Kartenausschnitt 1 Bernd Kindler 8800415 Quelle: Unep/Grid-Arendal. Anamorphose von Vladimir TIKUNOV, Abt. für Geographie der Universität Moskau, September 2005 (nach Daten der Weltbank) Aus: Le Monde diplomatique, Atlas der Globalisierung; S. 43, Paris 2006 Allgemeine Info Die dargestellte Karte soll die Wirtschaftsleistung der einzelnen Staaten der Erde zu zwei verschiedenen Zeitpunkten (wobei auch eine zukünftige Entwicklung gezeigt werden soll) darstellen. Die beiden Karten sind Anamorphosen; die Wirtschaftsleistung eines Staates (Bruttosozialprodukt od. Bruttonationaleinkommen) wird dabei als Fläche dargestellt und je nach Größe aufgeblasen, dazu geht auch noch die Wirtschaftsleistung pro Kopf als farbliche Information in die Karte mit ein. Kartographische Beschreibung und Aussage Im vorliegenden Beispiel handelt es sich um ein Kartogramm mit einer mehrschichtigen, synthetischen Aussage (es ist nicht klar, auf welchem Weg man zum Bruttonationaleinkommen, bzw. zu dessen Entwicklung in den nächsten 20 Jahren kommt). Zusätzlich werden die beiden quantitativen Sachverhalte in zwei unabhängigen Karten innerhalb einer Darstellung gezeigt; allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten, sodass sich daraus eine dynamische Entwicklung ablesen lassen kann. Kartographische Grundlage – Orientierung Als topographische Grundlage dient eine Weltkarte, welche als einzige Ebene die Grenzen der Nationalstaaten und der Kontinente in sich birgt. Mehr ist auch für die Darstellung dieser Themen nicht notwendig. Allerdings wird die topographische Grundlage durch die Anamorphosendarstellung extrem stark verzerrt, sodass einzelne Länder, ja sogar Kontinente (Beispiel: Afrika) nur mehr sehr schwer wahrnehmbar sind. Thematischer Aufbau & kartographische Umsetzung Das Kartogramm beinhaltet grundsätzlich zwei quantitative (wie viel ist wo) Themen. Das erste Thema (Wirtschaftsleistung pro Kopf) wird als Farbdarstellung mittels fünfstufiger monochromatischer Farbskala behandelt. Dunkle Farben entsprechen dabei einer größeren Wirtschaftsleistung als hellere Farben. Ob man diese Farbgebung als assoziativ betrachten kann, sei dahingestellt. Die beigefügte Legende gilt für beide Darstellungen Das zweite Thema (Bruttonationaleinkommen – also Wirtschaftsleistung der einzelnen Nationalstaaten) wird durch die Größenverzerrung flächig dargestellt. Dabei benutzt der Autor jedoch zwei unterschiedliche Legenden mit jeweils unterschiedlichen Skalierungen. (Hauptkritikpunkt) Der dritte Aspekt der Karte ist die zeitlich dynamische Aussage, die einen Vergleich der beiden Themen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten ermöglichen soll (und diese nach meiner Meinung nicht tut) Konstruktive Kritik Hauptkritikpunkt ist wie schon oben erwähnt die Darstellung der Verzerrungen zu den jeweiligen Zeitpunkten mit unterschiedlichen Flächenskalierungen. Es ist schon schwer genug, quadratische Flächenmaße auf die Karte zu übertragen und so einen Eindruck von der Wirtschaftleistung der jeweiligen Staaten zu bekommen. Noch schwerer bzw. unmöglich wird es dann, wenn man einen zeitlichen Vergleich anstellen will, und mit zwei unterschiedlichen Einheiten hantiert wird. Man könnte der Karte fast manipulativen Charakter zusprechen, denn auf den ersten Blick scheint es so, als würde bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Länder alles beim Alten bleiben. Erst beim genaueren Hinsehen entdeckt man die Dynamik in der Entwicklung. Ein genaues Verständnis der Karte ist ohnehin nur mit Lesen des dazugehörigen Artikels möglich. Daneben vermisst man eine dynamische Darstellung der Wirtschaftsleistung pro Kopf (kaum vorstellbar, dass diese in den nächsten 20 Jahren in allen Ländern der Erde gleich bleiben soll, was die Karte aber suggeriert. Ein Kartentitel ist nur rudimentär vorhanden; Er beschränkt sich auf, den als Abbildungskommentar beigefügten Text (wie allerdings bei allen Karten im Atlas der Globalisierung). Kartenausschnitt 2 Bernd Kindler 8800415 Quelle: AMAP, 1998,2002, 2004; WCMC (World Conservation Monitoring Center); NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration); IPA (International Permafrost Association); Impacts of a warming arctic: Arctic Climate Impact Assessment overview report; Cambridge Univercity Press, 2004 Aus: Le Monde diplomatique; Atlas der Globalisierung, Paris 2006 Allgemeine Info Die Karte behandelt in einer Darstellung gleich mehrere brandaktuelle Themen. Einerseits nimmt sie sich der globalen Erwärmung an, und betrachtet die Auswirkungen auf die arktischen Gebiete (Rückgang des Meereises und der Permafrostböden, damit verbunden auch die neuen Möglichkeiten an Transportwegen über bisher zugefrorene Schifffahrtsstraßen Andererseits behandelt sie auch die wirtschaftlichen Aspekte (Rohstoffvorkommen) dieser hochsensiblen Region Kartographische Beschreibung Die Karte (einzelne Sachverhalte werden möglichst lagetreu wiedergegeben) ist eine mehrschichtige, elementaranalytische Karte, die qualitative Aussagen (was ist wo) liefert. Sie beinhaltet sowohl Aussagen zu örtlichen Gegebenheiten, als auch zu einer zeitlichen Dynamik, indem sie eine Prognose der Entwicklung der umweltklimatischen Bedingungen in der arktischen Region bis zum Jahr 2100 abgibt. Kartographische Grundlagen – Orientierung Der Karte liegt eine relativ einfache topographische Grundkarte zu Grunde. Dabei werden die Kontinente flächenhaft und die Staatsgrenzen als linienhafte Signaturen dargestellt. Ebenfalls linienhaft ist ein rudimentäres Gitternetz dargestellt. Zur besseren Orientierung sind die einzelnen Anrainerstaaten auch noch mit Schriftsignaturen gekennzeichnet. Die Karte ist eine normale Azimutalprojektion, wie sie für Darstellungen der Polarregionen üblich sind. Thematischer Aufbau & kartographische Umsetzung Die Karte liefert folgende thematische Inhalte: • Veränderung der arktischen Umwelt: Dazu werden zwei Themen mittels flächenhaften Signaturen dargestellt; einerseits der Rückgang des Meereises mittels grüner Farbsignaturen (eventuell hätte man hier blau als assoziative Farbgebung wählen können), andererseits die Entwicklung der Permafrostböden (mit violetten Farbsignaturen). • Ein weiteres flächenhaft dargestelltes Thema sind die nachgewiesenen Erdöl- und Erdgasvorkommen (braune Farbsignaturen) innerhalb des Arktis • Zwei weitere Themen werden über linienhafte Signaturen dargestellt - Blaue Signaturen: die zu erwartenden eisfreien Schifffahrtsrouten - Braune Signaturen: Gas- und Erdölpipelines • Als dritte Ebene werden noch zwei Themen als punkthafte Signaturen dargestellt - Vorkommen von Erdöl und Erdgas, sowie Abbau von Erdölsanden - Orte der schwerwiegenden Unfälle mit dramatischen Folgen für Natur und Umwelt Die Karte bietet somit eine Fülle von Informationen (sieben), wenn man die zeitliche Entwicklung noch als eigenständige Ebene betrachtet, dann sogar acht Themen. Konstruktive Kritik Trotz der zahlreichen dargestellten Themen bleibt die Karte dennoch übersichtlich und liefert ein detailreiches Bild von der Komplexität und den vielschichtigen Interessen im arktischen Raum. Eindrucksvoll kommt auch zur Geltung welche sensible, aber auch wichtige Region die Arktis ist und politisch wie auch wirtschaftlich sein wird. (Anm. erste Streitigkeiten gibt es schon, und Gebietsansprüche werden von einzelnen Nationalstaaten auch schon gestellt, um wirtschaftlich Kapital aus den sich ändernden Umweltbedingungen zu schlagen) So gesehen bietet sich die Karte auch fast für einen Exkurs in die politische Geographie an. Kartographischer Wehrmutstropfen ist die fehlende Übertitelung der Legende im Bereich der Meereisentwicklung. Dieser Zusammenhang kann nur aus dem Text des die Karte begleitenden Artikels entnommen werden. Trotzdem; alles in Allem eine gelungene Darstellung