die Kinder zwischen 1 und 5 Jahren 6 Fälle (4,6 Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe). Bei den 5 bis unter 15-Jährigen wurden 4 Infektionen registriert (1,4 Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe). In der Altersgruppe der unter 15- bis unter 25-Jährigen traten 2 Erkrankungen auf. 30 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.5.7 Windpocken Windpocken – verursacht durch das Varizella-zoster-Virus, sind eine meist mild verlaufende exanthematische Erkrankung, die bisher hauptsächlich im Kindesalter auftrat. Dabei können Komplikationen auch bei sonst gesunden Kindern vorkommen. Bei den bisher seltenen Erkrankungen im Jugendlichen- und Erwachsenenalter sind insbesondere immungeschwächte Personen und Schwangere durch schwere und teilweise lebensbedrohliche Verläufe gefährdet. Mit zunehmender Auswirkung der Impfung im Kindesalter könnten zukünftig Erkrankungen jenseits des Kindes- Abb. 21: V. zoster-Virus alters häufiger in Erscheinung treten. In Sachsen ist eine Impfung für alle ungeimpften Kinder und Jugendlichen mit negativer Varizellenanamnese und alle empfänglichen Erwachsenen als Nachholeimpfung empfohlen. Für Anfang 2010 ist geplant, eine Herpes zoster-Impfung für Personen ab 50 Jahre in den sächsischen Impfkalender aufzunehmen, um die Spätform der Windpocken - die Gürtelrose, zu verhindern. Laut IfSG besteht bundesweit für die Windpocken keine Meldpflicht, so dass ein deutschlandweiter Vergleich nicht möglich ist. Jahr Erkrankungen / T. Erkrankungen / 100.000 EW 2004 3.099 71,3 2005 2.779 64,3 2006 1.702 39,6 2007 1.208 28,3 2008 1.514 / 1 35,6 2009 1.004 23,8 Tabelle 13: Windpocken-Erkrankungen 2004 bis 2009 im Freistaat Sachsen Im Freistaat kamen 1.004 Erkrankungen zur Meldung. Mit einer Inzidenz von 23,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner wurde der bisher niedrigste Wert der letzten zehn Jahre erreicht (2000 – 23,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). 2.6 Reiseassoziierte Krankheiten (Auswahl) 2.6.1 Denguefieber Das Dengue-Fieber ist eine in den Tropen und Subtropen weit verbreitete Virusinfektion mit jährlich mehreren Millionen Erkrankungsfällen. Der Erreger ist das Dengue-Virus (vier Serotypen), dessen natürliches Reservoir der Mensch ist. Das Virus wird durch den Stich verschiedener Arten der Aedes-Moskitos von Mensch zu Mensch übertragen. Es verursacht eine akut fieberhafte Erkrankung mit Kopf- und Gliederschmerzen, selten Hautausschlag. Denguefieber tritt in drei verschiedenen Formen (Dengue-Fieber, hämorrhagisches DengueFieber, Dengue-Schock-Syndrom) auf, die sich durch die unterschiedliche Schwere des Krankheitsverlaufes voneinander unterscheiden. 31 Abb. 22: Denguevirus Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 6 0,1 121 0,2 2005 6 0,1 144 1,2 2006 8 0,2 174 0,2 2007 4 0,09 263 0,3 2008 6 0,1 273 0,3 2009 9 0,2 298 0,4 Tabelle 20: Denguefieber 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland 2009 kamen in Deutschland 298 Erkrankungen (0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Wie auch schon im Vorjahr wurden 3 Fälle übermittelt, die das Kriterium für das Dengue-Schock-Syndrom bzw. die hämhorragische Verlaufsform erfüllten. Seit 2001 wurde erstmals ein Todesfall im Zusammenhang mit einer Denguefieber-Infektion registriert (weiblich, 21 Jahre, nach Ekuador-Aufenthalt). Im Freistaat Sachsen wurden im Berichtsjahr 9 Fälle (0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Als Infektionsländer wurden genannt: Bali (3-mal), Philippinen (2-mal), Indien (2malmal), Thailand und Bolivien (jeweils einmal). In allen Fällen handelte es sich um die klassische Form eines Denguefiebers. Die Erkrankten waren zwischen 23 und 70 Jahren alt. 2.6.2 Malaria Die Malaria ist eine tropentypische Krankheit (Erreger Plasmodien) und weltweit eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten. Sie tritt in tropischen und subtropischen Regionen aller Kontinente (außer Australien) endemisch auf (Malariagürtel – siehe Abb. 24). Die vier verschiedenen Plasmodien-Arten werden durch Mücken übertragen. Die Erkrankung beginnt mit uncharakteristischen Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie allgemeinem Krankheitsgefühl. Die Intensität der Manifestation einer Abb. 23: P. falciparum Plasmodien-Infektion hängt vom Grad der Immunität des Infizierten ab. Nichtimmune sind somit am stärksten gefährdet, unter ihnen besonders Kleinkinder und ältere Menschen. Weltweit sterben jährlich etwa 1,5 bis 2,7 Millionen Menschen. an den Folgen der Malaria. Mehr als 80 % der Todesfälle betreffen Säuglinge und Kleinkinder bis zum 5. Lebensjahr in Afrika südlich der Sahara. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stirbt etwa alle 30 Sekunden ein Kind an Malaria. Bisher gibt es keinen offiziell zugelassenen Malaria-Impfstoff, es wird jedoch daran gearbeitet. So zeigten bisherige Testreihen in Mosambik und Tansania, dass der in Erprobung befindliche Impfstoff sicher und effektiv bei wenigen Wochen alten Babys wirkt. Jetzt wird im Großversuch getestet: 16.000 Kinder aus sieben afrikanischen Ländern sind daran beteiligt. Man hofft auf eine Zulassung in 3 bis 5 Jahren. 32 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Abb. 24: Die Verbreitung der Malaria weltweit („Malariagürtel“) Laut Infektionsepidemiologischem Jahrbuch des RKI kamen im Jahr 2009 deutschlandweit 523 Erkrankungen (0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), darunter 3 Todesfälle, zur Meldung. Diese Zahl lag etwas unter der des Vorjahres 2008 (547 Erkrankungen). In 510 Fällen lagen Angaben zur Erregerspezies vor: 80 % aller Infektionen waren durch Plasmodium falciparum, 8 % durch P. vivax und jeweils 3 % P. ovale und P. malariae. Mischinfektionen hatten einen Anteil von 4 %. Der überwiegende Teil der Erkrankungen wurde, wie auch schon in den vergangenen Jahren, in Afrika erworben. 2004 Sachsen E abs. 8 E pro 100.000 EW 0,18 Deutschland E abs. 707 E pro 100.000 EW 0,9 2005 13 0,3 630 0,8 2006 19 0,4 566 0,7 2007 8 0,2 540 0,7 2008 14 0,3 547 0,7 2009 8 0,2 523 0,6 Jahr Tabelle 14: Malariaerkrankungen 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland In Sachsen wurden insgesamt 8 Erkrankungen erfasst (0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), welche in 5 Fällen durch Plasmodium falciparum (Malaria tropica) und in jeweils einem Fall durch P. ovale (Malaria tertiana) bzw. P. malariae (Malaria quartana) verursacht wurden. Eine Doppelinfektion mit P. falciparum und P. ovale wurde bei einem 55-jährigen Deutschen nach einem Aufenthalt in Ghana registriert. Weitere Infektionsgebiete waren Gambia, Kamerun, Malaysia, Mosambique, Niger und Pakistan. Todesfälle kamen nicht zur Meldung. 6 der Erkrankten waren Deutsche, welche sich aus den verschiedensten Gründen (Urlaub, berufliche Verpflich- 33 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 tungen) im Ausland aufhielten. Keiner der Patienten hatte die empfohlene Chemoprophylaxe durchgeführt. Es erkrankten ausschließlich Erwachsene. Pakistan 1 Gambia 2 Ghana 2 Kamerun 1 Malaysia 1 Mosambik 1 Abb. 25: Malariaerkrankungen nach möglichen Infektionsgebieten (n = 8) in Sachsen 2009 2.6.3 Virales hämorrhagisches Fieber Unter dem Begriff Hämorrhagische Fieber werden Infektionen zusammengefasst, die zu einer verstärkten Blutungsneigung führen. Die meisten hämorrhagischen Fieber werden durch Viren verursacht, weshalb sie auch unter dem Begriff virale hämorrhagische Fieber (VHF) aufgeführt werden. Viele der betreffenden Viren werden durch Arthropoden übertragen und deshalb als Arboviren (arthropode borne viruses) zusammengefasst. Sie kommen weltweit in den tropischen und teilweise auch subtropischen Klimazonen vor, wobei die einzelnen Virenarten regional begrenzt auftreten. Eine Impfung ist bislang nur gegen Gelbfieber möglich. Gegen die übrigen hämorrhagischen Fieber kann nur durch eine Expositionsprophylaxe vorgebeugt werden, die von der Übertragungsart abhängig ist. Für diese Erkrankungen besteht eine Labormeldepflicht (§ 7 IfSG) sowie eine namentliche Meldepflicht bei bestehendem klinischem Syndrom (§ 6 Abs. 1 IfSG). 2.6.3.1 Chikungunyafieber Das Chikungunyavirus gehört in die Familie der Togaviren und kommt in zahlreichen afrikanischen Ländern sowie im Süden und Südosten Asiens vor. Es kann große, zum Teil über Jahre anhaltende Epidemien verursachen. Die Übertragung erfolgt durch Stechmücken (der Gattung Aedes bzw. Stegomyia und Mansonia). Die Erkrankung hat einen benignen Verlauf. Nach einer Inkubationszeit von zwei bis drei Tagen kommt es zu einem plötzlichen Fieberanstieg sowie Kopf- Muskel- und Gelenkschmerzen. Letztere können nach Entfieberung bis zu Monaten anhalten. Hämorrhagische Manifestationen in Form Abb. 26: Chikunvon Petechien oder Nasenbluten werden nur bei etwa einem Viertel der Patien- gunyavirus ten beobachtet. 34 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Im Berichtsjahr 2009 wurden laut RKI deutschlandweit 54 importierte ChikungunyaErkrankungsfälle erfasst. Betroffen waren 32 Frauen, 22 Männer und 2 Kinder im Alter von 6 und 15 Jahren. Erkrankungen wurden 22 auf den Malediven, 11 in Indien, 10 in Thailand, 4 in Malaysia sowie 2 in Sri Lanka erworben. Bei jeweils einer Infektion wurden Indonesien, Singapur, China und die Philippinen als Infektionsländer angegeben. Hämorrhagische Verläufe gemäß WHO-Definition und Falldefinition sowie Todesfälle traten nicht auf. Aus dem Freistaat Sachsen wurden 2 Erkrankungen an Chikungunyafieber gemeldet: ¾ Der erste Fall betraf einen 42-jährigen Mann aus Leipzig, der nach einem Urlaub auf den Maldiven mit Fieb er, Exanthem und einer Thrombozytopenie erkrankte. ¾ Beim zweiten Fall handelte es sich um 38-Jährige aus Dresden, welche mit Kopfund Gelenkschmerzen erkrankte. Auch sie hatte sich zuvor auf den Malediven aufgehalten. Beide Infektionen wurden serologisch bestätigt. 2.7 Sexuell übertragbare Krankheiten (Auswahl) Die WHO zählt über 30 verschiedene Erreger zu den Verursachern sexuell übertragbarer Krankheiten (STD: Abkürzung aus dem Englischen: sexually transmitted diseases). Hierzu gehören neben Bakterien und Viren auch Parasiten. Einige dieser Erreger (u. a. HIV, Syphilis) können während der Schwangerschaft und bei der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen werden. Die STD spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Sie stellen mittlerweile (wieder) ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsproblem dar. Seit den 90-er Jahren steigen die Infektionen stetig an. Viele der Erkrankungen verlaufen mit leichter Symptomatik bzw. wird die Infektion in einigen Fällen oft nicht einmal bemerkt. Der sicherste Schutz vor diesen Infektionen ist der Gebrauch von Kondomen. Bis zur Einführung des Infektionsschutzgesetzes waren nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten Gonorrhoe, Syphilis, weicher Schanker und venerische Lymphknotenentzündung meldepflichtig. Seit dem 01.01.2001 unterliegen bundesweit nur noch der Nachweis von Treponema pallidum (Syphiliserreger) und der Nachweis des HIV-Virus der nichtnamentlichen Meldepflicht gemäß § 7 Abs. 3 IfSG (Labormeldepflicht). In Sachsen besteht... - für Mycoplasma species gemäß § 2 Abs. 1 IfSGMeldeVO eine namentliche Labormeldepflicht - für Neisseria gonorrhoeae und Chlamydia trachomatis gemäß § 2 Abs. 2 IfSGMeldeVO eine nichtnamentliche Labormeldepflicht sowie - für Treponema pallidum gemäß § 3 Abs. 3 IfSGMeldeVO eine nichtnamentliche Labormeldepflicht ... an die zuständigen Gesundheitsämter. 35 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.7.1 Gonorrhoe (Tripper) Die durch Bakterien der Art Neisseria gonorrhoeae verursachte Infektion ist eine der häufigsten Geschlechtskrankheiten in Deutschland. Die Übertragung erfolgt in erster Linie über den Geschlechtsverkehr, bei dem bakterienhaltiges Sekret direkt mit der Schleimhaut in Kontakt kommt. Symptome einer Lokalinfektion (Urethritis: u.a. Schmerzen beim Wasserlassen, Ausfluss) entwickeln ca. 90 % der Männer und 60 bis 70 % der Frauen. Infizierte Schwangere können ihr Kind während der Geburt anstecken, was zu einer Konjunktivitis des Neugeborenen führen kann. Dies war früher eine der häufigsten Ursachen für die Erblindung von Kindern in der westlichen Welt. Um dies zu verhindern, wurde den Neugeborenen sofort nach der Geburt Silbernitrat in die Augen getropft. In der heutigen Zeit können solche Fälle durch Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft weitestgehend verhindert werden. Abb. 27: Neisseria gonorrhoeae Für das Bundesgebiet kann über die aufgetretenen Infektionen im Jahr leider keine Auskunft gegeben werden, da hier wie bereits erwähnt, keine Meldepflicht existiert. Jahr Infektionen abs. Infektionen / 100.000 EW 2004 359 8,3 2005 437 10,1 2006 459 10,7 2007 463 10,8 2008 428 10,1 2009 531 12,6 Tabelle 15: Gonorrhoe-Infektionen 2004 bis 2009 in Sachsen Der Freistaat Sachsen hat von der Möglichkeit der Erweiterung der Meldepflicht mittels Sächsischer Meldeverordnung Gebrauch gemacht. Allerdings werden nur die Erregernachweise erfasst. Im Jahr 2009 kamen auf diesem Weg insgesamt 531 Infektionen (12,6 Fälle pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Somit stieg die Infektionsrate gegenüber dem Jahr 2008 deutlich an (+ 24 %). 2.7.2 Lues (Syphilis) Der Erreger der Syphilis ist das Bakterium Treponema pallidum, welches bei direkten sexuellen Kontakten über kleinste Verletzungen der Schleimhaut oder Haut in den Organismus eindringt. Von Bedeutung ist besonders die diaplazentare Übertragung der werdenden Mutter auf ihr ungeborenes Kind (Fehlgeburt, Missbildungen). Nur etwa die Hälfte der sich infizierenden Patienten erkrankt symptomatisch. Unbehandelt bilden sich häufig chronische Verläufe heraus. Die Syphilis kann mittels Antibiotika gut beherrscht werden. Abb. 28: T. pallidum 36 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Jahr Sachsen E abs. Infektionen pro 100.000 EW Deutschland E abs. Infektionen pro 100.000 EW 2004 89 2,1 3.352 4,1 2005 185 4,3 3.210 3,9 2006 120 2,8 3.147 3,8 2007 88 2,1 3.258 4,0 2008 168 4,0 3.172 3,9 2009 136 3,2 2.556 3,1 Tabelle 16: Syphilis-Infektionen 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Die Infektion unterliegt nach dem Infektionsschutzgesetz einer nichtnamentlichen Meldepflicht in Form einer Direktmeldung an das RKI. Auf diesem Weg kamen so deutschlandweit 2.556 Infektionen (3,1 Fälle pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Das waren 19 % weniger als noch 2008. In 80 % der Meldungen lagen Informationen zum Infektionsland vor, bei 93 % davon wurde Deutschland angegeben. Der Anteil der Frauen sank auf 6 %. 2001 lag der Frauenanteil dieser Infektion noch bei 16 %. Entsprechend lag die Syphilis-Inzidenz bei Männern mit 6 Fällen pro 100.000 Einwohner 16-mal höher als bei den Frauen mit etwa 0,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. In Sachsen sank die Zahl der erfassten Neuerkrankungen analog der bundesweit erfassten Infektionen gegenüber dem Vorjahr um etwa 20 %. Absolut wurden im Berichtsjahr 136 Infektionen (3,2 Fälle pro 100.000 Einwohner) erfasst. Diese betrafen hauptsächlich Patienten im Alter zwischen 25 und 44 (8 Infektionen pro 100.000 der Altersgruppe). Von den 136 erfassten Patienten dieser Altersgruppe handelte es sich in 114 Fällen um Männer. Es kam eine Erkrankung einer Neurosyphilis mit Meningitis zur Meldung. Auf diese wurde bereits unter Punkt 2.4.1.3 näher eingegangen. 2.7.2.1 Konnatale Lues Während der Schwangerschaft und bei der Geburt kann eine erkrankte Mutter die Infektion auf ihr Kind übertragen. Die diaplazentare Übertragung ist ab dem vierten Schwangerschaftsmonat bis einschließlich der Geburt möglich und kann zu Abort, Totgeburt oder einer Schädigung des Kindes führen. In Deutschland werden durch die im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien vorgeschriebenen Untersuchungen nahezu alle unbehandelten Syphilisfälle bei Schwangeren entdeckt und die Übertragung verhindert. Im Jahr 2009 wurden in ganz Deutschland 3 konnatale Syphilis-Fälle gemeldet. Diese geringe Zahl ist als Erfolg des Syphilis-Screenings in der Schwangerschaft zu werten. Im Berichtsjahr 2009 wurde im Freistaat Sachsen eine konnatale Infektion übermittelt: ¾ Betroffen war ein zum Zeitpunkt der Geburt klinisch unauffälliges, weibliches Neugeborenes mit dem Nachweis einer serologischen Lues-Infektion. Bei der 26-jährigen Mutter des Kindes konnte die Infektion ebenfalls bestätigt werden. Unklar blieb, ob die serologischen Untersuchungen der Kindesmutter während der Schwangerschaft oder erst im Rahmen der Entbindung erfolgten. 37 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.7.3 Infektionen durch Chlamydia trachomatis und Mycoplasma hominis Chlamydia trachomatis gehört weltweit zu den bedeutendsten Erregern sexuell übertragbarer Erkrankungen in den Industriestaaten. Es handelt sich um ein Bakterium, welches die häufigste Ursache von Urogenitalinfektionen ist. Für Deutschland gibt es über die Zahl der Neuinfektionen keine genauen Angaben. Laut Aussage des RKI wird jährlich mit etwa 300.000 genitalen Chlamydien-Neuinfektionen gerechnet. Mycoplasma hominis (gramnegatives Bakterium) führt zu Entzündungen des Urogenitaltraktes. Eine Übertragung des Erregers von der Mutter auf ihr Kind ist unter der Geburt möglich. Beim Neugeborenen kann dies zu schweren respiratorische Erkrankungen bis hin zur Ausbildung einer Sepsis führen. Abb. 29: C. trachomatis Abb. 30: M. hominis Wie in Tabelle 17 dargestellt, stieg die Zahl der erfassten Infektionen in den letzten fünf Jahren kontinuierlich an. In Sachsen kamen im Berichtsjahr 4.787 Infektionen durch Chlamydia trachomatis und Mycoplasma hominis zur Meldung. Das bedeutete einen Anstieg um rund 13 % zum Vorjahr. Betroffen waren hauptsächlich weibliche Patienten (4.216 Fälle). Jahr übrige Erreger sexuell Mycoplasma hominis übertragbarer Infektio- Chlamydia trachomatis nen gesamt Infektionen Infektionen Infektionen Fälle / Fälle / Fälle / abs. abs. abs. 100.000 EW 100.000 EW 100.000 EW 2004 1.980 45,8 1.773 41,0 207 4,8 2005 2.457 56,9 2.168 50,2 289 6,7 2006 2.725 63,4 2.183 50,8 542 12,6 2007 3.121 73,0 2.558 59,9 563 13,2 2008 4.240 99,8 3.750 88,2 490 11,5 2009 4.787 113,4 4.252 100,8 535 12,7 Tabelle 17: Chlamydia trachomatis- und Mycoplasma hominis-Infektionen 2004 bis 2009 in Sachsen 38 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.7.4. Infektion durch Streptokokken der Gruppe B – Streptococcus agalactiae Streptococcus agalactiae gehört zur Gruppe B der Streptokokken und ist der Hauptverursacher einer bakteriellen Sepsis, Pneumonie und Meningitis bei Neugeborenen und des Kindbettfiebers. In zunehmendem Maße werden auch Infektionen von immunsuprimierten Personen bekannt. Diese Bakterien gelten zwar nicht als "typische" Erreger einer Geschlechtskrankheit, sie können aber beim Sexualkontakt weitergegeben werden. Die Trägerrate liegt zwischen 10 und 30 %. Die Infektionssymptomatik bei Neugeborenen kann in den ersten 5 Lebenstagen („earlyonset“) oder erst nach einer Latenzzeit von sieben Tagen oder länger („late-onset“) auftreten. Wegen der Bedeutung als Verursacher schwerer Neugeboreneninfektionen wird bei Schwangeren eine Vorsorgeuntersuchung auf Streptococcus agalactiae gegen Ende der Schwangerschaft (35. bis 37. SSW) empfohlen. Wurde bei der Schwangeren S. agalactiae nachgewiesen, führt die Geburtsklinik bei der Geburt eine prophylaktische Antibiotikabehandlung der Mutter durch. In Sachsen ist laut der Sächsischen Meldeverordnung der Nachweis von S. agalactiae meldepflichtig. Es wird unterschieden zwischen der Infektion von Schwangeren und der von Neugeborenen. Im Berichtsjahr 2009 kamen insgesamt 1.711 Erregernachweise (1.687 Schwangere, 24 Neugeborene) zur Meldung. Erstmals seit 2005 war die Zahl der erfassten Infektionen leicht rückläufig. Es kann angenommen werden, dass die Dunkelziffer sicher weit höher liegt. Da es sich beim sogenannten „Schwangeren-Screening auf GBS“ um eine individuelle Gesundheitsleistung handelt, das heißt, der Test wird unter Umständen nicht durch die gesetzliche Krankenkasse bezahlt, nehmen viele Schwangere diese Vorsorgemaßnahme nicht in Anspruch. Jahr Infektionen abs. Infektionen / 100.000 EW 2004 845 19,4 2005 1.163 27,1 2006 1.270 29,6 2007 1.824 42,7 2008 1.752 41,2 2009 1.711 40,5 Tabelle 18: Streptokokken der Gruppe B-Infektionen 2004 bis 2009 in Sachsen ¾ Noch am Tag seiner Geburt (termingerecht) erkrankte ein weiblicher Säugling mit septischem Krankheitsbild. Die eingeleitete Blutuntersuchung erbrachte den Nachweis von Streptococcus agalactiae. Über eine mögliche Infektion der Mutter wurde nichts bekannt. 39 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.8 Weitere ausgewählte Erkrankungen 2.8.1 Borreliose Die Erreger der Lyme-Borreliose sind Bakterien: die Borrelien. Übertragen wird die Erkrankung durch den Stich infizierter Zecken. Als typisches Zeichen der Erkrankung tritt kurze Zeit nach der Infektion um die Stichstelle eine scharf abgegrenzte ringförmige Rötung auf: das Erythema chronicum migrans (ECM). Im weiteren Verlauf kann es in schwereren Fällen zu Erkrankungen mit ZNS-Beteiligung kommen (frühe Neuroborreliose). Ein Spätstadium der Borreliose ist die Lyme-Arthritis. Sie kann unter Umständen erst Monate bis Jahre nach einer Infektion auftreten. Ein rechtzeitiges Erkennen und Behandeln einer Borreliose ist deshalb sehr wichtig. Abb. 31: B. burgdorferi Eine Auswertung des Borreliose-Vorkommens auf gesamtdeutscher Ebene ist leider nicht möglich, da es keine einheitliche Meldepflicht gibt. Jedoch haben die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen mit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes Gebrauch von der Möglichkeit der Ausweitung der Meldepflicht gemacht, so dass dort die Borreliose weiterhin erfasst wird. Legt man die erhobenen Daten aus diesen Bundesländern zu Grunde, kann ein jährliches leichtes Absinken der Neuerkrankungsraten seit 2007 registriert werden. Dieser Trend ist auch in Sachsen eingetreten. Jahr Erkrankungen abs. Erkrankungen / 100.000 EW 2004 1.562 35,9 2005 1.636 37,9 2006 2.219 51,7 2007 1.967 46,0 2008 1.941 45,7 2009 1.790 42,4 Tabelle 18: Borreliose 2004 bis 2009 in Sachsen Wie aus der Tabelle ersichtlich, lag die Inzidenz der Borreliose 2009 mit 42,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner deutlich niedriger als im Vorjahr. Es kamen absolut 1.790 Erkrankungen zur Meldung. Seit 2007 ist in Sachsen die Inzidenz bei den Borreliosen rückläufig. Die meisten Patienten (1.712) gaben als Symptom ein ECM an. In 57 Fällen wurde die Erkrankung als frühe Neuroborreliose, darunter 14-mal mit dem klinischen Bild einer Meningitis, erfasst. Hauptsächlich betroffen waren Patienten im Alter zwischen 45 und 64 Jahren. Beim Auftreten der Borreliose-Erkrankungen ist ein saisonaler Verlauf zu beobachten. Mit dem Ansteigen der Außentemperaturen, was die Entwicklung in der Zeckenpopulation begünstigt, wird auch eine Zunahme der Infektionen registriert. Der Höhepunkt lag im Jahr 2009 in den Monaten Juli und August. 40 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Zum 1. Januar 2009 wurde die Falldefinition für Borrelia burgdorferi sensu lato geändert und die akute Lyme-Arthritis in die Meldepflicht aufgenommen. Übermittlungspflichtig ist eine akute Lyme-Arthritis, wenn es sich um eine klinischlabordiagnostisch bestätigte Erkrankung mit folgenden Kriterien handelt: Das klinische Bild einer akuten Lyme-Arthritis ist erfüllt, wenn die folgenden beiden Kriterien vorliegen: - erstmalig (ggf. intermittierend) auftretende Mon- oder Oligoarthritis UND - der Ausschluss von Arthritiden anderer Genese (z. B. reaktive Arthritiden und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises) Der labordiagnostische Nachweis ist erfüllt, wenn mindestens eine der drei folgenden Methoden einen positiven Befund erbringt: Indirekter (serologischer) Erregernachweis: IgG-Antikörpernachweis (z. B. ELISA), bestätigt z. B. mit Western Blot oder Line-Assay Direkter Erregernachweis nur aus Gelenkpunktat: Erregerisolierung (kulturell) Direkter Erregernachweis nur aus Gelenkpunktat: Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR). Im Berichtszeitraum 2009 kamen in Sachsen 21 Fälle einer akuten Lyme-Arthritis zur Meldung. 2.8.2 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gehört zur Gruppe der humanen spongiformen Enzephalopathien. Bemerkbar macht sie sich durch einen fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten. Später kommen Koordinationsschwierigkeiten hinzu. Grund dafür sind Veränderungen im Gehirn; die auslösenden Faktoren sind wahrscheinlich Prionen (Proteine). Betroffen sind hauptsächlich Personen über 60 Jahre. Die Übertragung der Infektion ist bisher noch weitgehend unerforscht. Bekannt wurde jedoch das gehäufte Auftreten nach Hirnhaut- und Hornhauttransplantationen, sowie nach Injektion von menschlichem Wachstumshormon. Die Erkrankung verläuft immer tödlich - eine endgültige Diagnose kann erst durch eine postmortale Untersuchung des Gehirns gestellt werden. Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 1 0,02 81 0,10 2005 4 0,09 91 0,1 2006 7 0,2 98 0,1 2007 7 0,2 96 0,1 2008 6 0,1 123 0,1 2009 7 0,2 86 0,1 Tabelle 19: Creutzfeldt-Jakob-Krankheit 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Laut SurvStat des RKI, der Möglichkeit der Abfrage der Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz über das Web, kamen im Jahr 2009 bundesweit 86 Creutzfeldt-Jakob-Fälle zur Meldung. 41 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Auf den Freistaat Sachsen entfielen im Berichtszeitraum sieben Erkrankungsfälle, von denen 4 verstarben. Bei den Patienten handelte es sich um 3 Männer und 4 Frauen im Alter zwischen 46 und 83 Jahren. Die Neuerkrankungsrate lag bei 0,17 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und lag 2009 über der bundesdeutschen Inzidenz. Bei 6 erfassten Erkrankungen an CreutzfeldtJakob-Krankheit handelte es sich um klinische Verdachtsfälle. Bei 3 verstorbenen Patienten wurde eine Sektion eingeleitet. In nur einem Fall erfolgte die Rückmeldung durch das NRZ an die zuständige Landesbehörde, welche die bereits gestellte Diagnose bestätigte. 2.8.3 Echinokokkose Die Echinokokkose ist eine seltene, aber in Europa die gefährlichste Parasitenerkrankung des Menschen. Die Infektion wird durch Vertreter der Gattung Echinococcus (E.) verursacht – die zystische Echinokokkose durch den Kleinen Hundebandwurm (E. granulosus) und die alveoläre Echinokokkose durch den Kleinen Fuchsbandwurm (E. multilocularis). E. vogeli kommt nur in Zentral- und Südamerika vor, Infektionen beim Menschen sind sehr selten. Als Übertragungswege des Parasiten über die mit dem Kot des Hauptwirtes ausgeschiedenen Eier kommen für den Menschen direkte Kontakte (Fell des Hauptwirtes), Schmierinfektionen, der Umgang mit konta- Abb. 32: E. multilocularis minierter Erde oder die Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel in Betracht. Im Darm schlüpfen die Larven und erreichen über die Pfortader die Leber und von dort auch andere Organe wie z. B. die Lunge. Die Echinokokkose hat eine sehr lange Inkubationszeit (bis zu 15 Jahre). Laut SurvStat des RKI, der Möglichkeit der Abfrage der Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz über das Web, kamen im Jahr 2009 bundesweit 106 Echinokokkosen zur Meldung. In 66 Fällen handelte es sich um eine zystische und 24-mal um die alveoläre Form. Alle anderen gemeldeten Infektionen (n = 16) wurden nicht differenziert. Bei dem Erreger der Echinokokkose (Echinococcus sp.) handelt es sich nach dem Infektionsschutzgesetz um eine nicht namentliche Direktmeldung an das RKI. Leider wird in diesem Fall oft die Sächsische Meldeverordnung außer Acht gelassen, die besagt, dass in Sachsen diese Erkrankung namentlich auch an das zuständige Gesundheitsamt zu übermitteln ist. Somit kann hier von einer Untererfassung der Infektionen durch Echinococcus sp. ausgegangen werden. Um dieser entgegenzuwirken, wurde seitens der sächsischen Landesstelle eine Rückmeldung der am RKI eingegangenen Erhebungsbögen angeregt. Erstmals seit 2003 wurde im Freistaat Sachsen wieder eine Erkrankung erfasst: ¾ Eine 49-jährige deutsche Frau aus dem Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erkrankte bereits 2005 mit starken Oberbauchschmerzen. Durch die damals eingeleitete Sonografie konnte die Infektion diagnostiziert werden. Die Patientin unterzieht sich seit dieser Zeit einer jährlichen serologischen Kontrolle bei ihrer Hausärztin. Die letzte Blutuntersuchung erbrachte einen IgG-Wert von 1:1.024. Es handelte sich um die zystische Form der Echinokokkose. Als Infektionsquelle kann der häufige Genuss von infizierten Waldfrüchten angenommen werden. Dieser Fall aus dem Jahr 2005 wurde somit erst jetzt statistisch erfasst. 42 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.8.4 Gasbrand Gasbrand wird zu 90 % durch das Bakterium Clostridium perfringens hervorgerufen und kann schwere Infektionen mit Gewebezersetzung auslösen. Der Erreger kann überall vorhanden sein: z. B. auf der Haut, im Darm sowie im Erdreich oder Staub. Gasbrand heißt diese Erkrankung, weil die Bakterien ein Gas produzieren, welches im umgebenden Gewebe eine Zellmembranzerstörung und Ödembildung bewirkt. Die Gasbranderreger sind Anaerobier; das heißt, sie gedeihen im sauerstoffarmen Gewebe besonders gut und sterben im sauerstoffangereicherten Gewebe ab. Abb. 33: C. perfringens Im Jahr 2009 wurden im Freistaat 5 Erkrankungen, darunter 2 mit Todesfolge erfasst. Das entsprach einer Morbidität von 0,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Vergleichbare Zahlen für Deutschland stehen leider nicht zur Verfügung, da diese Infektion nach dem Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig ist. ¾ Einem bereits vorgeschädigten 70-Jährigen (dialysepflichtig, beidseitig unterschenkelamputiert) aus dem Landkreis Meißen wurde wegen eines bestehenden arteriellen Verschlusses ein Oberschenkel amputiert. Noch am gleichen Tag zeigten sich Entzündungszeichen im Wundbereich. Die Infektion konnte nicht beherrscht werden; der Patient verstarb sechs Tage später. Aus Wundabstrich wurde C. perfringens nachgewiesen. ¾ Ein 43-jähriger Mann aus dem Leipziger Landkreis erlitt nach einem Fenstersturz schwere arterielle Verletzungen im Bereich des Gesäßes. Wenige Tage später kam es im genannten Bereich zur Gasbildung. Aus der Blutkultur und einem Wundabstrich gelang der Nachweis von C. perfringens. Trotz intensivmedizinischer Therapie verstarb der Patient am 14. Tag nach dem Sturz. 2.8.5 Influenza Die Influenza ist eine Infektion der Atemwege durch Orthomyxoviren vom Typ A, B oder C. Für den Menschen relevant sind Influenza A- und Influenza B-Viren. Sie schädigen die Schleimhaut der Atemwege und ermöglichen den Eintritt viraler Toxine oder bestimmter Bakterien in den Körper. Eine Influenza tritt auf der Nordhalbkugel in der Regel gehäuft von Dezember bis April auf und ist sehr ansteckend. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts stecken sich bei den jährlichen Influenza-Wellen, die sich von Jahr zu Jahr deutlich voneinander unterscheiden, in Deutschland schätzungsweise 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung an. 2.8.5.1 Abb. 34: Influenzavirus Influenza A Neue Influenza H1N1 Seit April 2009 machte das „Schweinegrippe-Virus“ A/H1N1 Furore. Anders als das VogelgrippeVirus hat dieses Virus einen entscheidenden Schritt in Richtung Pandemie geschafft. Auf Grund dessen, dass es sich bei dem Virus um eine vierfache Reassortante mit den Anteilen: SchweineVirus aus Nordamerika, Schweine-Virus aus Europa und Asien, humanes Virus und aviäres Virus handelte, sprach man bzw. die Medien schnell von der „Schweinegrippe“, obwohl alle Fälle keinen bekannten Kontakt zu Schweinen hatten. Das Robert Koch-Institut informierte die zu- 43 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 ständigen Ansprechpartner der Ministerien und Landesstellen über das Auftreten eines neuartigen Influenza A/H1N1-Virus. Nachdem bereits ab Ende des Jahres 2008 vereinzelte Erkrankungsfälle in Nordamerika (Kalifornien und Texas) registriert worden waren, gingen aus verschiedenen Provinzen Mexikos Meldungen über größere Erkrankungsausbrüche mit schweren Atemwegsinfektionen ein. Die Situation wurde als besorgniserregend eingestuft, zumal zunächst Letalitätsraten von 7 % und mehr angegeben wurden, die sich glücklicherweise später als falsch herausstellen sollten. 2009 wurden dem Robert Koch-Institut 222.886 Fälle von pandemischer Influenza (H1N1)2009 übermittelt. Die wahre Zahl der Infizierten dürfte jedoch um ein Vielfaches höher gelegen haben. In Deutschland wurden im Jahr 2009 180 Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit einer pandemischen Influenza erfasst. Eine Impfung gegen die Neue Influenza A/H1N1 wurde ab Oktober angeboten; zuerst für das Schlüsselpersonal, dann für die gesamte Bevölkerung. Leider bestand durch die zum Teil irreführende und falsche Berichterstattung seitens der Medien eine ausgeprägte Verunsicherung der Bevölkerung und der Ärzte den Impfstoff betreffend. Nachdem ein Reiserückkehrer aus Mexiko als erster Influenza A/H1N1v-Erkrankungsfall in Deutschland (Bayern) am 28.04.09 gemeldet worden war, erreichte die Neue Influenza in Gestalt eines US-Staatsbürgers schließlich am 30.05.09 auch den Freistaat Sachsen. Die ersten in Sachsen wie auch bundesweit registrierten Erkrankungsfälle betrafen ausschließlich Personen, die sich zuvor in den entsprechenden Risikoländern (zunächst Mexiko und die USA, später auch Spanien, Großbritannien usw.) aufgehalten hatten bzw. deren enge Kontaktpersonen. Um die Arbeitsbelastung der Gesundheitsämter zu senken, wurde bundesweit ab Mitte November ein geändertes Übermittlungsverfahren eingeführt. Hierbei mussten nur noch die ersten 10 Fälle pro Woche und Kreis als sogenannte Einzelfälle über die Landesstellen an das RKI weitergemeldet werden, die übrigen Erkrankungen wurden als „aggregierte Fälle“ aufgeteilt in drei Altersgruppen erfasst (summiert). Im Jahr 2009 kamen so in Sachsen 10.700 Fälle an Neuer Influenza zur Meldung. Somit errechnete sich eine Neuerkrankungsrate von 254 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 350 300 250 200 150 100 <15 15 - < 60 50 60 u. älter 0 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 Meldew ochen Abb. 35: Neue Influenza 2009 im Freistaat Sachsen Verlauf nach Altersgruppen (mit aggregierten Daten) Der Höhepunkt der pandemischen Welle wurde in Sachsen wie auch bundesweit zwischen der 46. und 48. KW erreicht. Am meisten betroffen war die Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen mit 44 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 23 %, gefolgt von der der 5- bis 9-jährigen Kinder. 66 % aller Erkrankten waren jünger als 20 Jahre, 33 % zwischen 20 und 64 und nur 1 % älter als 65 Jahre. Insgesamt 58 Erkrankungshäufungen an Neuer Influenza wurden erfasst, 32 dieser Ausbrüche (55 %) ereigneten sich in Schulen, 11 (19 %) in Familien, 7 (12 %) in Kindertagesstätten. Im Freistaat Sachsen verstarben im Jahr 2009 insgesamt 6 ungeimpfte Patienten nachweislich an Neuer Influenza. ¾ Betroffen waren fünf Männer und eine Frau im Alter zwischen 44 und 63 Jahren. In zwei Fällen lagen keine Grunderkrankungen bzw. Risikofaktoren vor, bei einem der Verstorbenen wurden Adipositas und eine nicht behandlungsbedürftige chronische Colitis angegeben, ein weiterer Patient wies neben dem Risikofaktor Adipositas auch die Vorerkrankungen Diabetes sowie chronische Herz-Kreislaufund Lungenerkrankungen auf. Schließlich verstarben auch zwei LeukämiePatienten, die jeweils während eines stationären Aufenthaltes zur Durchführung einer Chemotherapie erkrankt waren. Diese letztgenannten beiden Todesfälle unterstreichen die Wichtigkeit der Impfung einerseits für Risikogruppen, andererseits auch für deren Kontaktpersonen und vor allem für medizinisches Personal. 2.8.6 Legionellose Die Erreger der Legionellose sind Bakterien (Legionella pneumophila), welche als sogenannte Umweltkeime in natürlichen, aber auch künstlichen wasserführenden Systemen vorkommen. Ihr primäres Reservoir ist das Süßwasser. Hier sind sie in geringer Zahl natürlicher Bestandteil von Oberflächengewässern und Grundwasser. Eine erhöhte Vermehrung der Legionellen begünstigen Wassertemperaturen zwischen 25 und 45° C und die Wasser-Verweildauer im Leitungssystem. Eine Verbreitung wird durch das Entstehen von Aerosolen begünstigt. Zur Erkrankung kann es kommen, wenn die ErreAbb. 36: L. pneumophila ger in die tieferen Atemwege gelangen. Die Symptomatik reicht von asymptomatischen Infektionen bis hin zu schwerwiegenden Pneumonien mit tödlichem Verlauf. Besonders gefährdet sind immunsupprimierte Patienten. Unterschieden werden zwei Arten der Legionellen-Infektion: Das sogenannte Pontiac-Fieber (Fieber, Husten, Muskelschmerzen) und die Legionärskrankheit, die zusätzlich mit einer Pneumonie einhergeht. Nach neuesten Schätzungen geht man davon aus, dass in Deutschland etwa 4 % aller auftretenden Pneumonien durch Legionellen verursacht werden. Als Risikogruppen gelten Abwehrgeschwächte, chronisch Kranke und ältere Menschen sowie Raucher. Bundesweit wurden 503 Erkrankungen registriert, was einer Neuerkrankungsrate von 0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Der seit 2007 rückläufige Trend scheint sich fortzusetzen. Der krankheitsbedingte Tod durch die Legionärskrankheit wurde in 35 Fällen gemeldet. In Sachsen wurden 16 Erkrankungen sowie 2 Erregernachweis ohne klinisches Bild erfasst. Dies entsprach einer Erkrankungshäufigkeit von 0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und einem leichten Ansteigen der Fälle gegenüber dem Vorjahr. Bei allen übermittelten Infektionen handelte es sich um Einzelfälle. Es wurde kein Patient als krankheitsbedingt verstorben erfasst. Durch die Anpassung der Falldefinitionen ab 01.01.2007 an europäische Kriterien (Fälle ohne Pneumonie werden nicht mehr erfasst) verringerte sich die Anzahl der Erkrankungsfälle merklich. 45 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 27 0,6 475 0,6 2005 30 0,7 554 0,7 2006 39 0,9 571 0,7 2007 21 0,5 529 0,6 2008 12 0,3 525 0,6 2009 16 0,4 503 0,6 Tabelle 20: Legionellose 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Die demographische Verteilung zeigt, dass mit steigendem Lebensalter und bestehenden Risikofaktoren (2009 besonders Immunsuppression und Alkoholabusus) die Inzidenz anstieg. So war nur eine Patientin jünger als 44 Jahre; 11 Patienten gehörten zur Altersgruppe der über 65Jährigen (die zwei ältesten Patienten waren jeweils 80 Jahre alt). Geschlechtsspezifisch betrachtet, waren Männer fast doppelt so häufig betroffen als Frauen. Als mögliche Infektionsquellen wurden ermittelt: 7-mal Angabe von Aufenthalten in Hotels oder Pensionen, 3-mal häuslicher Bereich sowie 2-mal Aufenthalt in Krankenhäusern. In einem Fall bestätigten positive Wasseruntersuchungen die Erkrankung des Patienten. Bei 3 Erkrankungsfällen lag eine labordiagnostische Bestätigung der vermuteten Exposition vor. So gelang es, aus Wasserproben in Privathaushalten sowie einem Krankenhaus niedrige Legionellenkonzentrationen (< 100 KBE/100 ml) nachzuweisen. 2.8.7 Leptospirose Die Leptospirose ist eine weltweit auftretende, akut verlaufende Infektionskrankheit, die durch gramnegative Bakterien (Leptospira interrogans) hervorgerufen wird. Die natürlichen Wirte der Leptospiren sind vorrangig Ratten und Mäuse, aber auch zahlreiche andere Haus- und Nutz- und Wildtiere. Diese scheiden die Bakterien über den Urin aus. Der Mensch infiziert sich durch direkten oder indirekten Kontakt, meist mit kontaminiertem Erdreich oder Wasser. Die Infektion verläuft häufig mit grippaler Symptomatik, es können jedoch auch lebensbedrohliche Formen mit Blutungsneigung, Leber- oder Nierenversagen (Morbus Weil) auftreten. Abb. 37: L. interrogans Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI kamen 2009 deutschlandweit 92 Leptospirosen gemäß Referenzdefinition zur Meldung. Damit lag die Inzidenz mit 0,11 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner deutlich (+ 38 %) über der des Vorjahres 2008. Es wurden im gesamten Bundesgebiet keine Todesfälle durch Leptospirose registriert. 46 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 5 0,12 58 0,07 2005 5 0,1 58 0,07 2006 1 0,02 46 0,05 2007 8 0,2 166 0,2 2008 2 0,05 66 0,08 2009 2 0,05 92 0,1 Tabelle 21: Leptospirose 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland In Sachsen wurden im Jahr 2009 lediglich 2 Leptospirose-Erkrankungen erfasst. Todesfälle kamen nicht zur Meldung. ¾ Ein 13-Jähriger aus dem Landkreis Zwickau erkrankte mit grippeähnlicher Symptomatik. Als mögliche Infektionsquelle wurde ein Aufenthalt in Kuba angenommen. Fall zwei betraf einen 24-Jährigen aus dem Landkreis Bautzen, welcher mit Fieber, Nackensteife und Schüttelfrost erkrankte. Als Infektionsquelle wurde der berufliche Kontakt zu Abwässern angegeben. Beide Infektionen wurden serologisch bestätigt. 2.8.8 Listeriose Die Erreger der Listeriose sind stäbchenförmige Bakterien, welche in der Umwelt nahezu weltweit verbreitet sind. Ein bis zehn Prozent der Menschen (sowie viele Säugetiere) tragen Listerien im Darm und scheiden sie im Stuhl aus. Die Inkubationszeit wird mit 3 bis 45 Tagen angegeben. Genauere Angaben fehlen, da die Listeriose meist unbemerkt lokal beginnt (Besiedlung im MagenDarm-Trakt) und bei guter Immunabwehr oft symptomlos verläuft. Überwiegend tritt ein leichtes Krankheitsgefühl mit Fieber auf. Die Abb. 38: L. monocytogenes Erregeraufnahme erfolgt hauptsächlich durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel (u. a. Rohmilchprodukte, Rohwürste u. ä.). Gefährlich ist die Infektion für Schwangere (sie geben die Infektion an das noch ungeborene Kind weiter) und immunsupprimierte Personen (mögliche Komplikationen: Meningitiden, Enzephalitiden, sowie Herzerkrankungen). Bundesweit wurden im Berichtszeitraum 394 Listeriosen (0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Die Erkrankungszahlen stiegen wieder an und somit lag die Inzidenz 2009 28 % über der des letzten Jahres. Es kamen 35 Todesfälle (9 % der Erkrankten) zur Meldung, bei denen 34 der Patienten über 60Jahre alt waren. Die Listeriose gehört neben der Meningokokken-Meningitis zu den meldepflichtigen bakteriellen Erkrankungen mit der höchsten Letalität. In Sachsen wurden 23 Listeriosen (0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) sowie 2 Erregernachweise ohne Angaben zum klinischen Bild erfasst. 8 Erkrankungen verliefen mit einer Sepsis, in 2 Fällen wurde das Krankheitsbild einer Meningitis beschrieben. Pneumonie und Fieber wurde bei den meisten Patienten als Hauptsymptome angegeben. Im Hinblick auf die Altersverteilung bei den Listeriosen wurde festgestellt, dass fast 47 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 alle Patienten in die Altersgruppe der älteren Erwachsenen (über 60 Jahre) eingeordnet wurden (n = 14). Bei vielen Patienten bestand zudem noch eine Grunderkrankung. Ausbrüche kamen nicht zur Meldung. Es wurden 5 Todesfälle registriert. Betroffen waren vier Frauen und ein Mann im Alter zwischen 63 und 90 Jahren. Bei vier Patienten war eine bereits bestehende Grunderkrankung bekannt. Jahr Sachsen abs. E pro 100.000 EW Deutschland abs. E pro 100.000 EW 2004 16 0,4 296 0,4 2005 30 0,7 510 0,6 2006 29 0,7 508 0,6 2007 32 0,8 356 0,4 2008 25 0,6 307 0,4 2009 23 0,5 394 0,5 Tabelle 22: Listeriose 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland 2.8.8.1 Konnatale Listeriose Schwangere haben ein deutlich höheres Risiko, an einer Listeriose zu erkranken. Meist äußert sich die Erkrankung als grippeähnlicher kurzer Fieberschub, welcher oft nicht ernst genommen wird. Es kann sich jedoch eine Entzündung des Mutterkuchens einstellen und die Infektion geht auf das ungeborene Kind über (konnatale Infektion durch diaplazentare Übertragung). Bei Infektionen im ersten Trimenon der Schwangerschaft kann der Fötus absterben und es kommt zum Abort. Spätere Infektionen, führen zu einer intrauterinen Listeriose, welche zum Tod und damit zum Spätabort des ungeborenen Kindes führen oder eine Frühgeburt verursachen kann. Laut dem Statistischen Jahrbuch des RKI 2009 kamen bundesweit 21 konnatale Infektionen zur Meldung. Über Todesfälle wurde nicht berichtet. Im Freistaat Sachsen wurden im Jahr 2009 zwei konnatale Listeriosen erfasst. ¾ Ein Leipziger Ehepaar verzehrte in einem Restaurant den spanischen Edelschimmelkäse „Cabrales* Die 36-jährige schwangere Frau hatte nur geringe Mengen gekostet, der 58-jährige Mann, ein Liebhaber dieser Käsesorte, eine größere Portion gegessen. Zwei Tage später klagte der Mann über gastroenteritische Beschwerden (Bauchschmerzen und Durchfall). Weitere zwei Tage später wurde die Frau mit hohem Fieber, vorzeitiger Wehentätigkeit in der 36. SSW bei fehlenden Kindsbewegungen hospitalisiert. Am darauffolgenden Tag kam es zur Spontangeburt. Da das Neugeborene ebenfalls fieberte, erfolgte eine Antibiotikatherapie bei Mutter und Kind. Die zuvor entnommene Blutprobe beim Kind ergab den Nachweis von L. monozytogenes Serovar 1/2a. Da beim Vater nie ein Erregernachweis angestrebt wurde und bei der Mutter kein Nachweis gelang, wurden beide Erkrankungen als klinischepidemiologische bestätigte Listeriosen erfasst. *Queso Cabrales reift nur in den Höhlen der Region Cabrales (Provinz Asturien, Spanien).Dieser wird aus nicht pasteurisierter Milch von Kühen, Ziegen und Schafen hergestellt. 48 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 ¾ Aus dem Landkreis Meißen wurde eine konnatale Listeriose gemeldet. Bei einem Neugeborenen (normale, termingerechte Geburt), welches gleich nach der Geburt ein septisches Krankheitsbild zeigte, wurde aus der Blutkultur Listeria monocytogenes nachgewiesen. Die 25-jährige Mutter des Säuglings war nicht erkrankt. 2.8.9 MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) - invasive Erkrankung Staphylokokken sind unbewegliche, nicht sporenbildende gramnegative Kokken und als Besiedler der Haut sowie der Schleimhäute des MundRachenraums bei Menschen und Tier weit verbreitet. Als Infektionserreger sind sie fakultativ pathogen. Die stärkste Pathopotenz besitzt Staphylococcus aureus. Als vielfach antibiotikaresistenter Keim spielt dieser bei immunsuprimierten Patienten in bestimmten Einrichtungen (Seniorenheime, Krankenhäuser o. ä.) eine besondere Rolle. So kommt es bei dieser Personengruppe häufig zu Wundheilungsstörungen oder auch septischen Krankheitsverläufen, welche unter Umständen zum Tode führen können. Abb. 39: S. aureus Gemäß der Verordnung zur Anpassung der Meldepflicht nach §7 IfSG an die epidemiologische Lage ist der Nachweis von MRSA aus Blut oder Liquor seit dem 01.07.2009 meldepflichtig (Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2009 Teil I Nr. 27, ausgegeben zu Bonn am 28. Mai 2009). Laut dem Statistischen Jahrbuch des RKI wurden für das Jahr 2009 seit der Einführung der Meldepflicht bundesweit 1.715 MRSA-Nachweise gemeldet. Es ergab sich somit eine Inzidenz von 9,6 Fällen pro 100.000 Einwohner. Eine ausführliche Auswertung ist auf Grund des kurzen Meldezeitraums bisher noch nicht möglich. Im Freistaat Sachsen wurden 88 invasive MRSA erfasst (7,5 Fälle pro 100.000 Einwohner). Betroffen waren Patienten im Alter zwischen 40 und der 99 Jahren. Die höchste altersspezifische Inzidenz wurde bei den über 65-Jährigen registriert (5,4 Fälle pro 100.000 der Altersgruppe). Auffällig war ein geschlechtsspezifischer Unterschied: bei 75 % aller Betroffenen handelte es sich um Männer. Bei den erfassten Infektionen wurde der MRSA-Nachweis aus Blut geführt. Die Ermittlungen von Angaben zum klinischen Bild gestalteten sich oftmals schwierig, da einige behandelnde Ärzte sich auf die Labormeldepflicht beriefen und somit ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen wollten. Die Auskunftspflicht gegenüber dem Gesundheitsamt ist im Infektionsschutzgesetz 4. Abschnitt „Verhütung übertragbarer Krankheiten“ § 16 „Allgemeine Maßnahmen der zuständigen Behörde“ geregelt. Somit lagen nur für etwa die Hälfte aller Fälle Informationen zum klinischen Bild vor. In 19 Fällen wurde Fieber, in 14 Fällen eine Sepsis und in 7 Fällen eine Pneumonie als Hauptsymptom angegeben. Sowohl an einer Sepsis als auch an einer Pneumonie erkrankten 4 Patienten; ein Patient an einer Sepsis mit Endokarditis. Insgesamt 7 Personen verstarben an den Folgen der Infektion. Dies entsprach einer Letalität von 8 %. Betroffen waren 4 Frauen und 3 Männer im Alter von über 70 Jahren. 49 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.8.10 Ornithose Bakterien der Art Chlamydophila psittaci verursachen zumeist eine atypische Pneumonie. Darüber hinaus können fast alle Organe durch eine Infektion betroffen werden, was zu vielfältigen Krankheitsbildern (Kopf-, Muskel-, Gelenkschmerzen, Lebervergrößerung, Entzündung des Herzens, des Gehirns, der Bindehäute) führt. Der natürliche Wirt dieser weltweit verbreiteten Chlamydienart sind Vögel, weshalb die Erkrankung neben Psittakose auch Ornithose oder Papageienkrankheit genannt wird. Übertragen werden diese Chlamydien durch das Einatmen von erregerhaltigem Staub (z. B. eingetrockneter Vogelkot). Abb. 40: C. psittaci Im Jahr 2009 wurden 26 Ornithosen gemäß der Referenzdefinition an das RKI übermittelt. Die Zahl der Erkrankungen hat sich im Vergleich zum Vorjahr (22 E) nur unwesentlich erhöht. Bei allen Fällen wurde Deutschland als Infektionsland angegeben. Jahr Sachsen abs. E pro 100.000 EW Deutschland abs. E pro 100.000 EW 2004 3 0,07 15 0,02 2005 4 0,09 33 0,04 2006 4 0,09 26 0,03 2007 1 0,02 12 0,01 2008 3 0,07 22 0,03 2009 2 0,04 26 0,03 Tabelle 23: Ornithose 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Im Freistaat Sachsen wurden 2 Erkrankungen erfasst: ¾ Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erkrankte eine 27-Jährige mit unklarer Pneumonie. Serologische Untersuchungen ergaben mittels KBR einen deutlich erhöhten Chlamydiales-Antikörpernachweis. Vermutlich hatte sich die Patientin bei ihren eigenen Papageien (Rosenköpfchen) infiziert. Die Vögel waren zunächst erkrankt gewesen und wenig später verstorben. ¾ Ein 82-Jähriger mit eigener Hühnerhaltung erkrankte mit einer Pneumonie. Mittels PCR gelang der Nachweis von C. psittaci beim Patienten. Die Schlachtung der Hühner wurde veranlasst. Untersuchungsergebnisse gelangten nicht zur Kenntnis. 50 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.8.11 Trichinellose Die Trichinellose oder Trichinose wird durch Fadenwürmer (Nematoden) der Spezies Trichinella hervorgerufen. Der Mensch infiziert sich durch den Verzehr von nicht ausreichend gegartem Fleisch, insbesondere von Wildschwein oder Schwein. Die mit der Nahrung aufgenommenen Larven werden im Darm freigesetzt und wandern bevorzugt in Muskelzellen, wo sie sich verkapseln. Die Infektion geht häufig zunächst mit Bauchbeschwerden, später mit Muskelschmerzen und Schwellungen im Augenbereich einher. Durch die regelmäßig durchgeführte Fleischbeschau ist diese Erkrankung in Deutschland mittlerweile sehr selten. Abb. 41: Trichinella Bundesweit wurde dem RKI im Jahr 2009 lediglich eine Erkrankung sowie 2-mal der Nachweis von Trichinella spiralis (ohne klinische Symptomatik gemäß Falldefinition) gemeldet. Diese bundesweit einzige erfasste Erkrankung betraf den Freistaat Sachsen: ¾ Ein 65-jähriger Mann erkrankte mit einem Exanthem am ganzen Körper sowie Muskelschmerzen. Zur Abklärung dieser Symptomatik wurde er in einer Hautklinik stationär aufgenommen. Die eingeleitete Blutuntersuchung erbrachte einen deutlich erhöhten IgMAK-Titer gegen Trichinella spiralis. Es konnten leider keine Aussagen zur möglichen Infektionsquelle gemacht werden. 2.8.12 Tuberkulose Die Erkrankung wird durch Erreger des Mycobacterium tuberculosisKomplexes hervorgerufen. Die Übertragung erfolgt in der Regel von Mensch zu Mensch als Tröpfcheninfektion. Bei einem hohen Prozentsatz der Infizierten bleibt die Infektion symptomlos. Die Krankheit bricht oft dann aus, wenn das Immunsystem der Betroffenen aufgrund von Mangelernährung, schlechten Wohnverhältnisse oder in der Folge anderer Erkrankungen geschwächt ist. Sie äußert sich mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche, Appetitlosigkeit, leichtem Fieber und Gewichtsabnahme. In Abhängigkeit von den betroffenen Organen Abb. 42: M. tuberculosis ist eine vielfältige Symptomatik möglich. Unbehandelt geht die Tuberkulose mit einem langen und schweren Verlauf einher. Die frühzeitige Erkennung infektiöser Personen sowie eine schnell eingeleitete und konsequent durchgeführte Therapie (über mindestens sechs Monate) sind deshalb besonders wichtig, um bestehende Infektionsketten zu unterbrechen. 2009 kamen in Deutschland 4.432 Erkrankungen zur Meldung (5,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Gegenüber dem Vorjahr (5,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) ist eine leichte Abnahme der Inzidenz um 2 % zu verzeichnen. Damit setzte sich der rückläufige Trend der vergangenen Jahre weiter fort. Mit einem Anteil von 80 %, zu denen entsprechende Angaben vorlagen, trat die Tuberkulose in erster Linie als Lungentuberkulose auf, während sich rund 20 % ausschließlich extrapulmonal manifestierten. Hierbei waren bei rund 10 % die Lymphknoten betroffen. Unter den Lungentuberkulosen betrug der Anteil der offenen Form 77 %. Es wurden insgesamt 139 Fälle erfasst, bei denen die Krankheit tödlich verlief. 51 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 264 6,1 6.549 7,9 2005 220 5,1 6.057 7,3 2006 202 4,7 5.404 6,6 2007 177 4,1 5.027 6,1 2008 181 4,3 4.526 5,5 2009 196 4,6 4.432 5,4 Tabelle 24: Tuberkulose 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Im Freistaat Sachsen ist die Zahl der Tuberkulose-Infektionen entgegen dem bundesdeutschen Trend wieder leicht angestiegen. Diese Entwicklung konnte auch schon im Vorjahr beobachtet werden. Zur Meldung kamen 196 Erkrankungen (sowie 4 Erregernachweise ohne Angaben zum klinischen Bild), was einer Neuerkrankungsrate von 4,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Diese Anzahl bedeutete eine Zunahme von 10 % gegenüber den beiden Vorjahren, liegt aber unter dem 5-Jahres-Mittelwert (210 Fälle). Bei der Betrachtung der hauptsächlich betroffenen Organe dominierte die Lunge mit einem Anteil von 82 %, gefolgt von den Lymphknoten mit fast 7 %. Absolut 41 Infektionen (21 %) betrafen ausländische Bürger bzw. Aussiedler; bei den meisten erfolgte die Diagnosestellung anlässlich ihrer Einreise nach Deutschland. Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 12 10 8 6 4 2 Deutschland Sachsen 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Abb. 43: Entwicklung der Tuberkulose von 2000 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Insgesamt kamen 6 tuberkulosebedingte Todesfälle zur Meldung. 4-mal wurde eine Beteiligung der Atmungsorgane angegeben; bei 2 Patienten handelte es sich um eine disseminierten1 Tuberkulose. ¾ Ein 38-jähriger Alkoholiker verstarb an einer toxischen Lungentuberkulose. Die anderen Todesfälle betrafen drei Frauen (57, 66 und 77 Jahre) sowie zwei Männer (78 und 89 Jahre). Bei allen handelte es sich um deutsche Patienten. 1 Bei einer disseminierten Tuberkulose sind drei oder mehr Organsysteme betroffen. 52 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Die territoriale Verteilung zeigt deutlich, dass die Inzidenz in allen Stadtkreisen (5,3 bis 8,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) über dem sachsenweiten Durchschnitt lag. Auffällig war hier der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, der die zweithöchste Inzidenz (8,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) nach der Stadt Leipzig aufwies. 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 weiblich Abb. 44: >= 65 60 - < 65 55 - < 60 50 - < 55 45 - < 50 40 - < 45 35 - < 40 30 - < 35 25 - < 30 20 - < 25 15 - < 20 unter 15 0 männlich Tuberkulose nach Altersgruppen und Geschlecht in Sachsen 2009 Bemerkenswert war erstmals der hohe Anteil der unter 15-Jährigen (n = 13), darunter 9 Infektionen bei Kleinkindern (unter 5-Jährige). Zwei der Kinder besaßen eine ausländische Staatsbürgerschaft (Indien, Vietnam), alle anderen waren Deutsche ohne Migrationshintergrund. Die Ermittlungen bei den deutschen Kindern ergaben in 7 Fällen eine Infektion durch familiäre Kontakte. Die höchste Inzidenz zeigte sich, wie auch schon in den Vorjahren, in der Altersgruppe der über 65-Jährigen. Hier wurde eine altersspezifische Inzidenz von 9,1 Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe erreicht. Das Erkrankungsrisiko nimmt ab dem 60. Lebensjahr stark zu. Begründet werden kann dies auch mit den im Alter verringerten Abwehrkräften. Verbunden mit der Wahrscheinlichkeit, an einer oder auch an mehreren anderen Erkrankungen zu leiden, begünstigt das den Ausbruch oder die Reaktivierung der Tuberkulose. Männer erkrankten deutlich häufiger als Frauen: rund zwei Drittel der betroffenen Patienten waren männlich. Im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen konnten bei 20 % aller Fälle epidemiologische Zusammenhänge zu Ausbrüchen bzw. Infektketten hergestellt werden. So gelang es, 23 Personen als familiäre oder berufliche Kontaktinfektionen, 2 Patienten im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen zu seit längerem andauernden Ausbrüchen sowie 4 Folgefälle (2 Stammtischfreunde und 2 dazugehörige Familienangehörige) zum Indexfall aus dem Jahr 2004 (ein an Tuberkulose verstorbener Gastwirt) einer antibiotischen TuberkuloseTherapie zuzuführen. Ein bereits seit längerem bekanntes Infektionsrisiko, das gemeinschaftliche Rauchen von Wasserpfeife bzw. Bong, spiegelte sich auch im Jahr 2009 in den sächsischen Tuberkulosedaten wider. So war 2009 das Wasserpfeifen-Rauchen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Ursache für drei Erkrankungshäufungen. Betroffen waren insgesamt 9 Beteiligte im Alter von 19 bis 29 Jahren und 2 damit im Zusammenhang stehende familiäre Kontaktinfektionen bei 2-jährigen Kindern. 53 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Abb. 46: Arabische Wasserpfeife Abb. 45: Transparente Bong 2.8.13 Virushepatitis Die Virushepatitis ist eine Infektion mit überwiegender Entzündung der Leber, welche durch Hepatitisviren (hauptsächlich A bis E, aber auch F und G) hervorgerufen wird. Die einzelnen Hepatitisformen zeigen im akuten Stadium eine ähnliche Symptomatik (Übelkeit, Fieber, Oberbauchbeschwerden, Ikterus). Unterschiede bestehen in der Wahrscheinlichkeit der Ausbildung von chronischen Verlaufsformen (Hepatitis B und C) und in der unterschiedlichen Übertragungsweise. 2.8.13.1 Virushepatitis A Hervorgerufen wird diese Form der Virushepatitis durch das Hepatitisvirus A, das zu den kleinen RNA-Viren (picorna-viridae von pico = klein) zählt. Die Erkrankung verläuft meist akut (Leberentzündung mit Gelbsucht = Ikterus). Die Übertragung erfolgt fäkaloral. Das Virus wird mit dem Stuhl ausgeschieden, direkt von Mensch zu Mensch übertragen oder über die Nahrung (verunreinigtes Trinkwasser oder andere kontaminierte Lebensmittel) aufgenommen. Die Inkubationszeit liegt zwischen zwei und sechs Wochen. In Ländern mit niedrigem Hygienestandard ist die Abb. 47: Hepatitis A-Virus Durchseuchung relativ hoch. Eine Schutzimpfung gegen die Erkrankung steht zur Verfügung und wird insbesondere als Reiseimpfung empfohlen. Deutschlandweit kamen mit absolut 929 Erkrankungen (1,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) 13 % weniger Fälle zur Meldung als im Vorjahr (1.072 Erkrankungen - 1,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Todesfälle wurden nicht registriert. Nach dem Infektionsepidemiologischen Jahresbericht des RKI entfielen von den 906 Nennungen zum Infektionsland 70 % auf Deutschland. Insgesamt wurden bei 78 % der Fälle europäische Länder (einschließlich Deutschland), bei 13 % asiatische, bei 6 % afrikanische und bei 3 % amerikanische Länder angegeben. 54 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 48 1,1 1.938 2,4 2005 28 0,7 1.217 1,4 2006 28 0,7 1.227 1,5 2007 28 0,7 939 1,1 2008 38 0,9 1.072 1,3 2009 22 0,5 929 1,1 Tabelle 25: Virushepatitis A 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Im Vergleich zum Vorjahr sank die Neuerkrankungsrate im Freistaat Sachsen gegenüber 2008 auf 0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Absolut waren das 22 Erkrankungen sowie neun Labornachweise bei asymptomatischen Personen. Die Ermittlungen zu den Infektionsquellen ergaben bei lediglich vier erkrankten Personen Auslandsaufenthalte. Inwieweit diese Angaben der Realität entsprachen, kann leider nicht gesagt werden. Todesfälle wurden nicht erfasst. 2.8.14.2 Virushepatitis B Die Hepatitis B ist eine Erkrankung, die vorwiegend sexuell und durch Blut übertragen wird. Die Inkubationszeit beträgt bei der Virushepatitis B zwei bis sechs Monate. In den meisten Fällen heilt die Erkrankung aus, jedoch können fünf bis zehn Prozent in chronische Verlaufsformen übergehen. Nach Angaben der WHO haben weltweit etwa 2 Milliarden Menschen eine HBV-Infektion durchgemacht und 5 bis 7 Prozent der Weltbevölkerung. Etwa 300 bis 420 Millionen Menschen sind chronisch mit dem Hepatitis B-Virus infiziert. Es gibt eine wirksame Schutzimpfung. Sachsen Abb. 48: Hepatitis B-Virus Deutschland asymptomatische Infektionen E abs. E pro 100.000 EW Jahr E abs. E pro 100.000 EW 2004 54 1,2 221 1.276 1,6 2005 47 1,1 219 1.235 1,5 2006 60 1,4 184 1.179 1,4 2007 60 1,4 209 1.003 1,2 2008 47 1,1 189 822 1,0 2009 68 1,6 183 748 0,9 Tabelle 26: Virushepatitis B 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland 55 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Bundesweit kamen 748 akute Erkrankungen beim RKI zur Meldung, die der Referenzdefinition entsprachen. Bei weiteren 944 Fallmeldungen war entweder das klinische Bild einer akuten Hepatitis nicht erfüllt oder es lagen hierzu keine Angaben vor. Die Inzidenzen variierten unter den Bundesländern zwischen 0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner in Niedersachsen und 2,1 in Hamburg. Die Inzidenz lag bei Männern mit 1,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner deutlich höher als bei Frauen (0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Wie in der Tabelle 26 dargestellt, kamen in Sachsen 68 Erkrankungen (1,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung, was einem deutlichen Anstieg der Inzidenz gegenüber dem Vorjahr entsprach. Während die chronischen Virushepatitis B-Infektionen bundesweit keine Beachtung finden, werden diese in Sachsen erfasst, soweit es sich um Erstmeldungen handelt. 2009 kamen auf diesem Weg 22 Erkrankungen sowie 49 Fälle ohne bestehendes oder bekanntes klinisches Bild zur Meldung. Diese sind in den Gesamtzahlen der Jahresstatistik enthalten. Es wurden im Berichtszeitraum 2 Todesfälle registriert: ¾ Zwei männliche Patienten im Alter von 64 und 68 Jahren verstarben (unabhängig voneinander) an einer chronischen Hepatitis B. Hinweise auf die möglichen Infektionsquellen konnten nicht ermittelt werden Die Anzahl der asymptomatischen Infektionen lag mit 183 Meldungen in etwa auf dem gleichen Niveau von 2008 (189 Carrier gemeldet). 2.8.14.3 Virushepatitis C Die Hepatitis C ist eine durch Hepatitis C-Viren ausgelöste Leberentzündung, ähnlich der Virushepatitis B, die meist über Blut bzw. Blutprodukte von infizierten Personen und Geschlechtsverkehr mit infizierten Personen übertragen wird. Bei einer nicht unerheblichen Zahl der Fälle lässt sich jedoch der Übertragungsweg nicht eindeutig abklären. Die Inkubationszeit liegt zwischen zwei bis teilweise sogar 26 Wochen. In etwa 70 % der Fälle nimmt die Infektion einen chronischen Verlauf. Dieser führt mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 20 % innerhalb von 20 Jahren zu einer Leberzirrhose, gleichzeitig ist das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms erhöht. Einen Impfstoff gegen Hepatitis C gibt es nicht. Abb. 49: Hep. C-Virus Die Referenzdefinition basiert auf Fallmeldungen mit erstmaligem Labornachweis einer HCVInfektion, unabhängig vom klinischen Bild oder der Verlaufsform. Die so angepasste Referenzdefinition bedingt, dass auch Fälle berücksichtigt werden, bei denen das klinische Bild nicht erfüllt ist oder keine Informationen hierzu vorliegen. Die Beschreibung der Daten aus den Vorjahren, etwa zum Vergleich mit aktuellen Daten, erfolgte auf der Basis der aktuellen Referenzdefinition. So wurden bundesweit im Berichtsjahr absolut 5.412 Labornachweise erfasst, darunter handelte es sich bei 3.782 um asymptomatische Infektionen bzw. um Infektionen mit unbekanntem klinischem Bild. Seit 2004 kann von einem rückläufigen Trend gesprochen werden. 56 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Sachsen Deutschland Jahr E abs. E pro 100.000 EW asymptomatische Infektionen E abs. E pro 100.000 EW asymptomatische Infektionen 2004 27 0,62 299 2.677 3,2 6.395 2005 28 0,7 293 2.426 2,9 5.937 2006 21 0,5 267 2.184 2,6 5.377 2007 25 0,6 286 2.004 2,4 4.854 2008 24 0,6 299 1.776 2,2 4.419 2009 34 0,8 227 1.630 2,0 3.782 Tabelle 24: Virushepatitis C 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Entgegen dem bundesdeutschen Trend, stieg im Freistaat Sachsen die Zahl der gemeldeten Neuerkrankungen an. Es kamen 34 Erkrankungen, darunter 2 mit Todesfolge zur Meldung. Die Ermittlungen zu den möglichen Infektionsquellen ergaben 8-mal den intravenösen Gebrauch von Drogen, je 5-mal einen operativen Eingriff bzw. medizinische Injektionen im Ausland sowie 4-mal eine Bluttransfusion. In jeweils 4 Fällen gingen Tätowierungen bzw. Piercings voraus. 5 Personen gaben Geschlechtsverkehr mit Virushepatitis C-Trägern an. Bei den Hinweisen zu den Infektionsquellen waren Mehrfachnennungen möglich. ¾ An einer Virushepatitis C verstarben (unabhängig voneinander) zwei weibliche Patienten im Alter von 66 und 80 Jahren. Hinweise auf die möglichen Infektionsquellen konnten nicht ermittelt werden. 2.8.14.4 Virushepatitis D Das Hepatitis D-Virus benötigt zur Infektion die Hülle des Hepatitis B-Virus. Hepatitis D tritt somit stets zusammen mit Hepatitis B auf und führt in 70 bis 90 % der Fälle zu schweren chronischen Verläufen. Die Übertragung erfolgt meist durch Blut oder Blutprodukte. Die Infektion mit diesem Virus ist in Deutschland selten und zumeist auf Risikogruppen (Ausländer, Drogenkonsumenten) beschränkt. Im Bundesgebiet wurden wie schon im Vorjahr 7 Erkrankungen erfasst. Zusätzlich kamen 16 labordiagnostische Fälle ohne (sowie unbekanntes) klinisches Bild zur Meldung. Im Jahr 2009 wurde in Sachsen lediglich ein labordiagnostischer Nachweise ohne bestehendes klinisches Bild registriert. 57 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 2.8.14.5 Virushepatitis E Diese Erkrankung tritt, ähnlich der Virushepatitis A, als akut verlaufende Leberentzündung auf, welche jedoch ausheilt und keinen chronischen Verlauf nimmt. Als Hauptverbreitungsgebiete gelten die Länder Südostund Zentralasiens, der Nahe Osten, Nord- und Westafrika sowie Mittelamerika (Mexiko). In den letzten Jahren wurde in Deutschland ein endemisches Auftreten als lebensmittelbedingte Zoonose beobachtet. Das Virus wird mit dem Stuhl ausgeschieden und häufig über verunreinigtes Trinkwasser übertragen. Die Inkubationszeit liegt zwischen zwei und sechs Wochen. Die Infektion unterliegt bei Schwangeren besonderer Beachtung. Die Erkrankung kann hier oft fulminant verlaufen und Todesfälle sind nicht selten. Es gibt keine Schutzimpfung. Abb. 50: Hep. E-Virus Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI wurden bundesweit insgesamt 108 Hepatitis E-Erkrankungen (0,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) übermittelt. Somit wurden fast genauso viele Infektionen registriert, wie im Vorjahr 2008. Bei weiteren 23 Fällen handelte es sich um labordiagnostische Nachweise ohne bzw. mit unbekanntem klinischen Bild. Todesfälle wurden nicht registriert. Jahr Sachsen E abs. E pro 100.000 EW Deutschland E abs. E pro 100.000 EW 2004 6 0,14 53 0,06 2005 2 0,04 54 0,06 2006 6 0,1 52 0,06 2007 10 0,2 73 0,08 2008 17 0,4 104 0,1 2009 13 0,3 108 0,1 Tabelle 24: Virushepatitis E 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Im Freistaat kamen 13 Erkrankungen und ein labordiagnostischer Nachweis ohne klinisches Bild zur Meldung. In Sachsen war somit die Neuerkrankungsrate leicht rückläufig. Bei zwei Infektionen wurden Auslandsaufenthalte in Ägypten und Indien bzw. der berufliche Kontakt zu Ausländern (betraf eine Krankenpflegeschülerin) angegeben, die restlichen Erkrankungen wurden mit höchster Wahrscheinlichkeit in Deutschland erworben. ¾ Ein Ehepaar aus dem Erzgebirgskreis (73 und 74 Jahre) erkrankte zeitgleich mit Ikterus sowie Oberbauchbeschwerden. Bei den Patienten wurden erhöhte Transaminasen diagnostiziert. Die Ermittlungen zur möglichen Infektionsquelle ergaben, dass die Eheleute einen eigenen Bauernhof besitzen und dort selbst Hausschlachtungen an Schweinen durchgeführt hatten. Todesfälle an Virushepatitis E kamen im Berichtsjahr 2009 nicht zur Meldung. 58 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 3 Übersicht über erfasste meldepflichtige Infektionskrankheiten im Freistaat Sachsen Jahresvergleich 2009 und 2008 Jahr 2009 Krankheit Adenoviruskonjunktivitis Erkrankungen lab.diagn. Nachw.* T Jahr 2008 Inzidenz** Erkrankungen lab.diagn. Nachw.* T Inzidenz** 7 0,17 14 0,33 1.790 42,42 1.942 45,70 Chikungunyafieber 2 0,05 Denguefieber 9 0,21 6 Borreliose Botulismus Echinokokkose Enteritis infectiosa 1 1 0,02 0,14 1 45.607 375 1.080,68 51.901 405 11 1.221,26 Adenovirus 2.658 4 62,98 3.592 9 1 84,52 Astrovirus 1.108 3 26,25 961 1 22,61 Campylobacter spp. 4.905 29 116,23 5.666 36 133,32 Clostridium difficile 3.499 82,91 3.422 80,52 3,53 169 3,98 Cryptosporidium Entamoeba histolytica Escherichia coli EHEC1) 4 3 149 32 9 0,76 68 10 1,60 859 36 20,35 883 35 20,78 73 25 1,73 110 23 2,59 257 27 6,09 346 30 8,14 Norovirus 21.173 60 501,71 21.512 54 2 506,19 Rotavirus 8.016 14 189,94 11.296 26 5 265,80 Salmonella spp. 2.146 159 50,85 3.174 173 3 74,69 Yersinia enterocolitica 541 9 12,82 630 8 übrige Erreger Enterovirus-Infektionen2) 191 4,53 72 Giardia lamblia 1 109 FSME3) 4 Gasbrand 5 Geschlechtskrankheiten 1,69 83 2 0,09 1 0,12 5 0,02 5.454 4.836 Neisseria gonorrhoeae 531 428 Treponema pallidum 136 168 4.252 3.750 Chlamydia trachomatis Mycoplasma hominis GBS-Infektionen4) 535 2 0,12 1 0,02 490 1.711 1 Hantavirus-Erkrankungen 1.751 1 H. influenzae-Erkrankungen HSE (CJK)5) 6 HUS6) 3 Influenza 14,82 8 1 1 0,19 4 3 0,14 6 0,07 2 0,02 2 0,09 4 0,14 0,05 13.784 19 7 326,62 1.111 1 26,14 Influenza A-Virus 13.051 17 6 309,25 545 1 12,82 Influenza B-Virus 598 2 1 14,17 550 Influenza A/B-Virus 135 3,20 16 0,38 12 Legionellose Leptospirose Listeriose 16 2 2 23 1 5 0,05 2 0,54 25 12,94 0,38 1 0,28 6 0,59 0,05 Malaria 8 0,19 14 0,33 Masern 2 0,05 3 0,07 59 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 Fortsetzung: Übersicht über erfasste meldepflichtige Infektionskrankheiten für den Freistaat Sachsen. Jahresvergleich 2009 und 2008 Jahr 2009 Krankheit Erkrankungen lab.diagn. Nachw.* T Jahr 2008 Inzidenz** Meningoenzephalitis, viral 56 Meningokokken-Erkr. (invasiv) MRSA7)-Erkrankungen (invasiv) 19 2 0,45 88 7 2,08 Mumps 42 Ornithose 1 Paratyphus Pertussis Pneumokokken-Erkr. (invasiv) 1,00 19 0,05 3 2 1.554 176 112 5 Adenovirus Röteln Shigellosen 8 0,47 0,45 0,07 0,02 909 66 2,65 72 1 4 2 21,39 11 1,69 0,09 721 35 65 143 44 51 550 462 1 0,02 5 1.776 42,08 2.464 1 0,12 57,98 51 1,21 41 2 0,96 Shigella sonnei 44 1,04 33 2 0,78 Shigella flexneri 5 0,12 6 0,14 Shigella boydii 1 0,02 2 0,05 Shigella dysenteriae 1 0,02 Toxoplasmose 2 51 6 Tuberkulose 196 3 Trichinellose 1 0,02 2 0,05 6 Typhus Virushepatitiden 1,21 8 4,64 179 3 137 421 22 9 Hepatitis B-Virus 68 183 Hepatitis C-Virus 34 227 Hepatitis D-Virus Hepatitis E-Virus 1,06 7 2 Hepatitis A-Virus Windpocken 0,05 45 Tularämie 4 13 0,05 3,25 126 500 3 2,96 0,52 38 7 1 0,89 2 1,61 47 189 2 0,81 24 299 1,11 2 0,56 1 35,63 2 1 1.004 – Enterohämorrhagische Escherichia coli – ohne Meningitiden 3) – Frühsommmer-Meningo-Enzephalitis 4) – Gruppe B-Streptokokken 5) – Humane Spongiforme Enzephalopathie (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) 6) - Hämolytisch-urämisches Syndrom 7) - Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus 4,21 1 1 Zytomegalievirus-Infektionen 2) 1 36,82 Toxisches Schock-Syndrom 1) 4 258 Parainfluenza-Virus RS-Virus Inzidenz** 89 887 Mycoplasma pneumoniae T 1 Q-Fieber Scharlach 20 147 Respiratorische Infektionen lab.diagn. Nachw.* 1,33 2 Parvovirus B19-Infektionen Erkrankungen 26 0,31 17 23,79 1.514 0,40 3 34 T Todesfälle * labordiagnostischer Nachweis bei nicht erfülltem bzw. unbekanntem klinischen Bild ** Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 60 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 4 Literaturhinweise, Quellenverzeichnisse - Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut – Stand 01.01.2009; - Empfehlungen der Sächsischen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen im Freistaat Sachsen vom 01.01.2009; - Infektionsepidemiologisches Jahrbuch des Robert Koch-Institut für 2009, Berlin, 2010; - Webseiten des Robert Koch-Instituts: www.rki.de > Infektionskrankheiten A–Z; www.3rki/survstat/; Abbildungsnachweise: - - Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 4: Abbildung 7: Abbildung 8, 40: Abbildung 10, 14, 15, 17, 42, 47, 48: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 16, 29, 33: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 26: Abbildung 27, 31, 37, 45, 46: Abbildung 28: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 34: Abbildung 36: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 41: Abbildung 49 Abbildung 50: www.wellcome.ac.uk www.topnews.net.nz www.interet-general.info www.nbwolf.blogspot.com www.waterscan.rs www.impfen.de www.feww.wordpress.com www.aerztezeitung.de www.slaek.de www.de.academic.ru www.roche.de www.photoshelter.com www.med1.de www.malariaprophylaxe.info www.atlantemedicina.wordpress.com www.wikipedia.de www.de.academic.ru www.netserv.unmc.edu www.arthritis.webmed.com www.geocaching.de www.health.howstuffworks.com www.helmholtz.de www.vbi.vt.edu www.faz.net www.lexikon.freenet.de www.ppapak.com www.sciencecodex.com Soweit nicht anders angegeben, wurden die Abbildungen im Fachgebiet Infektionsepidemiologie und Gesundheitsberichterstattung der LUA angefertigt. Nachdruck und Verbreitung des Inhaltes - auch auszugsweise - sind nur mit Quellenangabe, die Vervielfältigung von Teilen dieses Epidemiologischen Jahresberichtes nur für den Dienstgebrauch gestattet. 61