Gerhard Höhne Mechanik und Relativitätstheorie für Schüler an Gymnasien, die es etwas genauer wissen wollen Der hier vorliegende Text kann in Buchform bestellt werden. Einführungspreis: 6 € + Versandkosten Bestelladresse: [email protected] Bestellung unter Betreff: Mechanik und Relativitätstheorie. Dieses hier vorliegende Buch ist für Schüler geschrieben, denen der Physikunterricht am G8 nicht gründlich genug erscheint, die möglicherweise an ein Physikstudium oder ein ingenieurwissenschaftliches Studium im Anschluss an ihre schulische Laufbahn denken. Kein Teil dieses Buches kann Einwilligung des Herausgebers in reproduziert oder unter Verwendung mechanischer Systeme verarbeitet, verbreitet werden. Gerhard Höhne Im Hagen 5 63768 Hösbach-Winzenhohl [email protected] ohne schriftliche irgendeiner Form elektronischer oder vervielfältigt oder Vorwort Ein Schüler findet einen Unterricht nur dann interessant, wenn er seine Fantasie anregt und er mit eigenen Gedanken den Verlauf des Unterrichts mitgestalten kann. Aus dieser Einsicht heraus entwickelte ich ein Experimentiergerät, welches die Schüler zu immer neuen, weiterführenden Versuchsvorschlägen veranlasst, wodurch ein kontinuierlicher Verlauf des Physikunterrichts begünstigt wird. Es ist ein unter dem Namen „Experimentierwippe“ bekanntes, sehr vielseitiges, robustes Messgerät zur Messung von Wegen, Kräften und Drehmomenten. Seine Funktionsweise ist leicht verständlich. In seiner Handhabung ist es so einfach, dass es sich auch als Praktikumsgerät für Schüler gut eignet. Seine Vielseitigkeit macht es möglich, dass außer dem Gravitationsgesetz alle wichtigen Gesetze der Mechanik experimentell erarbeitet werden können. Als besonders positives Merkmal ist hervorzuheben, dass es die Schüler zu Experimenten anregt, die sehr schnell zum Impulssatz führen. Zum Verständnis dieses Buches müssen die in diesem Buch beschriebenen Versuche mit der Experimentierwippe nicht erlebt werden, man kann sie sich anhand der Beschreibungen gut vorstellen. Der Impulssatz sollte entgegen den in der Schulliteratur üblichen Gepflogenheiten der Einführung des Kraftmaßes vorangehen, da die Definition dieser Größe nach F=d(m·v)/dt erst im Rückblick auf dieses Gesetz sinnvoll erscheint. Nur mit dem Impulssatz kann überzeugend dargelegt werden, dass Δ(m·v) ein passendes Maß für eine äußere Einwirkung ist, außerdem spricht für die hier gewünschte Stellung des Impulssatzes die Tatsache, dass nach Einführung des Kraftmaßes mit ihm sowohl das Wechselwirkungsgesetz wie das Additionsgesetz der Kräfte deduktiv hergeleitet werden kann. Die vorgeschlagene Folge entspricht dem axiomatischen Aufbau Newtons. Lex prima ist unter Berücksichtigung der ihm vorangestellten Definitionen über die Größe der Bewegung als Impulssatz aufzufassen (siehe Lehrbuch der Theoretischen Mechanik von Sommerfeld). Es muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass jeder Gegenstand ein System aus vielen Atomen darstellt. Bei Ungültigkeit des Impulssatzes wären an einem solchen Gegenstand auch ohne äußere Einwirkungen Impulsschwankungen zu erkennen (Impuls des Schwerpunkts = Summe aller Einzelimpulse), denen fälschlicherweise eine von außen wirkende Kraft zugeordnet würde. In vielen Schulbüchern wird die Kraft in einer Art eingeführt, die kritische Schüler nicht zufrieden stellen kann. Meistens geschieht dies in folgender Weise. Da wird zunächst so getan, als ob die Kraft schon definiert sei. Die Beziehung F ~ m · a wird experimentell nachgewiesen und anschließend die Krafteinheit so gewählt, dass F = m·a geschrieben werden kann. Ebenso fragwürdig ist dann auch die Einführung des Wechselwirkungsgesetzes. Zu seiner Begründung wird auf die Impulserhaltung in ganz speziellen Fällen verwiesen, in denen gleich schwere, anfangs ruhende Körper einander anziehen oder abstoßen. Diesen Ausführungen folgt dann noch ein Zirkelschluss; mit dem so gewonnenen Wechselwirkungsgesetz wird der Impulssatz hergeleitet. Manchmal wird das Wechselwirkungsgesetz mit gegeneinander wirkenden Federkraftmessern demonstriert. Da der Schüler davon ausgeht, dass derartige Kraftmesser statisch mit Gewichten kalibriert werden, dieses Kalibrierverfahren jedoch nicht ohne das Wechselwirkungsgesetz und das Additionsgesetz der Kräfte begründet werden kann, erscheint diese Demonstration sehr zweifelhaft. Wird der Impulssatz nicht scheinbar deduktiv, sondern stattdessen experimentell erarbeitet, dann ist seine Behandlung schon in den ersten Unterrichtsstunden über Mechanik möglich, und der Lehrer kann auf sehr interessante Anwendungen zu diesem wichtigen Satz eingehen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist die Aufnahme eines Ballistokardiogramms. Derartige Beispiele sind zur Auflockerung des etwas trockenen Stoffes unbedingt notwendig. Das Interesse der Schüler an einer theoretischen Untersuchung von Bewegungen nimmt zu, wenn sie erkennen, dass sie sogar sehr kompliziert erscheinende Vorgänge mit Hilfe eines Computers selbständig berechnen können. Aus diesem Grunde wird in diesem Buch immer wieder gezeigt, wie mit bekannten Tabellenkalkulationsprogrammen (Microsoft-Office, Open-Office) Bewegungen untersucht werden können, deren mathematische Behandlung in der Schule ohne Computer nicht möglich ist (Bewegung von Planeten usw.). Hierzu werden Adressen angegeben, unter denen die dazu passenden, mit Open-Office aufgestellten Tabellen aus dem Internet geholt werden können. Der Relativitätstheorie wird entgegen den Gepflogenheiten im Schulunterricht ein großes Gewicht gegeben, damit sein heuristischer Wert den Schülern bewusst wird. In diesem Buch werden die Beziehungen m=m0/√(1–v2/c2) und ΔE = Δm· c2 an den Anfang der Relativitätstheorie gesetzt. Das Relativitätsprinzip und der Schwerpunktsatz ermöglichen eine für Schüler der 10. und 11. Klasse leicht verständliche Herleitung. Einer solchen Einführung bringen die Schüler viel Interesse entgegen, weil ihnen die genannten Gesetze als bedeutend bekannt sind. Viel Aufmerksamkeit ist dem Zwillingsparadoxon gewidmet. Es wird nicht nur der ihm zugrunde liegende Denkfehler erklärt, sondern darüber hinaus ein Einblick in die Allgemeine Relativitätstheorie gegeben. Wie gelangt der Mensch zu Fragen ? Wie findet er passende Antworten ? Warum glaubt er ? Um diese Fragen geht es im 4. Kapitel dieses Buches. Sie sollten für Leute von Interesse sein, die sich immer wieder um neue Erkenntnisse und um Klärung unverständlicher Sachverhalte bemühen und es dabei mit Aufgaben zu tun haben, zu deren Lösung es keine genauen Rezepte gibt. Als Antworten erwarte man nicht irgendwelche Wunderrezepte zur Lösung schwieriger Aufgaben, man sollte schon damit zufrieden sein und es als sehr hilfreich erkennen, wenn falsche Vorstellungen bezüglich geistiger Arbeit durch realistische ersetzt werden. Gerhard Höhne Inhaltsverzeichnis 1. Mechanik 1.1 Was versteht man unter Mechanik..........................................1 1.2 Die Experimentierwippe...........................................................1 1.3 Grundbegriffe der Mechanik...................................................4 1.3.1 Gleichförmige Bewegung..........................................................................4 1.3.2 Der Trägheitssatz...................................................................................... 5 1.3.3 Die Masse..................................................................................................5 1.3.4 Schwerpunkt,Schwerpunktsatz, Impuls und Impulssatz...........................6 1.3.5 Vektoren...................................................................................................11 1.3.6 Definition der Kraft und des Kraftmaßes................................................16 1.3.7 Momentangeschwindigkeit......................................................................18 1.3.8 Der Freie Fall...........................................................................................21 1.3.9 Bewegung eine Läufers( Momentanbeschleunigung).............................22 1.3.10. Über den Umgang mit Einheiten.............................................................24 1.4 Bewegung unter einer Kraft mit konstantem Betrag..........25 1.4.1 Geradlinige Bewegung............................................................................25 1.4.2 Bewegung auf einer Kreisbahn..............................................................30 1.5 Gesetze zur Kraft....................................................................36 1.5.1 Das Wechselwirkungsgesetz....................................................................36 1.5.2 Gesetz zur Addition der Kräfte................................................................38 1.6 Über Messungen von Kräften und damit gewonnene Einsichten........................................43 1.6.1 Messmethoden.........................................................................43 1.6.1.1 Kraftmessung mit einer Schraubenfeder........................................................43 1.6.1.2 Kraftmessung mit der Experimentierwippe (Drehmoment).........................44 1.6.1.3 Kraftmessung mit einem Konstantandraht....................................................46 1.6.2 Messung der Zentripetalkraft.................................................47 1.6.3 Messung von Reibungskräften...............................................48 1.6.3.1 Gleit- und Haftreibung..................................................................................48 1.6.3.2 Reibungskräfte in einer Flüssigkeit (e-Funktion).........................................49 1.6.3.3 Reibungskraft der Luft .................................................................................53 1.6.4 Messung der Auftriebskraft einer Flüssigkeit........................53 1.6.5 Bestimmung eines Lungenvolumens durch Kraftmessung an der ausströmenden Luft.....................................................54 1.6.6 Messung der Gravitationskraft...............................................55 1.6.7 Ein Kraftmesser als Beschleunigungsmesser …....................56 1.7 Bewegungen mit Reibungskräften..................................... 57 1.7.1 Schiefer Wurf unter Berücksichtigung der Luftreibung.........57 1.7.2 Fallbewegung in einer Flüssigkeit..........................................58 1.8 Schwingungen.......................................................................60 1.8.1 Die Harmonische Schwingung...............................................60 1.8.2 Gedämpfte Schwingung.........................................................62 1.8.3 Das Fadenpendel....................................................................64 1.8.4 Die Schwebung......................................................................65 1.8.5 Erzwungene Schwingung.......................................................66 1.8.6 AnharmonischeSchwingung...................................................71 1.9 Arbeit, Leistung, Energie.....................................................73 1.9.1 Arbeit, Leistung......................................................................73 1.9.2 Energie (Perpetuum-Mobile)..................................................74 1.9.3 Energiearten............................................................................75 1.9.4 Satz von der Erhaltung der Energie........................................78 1.9.5 Anwendungsbeispiele zum Energieerhaltungssatz.................79 1.10 Über die Bewegung von Planeten........................................82 1.10.1 Berechnung einer Planetenbahn..............................................82 1.10.2 Die Keplerschen Gesetze........................................................83 1.10.3 Die Flächengeschwindigkeit(Kreuzprodukt ).........................84 1.10.4 Die Masse der Sonne...............................................................86 1.10.5 Newtons Herleitung des Gravitationsgesetzes........................87 1.11 Trägheitskräfte.......................................................................87 1.11.1 Was versteht man unter einer Trägheitskraft...........................88 1.11.2 Die Zentrifugalkraft................................................................88 1.11.3 Die Corioliskraft.....................................................................89 1.11.3.1 Der Coriolis-Durchflussmesser......................................................................89 1.11.3.2 Pendel mit rotierender Masse....................................................................... 92 1.11.4 Berechnung einer Bewegung in einem rotierenden System unter Berücksichtigung der Zentrifugal- und Corioliskraft....94 1.11.5 Das Foucaultpendel................................................................96 1.12 Mechanik rotierender Körper..............................................97 1.12.1 Der Drehimpuls und Drehimpulssatz......................................97 1.12.2 Das Drehmoment...................................................................100 1.12.3 Winkelbeschleunigung und Drehmoment.............................101 1.12.4 Drehschwingungen...............................................................106 1.12.5 Über das Schaukeln .............................................................108 1.12.6 Kreisel und Kreiselkompass.................................................109 1.13 Wellen..................................................................................112 1.13.1 Quer- und Längswellen, Wellengeschwindigkeit.................112 1.13.2 Die periodische, fortschreitende Welle.................................115 1.13.3 Die stehende Welle...............................................................115 1.13.4 Interferenz von Kreiswellen.................................................119 1.13.5 Über die Wellennatur des Lichts..........................................120 2. Spezielle Relativitätstheorie 2.1 Das Relativitätsprinzip..........................................................122 2.2 Die Änderung der Masse infolge Bewegung........................123 2.3 Masse und Energie................................................................126 2.4 Die Zeitdilatation...................................................................127 2.5 Die Längenkontraktion..........................................................128 2.6 Über die Synchronisation von Uhren....................................129 2.7 Die Lorentztransformationen................................................130 2.8 Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten.....................134 2.9 Transformation der Masse des Impulses und der Kraft.........135 2.10 Satz von der Erhaltung der Masse.........................................137 2.11 Die Plancksche Beziehung E= h·f.........................................138 2.12 Das Brechungsgesetz der Optik............................................140 2.13 Die Lichtinterferenz hinter einem Doppelspalt.....................141 2.14 Das Minkowski – Diagramm................................................142 2.15 Das Zwillingsparadoxon.......................................................143 2.16 Historisches zur Entwicklung der Relativitätstheorie...........145 3. Heuristik............................................................146 3.1 Vorwort..................................................................................146 3.2 Der Weg zur Frage.................................................................147 3.3 Der Weg zur Antwort.............................................................149 3.4 Prüfung und Beweis einer Vermutung...................................153 3.5 Über den Glauben..................................................................155 4. Lösungen zu den Aufgaben.............................158 1. Mechanik 1.1 Was versteht man unter Mechanik ? Für viele Menschen steht das Wort Mechanik für Geräte mit beweglichen Teilen, z.B. Flaschenzüge, Getriebe, Scharniere, Schlösser, Riegel usw.. Ein solches Bild zum Wort Mechanik hätte man noch im 16. Jahrhundert als zutreffend gelten lassen. Als man jedoch begann, die Bewegung von Sternen und fallenden Körpern zu untersuchen, wurde aus der Mechanik das Wissen über die Bewegung allgemein. Zu Beginn des Mechanikunterrichts wird das Verhalten von rollenden und fallenden Kugeln untersucht. Dies geschieht nicht aus besonderem Interesse an Kugeln, sondern mit der Absicht, Bewegungsgesetze zu finden, die sowohl zur Behandlung von Planetenbewegungen wie zur Planung von Motoren, Flugzeugen und anderen technischen Geräten unerlässlich sind. Auf der Suche nach Bewegungsgesetzen ist zu bedenken, dass Naturgesetze sich nur selten in komplizierten Erscheinungen offenbaren. Will man eine komplexe Erscheinung ergründen, dann sollte man sich zunächst nach vergleichbaren, einfacheren Phänomenen umschauen. 1.2 Die Experimentierwippe Die Voraussetzung für die Entdeckung von Bewegungsgesetzen ist die genaue Beschreibung von Bewegungen. Deshalb wird ein Messgerät gewünscht, welches eine laufende Aufzeichnung eines Körperstandortes ermöglicht. Angesichts der leistungsfähigen Instrumente, die es zur Registrierung elektrischer Größen gibt (x-y-t -Schreiber, Rechner mit AD-Wandler), ist der Wunsch nach einem Messwandler verständlich, der eine elektrische Messung mechanischer Größen ermöglicht, damit die eben genannten Instrumente zur Aufzeichnung mechanischer Größen herangezogen werden können. Spule als Messwandler Zur Messung kleiner Verschiebungen ist eine Spule aus isoliertem Kupferdraht geeignet (siehe Abb. 1.2.1). Wird ein bis zur Spulenmitte hineinreichender Magnet ein wenig verschoben, dann fließt durch das angeschlossene Messgerät eine zur Verschiebung proportionale elektrische Ladung. Sie wird mit der Einheit Coulomb (1 Coulomb entspricht 14 ca. 62418 ·10 Elektronen) angezeigt. Größere Verschiebungen kann man auf diese Weise nur dann messen, wenn man dafür sorgt, dass mit ihnen kleinere Verschiebungen einhergehen. Dies gelingt Abb. 1.2.1 mit der sogenannten Experimentierwippe, welche in den folgenden 3 Abbildungen dargestellt ist. 1 Abb. 1.2.2: Oberseite der Wippe Abb. 1.2.3: Unterseite der Wippe Eine gerahmte Glasplatte ist in ihrer Mitte (siehe Abb. 1.2.3) mit zwei dünnen Eisenbändern an einem Aluminiumrahmen befestigt. Die Eisenbänder lassen eine Drehung der Platte um deren Mitte gegen den Widerstand einer Blattfeder (Rückstellfeder) am linken Rand der Wippe zu (siehe Abb. 1.2.3). Eine geringe Drehung erfährt die Platte z.B. dann, wenn eine Kugel oder ein Experimentierwagen über sie rollt. Die der Verschiebung der Experimentierobjekts proportionale Drehung ist bei einer Masse m des Objekts < 0,15 kg geringer als 0,1° und hat somit keinen merkbaren Einfluss auf die Bewegung. Die Eigenschwingung der Platte (10 Schwingungen/Sekunde) kann mit Fett zwischen zwei Aluminiumplättchen am rechten Rand der Wippe gedämpft werden. Zur Messung der Drehung ist am äußeren Rahmen, in einem Gehäuse verborgen, eine 2 Spule mit vielen Windungen aus gelacktem Kupferdraht befestigt (siehe Abb. 1.2.4). In diese Spule ist ein sehr starker, kleiner Stabmagnet eingeführt, der an der beweglichen Wippe befestigt ist. Abb. 1.2.4: Funktionsskizze Wenn sich die Wippe dreht (weniger als 0,1°), dann verursacht der Magnet eine zur Drehung proportionale Ladungsverschiebung in der Spule. Ein an die Spule angeschlossener Rechner registriert in regelmäßigen Zeitabständen Ladungen und ordnet ihnen nach einem Messprogramm die entsprechenden Verschiebungen zu. Die Messergebnisse werden durch Punkte P dargestellt, die mit ihren Abständen von zwei senkrecht zueinander stehenden Zahlengeraden sowohl die jeweils erfolgte Verschiebung als auch die zugehörende Verschiebungsdauer anzeigen. Es entsteht ein sogenanntes Weg-Zeit-Diagramm. In Abb. 1.2.5 ist ein solches Diagramm zu sehen; es wurde während der Rollbewegung einer Kugel auf der waagrecht eingestellten Wippe aufgenommen. P, einer der vielen Messpunkte auf einer ansteigenden Strecke, zeigt mit seinen Abständen von den beiden Zahlengeraden an, dass während der Zeit von 6 Sekunden 30 cm zurückgelegt wurden. Möchte man wissen, welcher Weg in 8s zurückgelegt wird, dann muss man von der zu 8s gehörenden Zeitmarke eine senkrecht nach oben bis zur WegZeit-Kurve reichende Strecke errichten. Diese Strecke entspricht 39 cm. Man stelle sich während der Entwicklung eines solchen Weg-Zeitdiagramms eine Abb. 1.2.5 gleichförmig nach rechts über eine Zeitskala gleitende, senkrechte Strecke s vor, deren Länge jeweils dem zurückgelegten Weg entspricht und deren oberes Ende eine Spur hinterlässt. 3 1.3. Grundbegriffe der Mechanik 1.3.1 Gleichförmige Bewegung Wir lassen eine Kugel über die waagrecht eingestellte Wippe rollen. Es entsteht hierbei ein geradliniges Diagramm (siehe Abb. 1.3.1), an dem zu erkennen ist, dass in gleichen Zeiten gleiche Wege zurückgelegt werden. Eine Bewegung mit dieser Eigenschaft heißt gleichförmig. Abb. 1.3.1 Abb. 1.3.2: Ausflugsschiff auf dem Main bei Aschaffenburg in gleichförmiger Fahrt Der zurückgelegte Weg s ist der Bewegungszeit t proportional. Das konstante Verhältnis aus Weg und Zeit trägt den Namen Geschwindigkeit v = s/t. Es beschreibt die Strecke, welche in einer Zeiteinheit zurückgelegt wird. 1.3.2 Der Trägheitssatz Eine Eisenkugel wird auf einem Tuch angestoßen, welches zuvor auf die Glasplatte der Wippe gelegt wurde. Das s-t-Diagramm hat nun einen gekrümmten Verlauf (siehe Abb. 1.3.3). Die Krümmung der Kurve fällt geringer aus, wenn ein weniger raues Tuch gewählt wird. Die Kugelbewegung passt sich einer gleichförmigen-geradlinigen Bewegung umso mehr an, je weniger die Rollbahn durch Unebenheiten auf sie einwirkt. Abb. 1.3.3 Hieraus folgern wir den sogenannten Trägheitssatz: Ein Körper verharrt in Ruhe oder in gleichförmig-geradliniger Bewegung, wenn seine Umgebung nicht auf ihn einwirkt. Die folgenden zwei Beispielen sollen zur Veranschaulichung dieses Gesetzes dienen. 4 1. Ein Experimentierwagen steht auf einer Glasplatte, die auf dem Experimentiertisch liegt. Wird an der Glasplatte gezogen, dann bleibt der Wagen an seinem Ort (siehe Abb. 1.3.4). Abb. 1.3.4 Abb. 1.3.5 2. Man denke sich einen Lastwagen in einer Linkskurve. An der linken Ecke der Ladefläche steht ein einzelner Kartoffelsack. Dieser Sack verharrt ohne äußeren Zwang in einer gleichförmigen Bewegung. Infolgedessen rutscht er von der einen Ecke in die gegenüberliegende Ecke der Ladefläche (siehe Abb. 1.3.5). 1.3.3 Die Masse Eine rollende Eisenkugel wird im Gegensatz zu einer Glaskugel gleichen Volumens bei einem Stoß auf ein Stück Kreide nur geringfügig abgelenkt. Die Eisenkugel reagiert weniger empfindlich auf ein Hindernis als die Glaskugel. Man sagt, sie sei träger als die Glaskugel. Abb.1.3.6 Abb.1.3.6 zeigt, wie man zwei Körper hinsichtlich ihrer Trägheit vergleichen kann. Zwei zunächst nebeneinander stehende Experimentierwagen mit unterschiedlicher Ladung sind mit gleichartigen Schraubenfedern an einem Stab angebunden. Wird am Stab gezogen, dann folgen die beiden Wagen, wobei der Wagen B anfangs hinter dem Wagen A zurückbleibt. B ist träger als A. Soll die Trägheit eines Körpers K beschrieben werden, dann vergleicht man K mit einem als kg bekannten Einheitskörper. Es wird die Menge von kg-Körpern angegeben, die zusammengenommen genauso träge sind wie K. Diese Menge heißt Masse von K 5 In Abb. 1.3.7 ist eine Waage dargestellte, mit der normalerweise Massenvergleiche durchgeführt werden. Abb. 1.3.7 Abb. 1.3.8 Abb. 1.3.8: Keltische Waage (Grabfund Frankfurt-Fechenheim, 2 Jhdt. v. Chr.) Dieser Vergleich ist möglich, weil zwei Körper gleicher Masse sich in ihrer Wirkung auf einen Hebel nicht unterscheiden. Man sagt: Die schwere Masse ist gleich der trägen Masse. In Verbindung mit dem Wort Masse wird oft der Begriff Dichte genannt. Die Dichte ρ eines Körpers K ist durch den Quotienten Masse von K / Volumen von K definiert. Sie beschreibt die Masse einer Volumeneinheit. Folglich gilt: Masse = Volumen · Dichte 1.3.4 Schwerpunkt, Schwerpunktsatz, Impuls und Impulssatz Auf der waagrecht eingestellten Experimentierwippe rollt eine Glaskugel auf zwei andere ruhende Glaskugeln. Trotz des Stoßes zeichnet der Rechner ein lineares Diagramm (siehe Abb. 1.3.9). Der Experimentator sollte die Kugel nicht mit der Hand, sondern mit einem Löffel oder einem Döschen anstoßen, da andernfalls störende Schwingungen der Wippe kaum vermieden werden können. Abb. 1.3.9 Was wird hier angezeigt ? Wenn die drei Kugeln gleicher Masse K1, K2 und K3 an einem Punkt P (siehe Abb. 1.3.10) zusammen liegen, dann ist deren gemeinsamer Abstand x von der einen Schmalseite der Wippe maßgebend für ihre Wirkung auf die Wippe. Sind sie über die Platte verteilt, dann wird die Drehung der Wippe durch den Mittelwert x der 6 Abstände x1, x2 und x3 bestimmt. Der Punkt, dessen Koordinaten durch Mittelwertbildung aus den Koordinaten der drei Kugeln gewonnen wird, heißt Schwerpunkt (Massenmittelpunkt) P der drei Kugeln. Seine Lage wird von der Wippe angezeigt. Abb. 1.3.10 Abb. 1.3.11 x = (x1 + x2+ x3 ) /3 Bei unterschiedlichen Massen müssen die Kugeln zunächst gedanklich in Teile gleicher Masse zerlegt werden. Erst dann können die Schwerpunktkoordinaten durch Mittelwertbildung berechnet werden (siehe Abb. 1.3.11). x = (1· x1 + 3· x2 + 2 · x3 )/ 6 = (1kg· x1 + 3kg · x2 + 2 kg· x3 )/ 6 kg x = (m1· x1 + m2 · x2 + m3 · x3 )/ (m1 + m2 + m3) Definition des Schwerpunkts (Massenmittelpunkts): Wir denken uns ein System in Teile gleicher Masse eingeteilt. Aus den x-, y- und z-Koordinaten werden Mittelwerte gebildet. Der Punkt mit diesen Mittelwerten als Koordinaten heißt Schwerpunkt des Systems. Das in Abb. 1.3.9 gezeigte Experiment lässt den Schluss zu: In einem abgeschlossenen System (System ohne Wechselwirkung mit seiner Umgebung) ist der Schwerpunkt entweder in Ruhe oder er bewegt sich gleichförmig. Diese als Schwerpunktsatz bekannte Aussage ist als eine Verallgemeinerung des Trägheitssatzes zu sehen. Besonders eindrucksvolle Experimente zum Schwerpunktsatz sind in den Abbildungen 1.3.12 und 1.3.13 dargestellt. Abb. 1.3.12 Abb. 1. 3.13 7 Zu Abb. 1.3.12: Ein Schüler liegt auf einem Brett, welches auf Wasserrohren aus Hartplastik gelagert ist. Zu empfehlen sind die in Baumärkten angebotenen orangefarbenen Rohre, welche in der Erde verlegt werden. Wenn Blut aus einer Herzkammer gepumpt wird, dann bewegt sich der Körper zur Erhaltung des Schwerpunkts entgegen der Strömungsrichtung. Diese Bewegung wird von einem Rechner in einem Ballistokardiogramm dargestellt. Zur Registrierung der Verschiebung ist am einen Ende des Bretts ein Hufeisenmagnet befestigt, dessen einer Pol in eine Transformatorspule mit 10000 Windungen hineinragt. Zu Abb. 1.3.13: 1. Zwei Experimentierwagen sind mit einer Schraubenfeder gekoppelt. Wird der eine angestoßen, dann wechseln die beiden fortwährend ihre Geschwindigkeiten. Der zweite ruht, der erste fährt, dann ruht der erste und der zweite fährt usw.. Trotzdem entsteht ein lineares Diagramm. 2. Auf einem Experimentierwagen steht eine Kristallisierschale. Während der Wagen an einem Faden festgehalten wird, stößt der Experimentator eine in ihr liegende Kugel zur Rotation an. Der Wagen bewegt sich nach seiner Freigabe ruckartig über die Bahn, wobei ein lineares Diagramm zur Bewegung des Schwerpunkts geschrieben wird. Der Wagen ist beim Rücklauf der Kugel schneller als beim Vorlauf der Kugel. Die Geschwindigkeit des Schwerpunkts bleibt trotz der schwankenden Wagengeschwindigkeit konstant. Kann anhand des Schwerpunktsatzes auf die Wagengeschwindigkeit geschlossen werden? Es ist davon auszugehen, dass man die Schwerpunktgeschwindigkeit bei Kenntnis der Geschwindigkeiten vom Wagen und der Kugel berechnen kann. An einer Gleichung zur Berechnung der Schwerpunktgeschwindigkeit vS wird man wegen vS = konstant sehen können, wie die Wagengeschwindigkeit vW von der Geschwindigkeit der Kugel vK abhängt. Zur Berechnung von vS muss zunächst die Verschiebung Δx bestimmt werden, die der Schwerpunkt in einem kleinen Zeitabschnitt Δt erfährt. Δx = (mK · ΔxK + mW · ΔxW) / (mK + mW ) Um ΔxK und ΔxW ändern sich in der Zeit Δt die Abstände der Kugel und des Wagens vom linken Ende der Wippe. Folglich gilt für die Schwerpunktgeschwindigkeit vS: vS = Δx/ Δt = (mK · ΔxK/ Δt + mW · ΔxW / Δt) / (mK + mW ) ΔxK / Δt = Geschwindigkeit vK, mit der sich die Kugel von der Schmalseite der Wippe entfernt ; ΔxW / Δt = Wagengeschwindigkeit vW vS = (mK · vK + mW · vW) / (mK + mW ) Wegen vS= Konstante können wir schreiben: Die Summe mK · vK + mW · vW ist konstant. 8 Wegen der Konstanz dieser Summe kommt der Wagen bei einer zurück rollenden Kugel (vK <0) schneller voran, als bei einer vorwärts rollenden Kugel. Das Produkt aus einer Masse m und deren Geschwindigkeit v trägt den Namen Impuls oder Bewegungsgröße. Nach dem Schwerpunktsatz gilt für jedes abgeschlossene System das als Impulssatz bekannte Gesetz: Die Summe aus den Impulsen seiner Teile ist konstant. Experimente zum Impulssatz In Abb. 1.3.14 sehen wir auf der Wippe einen zunächst ruhenden Wagen mit einem darauf befestigten Tafelschwamm (Gesamtmasse m = 200g ). Die Wippe ist zum Reibungsausgleich so aufgestellt, dass sie nach rechts geringfügig abfällt. Wird mit einem Luftgewehr in den Schwamm geschossen, dann bewegt sich der Wagen anschließend gleichförmig mit der Geschwindigkeit vW. vW = ΔxW/ Δt kann anhand des Diagramms in der Abb. 1.3.15 bestimmt werden. Abb. 1.3.14 Abb. 1.3.15 Der Impulssatz ermöglicht die Berechnung der Geschossgeschwindigkeit. Die Impulssumme vor dem Einschuss ist gleich dem Impuls mG · vG des Geschosses, denn anfangs steht der Wagen. Danach ist die Impulssumme gleich dem Impuls des Wagens mit Schwamm und dem in ihm steckenden Geschoss. mG · vG = (mW + mG )· vW Ist mG erheblich kleiner als mW dann gilt: mG · vG ≈ mW · vW → vG ≈ mW · vW /mG mG · vG ist maßgebend für die Stärke des Stoßes (Impulses), den die Luftgewehrkugel dem Wagen erteilt. Der Name „Impuls“ für das Produkt m·v erscheint mit Blick auf das hier beschriebene Experiment angemessen. Abb. 1.3.16 Eine eindrucksvolle Demonstration zum Impulssatz ist mit dem in Abb. 1.3.16 sichtbaren Raketenwagen möglich. Auf einem insgesamt 200 g schweren Experimentierwagen ist ein sogenannter Heuler (Feuerwerkskörper) befestigt. Wird der Heuler angezündet, dann stößt er nach hinten heißes Gas aus und der Wagen rollt nach vorne. Das zugehörige s-t-Diagramm ist eine Parabel (Versuch auf der Wippe ). 9 Wenn die Rollreibung des Wagens ausgeschlossen werden kann, dann ist die Summe aus dem Impuls des Gases und dem Impuls des Wagens gleich 0, denn das als Gas entweichende Material und der Wagen waren anfangs in Ruhe. Beide Impulse stimmen in ihren Beträgen überein, haben aber verschiedene Vorzeichen. Aufgaben 1. Auf einem ruhenden, mW = 100 kg schweren Wagen steht eine mP = 90 kg schwere Person. Diese Person geht 5m von dem einen Ende des Wagens zum anderen. Welchen Weg legt hierbei der Wagen auf einer waagrechten Bahn zurück, wenn von der Rollreibung abgesehen wird ? Abb. 1.3.17 Anmerkung zur Lösung: Den gemeinsamen Schwerpunkt x des Wagens W und der Person P erhält man nach: x= (xw· mw+ xP· mP) / (mW + mP) xW und xP sind Schwerpunktkoordinaten des Wagens und der Person. 2. Über eine horizontale Schiene rollt ein mit Kartoffeln beladener Wagen mit der Geschwindigkeit v0 = 5 m/s. Die gesamte Masse des Wagens m 0 beträgt 250 kg. In den rollenden Wagen fallen zwei Säcke Kartoffeln mit je m = 50 kg. Welche Geschwindigkeit v hat der Wagen nach diesem Ereignis, wenn die Rollreibung vernachlässigbar ist ? 3. Auf einer horizontalen ebenen Fläche stehen zwei Experimentierwagen mit den Massen m1 = 150 g und m2 = 250 g (siehe Abb. 1.3.18 ). Am Wagen der Masse m1 ist eine gestauchte Schraubenfeder befestigt, welche gegen den schwereren Wagen drückt und dabei einen Faden Abb. 1.3.18 straff hält, der zwischen den beiden Wagen aufgespannt ist. Wenn der Faden zerschnitten wird, dann löst sich der leichtere Wagen mit der Geschwindigkeit v1 = 2m/s vom anderen Wagen. Welche Geschwindigkeit v2 hat der Wagen mit der Masse m2 nach der Trennung der Fahrzeuge ? 10 1.3.5 Vektoren Man stelle sich nun einen mit der Geschwindigkeit v rollenden Wagen vor (siehe Abb. 1.3.19), der nach allen Seiten frei beweglich ist, so wie das in Abb. 1.3.20 sichtbare Rollbrett. In den auf diesem Wagen liegenden Schwamm schlage ein Luftgewehrgeschoss der Masse mG mit der Geschwindigkeit u ein. Der Einschlag des Geschosses ändert in diesem Fall auch die Abb. 1.3.19: Draufsicht Bewegungsrichtung des Wagens. Damit die Anwendung der an eindimensionalen Bewegungen gewonnenen Gesetze möglich ist, wird das Geschoss und der Experimentierwagen auf die beiden Achsen des Koordinatensystems senkrecht Abb. 1.3.20 projiziert. Die Projektionen bewegen sich vor dem Einschlag der Kugel in x-Richtung mit u 1 und v1 und in y-Richtung mit u2 und v2. Nach dem Einschlag der Kugel bewegt sich der Wagen zusammen mit der Kugel mit der Geschwindigkeit w1 in x- und w2 in y-Richtung. Der Impulssatz gilt für beide Bewegungsrichtungen ! mG · u1 + mW · v1 = (mG + mW) · w1; mG · u2 + mG · v2 = (mG + mW) · w2 Aufgabe: Gegeben sei mG = 0,5 g, α = 30°, u = 60 m/s und mW = 200g, β = 20°, v = 0,5 m/s Welche Geschwindigkeit und welche Bewegungsrichtung hat der Wagen nach dem Stoß durch die Kugel ? Zur Anwendung des Impulssatzes müssen anhand der Angaben die Geschwindigkeiten u1, u2, v1, v2 beider Gegenstände in x und y-Richtung berechnet werden. Zu diesem Zweck werden die Geschwindigkeiten vor dem Stoß durch Pfeile veranschaulicht. Die Pfeile werden so angelegt, dass sie nicht nur die Bewegungsrichtungen der Gegenstände, sondern auch noch deren Geschwindigkeiten mit ihren Längen anzeigen (siehe Abb. 1.3.21). Die Länge L eines Pfeils kann z.B. gleich dem Weg sein, den ein Körper in 1s, in 0,1s oder in 0,01s zurücklegt. Je nach gewählter Zeit repräsentiert ein solcher Pfeil die Geschwindigkeiten v = L/1 s bzw. v = L/0,1 s bzw. v = L/0,01 s. Man sollte sich den Pfeil wie einen Zahlenstrahl skaliert vorstellen, so dass man an der Spitze den zugeordneten Wert ablesen kann. Abb. 1.3.21 Derartige Pfeile setzt man immer dann ein, wenn neben der Angabe eines Maßes 11 noch eine Richtungsbeschreibung nötig ist, man nennt sie Vektoren. u1 = u · cos α; u2 = u · sin α Auf gleiche Weise erhält man für den Wagen: v1 = v · cos β, v2 = v · sin β Für die Geschwindigkeiten des Wagens nach dem Stoß in x- und y-Richtung gilt: (mW + mG ) · w1 = mG·u·cos α + mW · v · cos β (mW + mG ) · w2 = mG·u·sin α + mW · v · sin β ↓ w1 = ( mG·u·cos α + mW · v · cos β ) / (mW + mG) = 0,598 m/s w2 = ( mG·u·sin α + mW · v · sin β ) / ( mW +mG ) = 0,245 m/s Mit den Ergebnissen für w1 und w2 ist die Aufgabe fast gelöst. Es fehlen nur noch Angaben über die Bewegungsrichtung und die Gesamtgeschwindigkeit w des Wagens nach dem Stoß. Zu diesem Zweck wird der zu w1 und w2 passende Geschwindigkeitsvektor dargestellt (siehe Abb. 1.3.22). Die Gesamtgeschwindigkeit w ( Länge des Pfeils = Betrag des Vektors ) erhält man mit Hilfe des Satzes von Pythagoras. w1 und w2 beschreiben die Wege, die nach dem Einschlag der Kugel vom Wagen in einer Sekunde in x- und y-Richtung Abb. 1.3.22 zurückgelegt werden. Der Pfeil zeigt die Gesamtgeschwindigkeit nach Größe und Richtung an. w2 = w12 +w22 → w = √ (w12 +w22) = 0,646 m/s Vektorkoordinaten und Vektorkomponenten Die Geschwindigkeiten in x und y - Richtung werden Vektorkoordinaten genannt. Allgemein versteht man unter den Koordinaten eines Vektors die Größen, die den senkrechten Projektionen des Vektors auf die Achsen des Koordinatensystems zugeordnet werden (siehe Abb. 1.3.23 ). Ist eine solche Projektion der Abb. 1.3.23 Koordinatenachse entgegen gerichtet, dann ist die zugehörende Vektorkoordinate negativ. Die genannten Projektionen heißen Vektorkomponenten. Die Beschreibung eines Vektors geschieht meistens mit der Angabe seiner Koordinaten, die man normalerweise zu einer mit Klammern eingefassten Säule (oben die x-Koordinate, dann die y-Koordinate und schließlich bei räumlichen Vorgängen noch die z-Koordinate ), manchmal aber auch aus drucktechnischen Gründen in einer Reihe anordnet, z.B. {w1 ; w2; w3}. Aus dieser Beschreibungsform geht hervor, dass man Vektoren dann als einander gleich ansieht, wenn sie in diesen Koordinaten übereinstimmen. Dies bedeutet Übereinstimmung in Richtung und 12 Länge, nicht jedoch im Anfangspunkt. Als Zeichen für Vektoren sind Buchstaben mit einem kleinen aufgesetzten Pfeil oder fett gedruckte Buchstaben üblich. Wird ein solcher Buchstabe in Betragszeichen gesetzt, dann meint man das dem Vektor zugeordnete Maß (Vektorbetrag). Vektorsumme, skalares Produkt und Vektordifferenz Mit Vektoren können viele physikalische Gesetze kürzer und übersichtlicher formuliert werden. Beispiel: Bei Anwendung des Impulssatzes auf den Zusammenstoß zweier Körper mit den Massen m1 und m2 im Raum mussten bisher drei Gleichungen geschrieben werden: m1· v1 + m2 · u1 = m1 · v1’ + m2 · u1’ m1· v2 + m2 · u2 = m1 · v2’ + m2 · u2’ Für die drei Gleichungen kann nun die kurze Formulierung gegeben werden: m1· v3 + m2 · u3 = m1 · v3’ + m2 · u3’ m1 · v + m2 · u = m1 · v’ + m2 · u’ u ={u1; u2 ; u3}, v={v1; v2; v3 }...... m1 · v1 , m2 · u1 , m1 · v1’ und m2 · u1’ sind Impulskoordinaten vor und nach dem Stoß. Aus dieser Darstellung kann leicht herausgelesen werden, was unter einer Vektorsumme und dem Produkt eines Vektors mit einer Zahl m zu verstehen ist. {m1· v1 ; m1· v2 ; m1· v3 }+ {m1· u1 ; m1· u2 ; m1· u3 } = ={m1· v1 + m1· u1 ; m1· v2 + m1· u2; m1· v3 + m1· u3} Die Vektorsumme zweier Vektoren a und b erhält man demnach, indem man die entsprechenden Koordinaten von a = {a1; a2; a3} und b ={b1; b2; b3}addiert. a + b = {a1 + b1 ; a2 + b2 ; a3 + b3} Zur geometrischen Darstellung einer Vektorsumme a+b wird der Vektor b mit seinem Fuß auf die Spitze des Vektors a gesetzt. Der Summenvektor a + b zeigt vom Fuß des Vektors a zur Spitze des Vektors b (siehe Abb. 1.3.24). Abb. 1.3.24 Für {m1· v1 ; m1· v2 ; m1· v3 } wird m1 ·{v1 ; v2 ; v3 } geschrieben. Hieran ist erkennbar, wie das Produkt aus einem Vektor a und einer Zahl m definiert ist. m · a = m·{a1 ; a2 ; a3} = {m ·a1 ; m· a2 ; m·a3} 13 Man nennt die hier beschriebene Multiplikation eines Vektors mit einer Zahl skalare Multiplikation. Sie bewirkt eine Streckung des Vektors a um m (siehe Abb. 1. 3.25). Abb. 1.3.25 Da in einem abgeschlossenen System die Summe aus den Impulsvektoren der Systemteile konstant ist (Impulssatz), erscheint eine Änderung dieser Summe als Maß für eine äußere Einwirkung geeignet. Handelt es sich um ein einziges Teilchen K, dessen Impuls sich von m· v1 zu m·v2 ändert, dann haben wir mit Δ(m· v) = m·v2 - m· v1 eine Beschreibung der äußeren Einwirkung. Zur Bildung der Differenz werden entsprechende Koordinaten von m· v2 und m· v1 subtrahiert. Man erhält den Differenzvektor a - b , zweier Vektoren a und b indem man b mit seiner Spitze an die Spitze von a fügt (siehe Abb. 1.3.26). Der Vektor vom Fuß des Vektors a zum Fuß des Vektors b ist a – b. a – b = {a1 – b1 ; a2 – b2 ; a3 – b3 } Abb. 1.3.26 Ist Δ(m· v) der Bewegungsrichtung von K parallel (siehe Abb. 1.3.27), dann steht sein Betrag für die Änderung von m·vK. vK ist die Bahngeschwindigkeit von K. In Abb. 1.3.28 ist ein Experiment skizziert, bei dem sich der Impuls eines Teilchens K auf seinem Weg von A nach B unter einem seitlich wirkenden Luftstrom um Δ(m·v) = m· v2 - m· v1 ändert. In diesem Fall beschreibt Δ(m· v) mit Richtung und Betrag die Änderung von m·vP. vP ist die Geschwindigkeit der orthogonalen Projektion P des Körpers K auf eine zu Δ(m·v) parallele Strecke s. Abb. 1.3.27 Abb. 1.3.28 14 Die Projektionen von m· v2 und m· v1 auf eine den Vektor Δ(m·v) rechtwinklig schneidende Ebene E unterscheiden sich nicht. Dementsprechend erfährt die Projektion P' von K auf E keine Impulsänderung. Das Skalarprodukt Bei dem in der Abb. 1.3.19 skizzierten Experiment hat der Wagen vor dem Einschlag der Kugel die Geschwindigkeit v und nach dem Einschlag die Geschwindigkeit w. Der Winkel γ, den die Vektoren w und v einschließen, beschreibt die Richtungsänderung des Wagens infolge des Einschlags. Abb. 1.3.29 Wie groß ist γ ? γ kann mit Hilfe des Kosinussatzes berechnet werden. Der Kosinussatz kann als eine Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras a2 + b2 = c2 aufgefasst werden. Zieht man von a2 + b2 das Produkt 2·a·b· cos(γ) ab, dann erhält man eine Gleichung, die auch dann gilt, wenn a und b keinen Winkel γ = 90° miteinander bilden. a2 + b2 - 2·a·b· cos(γ) = c2 |w-v|2 = |w|2 + |v|2 – 2·|w| · |v| · cos(γ) ↓ 2 2 2 2 (w1 - v1) + (w2 - v2) + (w3 - v3) = w1 + w22 + w32 + v12 + v22 + v32 - 2·|w| · |v| · cos(γ) ↓ 2 2 2 2 2 2 {w1 + w2 + w3 +v1 + v2 +v3 } - 2·w1 · v1 - 2·w2 · v2 - 2·w3 · v3 = {w12 + w22 + w32 + v12 + v22 + v32 } – 2·|w|·|v|·cos(γ) ↓ w1·v1 + w2·v2 + w3·v3 = |w|·|v|·cos(γ) → cos(γ) = (w1·v1 + w2·v2 + w3·v3) / (|w|·|v|) w1 · v1 + w2 · v2 + w3 · v3 heißt Skalarprodukt w · v der Vektoren w und v. Unter dem Skalarprodukt zweier beliebiger Vektoren versteht man die Summe aus den Produkten entsprechender Koordinaten. Es gleicht dem Produkt der Vektorbeträge und dem Kosinus des eingeschlossenen Winkels. (w1 · v1 + w2 · v2 + w3 · v3 ) = |w| · |v| · cos(γ) !) Die orthogonale Projektion des Vektors w auf eine zu v parallele Strecke (siehe Abb. 1.3.30) erhält man nach: |w| · cos(γ) = (w1 · v1 /|v|+ w2 · v2/|v| + w3 · v3/|v| ) {v1 /|v|; v2/|v|; v3/|v| } = e ist ein in Richtung von v weisender Einheitsvektor. Hierunter versteht man einen Vektor e mit dem Betrag 1. 15 Abb. 1.3.30 Beispiel: v = {4 cm/s; 3 cm/s} ; |v|2 = (16 + 9 ) ·(cm/s)2 → |v| = 5 cm/s → v / |v| = e = { 4/5; 3/ 5} Das hier vorliegende Beispiel zeigt auch, was unter einem Quotienten a/m zu verstehen ist. 1.3.6 Definition der Kraft und des Kraftmaßes Erfährt ein Gegenstand eine Impulsänderung, wenn keine Bewegungshemmnisse vorhanden sind, dann sagt man, es wirke eine Kraft F (Force) auf ihn. In Abb. 1.3.28 des letzten Kapitels ist ein Experiment skizziert, bei dem ein Teilchen K unter einem Luftstrom eine Kraft erfährt. Die Impulsänderung von K alleine scheint als Maß für die Stärke des Windes ungeeignet, denn bei schwachem Wind erreicht man auch eine große Impulsänderung, wenn man sich genügend Zeit lässt. Je kürzer die Zeit Δt für ein bestimmtes Δ(m· v) ist, desto stärker ist der Wind. |Δ(m· v)|/ Δt erscheint somit als passendes Maß für die Kraft F. F = |Δ(m· vP)/ Δt| = |Δ(m· v)|/ Δt Ihr ordnen wir den Kraftvektor F = Δ(m· v)/ Δt = {Δ(m·v1)/Δ t; Δ(m·v2)/Δ t; Δ (m·v3)/Δ t} zu. m·v1 ,m·v2, und m·v3 sind die Impulse von P1, P2 und P3 , den Projektionen von K auf die drei Achsen des Koordinatensystems (siehe Abb. 1.3.31 ). Die Projektionslinien bilden mit den Achsen des Koordinatensystems rechte Winkel ! Abb. 1.3.31 Δ(m· v)/ Δt = Δ(m· vP)/ Δt steht für die Impulsänderung, die während einer Sekunde bei konstantem F zu erwarten ist. Ist die Masse m konstant, dann können wir die Impulsvektoren in der Abb. 1.3.28 auch als Geschwindigkeitsvektoren auffassen. Die in der Abbildung sichtbaren Vektoren müssen nur anders skaliert werden. Dem Vektor Δ(m· v) entspricht die Änderung Δv des Geschwindigkeitsvektors. |Δv|/ Δt = ΔvP/Δt heißt Beschleunigung a (acceleleration) des Teilchens K. Ihr wird der Vektor a = Δv / Δt zugeordnet. |a| = ΔvP/Δt steht für die Geschwindigkeitsänderung, die bei konstantem a während einer Sekunde zu erwarten ist. Bei konstanter Masse kann unter Berücksichtigung von Δ(m· v) = m·Δv geschrieben werden: F = m·{Δv1/Δ t; Δv2 /Δ t; Δv3/Δ t}= m·{a1; a2 ; a3} = m· a. a1; a2 und a3 sind die Beschleunigungen von P1 , P2 und P3 (siehe Abb. 1.3.31). 16 1.3.6.1 Messung einer Kraft Auf der ebenen Glasplatte der Wippe wird ein Experimentierwagen vom Luftstrom eines Föhns angetrieben (siehe Abb. 1.3.32 ). Abb. 1.3.32 Abb. 1.3.33 2,2 Sekunden nach Beginn der Bewegung, wird der Föhn vom Wagen abgedreht, die Bewegung wird gleichförmig, was an der linearen Fortsetzung des s-t-Diagramms (Abb. 1.3.33) erkennbar ist. An dem linearen Teil des Diagramms kann die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt 2,2 s bestimmt werden. Unter der Einwirkung des Föhns ist die Impulsänderung des Wagens der Zeit des Anblasens proportional, denn die Luft erfährt bei Nachführung des Föhns am Wagen in gleichen Zeiten gleiche Impulsänderungen. F =Δ(m·v)/Δt ist deshalb konstant. Auf den Wagen wirkt nach der Definitionsgleichung F = |Δ(m · v)|/ Δt die Kraft: F = (0,461 kg ·0,164 m/s) / 2,2 s = 0,034 kg · m/ s2 In 2,2 s hat der Wagen die Impulsänderung 0,461 kg ·0,164 m/s erfahren. Mit dem Anhängsel (Einheit der Kraft) kg · m/s² wird zum Ausdruck gebracht, wie und in welchen Einheiten die zugehörigen Größen verrechnet werden. Der Leser sollte nicht versuchen, diese Einheit zu veranschaulichen, wie dies zum Beispiel bei den Grundeinheiten Meter oder Kilogramm möglich ist. 1 kg·m/s² wird 1N (Newton ) genannt. Die Kraft einer gedehnten Schraubenfeder (eines gedehnten Gummifadens) Nach Einführung des Kraftmaßes ist man geneigt, nach den Kräften zu fragen, die von verschiedenen Dingen z.B. von gedehnten Schraubenfedern (Gummifäden) ausgehen. Abb. 1.3.34 In Abb. 1.3.34 ist dargestellt, wie man die Kraft einer gedehnten Schraubenfeder oder 17 eines gedehnten Gummifadens entsprechend der Definition des Kraftmaßes ermitteln kann. Ein auf der Wippe (Abb. 1.3.34) stehender Experimentierwagen W der Masse m ist mit einer langen von 0,2 m auf 0,7m gedehnten Schraubenfeder (Gummifaden) verbunden. Ein Faden Fa, der beiderseits am äußeren Rahmen der Wippe befestigt ist, schränkt die Bewegungsfreiheit des linken Federendes auf etwa 5 cm ein. Mit Hilfe des Zugfadens Z wird der Wagen ein wenig nach links gezogen und danach losgelassen. Unter Einwirkung der Schraubenfeder (Gummifaden) schnellt der Wagen nach rechts ( an den Reibungsausgleich denken). Der Rechner zeichnet hierbei ein s-t-Diagramm des Wagens W. Der Punkt A dieses Diagramms kennzeichnet den Anfangszustand. Bei B wird der nach links gezogene Wagen freigegeben. Bei C ist die Feder wieder in ihrer Anfangslage; die Schraubenfeder (Gummifaden) wird von dem gespannten Faden Fa gehalten und wirkt deshalb nicht mehr auf den Wagen ein. Der sich an C anschließende Teil des Diagramms beschreibt eine gleichförmige Bewegung. Aus seiner Steigung kann die Endgeschwindigkeit Δv des Wagens (Geschwindigkeitsänderung des Wagens nach seiner Freigabe) bestimmt werden. Die Wirkungszeit Δt der Schraubenfeder (Beschleunigungszeit) ist gleich dem zeitlichen Abstand der Punkte B und C. Anhand der am Diagramm ablesbaren Werte erhält man für die Kraft: F = (0,45 kg · 0,2 m/s) /0,34s = 0,26 N. Folgendes ist zu beachten: Die Masse der Schraubenfeder sollte im Vergleich zur Wagenmasse vernachlässigbar klein sein. Andernfalls hätte auch die Masse der Feder einen messbaren Einfluss auf die Impulsänderung des Wagens. Gummifäden eignen sich für diesen Versuch besser als Schraubenfedern. 1.3.7 Die Momentangeschwindigkeit In Abb. 1.3.35 (siehe nächste Seite) sehen wir einen Experimentierwagen auf der Experimentierwippe, der durch den Luftstrom eines Föhns angetrieben wird. Solange der Wagen unter der Einwirkung eines Luftstroms steht, hat das zugehörende s-t-Diagramm einen gekrümmten Verlauf. Der Wagen wird fortwährend schneller. Wie kann man an einem solchen Diagramm Geschwindigkeiten bestimmen ? Abb. 1.3.35 Im Kapitel 1.3.6.1 wurde zur Ermittlung der Geschwindigkeit der Luftstrom zum Wagen hin unterbrochen und so eine gleichförmige Bewegung mit der Geschwindigkei v herbeigeführt. Dieses v wurde als Momentangeschwindigkeit zum Zeitpunkt t, dem Zeitpunkt der Unterbrechung angegeben. Es ist die Geschwindigkeit, die der Wagen beibehält, wenn nach t keine Kraft auf ihn einwirkt. 18 Nun erscheint folgendes Vorgehen angemessen: Der Weg Δs in einem auf den Zeitpunkt t folgenden sehr kleinen Zeitabschnitt Δt wird bestimmt. Δt wird so klein gewählt, dass sich in dieser kurzen Zeit die Kraft nur wenig auf die Bewegung auswirken kann und infolgedessen Δs/Δt kaum von der Geschwindigkeit v abweicht, die sich einstellt, wenn nach t keine Kraft wirkt. Die Abweichung |Δs/Δt – v| strebt mit kleiner werdendem Δt gegen 0. Man sagt in diesem Fall, v ist der Grenzwert von Δs/Δt für Δt → 0. An der Bilderserie in Abb. 1.3.36 ist die Entwicklung zu dem genannten Grenzwert v zu erkennen. Durch Anfang und Ende von Kurvenabschnitten, die in Zeitintervallen Δt unmittelbar nach dem Zeitpunkt t = 1 s entstehen, werden Streecken gelegt. Abb. 1.3.36 Die Steigung einer Strecke ist gleich dem Quotienten Δs/Δt. Mit kleiner werdendem Δt streben die Strecken gegen eine Grenzlage. Eine Gerade in dieser Grenzlage wird Tangente (Berührungsgerade) genannt, ihre Steigung ist gleich der Momentangeschwindigkeit v. Für den Grenzwert von Δs/Δt schreibt man lim Δs/Δt ( Δt → 0) oder ds/dt ( sprich ds nach dt). Mit der Sprechweise ds nach dt anstelle von ds durch dt soll vermieden werden, dass dieser Grenzwert (Differentialquotient) als Quotient bestimmter Größen aufgefasst wird. Lim ist eine Abkürzung für Limes (Grenze). Als Momentangeschwindigkeit v zu einem bestimmten Zeitpunkt t definieren wir nun den Grenzwert von Δs/Δt. v = lim Δt → 0 Δs/Δt = ds/dt Kann die Momentangeschwindigkeit des vom Föhn angetriebenen Wagens berechnet werden ? Dies ist erst möglich, wenn der Weg s in Abhängigkeit von der Zeit t bekannt ist. Möglicherweise besteht eine Proportionalität zwischen mittlerer Geschwindigkeit und der Zeit. Unter einer mittleren Geschwindigkeit v m verstehen wir das Verhältnis aus einem zurückgelegten Weg s und der zugehörenden Zeit t. Diese Definition ist an keinen besonderen Bewegungsablauf geknüpft; die Bewegung kann in der Zeit t langsamer oder schneller werden. vm = s/t Zur Prüfung der vermuteten Proportionalität werden am Diagramm der Abb. 1.3.35 zu verschiedenen Zeitpunkten t (t: Zeit seit Beginn der Bewegung) die 19 zurückgelegten Wege s abgelesen und in eine Tabelle eingetragen. Wir erkennen, dass die Vermutung zutrifft. Die geringen Schwankungen in der letzten Spalte sind auf Messfehler zurückzuführen. t s vm = s/t vm /t = s/t 0,73 s 0,98 s 1,25 s 1,48 s 5 cm 8,6 cm 14 cm 19,3 cm 6.8 cm/s 8,77 cm/s 11,2 cm/s 13 cm/s 9,38 cm/s2 8,95 cm/s2 8,96 cm/s2 8,81 cm/s2 s/t2 = 8,9 cm /s2 = 0,089 m/s2 = k (Konstante) → s = k · t2 Nun kann gezeigt werden, wie sich Δs/Δt mit kleiner werdendem Δt entwickelt. Die nächste Tabelle enthält Δs- und Δs/Δt-Werte zu verschieden großen Zeitabschnitten Δt, die sich an t = 1 s anschließen. Sie wurden mit s = k · t² (k = 8,9 cm/s2 ) berechnet. Es ist zu erkennen, dass Δs/Δt mit kleiner werdendem Δt einem Grenzwert zustrebt. Berechnungsbeispiel für Δt = 0,1 s : Δs = 8,9 cm/s2 ·(1,1 s)2 - 8,9 cm/s2·(1 s)2 = 1,869 cm Δt Δs Δs/Δt 0,1 s 0,01 s 0,001 s 0,0001 s 1,869 cm 0,17889 cm 0,017808 cm 0,00178008 cm 18,69 cm/s 17,889 cm/s 17,808 cm/s 17,8008 cm/s Die Momentangeschwindigkeit zum Zeitpunkt t = 1 s ist 17,8 cm/s. Wegen 17,8 cm/s = 2 ·k · 1 s wird vermutet: vzum Zeitpunkt t = 2 · k · t Beweis: Nach s = k · t2 gilt: Δs in der Zeit Δt = k ·(t+Δt)2 - k· t2 → Δs/ Δt = [ k ·(t+Δt)2 - k· t2 ] / Δt Δs/ Δt = [k ·( t2 + 2·t· Δt + Δt2) – k · t2 ] / Δt → Δs/ Δt = 2 · k ·t + k · Δt v = ds/dt = lim Δs/Δt Δt → 0 = 2·k·t Wie verhält sich die Momentangeschwindigkeit zur mittleren Geschwindigkeit ? Für die mittlere Geschwindigkeit vm während des Zeitabschnitts Δt gilt: vm = Δs/ Δt = k·2 ·t + k · Δt = k·t + k · (t +Δt) k·t und k · (t +Δt) sind die halben Momentangeschwindigkeiten zu den Zeitpunkten t und t +Δt. vm = vvor Δt / 2 + vnach Δt / 2 = (vvor Δt + vnach Δt)/2 Die mittlere Geschwindigkeit in einem Zeitabschnitt Δt ist gleich dem Mittelwert aus der Anfangs- und der Endgeschwindigkeit. 20 In Abb. 1.3.37 sehen wir v = 2 · k · t in Abhängigkeit von der Beschleunigungszeit t. v/t = 2 · k · t / t = 2 ·k ist die Beschleunigung a. a = 2 ·k → k = a/2 k = a/2 ; s = k · t2 → s = ½ · a · t2 Abb. 1.3.37 Bei der Bewegung nach s = k·t 2 ist die Beschleunigung konstant (a = k ·2 ). Man spricht in diesem Fall von einer gleichförmig - beschleunigten Bewegung. In gleichen Zeiten erfährt das bewegte Objekt gleiche Änderungen seiner Geschwindigkeit. Ist die Masse des beschleunigten Körpers konstant, dann zeigt eine gleichförmigbeschleunigte Bewegung eine konstante Kraft an, denn bei konstanter Masse gilt: F = |Δ(m·v)/Δt | = m · |(Δv/Δt)| = m · a Hier ist noch anzumerken, dass der oben angegebene Satz „Die mittlere Geschwindigkeit ist der Mittelwert aus der Anfangs- und Endgeschwindigkeit“ nur bei einer gleichförmig - beschleunigten Bewegung gilt. Es stellt sich nun die Frage, welche der uns bekannten Bewegungen als gleichförmigbeschleunigt anzusehen sind. In Frage kommt z.B. die Fallbewegung eines Körpers. Wir werden diese Bewegung daraufhin untersuchen. Aufgaben 1. Ein zunächst gleichförmig mit v0 = 0,5 m/s über eine waagrechte Ebene rollender Wagen der Masse m = 200 g wird durch ein Gebläse Δt = 4 s lang mit F = 0,3 N in Fahrtrichtung beschleunigt. Welche Geschwindigkeit hat der Wagen nach dem Beschleunigungsvorgang ? 2. Ein Experimentierwagen mit mW = 300 g trifft auf ebener Fahrbahn mit v 0 = 3 m/s auf einen mB = 100 g schweren Bremsklotz und schiebt diesen während des Bremsvorgangs der Dauer Δt vor sich her. Die Bremskraft, welche von der Ebene auf den Klotz ausgeübt wird, beträgt 0,5 N. Wie groß ist Δt ? 1.3.8 Der Freie Fall (Gewichtskraft) Fallen Körper je nach Masse unterschiedlich schnell ? Ein „ja“ liegt nahe, wenn man daran denkt, dass Papierschnipsel deutlich langsamer fallen als Steine. Ein fallendes Stück Papier wird jedoch auffällig von der Luft in seinem Verhalten beeinflusst und es liegt die Vermutung nahe, dass sein langsameres Fallen auf den Luftwiderstand zurückzuführen ist, der sich bei ihm stärker auswirkt als bei einem Stein. Fallversuche in einer luftleeren Röhre bestätigen diese Vermutung und so kann man sagen: Alle Körper fallen im luftleeren Raum gleich schnell. Ist die Fallbewegung gleichförmig beschleunigt ? 21 Zur Beantwortung dieser Frage dient die in der Abb. 1.3.38 skizzierte Versuchsanordnung. Ein 5 kg schwerer Metallzylinder K spult während seines Falls einen Faden von der Welle eines Dynamos (Tachogenerator ) ab. Hierbei erzeugt dieser Dynamo eine der Geschwindigkeit proportionalen elektrischen Strom. Die Masse von K ist so gewählt, dass sich die hemmende Kraft des Dynamos nicht merkbar auswirkt. Abb. 1.3.38 Während des Falls wird die Dynamostrom in Abhängigkeit von der Zeit dargestellt. Es entsteht ein lineares Diagramm. Den Stromstärken werden die entsprechenden Geschwindigkeiten v zugeordnet, damit ein v-t-Diagramm vorliegt. Die Steigung v/t ist die Beschleunigung. 9,8m/s² kann abgelesen werden. Genauere Messungen ergeben für die ortsabhängige Fallbeschleunigung g den Wert 9,81 m/s². Bekanntlich ist die mittlere Geschwindigkeit s/t ( s: in der Zeit t zurückgelegter Weg) gleich dem Mittelwert aus der Anfangs- und Endgeschwindigkeit. Zu Beginn der Bewegung ist die Geschwindigkeit 0, eine Zeit t später ist die Momentangeschwindigkeit gleich v. s/t = (0+v)/2 = v/2, v /t = g → v = g·t ↓ s/t = g·t / 2 → s = (g/2) · t2 Galileis Fallgesetz Die Gewichtskraft Die von der Erde ausgeübte Kraft (Gewichtskraft) F = m · a = m·g ist der Masse proportional, denn g ist nicht von der Masse abhängig. Auf einen Körper der Masse 1 kg wirkt die Kraft F = 1 kg · 9,81 m/s² = 9,81 N. 1.3.9 Bewegung eines Läufers (Momentanbeschleunigung) Wie bewegt sich ein Rennläufer beim Start ? Zur Beantwortung dieser Frage dient die auf der nächsten Seite in der Abb. 1.3.39 sichtbare Messanordnung. Ein Läufer (65 kg schwerer Sportler) spult von der Welle eines Dynamos einen Faden ab. Da der elektrische Strom des Dynamos der Stärke nach der Geschwindigkeit des Läufers proportional ist, kann das zu diesem Vorgang gehörende Strom-Zeit-Diagramm als ein v-t-Diagramm aufgefasst werden. Abb. 1.3.39 22 Von Interesse ist die Kraft beim Anlaufen. Zu ihrer Berechnung muss die Beschleunigung zu einem interessierenden Zeitpunkt t ermittelt werden. Am Diagramm kann die Geschwindigkeitsänderung Δv abgelesen werden, die der Läufer in einem kleinen Zeitabschnitt Δt nach einem Zeitpunkt t erfährt. Δv/Δt, der Quotient aus dieser Geschwindigkeitsänderung und der zugehörenden Zeit, ist die mittlere Beschleunigung in Δt. In Abb. 1.3.39 sehen wir eine Gerade G, deren Steigung dieser mittleren Beschleunigung gleicht. Da sich die Kraft in Δt ändert, kann aus der mittleren Beschleunigung nicht auf die Kraft F zum Zeitpunkt t geschlossen werden. Dies ist nur dann mit einem kleinen Fehler möglich, wenn Δt so klein gemacht wird, dass nur mit einer geringen Kraftänderung in diesem Zeitintervall zu rechnen ist (stetige Kraftänderung wird vorausgesetzt). Lässt man zur Verminderung des genannten Fehlers das Zeitintervall Δt nach und nach gegen 0 gehen, dann strebt die mittlere Beschleunigung gegen einen Grenzwert. Dieser Grenzwert lim Δv/Δt (Δt→ 0) wird als Momentanbeschleunigung a zum Zeitpunkt t bezeichnet. Bei Verkleinerung von Δt wird die Gerade G in eine Grenzlage gedreht. In dieser Grenzlage heißt sie Tangente T. Anhand der Tangentensteigung kann die Momentanbeschleunigung a bestimmt werden. Mit F = m·a erhält man die Kraft zum Zeitpunkt t.. Für lim Δv/Δt Δt → 0 = a schreiben wir dv/dt (sprich dv nach dt). Der Momentanbeschleunigung a ordnen wir den Vektor a = {dv1/dt, dv2/dt, dv3/dt } zu. Vom v-t-Diagramm zum a-t-Diagramm Beschleunigungen können am v-t-Diagramm ermittelt werden. Man erhält sie, indem man Tangenten (siehe Abb. 1.3.40) anlegt und deren Steigung bestimmt . Abb. 1.3.40 Abb. 1.3.41 Das in Abb. 1.3.41 sichtbare Diagramm zeigt neben dem v-t-Diagramm eines Rennläufers das zugehörende a-t-Diagramm. Es fällt die erstaunlich hohe Anfangsbeschleunigung auf. Auf den 65 kg schweren Läufer wirken kurzzeitig etwa 4500 N. Vom v-t-Diagramm zum s-t-Diagramm Wenn die Geschwindigkeit konstant ist, dann kann s nach s = v · t berechnet werden. Hier ist die Geschwindigkeit leider nicht konstant. Wir müssen den Bewegungsabschnitt in viele kleine Zeitintervalle Δt zerlegen, innerhalb deren wir die Geschwindigkeiten als annähernd konstant ansehen können. Für die Wegänderung innerhalb eines solchen Intervalls können wir schreiben: Δs = Δt · v 23 Die Summe aller Δs gleicht dem Weg s. → s = Σ Δs = Σ v · Δt Wie in Abb. 1.3.42 angedeutet ist, kann das Produkt v ·Δt durch den Flächeninhalt A einer streifenförmigen Fläche dargestellt werden. k und h beschreiben die Längen, die einer Geschwindigkeits- bzw. Zeiteinheit entsprechen. A = (k·v)·(h·Δt) → Δs = v · Δt = A /(h·k) → s = Σ Δs = (Σ A) /(h·k) = Agesamt / (h·k) Σ A: Summe der Fächeninhalte A aller Streifen unter dem v-t-Diagramm Teilt man die gesamte Fläche unter dem Diagramm durch k · h, dann erhält man den insgesamt zurückgelegten Weg s. So können die Wege während verschiedener Laufzeiten für ein s-t-Diagramm bestimmt werden. Abb. 1.3.42 1.3.10 Über den Umgang mit Einheiten Es gibt bekanntlich Grundeinheiten wie m, s und kg und solche Einheiten, die von diesen Grundeinheiten abgeleitet werden z.B. cm = 0,01 m, m/s, m/s 2, kg·m/s2 usw.. Unter den Einheiten kg, m und s kann man sich noch etwas vorstellen. Anders verhält es sich mit m/s2 und kg · m/s2. Diese Einheiten sind formaler Natur. m/s 2 und kg·m/s2 sollen darüber informieren, welche Größen in eine Rechnung eingehen und wie sie miteinander verknüpft werden. Zu unserer Verwunderung finden wir Angaben wie 2· kg·m/s2 und 200000 ·g·cm/s2. Die Einheiten werden wie Variablen behandelt. Zum Verständnis dieser Darstellung sollte man sich unter m, kg und s jeweils die Zahl 1 und unter cm, g, und h (Stunde) 1/100, 1/1000 und 3600 vorstellen. Hiernach ist es gleichgültig ob man den Wert einer Kraft z.B. 2·kg · m/s 2 in der hier angegeben Form oder aber in der Form 200000· g ·cm/s2 in eine Gleichung einsetzt. Das Produkt aus Zahlenwert und Einheit ist in beiden Fällen gleich groß. Entsprechendes gilt für andere Größen. Wenn in einer Gleichung gleichen Größen gleiche Einheiten zugewiesen werden, dann kann man alle diese Einheiten als Vertreter der Zahl 1 ansehen. Daraus folgt, dass in diesem Fall die Gleichung auch dann gültig ist, wenn die Einheiten weggelassen werden. Nach der Streichung der Einheiten liegt eine sogenannte Zahlenwertgleichung vor. Zahlenwertgleichungen sind unüblich, denn es soll immer deutlich bleiben, mit welchen Größen und Einheiten gearbeitet wird. Außerdem kann man oft Rechenfehler an den während der Rechnung auftretenden Einheiten erkennen. Wenn z.B. in einer Summe Summanden mit verschiedenen Einheiten auftreten, dann ist damit ein Hinweis auf einen Fehler gegeben. Mit Hilfe von Einheiten können oft Gesetze vermutet werden. 24 Beispiel 1: Wir wissen, dass auf einen gleichförmig kreisenden Körper eine zum Drehpunkt gerichtete Kraft wirkt. Wir vermuten, dass diese Kraft F von der Masse m des Körpers, seiner Geschwindigkeit v und dem Bahnradius r abhängig ist. v, r und m müssen so verknüpft werden, dass ein Term mit der Einheit kg · m/s 2 (N) entsteht. [m] = kg ; m mit eckigen Klammern heißt Einheit von m [v] = m/s; [r] = m → [v2 · m/r ] = kg · m/s2 Dies gibt Anlass zur Vermutung: F = v2 · m/r Beispiel 2: Es wird angenommen, dass die Schallgeschwindigkeit v durch die Luftdichte ρ und den Luftdruck p bestimmt ist. [ρ] = kg/m3; [p] = kg/(m·s2); [p/ρ] = m2 / s2 → Vermutung: v ~√(p/ ρ) 1.4 Bewegung unter einer Kraft mit konstantem Betrag 1.4.1 Geradlinige Bewegung Es gibt eine Vielzahl von Bewegungen, die unter konstanter Kraft ablaufen. Man denke zum Beispiel an einen Wagen auf einer schiefen Ebene, an das Abbremsen eines Autos oder den Wurf eines Körpers. Bei der Behandlung solcher Bewegungsarten beschränken wir uns zunächst auf die geradlinige Bewegung. Man stelle sich einen Körper K der Masse m vor, der unter einer Kraft F entlang der x-Achse bewegt wird (siehe Abb. 1.4.1). Zum Zeitpunkt t = 0 befinde er sich am Ort x0 und habe die Anfangsgeschwindigkeit v1;0. Kräfte, Beschleunigungen und Geschwindigkeiten in x-Richtung erhalten den Zeiger (Index) 1! Abb. 1.4.1 Welche Geschwindigkeit v1 hat der Körper zu einem späteren Zeitpunkt t ? Es gilt: F1 = m · a1 → a1 = F1 /m Da die Beschleunigung konstant ist, gehören zu gleichen Zeiten gleiche Geschwindigkeitsänderungen. Die Änderung der Geschwindigkeit v1 – v1;0 ist der Zeit t proportional. (v1 – v1;0 )/t = a1 → v1 = a1 ·t + v1;0 Welchen x-Wert hat der Körper zum Zeitpunkt t ? Bei konstanter Beschleunigung ist die mittlere Geschwindigkeit gleich dem 25 Mittelwert aus Anfangs- und Endgeschwindigkeit. (x - x0)/t = (v1 + v1;0 )/2 v1 = a1 ·t + v1;0 ↓ (x-x0)/t = [( a1 ·t + v1;0)+ v1;0 ]/2 = ½ · a1 ·t + v1;0 → x = ½ · a1 ·t² + v1;0 ·t + x0 Bei einer räumlichen Bewegung von K erhält man für dessen Projektionen P 1, P2, und P3 auf die Achsen des Koordinatensystems: v1 = a1·t + v1;0 ; x = ½ · a1 · t2 + v1;0 · t + x0 v2 = a2·t + v2;0 ; v3 = a3·t + v3;0 ; y = ½ · a2 · t2 + v2;0 · t + y0 z = ½ · a3 · t2 + v3;0 · t + z0 v1;0 , v2;0 ,v3;0: Geschwindigkeiten zum Zeitpunkt t = 0 x0, y0, z0: Koordinaten von K zum Zeitpunkt t = 0. Abb. 1.4.2 Die Beschleunigungen können bei konstanter Masse aus den Kraftkoordinaten F1 = m· a1 , F2 = m· a2, F3 = m· a3 bestimmt werden. Die zuletzt angegebenen Gleichungen werden zu Vektorgleichungen zusammengefasst. {v1 ; v2 ; v3 } = {a1 ; a2 ; a3 }· t + {v1;0 ; v2;0 ; v3;0 } v = a·t + v0 {x; y; z } = ½ · {a1 ; a2 ; a3 }· t2 + {v1;0 ; v2;0 ; v3;0 } ·t + {x0 ; y0; z0 } r = ½ ·a·t2 + v0 · t + r0 r = {x; y; z }; v0 = {v1;0 ; v2;0 ; v3;0 }; r0 = {x0; y0; z0 } Wirkt keine Kraft ( a = 0), dann verläuft die Bewegung gleichförmig nach r = v0·t + r0 . K weicht zum Zeitpunkt t um ½ ·a·t2 von dem Ort P’ ab, den K bei fehlender Kraft genau dann erreicht hätte und hat in Bezug auf diesen Ort die Geschwindigkeit a·t. Der Wurf als Beispiel Für die Bewegung unter einer konstanten Kraft F gelten die folgenden Gleichungen: v = a·t + v0; r = ½ ·a·t2 + v0 · t + r0; a = F/m v0: Vektor der Anfangsgeschwindigkeit; r0: Ortsvektor der Startpunktes Wir gehen davon aus, dass die Erdanziehungskraft auf einen hoch geworfenen Körper K eine konstante, nach unten gerichtete Kraft F ist und dass ihr demnach ein 26 konstanter, nach unten gerichteter Beschleunigungsvektor a zugeordnet werden kann. In einem Koordinatensystem ( siehe Abb. 1. 4.3) mit einer nach oben gerichteten y-Achse ist a = {0, -g, 0 }. g ist der Betrag der Erdbeschleunigung, der in Mitteleuropa 9,81 m/s2 beträgt. Das nebenstehende Koordinatensystem zur Beschreibung des Wurfs ist ein sogenanntes Rechtssystem. Die x-, die y- und die z-Achse verhalten sich ihrer Richtung nach wie der Daumen, der Zeige- und der Mittelfinger der rechten Hand, wenn der Mittelfinger von den beiden anderen rechtwinklig abgespreizt ist. Abb. 1.4.3 Liegen r0 und v0 in der x-y-Ebene dann gilt: {x; y; z } = ½ · {0; -g, 0} · t2 + {v0;1; v0;2; 0 } · t + {x0 ; y0 ; 0 } {v1; v2; 0 } = {0; -g, 0} · t + {v0;1; v0;2; 0 } In diesem Fall können die z-Koordinaten unbeachtet bleiben. Für die anderen Koordinaten gilt: x = v0;1· t + x0; v1 = v0;1 ; y = - ½ · g · t2 + v0;2 · t + y0 v2 = -g · t + v0;2 Bei fehlender äußerer Kraft würde sich K nach {x; y } = {v 0;1; v0;2 }· t + {x0 ; y0 } bewegen (a = 0) und in der Zeit t mit konstanter Geschwindigkeit einen Punkt P’ erreichen. Stattdessen gelangt K in dieser Zeit zu einem Punkt, der g · t2 /2 unter P’ liegt (siehe Abb. 1.4.6 auf der nächsten Seite). Die oben angegebenen Gesetze passen auch zu einer Kugel K, die über eine schiefe Ebene rollt. Die x und y-Achsen müssen in diesem Fall in der schiefen Ebene liegen und zwar so, dass die x-Achse waagrecht und die y-Achse schräg nach oben weist. Zur Berechnung ist anstelle von g die Beschleunigung einer abwärts rollenden Kugel einzutragen. Die Projektion der Kugel auf der x -Achse bewegt sich gleichförmig, die Projektion auf die y-Achse gleichförmig-beschleunigt. Die letzten Aussagen sind leicht mit der Experimentierwippe nachprüfbar. In der Abb. 1. 4.4 auf der nächsten Seite sind Bewegungen auf einer schräg geneigten Wippe dargestellt. P ist die Projektion der rollenden Kugel K auf die Längskante der Glasplatte. 27 Abb. 1.4.4 Die von dem an die Wippe angeschlossenen Weg-Zeit-Diagramme sind dem Punkt P zuzuordnen. Rechner geschriebenen Die Diagramme zeigen: P bewegt sich im Fall 1 erwartungsgemäß gleichförmig und im Fall 2 mit einer konstanten Beschleunigung, die unabhängig ist von der Bewegung in horizontaler Richtung. Anmerkung für den Experimentator: Beide Rändelschrauben der angehobenen Längsseite sind unterlegt Mit Blick auf die Abb. 1.4.5 werden die Bewegungsgleichungen an einem Wurf überprüft. Abb. 1.4.5 Abb. 1.4.6 Abb. 1.4.7 Auch eine Wurfbahn Mit einer Federkanone (siehe Abb. 1.4.5 ) wird eine an einem Elektromagneten hängende Eisenkugel K anvisiert. Mit dem Schuss wird der Strom durch den Magneten unterbrochen und die Kugel fällt. Das Geschoss G, welches den Lauf der Kanone verlässt, trifft die Kugel. Erklärung: Bei fehlender Erdanziehungskraft würde das Geschoss G zu einem Zeitpunkt t (Wurfbeginn bei t = 0) den Magneten erreichen. Unter der Kraft m· g ist das Geschoss ½ · g ·t2 tiefer und somit am Ort der fallenden Kugel. Die Gewichtskraft ist nach Richtung und Betrag konstant, sie ist unabhängig vom Verlauf der Bewegung. Dies ist die Voraussetzung für die Herleitung der 28 Bewegungsgleichungen, die mit den gerade beschriebenen Experimenten auf ihre Richtigkeit geprüft wurden. Aufgabe: Ein Gegenstand K werde mit der Geschwindigkeit v unter dem Höhenwinkel α am Ort P(0;0) nach oben geworfen (siehe Abb. 1.4.6 auf Seite 28). Welchen Ort P(x; y) erreicht dieser Gegenstand in einer Zeit t nach dem Abwurf ? v1 /v = cos(α) → v1 = v·cos(α), v2 /v = sin(α) → v2 = v · sin(α) x = t · v · cos(α) , y = t· v · sin(α) - (g/2) · t2 x = t · v · cos(α) , y = t· v · sin(α) sind die Koordinaten des Punktes P’, den K ohne Erdanziehung ( g = 0) in der Zeit t erreichen würde. Die Gleichung x = t · v · cos(α) kann man nach t auflösen und erhält t = x / [v · cos(α)]. Ersetzt man in der für y gültigen Gleichung die Zeit t durch diesen Term, dann erhält man eine quadratische Funktion, die durch eine Parabel dargestellt wird. y = x · (sin α / cos α ) - g · x2 / (2 · v2 · cos2 α ) Aufgaben 1. Ein 200 g schwerer Wagen steht auf einer waagrechten Ebene. Vom Wagen geht ein Faden aus, er läuft über eine Rolle abwärts und trägt am anderen Ende ein 20g-Gewicht. Abb. 1.4.8 Welche Geschwindigkeit hat der anfänglich ruhende Wagen 3s nach seiner Freigabe ? Welchen Weg legt er innerhalb von diesen 3 s zurück ? Wir gehen davon aus, dass es ohne Bedeutung für die Bewegung des Wagens ist, ob die auf m2 wirkende Kraft F = m2·g nach unten oder nach rechts gerichtet ist. 2. Ein Gegenstand wird mit v0 = 10 m/s senkrecht nach oben geworfen. Welche Höhe erreicht er und wie lange dauert der Wurf ? 3. Ein Gegenstand wird mit v0 = -5 m/ s von einem y0 = 10 m hohen Turm senkrecht nach unten geworfen. Wie lange dauert der Wurf und mit welcher Geschwindigkeit schlägt der Gegenstand auf den Boden ? 4. Ein Ball wird mit 15 m/s unter dem Höhenwinkel 45° aus 1,7 m Höhe nach oben geworfen. Welche Höhe erreicht der Ball, wie weit fliegt er, mit welcher Geschwindigkeit und unter welchem Winkel schlägt der Ball auf den Boden ? 29 1.4.2 Bewegung auf einer Kreisbahn Wenn eine Kraft auf einen Körper K wirkt, erwartet man an K eine Veränderung des Geschwindigkeitsbetrages. Dies ist nicht immer der Fall, z.B. dann nicht, wenn es sich um eine Normalkraft handelt, wenn die Bewegungsrichtung mit der Richtung der Kraft einen rechten Winkel bildet. Man denke an einen Körper der Masse m, der an einem Faden auf einer Kreisbahn geführt wird. Wir untersuchen nun eine Bewegung in der x-y-Ebene unter einer dem Betrage nach konstanten Normalkraft F = {F1 ; F2 ; 0}. In der Schule ist die mathematische Behandlung dieser Bewegung nur mit Hilfe eines Rechners möglich. Hierbei wird in folgender Weise vorgegangen: Die Bewegungszeit wird in sehr kleine Zeitabschnitte Δt zerlegt. Ein Δt ist so klein, dass innerhalb dieses Abschnitts die Kraft nach Richtung und Betrag als konstant angesehen werden kann. Mit den für konstante Kräfte geltenden Bewegungsgleichungen wird die Orts- und Geschwindigkeitsänderung während des ersten Zeitabschnitts Δt berechnet. a1 = F1/m, a2 = F2/m F1, F2 : Kraftkomponenten in x- und y-Richtung während des Zeitabschnitts Δt a1, a2: Beschleunigungen in x- und y-Richtung v1 = a1· Δt + u1 , v2 = a2· Δt + u2 u1,u2 : Geschwindigkeiten vor Δt v1, v2 : Geschwindigkeiten nach Δt x = 0,5 · a1 · Δt2 + u1 · Δt + x0 , x0, y0 : Koordinaten vor Δt y = 0,5 · a2 · Δt2 + u2 · Δt + y0 x, y : Ortskoordinaten nach Δt Nach dieser Rechnung ist der Ort und die Geschwindigkeit zu Beginn des zweiten Abschnitts Δt bekannt. Mit diesen Werten wird daraufhin der Ort und die Geschwindigkeit zu Beginn des dritten Abschnitts ( nach dem Ende des 2. Abschnitts) berechnet usw.. Die Koordinaten F1 und F2 der dem Betrage nach konstanten Kraft F (|F| = F) werden wie folgt bestimmt: F1 / |F| = v2 / |v| , - F2 / |F| = v1 / |v| |F| = F , |v| = v, v = √(v12 + v22) ↓ Abb. 1. 4.9 F1 = (v2 /v)· F, F2 = -(v1 /v)· F Manchmal ist auch eine Angabe über die Bewegungszeit gewünscht. Hat diese vor Δt den Wert tvor , dann ist sie nach Δt gleich tnach = tvor +Δt. Die im Microsoft-Office und Open-Office (Sun) enthaltenen Tabellenkalkulationsprogramme eignen sich zur Ausführung der hier angegeben Berechnungsschritte. 30 Wie ist hierbei vorzugehen ? Auf diese Frage wird nun anhand des Open-Office-Tabellenkalkulationsprogramms (kann aus dem Internet kostenlos heruntergeladen werden) eingegangen. Abb. 1.4.10 : www.g-hoehne.de/T/T1.ods Zuallererst werden in die erste Zeile die gerade aufgestellten Gleichungen eingetragen. In die zweite Zeile werden die Anfangswerte von x , y, v 1 und v2 sowie die Werte der Konstanten F/Newton = 20, Δt/Sekunde = 0,001 und m/kg = 1 geschrieben. Die Gleichungen in der ersten Zeile werden vom Rechner nicht als Rechenanweisungen erkannt. In der dritten Zeile werden dem Rechner verständliche Anweisungen gegeben, die diesen Gleichungen entsprechen. So wird in der dritten Zeile unter „F1 = (v2 / v) · F“ die Anweisung „= F2/G2*$K$2“ geschrieben. G2 (v) wird in der zweiten Zeile nach „= WURZEL(E2^2+F2^2)“ berechnet. Die Zahl (Index) direkt am Buchstaben zeigt die Zeile an, in der die Variable steht . G4 ist z.B. ein Eintrag in der 4.Zeile unter G. = = = = Zusammenfassung aller Zuordnungen in der Zeile 3: F2/G2*$K$2 → F1 = (v2 / v) · F = C3*$L$2+E2 → v1 = a1· Δt + u1 -E2/G2*$K$2 → F2 = -(v1 /v)· F = D3*$L$2+F2 → v2 = a2· Δt + u2 A3/$M$2 → a1 = F1/m = WURZEL(E3^2+F3^2) → v = √(v12+v22) B3/$M$2 → a2 = F2/m = H2+$L$2 → tnach = tvor+ Δt = 0,5*C3*$L$2^2 + E2*$L$2 + I2 → = 0,5*D3*$L$2^2 + F2*$L$2 + J2 → x = 0,5 · a1 · Δt2 + u1 · Δt + x0 y = 0,5 · a2 · Δt2 + u2 · Δt + y0 Es fällt auf, dass manche Buchstaben mit dem Zeichen „$“ eingerahmt sind. Warum schreibt man z.B. $K$2 und nicht K2 ? $K$2 und K2 stehen für die gleiche Zahl. Der Unterschied zwischen ihnen fällt beim Kopieren (Einfügen- Kopieren) einer Rechenanweisung in eine andere Zeile auf. Wird z.B. fünf Zeilen unter einer Rechenanweisung eine Kopie dieser Anweisung angelegt, dann bleiben die Indices von den Variablen mit „$“ unverändert, die Indices der anderen Variablen aber werden um 5 erhöht. Aus einem K2 wird die Kopie K7. Mit der Taste „Zeilenwechsel“ wird der Eintrag einer Rechenanweisung beendet. Es erscheint dann anstelle der eingetragenen Formel das Rechenergebnis. Mit einem einfachen Klick auf das Rechenergebnis kann die zugehörende Formel oben im 31 Tabellenfenster neben „fxΣ =“ sichtbar gemacht werden. Bei einem Doppelklick tritt an die Stelle des Rechenergebnisses die zugehörende Formel. Mit „EinfügenKopieren“ überträgt man nicht das Rechenergebnis, sondern die Formel. Nach dem Übertrag in eine tiefer liegende Zeile erscheint das Ergebnis der übertragenen Formel (mit anderen Indices). Abb. 1.4.11 Soll die 3. Zeile in darunter liegende Zeilen kopiert werden, dann wird diese Zeile in der 1. Spalte angeklickt und damit der unter A sichtbare Rahmen R gesetzt (siehe Abb. 1.4.11). Dieser wird anschließend bei gedrückter Maustaste (Linkstaste) mit dem Mauszeiger in der Rahmenmitte bis zur Spalte J erweitert. 0,005 steht unter J in der 3. Zeile. Abb. 1.4.12 Abb. 1.4.13 Danach setzt man den Mauszeiger auf die rechte untere Ecke des Rahmens R und zieht diesen bei gedrückter Maustaste (Linkstaste) nach unten (siehe Abb. 1.4.12). Nach der Freigabe der Maustaste ist das aufgespannte, rot umrahmte Feld mit Kopien der 3.Zeile ausgefüllt. Es muss angemerkt werden, dass es sich hierbei nicht um echte Kopien handelt, weil die Indices der Variablen ohne „$“ um die Differenz (ZeilennummerKopie – ZeilennummerOriginal) vergrößert werden. In der 3. Zeile stehen nun die Werte nach dem 1. Zeitabschnitt Δt, in der 4. Zeile die Werte nach dem 2. Zeitabschnitt Δt usw.. Da die Indices von Zeile zu Zeile um 1 zunehmen, sind die Rechenergebnisse einer Zeile die Anfangswerte für die Berechnungen in der nächsten Zeile. Die Spalten I (x-Werte) und J (y-Werte) werden zur grafischen Darstellung ausgewählt. Nach Anklicken von I (Linkstaste) wird der Mauszeiger bei gedrückter Maustaste nach J geführt (siehe Abb. 1.4.13). Nach Wahl von „Einfügen - Diagramm“ erscheint das folgende Dialogfeld (nächste Seite) und nach Anklicken von „XY“ das nächste Feld. 32 Abb. 1. 4.14 Mit „Nur Linien“ und „Fertig stellen“ wird die in der Abb. 1.4.15 sichtbare kreisförmige Bahn gezogen. Sie weicht etwas von einer Kreisbahn ab. Dies ist auf Rechenungenauigkeiten zurückzuführen. Abb. 1. 4.15 Abb. 1. 4.16 Eine höhere Rechengenauigkeit wird erreicht, wenn statt der Beschleunigung zu Beginn eines kleinen Zeitabschnitts Δt die Beschleunigung in der Mitte von Δt zur Berechnung genommen wird. Für die Änderung Δa der Beschleunigung in Δt/2 kann geschrieben werden: Δa ≈ (avor Δt – anach Δt )/2 → aMitte ≈ avor Δt + (avor Δt – anach Δt )/2 Da a nach Δt zunächst unbekannt ist, wird das zum letzten Δt gehörende Δa genommen. Zur Korrektur mit Δa werden in der Tabelle unter der 5. Zeile alle Zeilen gelöscht. Dann erhalten die unter C und D in der fünften Zeile stehenden Anweisungen (Beschleunigungen) die Korrekturglieder +(C4-C3)/2 und +(D4-D3)/2. Hiernach wird die fünfte Zeile bis zur Zeile 2000 kopiert. Die mit den neuen Werten berechnete Bahn (siehe Abb. 1. 4.16) ist ein Kreis mit einem 1,25 m-Radius. Die Korrektur ist so gut, dass noch bei einem 10 fach größeren Wert von Δt ( Δt = 0,01) eine ordentliche Kreisbahn entsteht. 33 Ist das Fenster, in dem das Diagramm liegt, durch Doppelklick aktiviert (grauer Rand), dann können mit „Einfügen-Titel“ Titel hinzugefügt und die Achsen beschriftet werden ( hier y/m und x/m). Ein Gitternetz ist mit „Einfügen-Gitter“ machbar und nach einem Rechtsklick im Diagrammbereich kann mit „FormatPosition und Größe“ die Länge und Breite des Diagrammfeldes festgelegt werden. Die hier berechnete Bahn ist nur dann als Kreisbahn erkennbar, wenn die Strecken gleich lang sind, die den Einheiten auf der x- und y-Achse zugeordnet sind. Mit einem Rechtsklick auf einer Zahl an den Koordinatenachsen werden Möglichkeiten zur Gestaltung der Zahlenangaben angezeigt. Der in der Abb. 1. 4.16 ablesbare Radius r = 1,25 m ist nach der in dem Kapitel 1.3.11 als Vermutung angegebene Gleichung F = m·v2/r zur Kraft auf einen kreisenden Körper zu erwarten. F = m·v2/r → r = m·v2/ F = 1 kg · 25 m2/ s2/ 20N = 1,25 m Die Werte in der Spalte G zeigen an, dass die Bahngeschwindigkeit v konstant ist. Als Ergebnis der hier durchgeführten Untersuchung ist festzustellen: Wirkt auf einen Körper eine zur Bewegungsrichtung orthogonale Kraft mit konstantem Betrag, dann bewegt sich der Körper mit konstanter Geschwindigkeit auf einer Kreisbahn. Die auf den Kreismittelpunkt gerichtete Kraft heißt Zentripetalkraft FZ. Die Beschleunigung zum Kreismittelpunkt hin wird Zentripetalbeschleunigung genannt. Zur experimentellen Ermittlung ihres Betrags lassen wir eine Kugel auf der Experimentierwippe kreisen (siehe Abb. 1.4.17). Abb. 1.4.17 Das Diagramm beschreibt den Weg s des Punktes P, der senkrechten Projektion des kreisenden Körpers B auf einen durch den Kreismittelpunkt gehenden Pfeil. Dem Bewegungsdiagramm kann mit bekannten Computerprogrammen (Mathe.-Physik der Firma Höhne-Messtechnik, Cassy-Lab der Firma LD-DIDACTIC..) eine Parabel angepasst und der zu ihr gehörende Funktionsterm bestimmt werden. Für sehr kurze Zeiten t nach der Kehrtwende von P am linken Umkehrpunkt gilt für den Weg s diese Punktes: s = ½ ·a ·t2 ( a = |a| ) Für die Parabel in der Abb. 1.4.17 wurde s = (1,51 m/s 2) · t2 erhalten. Folglich hat die Zentripetalbeschleunigung den Wert 3,02 m/s2. Nach den am Diagramm ablesbaren Werten (Umlaufzeit = 1,32 s , Bahnradius =14 cm) ist v2/r = 3,1 m/s2. 34 Der geringe Unterschied zwischen den beiden Werten 3,02 m/s 2 und 3,1 m/s2 ist auf Ungenauigkeiten bei der Messung zurückzuführen. Der Funktionsterm der Parabel, welche die Bewegung der Projektion P bei kleinem s beschreibt, soll nun anhand der Abb. 1.4.18 hergeleitet werden. Das der Kreisbahn zugeordnete Dreieck ABC ist nach dem Satz des Thales ein rechtwinkliges Dreieck. Es vergeht die Zeit t, während P den Weg s zurücklegt. Der Kreisbogen AB weicht bei kleinem t nur sehr wenig von der Kathete AB ab. Es gilt somit nach dem Kathetensatz: s· (2 · r) = ( v·t)2 → s = [(v2/r) /2]·t2 ↓ s = (a /2) · t2 ↓ Abb. 1. 4.18 2 a = v /r → |FZ| = m· v2/r Für die Zentripetalkraft wird oft die Gleichung F = m·ω 2·r angegeben. ω ist die Winkelgeschwindigkeit, sie beschreibt den Winkel (im Bogenmaß), der in einer Zeiteinheit von der Strecke überstrichen wird , welche den kreisenden Körper mit dem Drehpunkt verbindet. ω = 2·π/T , v = 2·π·r/T → v = ω·r; F= m · v2/r = m·(ω·r)2/r = m·ω2·r Aufgaben Zur Behandlung der hier gegeben Aufgaben muss das Additionsgesetz der Kräfte bekannt sein, welches erst in den folgenden Kapiteln behandelt wird. Dieses Gesetz besagt: Wirken auf einen Körper K zwei Kräfte F 1 und F2 , dann verhält sich der Schwerpunkt von K so, als ob nur eine der Vektorsumme von F1 und F2 gleichende Kraft F3 auf ihn einwirke. Abb. 1.4.19 1. Ein mit Wasser gefüllter Eimer wird in einer vertikalen Ebene auf einer Kreisbahn mit r = 0,8 m um einen Punkt M gedreht. Welche Geschwindigkeit muss der Eimer am höchsten Punkt seiner Bahn mindestens haben, wenn das Wasser nicht auslaufen soll ? Ab Abb. 1. 4.20 35 2. Wenn die Straße glatt ist (vernachlässigbare Reibung), dann muss sie in einer Kurve nach dem äußeren Kurvenrand hin ansteigen, damit ein Auto nicht aus der Kurve heraus rutscht. Wie groß muss der Anstiegswinkel α in einer Kurve mit dem Radius r = 50 für ein Auto mit 100 km/h sein ? Abb. 1.4.21 3. Mit v = 20 km/h fährt ein Radfahrer in eine Kurve, deren Radius r = 20 m beträgt. Mit welchem Winkel α legt sich der Radfahrer hierbei in die Kurve ? Abb. 1.4.22 4. Am oberen Ende eines rotierenden senkrechten Stabes ist eine Kugel mit einem Faden der Länge L = 50 cm angebunden. Sie dreht sich mit der Winkelgeschwindigkeit ω = 10 ·1/s. Welchen Winkel α bildet der Faden mit dem Stab ? Abb. 1.4.2 5. Auf die höchste Stelle eines Rohres mit dem Radius r = 0,5 m wird ein kleiner Experimentierwagen gesetzt. Nach einem ganz leichten Stoß rollt er reibungsfrei abwärts. Bei welchem Winkel α löst er sich vom Rohr ? Abb. 1.4.24 1.5. Gesetze zur Kraft 1.5.1 Das Wechselwirkungsgesetz 1.5.1.1 Kräfte beim Anfahren und Bremsen eines Autos Ein Spielauto mit leicht aufgezogenem Federmotor wird zunächst am Rand der Wippe mit einem Faden festgehalten und in einem passenden Augenblick freigegeben (siehe Abb. 1.5.1 und Abb. 1.5.2). 36 Abb. 1.5.1 Abb. 1.5.2 Der Anfang und das Ende des hierbei aufgezeichneten s-t-Diagramms ist durch parabelförmige Abschnitte gekennzeichnet, die eine gleichförmig beschleunigte Bewegung mit positiver bzw. negativer Beschleunigung anzeigen. Wenn die Geschwindigkeit v in Richtung der x-Achse größer wird (Δv > 0), dann spricht man von einer positiven, andernfalls von einer negativen Beschleunigung. Mit Computerprogrammen (Mathe.-Physik, CASSY-LAB) können dem Bewegungsdiagramm Parabeln angepasst und die zugehörenden Terme bestimmt werden. Der Faktor vor t2 gleicht der halben Beschleunigung. Nach Kenntnis der Beschleunigung ist die Berechnung der Anfahrens und Bremsens möglich. Kraft während des Wer beschleunigt das Auto ? Warum fährt ein Auto an ? Der Motor kann nicht als unmittelbare Ursache angesehen werden, da nach dem Trägheitssatz nur äußere Kräfte eine Beschleunigung herbeiführen. Die Kraft muss von der Straße ausgehen. Die Räder greifen an der Straße an und verformen deren Oberfläche so, dass die Straße wie eine gestauchte Feder auf das Auto einwirkt. Zur Überprüfung dieses Sachverhalts denken wir uns ein Spielauto auf einer beweglichen Fahrbahn (siehe Abb.1.5.3). Abb. 1.5.3: 2 Experimentierwagen tragen eine Glasplatte Fährt das Spielauto an, dann erfahren sowohl das Auto wie die bewegliche Fahrbahn einen Impuls. Nach dem Impulssatz müssen die beiden Impulse betragsmäßig übereinstimmen. Das Auto übt dementsprechend eine Kraft auf die bewegliche Fahrbahn aus (erteilt ihr einen Impuls entgegen der eigenen Bewegungsrichtung ), und diese wirkt mit einer gleich großen Kraft auf das Auto. Wir schließen hieraus auf das Wechselwirkungsgesetz: Jeder Kraft wirkt eine gleichgroße Kraft entgegen. 37 Immer wieder weisen alltägliche Erfahrungen auf das Wechselwirkungsgesetz hin. Abb. 1.5.4 Abb.1.5.5 In der Abb. 1.5.4 sind Kinder auf einem Floß zu sehen. Sie ziehen an einem Seil, welches die beiden Ufer eines Flüsschens miteinander verbindet und erzeugen damit eine Gegenkraft des Seils, die ihre Bewegung veranlasst. Die nach dem Wechselwirkungsgesetz zu erwartende Gegenkraft ist häufig Ausdruck einer Verformung. Selbst die Wand eines Klassenzimmers wird unter dem Druck einer Hand verbogen. Eine solche Wandverbiegung kann mit der Experimentierwippe nachgewiesen werden ( siehe Abb. 1. 5.5). Zwischen dem Stativstab auf dem Rand der drehbaren Glasplatte und einer Wand (keine Betonwand) wird ein dünner Stahldraht straff aufgespannt. Eine durch Händedruck verursachte Verformung der Wand bewirkt eine geringe Drehung der Glasplatte, die in bekannter Weise von einem Rechner registriert wird. 1.5.2 Gesetz zur Addition der Kräfte Wir stellen uns eine Glasplatte der Masse m3 vor, die auf kleinen Eisenkugeln aufliegt und somit nach allen Seiten frei beweglich ist. Auf der zunächst ruhenden Platte fährt ein Spielauto W1 mit der Masse m1 und dann in einem zweiten Versuch ein Spielauto W2 mit der Masse m2 an . Abb. 1.5.6 Nach dem Impulssatz bleibt die Impulssumme 38 aus den Impulsen des Glasplattenschwerpunkts und des Autos in jedem Fall konstant. W1: d(m3· v3)/dt + d(m1· v1)/dt = 0; d(m3· v3 )/dt = - d(m1· v1)/dt; W2: d(m3· v3)/dt + d(m2· v2)/dt = 0 d(m3· v3)/dt = - d(m2· v2)/dt Wenn wir die Platte gedanklich in viele kleine Teilchen zerlegen, dann ist ihr eine Impulssumme zuzuordnen; sie gleicht dem Impuls des Schwerpunkts ! -d(m1· v1)/dt und -d(m2· v2)/dt sind die Kräfte F1 und F2 , welche die Autos W1 und W2 auf die Glasplatte ausüben. Wenn W1 und W2 gleichzeitig anfahren, dann gilt: d(m3 · v3)/dt + d(m1 · v1)/dt + d(m2 · v2)/dt = 0 - d(m1 · v1)/dt - d(m2 · v2)/dt = d(m3 · v3)/dt Der Schwerpunkt der Glasplatte verhält sich so, als ob nur eine Kraft F3 = d(m3 · v3)/dt auf ihn wirke. Diese Kraft erhalten wir durch vektorielle Addition der von W 1 und W2 ausgehenden Kräfte F1 und F2. Schlussfolgerung: Wirken auf einen Körper K (hier eine Glasplatte) zwei Kräfte F1 und F2 , dann verhält sich der Schwerpunkt von K so, als ob nur eine der Vektorsumme F1 + F2 gleichende Kraft F3 auf ihn einwirke. a = F3/ (Masse von K) ist die Beschleunigung des Körperschwerpunkts. Nach F = m·a wird die Schwerpunktbeschleunigung a eines Systems berechnet. Hierbei ist es ohne Bedeutung, ob zwischen den Teilen des Systems feste oder keine Bindungen bestehen. m steht für die gesamte Masse des Systems und F für die Vektorsumme aller auf das System wirkenden Kräfte. Berechnung von resultierenden Kräften An einem Gegenstand greifen zwei Kräfte F1 und F2 an. Der Winkel zwischen den Kraftpfeilen sei α (siehe Abb. 1.5.7). Wie groß ist der Betrag der resultierenden Kraft F ? Abb. 1.5.7 Zur Beantwortung einer solchen Frage wird ein Dreieck aus den Kraftvektoren gebildet. F erscheint als unbekannte Seite in dem aus F1, F2 und F gebildeten Dreiecks. Für den Gegenwinkel γ zu F gilt: γ = 180° - α . |F | ist mit Hilfe des Kosinussatzes berechenbar. |F|2 = |F1|2 + |F2|2 – 2· |F1| ·|F2|·cos γ 39 Anwendungen des Additionsgesetzes Die Hangabtriebskraft Behauptung: Ein Wagen, der auf einer schiefen Ebene die Höhendifferenz s durchläuft, erfährt eine nur von s abhängige Geschwindigkeitsänderung. Beweis: Die Beschleunigung eines Wagens der Masse m entlang der schiefen Ebene weist auf eine Kraft F (Hangabtriebskraft) parallel zu dieser Ebene hin; sie ist die Resultierende der auf den Wagen wirkenden Kräfte. Auf den Wagen wirkt die Erde mit ihrer Anziehungskraft FG = m·g und die schiefe Ebene mit einer Abstoßungskraft FB (siehe Abb.1.5.8). Von Reibungskräften soll abgesehen werden. Abb.1.5.8 F/FG = s/L → F = (s/L) · m·g = m·a → a = (s/L)·g ↓ (v2 – v1)/t = (s/L)·g v1: Anfangsgeschwindigkeit; v2: Endgeschwindigkeit; t: Bewegungszeit (v2 – v1)/t = (s/L)· g → Abb.1.5.9 (v2 – v1) · L / t = s· g Für die mittlere Geschwindigkeit L/t gilt: L/t = (v2 + v1)/2 (v2 – v1) · L/t = s· g → (v2 – v1) · (v2 +v1) / 2 = s· g → v22 – v12 = 2· s· g Demnach ist die Änderung von v2 und somit auch die von v nur von der Höhenabnahme s abhängig. Die Hangabtriebskraft F gewinnt man auch, indem man die Gewichtskraft FG wie in der Abb. 1.5.9 sichtbar in zwei Kräfte F und FN (Normalkraft) zerlegt. Erlaubt ist dies, weil nach dem Additionsgesetz der Kräfte F und FN zusammen die gleiche Wirkung auf den Wagen haben wie FG alleine. Die anfangs stehende Behauptung über die Änderung der Geschwindigkeit gilt auch dann, wenn der Wagen eine gekrümmte Bahn hinab rollt. In diesem Fall können wir die Bahn als eine Folge von n vielen kleinen schiefen Ebenen mit der Höhendifferenz Δs sehen (siehe Abb. 1. 5.10). Für jede dieser kleinen Ebenen gilt: vEnde2 – vAnfang2 = 2· Δs· g Abb. 1.5.10 Für die Summe aller n Differenzen vEnde2 – vAnfang2 erhalten wir: v22 – v12 + v32 – v22 + v42 – v32 ….+ vn2 – vn-12 = 2· Δs1 ·g + 2· Δs2· g + 2· Δs3· g..... Auf der linken Seite heben sich vn-12, vn-22 ….... v22 gegenseitig auf. vn2 – v12 = 2· g ·( Δs1 + Δs2 + Δs3 …...) = 2· g ·s 40 Experimentelle Überprüfung der letzten Aussage Abb. 1.5.11 Abb. 1.5.12 Die Abb. 1.5.11 und 1.5.12 zeigen eine in Querrichtung geneigte Wippe (die Schmalseiten sind geneigt, die Längsseiten verlaufen waagrecht), auf der eine Kugel entlang einer vorgeschriebenen Bahn hinab rollt. Die Bahn ist jeweils durch einen Schweißdraht (Durchmesser = 4 mm) vorgegeben, der zwischen zwei diagonal gegenüber liegenden Ecken der Wippe eingespannt ist. Die in den Abbildungen erkennbaren Bahnen nehmen vor dem unteren Ende einen waagrechten Verlauf an, somit werden die mit der Geschwindigkeit 0 am oberen linken Ende der Bahn beginnende Bewegungen am Ende gleichförmig. In der Abb. 1.5.13 sind die zugehörenden WegZeit-Diagramme zu sehen ( das obere ist der Abb. 1.5.11 und das untere der Abb. 1.5.12 zuzuordnen). Beide Diagramme haben am Ende gleiche Steigungen und zeigen somit gleiche Endgeschwindigkeiten an. Abb. 1.5.13 Kräfte an einer tragenden Leine An einer Leine, die zwischen zwei Punkten P1 und P2 aufgespannt ist, sei eine Lampe aufgehängt (siehe Abb. 1.5.14). Man könnte meinen, dass P1 und P2 jeweils die halbe Gewichtskraft der Lampe aushalten müssen. Dies ist aber nicht der Fall. Abb. 1.5.14 Die auf sie wirkenden Zugkräfte sind meistens erheblich größer als die halbe Gewichtskraft des aufgehängten Gegenstandes. Warum ist dies so ? Zum Verständnis dieses Sachverhalts dient die Abb. 1.5.15. 41 Die von den Punkten P1 und P2 ausgehenden Kräfte FP1 und FP2 bilden als Resultierende die Gegenkraft –FL zur Gewichtskraft FL der Lampe. Abb. 1.5.15 Die Kräfte FP1 und FP2 ( |FP1| = |FP2|) sind größer als FL /2. Es gilt: |FP1| / (|FL| /2) = s/h → |FP1| = (s / h) · (|FL|/2) s: halbe Seillänge, h: Verschiebung der Seilmitte unter der Gewichtskraft der Lampe Nach dem Wechselwirkungsgesetz haben die auf P 1 und P2 wirkenden Kräfte die gleichen Beträge wie die von P1 und P2 ausgehenden Kräfte. Die Zugkraft der Lampe an einer Seilhälfte ist demnach um den Faktor s/h größer als die halbe Gewichtskraft |FL|/2 der Lampe. Aufgaben 1. Ein Faden, an dessen Enden Gewichte mit m 1 = 200 g und m2 = 160 g hängen, ist über eine feste Rolle gelegt. Wenn das 200g-Gewicht G freigegeben wird, dann bewegt es sich mit einer Beschleunigung a abwärts. Wie groß ist diese Beschleunigung a ? Welche Geschwindigkeit v hat G 0,5 s nach seiner Freigabe ? Welchen Weg legt G in 0,5 s nach dem Start zurück ? Wie groß ist die Zugkraft F des Fadens ? Wie groß ist die Kraft auf die Rolle ? Die Masse der Rolle sowie die Reibung der Rolle an ihrer Drehachse sei vernachlässigbar klein. 2. Auf einer waagrechtenund einer schiefen Ebene stehen die Wagen W1 und W2. W2 zieht W1 an einem Faden. Die Masse der Rolle R sei vernachlässigbar klein. Abb. 1.5.17 Wie groß ist die Beschleunigung der beiden Wagen ? Wie groß ist die Kraft F auf die Umlenkrolle R ? 42 Abb. 1.5.16 3. An einem Flaschenzug hängen zwei Gewichte der Masse m =100 g. Welche Beschleunigung a1 erfährt das linke Gewicht nach seiner Freigabe ? Die Massen der Rollen sind zu vernachlässigen ! Beachte: Die Zugkräfte Ff der 3 Seilstücke sind gleich groß ! Abb. 1.5.18 4. Beweise den Galileischen Sehnensatz ! In seinem berühmten Werk „Discorsi“ behauptet Galilei Folgendes: Wenn von dem höchsten Punkt oder von dem Gipfel eines (vertikalen) Kreises (siehe Abb. 1.5.19) nach dem Horizonte hin geneigte Ebenen bis zu der Kreisperipherie errichtet werden, so sind die Fallzeiten längs derselben einander gleich (Physikaufgaben von Dr. K. Petanides, Klett-Verlag). Nach dieser Behauptung unterscheiden sich die Zeiten t 1 und t2 nicht, während der die beiden durchlochten Perlen P1 und P2 entlang gespannter Drähte von A aus reibungsfrei zum Ende des Drahtes abwärts gleiten. Abb. 1.5.19 1.6. Über Messungen von Kräften und damit gewonnene Einsichten Wenn wir die Anfangsgeschwindigkeit eines Körpers und die auf ihn wirkenden Kräfte kennen, dann ist eine genaue Voraussage über die Bewegung seines Schwerpunkts möglich. Es ist daher angebracht, die Kräfte zu untersuchen, die für interessante Bewegungen maßgebend sind. In Frage kommen Reibungs-, Verformungs- und Anziehungskräfte. Als Beispiel einer Verformungskraft ist die Kraft einer gedehnten Schraubenfeder zu nennen. Als Anziehungskraft ist uns die Gewichtskraft m·g eines Gegenstandes bekannt. 1.6.1 Messmethoden 1.6.1.1 Kraftmessung mit einer Schraubenfeder Bisher wurden Kräfte direkt nach F = Δ(m · v)/Δt ermittelt. Eine Kraft F kann aber auch bestimmt werden, indem man sie hinsichtlich ihrer Wirkung mit bekannten Kräften vergleicht. Zum Vergleich bieten sich die Gewichtskräfte von Gegenständen an, da sie nach F = m · g leicht berechenbar sind. Die Messung einer Kraft Fu durch Vergleich mit einer Gewichtskraft kann wie folgt geschehen: 43 1. Man lässt Fu auf eine Schraubenfeder wirken und misst die von ihr verursachte Dehnung s. 2. Es wird die Masse m des Körpers K bestimmt, unter dessen Gewicht die Feder die gleiche Dehnung s erfährt. Die Kraft Fu wird der Gewichtskraft auf K gleichgesetzt und nach Fu = m · g berechnet. Ist das erlaubt ? Wenn ein Körper K an einer Feder ruhig hängt, dann kann daraus zunächst nur geschlossen werden, dass die Feder der Erdanziehung mit der Kraft F F = m·g entgegen wirkt und so den Körper in Ruhe hält. Dass der Körper K mit seiner Gewichtskraft an der Feder zieht, ist eine Schlussfolgerung aus dem Wechselwirkungsgesetz, wonach der Federkraft FF = m· g eine gleich große Kraft entgegen wirkt. Damit direkt aus der Dehnung einer Feder auf die verursachende Kraft geschlossen werden kann, ist ein Gesetz erwünscht, welches die Abhängigkeit der Dehnung s von der Kraft F zeigt. Es gilt: Die Federdehnung ist der verursachenden Kraft proportional. F/s = Konstante D → F = D · s Die Konstante D, Federkonstante oder Federhärte genannt, beschreibt die Kraft der Feder nach Dehnung um eine Längeneinheit. Nach ihrer Kenntnis kann eine Kraft leicht anhand Abb. 1.6.1: der von ihr verursachten Federdehnung bestimmt werden. Federkraftmesser In der Abb. 1.6.1 ist ein Federkraftmesser zu sehen. In einer Hülse ist eine Schraubenfeder, die an einem die Hülse tragenden Haken H befestigt ist. Das lose Ende dieser Feder trägt ein Stäbchen, welches unten aus der Hülse herausragt und dort einen Haken hält, an dem die zu messende Kraft angreifen kann. Eine weiße Markierung M am Stäbchen zeigt die Stärke der Kraft an. 1.6.1.2 Kraftmessung mit der Experimentierwippe (das Drehmoment) Zur Messung von Kräften ist die Experimentierwippe gut geeignet. Sie hat gegenüber einem einfachen Federkraftmesser den Vorzug, dass die Kräfte mit einem Schreiber oder Rechner registriert werden können. Abb. 1.6.2 Die zu messende Kraft kann man, wie in der Abb. 1.6.2 dargestellt, direkt an einem Ende der Wippe angreifen lassen. Es muss dabei beachtet werden, dass neben dem Betrag der Kraft auch noch deren Richtung und Angriffspunkt für die Drehung der 44 Wippe maßgebend sind. Bestimmt wird die Drehung durch das als Drehmoment bekannte Produkt M = |F| · L. F = |F| ist der Betrag der drehenden Kraft ( hier eine Gewichtskraft ), L ist der Hebelarm, der Abstand der Drehachse vom Kraftpfeil oder dessen Verlängerung. Der Kraftpfeil beginnt am Angriffspunkt der Kraft. Die Drehung der Wippe und das diese Drehung anzeigende elektrische Signal ist bei Drehmomenten < 5 N· m proportional zu M. Ein starrer Körper mit einer bestimmten Rotationsachse wird Hebel genannt (siehe Abb. 1.6.3). Für die Auswirkung einer Kraft F auf einen Hebel ist deren Drehmoment M = |F| · L maßgebend. Folglich gilt: Zwei an einem Hebel angreifende Kräfte mit gegensätzlichem Drehsinn verursachen keine Drehung, wenn die Beträge ihrer Drehmomente übereinstimmen ( siehe Abb. 1.6.3). |F1|·L1 = |F2| ·L2 muss gelten, wenn der in der Abb. 1.6.3 abgebildete Hebel in Ruhe bleiben soll. Hebelgesetz Mit der Wippe können direkt an ihr angreifende Kräfte nur dann mit ausreichender Genauigkeit gemessen werden, wenn sie größer als 0,005 N sind. Zur Messung kleiner Kräfte dient die in Abb. 1.6.4 skizzierte Versuchsanordnung. Abb. 1.6.3 Abb. 1.6.4 Am hinteren Ende der Wippe sind zwei Aluminiumschienen E und H angebracht. H ist am Rahmen der drehbaren Glasplatte und E ihr gegenüber am festen Rahmen befestigt. Auf diese beiden Schienen wird ein Hebel so aufgelegt, dass sein Schwerpunkt zwischen E und H liegt. Wirkt auf das eine Ende des Hebels die Kraft F1 dann wird die größere Kraft F2 = (a/b)·F1 über die Schiene H der Wippe mitgeteilt. a ist der zu F1, und b der zu F2 gehörende Hebelarm. Die obere Kante von E ist die Drehachse des aufgelegten Hebels. Zur Begründung dieser Behauptung muss gesagt werden, dass der Hebel sich unter F1 solange um E dreht, bis von der Schiene H ein rechts drehendes Moment ausgeübt wird, welches das Moment der Kraft F1 ausgleicht. Da die von H ausgehende Kraft betragsmäßig mit F2 übereinstimmt, können wir schreiben: |F1| · a = |F2| · b → |F2 | = (a/b) · |F1| Eine Metallscheibe in einer mit Öl gefüllten Schale S sorgt dafür, dass der Hebel nach einer plötzlichen Belastung nicht lange hin und her schwingt. Eine verschiebbare Hülse B sowie ein auf der Wippe verschiebbares Gewicht G ermöglichen das Ausbalancieren des Hebels. 45 1.6.1.3 Kraftmessung mit einem Konstandraht Zur elektrischen Messung von Kräften werden meistens sogenannte Dehnungsmessstreifen eingesetzt. Das in der Abb.1.6.5 mit einem D gekennzeichnete Gebilde ist ein solcher Dehnungsmessstreifen. Zwischen zwei Folien ist ein mäanderförmig gewundenes Konstantanbändchen eingebettet. Abb. 1. 6.5 Abb. 1.6.6 In der Abbildung sind die Bedingungen erkennbar, unter denen ein solcher Dehnungsmessstreifen Kräfte anzeigt. Er bildet mit 3 weiteren Leitern A, B und C eine als Wheatstonebrücke bezeichnete Leiterkombination. Die vom -Pol zum +Pol einer Stromquelle fließenden Elektronen nehmen je zur Hälfte den Weg durch das obere (A,B) und durch das untere Leiterpaar (D,C), denn die elektrischen Widerstände der Leiter stimmen überein. Es besteht kein Anlass für einen Strom durch das an den Punkten e und f angeschlossene Messgerät. Wenn der Dehnungsmessstreifen D unter einer Kraft gedehnt wird, dann zeigt das angeschlossene Messgerät von f nach e fließende Elektronen an. Eine Erklärung hierfür wird sofort gefunden. Die Leiter A, B, C und D, die anfangs übereinstimmende elektrische Widerstände hatten, werden nicht mehr von gleich starken Strömen durchflossen, denn D hat nun einen höheren Widerstand als die anderen Leiter, da seine Leiterbahnen bei Belastung länger und dünner werden. Zunächst verteilen sich die vom - Pol kommenden Elektronen je zur Hälfte auf B und C, dann aber zieht ein Teil der durch C fließenden Elektronen den Leiter A wegen seines geringeren Widerstandes dem Leiter D vor und nimmt den Weg über das Messgerät. Es ist noch anzumerken, dass man eine Kraft niemals direkt am Dehnungsmessstreifen angreifen lässt. Dehnungsmessstreifen werden zur Kraftmessung auf elastische Gegenstände geklebt. Diese werden einer Kraft ausgesetzt. Anstelle eines Dehnungsmessstreifens kann auch ein Konstantandraht als Kraftsensor eingesetzt werden (siehe Abb. 1.6.6). Man nimmt Konstantan statt Kupfer oder Eisen, denn dieses Metall hat gegenüber Eisen oder Kupfer den Vorzug, dass sein elektrischer Widerstand nur sehr wenig von Temperaturänderungen 46 abhängig ist, weshalb solche Änderungen keine Kräfte vortäuschen können. Die Abb. 1.6.7 zeigt eine im Lehrmittelhandel erhältliche Leiterplatte (Höhne-Messtechnik) mit einer Wheatstonebrücke und einem Signalverstärker. Der als Kraftsensor dienende Konstantandraht ist mit Trinkhalmen zu einer Raute aufgespannt, damit kleine Kräfte gemessen werden können. Ein Haken hängt an der unteren Ecke der Raute. An ihm zieht ein Gegenstand der Masse m mit der Kraft F = m·g. Abb. 1.6.7 Nach den Ausführungen im Kapitel 1.5.2 (Kräfte an einer tragenden Leine) sind die vom Haken auf den Draht nach links und rechts wirkenden Zugkräfte nicht gleich F/2 , sondern um den Faktor L/h größer. 1.6.2 Messung der Zentripetalkraft Zur Messung der Zentripetalkraft muss die Wippe unempfindlicher gemacht werden. Dies erreicht man, indem man die dem Sensor abgewandte Rahmenleiste der Wippe arretiert (siehe Abb. 1.6.8). Zwei aus einer Nut dieser Leiste herausgezogene Stäbchen greifen unter den äußeren Rahmen und behindern somit die Drehung der Wippe. Abb. 1. 6.8 Die vordere Rahmenleiste wird hiernach bei Belastung mit einem Körper geringfügig nach unten gedrückt. nur An dieser Leiste hängt ein Pendel. Es wird nach links soweit umgelenkt, bis der Pendelkörper (100 g) die Höhe der Wippe erreicht und dann freigegeben. Der Pendelkörper durchläuft daraufhin die in der Abb. 1.6.9 angedeutete Kreisbahn. Während dieses Vorgangs wird das in Abb. 1.6.10 sichtbare Diagramm aufgezeichnet, welches zunächst eine Abb. 1. 6.9 Abb. 1. 6.10 Entlastung um m·g und dann eine Belastung um 3·m·g anzeigt. Mit 3·m·g wirkt der Körper am tiefsten Punkt seiner Bahn. 2·m·g ist auf die Zentripetalkraft zurückzuführen – Gegenkraft zur Zentripetalkraft. 47 Wie verhält sich die Zentripetalkraft F = 2· m ·g zu der Geschwindigkeit am tiefsten Bahnpunkt ? Es ist bekannt, dass nur die durchlaufene Höhendifferenz für die Geschwindigkeit des Pendelkörpers maßgebend ist. Es ist gleichgültig, ob der Körper um r fällt oder diese Höhenänderung auf einer Kreisbahn erfährt. Bei einem Fall aus der Höhe r gilt: r = (g/2)·t2 , v = g · t ↓ r = (g/2)·(v/g) → 2 v2 = 2 · g · r ; F = 2· m ·g → t = v/g v2 = 2 · g · r → F/v2 = 2 · m · g / (2 · g · r) = m/ r ↓ F = m · v2 / r 1.6.3 Messung von Reibungskräften 1.6.3.1 Gleit- und Haftreibung Gleitreibung Ein auf einer waagrechten Platte angestoßenes Holzklötzchen verharrt nicht in einer gleichförmigen Bewegung, sondern kommt nach kurzer Zeit zur Ruhe. Diese Tatsache weist auf eine von der Platte ausgehende Reibungskraft FR hin, welche der Bewegung entgegenwirkt. Kleine Erhebungen der Berührungsflächen behindern sich gegenseitig. Abb. 1. 6.11 Zieht man, wie in Abb. 1.6.11 sichtbar, ein Holzklötzchen mit einem Federkraftmesser gleichförmig über die Tischplatte, dann ist die Federkraft Fz dem Betrage nach gleich der Reibungskraft FR. Die Reibungskraft kann deshalb am Kraftmesser abgelesen werden. Es stellt sich heraus, dass die Reibungskraft nicht von der Geschwindigkeit und der Größe der reibenden Flächen abhängig ist. Neben deren Rauigkeit ist nur noch die Kraft von entscheidender Bedeutung, mit der das Klötzchen auf seine Unterlage drückt. Diese Kraft trägt den Namen Normalkraft FN. Wenn das Klötzchen auf einer waagrechten Fläche liegt, dann gleicht FN seiner Gewichtskraft. Es gilt: FR ~ FN ( FR = |FR| !) Der Quotient FR/FN kennzeichnet die Rauigkeit der reibenden Flächen, er wird Reibungskoeffizient µ genannt. FR/FN = µ 48 Haftreibung Wird ein Holzklötzchen aus der Ruhe in Bewegung gesetzt, dann ist zunächst eine im Vergleich zur Gleitreibungskraft größere Kraft, Haftreibungskraft F H genannt, erforderlich. Zieht man einen Schlitten auf einem mit Schnee bedecktem Weg an, dann ist der Unterschied zwischen Haft- und Gleitreibungskraft besonders auffällig. Auch für FH gilt: FH ~ F N → F H / F N = µ H, µH : Haftreibungskoeffizient (µH > µ ) Wegen FH > FR sollte ein Autofahrer darauf achten, dass sein Auto nicht mit schleifenden, sondern mit rollenden Rädern gebremst wird, denn die maximale Haftkraft eines rollenden Rades ist nicht FR , sondern FH. Aufgaben: 1. Ein Auto der Masse m wird auf ebener Straße bei v 0 = 100 km/h voll gebremst, so dass es rutscht (siehe Abb. 1.6.12 ). Wie lange ist der Bremsweg s bei einem Reibungskoeffizient µStraße-Reifen = 0,8 ? Abb. 1.6.12 Abb. 1.6.13 2. Ein Wagen mit der Masse m1 = 200 g rollt auf ebener Strecke mit v = 3 m/s auf einen Bremsklotz mit m2 = 100 g (siehe Abb. 1.6.13 ). Wie lange ist der Bremsweg s bei einem Reibungskoeffizient µBremsklotz-Fahrbahn = 0,6 ? 3. Ein Auto fährt in einer ebenen Kurve mit dem Radius r = 50 m. Welche Geschwindigkeit v darf das Auto maximal haben, wenn es nicht aus der Kurve heraus rutschen soll ? Der Reibungskoeffizient µ betrage 0,9. 1.6.3.2 Reibungskräfte in einer Flüssigkeit Die Reibungskraft eines gleitenden Körpers ist von dessen Geschwindigkeit unabhängig. Anders verhält es sich mit der von einer Flüssigkeit verursachten Reibungskraft. Zur Untersuchung der Flüssigkeitsreibung dient das in der Abb.1.6.14 angedeutete Experiment. Auf der Experimentierwippe steht ein mit Motoröl gefüllter Zylinder. In ihm wird eine Eisenkugel an einem Faden gleichförmig herabgelassen. Der Punkt A des hierbei aufgenommenen Diagramms kennzeichnet den Beginn der Bewegung. Die auf die Wippe wirkende Kraft wird um die Reibungskraft vergrößert. 49 Der Punkt B ist der Berührung der Kugel mit dem Boden des Zylinders zuzuordnen. Die Reibungskraft sowie die Bewegungszeit werden durch die vertikalen- und horizontalen Abstände der beiden Punkte angezeigt. Lässt man die Kugel verschieden schnell von der Oberfläche des Öls bis zum Gefäßboden herab sinken, dann ist festzustellen, dass F ~ 1/t ist. Abb. 1.6.14 Bei doppelter Zeit ist die Reibungskraft nur noch halb so groß. Somit gilt: Die Reibungskraft F ist zur Kugelgeschwindigkeit v proportional. F~v Ebenfalls proportional zur Geschwindigkeit ist die Kraft, die ein durchlässiges Gewebe einer strömenden Flüssigkeit entgegensetzt. Zu dieser Einsicht gelangt man auf etwas indirekte Weise mit dem folgenden Experiment (siehe Abb. 1.6.15). An der freien Schmalseite der Experimentierplatte hängt ein Gefäß mit textilem Boden. Aus diesem Gefäß läuft Wasser aus, wobei der Rechner das nebenstehende Diagramm aufzeichnet. Wie an dem Diagramm erkennbar, läuft in einer Zeit th, der sogenannten Halbwertszeit, unabhängig vom anfänglichen Wasserstand die Hälfte der Abb. 1.6.15 Wassermenge aus. Im ersten Zeitabschnitt der Dauer th nimmt die Wassermasse m0 auf m0/2 ab. Am Ende des darauf folgenden Zeitabschnitts gleicher Dauer hat der Gefäßinhalt die Masse m = m0·(1/2)·(1/2) und nach der Zeit t = n·th ( n = t/th ) gilt : m = m0 · (1/2)n = m0 · (1/2)(t/th) = m0 · 2 - (t/th) Eine Exponentialfunktion beschreibt das Ausfließen des Wassers. Spricht dieser Befund für FR ~ v ? Kann das Ergebnis unter der Voraussetzung FR ~ v hergeleitet werden? Es gilt: m · g - FR = m· a → FR = m· a + m · g Da die die Beschleunigung a des Wassers im Vergleich zu g vernachlässigbar klein 50 ist, können wir schreiben: FR = m · g. m ist die Masse des im Gefäß befindlichen Wassers. Δm (Δm < 0) steht für die Änderung dieser Masse in einem kleinen Zeitabschnitt Δt. Sind z.B. 10g ausgeflossen dann gilt: Δm = Massenach Δt – Masse vor Δt = - 10g . - Δm ist somit die Masse des Wassers, die in diesem kurzen Zeitabschnitt Δt ausfließt. Aus der Annahme v ~ FR folgt unter Berücksichtigung -Δm/Δt ~ v: -Δm/Δt ~ FR; FR = m· g → -Δ m ~ m· g·Δt → - Δm /( m· Δt ) = Konstante = k ↓ Δm = mnach Δt - mvor Δt = - k · mvor Δt· Δt → m nach Δt = mvor Δt - k·m vor Δt·Δt ↓ mnach Δt = mvor Δt·(1- k·Δt ) Mit dem im Kapitel 1.4.2 vorgestellten Tabellenkalkulationsprogramms kann untersucht werden, wie die im Gefäß befindliche Wassermasse abnimmt. Abb. 1. 6. 16 „= A2+$D$2“ und „= B2*(1-$C$2*$D$2)“ werden in der dritten Zeile unter A und B eingetragen. In die zweite Zeile werden Werte für k und Δt (k = 0,2 s -1, Δt = 0,03s) sowie die Anfangswerte der Zeit und der Masse geschrieben. Anschließend wird der unter A und B liegende Abschnitt der dritten Zeile in 1000 darunter liegende Zeilen kopiert und schließlich das in der Abb. 1.6.17 sichtbare Bewegungsdiagramm erstellt. Sehr deutlich ist zu erkennen, dass die Halbwertszeit unabhängig von der anfangs vorhandenen Wassermenge ist. Nach 3,46 s sind 100g ausgelaufen, nach weiteren 3,46 s sind nur noch 50 g im Gefäß. Die Behauptung FR ~ v ist somit bestätigt. Abb. 1. 6.17: www.g-hoehne.de/T/T2.ods Wie hängt die Halbwertszeit th von der Konstanten k ab ? Mit größer werdendem k erfolgt die Entleerung schneller. Vermutlich sind th und k umgekehrt proportional. Trägt man in die Tabelle verschiedenen Werte für k ein, dann ist erkennbar, dass die Vermutung zutrifft. In jedem Fall hat th · k den Wert 0,692. m = m0·2 –t/ th ; th = 0,692 / k → m = m0·2 – (1/ 0,692) ·k ·t → 51 m = m0·[2 (1/ 0,692)] – k· t Zur Vereinfachung dieses Terms wählen wir 2 1/0,692 = 2,72 als Basis und benennen diese mit dem Buchstaben e. So können wir schreiben : m = m0 · e – k·t e als Grenzwert von [a/(a-1)]a für a → ∞ Der oben angegebene Gleichung für die Entleerung soll nun hergeleitet werden. m1 = m0 ·(1- k·Δt ) ist die Masse, die von der Anfangsmasse m 0 nach dem ersten Zeitabschnitt der Dauer Δt übrig ist. Für die Masse m2 nach dem zweiten Zeitabschnitt gilt entsprechend: m2 = m1 ·(1- k·Δt ). m2 = m1 ·(1- k·Δt ); m1 = m0 ·(1- k·Δt ) → m2 = m0 ·(1- k·Δt )2 Die Masse mn am Ende eines aus n Zeitabschnitten gebildeten Zeitraums der Größe t kann somit errechnet werden nach: mn = m0·(1- Δt ·k)n = m0·(1- Δt ·k)t/ Δt = mt ; t/ Δt = n Bei der Herleitung wurden sehr kleine Zeitabschnitt Δt vorausgesetzt, in denen sich die Änderung von m nicht nennenswert auf die Fließgeschwindigkeit auswirkt. Der durch die stetige Änderung der Fließgeschwindigkeit bedingte Fehler strebt mit kleiner werdendem Δt gegen 0. Da eine Gleichung der Form mt = m0 · e – k·t hergeleitet werden soll, wird m0·(1- Δt ·k)t/ Δt zu m0·{(1-Δt ·k)- 1 / (k ·Δt)}– k · t umgeformt. 1/( Δt ·k) nennen wir a. mt = m0·{(1-1/a)- a} – k ·t = m0·{[(a-1)/a]- a} – k ·t = m0·{[(a/(a-1)]a} – k ·t Bei kleiner werdendem Δt wird a größer. [a/(a-1)]a strebt erwartungsgemäß mit zunehmendem a gegen einen Wert bei 2,72 ( siehe Tabelle in der Abb. 1. 6.18). Angesichts dieser Tatsache erscheint es sinnvoll, e als Grenzwert von [a/(a-1)]a zu definieren. Abb. 1. 6.18. www.g-hoehne.de/T/T3.ods e = lim(a → ∞) [a/(a-1)]a Hier ist noch Folgendes anzumerken: Aus „(- Δm/m )/Δt = Konstante = k ↔ Δm /Δt = - k · m“ folgt unter Berücksichtigung von m = m0 · e – k·t : Δm /Δt = - k · m0 · e – k ·t. Wenn man es sehr genau nimmt, dann müsste das Gleichheitszeichen in der letzten Gleichung durch „≈“ ersetzt werden, denn dass Gleichheitszeichen ist nur für lim Δm /Δt Δt →0 = dm/dt erlaubt. dm /dt = - k · m0 · e – k·t , m = m0 · e – k·t Folgende Regel ist erkennbar: Den Differentialquotient von einer Funktion A·e b·t erhält man, indem man die Funktion mit b multipliziert. 52 1.6.3.3 Reibungskraft der Luft Jeder Körper erfährt in einem Luftstrom eine Reibungskraft. Eine solche Kraft F kann z.B. so gemessen werden, wie dies in Abb. 1.6.19 angedeutet ist. Beim Vergleich der Kräfte, die sich zu verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten v einstellen, findet man: F~ v² → F/v² = Konstante = k → F = k · v² Die Kraft ist dann proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit, wenn hinter dem angeblasenen Gegenstand starke Wirbelbildung erkennbar ist. Die Konstante k ist von Abb. 1.6.19 der Form des angeblasenen Gegenstandes abhängig. Dies hier aufgestellte Reibungsgesetz muss berücksichtigt werden, wenn es darum geht, die Bahn einer Kanonenkugel zu berechnen. Deren Bewegung weicht infolge der Luftreibung erheblich von einem Parabelbogen ab. 1.6.4 Messung der Auftriebskraft einer Flüssigkeit Mit der Anordnung der Abb. 1.6.20 kann die Kraft gemessen werden, die das in einem Becherglas aufsteigende Wasser auf die Unterseite eines Holzstabs ausübt. Der Holzstab übt über den ihn haltenden Stativstab ein Drehmoment auf die Wippe aus - das Becherglas steht vor der rechten Hälfte der Wippe. Bei einem gleichmäßigen Zufluss des Wassers zeichnet der Rechner eine nach oben gehende Gerade. Hiermit wird angezeigt, dass die durch das Wasser hervorgerufene Kraft F Abb. 1.6.20 zur Eintauchtiefe direkt proportional ist. Werden solche Messungen mit Holzstäben verschiedenen Querschnitts A durchgeführt, dann ist zu sehen, dass F zu A proportional ist. F/A ist konstant, wenn die Eintauchtiefe nicht geändert wird. Das Verhältnis F/A heißt Druck p. Die Druckeinheit l N/m² trägt den Namen Pascal ( Abkürzung: Pa ). 100000 Pa werden zu der Einheit l bar zusammengefasst. Einen Hinweis zur Berechnung des Wasserdrucks gibt das nächste in Abb. 1.6.21 dargestellte Experiment. Nicht ein Holzstab, sondern ein von einem dünnen Stiel gehaltenes Blech taucht in das Becherglas. Wenn Wasser über das Blech hinaus aufsteigt, wird keine Wasserkraft angezeigt. Dies deutet darauf hin, dass der Druck auf der Unterseite des Blechs gleich dem Wasserdruck auf der Oberseite ist. Der Druck ist offensichtlich nicht davon abhängig, ob die Angriffsfläche nach oben oder unten weist. Abb. 1.6.21 Abb. 1.6.22 53 Die Kraft auf die Unterseite des Blechs erschien zunächst nicht berechenbar, anders verhält es sich mit der Kraft F auf die Oberseite. Sie wird sofort als Gewichtskraft der darüber stehenden Wassermasse erkannt. F = m ·g; F = ρ · h ·A · g m: Masse des über dem Blech stehenden Wassers; A: Fläche des Blechs; ρ: Dichte des Wassers ; h: Eintauchtiefe des Blechs Für den Wasserdruck p in der Tiefe h gilt demnach: p = F/A = ρ · g · h In dem Experiment der Abb. 1.6.22 wird die Auftriebskraft untersucht, die ein Quader durch das im Glas aufsteigende Wasser erfährt. Das Kraft-Zeit-Diagramm zu diesem Experiment strebt nur dann aufwärts, solange das Wasser von der Unterseite zur Oberseite des Quaders steigt. Ist der Quader allseits von Wasser umgeben, bleibt die Auftriebskraft konstant. Diese Tatsache ist leicht verständlich. Wenn das Wasser den Quader übersteigt, dann nimmt der Druck auf die Oberseite ebenso zu wie der Druck auf die Unterseite. Zur Berechnung der Auftriebskraft F müssen wir die oben und unten wirkenden Flüssigkeitskräfte subtrahieren. F1 = A · p1 ; F 2 = A · p2 p1 ist der von oben und p2 der von unten wirkende Wasserdruck. p1 = ρ · g · h1 ; p2 = ρ · g · h2 F = F 2 – F1 = A · ρ · g · h 2 – A · ρ · g · h1 F = ρ · g · A ·( h2 – h1); A ·( h2 – h1) ist das Volumen, ρ · A ·( h2 – h1) die Masse und g ·ρ · A ·( h2 – h1) die Gewichtskraft des verdrängten Wassers. Gesetz des Archimedes: Die Auftriebskraft F ist gleich der Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit. Ein eindrucksvolles Experiment zum Gesetz des Archimedes ist in Abb. 1.6.23 dargestellt. Auf der Wippe steht eine mit Wasser gefüllte Wanne. Ein Schiffchen wird an einem Faden zunächst auf der Glasfläche an der Wanne entlang und dann durch das Wasser von links nach rechts gezogen. Im 2. Fall wird keine Gewichtsverlagerung registriert, denn die Gewichtskraft des Schiffchens ist gleich der Gewichtskraft des verdrängten Wassers. Abb. 1.6.23 1.6.5 Bestimmung des Lungenvolumens durch eine Kraftmessung an der ausgepusteten Luft Wie in der Abb. 1.6.24 erkennbar ist, wird aus voller Lunge Luft durch ein um 90° gebogenes Rohr gleichmäßig geblasen. Die Luft erfährt an der Rohrbiegung eine Impulsänderung, die nach dem Wechselwirkungsgesetz eine Kraft auf den an der 54 Wippe angeklemmten Stativstab zur Folge hat. Das zugehörende F-t-Diagramm ist in Abb. 1.6.25 zu sehen. F = m · v/t; m = V · ρ ↓ F = V · ρ · v/t m = Luftmasse, ρ = Dichte der Luft V = Luftvolumen v = Strömungsgeschwindigkeit Abb. 1.6.24 Abb. 1.6. 25 ρ = 1,2 kg/m3, Ф = Durchmesser des Rohres = 7,4 mm, A = Querschnitt des Rohres, t = Zeit des Blasens Wir stellen uns vor, der waagrechte Teil des Rohres sei so lang, dass er die gesamte ausgepustete Luft mit dem Volumen V aufnehmen kann. Wenn sich die Luft in diesem Teil befindet, dann erstreckt sie sich über die Länge v · t. v·t·A = V; v = V/(A·t) Nach Einsetzen von v = V/(A · t) in F = V · ρ · v/t , findet man: F = V2 · ρ/(A·t2) → V2 = F · A ·t2 /ρ F und t können am Diagramm in der Abb. 1. 6.25 abgelesen werden. F = 0,026 N ; t = 4,3 s → V = t · √(F · A /ρ) = 0,0041 m³ 1.6.6 Messung der Gravitationskraft Die Erde zieht einen Körper K der Masse m1 mit der Gewichtskraft m1 ·g an. Unter Hinweis auf das Wechselwirkungsgesetz kann man auch sagen: Der Körper K zieht die Erde mit der Kraft m1 ·g an. Diese Kraft ist der Masse des Körpers K proportional. Wenn sich die Masse von K auf die Kraft auswirkt, dann wird man auch der Masse m 2 der Erde einen entsprechenden Einfluss zubilligen müssen. F ~ m 1 ; F ~ m 2 → F ~ m 1 · m2 Wie hängt diese Kraft von dem Abstand r der Massenmittelpunkte ab ? Eine Antwort kann nach Untersuchungen mit der in Abb. 1.6.26 skizzierten Drehwaage nach Eötvös gegeben werden. Abb. 1.6.26 Zwei große Bleikugeln mit den Massen m1 ziehen zwei kleine Bleikugeln mit den 55 Massen m2 im Abstand r an. Infolgedessen erfährt der an einem Stahldraht aufgehängte Stab St (er trägt die kleinen Kugeln und einen Spiegel ) eine winzige Drehung. Ein am Spiegel reflektierter Lichtstrahl zeigt diese Drehung an. Aus der Drehung kann auf die Anziehungskraft geschlossen werden. Untersuchungsergebnis: F ~ 1/r2 → F ~ m1 · m2/ r2 ↓ 2 F / ( m1 · m2/ r ) = Konstante = G (Gravitationskontante) = 6,67· 10-11 m³ /(kg· s2) ↓ 2 F = G ·m1 · m2 / r Gravitationsgesetz Mit dem Gravitationsgesetzes können wir bei bekanntem Erdradius r = 6370000 m die Masse der Erde bestimmen. Für die Erdanziehungskraft F = m·g, die ein kg-Körper an der Erdoberfläche erfährt, gilt: 1 kg ·g = G · (1kg ·mErde) / r2 ; → mErde = r2 · g /G = 5,97 · 1024 kg 1.6.7 Ein Kraftmesser als Beschleunigungsmesser In Abb. 1. 6.27 ist eine Person zu sehen, die auf einem 3 cm dicken Brett aus der Kniebeuge in den Stand geht. Ein Drahtmesswandler auf der Unterseite des Bretts dient als Kraftsensor (siehe Abb. 1.6.29). Der Konstantandraht des Messwandlers wird bei der Belastung des Bretts gedehnt, denn das Brett wird leicht durchgebogen. Das angeschlossene Messgerät ist zur Anzeige der Beschleunigung a kalibriert. Abb. 1. 6.27 Abb. 1. 6.28 Abb. 1. 6.29 Tritt eine Person auf das Brett, dann wird der hierdurch verursachten Änderung der Anzeige nicht die Kraft m · g, sondern die Beschleunigung g zugeordnet. Diese Kalibrierung wird verständlich, wenn man bedenkt, dass die Kraft der Person auf das Brett um m· g zunimmt, wenn diese ihren Schwerpunkt mit g nach oben beschleunigt. In der Abb. 1.6.28 ist das zur dargestellten Bewegung gehörende Beschleunigungsdiagramm zu sehen. Mit Hilfe von Computerprogrammen z.B. „Mathe.-Physik“ kann aus einem a-t-Diagramm des Schwerpunkts schnell ein v-t-Diagramm entwickelt werden. Die Geschwindigkeit zu einem Zeitpunkt t ermittelt ein solches Programm 56 folgendermaßen: 1. Die Zeit seit Beginn des Beschleunigungsvorgangs bis zum Zeitpunkt t wird in viele kleine Zeitabschnitte Δt eingeteilt. Ein Δt ist so klein, dass sich die Beschleunigung a innerhalb dieses Zeitraums kaum ändert und so die Geschwindigkeitsänderung in Δt durch Bildung des Produkts a ·Δt errechnet werden kann. 2. Die vielen kleinen Geschwindigkeitsänderungen a ·Δt während dieser Zeitabschnitte Δt werden errechnet und addiert. Die Summe dieser Änderungen gleicht der Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t. Die hier beschriebene Summenbildung nennt man Integration. 1.7. Bewegungen mit Reibungskräften 1.7.1 Schiefer Wurf unter Berücksichtigung der Luftreibung Unter 1.6.3.3 wurde ein Gesetz zur Reibungskraft in Luft angegeben. Es muss berücksichtigt werden, wenn es darum geht, die Bahn einer Kanonenkugel zu bestimmen. Ein Tabellenkalkulationsprogramm macht dies möglich. Die passenden Kräfte müssen in der im Kapitel 1.4.2 aufgestellten Tabelle in den ersten beiden Spalten eingetragen werden. Welche Kraft wirkt auf die Kugel ? Die der Geschwindigkeit entgegen gerichtete Reibungskraft FR ist v2 proportional. FR/v2 = k; FR = k·v2 ( |v| = v ; |FR| = FR ) Wie die Komponenten der Reibungskraft F zu berechnen sind, erkennt man auf der nächsten Seite an der Abb.1.7.1. Zu sehen sind zwei ähnliche Dreiecke aus Geschwindigkeits- und Kraftvektoren. - FR1/ |FR| = v1 /|v| → FR1 = - (v1 /|v|) · |FR| - FR2/ |FR| = v2 /|v| → FR2 = - (v2 /|v|) · |FR| FR1 |FR| = k·v2 ↓ = - v1 ·v · k ; FR2 = - v2 ·v · k Neben der Reibungskraft wirkt noch die Gewichtskraft m·g. Abb. 1.7.1 F1 = - v1 ·v · k und F2 = - g· m - v2 · v · k sind die x und y- Koordinaten der auf die Kugel wirkenden Kraft. Die in 1.4.2 aufgestellte Tabelle kann nun zur Behandlung der Kugelbewegung 57 hergerichtet werden. In die dritte Zeile schreiben wir unter A „= -E2*G2*$N$2“ (F1= - v1 ·v · k steht in der 1. Zeile) und unter B „ = -$K$2*$M$2-F2*G2*$N$2“ (F2 = - g· m - v2 · v · k steht in der 1. Zeile). $K$2, $M$2 und $N$2 stehen für g, m und k. In der zweiten Zeile werden unter K, M und N für g, m und k die Werte 9,81, 1 und 0,1 eingesetzt. g = 9,81 m/s2 ; m = 1 kg ; k = 0,1 kg/ m Anschließend wird der unter A und B liegende Abschnitte der dritten Zeile in 2000 darunter liegende Zeilen kopiert und schließlich das in der Abb. 1.7.2 sichtbare Bewegungsdiagramm erstellt. Es ist zu sehen, dass die Bahn deutlich von einem Parabelbogen abweicht. Abb. 1. 7.2 : www.g-hoehne.de/T/T4.ods 1.7.2 Fallbewegung in einer Flüssigkeit Wir stellen uns eine in Öl fallende Eisenkugel vor. Ihr ist ein Koordinatensystem mit einer nach unten gerichteten x-Achse zugeordnet, an deren 0-Punkt sie zum Zeitpunkt t = 0 zum Fall freigegeben wurde. Der Gewichtskraft m · g wirkt eine der Geschwindigkeit v proportionale Reibungskraft FR = k ·v entgegen. v wächst solange bis die Gewichtskraft gleich der Reibungskraft ist. Wie ändert sich v mit der Zeit ? Für die Kraft F gilt: F = m· g – k · v F1 = m· g – k · v1 ; F1 = m· a1 → a1 = g – (k/m) · v1 Wir tragen F1 in die zum schiefen Wurf mit Reibung angelegte Tabelle ein. In die 3.Zeile der Spalte A schreiben wir „= $M$2*$K$2-$N$2*E2“ und kopieren diese Zeile in 2000 darunter liegende Zeilen. Als Anfangswert von v1 wird der Wert 0 eingetragen. Für m und k werden 1 (1 kg) und 3 (3 kg/s) eingesetzt. Mit den unter H und I stehenden Zeit- und Wegwerten wird ein x-t-Diagramm (x steht für den Weg) erstellt (siehe Abb. 1.7.3). Abb. 1.7.3: www.g-hoehne.de/T/T5.ods Abb. 1.7.4: www.g-hoehne.de/T/T6.ods 58 Zum Verständnis des Diagrammverlaufs ist ein v-t-Diagramm hilfreich. Zur seiner Darstellung wird zunächst so vorgegangen wie beim Anlegen eines x-t-Diagramms. In dem nach „Einfügen-Diagramm“ erscheinenden Auswahlfeld wird nicht nur eine Entscheidung für „XY“, und „Nur Linien“ getroffen, sondern es wird zusätzlich noch „Datenreihen“ angeklickt, damit die Datenreihe der Wege gegen die der Geschwindigkeiten ausgetauscht werden kann. Die Datenreihe „ Y-Werte“ wird zur Bearbeitung ausgewählt. Der Buchstabe „I“ (I ist die Spalte für die Wege) wird durch „E“ (E ist die Spalte für die Geschwindigkeiten) ersetzt. Nach „Fertig stellen“ erscheint das Diagramm in der Abb. 1.7.4. Nach 2 s ist die Endgeschwindigkeit vmax erreicht. Die Reibungskraft k· v1 ist dann gleich der Gewichtskraft m·g. Das x-t-Diagramm nimmt einen linearen Verlauf an. k· vmax = m·g → vmax = m·g/k = 1kg ·9,81(m/s2) / 3 (kg/s ) = 3,27 m/s Die Differenz zwischen vmax und v1 bei Zeiten < 2s beginnt mit m·g/k (t = 0) und hat bei 2 s einen Wert nahe 0. Ein Term der Form (m·g/k) · e - b· t kommt als Differenz in Frage. m·g/k – v1 = (m·g/k) · e- b· t → v1 = (m·g/k) ·(1- e - b· t ) Wenn der für v1 aufgestellte Term gültig ist, dann muss es möglich sein, ein b zu finden , so dass mit v1 = (m·g/k)·(1- e - b· t ) und dem daraus gebildeten a1 = dv1/dt die Gleichung a1 = g – (k/m) · v1 erfüllt wird. Bei Bildung des Differentialquotienten muss nur der zeitabhängige Term -(m·g/k)·e - b · t berücksichtigt werden. Nach den Ausführungen im Kapitel 1.6.3.2 gilt: dv1/dt = a1 = b· (m·g/k)· e- b· t Die Terme für v1 und a1 werden in die Gleichung a1 = g – (k/m) · v1 eingesetzt. b· (m·g/k)· e-b· t = g - (k/m) ·(m·g/k) ·(1- e-b· t ) → b· (m/k)· e-b· t = e-b· t ↓ b = k/m → v1 = (m·g/k) ·(1- e- (k / m) · t ) Kann mit dieser Gleichung der Fallweg x in Abhängigkeit von t bestimmt werden ? v1 = dx/dt → dx/dt = (m·g/k) ·(1- e- (k /m) · t ) Welcher Term liefert diesen Differentialquotienten ? x = (m·g/k) ·(t +m/k· e- (k/m) · t) ist ein solcher Term. x = (m·g/k) ·(t +m/k· e- (k/m) · t) passt nicht ganz zur Fallbewegung, denn für t = 0 liefert dieser Term den Wert x = m 2 ·g/k2. Die Bewegung beginnt aber mit x = 0. Deshalb muss noch m2 ·g/k2 subtrahiert werden. x = (m·g/k)·(t+m/k· e- (k /m) · t) - m2 ·g/k2 → x = (m·g/k) ·t - (m2·g/k2 )·(1- e- (k /m)· t) 59 1.8. Schwingungen 1.8.1 Die Harmonische Schwingung An der Vorderseite der Wippe hängen wir eine Schraubenfeder mit einem Körper G der Masse m = 0,1 kg auf . Nachdem sich die Feder beruhigt hat, wird G nach unten gezogen (y > 0) und anschließend freigegeben. G schwingt auf und nieder und der an die Experimentierwippe angeschlossene Rechner zeichnet das in der Abb.1.8.1 sichtbare Diagramm. Mit der Wippe wird D·y gemessen, dies ist die Änderung der auf die Wippe wirkenden Federkraft F bei einer Abweichung y aus der Ruhelage. Aus dem Kraft-Zeit-Diagramm wird ein Weg-Zeit-Diagramm, wenn man zu den Einteilungen der y-Achse nicht Abb. 1.8.1 Kräfte, sondern stattdessen die ihnen entsprechenden Federdehnungen schreibt. Elongation, Amplitude, Schwingungszeit und Frequenz sind Begriffe, die bei der Behandlung von Schwingungen zu hören sind. 1. Elongation y: Sie ist die augenblickliche Abweichung von der Ruhelage. 2. Amplitude A: Sie ist der Betrag der maximalen Elongation. 3. Schwingungszeit T: Dies ist die Zeit, die während einer Schwingung vergeht. 4. Frequenz f: f = n/t, n ist die Zahl der Schwingungen in der Zeit t. Aus t = n·T folgt: f = n/(n·T) = 1/ T. Die Frequenz gibt die Anzahl der Schwingungen pro Zeiteinheit an, sie gleicht dem Kehrwert der Schwingungsdauer. Für die zugehörende Einheit 1/s schreibt man auch Hz. Dies ist eine Abkürzung vom Nachnamen des Physikers Heinrich Hertz. G wird unter der Kraft Fy = - D·y beschleunigt. Das -Zeichen zeigt an, dass die Kraft der Auslenkung entgegen gerichtet ist. Bei genauer Prüfung des Sachverhalts wird man schreiben: Fy = -D·|s| + m·g - D·y. s ist die Dehnung der Feder bei ruhendem G. Beachte: die y-Achse ist in der Abb. 1.8.1 nach unten gerichtet. Fy = - D·y gilt, weil die Gewichtskraft m·g durch die Kraft D·|s| der ruhenden Feder ausgeglichen wird. Fy = -D·y → -D·y = m·ay → ay = - (D/m)·y Lässt man eine Kugel K in einer auf der Wippe stehenden Schale rotieren, dann wird vom Rechner ein Diagramm gezeichnet, welches man auch einer Federschwingung zuordnen könnte (siehe Abb. 1.8.2). Die Projektion P der Kugel auf Abb. 1. 8.2 60 Abb. 1. 8.3 die Längsseite der Wippe bewegt sich so wie ein an einer Schraubenfeder hin und her schwingender Körper G. Vermutlich gilt auch für die Projektion P die Proportionalität ay ~ y. ay ist in diesem Fall die y-Komponente der 2 Kreisbeschleunigung ω ·r (ω = Winkeländerung im Bogenmaß /Zeit !). Die hier geäußerte Vermutung ist leicht anhand der Abb. 1.8.3 beweisbar. -ay / (ω2 ·r) = y/r → ay = - ω2·y Folgerung: Haben P (Projektion der Kugel K) und das schwingende Gewicht G gleiche Amplituden, außerdem gleichzeitig die maximale Auslenkung und ist ω 2 = D/m , dann haben P und G in jedem Augenblick infolge gleicher Beschleunigungen die gleiche Elongation. In der Schwingungszeit T dreht sich die Kugel K um den Winkel 2·π. 2·π/T = ω = √(D/m) → T = 2·π ·√(m/D) → f = [1/(2·π)]·√(D/m) Elongation, Geschwindigkeit und Beschleunigung als Funktionen der Zeit Man kann eine Schwingung mit einem gleichförmig rotierenden Körper K beschreiben, dessen Projektion auf die Schwingungsbahn mit dem schwingenden Körper hin und her geht. Statt eines solchen Körpers K kann man auch einen mit ω = √(D/m) rotierenden Zeiger nehmen, dessen orthogonale Abb. 1.8.4 Abb. 1.8.5 Projektion auf die Schwingungsbahn die Elongation anzeigt (siehe Abb. 1.8.4). Die Winkelgeschwindigkeit ω des zugeordneten Zeigers heißt Kreisfrequenz der Schwingung. Wenn der mitlaufende Zeiger der Länge A den Winkel φ mit der durch den Schwingungsmittelpunkt laufenden x-Achse bildet, dann wird die Stoppuhr auf 0 gestellt. Zu einem späteren Zeitpunkt t bildet der Zeiger den Winkel ω·t + φ mit der x-Achse. Für die Auslenkung y (Elongation) gilt dann: y = A · sin(ω·t + φ); ω·t + φ heißt Phasenwinkel (Winkel im Bogenmaß !) Die hier aufgestellte Bewegungsgleichung ist nur dann richtig, wenn die beschleunigende Kraft F der Auslenkung proportional ist. Man spricht in diesem Fall von einer harmonischen Schwingung. An der Abb. 1.8.5 ist zu sehen, wie die Geschwindigkeit des schwingenden Körpers berechnet werden kann. Diese Geschwindigkeit vy ist gleich der Vertikalkomponenten von v0, der Geschwindigkeit der rotierenden Zeigerspitze. vy = v0 · cos(ω·t + φ); v0 = ω·A → vy = dy/dt = A ·ω· cos(ω·t + φ) Für die Beschleunigung ay gilt: ay = - ω2·y ay = - ω2·y; y = A · sin(ω·t + φ) → ay = dvy /dt = -A · ω2· sin(ω·t + φ) 61 Folgende Regeln sind erkennbar: 1. Den Differentialquotienten von einer Funktion der Form „Konstante · sin(ω·t + φ)“ erhält man, indem man sin durch cos ersetzt, und den dann vorliegenden Term mit dem bei t stehenden Faktor multipliziert. 2. Den Differentialquotienten von einer Funktion der Form „Konstante · cos(ω·t + φ)“ erhält man, indem man cos durch - sin ersetzt, und den dann vorliegenden Term mit dem bei t stehenden Faktor multipliziert. Damit noch einmal deutlich wird, wofür ein Differentialquotient steht, wird der zur Funktion f(t) = A·cos(ω·t + φ) gehörende Differentialquotient mit Blick auf die Abb. 1.8.6 hergeleitet. A·{cos[ω·(t +Δt) + φ] – cos[ω·t + φ]} = Δf(t) Δf(t) = -s·sin(β ) = - s·sin ( ω·t + φ) Δf(t)= - [s/(A·ω·Δt)] ·(A·ω· Δt)· sin (ω·t + φ) Δf(t) /Δt = - [s/(A·ω·Δt)] · A·ω ·sin (ω·t + φ) Strebt Δt gegen 0 dann nähert sich der Quotient s/ (A·ω· Δt) dem Grenzwert 1. A·ω· Δt ist der Bogen zum Winkel α = ω· Δt ! Abb. 1.8.6 ↓ d(f(t) / dt = lim Δt→ 0 A·{cos[ω·(t + Δt) + φ]-cos[ω·t + φ]}/ Δt = - A·ω ·sin ( ω·t + φ) 1.8.2 Gedämpfte Schwingung Die Glasplatte der Wippe schwingt nach einem Stoß mit T = 0,1 s bei stark abklingender Amplitude hin und her (siehe Abb. 1. 8.7). Wegen ihrer Amplitudenabnahme, sie erfolgt hier nach einer Exponentialfunktion, nennt man diese Schwingung gedämpft. Abb. 1. 8.7 Ebenfalls stark gedämpft ist das Hin- und Herschwappen von Wasser in einer Wanne (Abb. 1.8.8) oder das Schwingen einer Wassersäule in einem U-Rohr (siehe Abb. 1.8.9 ). Abb. 1.8.8 62 Abb. 1.8.9 In der Abb. 1.8.9 ist ein bis zu den weißen Markierungen mit Wasser gefülltes U-Rohr zu sehen. Auf dem rechten Schenkel sitzt ein Stopfen, durch den ein Glasrohr geführt ist. Wird mit einem an das Glasrohr angeschlossenen Schlauch in das U-Rohr hinein geblasen, dann stellt sich in den beiden Schenkeln ein verschieden hoher Wasserstand ein. Nach Freigabe der Schlauchöffnung schwingt das Wasser mit abnehmender Amplitude hin und her. Die Dämpfung der Schwingung kann mit einer am Schlauch angebrachten Klemme geregelt werden. Je mehr der Schlauch zusammen gequetscht ist, desto größer ist die Dämpfung. Bei sehr großer Dämpfung schwingt das Wasser nicht mehr um die Ruhelage, es nähert sich ihr einseitig aperiodisch an (siehe Abb. 1.8.10). Abb. 1.8.10 Ist die aperiodische Bewegung so, dass bei geringfügiger Verminderung der Dämpfung wieder eine gedämpfte Schwingung erkennbar ist, dann spricht man vom aperiodischen Grenzfall. Für schwingungsfähige Anzeigeteile von Messinstrumenten, zum Beispiel für den Zeiger eines Amperemeters, wird dieser aperiodische Grenzfall als Bewegungsform angestrebt, weil mit ihm die schnellste Einstellung auf den Messwert erfolgt. Das Schwingungsverhalten eines Federpendels mit einer der Geschwindigkeit proportionalen Reibungskraft FR= -k·v kann mit einem OpenOffice-Tabellenkalkulationsprogramm etwas genauer untersucht werden. In der Abb. 1.8.11 sind Bewegungsdiagramme zu sehen, die mit einem solchen Programm berechnet wurden. Vorausgesetzt wurde ein 1kg-Körper an einer Feder mit D = 1kg/s2, der sich unter der Kraft Fy = -D·y - k·v entlang der yAchse eines Koordinatensystems bewegt. Abb.1.8.11 www.g-hoehne.de/T/T7.ods Für die Anfangswerte von y und v wurden die Werte 3 m, und 0 m/s bestimmt. Die Diagramme sind den k-Werten 0,5kg/s, 2 kg/s und 3kg/s zuzuordnen. k = 2 kg/s liefert den aperiodischen Grenzfall. Zur Berechnung dieser Diagramme ist folgendes anzumerken: Die Kraft Fy = F2 = -D·y - k·v wird unter B in die zum schiefen Wurf mit Reibung angelegte Tabelle eingetragen. In die 3. Zeile der Spalte B schreiben wir „= -$K$2*J2-$N$2*F2“ und kopieren diese Zeile in 2000 darunter liegende Zeilen dieser Spalte. Als Anfangswerte werden für y und v2 die Werte 3 (3 m) und 0 bestimmt. Für D und m werden in den Spalten K und M die Werte 1 (1kg und 1 kg/s 2) 63 eingetragen. Für k wird in der Spalte N zunächst 0,5 (0,5 kg/s) eingesetzt. Ist die Berechnung mit k=0,5 durchgeführt, dann werden die y-Werte auf folgende Weise in die Spalte Q übertragen. In die 2. Zeile von Q wird =J2 geschrieben und die Eingabe mit der Taste „Zeilenwechsel“ abgeschlossen. Anschließend wird diese Anweisung in 2000 darunter liegende Zeilen kopiert. Damit nach Wahl eines anderen k-Werts z.B. k=2 in der Spalte Q die zu k = 0,5 gehörenden Werte stehen bleiben und nicht durch die zu k=2 gehörenden Werte ersetzt werden, wird der Kopf dieser Spalte (Q) und dann unter „Daten“ die Anweisung „Text in Spalten..“ angeklickt. Auf diese Weise erreicht man, dass die Zahlen unter Q bei neuen Berechnungen keine Änderungen erfahren. So wie mit k = 0,5 verfährt man anschließend mit k = 2 und k=3. Die zu diesen k-Werten gehörenden y-Werte werden mit =J2 in die Spalten R und S übertragen. In die Spalte P werden mit =H2 die Zeitwerte übertragen. Zum Anlegen der Weg-Zeitdiagramme werden die Spalten P,Q,R und S ausgewählt. Dann wird nach Anklicken von „Diagramm“ unter „Einfügen“ die Anweisung zum Zeichnen der Diagramme (XY, Nur Linien) gegeben. 1.8.3 Das Fadenpendel Wie in Abb. 1.8.12 erkennbar, schwingt ein Fadenpendel über der Experimentierwippe an einem auf ihr befestigten Stab. Bewegt sich der Pendelkörper nahe der Glasplatte, dann erhält man bei kleinen Auslenkungen ein x-t-Diagramm des schwingenden Körpers. Die Schwingungszeit für kleine Amplituden kann ohne Schwierigkeiten berechnet werden (siehe Abb. 1.8.13), wenn zunächst angenommen wird, dass die Schwingung harmonisch ist. Zur Ermittlung von D muss Abb. 1.8.12 Abb. 1.8.13 die zurücktreibende Kraft F zu einer Auslenkung x bestimmt werden. Die für die Schwingung verantwortliche Erdanziehungskraft m · g verhält sich in Bezug auf den schwingenden Körper G wie ihre beiden in der Skizze angedeuteten Komponenten F und FL . F ist die zurück treibende Kraft. Für ihren Betrag gilt: F = m ·g · sin α Als Auslenkung x (Kreisbogen) erhalten wir: x = L ·α (α = Winkel im Bogenmaß) F/x = D = m · g · sin α /(L ·α) Die letzte Gleichung zeigt, dass die Schwingung nicht harmonisch ist. Beschränkt man sich jedoch auf kleine Auslenkungen x, dann kann sin α durch α ( Bogenmaß !) ersetzt werden. D ≈ m·g/L Demnach kann die Schwingung bei kleinen Auslenkungen als harmonisch bezeichnet werden. T = 2·π·√(m/D); D = m·g/L → T = 2·π·√(L/g) 64 In der Abb. 1.8.14 sind drei zu den Amplituden 0,1 m, 0,5 m und 0,75 m mit dem Open - Office-Tabellenkalkulationsprogramm errechnete Schwingungsdiagramme zu sehen, welche die Elongation x eines 0,5 m langen Pendels in Abhängigkeit von der Zeit darstellen. Zur Berechnung dieser Diagramme wurde die für Federschwingung aufgestellte Tabelle geändert. Als F1= Fx wurde F = m·g·sin(x/L) eingetragen. Abb. 1.8.14 www.g-hoehne.de/T/T8.ods Zur Verbesserung der Rechengenauigkeit wurde für Δt der Wert 0,0005 s gewählt und die Zahl der Tabellenzeilen entsprechend auf 6400 Zeilen vergrößert. Es ist zu sehen, dass mit zunehmender Amplitude die Diagramme von einer Sinusform mehr und mehr abweichen und die Schwingungszeit größer wird. 1.8.4 Die Schwebung Lässt man zwei Fadenpendel verschiedener Frequenz am gleichen Halter über der Mitte der Experimentierwippe pendeln (siehe Abb. 1.8.15), dann wird ein Schwebungsdiagramm aufgezeichnet. Die Pendel üben auf ihren Halter periodisch schwankende Kräfte aus, die zusammen eine als Schwebung bekannte Schwingungsform ergeben. Minima und Maxima entstehen dann, wenn die Pendel gegeneinander bzw. miteinander schwingen. Abb. 1.8.15 Im Hinblick auf diese Erscheinung ist das akustische Schwebungsphänomen (Signal mit periodisch schwankender Lautstärke) leicht verständlich. Die Pendel wirken auf den Stativstab wie die Schallwellen auf das Trommelfell. Zur genaueren Untersuchung dieses Sachverhalts denken wir uns zwei periodisch wechselnde Kräfte F1 und F2, die gemeinsam an einem Stativstab angreifen. F1 = 1N · sin[(2 π/2) · t] F2 = 1N · sin[ (2 π/2,2) · t] Abb. 1.8.16: www.g-hoehne.de/T/T9.ods Das Diagramm der Abb. 1.8.16 zeigt die Summe F = F1 + F2 der beiden Kräfte in Abhängigkeit von der Zeit. Ein Maximum tritt immer dann auf, wenn beide Schwingungen gleichsinnig sind. Wenn dies zu einem Zeitpunkt t der Fall ist, dann 65 trifft dies wieder dann zu, wenn die Zahl der Schwingungen von F 1 gegenüber der Zahl von F2 um 1 zugenommen hat. Ist der zeitliche Abstand zweier Maxima = Ts, dann gilt demnach: f1·Ts - f2·Ts = 1 → (f1 - f2) ·Ts = 1 → f1 - f2 = 1/Ts f1: Frequenz von F1, f2: Frequenz von F2 Die als Schwebungsfrequenz bezeichnete Größe 1 / Ts = fs beschreibt die Zahl der in einer Zeiteinheit auftretenden Maxima. Für sie gilt: fs = f1 - f2 In dem hier beschriebenen Beispiel erhalten wir für fs: fs = 1/(2s) - 1/(2.2 s) = 1/(22 s) → Ts = 22 s Anmerkung zur graphischen Darstellung einer Funktion mit dem Open-OfficeTabellenkalkulationsprogramm: In der Spalte A wird eine Tabelle mit Zeitwerten t angelegt. In der dritten Zeile wird unter A die Anweisung „= A2+$C$2“ eingetragen. $C$2 steht für ein Δt = 0,05 s. In die dritte Zeile wird unter B „= SIN($E$2*A3)+SIN((2*$E$2/$D$2)*A3)“ als Anweisung zur Berechnung des Funktionswerts geschrieben. $E$2 und $D$2 stehen für π und für die Schwingungszeit 2,2 s. Der unter A und B liegende Abschnitt der dritten Zeile wird in 2000 darunter liegende Zeilen kopiert. Anschließend wird in bekannter Weise ein x-t-Diagramm erstellt. 1.8.5 Erzwungene Schwingung Wird eine von zwei einander gegenüber stehenden Stimmgabeln gleicher Frequenz angeschlagen, dann beginnt auch die zweite Gabel zu schwingen; sie empfängt einen Ton von der ersten und tönt zurück. Man spricht in diesem Fall von Resonanz (Widerhall). Die zweite Stimmgabel wird in diesem Fall von den periodisch ihre Richtung wechselnden Kräften einer Schallwelle zu Schwingungen angeregt. Das Ausmaß der Anregung ist von der Frequenz des Erregers abhängig. Vermindert man die Frequenz der ersten Stimmgabel durch Anheften eines kleinen Magneten, dann tönt nach Anschlagen dieser Gabel die zweite weit weniger stark. Abb. 1.8.7 zeigt eine Anordnung, mit der in ähnlicher Weise mit periodisch wechselnden Kräften eine Schwingung erzwungen wird. Mit ihr kann untersucht werden, wie die Amplitude der Schwingung von der Frequenz des Erregers abhängt. Ein über der Wippe aufgehängter Abb. 1.8.17 Magnet taucht in eine auf er Wippe stehende Spule, die von einem Wechselstrom durchflossen wird, dessen Frequenz von kleinen Werten an kontinuierlich ansteigt. 66 Der Magnet wirkt mit einer periodisch wechselnden Kraft über die Spule auf die Wippe und erregt diese zum Schwingen. Hierbei wird deutlich, dass die Schwingungsamplitude dann am größten ist, wenn die Erregerfrequenz mit der Eigenfrequenz der Wippe (10 Hz) übereinstimmt (siehe Abb. 1.8.18). In diesem Fall sagt man, die Wippe sei in Resonanz mit Abb. 1.8.18 dem Erreger. Eine solche Resonanz wird oft als lästige Erscheinung wahrgenommen. Der Autofahrer erlebt sie manchmal als unangenehme Vibration im Fahrzeug, wenn die Reifen nicht richtig ausgewuchtet sind und infolgedessen ein Autoteil, möglicherweise das Lenkrad, dessen Eigenfrequenz der Umlauffrequenz der Reifen gleicht, zum Schwingen angeregt wird. Quantitative Untersuchung einer erzwungenen Schwingung Zur mathematischen Behandlung der erzwungenen Schwingung stellen wir uns einen Körper der Masse m vor, der an einer Feder (Federkonstante D) um den Nullpunkt eines Koordinatensystems entlang der x-Achse schwingt. Neben der Federkraft - D·x (die Federkraft ist der Auslenkung entgegen gerichtet) erfahre dieser Körper noch eine Kraft F von außen nach F = F0 ·sin(ω·t). Somit gilt: m ·a = - D · x + F0 · sin(ω·t). Wenn noch eine von der Geschwindigkeit abhängige Reibungskraft FR = - k · v zu berücksichtigen ist, dann muss die Gleichung durch - k· v ergänzt werden. m ·a = - D · x + F0 · sin(ω·t) – k·v In die zur Berechnung gedämpfter Schwingungen aufgestellte Tabelle wird als F 1 die Kraft F1 = - D · x + F0 · sin(ω·t) – k·v eingetragen. In die dritte Zeile der Spalte A wird die Rechenanweisung „= -$K$2*I2+$O$2*SIN($P$2*H2)-$N$2*E2“ geschrieben und dann in 2000 darunter stehende Zeilen kopiert. $K$2, $O$2 und $P$2 stehen für D = 8kg/s2, F0 = 1N und ω = 6 s-1. Für die Masse m = $M$2 wird 0,2 kg eingesetzt. In Abb. 1.8.19 ist das für den reibungsfreien Fall (k = 0) erzeugte Diagramm zu sehen. Es beschreibt die nach links und rechts gehende Schwingung eines zwischen zwei nahezu waagrechten Schraubenfedern eingespannten Körpers (Eigenfrequenz fE = 1Hz), die von einer mit f = 0,95 Hz periodisch schwankenden Kraft veranlasst wird. Abb. 1.8.19 www.g-hoehne.de/T/T10.ods 67 Die Amplitudenschwankung werden im Hinblick auf die Abb. 1.8.20 verständlich. In dieser Abbildung ist neben dem v-t-Diagramm des schwingenden Körpers auch noch ein Diagramm zu sehen, welches die erregende Kraft F = F0 ·sin(ω·t) in Abhängigkeit von der Zeit darstellt. Zunächst hat F die Richtung von v, demzufolge wird der schwingende Körper fortwährend angetrieben Abb. 1.8.20: v-t-Diagramm mit k = 0 fE = 1Hz; f = 0,95 Hz und die Amplitude wächst. Ist das www.g-hoehne.de/T/T11.ods Amplitudenmaximum erreicht, dann hat die Kraft nur noch während zweier Viertelperioden die Richtung von v, folglich wird in gleichem Maß angetrieben wie abgebremst. Nach dem Maximum wird mehr abgebremst als angetrieben, weshalb die Amplitude abnimmt. Wenn die Geschwindigkeitsamplitude fast den Wert 0 erreicht hat, dann ist die Kraft der Geschwindigkeit während der gesamten Periodendauer entgegen gerichtet. Hiernach erfolgt eine Umkehr der Geschwindigkeitsrichtung (Phasensprung), wonach die Kraft F = F0 ·sin(ω·t) wieder mit der Bewegungsrichtung übereinstimmt und deshalb die Schwingung erneut verstärkt. Wenn die Frequenz der Kraft gleich der Eigenfrequenz des schwingenden Körpers ist (siehe Abb. 1.8.21), dann wirkt die erregende Kraft immer in Bewegungsrichtung; die Amplitude wird bei fehlender Reibung unendlich groß . Abb. 1.8.21: v-t-Diagramm mit f = fE = 1Hz; k = 0 Das Diagramm in der Abb. 1.8.19 gleicht einem Schwebungsdiagramm, welches die Summe zweier Schwingungen anzeigt. Die eine Schwingung ist die aufgezwungene Schwingung mit der Frequenz f und die andere ist eine Eigenschwingung mit der Frequenz fE, die sich beim Anschwingen entwickelt. Wenn Reibungskräfte im Spiel sind, dann klingt die Eigenschwingung schnell ab und die Schwankungen der Amplitude unterbleiben (siehe Abb. 1.8.22). Abb. 1.8.22: x-t-Diagramm mit k = 0,1 fE = 1Hz; f = 0,95 Hz 68 Herleitung einer Formel für die Elongation einer erzwungenen Schwingung Das Schwingungsdiagramm zu einer erzwungenen Schwingung ohne Reibung gleicht einem Schwebungsdiagramm, weshalb die folgende Summe für die Elongation x in Frage kommt. x = A· sin(ω · t) + B· sin(ωE ·t) ω = Erregerkreisfrequenz, ωE = Eigenkreisfrequenz Die Geschwindigkeit v(0) zum Zeitpunkt t = 0 ist 0. Wie im Kapitel 1.8.1 erläutert wurde, gelten für die Geschwindigkeiten v1 und v2 der Schwingung x = A· sin(ω · t) und x = B· sin(ωE ·t): x = A· sin(ω · t); v1 = A · ω · cos(ω ·t) x = B· sin(ωE ·t); v2 = B·ωE· cos(ωE ·t) ↓ x = A· sin(ω · t) + B· sin(ωE ·t); v = v1 + v2 = A · ω ·cos(ω ·t) + B· ωE· cos(ωE · t) v(0) = 0 → A · ω = - B · ωE → B = - A· ω /ωE ↓ x = A· sin(ω · t) - A· (ω /ωE) · sin(ωE ·t) → x = A· [sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] v = v1 + v2 = A· ω · cos(ω · t) -A · ω ·cos(ωE ·t); a = dv/dt = - A· ω2 · sin(ω · t) + A · ω ·ωE · sin(ωE ·t) Die Gültigkeit der letzten Gleichungen kann wie folgt geprüft werden: x =A· [sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] und die zugehörende Beschleunigung a = dv/dt werden in die Gleichung m·a = - D·x + F0 ·sin(ω·t) eingesetzt. - m·A·ω2·sin(ω·t) + m·A·ω·ωE·sin(ωE·t) = -D·A·sin(ω·t) + D·A·ω· sin(ωE ·t)/ωE + F0·sin(ω·t) Die fett markierten Terme heben sich wegen D = m · ωE2 auf. - m · A· ω2 · sin(ω · t) = - D· A· sin(ω · t) + F0 ·sin(ω·t) ↓ 2 - m · A· ω = - D· A + F0 → A = F0 /(D - m ·ω2) ; D/m = ωE2 ↓ A = (F0/m)/ (ωE2 - ω2 ) x = A·[sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] erfüllt mit A = (F0/m)/ (ωE2 - ω2 ) die Gleichung m·a = - D·x + F0 ·sin(ω·t). Der Vorzeichenwechsel von A beim Übergang ω < ωE zu ω > ωE deutet nicht auf einen Phasensprung hin, wie dies oft fälschlicherweise sogar in manchen Lehrbüchern behauptet wird, denn mit A ändert auch die Differenz sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE ihr Vorzeichen. 69 Wenn die Erregerfrequenz mit der Eigenfrequenz übereinstimmt (ω = ω E), dann nimmt nach Abb. 1.8.21 die Amplitude gleichmäßig mit der Zeit zu. Das muss aus x = A·[sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] hervorgehen, wenn wir ω an ωE heranrücken. ω - ωE = Δ ω → ω = ω E + Δ ω x = A·[sin(ωE · t + Δ ω · t) - (ωE + Δ ω) · sin(ωE ·t)/ωE] x = A·[sin(ωE · t + Δ ω · t) - sin(ωE ·t) - Δ ω · sin(ωE ·t)/ωE] A = (F0/m)/ (ωE2 - ω2 ) = (F0/m)/ [(ωE + ω ) ·( ωE- ω) ]= - (F0/m)/ [(ωE + ω ) · Δ ω] x = [- (F0/m)/ (ωE + ω ) ]· {[sin(ωE · t + Δ ω · t) - sin(ωE ·t) ]/ Δ ω - sin(ωE ·t)/ωE} x = [- (F0/m)/ (ωE + ω )]·{t·[sin(ωE · t + Δ ω · t) - sin(ωE ·t) / (Δ ω·t) - sin(ωE ·t)/ωE} ωE · t = u, Δ ω·t = Δu x = [- (F0/m)/ (ωE + ω )]·{t·[sin(u+ Δ u) - sin(u) / (Δ u) - sin(ωE ·t)/ωE} Für ω → ωE gilt : ωE + ω → 2· ωE [sin(u+ Δ u) - sin(u)] / (Δ u) → cos u = cos ( ωE· t) x = [- (F0/m)/ (2·ωE )] ·{t· cos ( ωE· t) - sin(ωE ·t)/ωE} ↓ x = [F0/ (2·ωE · m)] ·{sin(ωE ·t)/ωE - t· cos ( ωE· t)} Ein Schüler, der mit der Differentialrechnung vertraut ist, kann mit der Regel von L'Hospital den hier gewonnenen Grenzwert ermitteln (nach ω differenzieren !) . lim ω → ωE = lim ω [sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] / (ωE2 - ω2 ) = → ωE [t · cos (ω ·t) - sin(ω ·t)/ ωE]/ (-2 ·ω ) Ist die Schwingung einer Schraubenfeder gedämpft, dann stellt sich bei einer erzwungenen Schwingung unter der Kraft F0 · sin(ω·t) ein Amplitudenmaximum ein, wenn die Erregerfrequenz f gleich der Frequenz fE = [1/(2·π)]·√(D/m) ist. fE ist die Frequenz bei fehlender Dämpfung. Es gilt: m·a = - D·x - k·v + F0 ·sin(ω·t) Nach dem Einschwingen kommt x = A·cos(ω·t) mit ω 2 = D/m als Lösung der Gleichung in Frage. v = -A·ω· sin(ω·t); a = -A·ω2· cos(ω·t) -m·A·ω2· cos(ω·t) = -D·A·cos(ω·t) + k·A·ω· sin(ω·t) + F0 ·sin(ω·t) Die fett gedruckten Terme heben sich wegen ω2 = D/m auf. ↓ k·A·ω· sin(ω·t)+ F0 ·sin(ω·t) = 0 → A = -F0 /(k· ω) → x = [-F0 /(k· ω)]·cos(ω·t) 70 1.8.6 Anharmonische Schwingungen Von einer harmonischen Schwingung spricht man, wenn die zur Ruhelage treibende Kraft F der Auslenkung x proportional ist (F = D · x , D = Konstante). Die Bewegung eines harmonisch schwingenden Körpers wird durch eine Sinusfunktion beschrieben. Bewegt sich ein schwingender Gegenstand unter einer Kraft, die einem anderen Gesetz folgt, dann hat man eine anharmonische Schwingung. Wir untersuchen nun das Verhalten eines Körpers der Masse m, der unter der Kraft F = (1-0,2·x)·x schwingt. Die Abhängigkeit der Kraft F von der Auslenkung x sehen wir in der Abb. 1.8.23. Der Betrag der zurück treibenden Kraft nimmt bei einer Bewegung nach links stärker zu als bei einer Bewegung nach rechts. Eine solche Asymmetrie der Kraft ist in der Natur häufig zu finden. Man denke z.B. an schwingende Atome an der Oberfläche eine Körpers. Schwingen diese Atome in den Körper hinein, dann erfahren sie Abstoßungskräfte von anderen Atomen. Derartige Kräfte fehlen beim Schwingen nach außen. Somit steigt die zurück treibende Kraft beim Schwingen nach außen weniger stark an als beim Schwingen in die Gegenrichtung. Abb. 1. 8.23 Das Diagramm in der Abb. 1. 8.24 beschreibt eine Bewegung unter der angegebenen Kraft F = (1-0,2·x)·x. An diesem Diagramm fällt auf, dass der Schwingungsmittelpunkt nach der Seite verschoben wird, von der die geringeren Gegenkräfte kommen. Diese Verschiebung nimmt mit steigender Amplitude zu. Hiermit wird die Ausdehnung von Gegenständen bei Erwärmung verständlich. Die Schwingungsmittelpunkte der nahe der Oberfläche schwingenden Atome Abb. 1. 8.24 rücken mit wachsender Amplitude www.g-hoehne.de/T/T12.ods (steigender Temperatur) nach außen. Anmerkung: Die Elongation x jeder periodische Funktion kann, wie im Folgenden zu sehen, durch eine Summe von Sinustermen und einer Konstanten dargestellt werden. x = K + x01 ·sin(ω·t+α1) + x02 ·sin(2·ω·t+α2) + x03 ·sin(3·ω·t+α3) +….. Die Methode zur Auffindung dieser Sinusterme und der zugehörenden Konstanten heißt „Fourieranalyse“ . Den durch x01 ·sin(ω·t + α1) beschriebenen Anteil von x heißt Grundschwingung, die Anteile mit mehrfacher Frequenz heißen 1. , 2. , 3.Oberschwingung usw. 71 Derartige Analysen können mit dem Programm „Mathe.-Physik“ der Firma HöhneMesstechnik (siehe g-hoehne.de ) durchgeführt werden. Eine Analyse des Diagramms in der Abb. 1.8.24 ergab: x = 1,443+3,136 * sin( 0,7396 * 1 * t + 1,609)+ 0,5879 * sin( 0,739 * 2 * t + 4,812)+ 0,071 *sin(0,739 * 3 * t + 1,720 ) Aufgaben 1. Ein U-Rohr ist in einer Länge von L = 30 cm mit Wasser gefüllt. Wird in den einen Schenkel des U-Rohrs kurzzeitig hinein geblasen, dann beginnt das Wasser zu schwingen. Wie groß ist die Schwingungszeit T ? Abb. 1.8.25 2. Aus einer Federpistole, deren Feder die Federkonstante D = 5 N/ cm hat, wird eine 5 g schwere Kugel geschossen. In welcher Zeit t wird die Kugel auf die Geschwindigkeit beschleunigt, mit der sie die Pistole verlässt ? 3. Ein in zwei Ringen geführter Holzstab (siehe Abb. 1.8.26 ) der Länge L = 20 cm ( Dichte des Holzes ρ H = 600 kg/m3) taucht in Wasser ein. Wird der Stab nach unten gestoßen, dann beginnt er zu schwingen. Wie groß ist die Schwingungszeit T ? Abb. 1.8.26 4. In der folgenden Skizze sind zwei Eisenkugeln zu sehen, die mit gleich langen Fäden am gleichen Punkt aufgehängt sind. Die Kugeln lässt man aufeinander stoßen, wie dies in der Skizze angedeutet ist. Beim Zusammenstoß haften die Kugeln eine sehr kurze Zeit aneinander. Wird die Kontaktzeit größer, wenn der anfängliche Kugelabstand vergrößert wird ? Begründung der Antwort ohne Rechnung ! Abb. 1.8.27 5. Zur Bestimmung von g lässt man ein L = 3 m langes Pendel mit kleiner Amplitude schwingen. Mit einer Stoppuhr wird als Zeit von 40 Schwingungen 138,8 s gemessen. Welchen Wert erhält g nach diesen Daten ? 6. Eine Eisenkugel pendelt an einem 30 cm langen Faden mit kleiner Amplitude in einem mit Wasser gefüllten Becken ( Dichte ρE des Eisens = 7,86 g/cm3; Dichte ρ des Wassers = 1 g/cm3 ). Wie groß ist die Schwingungszeit ? 72 1.9. Arbeit, Leistung, Energie 1.9.1 Arbeit, Leistung Arbeit Wird ein Gegenstand mit einer bestimmten Kraft F verschoben, dann spricht man von einer Arbeit W (work). Es erscheint sinnvoll, von einer Verdopplung der Arbeit zu sprechen, wenn entweder die Verschiebung s oder die Kraft F verdoppelt wird. Dieser Auffassung entspricht das Produkt F · s = W als Maß der Arbeit. Abb. 1.9.1 W = F · s; Einheit von W: N ·m = J (Joule) Zur Verrichtung einer Arbeit können verschiedene Hilfsmittel herangezogen werden. Bekannte Hilfsmittel sind der Flaschenzug, die schiefe Ebene, der Hebel usw.. Ein Arbeitsmaß kann man nur dann als sinnvoll anerkennen, wenn sein Wert nur von den Zuständen vor und nach der Arbeit, nicht aber von der Art der Ausführung abhängt. So sollte die Arbeit W zum Anheben eines 10kg-Gewichts um 1m nicht davon abhängen ob das Gewicht mit Rolle und Seil oder stattdessen mit Abb. 1.9. 2 einem Flaschenzug hochgezogen wird. An den in der Abb. 1.9.2 skizzierten Aufzügen ist erkennbar, dass die Arbeit unabhängig vom verwendeten Hilfsmittel ist. Bei der Definition des Arbeitsmaßes wurde zunächst daran gedacht, dass die Verschiebung und die Kraft gleiche Richtungen haben. Wenn die Kraft sich so verhält, wie dies in Abb.1.9.3 angedeutet ist, dann erscheint es sinnvoll zur Berechnung der Arbeit nur die Kraftkomponente Fp in Richtung der Verschiebung zu nehmen. W = Fp · s ; Fp = F · cos(α) ↓ W = F · cos(α) · s = F · s· cos(α) F · s· cos(α) ist das Skalarprodukt aus dem Kraftvektor F und dem Verschiebungsvektor s. Abb. 1. 9.3 W = F· s = F1 · s1 + F2 · s2 + F3 · s3 Nach der hier gegebenen allgemeinen Definition des Arbeitsmaßes erhält man eine negative Arbeit, wenn die Kraft der Verschiebung entgegen gerichtet ist ( cos(α) < 0). Dies ist z.B dann der Fall, wenn jemand einen rollenden Wagen bremst. 73 Leistung Eine Arbeit von z.B. 1000 J ist unterschiedlich zu bewerten, je nachdem ob sie in 10 s oder 1000 s verrichtet wird. Im ersten Fall wird von höherer Leistung gesprochen. Unter Leistung versteht man die in einer Zeiteinheit verrichtete Arbeit. Leistung P(power) = W / t ; Einheit: Joule / Sekunde = Watt (W) 1.9.2 Energie (Perpetuum-Mobile) Im den letzten Jahrhunderten wurde immer wieder der Bau eines „Perpetuum Mobile” versucht (manchmal geschieht dies auch heute noch)). Unter einem solchen Gerät versteht man eine periodisch arbeitende Maschine, die ohne Eingriffe von außen fortwährend Arbeit verrichtet. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man die in Abb. 1.9.4 skizzierte Abb. 1.9.4 Anordnung für ein „Perpetuum Mobile” halten. Die eine Hälfte eines Holzrades befindet sich in einem mit Wasser gefüllten Behälter, die andere in Luft. Eine Gummidichtung in der Behälterwand schließt die Lücke zwischen dem Rad und der Behälterwand. Es könnte folgende Meinung vertreten werden: Das Holzrad erfährt im Wasser einen Auftrieb, der eine Linksdrehung bewirkt. Leider ist diese Vorstellung falsch, denn bekanntlich wirken die durch den Wasserdruck bedingten Kräfte senkrecht zur Oberfläche und haben somit kein Drehmoment. Die Erfolglosigkeit auf der Suche nach einem „Perpetuum Mobile” gab schließlich Anlass zu der Schlussfolgerung: Ein Perpetuum-Mobile ist unmöglich. Gleichwertig hiermit ist die Aussage : Die Arbeit, die von einem System verrichtet werden kann, ist nur vom Anfangs- und Endzustand des Systems, nicht aber von der Art und Weise der Änderung abhängig. Die Arbeit, die von einem System beim Übergang von einem Zustand A in einen Zustand B verrichtet wird, nennen wir die Energie im Zustand A in Bezug auf den Zustand B. Der Satz von der Unmöglichkeit eines Perpetuum-Mobile wird immer wieder durch richtig Schlussfolgerungen bestätigt. Ein Beispiel Im Kapitel 1.6.4 wurde zur Berechnung des Wasserdrucks p in einer Wassertiefe h die Gleichung p = h ·g · ρ angegeben ( ρ = Dichte des Wassers). Bei der Herleitung wurde der Druck p auf eine parallel zur Wasseroberfläche liegende Fläche berechnet. Aus dieser Herleitung kann nicht geschlossen werden, dass die entwickelte Formel auch dann gilt, wenn die Fläche, die den Druck aufnimmt, eine andere Orientierung hat. Nun kann p = h·g·ρ ohne Beschränkung auf eine bestimmte Lage dieser Fläche hergeleitet werden. In ein Wasserbecken ist 74 Abb. 1.9.5 ein gebogenes Glasrohr eingetaucht, dessen eines Ende mit einem beweglichen Kolben (Querschnitt A ) abgeschlossen ist. Die Kraft F des Wassers auf diesen Kolben gleicht der Gegenkraft, die aufgebracht werden muss, um den Kolben in seiner Stellung zu halten. In Gedanken wird dieser Kolben bis zum Ende des Rohrs um ein kleines Stück Δx gegen das Wasser verschoben, wobei er eine geringe Wassermenge mit der Masse m verdrängt. Während die Arbeit W 1 = F · Δx verrichtet wird, steigt der Wasserspiegel geringfügig an. Die gleiche Änderung des Wasserstandes ist auch in anderer Weise erreichbar: Bei festgehaltenem Kolben wird das Ende des Rohrs mit einem Schieber verschlossen und anschließend die vor dem Kolben stehende Wassermenge der Masse m mit der Arbeit W2 = m ·g · h zur Oberfläche gehoben. Da die Arbeit nur vom Anfangs- und Endzustand abhängt gilt: W1 = W2 → F · Δx = m ·g · h ; m = A ·Δx · ρ ↓ F · Δx = A ·Δx · ρ ·g · h → p = F/A = ρ ·g · h 1.9.3 Energiearten Lageenergie Ein Körper G der Masse m zieht einen Bremsklotz K gleichförmig über eine waagrechte Fläche. Die Bremskraft von K gleicht der Gewichtskraft von G. G verschiebt K nach einem leichten Stoß um die Strecke h und verrichtet hierbei die Arbeit W = m·g · h. G hat somit in Bezug auf den Boden die Energie Abb. 1.9.6 E = m·g·h. Abb. 1.9.7 Spannungsenergie Eine um s gedehnte Schraubenfeder mit der Federkonstanten D wird mit der Hand langsam entspannt. Hierbei nimmt die Kraft von dem Wert D·s auf den Wert 0 ab. Die mittlere Kraft ist (D· s + 0)/2 = D · s/2. Während der Entspannung verrichtet die Feder die Arbeit W = (D·s/2)·s = ½·D· s 2 . Sie hat demnach im gespannten Zustand die Energie E = ½·D· s2 75 Abb. 1. 9.8 Abb. 1. 9.9 Bewegungsenergie (kinetische Energie) Ein Wagen der Masse m und der Geschwindigkeit v wird mit Hilfe einer Fadenbremse -er wird durch eine Büroklammer gezogen - auf die Geschwindigkeit 0 abgebremst. Hierbei verrichtet er gegen den Faden die Arbeit W = F· s. F ist die Bremskraft und s der Bremsweg. Den Bremsweg s erhält man als Produkt aus der mittleren Geschwindigkeit v/2 und der Bremszeit t. Abb. 1. 9.10 s=½·v·t Bremskraft F = m· v/ t ↓ E = F · s = m ·v2/2 Abb. 1. 9.11 Ein besonders eindrucksvolles Experiment zur kinetischen Energie ist in der Abb.1.9.12 angedeutet. Ein Elektromotor dreht einen Eisenzylinder ( m = 420 g, r = 3cm) auf ca. 100 Hz. Anschließend werden die Anschlüsse des Motors mit einem Glühbirnchen verbunden. Dieses leuchtet dann ungefähr eine Minute lang. Rotierende Zylinder werden bei Experimenten zur Abb. 1.9.12 Kernfusion zur kurzzeitigen Erzeugung derart hoher elektrischer Leistungen eingesetzt, die nicht aus dem Leitungsnetz entnommen werden können. Welche kinetische Energie hat der in der letzten Abbildung sichtbare Zylinder bei 100 Umdrehungen pro Sekunde ? Zur Berechnung dieser Energie denken wir uns den Zylinder (siehe Abb. 1.9.13) mit dem Radius R , der Masse m und der Länge L in n konzentrische, dünnwandige Hohlzylinder mit den Radien rK und der Wanddicke d = R/n eingeteilt (Bsp.: n = 1000). Für die Rotationsenergie e eines solchen Hohlzylinders mit der Masse m K, dem Radius rK und der Rotationsgeschwindigkeit vK gilt: Abb. 1.9. 13 e = mK · vK2/2; vK = Geschwindigkeit eines Punktes auf dem Hohlzylinder vK = 2 ·π · rK / T ; T = Umdrehungszeit → vK = (2 ·π / T ) · rK 76 (2 ·π / T ) ist die Winkelgeschwindigkeit ω. In der Zeit T dreht sich der Zylinder um den Winkel 2 ·π (Bogenmaß). e = mK · vK2/2, vK = ω · rK → e = mK ·(ω · rK)2 / 2 = mK ·rK2 · ω2 /2 Wenn wir die Hohlzylinder mit den Zahlen von 1 bis n durchnummerieren, dann können wir für die gesamte Rotationsenergie schreiben: ERot = (m1·r12 + m2·r22 + m3·r32 ....................+ mn·rn2 ) · ω2 /2 Die Summe (m1·r12 + m2·r22 + m3·r32 ....................+ mn·rn2 ) heißt Trägheitsmoment J. ↓ ERot = J·ω2 / 2 Für einen Zylinders mit der Masse m und dem Radius R gilt: J = ½· m · R2 Der Zylinder in der Abb.1.9.12 hat demnach das Trägheitsmoment J = 0,5·0,42kg·(0,03 m)2 = 0,000189 kg· m². Seine kinetische Energie bei 100 Hz ist J·ω2 / 2 = 0,000189 kg· m² · (2·π·100 Hz)2 / 2 = 37 Joule. Herleitung von J = ½· m · R2 Der Zylinder wird in Gedanken in 1000 Hohlzylinder mit der Wandstärke R/1000 eingeteilt. Für das Trägheitsmoment j eines solchen dünnwandigen Hohlzylinders mit dem Radius rK und der Masse mk gilt: j = mK · rK2 ; mK = 2·π ·rK ·L· (R/1000) ·ρ; ρ = Dichte des Materials Das Volumen eines dünnwandigen Hohlzylinders kann als Produkt von Oberfläche und Wanddicke dargestellt werden. ↓ j = 2·π·rK·L· (R/1000)·ρ·rK2 = 2·π·rK3 ·L·(R/1000)·ρ = 2·π· L·ρ·R4 ·(rK /R)3/1000 Das Gesamtträgheitsmoment J des Vollzylinders erhalten wir durch Summation der einzelnen j. J = 2· π· L · ρ ·R4 ·[(r1/ R)3 + (r2/ R)3 + (r3/ R)3 ........] /1000 n = 1000, r1 = R/n , r2 = 2· R/n, r3 = 3· R/n…… rk/ R haben die Werte 1/1000, 2/1000, 3/1000 .........1000/1000 = 2· π· L · ρ ·R4 [(1/ 1000)3 + (2/1000)3 +(3/1000)3........]/1000 Die Berechnung der Summe [(1/ 1000)3 + (2/1000)3 +(3/1000)3........] geschieht mit dem Open-Office-Tabellenkalkulationsprogamm ( www.g-hoehne.de/T/T13.ods ). 250 ist das Ergebnis . [(1/ 1000)3 + (2/1000)3 +(3/1000)3........]/1000 ist demnach 1/4. ↓ J = 2· π· L · ρ ·R4 /4 = (1/2) ·(π·R2· L · ρ) ·R2 ; π·R2· L · ρ = m → J = (½) · m · 77 R2 Anmerkung: Zur Berechnung von J sollten statt der Innenradien rK der Hohlzylinder Werte genommen werden, der zwischen den äußeren und inneren Radien liegen. Der durch rK verursachte Fehler geht jedoch mit kleiner werdender Wanddicke gegen 0. 1.9.4 Satz von der Erhaltung der Energie Die Arbeit, die von einem System von Gegenständen verrichtet wird, hängt nur vom Anfangs- und Endzustand dieses Systems ab. Dies lässt folgenden Schluss zu: In Bezug auf die Energieänderung eines Systems S ist es gleichgültig ob man S sofort von einem Zustand A in einen Zustand B überführt, oder ob man S sich einige Zeit selbst überlässt und dann in den Zustand B bringt. In beiden Fällen wird die gleiche Energie abgegeben. Daraus folgt, dass bei Wechselwirkungen innerhalb des Systems die Gesamtenergie unverändert bleibt. Somit können wir sagen: In einem abgeschlossenen System bleibt die Energie erhalten (Satz von der Erhaltung der Energie). Der Energieerhaltungssatz erscheint ungültig, wenn eine Bewegung durch Reibung beeinträchtigt wird. Denkt man jedoch an den atomaren Aufbau der Materie, dann liegt die Vermutung nahe: Bei Reibung wird die Energie der Atome vermehrt, die hierbei verursachte Erwärmung ist ein Zeichen für höhere Atomgeschwindigkeiten. 1.9.5 Anwendungsbeispiele zum Energieerhaltungssatz 1.9.5.1 Kinetische Energie eines fallenden Gegenstandes Es soll unter Anwendung des Energieerhaltungssatzes die Geschwindigkeit v berechnet werden, mit der ein aus der Höhe h fallender Körper K die Erde trifft. Die Erde E und der Körper K bilden in diesem Fall ein abgeschlossenes System. Es gilt: m ·g ·h = mK ·vK2 / 2 + mE·vE2 / 2 Gesamte kinetische Energie = kinetische Energie von K + kinetische Energie der Erde ! Die linke Seite der Gleichung steht für die Lageenergie (potentielle Energie) vor dem Fall, die rechte für die gesamte kinetische Energie danach. Unter Anwendung des Impulssatzes können wir zeigen, dass die kinetische Energie der Erde vernachlässigt werden kann. mE · vE = mK ·vK → vE = (mK / mE ) · vK 78 2 E mE · v / 2 = ↓ mE ·(mK / mE ) ·vK2 / 2 2 = mK ·(mK / mE ) · vK2 / 2 vE und vK sind Geschwindigkeitsbeträge mE · vE2 / 2 << mK · vK2 / 2 → mK ·h ·g = mK · vK2 / 2 → h ·g·2 = vK2 vK = √(h ·g·2) 1.9.5.2 Rollbewegung auf einer schiefen Ebene Wir lassen einen massiven Zylinder Z ( m = 200g) mit dem Radius R und der Länge L und anschließend einen gleich schweren Wagen W die um α geneigte Experimentierwippe herab rollen. In beiden Fällen wird vor der Drehung um α ein für das Experimentierobjekt passender Reibungsausgleich durchgeführt. An den s-t-Diagrammen in Abb. 1.9.14 ist Abb. 1. 9.14 erkennbar, dass der Wagen einen Weg s in kürzerer Zeit zurücklegt als der Zylinder. Die Momentangeschwindigkeiten am Ende des Weges erhalten wir nach v = 2·s/t (gleichförmig-beschleunigte Bewegung). t ist die Zeit zum Weg s. Aus den am Diagramm ablesbaren Werten folgt: vZylinder / vWagen = (2· s/ tZ) / (2· s/ tW) = tW /t Z = 0,81 Diese Tatsache verleitet zu dem Schluss: EnergieZylinder / EnergieWagen = vz2 /vW2 = 0.812 = 0,6561 ≈ 2/3 Die Zylinderenergie erscheint um 1/3 kleiner zu sein als die kinetische Energie des Wagens. Dies steht im Widerspruch zum Energieerhaltungssatz, denn die kinetischen Energien werden beim Durchlauf gleicher Höhendifferenzen angenommen. Verständlich wird diese Tatsache dann, wenn man bedenkt, dass der Zylinder durch zwei Bewegungsformen ausgezeichnet ist. Während sich der Schwerpunkt mit v bewegt (Translation), rotiert der Zylinder um eine durch den Schwerpunkt laufende Achse. Auf diese Rotation entfällt offensichtlich 1/3 der Gesamtenergie. Die Rotationsenergie fällt als zusätzliche Energie dann auf, wenn man den rollenden Zylinder an einer durch seine Mitte geführten Achse von der Bahn abhebt und die Achse ruhig hält. Der Zylinder rotiert nach diesem Bremsvorgang weiter. Nach 1.9.3 gilt: ERot = J · ω2 / 2 = J · (v/R)2 / 2 = ( J/R2 ) · v2/ 2 ω = Geschwindigkeit v des Zylinderschwerpunkts / R. Dies ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, dass sich der Zylinder während einer Drehung in der Zeit T um 2·π·R fortbewegt. v = 2·π· R / T = (2·π/T) · R = ω · R. ERot = ( J/R2 ) · v2/ 2 , J = ½ ·m·R2 79 → ERot = m · v2 / 4 Dies entspricht den oben angegebenen Versuchsergebnissen. ERot = m · v / 4 ist 1/3 der Gesamtenergie E = ETranslation + Erot = m · v2 / 2 + m · v2 / 4. 2 Welchen Einfluss hat das Trägheitsmoment auf die Beschleunigung eines rollenden Gegenstands ? Wir denken uns einen zunächst ruhenden Zylinder Z (Radius R, Masse m), der auf einer schiefen Ebene eine Strecke s herab rollt, dabei h an Höhe verliert und die Geschwindigkeit v erreicht. m · g · h = m · v2 /2 + ( J/R2 ) · v2/ 2 m · g · h = v2 ·(m + J/R2 ) / 2; h = s ·sin α m · g · h = m · g · s · sin α m · g · sin α ist die Hangabtriebskraft F m · g · s · sin α = F · s F·s = v2 ·(m + J/R2 )/2; s = ½ · a · t2 ; v = a·t ↓ 2 F ·½ · a · t = (a · t)2 · (m + J/R2 ) / 2 ↓ F = a · (m + J/R2 ) → Abb. 1.9.15 F - a · J/R2 = a · m Da die Summe aller auf den Zylinder einwirkenden Kräfte gleich dem Produkt m · a ist, wird mit der letzten Gleichung angezeigt, dass der Hangabtriebskraft eine Kraft FR = a · J/R2 entgegen wirkt. Diese Kraft muss von der Rollbahn ausgehen (siehe Abb. 1. 9.15). Sie ist für die Drehung maßgebend. Man könnte sie durch Glätten der Rollbahn vermindern und hätte dann eine Rutschbewegung. FR = a · J/R2 ; J =½ ·m·R2 → FR = ½ · m · a Lässt man statt des Zylinders eine Eisenkugel eine schiefe Ebene hinab rollen, dann ist zu erfahren, dass FR = a · J/R2 = 2/5· m · a ist. Das Trägheitsmoment der Kugel ist nach J/R2 = 2/5· m gleich J = 2/5· mKugel · R2. 1.9.5.3 Über das Auslaufen einer Badewanne Eine quaderförmige Badewanne mit dem Querschnitt A = 0,8 m² läuft durch eine Öffnung am Boden mit dem Querschnitt B aus. B = 10 cm2 = 0,001 m2 Anfängliches Wasservolumen = 0,15 m³. Abb. 1. 9.16 80 1. Mit welcher Geschwindigkeit tritt das Wasser aus dieser Öffnung ? 2. In welcher Zeit wird die Badewanne geleert ? Diese beiden Fragen können mit Hilfe des Energiesatzes beantwortet werden. Auf die Frage 1 ist schnell eine Antwort gefunden. Wenn eine kleine Wassermenge der Masse m’ ausläuft, dann wird sie an der Oberfläche des Wassers vermisst. Die potentielle Energie des Wassers nimmt um m’·g ·x ab (x = Höhe des Wasserspiegels). Das unten austretende Wasser hat die kinetische Energie m’ ·v2 /2 . Nach dem Energieerhaltungssatz gilt: m’ ·v2 /2 = m’ · g · x → v = √( 2 · g · x ) Die anfängliche kinetische Energie des Wassers infolge der Sinkgeschwindigkeit ist vernachlässigbar klein. Aus dem Wasservolumen V und dem Querschnitt A der Badewanne kann x errechnet werden. x ·A = V → x = V/A v = √( 2 · g · x) → v = √( 2 · g · V/A ) Nun kann auch die 2. Frage beantwortet werden. v· Δt · B = √( 2 · g · V/ A ) · Δt · B ist das Volumen des Wassers, welches in einem kleinen Zeitabschnitt Δt aus der Wanne fließt (siehe Abb. 1.9.17). Abb. 1.9.1 Vnach Δt = Vvor Δt – √( 2 · g · VvorΔt / A ) · Δt · B Mit dieser Gleichung kann eine Tabelle für die Volumina zu verschiedenen Zeitpunkten während der Entleerung angelegt werden. Die Abb. 1.9.18 ist das zugehörende Diagramm. Es ist zu sehen, dass eine Wanne mit einem Querschnitt A = 0,8 m2, welche anfangs 0,15 m3 Wasser enthält, in ca. T = 156 s durch ein Loch mit dem Querschnitt B = 10 cm2 leer läuft. Vermutlich handelt es sich bei diesem Diagramm um eine Parabel, welche durch eine Funktionsgleichung der Form V= f·(t-T)2 beschrieben wird. Abb. 1. 9.18: www.g-hoehne.de/T/T14.ods Beweis: Vnach Δt - Vvor Δt = ΔV ≈ – √( 2 · g · VvorΔt / A ) · B · Δt dV/dt = – √( 2 · g · V / A ) · B → dt/dV = - √(A/( 2 · g· B2)) · V -½ 81 Auf der Suche nach einer Funktion t(V) mit dt/dV = - √(A/( 2 · g· B2)) · V -½ finden wir: t = - √(A/( 2 · g· B2)) · 2 ·V ½ + Konstante C Bei V = 0 ist t = T . Folglich gilt: C = T t = - √(A/( 2 · g· B2)) · 2 ·V ½ + T → (t-T)2 = A/( 2 · g· B2 ) · 4·V V = (t-T)2 · g· B2/ (A · 2) → V = f · (t-T)2, f = g· B2/ (A · 2) V0 = f · T2 → T = √(V0 / f) Für den hier beschriebenen Fall gilt: f = g· B2/ (A · 2) = 6,131· 10-6 m³/s2 ; T = 156 s Die hier gemachten Aussagen können leicht experimentell auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Zu empfehlen ist eine Messanordnung, wie sie in der Abb. 1.6.15 auf der Seite 50 zu sehen ist. Statt des dort abgebildeten Gefäßes mit textilem Boden ist eine Dose mit einem Loch im Gefäßboden zu nehmen. 1.10. Über die Bewegung von Planeten 1.10.1 Berechnung einer Planetenbahn Eine unter der Gravitationskraft der Sonne ablaufende Planetenbewegung kann wie der Wurf mit Reibung mit einem Tabellenkalkulationsprogramm quantitativ behandelt werden. Die Kraftkomponenten F x = F1 und Fy = F2 in der x- und y-Richtung eines von der Sonne ausgehenden Koordinatensystems werden wie folgt berechnet (siehe Abb. 1. 10.1). -F1 / F = x/R → F1 = -F ·x /R ; F = G ·m·M / R2 (siehe Kapitel 1.6.6) ↓ F1 = - (G · m · M / R3)·x m: Masse des Planeten; M: Masse der Sonne Entsprechend erhält man für F2 : F2 = - (G · m · M / R3) · y Abb. 1. 10.1 Zur Berechnung einer Planetenbahn wurden diese Kräfte in die schon mehrfach genutzte Tabelle eingetragen. Das Koordinatensystem hat seinen Nullpunkt in der Sonne. Als Anfangswerte für einen Planeten der Masse m = 2·10 8 kg wurden folgende 82 Werte gewählt: x = 1011 m y=0 vx = v1 = 0 vy = v2 = 20000 m/s Sonnenmasse M = 2·1030 kg Die hiermit errechnete Bahn ist in der Abb. 1. 10.2 zu sehen. Abb. 1.10.2: www.g-hoehne.de/T/T15.ods 1.10.2 Die Keplerschen Gesetze An berechneten Planetenbahnen kann die Gültigkeit der drei Keplerschen Gesetze überprüft werden. Johannes Kepler entdeckte sie bei der Auswertung von Messwerte des dänischen Astronomen Tycho de Brahe, der mit ihm am kaiserlichen Hof in Prag als Mathematiker und Hofastrologe um das Jahr 1600 tätig war. 1. Keplersches Gesetz Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen um die Sonne, welche in einem Brennpunkt der Ellipse steht. Definition: Zu einer Ellipse gibt es zwei Punkte B 1 und B2, deren Abstände zu einem gegebenen Ellipsenpunkt eine von der Wahl dieses Punktes unabhängige Summe ergeben. B1 (Sonne) und B2 werden Brennpunkte genannt (siehe Abb. 1. 10.2). 2. Keplersches Gesetz In gleichen Zeiten überstreicht die inhaltsgleiche Flächen (siehe Abb. 1.10.3). Abb. 1.10.3 Verbindungsstrecke Abb. 1.10.4 83 Sonne-Planet 3. Keplersches Gesetz Misst man zu verschiedenen Planetenbahnen die Umlaufzeiten T und die großen Halbachsen a (siehe Abb. 1.10.4), dann gelangt man zu : a ³ / T ² = Konstante 1.10.3 Die Flächengeschwindigkeit (das Vektorkreuzprodukt ) Das 2. Keplersche Gesetz gilt für jede Bewegung unter einer Zentralkraft, einer Kraft, die auf ein bestimmtes Zentrum gerichtet ist. Zu seiner Prüfung muss eine Gleichung zur Berechnung der Flächengeschwindigkeit vA hergeleitet werden. Unter vA verstehen wir das Verhältnis A/Δt. A ist die Fläche, welche in der Zeit Δt von der Verbindungsstrecke r zwischen der Sonne S und dem Planeten P überstrichen wird. In der Abb. 1.10.5 ist die Bewegung während eines kleinen Zeitabschnitts Δt dargestellt. A = 0,5·h ·|r| ; vA = A/Δt = 0,5·(h/Δt) ·|r| (h/Δt) = |vPʼ| ist die Geschwindigkeit von Pʼ, der Projektion von P auf den Vektor {-y,x}, welcher mit r einen rechten Winkel bildet. vA = A/ Δt = 0,5·|vPʼ | ·|r| Da {-y,x} den gleichen Betrag wie r hat, können wir auch schreiben: vA = 0,5·|vPʼ | ·|{-y,x}|; |vPʼ | = |v|·cos (α) ↓ vA = |v|·|{-y,x}|·cos (α) |v|·|{-y,x}|·cos (α) = Skalarprodukt v· {-y,x} vA = 0,5·v·{-y,x}; v = { v1, v2 } vA = 0,5· (-v1·y + v2·x) Abb. 1. 10.5 Zum Beweis der Konstanz von vA muss gezeigt werden, dass dvA/dt = 0 ist. dvA/dt = 0,5 · (- dv1/dt · y - v1 · dy/dt + dv2/dt· x + v2 · dx/dt) Hier wurde die Produktregel der Differentialrechnung angewandt. Nach ihr erhält man den Differentialquotienten eines Produktes f(t)· g(t) zweier Funktionen f(t) und g(t) mit der Summe (d f(t)/dt) · g(t) + f(t) · (d g(t)/dt ). -v1·y ist ein solches Produkt. -v1 und y sind als f(t) und g(t) aufzufassen. Herleitung der Produktregel: f(t+∆t)· g(t+∆t) - f(t)· g(t) = ∆[f(t)· g(t)] ∆[f(t)· g(t)] = f(t+∆t)· g(t+∆t) - f(t)· g(t+∆t) + f(t)· g(t+∆t) - f(t)· g(t) 84 ∆[f(t)· g(t)] = g(t+∆t) · [f(t+∆t) – f(t)] + f(t)·[g(t+∆t)- g(t)] ∆[f(t)· g(t)]/ ∆t = g(t+∆t)· [f(t+∆t) – f(t)]/∆t + f(t)·[g(t+∆t)- g(t)]/ ∆t d[f(t)· g(t)]/ dt = g(t)· ( df(t)/dt ) + f(t)· ( dg(t)/ dt ) dx/dt = v1 ; dy/dt = v2 ; dv2/dt = a2 ; dv1/dt = a1 dvA/dt = 0,5 · (-a1 · y - v1 ·v2 + a2 · x + v2 · v1) = 0,5 · (-a1 · y + a2·x ) dvA/dt = 0,5 · {a1 , a2 } · {-y, x} {a1 , a2 } ist parallel zu r, bildet deshalb einen rechten Winkel mit {-y, x} ↓ {a1 , a2 } · {-y, x} = 0 Bei einer zu r parallelen Kraft ist {a1 , a2 } · {-y, x} = 0. Demnach ist v A während einer Bewegung unter einer Zentralkraft konstant. Das zweite Keplersche Gesetz ist somit bewiesen. Der Flächengeschwindigkeit eines Körpers K ordnen wir einen Vektor vA mit |vA| = vA zu, der mit seiner Richtung die Orientierung der Ebene E anzeigt, in der sich r dreht. vA steht so senkrecht auf E, dass ein Betrachter mit Blick auf die Vektorspitze r in einer Linksdrehung (einer positiven Drehung) sieht. {0; 0; 0,5· (x ·v2 -y·v1)} ist vA bei einer Bewegung in der x-y-Ebene. {0; 0,5·(-x ·v3 + z· v1) ;0} ist vA bei einer Bewegung in der x-z-Ebene. {0,5· (y ·v3 -z · v2); 0;0} ist vA bei einer Bewegung in der y-z-Ebene. Behauptung: vA = 0,5· { (y ·v3 -z · v2 ) ; (-x ·v3 + z· v1 ); (x ·v2 -y·v1) } Die Richtigkeit dieser Behauptung soll nun anhand der Abb.1.10.6 für die z-Koordinate vA · ez des Vektors vA nachgewiesen werden. ez ist ein Einheitsvektor in Richtung der z-Achse und vA · ez ist die Projektion des Vektors vA auf die z-Achse. Beweis: Ein Punkt P habe die Flächengeschwindigkeit vA und überstreiche in einer Zeit t die Fläche A. Seine Projektion P' auf die x-y-Ebene überstreicht dabei die Fläche Az. vA bildet mit der z-Achse den Winkel α . |vA · ez| / | vA| = cos( α) Az / A = |( 0,5· (y ·v3 -z · v2) · t| / (| vA| · t) Az / A = |( 0,5· (y ·v3 -z · v2)| /| vA| = cos( α) ↓ Abb. 1. 10.6 vA · ez = 0,5· (y ·v3 -z · v2) 85 { y· v3 – z · v2 ; z· v1 – x · v3 ; x· v2 - y · v1 } wird Kreuzprodukt r x v aus den Vektoren r und v genannt. Diese Bezeichnung verdankt der angegebene Vektor der nun folgenden Regel zur Berechnung seiner Koordinaten. Die Koordinaten der beiden Vektoren r und v werden nebeneinander in Säulen angeordnet. x v1 Zur Berechnung der x - Koordinate wird diese 1. Zeile gestrichen y v2 Zur Berechnung der y - Koordinate wird diese 2. Zeile gestrichen z v3 Zur Berechnung der z - Koordinate wird diese 3. Zeile gestrichen Zur Berechnung der n. Koordinate von r x v wird die n. Zeile gestrichen. Anschließend wird der erste Wert der verkürzten 1. Spalte mit dem zweiten Wert der anderen Spalte und hiernach der zweite Wert der ersten mit dem ersten Wert der zweiten Spalte multipliziert. Schließlich wird das zweite Produkt vom ersten subtrahiert. Bei Berechnung der y-Koordinate ist dann noch das Vorzeichen der Differenz umzukehren. Es muss angemerkt werden, dass Kreuzprodukte nicht nur aus Orts- und Geschwindigkeitsvektoren, sondern aus vielerlei Vektoren a und b gebildet wird. a x b = { a2·b3 – a3 · b2 ; a3· b1 – a1· b3 ; a1·b2 – a2 · b1 } a, b und a x b verhalten sich der Richtung nach wie der Daumen, der Zeige- und der Mittelfinger der rechten Hand, wenn der Mittelfinger von den beiden anderen rechtwinklig abgespreizt ist ( Rechte-Hand-Regel ). |a x b| wird durch den Flächeninhalt des von a und b aufgespannten Parallelogramms beschrieben. Abb. 1.10.7 Als Flächeneinheit wird hierbei ein Rechteck vorausgesetzt, dessen Seiten der Länge nach mit den zu a und b gehörenden Einheitsvektoren übereinstimmen. 1.10.4 Masse der Sonne Zur Berechnung einer Planetenbahn wurde als Masse der Sonne der Wert 2·10 30 kg angegeben. Wie konnte dieser Wert bestimmt werden ? Die Bahn der Erde um die Sonne ist fast kreisförmig (Radius r ≈ 150·109 m). Deshalb ist die Anziehungskraft F der Sonne auf die Erde die Zentripetalkraft F = MErde · ω2 · r. F = G · (MSonne · MErde) /r2 = MErde · (2 · π / T )2 · r ; T steht für ein Jahr MSonne = 4 · π2 · r3 /( T2 · G) = 1,99 · 1030 kg 86 1.10.5 Newtons Herleitung des Gravitationsgesetzes Als Bahn eines Planeten mit der Masse m P und der Winkelgeschwindigkeit ω wird eine Kreisbahn vorausgesetzt. Die Kraft der Sonne auf den Planeten ist in diesem Fall die Zentripetalkraft F. F = mP · ω2 ·r = mP · (2 ·π / T)2 · r = mP · 4 ·π2 · r / T2 Abb. 1. 10.8 Es wird eine Gleichung gesucht, die F ausschließlich in seiner Abhängigkeit von r und den Massen mSonne und mPlanet zeigt. Mit Hilfe des 3. Keplerschen Gesetzes kann die Umlaufzeit T durch r ersetzt werden. r3/ T2 = Konstante = K → T2 = r3 /K → Hieraus schließen wir: 1.) F ~ 1/r2; F = mP · 4 ·π2 · K /r2 2.) F ~ mP 3.) Wenn die Kraft der Sonne auf den Planeten der Planetenmasse proportional ist, dann muss diese Kraft - sie ist nach dem Wechselwirkungsgesetz dem Betrage nach gleich der Kraft des Planeten auf die Sonne- auch der Sonnenmasse m S proportional sein ( F ~ mS ). F ~ mP ; F ~ mS ; F ~ 1/r2 → F ~ mP · mS / r2 Newton hat diese Proportionalitätsgleichung in der hier beschriebenen Weise hergeleitet. Die Gravitationskonstante blieb ihm unbekannt. 1.11 Trägheitskräfte 1.11.1 Was versteht man unter einer Trägheitskraft Ein Omnibus fährt mit der Beschleunigung a an. Hierbei fällt ein im Omnibus frei stehender Passagier nach hinten. Er führt seine Beschleunigung im Omnibus auf eine der Erdanziehungskraft vergleichbare Kraft zurück, die ihn nach hinten zieht. Hält er sich an einem Sitz fest, dann wird er mit F = m · a beschleunigt. Er meint jedoch, eine Kraft FT = - m·a drücke ihn nach hinten und werde von einer vom Sitz ausgehenden Gegenkraft ausgeglichen. FT ist eine Scheinkraft in einem beschleunigten System S; wir nennen sie Trägheitskraft. Für eine Kraft F (z.B. für die vom Sitz des Omnibusses ausgehende Kraft) auf einen Körper K mit der Masse m in einem beschleunigten System S gilt: F = m·a ; a = aB + a' ; F = m· aB + m·a'; m·a' = F – m·aB . aB ist der durch die Systembeschleunigung verursachter Anteil der Beschleunigung und a' ist die Beschleunigung von K innerhalb von S. Für einen Beobachter in S ist m·a' gleich der Summe der auf K wirkenden Kräfte. Nach seiner Sichtweise wirkt neben F noch die Trägheitskraft – m·aB. Wenn er meint, in einem ruhenden System zu sein, dann muss er bei seinen Rechnungen diese Trägheitskraft – m·aB 87 berücksichtigen, nur dann kann er die Vorgänge in S richtig berechnen. Hält er sich im Omnibus an einem Sitz fest, dann gilt: F – m·aB = 0. In diesem Fall ist die Trägheitskraft dem Betrage nach gleich der Kraft des Sitzes. Die bekanntesten Trägheitskräfte sind die Zentrifugal- und die Corioliskraft, es sind Trägheitskräfte in einem rotierenden Raum. 1.11.2 Die Zentrifugalkraft Abb. 1.11.1 zeigt einen rotierenden, zylindrischen Raum in der Draufsicht ( Rotor auf einem Jahrmarkt ). Ein an der Außenwand stehender Mann P wird von einer Zentripetalkraft F = m·ω2· r auf einer Kreisbahn gehalten. P übt eine gleich große Gegenkraft FT auf die Wand aus. Da sich P im rotierenden Raum als ruhend ansieht, erkennt er FT nicht als Reaktion auf die beschleunigende Kraft der Wand. Er deutet Abb. 1.11.1 Abb. 1.11.2 sie stattdessen als eine aus der Ferne wirkende Kraft, der Gravitationskraft vergleichbar, die von ihm an die Wand weitergegeben wird und nennt sie Zentrifugalkraft. Hier ist es angebracht auf das Zustandekommen von Ebbe und Flut einzugehen. Erde und Mond drehen sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt (siehe Abb. 1. 11.2). Das Wasser der Meere unterliegt deshalb nicht nur der Anziehungskraft FM des Mondes, sondern auch noch der durch die genannte Drehung bedingten Zentrifugalkraft FZ . In der Erdmitte heben sich die beiden Kräfte auf. Auf der dem Mond abgewandten Seite überwiegt die Zentrifugalkraft und führt zur Bildung eines Wasserberges. Auf der dem Mond zugewandten ist die Anziehungskraft des Mondes größer als die Zentrifugalkraft, rechts vom Schwerpunkt hat sie sogar die gleiche Richtung wie die Zentrifugalkraft. Auch dort entsteht infolgedessen ein Wasserberg. Die Erde dreht sich unter diesen Wasserbergen. Aus der Sicht eines Erdenbewohners laufen in 24 Stunden zwei Wasserberge über die Erdkugel, die sich jeweils mit einer Flut ankündigen. Aufgaben 1. Ein Kind dreht sich in einem Kettenkarussell so, wie dies in der Abb. 1.11.3 angedeutet ist. Welche Geschwindigkeit hat das Kind ? Abb. 1.11.3 88 2. Eine mit Wasser gefüllte Küvette rotiert mit der Winkelgeschwindigkeit ω = 15 s-1 um ihre Symmetrieachse. Hierbei bildet das Wasser eine parabelförmige Oberfläche aus. Bestimme den Funktionsgrafen y = k·x2 der zugehörenden Parabel ! Abb. 1.11.4 3. Auf einer um eine senkrechte Achse mit der Winkelgeschwindigkeit ω = 2 s-1 rotierenden Scheibe schwingt eine von einem Stab geführte Kugel K der Masse m = 100 g um den Scheibenmittelpunkt. Die Schwingungsfrequenz der Kugel auf einer ruhenden Scheibe beträgt 1 Hz. Mit welcher Frequenz schwingt die Kugel auf der rotierenden Scheibe ? Abb. 1.11.5 1.11.3 Die Corioliskraft 1.11.3.1 Der Coriolis-Durchflussmesser In Abfüllanlagen findet man manchmal große, vibrierende Röhren, mit denen durchfließende Flüssigkeitsmassen mit sehr hoher Genauigkeit gemessen werden können. Es heißt, die Fließgeschwindigkeit (der Massedurchfluss) werde mit Hilfe einer Corioliskraft bestimmt. Was ist dies für eine Kraft und wie kommt sie zustande? Aufbau und Funktionsweise eines Coriolisdurchflussmessers In Abb. 1.11.6 sehen wir ein gebogenes, von Wasser durchflossenes Rohr (Fließgeschwindigkeit v). Wenn dieses am Boden befestigte Rohr so zum Schwingen angeregt wird, wie es die beiden Pfeile am Scheitel des Rohrs in der Abb. 1.11.6 anzeigen, dann machen sich am linken und rechten Schenkel hin- und her biegende Abb. 1. 11.6 Abb. 1.11.7 Kräfte F bemerkbar, unter denen das Rohr noch eine Drehschwingung um die in der Abb. 1.11.7 gezeichnete Achse A ausführt. Die zur Strömungsgeschwindigkeit v proportionale Amplitude dieser Drehschwingung ermöglicht die Bestimmung von v mit sehr hoher Genauigkeit. Im Handel (Hersteller: Firma Endress+Hauser in 89 Reinach bei Basel) gibt es Coriolis-Masseflussmeßgeräte für unterschiedlichen Bedarf über mehr als sieben Größenordnungen (von etwa 20 mg/s bis etwa 600 kg/s) mit großer Genauigkeit (0,1%). Wie kommt es zu diesen Kräften F ? Zur Erklärung dient die Abb. 1.11.8 auf der nächsten Seite. Zu sehen ist eine kleine Lokomotive L auf einer Schiene, die auf einer mit der Winkelgeschwindigkeit ω rotierenden Scheibe liegt. Die in Bezug auf die Scheibe mit konstanter Geschwindigkeit v fahrende Lokomotive habe zum Zeitpunkt t = 0 die Rotationsachse überquert. Zu diesem Zeitpunkt sei die x-Achse eines über der Scheibe ruhenden Koordinatensystem in Fahrtrichtung ausgerichtet worden. Die Lokomotive L übt wie das Wasser im U-Rohr eine Kraft FC quer zur Bewegungsrichtung aus. Die Existenz dieser auf die Schiene wirkenden Kraft F C kann hier leicht begründet werden. L bewegt sich aus der Sicht eines auf die Scheibe schauenden, ruhenden Beobachters B nicht nur entlang der Schiene. Infolge der Rotation wird L in Richtung der y-Achse beschleunigt. Dieser Beschleunigung ist die Abb. 1.11.8 Kraftkoordinate Fy = m · ay zuzuordnen. Wenn die x-Achse des Koordinatensystems mit der Schiene einen sehr kleinen Winkel bildet, dann steht Fy für eine zur Fahrtrichtung orthogonale Kraftkomponente Fq , mit der die Schiene auf die Lokomotive einwirkt. Ein auf der rotierenden Scheibe sitzender Beobachter B' kann keine Beschleunigung an der Lokomotive erkennen. Für ihn bewegt sie sich gleichförmig auf einer geraden Spur und erfährt keine beschleunigende Kraft durch die Schiene. Ihm fällt aber die nach dem Wechselwirkungsgesetzt zu erwartende Gegenkraft F C zu Fq auf, welche die Lokomotive auf die Schiene ausübt und er denkt sich, die Lokomotive übertrage eine aus der Ferne wirkende Kraft auf die Schiene. Er nennt sie Corioliskraft (nach dem französischen Mathematiker Coriol). Der y-Wert, den L nach Überqueren der Rotationsachse in einer Zeit t annimmt, weicht bei kleinem t (kleiner Winkel) nur wenig vom Bogen b ab, weshalb unter dieser Bedingung y = b geschrieben werden kann. ω·t = b / (v·t) Bogenmaß ! → y = b = ω· v · t2 v ist die Geschwindigkeit der Lokomotive aus der Sicht von B'. Bekanntlich beschreibt ein solcher Term mit t2 eine Bewegung mit konstanter Beschleunigung ay. 2 Es gilt : y = (ay /2) · t ; y = ω· v · t2 → ay = 2 · v · ω → Fy = 2 · m · v · ω 90 Bei jeder Bewegung auf der rotierenden Scheibe wirkt aus der Sicht von B' eine Corioliskraft FC = 2 · m · v · ω ( Gegenkraft zu F q) quer zur Bewegungsrichtung auf den bewegten Körper. Ein das bewegte Objekt begleitender Beobachter registriert bei einer Linksdrehung (Draufsicht) eine nach rechts und bei einer Rechtsdrehung eine nach links wirkende Corioliskraft. Messung der vom Wasserstrom verursachten Corioliskraft Zum Nachweis dieser Kraft im Unterricht eignet sich die in Abb.1.11.9 dargestellte Anordnung. Zu sehen ist ein von Wasser durchflossenes U-Rohr mit der Höhe r und der Breite b, welche um eine waagrechte Achse pendelt, die von der beweglichen Glasplatte der Wippe gehalten wird. Ein Elektromotor bewirkt ein gleichmäßiges Pendeln. Er dreht ein Rad mit einem exzentrisch, parallel zu Drehachse angebrachten Stäbchen S. Das mit der Geschwindigkeit vS rotierende Stäbchen S ist über einen Faden mit dem U-Rohr verbunden. Ein an der Hinterwand angebundener Gummifaden (gestrichelt) sorgt dafür, dass dieser Faden während der Drehung von S gespannt bleibt. Die Schenkel des U-Rohrs rotieren mit veränderlicher Winkelgeschwindigkeit ω, sie haben in senkrechter Stellung die höchste Winkelgeschwindigkeit ω = vS/r. Wir stellen uns einen parallel zu Pendelachse ausgerichteten Beobachter B vor (siehe Abb. 1.11.9 Abb. 1.11.9), der auf dem linken Schenkel des Rohrs der Strömung folgt. Da das Rohr zu seinen Füßen ein rotierendes System ist, wirken aus seiner Sicht auf das im linken und rechten Schenkel fließende Wasser einander entgegen gerichtete, seitliche Corioliskräfte mit den Beträgen FC = 2· m ·vW · ω. m: Masse des Wassers in einem senkrechten Schenkel des U-Rohrs vW: Strömungsgeschwindigkeit des Wassers Sind die Schenkel des U-Rohres genau nach unten gerichtet, dann wirken diese beiden Kräfte zusammen mit dem Drehmoment M = 2 ·F C ·(b/2) = 2 · m · vW · ( vS/r) · b auf die Wippe. b : Breite des U-Rohrs; b/2 : Hebelarm zu der Corioliskraft auf einen Schenkel In einer Zeit t fließe das in einem senkrechten Schenkel vorhandene Wasser mit der Masse m aus dem U-Rohr. vW = r/t ; M = 2 · m · (r/t ) · ( vS/r) · b = 91 2 · (m/t) · vS· b m/t beschreibt den Massedurchfluss, die Masse die in einer Zeiteinheit aus dem Rohr fließt. m/t = M/ ( 2 · vS · b) Während des oben beschriebenen Experiments wurde das in der Abb. 1.11.10 sichtbare M-t-Diagramme aufgenommen. Die Amplitude des Diagramms zeigt das für die Berechnung von m/t nach m/t = M/ ( 2 · vS · b) notwendige Drehmoment M an. Mit diesem M = 0,09 N·m wurde für m/t der Wert 0,18 kg/s Abb. 1.11.10 errechnet. Das Messergebnis kann man überprüfen, indem man das austretende Wasser kurzzeitig mit einem Eimer auffängt. Auch anhand der Reichweite des aus dem Rohr austretenden Wasserstrahls ist m/t bestimmbar. Somit ist die Prüfung der gewonnenen Ergebnisse leicht möglich. Bei dem hier beschriebenen Experiment wurde anhand der erwähnten Reichweite 0,17 kg/s ermittelt. Anmerkung zur Messung: Bemerkenswert ist, dass der Schlauch über die Mitte der Wippe in das U-Rohr eingeführt ist. Dieser Anschluss über der Wippenachse wurde gewählt, damit geringe Verschiebungen des Schlauchs nicht zu störenden Drehmomenten führen. Das hier vorgestellte Experiment kann auch mit einem geschlossenen Wasserkreislauf vorgestellt werden. Passende Wasseranschlüsse sind somit nicht unbedingt erforderlich. 1.11.3.2 Pendel mit rotierender Masse (Pendelkreisel) Ein interessantes Experiment zur Corioliskraft ist in der Abb. 1. 11.11 dargestellt. Am unteren Ende eines schwingenden Pendels (variable Winkelgeschwindigkeit des Pendels = ω’) rotiert ein 420 g schwerer Zylinder mit der Winkelgeschwindigkeit ω um die Achse eines Elektromotors. Wenn man den Halter des Pendels nicht fest in die Hand nimmt, dann weicht das Pendel quer zur Schwingungsebene aus (weißer Pfeil) und dreht hierbei den Haltegriff. Abb. 1.11.11 Achtung ! Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der rotierende Eisenzylinder von der Welle des Motors löst. Deshalb sollte man beim Experimentieren mit dem Pendelkreisel immer einen Karton unter dieses Gerät stellen. 92 Wir betrachten das Geschehen aus der Sicht eines Beobachters B , der auf der Pendelstange parallel zur Pendelachse A steht (siehe Abb. 1.11.12). Für ihn sind Corioliskräfte F für das merkwürdige Verhalten des Pendels verantwortlich. Wir können uns den Zylinder in viele kleine Teile P1, P2 .. der Masse m’ zerlegt denken. Die zu einem solchen Punkt gehörende Seitenansicht Abb. 1.11.12 Draufsicht Geschwindigkeitskomponente u parallel zur Schwingungsebene verursacht eine Corioliskraft F auf P. Für die Corioliskraft auf den Punkt P1 gilt: F = 2·m’·ω’·u1 . ω’ ist die augenblickliche Winkelgeschwindigkeit des Pendels. F ist nach oben gerichtet und demnach bestrebt, das Pendel mit dem Drehmoment 2 · m’ ·ω’ · u1 ·d1 nach vorne aus der Schwingungsebene zu drehen. d1 ist der Abstand des Punktes P1 von der Schwingungsebene der Pendelstange. Auf der dem Betrachter abgewandten Seite des Zylinders sind die Corioliskräfte nach unten gerichtet und haben somit den gleichen Drehsinn. Zur Berechnung des Drehmoments wählen wir zunächst zwei Massepunkte P1 und P2, deren Radien übereinstimmen und einen rechten Winkel miteinander bilden. Das Drehmoment dieses Punktepaars in Bezug auf den Durchmesser D rechnen wir aus. Hiernach kann leicht auf das Gesamtmoment Mg aller Massepunkte P geschlossen werden. Für die Corioliskraft F auf P1 gilt : F = 2· m’ · ω’· u1 , u1 = v· sin α , v = ω· r v: Umlaufgeschwindigkeit von P1 in Bezug auf die Zylinderachse ↓ F = 2 · m’ · ω’·ω· r · sin α In Bezug auf den Durchmesser D des Pendels wirkt F mit einem Drehmoment M1. M1= F·d1 = 2·m’ · ω’· ω · r · sin α · d1; d1 = r· sinα → M1 = 2 · m’·ω’·ω· r2 ·sin2 α Für P2 finden wir: M2 = 2 · m’ · ω’· ω· r2 · cos2 α M1 + M2 = 2 · m’ · ω’·ω· r2 · ( sin2 α + cos2 α ) = 2 · m’ · ω’·ω· r2 sin2 α + cos2 α = 1; 2 · m’ = m ist die Gesamtmasse beider Punkte. ↓ M1 + M2 = m · ω’·ω· r2 Addiert man die Drehmomente aller denkbaren Paare P1 , P2 , dann erhält man als Gesamtdrehmoment: Mg = ω’ · ω · Σ m · r2 93 Σ m · r2 ist als Trägheitsmoment J des Zylinders bekannt. Mg = ω’ · ω · J Zur Messung von Mg lässt man das Pendel genau über der Achse der Wippe schwingen. Während der Schwingung wird ein Diagramm gezeichnet, welches dem einer Schwingung ähnelt. Es zeigt an, dass unter dem Einfluss von Mg die Wippe um ihre Achse hin und her gedreht wird. Beim Schwingen durch die Ruhelage wird das Drehmoment in Bezug auf den Durchmesser D insgesamt auf die Wippe übertragen. Seine Größe kann am Diagramm abgelesen werden. Abb. 1.11.13 Zur Kalibrierung der Wippe für Drehmomentmessung werden Gewichte auf den linken oder rechten Wippenrand gelegt. 1.11.4 Berechnung einer Bewegung in einem rotierenden System unter Berücksichtigung der Zentrifugal- und Corioliskraft Die Bewegung in einem rotierenden System wird nur dann richtig berechnet, wenn man neben den wirklichen Kräfte auch noch die Zentrifugal- und die Corioliskraft in die Rechnung eingehen lässt. Beispiel: Wir stellen uns einen Massepunkt P vor, der sich auf einem ruhenden Strahl nach s = v·t (v = 4 m/s) von der Drehachse eines mit ω = 0,5 s -1 links herum rotierenden Systems entfernt (siehe Abb. 1.11.14). Aus der Sicht des rotierenden Systems wird dieser Strahl mit der Winkelgeschwindigkeit ω nach rechts gedreht und bildet zum Zeitpunkt t den Winkel ω·t mit der x-Achse des zum rotierenden System gehörenden x-y-Koordinatensystems. In der Abb. 1.11.15 ist die mit dem Open-OfficeTabellenkalkulationsprogramm errechnete Bahn im rotierenden System dargestellt. Abb. 1. 11.14 Abb. 1.11.15 www.g-hoehne.de/T/T16.ods Für einen Beobachter im rotierenden System entsteht diese Bahn unter der Wirkung der Zentrifugal- und der Corioliskraft. 94 Er berechnet die Bahn mit Hilfe dieser Kräfte. Die Corioliskraft hat den Betrag 2·m·ω·v und die Koordinaten: C1 = 2 · m· ω· v2 C2 = - 2·m· ω· v1 Abb. 1.11.16 Abb. 1. 11.17 Corioliskraft FC = {C1; C2 } = {2 · m· ω· v2 ; - 2·m· ω· v1} = 2·m· ω· {v2; -v1 } Die Zentrifugalkraft hat den Betrag m·ω 2·r und die Koordinaten Z1 = m·ω2·x und Z2 = m· ω2· y (siehe Abb. 1. 11.17). Die Coriolis- und die Zentrifugalkraft bilden zusammen die Kraftkoordinaten: F1 = 2·m·ω·v2 + m·ω2 · x F2 = -2·m·ω·v1 + m·ω2 · y Mit diesen Kräften erhält ein Beobachter im rotierenden System die in der Abb. 1.11.18 sichtbare Bahn. Sie gleicht der Bahn in der Abb. 1.11.15. Abb. 1. 11.18 www.g-hoehne.de/T/T17.ods Erscheinungen auf der Erde, die als Zeichen der Corioliskraft gedeutet werden können Es sind einige Erscheinungen auf der Erde zu nennen, die als Zeichen der Corioliskraft gedeutet werden können. So ist bekannt, dass bei den Flüssen Sibiriens das rechte Ufer steiler ist als das linke. Hierfür ist die Corioliskraft verantwortlich, welche den Wasserstrom nach rechts drückt. Die Erde dreht sich nach Osten, dies bedeutet, dass ein über dem Nordpol schwebender Beobachter die Erde in einer Abb. 1.11.19 Linksdrehung sieht. Die Auswirkung der Corioliskraft sind bei genauer Betrachtung auch an mitteleuropäischen Flüssen wahrnehmbar. So sind zum Beispiel die flachen Uferzonen an der Donau östlich von Passau zwischen Obernzell und Schlögen auf der linken Seite des Flusses insgesamt erheblich länger als auf der rechten Seite (siehe Abb. 1.11.19). Auch Passatwinde sind Zeichen von Corioliskräften. 95 Am Äquator aufsteigende Luftmassen werden nach Westen gelenkt. Ebenfalls bekannt ist die Tatsache, dass abfließendes Badewasser das Abflussloch der Badewanne auf der Nordhalbkugel meistens mit einer Rechtsdrehung verlässt. 1.11.5 Das Foucaultpendel Ein Pendel schwingt über dem Nordpol (siehe Abb. 1.11.20). Aus der Sicht eines über dem Nordpol schwebenden Beobachters befindet sich die Erde in einer Linksdrehung gegen Abb. 1. 11.20 Abb. 1. 12.21 die Schwingungsebene des Pendels. Für einen Beobachter auf der Erde dreht sich die Schwingungsebene des Pendels in 24 Stunden um 360° rechts herum. Er führt dies auf die Corioliskraft FC = 2·m· ω· {v2; -v1 } zurück. {v2; -v1 } ist die Geschwindigkeit des pendelnden Körpers. Hätte die Erde die Winkelgeschwindigkeit ω = 0,1s -1 und ein über dem Nordpol schwingendes Pendel die Kreisfrequenz ω K = 1s-1, dann würde ein bei A freigegebener Pendelkörper K sich auf der in Abb. 1.11.21 angedeuteten Bahn bewegen. Drehung des Foucaultpendels an einem Ort mit dem Breitengrad α < 90° Es wird ein zur Äquatorebene paralleles x,y-Koordinatensystem mit einer zur Erdachse zeigenden y-Achse vorausgesetzt, dessen Nullpunkt am Standort des ruhenden Pendelkörpers liegt. Für ein Pendel am Breitengrad α gilt nicht FC=2·m·ω·{v2;-v1 },sondern FC=2·m·ω·{v2·sin α; -v1 }, denn für die Kraft in x-Richtung ist nur die Geschwindig-keit v' = v2 ·sin α zur Erdachse hin maßgebend (siehe Abb.1.11.22). Für die Drehung des Pendels ist nur die orthogonale Projektion Fcw dieser Kraft auf eine waagrechte Ebene am Standort des Pendels von Bedeutung (siehe Abb. 1.11.23). Das vorhanden Koordinatensystem wird um seine x-Achse in diese Ebene gedreht. In Bezug auf dieses gedrehte System gilt: Abb. 1.11.22 Fcw = 2·m·ω·{v2 ·sin α; -v1· sin α}= 2·m·ω·(sin α) ·{ v2 ;-v1 } Am Breitengrad α verhält sich das Pendel demnach so wie auf dem Pol eines Planeten, der sich mit ω·sin α dreht. Abb. 1.11. 23 Α = 50°: Die Pendelebene rotiert in 24 h um ω · sin(50°) ·24h = =360°·sin( 50°) = 275 ° 96 Abb. 1.11.24: 1850 zeigt der französische Physiker Jean-Bernard-Leon Foucault durch einen Pendelversuch in der Pariser Sternwarte, dass sich die Erde dreht. 1.12 Mechanik rotierender Körper 1.12.1 Drehimpuls und Drehimpulssatz An dem oberen Ende eines auf der Experimentierwippe aufgesteckten Stativstabs ist ein waagrechtes, als Drehachse dienendes Stäbchen A befestigt. An ihm pendeln zwei, von leichten Stäben gehaltene Kugeln K1 und K2. Stößt K1 auf K2 (siehe Abb. 1.12.1), dann ändert sich die Summe aus den Impulsen der beiden Kugeln Abb. 1.12.1 Abb. 1.12.2 während des Stoßes nicht.Der Stativstab erfährt während dieses Ereignisses keine Kraft, die Kraft von K1 wird völlig auf K2 übertragen. Schlägt K1 nicht auf K2, sondern stattdessen auf den Pendelstab S mit der Kraft F1 (siehe Abb. 1. 12.2), dann wirkt auch auf das Drehachse A eine durch den Stoß verursachte Kraft. In diesem Fall wird die Kraft F1 der Kugel K1 auf K2 und die Drehachse A aufgeteilt ( F 2 < F1 ). Dies kann mit dem Hebelgesetz leicht begründet werden, denn danach gilt: Wirkt auf einen Hebel im Abstand r1 vom Drehpunkt eine Kraft F1, dann übt der Hebel auf einen Körper im Abstand r2 vom Drehpunkt nach (F2 · r2 = F1 · r1 ) die Kraft F2 = ( r1/r2 ) · F1 aus. Anmerkung: Das Hebelgesetz gilt nur dann, wenn der Hebel die auf ihn wirkenden Kräfte insgesamt weitergibt, was bei einem Hebel in beschleunigter Drehbewegung nicht zutrifft. Deshalb wird bei den hier gemachten Überlegungen vorausgesetzt, dass die Verbindungen der Kugeln mit der Achse A sehr leicht sind, damit die Kräfte zu ihrer Beschleunigung vernachlässigbar klein sind. Was für die Kraft gilt, trifft auch für die Impulsänderungen während des Stoßes zu. 97 -F1 (Gegenkraft zu F1) ändert den Impuls von K1 nach -F1 = Δ(m1·v1)/ Δt und F2 den von K2 nach F2 = Δ(m2·v2)/ Δt. F1 · r1 = F2 · r2 → (-Δ(m1·v1)/ Δt) · r1 = (Δ(m2·v2)/ Δt) · r2 ↓ -Δ(m1 ·v1 ) ·r1 = Δ(m2 · v2 ) · r2 → Δ(m2 · v2 ) · r2 + Δ(m1 ·v1 ) · r1 = 0 F1 , F2 , m1 ·v1 und m2 · v2 beschreiben die quer zum Stab gerichteten Kraft- und Impulskomponenten. Wir vereinbaren, dass diese Größen ein positives Vorzeichen haben sollen, wenn sie zu einer Linksdrehung gehören oder im Sinne einer Linksdrehung wirken. Andernfalls sollen sie negativ sein. Das zu einem Massepunkt gehörende Produkt m·v·r nennen wir Drehimpuls L ( v = Geschwindigkeitskomponente senkrecht zu r). Wir vermuten: In einem abgeschlossenen System ist die Summe aller Drehimpulse L konstant (Drehimpulssatz). Für diese Vermutung, die im Folgenden noch bewiesen wird, spricht auch das Ergebnis des folgenden Gedankenexperiments: Wir lassen eine Kugel K in Gedanken reibungsfrei in einer sehr leichten, dünnwandigen Röhre gleiten, die sich um eine senkrechte Achse D reibungsfrei drehen kann (siehe Abb. 1.12.3). Die Kugel bewegt sich nach dem Trägheitssatz gleichförmig mit konstantem Impuls m· v und führt hierbei die Röhre mit sich, deren Masse vernachlässigbar klein ist. m·v / m ·vq = r2 / r1 ähnliche Dreiecke ! ↓ r1 · m·v = r2 · m ·vq r · m ·vq ändert sich nicht, denn m· v und somit auch r1 bleiben Abb. 1. 12.3 konstant. Hier ist von einem Drehimpuls eines fast völlig freien Teilchens die Rede. Dieses Beispiel gibt Anlass zur Definition eines Drehimpulses für jedes beliebige Teilchen P. Wir denken uns ein Teilchen P, welches im Augenblick den Impuls p hat, und von einem Ortsvektor r angezeigt wird, der von einem beliebig gewählten Punkt D ausgeht. P kann frei beweglich sein. Unter dem Drehimpuls L des Teilchens P in Bezug auf den Punkt D verstehen wird das Produkt mit dem Betrag |r| ·|pq|. pq ist die Komponente von p senkrecht zu r in der von r und p aufgespannten Ebene (siehe Abb. 1.12.4). L erhält im Fall einer Linksdrehung ein positives und andernfalls ein negatives Vorzeichen. Abb. 1.12.4 98 Drehimpulsvektor L erscheint zur Beschreibung des Drehimpulses nicht ausreichend. Es wird eine Angabe über die Lage der Geraden (Drehachse) vermisst, um die sich der Vektor r dreht. Diese Gerade (Achse) steht senkrecht zu der durch r und p aufgespannten Ebene. Zur Beschreibung von L und der Achsenlage definieren wir einen Drehimpulsvektor L mit folgenden Eigenschaften (siehe Abb. 1.12.5). |L| = |L| . L steht senkrecht auf der durch r und p aufgespannten Ebene. Bei einer Linksdrehung ist L auf den Betrachter gerichtet. Eine Methode zur Bestimmung von L kann sofort angegeben werden. L gleicht dem Kreuzprodukt r x p (siehe Kapitel 1.10.3). L= rx p Von nun an verstehen wir unter dem Drehimpuls nur noch den hier angegebenen Vektor L. Abb. 1.12.5 Für die Vektoren L gilt der oben angegebene Drehimpulssatz. Beweis: Wir denken uns ein abgeschlossenes System mit Teilchen der Impulse p1, p2, p3, p4 ....... und den Ortsvektoren r1, r2, r3, r4........ in Bezug auf einen Drehpunkt D. Zum Beweis von „r1 x p1 + r2 x p2 +r3 x p3 +r4 x p4 +... = konstanter Vektor Lg“ muss nachgewiesen werden, dass d Lg / dt gleich 0 ist. d Lg / dt = d( r1 x p1 + r2 x p2 +r3 x p3 +r4 x p4 +...)/ dt d Lg / dt = (d r1 /dt x p1 + r1 x dp1/dt) + (d r2 /dt x p2 + r2 x dp2 /dt) + (d r3 /dt x p3 + r3 x dp3/dt ) + (d r4 / dt x p4 + r4 x dp4/dt ) +... Produktregel der Differentialrechnung ! d Lg / dt = (v1 x p1 + r1 x dp1/dt) + (v2 x p2 + r2 x dp2 /dt) + (v3 x p3 + r3 x dp3/dt ) + (v4 x p4 + r4 x dp4/dt ) +... Die Kreuzprodukte v x p sind Nullvektoren, weil v und p = m·v gleiche Richtungen haben. d Lg / dt = (r1 x dp1/dt) + ( r2 x dp2 /dt) + ( r3 x dp3/dt ) + ( r4 x dp4/dt ) +... dp1/dt, dp2 /dt, dp3/dt, dp4/dt .. sind die auf die Teilchen 1, 2, 3, 4.. wirkenden Kräfte F1 , F2 , F3 , F4 … d Lg / dt = (r1 x F1) + ( r2 x F2) + ( r3 x F3 ) + ( r4 x F4 ) +... d Lg / dt = 0, denn zu jeder Kraft Fi,j eines Teilchens i auf ein Teilchen j gehört eine Gegenkraft Fj,i eines Teilchens j auf ein Teilchen i. 99 Fi,j = - Fj,i d Lg / dt kann deshalb als Summe der Paare rj x Fi,j +ri x Fj,i = ( rj - ri ) x Fi,j dargestellt werden. Für Kreuzprodukte gilt auch das Distributivgesetz ! ( rj - ri ) ist parallel zur Verbindungsstrecke zwischen den Teilchen i und j. Wird den allgemeinen Erfahrungen entsprechend vorausgesetzt, dass die Kraft Fi,j parallel zur genannten Verbindungsstrecke gerichtet ist, dann gilt für alle Paare Fi,j, Fji: ( rj - ri ) x Fi,j = 0. 1.12.2 Das Drehmoment Nach der Entdeckung des Impulssatzes wurde d(m·v) /dt als Maß für eine Einwirkung von außen definiert. Nun kommt auch dL/ dt als ein solches Maß in Frage. Wir betrachten zunächst ein einziges Teilchen unter einer äußeren Einwirkung. Für dL/dt gilt: dL/dt = r x F; r x F = M heißt Drehmomentvektor r ist der Verbindungsvektor vom Drehpunkt D zum Angriffspunkt der Kraft F. Wenn F eine Drehung verursacht, dann zeigt M die Richtung der Drehachse an (siehe Abb. 1.12.6). |M| = |F| · Hebelarm H (siehe Abb. 1.12.6) Abb. 1.12.6 Der Hebelarm H ist der Abstand des Drehpunkts vom Kraftpfeil oder dessen Verlängerung. |F| · H = |M| steht für den Flächeninhalt des von r und F aufgespannten Parallelogramms. Liegt ein System S aus vielen Massepunkten 1, 2, 3….vor, z.B. eine rotierende Scheibe, dann nennt man die Summe der zu den Massepunkten gehörenden Drehimpulse den Gesamtdrehimpuls L des Systems. L = L1 + L2 + L3 + …… Behauptung: Die Summe der auf das System wirkenden Drehmomente ra x Fa + rb x Fb + rc x Fc ….. ist gleich dL/dt (siehe Abb. 1.12.7). 100 Abb. 1.12.7 Beweis: Ein abgeschlossenes System bestehe aus den Teilen K 1 bis K20 mit dem Gesamtdrehimpuls L und drei weiteren voneinander unabhängigen Teilen Ka, Kb und Kc, die mit den Kräften Fa , Fb und Fc auf K1 bis K20 einwirken. Auf Ka, Kb und Kc wirken die Kräfte -Fa ,-Fb , -Fc . Das gesamte System hat den konstanten Drehimpuls Lg. dLg /dt = ( r1 x F1 + r2 x F2 + r3 x F3 ….. ) + ra x (-Fa) + rb x (-Fb)+ rc x (-Fc) = 0 dLg /dt = dL/dt + ra x (-Fa) + rb x (-Fb)+ rc x (-Fc) = 0 ↓ dL/dt = ra x Fa + rb x Fb + rc x Fc = M (Gesamtdrehmoment) 1.12.3 Winkelbeschleunigung und Drehmoment Aufgabe: Ein m = 500 g schwerer Zylinder (R = 4 cm) kann sich reibungsfrei um eine waagrechte Achse drehen (siehe Abb. 1.12.8). Um diesen Zylinder ist ein 2 m langer Faden gewunden, der mit der Kraft 1 N vom Zylinder abgezogen wird. Wir ändert sich die Winkelgeschwindigkeit unter der Einwirkung der Kraft F ? Nach welcher Zeit ist der 2m lange Faden abgespult ? Abb. 1.12.8 Berechnung des Drehimpulses Die in Achsenrichtung weisende Drehimpulskomponente LA des Zylinderdrehimpulses ändert sich unter dem parallel zur Achse wirkenden Drehmoment der Kraft F. Zur Beantwortung der gestellten Fragen muss deshalb LA als Funktion der Winkelgeschwindigkeit ω dargestellt werden. Hier ist ω fett gedruckt, womit darauf hingewiesen wird, dass ein Vektor gemeint ist. Unter dem Vektor ω der Winkelgeschwindigkeit verstehen wir einen Vektor parallel zur Drehachse, dessen Betrag mit der bekannten Winkelgeschwindigkeit ω übereinstimmt. Die Richtung von ω ist so festgelegt, dass ein Beobachter eine Linksdrehung wahrnimmt, wenn ω auf ihn zeigt. Zunächst suchen wir eine solche Beziehung für einen einzigen Massepunkt P i des Zylinders, der sich im Abstand ri von der Achse befindet. Seinen Drehimpuls Li in Bezug auf einen Achsenpunkt B erhalten wir nach: 101 Li = rBi x mi ·vi = (rB + ri) x mi ·vi = rB x mi ·vi + ri x mi ·vi rBi ist der von dem Punkt B ausgehende Ortsvektor von P i. rB zeigt von B zu dem Achsenpunkt, um den Pi kreist. rB x mi ·vi bildet mit der Drehachse einen rechten Winkel. ri x mi ·vi = LAi ist die Komponente des Drehimpulses Li in Achsenrichtung. |LAi| = ri · mi ·vi , vi = ω · ri → |LAi| = ω · mi · ri2 → LAi = ω · mi · ri2 Der Drehimpulskomponente LA des Zylinders ist gleich der Summe aller LAi. Da sich die zur Achse senkrecht stehenden Komponenten der verschiedenen Li aus Symmetriegründen gegenseitig aufheben ist LA der Gesamtdrehimpuls L des Zylinders. LA = ω ·(m1C r12 + m2· r22 + m3· r32 ..) Die Summe m1· r12 + m2· r22 + m3· r32 .. ist als Trägheitsmoment J bekannt. LA = ω · J; JZylinder der Masse m = ½· m · R2 ↓ LA = ω · ½ · m · R2 Für die Änderung von LA ist das Moment MA = rF x F maßgebend. MA ist die zur Achse A parallele Komponente des Drehmoments M . rF ( |rF| = R ) ist ein senkrecht zur Rotationsachse stehender Ortsvektor von einem Achsenpunkt zum Angriffspunkt der Kraft (siehe Abb. 1. 12.8 ). |MA| = R· F → R· F = dLA /dt = J · dω/dt ; ω = | ω|; LA = |LA| ! dω/dt = aα heißt Winkelbeschleunigung. ω=v/R → dω/dt = (dv/dt)/ R = a/ R ; v = |v|, a = |a| a beschreibt sowohl die Beschleunigung des Zylindermantels als auch die des Fadens. Wie bewegt sich der Faden ? R· F = J · dω/dt = J · a/R → a = F · R2 / J Der Faden bewegt sich nach s = ½·a· t2. s = ½ ·(F · R2 / J) · t2 t2 = s · m / F → → t2 = 2· s · J / (F · R2 ); t2 = 2 m · ½ kg / 1 N = 1 s2 J = ½· m · R2 → t=1s Die hier gestellte Aufgabe kann auch mit Hilfe des Energiesatzes gelöst werden. Die kinetische Energie des Zylinders J·ω2/2 nach dem Abspulen des Fadens ist gleich der am Faden verrichteten Arbeit s·F. s·F = J·ω2/2 ; ω = v / R → s·F = J· [v2 / R2]/2 v = 2·(s/t); v = 2· mittlere Geschwindigkeit ! s·F = J· 4· [(s/t)2 / R2] /2 → t2 = 2·J·s /(R2 · F); J = ½· m · R2 → t2 = s · m / F 102 Es fällt auf, dass man den Gesetzen der Punktmechanik (Schwerpunktmechanik) zur Drehbewegungen passende Gesetze zuordnen kann, indem man v durch ω, m durch J, m·v durch L und F durch M ersetzt. s = |v|· t → α = |ω| · t p = m·v → L= J ·ω F = m· dv/dt → M = J ·dω/dt E = m·v2 /2 → E = J· ω2 / 2 L = J · ω ist nicht allgemein gültig, denn L kann eine andere Richtung haben als ω. Haben L und ω gleiche Richtungen, dann nennt man die Rotationsachse eine Hauptträgheitsachse. Es gibt zu jedem Körper mindestens drei derartige durch den Schwerpunkt laufende Hauptträgheitsachsen, die senkrecht zueinander stehen (siehe Abb. 1.12.9). Abb. 1.12.9 Drehmomente bei einer Richtungsänderung des Vektors L Nach L = J·ω ändert sich der Drehimpuls auch dann, wenn ω eine andere Richtung annimmt. Auch in diesem Fall ist mit einem Drehmoment zu rechnen. Zum Nachweis eines solchen Drehmoments dient das in der Abb. 1.12.10 sichtbare Instrument, es ist unter dem Namen „Pendelkreisel“ erhältlich. Am unteren Ende eines schwingenden Pendels (variable Winkelgeschwindigkeit des Pendels = ω’) rotiert ein 420 g schwerer Zylinder mit der Winkelgeschwindigkeit ω um die Achse eines Elektromotors. Wenn man den Halter des Pendels nicht fest in die Hand nimmt, dann weicht das Pendel quer zur Schwingungsebene aus (weißer Pfeil) und dreht hierbei den Haltegriff. Ein Drehmoment M ( im Sinne einer Drehung gegen den weißen Pfeil) ist erforderlich, wenn die Rotationsachse des Zylinders in der Schwingungsebene bleiben soll. Abb. 1.12.10 103 In Abb. 1.12.11 ist der dem Betrage nach konstante Drehimpuls J·ω in Achsenrichtung des Zylinders vor und nach einer kleinen Zeit Δt durch L1 = J·ω1 und L2 = J·ω2 dargestellt. | J·ω1 | = | J·ω2 | = J · ω |ω| = ω |ΔL| / (J · ω) = α (Bogenmaß) α = ω’ · Δt ↓ |ΔL| = ω’ · Δt · J·ω ↓ |M| = M = |ΔL| / Δt |M| = ω’ · Δt · ω·J / Δt = ω’ · ω ·J Abb. 1. 12.11 Schwingt das Pendel auf einen links stehenden Beobachter zu, dann ist aus dessen Sicht zur Vermeidung einer Rechtsdrehung ein Drehmoment M (M = |M| ) im Sinne einer Linksdrehung erforderlich. Nach dem Wechselwirkungsgesetz übt das Pendel auf die haltende Hand ein gleich großes Gegenmoment M’ (M’ = |M’| ) aus. M = ω’ · ω ·J wurde schon im Kapitel 1.11.3.2 mit Hilfe der Corioliskraft hergeleitet. Zur Messung des Gegenmoments M’ lässt man das Pendel genau über der Achse der Wippe schwingen. Während der Schwingung wird ein Diagramm gezeichnet, welches dem einer Schwingung ähnelt. Es zeigt eine Drehung der Wippe an, die von der zur Achse parallelen Komponente des Vektors Mʼ verursacht wird. Beim Schwingen durch die Ruhelage erfährt die Wippe ihren maximalen Ausschlag. Mʼ ist in diesem Fall parallel zur Drehachse der Wippe, gleicht deshalb dem Drehmoment der Rückstellfeder und kann anhand der am Diagramm ablesbaren Drehung der Wippe bestimmt werden. Abb. 1. 12.12 Zur Messung ist Folgendes anzumerken: Das durch die Rückstellfeder aufgebrachte Drehmoment ist nicht das gesamte auf die Wippe wirkende Moment. 104 Zur Begründung ist Folgendes zu sagen: Der Drehimpuls eines Körpers K in Bezug auf irgendeinen Raumpunkt D ist gleich der Summe aus dem Drehimpuls LP in Bezug auf den Schwerpunkt und dem Drehimpuls LS des Schwerpunkts. Lg = LS + LP Der Zylinder dreht sich nicht nur um die Motorachse, sondern infolge der Pendelbewegung auch noch um eine zur Schwingungsebene senkrechte Hauptträgheitsachse A2 (siehe Abb. 1.12.11). Infolgedessen ist LP eine Summe aus ω ·J und einem durch ω’ bedingten Anteil L’. Lg = LS + (ω ·J + L’ ) Wir betrachten die Glasplatte der Wippe mit dem Pendelkreisel als ein System S. Der Bezugspunkt D des Drehimpulses liege auf der Drehachse der Wippe. In diesem Fall hat L’ + LS keinen Einfluss auf die Drehung der Wippe, weil L’ + LS mit der Wippenachse einen rechten Winkel bildet. Dies gilt auch für die Änderung dieser Summe und des daraus resultierenden Moments. d(J·ω)/dt ist für die Drehung der Wippe maßgebend. Die zur Wippenachse parallele Komponente von d(J·ω)/dt wird von der Rückstellfeder aufgebracht. Beim Durchschwingen der Ruhelage stimmt diese mit d(J·ω)/dt überein. Abb. 1.12.13 Auch das Drehmoment des Elektromotors beim Beschleunigen des Zylinders kann mit der Experimentierwippe gemessen werden. Der Pendelkreisel wird so an der Wippe befestigt, dass die Zylinderachse zur Drehachse der Wippe parallel ist (siehe Abb. 1.12.13). Das Gegendrehmoment des Zylinders dreht die Wippe geringfügig. Anhand dieser Drehung kann dieses Moment bestimmt werden. Mit der hier sichtbaren Anordnung wurden ca. 5·10-3 N·m gemessen. Drehmoment und Gegendrehmoment Mit dem Pendelkreisel kann sehr schön gezeigt werden, dass jedem Drehmoment ein dem Betrage nach gleiches Drehmoment entgegenwirkt. In der Abb. 1.12.14 sehen wir den Pendelkreisel an einem Faden hängen. Beginnt die Drehung des Zylinders, dann dreht sich der obere Teil des Pendels mit entgegengesetztem Drehsinn. Dieses Experiment kann Drehimpulssatzes dienen. Abb. 1.12.14 105 auch zur Demonstration des 1.12.4 Drehschwingungen Die Experimentierwippe schwingt nach einem Stoß mit abnehmender Amplitude. Diese Schwingungen lassen sich auch bei sonstigen Experimenten mit der Wippe nicht vermeiden, wobei sie meistens als störend wahrgenommen werden. Eine Wippe, die zur Registrierung von Vorgängen eingesetzt wird, welche in wenigen Sekunden ablaufen, sollte keine Schwingungsfrequenz < 10 Hz haben. Bei der Planung der Wippe ging es deshalb um die Frage: Wie muss die Wippe beschaffen sein, damit die Schwingungsfrequenz ca. 10 Hz beträgt ? Wovon ist diese Frequenz abhängig ? Die Frequenz wird vermutlich vom Trägheitsmoment J der Wippe und der Steifheit der Rückstellfeder (Blattfeder an der Schmalseite der Wippe) bestimmt. Diese Steifheit wird durch die sogenannte Winkelrichtgröße k =M / α beschrieben. α (Bogenmaß) ist die Drehung unter dem Drehmoment M. Voraussetzung zur Definition von k ist M~α. Abb. 1.12.15 Zur Bestimmung von k wird auf das Ende der waagrechten Wippe (Länge L = 0,7 m) ein 100 g- Gewicht gesetzt (siehe Abb. 1.12.15), welches mit ca. 1 N auf das Ende einwirkt und dieses um eine kleine Strecke d nach unten drückt. Bei kleinem d ist α = d/(L/2), α ist der Drehwinkel im Bogenmaß. Das zugehörende Drehmoment M beträgt 1 N ·L/2. k = 1 N· (L/2)/ α = 1N · L2 /(4·d) An der Experimentierwippe mit L = 0,7 m wurde unter diesen Bedingungen d = 0,4 mm gemessen. ↓ kWippe = 306 N·m Eine Gleichung ist erwünscht, welche die Berechnung der Frequenz bei Kenntnis von J und k ermöglicht. Zur Berechnung der Frequenz f eines Fadenpendels und der einer Flüssigkeitsschwingung in einem U-Rohr wurde von der für ein Federpendel hergeleiteten Gleichung ausgegangen. f = [1/(2·π)]·√(D/m) Vermutlich erhält man eine zur Wippe passende Gleichung, wenn man die Masse m durch das Trägheitsmoment J und D = F/s durch M/ α = k ersetzt. 106 f = [1/(2·π)]·√(k/J) Dass dies richtig ist, sieht man sofort, wenn man die zum Federpendel- und zur Drehschwingung passenden Bewegungsgleichungen zum Vergleich hinschreibt. Federpendel: m· dv/dt = - D· x x = Auslenkung aus der Ruhelage Drehschwingung der Wippe: J · dω/dt = - k · α α = Drehung aus der Ruhelage Das -Zeichen zeigt an, dass die zurücktreibende Kraft bzw. das zurücktreibende Drehmoment der Auslenkung entgegen gerichtet ist. Zur Ermittlung der Schwingungsfrequenz muss neben der Winkelrichtgröße k das Trägheitsmoment J einer rechteckigen Platte (Wippe) bestimmt werden. Wir teilen die Hälfte der Platte mit der Länge L und der Masse m in 1000 kleine Abschnitte der Masse (m/2)/1000 = m / 2000 ein. Ein solcher Abschnitt mit einem mittleren Abstand r von der Drehachse hat das Trägheitsmoment m·r2/2000. Abb. 1.12.16 JH der halben Platte ist die Summe aller m · r2 /2000. Die mittleren Abstände dieser Abschnitte von der Achse sind 0,5·(L/2) /1000 = 0,5·L/2000, 1,5· L/2000, 2,5· L/2000 usw.. JH = m·(1/2000)·[(0,5·L/2000)2 + (1,5·L/2000)2 + (2,5· L/2000)2……….] JH = m ·L2 · (1/2000) · [ (0,5/2000)2 + (1,5/2000)2 + (2,5/2000)2 ……….] JH = m ·L2/8 · (1/1000) · [ (0,5/1000)2 + (1,5/1000)2 + (2,5/1000)2 …….] Die Berechnung von (1/1000) · [ (0,5/1000)2 + (1,5/1000)2 ……….] geschieht mit dem Open-Office-Tabellenkalkulationsprogamm ( www.g-hoehne.de/T/T13.ods ). Das Ergebnis ist 0,333333.. = 1/3. ↓ JH = m ·L2/24 Das Trägheitsmoment J der gesamten Platte ist demnach J = m ·L2/12. mWippe = 1,8 kg; LWippe = 0,7 m → JWippe = 0,0735 kg ·m2 Schwingungsfrequenz f der Wippe ≈ 10 Hz 107 1.12.5 Über das Schaukeln Ganz alltägliche Erscheinungen werden selten hinterfragt. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Schaukelbewegung eines Kindes. Warum ist diese Bewegung möglich ? Nicht eine Gewichtsverlagerung macht das Schaukeln möglich, wie so oft vermutet wird, sondern Drehimpulsänderungen des Körpers in Bezug auf den Körperschwerpunkt. Es genügt, wenn man den eigenen Körper um seinen eigenen Schwerpunkt hin und her dreht, wobei rechts von der Drehachse A die Arme gebeugt und links davon gestreckt werden (siehe Abb. 1.12.17). Die Beine müssen hierbei nicht ausgestreckt und wieder eingezogen werden. In der Abb. 1.12.17 ist eine Schaukel zu sehen. Zwei Stangen St, die an einer Achse A pendeln, halten eine Person P, die sich auf ihrem Sitz um den eigenen Schwerpunkt dreht. Wie ist es möglich, dass P sich selbst mit Hilfe der Stangen in Bewegungsrichtung beschleunigen kann ? Die beschleunigende Kraft kann doch nicht aus dem System (Stangen-Körper) kommen, sie muss von außen wirken. Wie kommt es zu einer nach vorne gerichteten Abb. 1.12.17 Kraft, wenn P an den Stangen zieht ? Die Kräfte der schaukelnde Person auf die Stangen St müssen sich gegenseitig aufheben, da andernfalls der Schwerpunkt dieser Stangen mehr und mehr von dem Schwerpunkt der Person abweichen müsste. Neben der Zugkraft FZ der Arme muss noch eine zweite weniger auffällige Kraft FS existieren, die P über seinen Sitz auf die Stangen ausübt. FZ = - FS Die Kräfte heben sich auf, nicht aber die zugehörenden Drehmomente. Wenn die schaukelnde Person an den Stangen zieht, dann übt sie in Bezug auf die Achse A mit der Kraft FS ein größeres Drehmoment aus als mit der Kraft FZ . Somit hat man ein Drehmoment im Sinne einer Linksdrehung. Unter dem Kräftepaar (FZ, FS) werden die Stangen St mit einer Kraft FA gegen die Drehachse A gedrückt. F, die Gegenkraft zu FA, wirkt von außen; es ist die eigentliche Ursache für die Verstärkung der Schwingungsbewegung. Man kann sagen, P stößt sich während der Vorwärtsbewegung mittels der Stangen St von der Achse A ab. Es wurde anfangs darauf hingewiesen, dass die Arme rechts von der Drehachse gebeugt und links von ihr gestreckt werden. Dass sie rechts von der Achse durchgehend gebeugt werden, auch wenn eine Rechtsdrehung beginnt, verwundert zunächst, denn es bleibt meistens unbemerkt, dass P beim Zurückschwingen seine 108 Eigendrehung um den Körperschwerpunkt abbremst, auf die Stangen St drückt und auf diese Weise mit FS ein die Rechtsdrehung begünstigendes Drehmoment ausübt. Wie verhält es sich auf der linken Seite der Drehachse ? Bei einer Bewegung nach links sind die Arme unter der Achse am stärksten gebeugt. P beginnt unter A mit der Streckung der Arme, drückt kräftig gegen die Stangen St und übt auf diese Weise mit FS ein insgesamt nach rechts drehendes Moment aus. Hat er die größte Schwingungsweite erreicht, dann bremst er bei weiterer Streckung der Arme seine Drehung ab, womit die beginnende Linksdrehung unterstützt wird. 1.12.6 Kreisel und Kreiselkompass 1. Der Kreisel Ein Kreisel ist ein starrer Körper, der für eine Drehbewegung vorgesehen ist, bei der einer seiner Punkte an einem bestimmten Ort bleibt (siehe Abb. 1.12.18). In der nebenstehenden Abbildung ist ein solcher Kreisel zu sehen. Er wurde in einer Schräglage in eine schnelle Drehung versetzt. Das obere Ende seiner lose auf einem Täger sitzenden Rotationsachse bewegt sich auf einem Kreis. Präzession der Kreiselachse heißt diese Bewegung („praecedere“ (lat.) = das Vorangehen). Abb. 1.12.18 Zur Erklärung dieser Erscheinung dient die Abb. 1.12.19. Ein zylindrischer Kreisel hat den Drehimpuls L, der während eines kleinen Zeitabschnitts Δt um ΔL geändert wird. ΔL/Δt wird von dem nach unten wirkenden Drehmoment der Gewichtskraft mit dem Betrag m·g·r verursacht. Als Bezugspunkt für Drehimpulse und Drehmomente ist der Drehpunkt P gewählt. Der Kreisel wirkt mit einem dem Betrage nach gleich großen Gegenmoment der Gewichtskraft entgegen und hält somit seinen Schwerpunkt auf der angedeuteten Kreisbahn (Radius r). Die Umlauffrequenz des Kreiselschwerpunkts heißt Präzessionsfrequenz f. ω’ ist die zugehörige Kreisfrequenz. Abb. 1. 12.19 Mit Blick auf die Abb. 1.12.19 findet man sehr schnell zu einer Gleichung für ω’. Die Geschwindigkeit |ΔL|/ Δt, mit der sich die Vektorspitze von L bewegt (L liegt auf der Figurenachse), verhält sich zur Geschwindigkeit ω’ · r des Schwerpunkts S so wie |L| zu d (Strahlensatz). 109 (|ΔL|/ Δt)/ (ω’· r) = |L|/ d → |ΔL|/ Δt = |L| · ω’ · r/ d |ΔL|/ Δt ist gleich m· g · r Die bei P angreifende Zentripetalkraft FZ ist ohne Bedeutung, denn FZ hat kein Drehmoment in Bezug auf P. m· g · r = |L| · ω’ · r/ d → m· g · d = |L|· ω’; |L| = J · ω ω ist die Winkelgeschwindigkeit des Zylinders um die präzedierende Achse. ↓ ω’ = m· g · d / (ω ·J) → f = ω’ /(2· π) = m· g · d / (ω ·J· 2 · π) ↓ f nimmt mit abnehmendem ω zu. Wichtige Anmerkung: Das hier gewonnene Ergebnis ist nur annähernd richtig. Es beschreibt den Sachverhalt nur dann zufriedenstellend, wenn ω’ sehr klein gegenüber ω ist, denn mit der Drehung der Figurenachse hat man einen zusätzlichen Drehimpuls Lʼ , der dem Schwerpunkt des Rotationskörpers zuzuordnen ist (siehe Abb. 1. 12.20). Die waagrechte Komponente von Lʼ dreht sich mit ω’, erfährt demzufolge eine Änderung, der ein Teil des Drehmoments mit dem Betrag m· g · r zugeordnet werden muss. Bei waagrechter Lage der Figurenachse (siehe Abb. 1. 12.21) ist Lʼ ein konstanter, senkrecht nach oben gerichteter Vektor. Nur in diesem Fall ist das obige Ergebnis fehlerfrei. In Abb.1.12.20 ist ein Kreisel mit waagrechter Rotationsachse zu sehen. Es handelt sich um den schon mehrfach erwähnten Pendelkreisel. Hier ist dieses Gerät an einem durch seinen Schwerpunkt geführten, waagrechten Rundstab aufgehängt. Die tragenden Fäden laufen nach oben hin zusammen. Abb. 1.12.20 Abb. 1.12.21 Wird im Abstand d vom SchwerPunkt ein Gewicht mit der Masse m angehängt, dann dreht sich der Kreisel um eine senkrechte Achse mit ω’ = m· g · d / (ω ·J) . Mit der Versuchsanordnung der Abb. 1. 12.21 können noch 2 andere interessante Phänomene gezeigt werden: 1. Die Nutation Hierunter versteht man die Kreiselbewegung, die durch einen Stoß veranlasst wird. Erteilt man dem Kreisel einen Stoß so, wie dies in der Abb. 1.12.21 durch einen Pfeil angedeutet ist, dann erhält der Zylinder zu dem vorhandenen Drehimpuls LZ einen Zusatzimpuls LS (siehe Abb. 1.12.22). 110 Wirkt kein Drehmoment am Kreisel, dann bleibt der neu gewonnene Drehimpuls L (Impulssumme L = LZ + LS) konstant. Um ihn kreist nun die zu LZ parallele Figurenachse, wobei sie einen Kegelmantel (Nutationskegel) beschreibt. Abb. 1.12. 22 2. Stabilisierung der Achsenrichtung Schwenkt man das Pendel ohne angehängtes Gewicht mit den Haltefäden hin und her, dann behält die Rotationsachse ihre Richtung. Hiermit wird deutlich, wie durch den Drehimpuls eine Richtung stabilisiert wird. So wird verständlich, dass ein rollendes Rad weniger zum Umfallen neigt als ein stehendes. 2. Der Kreiselkompass Abb. 1.12.23 Abb. 1.12. 24 Abb. 1.12.25 In Abb. 1.12.23 und 1.12.24 ist der Pendelkreisel auf einer rotierenden Scheibe S zu sehen. Der durch seinen Schwerpunkt geführte Rundstab R ist in S drehbar gelagert. Während der Scheibenrotation dreht sich der Pendelkreisel um R, bis seine Rotationsachse parallel zur Scheibenachse verläuft. Zur Erklärung dieses Verhaltens dient die Abb. 1.12.25. Wir setzen voraus, dass der Pendelkreisel an einer Drehung um R gehindert wird. In diesem Fall erfährt er die Drehimpulsänderung ΔL, die durch ein Drehmoment verursacht wird, welches den Pendelkreises an einer Drehung nach vorne hindert. Ohne Behinderung erfolgt demnach diese Drehung. Der Pendelkreisel auf der rotierenden Scheibe ist mit einem Kreiselkompass auf der rotierenden Erde vergleichbar. Kernstück des Kreiselkompasses ist ein um eine waagrechte Achse rotierender Zylinder. Die waagrechte Achse kann sich um eine senkrechte Achse drehen. Ist die waagrechte Achse zunächst von Osten nach Westen gerichtet, dann dreht sie sich während der Drehung der Erde in eine Meridianebene. 111 1.13 Wellen 1.13.1 Quer- und Längswellen, Wellengeschwindigkeit Seilwelle Abb. 1.13.1 In Abb. 1.13.1 ist ein Seil zu sehen, welches zwischen den Punkten A und B aufgespannt ist. Wird auf das eine Ende dieses Seils geschlagen, dann bildet sich eine Verformung aus, die sich selbständig zum anderen Ende hin mit einer Geschwindigkeit v ausbreitet. Was sich hier mit v bewegt, ist kein Teil des Seiles, sondern eine Zustandsänderung des Seils. Eine sich ausbreitende Zustandsänderung wird Welle genannt. In dem hier beschriebenen Fall spricht man von einer Seilwelle. Die Berechnung der Geschwindigkeit, mit der sich diese Seilwelle ausbreitet erscheint zunächst sehr schwierig. Wie soll F= m·a angewandt werden ? Eine Änderung in der Betrachtungsweise bringt bekanntlich oft völlig unerwartete Einsichten. Dies ist auch hier der Fall. Man muss mit den Augen eines Beobachters schauen, der die Verformung (Wellenberg) mit der Wellengeschwindigkeit v begleitet. Er sieht das Seil unter Abb. 1.13.2 dem Einfluss von Zentralkräften FZ mit v durch einen Bogen fließen (Abb. 1.13.2). Abb. 1.13.3 Wir betrachten ein Bogenstück s aus dieser Seilwelle zwischen den Punkten S und T mit der Masse m (Abb. 1.13.3). Die Zentripetalkraft Fz = m·v2 /r auf dieses Bogenstück ist die Resultierende der bei S und T angreifenden Fadenzugkräfte F 1 und F2 mit übereinstimmenden Beträgen F. r ist der sogenannte Krümmungsradius von s. Hierunter verstehen wir den Radius des Kreises, der dem Bogenstück s angepasst werden kann. 112 Fz/2 = F· sin(α / 2) → Fz = 2·F· sin(α /2) → m·v2/r = 2·F· sin(α /2) m/s = σ (σ = längenbezogene Dichte) → s = α·r (α = Winkel im Bogenmaß) → m = s·σ m = α ·r ·σ Setzt man α ·r ·σ für m in 2·F· sin(α /2) = m·v2 /r ein, dann gelangt man zu: 2·F· sin(α /2) = α·r·σ·v2/r → 2·F· sin(α /2) = α·σ·v2 Bei kleinen Winkeln α kann geschrieben werden: sin(α /2) = α /2 2·F· sin(α /2) = α·σ·v2 → 2·F· α /2 = α·σ·v2 → F = σ ·v2 → v = √(F/ σ) Messung der Wellengeschwindgkeit Ein dünnes Seil ist zwischen einem Scharnier Sa an der Experimentierwippe und einer um s = 5 m entfernten Rolle aufgespannt (siehe Abb. 1.12.4). Das angehängte Gewicht sorgt für eine bestimmte Zugkraft F. Abb. 1.13.4 Mit einem kurzen Schlag auf das Seil entsteht eine Welle, die zwischen R und Sa mehrfach hin und her reflektiert wird. Die Erschütterung, welche die Wippe bei einer Reflexion erfährt, wird von einem Rechner registriert. Die Zeitdifferenz t zwischen zwei aufeinander folgenden Erschütterungen ist die Laufzeit einer Welle entlang einer 10 m langen Strecke. 2·s/t = Wellengeschwindigkeit. Federwelle Eine lange Schraubenfeder der Länge L und der Masse m ist unter der Zugkraft F zwischen einer Wand und der Hand eines Schülers aufgespannt. Der Schüler zieht plötzlich ruckartig an der Feder und erzeugt damit nahe seiner Hand einen stärker gedehnten Bereich B. B bewegt sich als Welle anschließend mit einer Geschwindigkeit v über die gesamte Feder (siehe Abb. 1.13.5). Er wird an den Enden hin und her reflektiert. Abb. 1.13.5 Wünscht man eine Gleichung für die Wellengeschwindigkeit v, dann sollte man wie im Falle der Seilwelle zum besseren Verständnis mit den Augen eines Beobachters schauen, der B mit v begleitet. Aus seiner Sicht wandert eine Windung nach der anderen von links mit der Geschwindigkeit v in B hinein. Die Windungen mit der Anfangslänge Lʼ und der Masse mʼ werden gedehnt, was zu einer Beschleunigung ihrer Schwerpunkte führt. Schließlich nimmt die Dehnung der Windungen wieder ab. 113 Die Schwerpunkte werden auf die Geschwindigkeit v gebremst (siehe Abb. 1.13.6). Abb. 1.13.6 Abb. 1.13.7 Wir betrachten die ersten n Windungen im Bereich B. Wir denken uns die Windungen in B von links nach rechts nummeriert. Die Nummer 1 ist gerade in B eingetreten. Auf die n Windungen wirkt insgesamt die Kraft Fn - F = mʼ·an +mʼ·an-1 + …..+mʼ·a2 + mʼ·a1 ) = mʼ·(an +an-1 + …..+a2 + a1 ). F und Fn sind die Zugkräfte an der 1. und n. Windung. Die Zugkraft auf die n. Windung ist in B um F n – F = mʼ·(an + an-1 + …..+ a2 + a1 ) größer geworden. Nach dem Federgesetz hat diese Windung somit in B eine Dehnung um ΔLʼ= (Fn – F)/Dʼ = mʼ·(an + an-1 + …..+ a2 + a1 )/Dʼ erfahren. Dʼ ist die Federkonstante einer Windung. Wenn B in der Zeit Δt eine weitere Windung erfasst, dann rückt die n-1. Windung an die Stelle der n.Windung und verschiebt diese um Lʼ + ΔLʼ. Die zuvor n. Windung hat dann die Geschwindigkeit (Lʼ + ΔLʼ)/Δt = v+ΔLʼ/Δt. Somit wurde seine Geschwindigkeit in B um ΔLʼ/Δt = [mʼ·(an +an-1 + …..+a2 + a1 )/Dʼ]/ Δt vergrößert. Diese Geschwindigkeitsänderung kann auch auf andere Art berechnet werden: Die n. Windung hat als 1., 2. , 3. , ...n. Windung die Geschwindigkeitszuwächse a1· Δt, a2· Δt, a3· Δt, usw. erfahren. ΔLʼ/Δt = a1· Δt + a2· Δt + a3· Δt +...........+ an· Δt = Δt·(an +an-1 + …..+a2 + a1 ) ↓ mʼ·[(an +an-1 + …..+a2 + a1 )/Dʼ] /Δt = Δt·(an +an-1 + …..+a2 + a1 ) ↓ mʼ/Dʼ = Δt2 → v = Lʼ/ Δt = Lʼ · √(Dʼ/mʼ) Dʼ und mʼ können anhand der Masse m und der Federkonstanten D der gesamten Feder berechnet werden. j sei die Zahl der Federwindungen. m = j·mʼ → mʼ = m / j Ist eine Windung um ΔLʼ gedehnt, dann ist die gesamte Feder bei gleichmäßiger Dehnung um j · ΔLʼ verlängert. Die Kraft einer Windung gleich der Kraft der gesamten Feder. D·j·ΔLʼ = Dʼ·ΔLʼ → Dʼ = j·D ↓ v = Lʼ·√[D·j / (m / j)] = Lʼ·√(D·j / m) = j·Lʼ· √(D / m); j·Lʼ ist die Federlänge L ↓ 2 v = L· √(D / m) 114 Die Welle als Kraftfeld Einen Wellenträger können wir gedanklich in viele Abschnitte gleicher Masse einteilen und jedem dieser Abschnitte eine beschleunigende Kraft F zuordnen. Nach der Richtung von F unterscheidet man Längs- und Querwellen. Ist F wie bei der Federwelle parallel zur Ausbreitungsrichtung, dann spricht man von einer Längswelle (Longitudinalwelle) , andernfalls, z.B. im Fall der Seilwelle, von einer Querwelle (Transversalwelle). Die Kräfte F bilden ein Kraftfeld. 1.13.2 Die periodische, fortschreitende Welle Wird ein Ende eines gespannten Seils periodisch auf und ab bewegt, dann entsteht eine Welle aus periodisch wiederkehrenden gleichen Abschnitten der Länge λ (siehe Abb. 1. 13.8). λ wird Wellenlänge genannt. Der Wellenzug regt jeden Punkt P, den er erfasst, zu Schwingungen (periodisch wechselnden Zustandsänderungen) an. Abb. 1.13.8 P habe zu einem Zeitpunkt t seine maximale Auslenkung nach oben erreicht. Rückt die Welle danach um Δs = λ/4 nach rechts, dann nimmt P seine Mittellage ein und nach einer weiteren Wellenverschiebung um Δs = λ/4 hat P seine tiefste Lage. Ist die Welle insgesamt um λ voran gekommen, dann hat P wieder sein größte Auslenkung nach oben. Die Schwingungsfrequenz f, die Schwingungszeit T und die Amplitude A der Punkte P sind Kenngrößen der Welle. Breitet sich eine Welle um λ aus, dann verursacht sie eine volle Schwingung von P. Daher gilt für die Wellengeschwindigkeit v: v = λ/T ( T = Schwingungszeit); 1/T = f ( Frequenz) → v=λ·f 1.13.3 Die stehende Welle (Interferenz) Wir stellen uns ein gespanntes Seil vor, dessen beide Enden periodisch mit gleicher Frequenz f auf und ab bewegt werden. Es bildet sich hierbei eine als stehende Welle bekannte Schwingungsform aus, die durch Stellen der Ruhe ( Knoten ) und Stellen maximaler Bewegung (Bäuche ) ausgezeichnet ist ( siehe Abb. 1.13.9 ). Abb. 1.13.9 Setzt man voraus, dass es sich bei gemeinsamer Wirkung mehrerer Wellen so verhält, als ob sich die den Wellen zugeordneten Kraftfelder gegenseitig durchdringen und 115 hierbei mit der Summe ihrer Kräfte wirken, dann ist dieses Phänomen leicht erklärbar. Die Zustandsänderung an einem bestimmten Ort in einer stehenden Welle erhält man demnach, indem man die Wirkung einer nach links laufenden Welle (Kraftfeld) zu der einer von links kommenden Welle addiert. Dieser als Interferenz (Überlagerung von Kraftfeldern) bekannte Sachverhalt wird durch Abb. 1. 13.10 veranschaulicht. Deutlich sind die Stellen (Knoten) zu erkennen, an denen sich die hin- und her laufenden Wellen in ihrer Wirkung aufheben. Der Abstand zweier benachbarter Knoten beträgt eine halbe Wellenlänge λ /2 . Abb. 1.13.10 Eigenschwingungen von Wellenträgern Zwischen zwei Punkten A und B sei ein Seil der Länge L aufgespannt. Wird das Endstück bei A periodisch auf und ab bewegt, dann entsteht eine stehende Welle, die man als Ergebnis einer Interferenz zweier einander entgegenlaufender Wellen (Kraftfelder) W1 und W2 auffassen kann. W1 geht vom Wellenerreger bei A aus, W2 entsteht durch Reflexion von W1 am Ende B. Bei bestimmten Schwingungsfrequenzen wird W2 bei A so reflektiert, dass sie der bei A erzeugten Welle zugerechnet werden kann. Unter diesen Bedingungen bleibt die stehende Welle auch dann noch erhalten, wenn man das Seil nicht mehr bewegt. Man spricht in diesem Fall von einer Eigenschwingung. Die Knoten an den Enden des Seils zeigen an, dass die Kraft einer Welle bei Reflexion am festen Seilende eine Phasenumkehr erfährt. Aus + F wird -F. Nach zweimaliger Reflexion an den beiden festen Seilenden wirkt sich diese Phasenumkehr nicht aus. Deshalb ist die Bedingung für eine Eigenschwingung erfüllt, wenn der Weg einer Welle von A nach B und zurück (2 Reflexionen) ein Vielfaches der Wellenlänge λ ist. 2·L = n· λ (n: natürliche Zahl ) → λ = 2·L/n v=λ·f v: Wellengeschwindigkeit; f : Frequenz der Welle f = n·v/(2·L) Auf einem eingespannten Seil sind demnach mehrere Eigenschwingungen möglich. Die Schwingung mit n = 1 heißt Grundschwingung, die mit n = 2 erste Oberschwingung usw. . 116 Nach L = n· λ /2 ist bei der Grundschwingung die gesamte Seillänge gleich der halben Wellenlänge. Da zwei benachbarte Knoten eine halbe Wellenlänge voneinander entfernt sind, gibt es bei der Grundschwingung neben den Seilenden keine weiteren Knoten. Die erste Oberschwingung hat einen dritten Knoten in der Mitte. Eigenschwingungen in einer Wasserwanne Erzeugt man eine Welle in einer mit Wasser gefüllten Wanne, dann bildet sich eine stehende Wasserwelle aus, deren Schwingungen mit Hilfe der Experimentierwippe registriert werden können. Abb. 1.13.11 Bei einer Grundschwingung ist die Länge L der Wanne gleich λ/2. Die Wellengeschwindigkeit v kann in diesem Fall nach v = λ·f = 2·L·f berechnet werden. Eigenschwingungen einer Schraubenfeder Die Länge L einer beidseitig eingespannten, schwingenden Schraubenfeder ist gleich n·λ/2 (n = 1 oder 2 oder 3....). Für die Geschwindigkeit v einer Längswelle auf einer Feder mit der Federkonstanten D und der Masse m wurde hergeleitet: v = L·√(D / m) f = v/ λ; L = n·λ/2 ↓ f = ( n·λ/2)· √(D / m) / λ = (n/2) ·√(D / m) → fGrundschwingung = (1/2) ·√(D / m) Eigenschwingungen in einer Pfeife Von einer schwingenden Stimmgabel geht eine Folge von Luftverdichtungen und Luftverdünnungen aus (siehe Abb. 1. 13.12). Der Luftdruck schwankt um den Normaldruck, wie dies durch das Diagramm in der Abb. 1. 13.12 angezeigt wird. Abb. 1. 13.12 Zwischen zwei schwingenden Stimmgabeln gleicher Frequenz bildet sich eine stehende Schallwelle aus. Sie ist durch Bereiche mit großen Druckschwankungen Δp (Bäuche) und durch solche ohne Druckschwankungen ( Knoten) ausgezeichnet. Durch einen Knoten (ohne Druckschwankungen) strömt fortwährend Luft zu einem Wellenbauch hin oder von einem Wellenbauch fort. Eine stehende Welle in einem Rohr bewirkt mit dieser Strömung, dass im Rohr verteiltes Korkmehl an den Druckbäuchen angehäuft wird (siehe Abb. 1.13.13). 117 Abb. 1.13.13: Kundtscher Versuch Eigenschwingungen in der Form stehender Schallwellen werden in einer Pfeife erzeugt. Die Abb. 1.13.14 und 1.13.15 zeigen die Beschaffenheit einer Pfeife. Wir sehen einen hohlen Rundstab mit einem schrägen Einschnitt. Ein kleiner einseitig angeschliffener Zylinder ist in die runde Öffnung eingeschoben. Er verschließt diese Öffnung bis auf einen kleinen Schlitz. Wird in diesen Schlitz geblasen, dann strömt Abb. 1.13.14 Abb. 1.13.15 Luft gegen den Rand A des schrägen Einschnitts ( siehe Abb. 1.13.16). Es bildet sich im Hohlraum der Pfeife eine stehende Welle. Am geschlossenen Ende B ist ein Knoten bezüglich der Luftströmung und somit ein Bauch bezüglich der Druckschwankung. Bei A ist ein Bauch bezüglich der hin und her schwingenden Luft und somit ein Knoten bezüglich der Druckschwankung. Die stehende Welle in der Pfeife kann die Länge λ/4 oder 3· λ/4 oder 5· λ/4 …. haben. Die Länge L des Hohlraums ist somit ein ungerades Vielfaches von λ/4. Abb. 1.13.16 Der Luftstrom gegen die Kante A wird von der Strömung in der Welle abwechselnd nach außen und innen gelenkt (siehe Abb. 1.13.17). So erhält er die Eigenschwingung. Abb. 1.13.17 Wenn nur ein einziger Druckbauch im Hohlraum der Länge L ist (Grundschwingung), dann gilt λ/4 = L. → λ = 4 · L 118 vSchall = λ · f ( f: Frequenz des Tons) → f = vSchall / λ = vSchall /( 4 · L) L der oben abgebildeten Pfeife ist 9 cm. L= 9 cm, vSchall = 330 m/s, f = 330 m/s / 0,36 m = 916 Hz 1.13.4 Interferenz von Kreiswellen Wir stellen uns zwei Stifte vor, die regelmäßig und gleichzeitig in stehendes Wasser eintauchen. Von den Eintauchstellen gehen zwei kreisförmige, einander überlagernde Wasserwellen aus. Die kreisförmigen Wellenberge und Wellentäler, die von einem Erregungszentrum ausgehen, kann man auf dem Bildschirm eines Rechners ( z.B. mit dem Programm Mathe.-Physik) durch rote und grüne Ringe darstellen (siehe Abb. 1. 13.18 auf der nächsten Seite). Eine Vorstellung von der Wechselwirkung (Interferenz) zweier derartiger Kreiswellen gewinnt man, wenn man eine Kopie K dieser Darstellung so anlegt, dass das Zentrum der Kopie von dem des Originals etwa 12 Bildpunkte entfernt ist. So wird ein Bild geschaffen (siehe Abb. 1. 13.19), an dem das Wesentliche der Interferenz deutlich auffällt. Dort, wo die Farben Rot und Grün zusammentreffen, bildet sich Schwarz. Dies entspricht der Interferenz eines Wellenberges mit einem Wellental (Wellenberge und Wellentäler heben sich in ihrer Wirkung auf). Das Interferenzmuster weist Streifen maximaler Erregung und solche ohne Erregung auf. Wird zu diesem Interferenzbild noch eine weitere Kopie K so angelegt, dass die Kreismittelpunkte (Wellenzentren) im Abstand von 12 Bildpunkten entlang einer Geraden aufeinander folgen (siehe Abb. 1.13.20), dann ist zu erkennen, dass die Bereiche maximaler Erregung mit zunehmender Zahl der Wellenzentren, die mit konstanten Abständen in gerader Linie angeordnet sind, schmaler und ausgeprägter werden (siehe Abb. 1.13.20). Abb. 1.13.21 wurde durch Überlagerung von 20 Ringsystemen mit jeweils 1 Bildpunkt Abstand erhalten. An diesem Bild erkennen wir: Gehen von vielen direkt nebeneinander liegenden Punkten Kreiswellen aus, dann bildet sich ein Strahl. Abb. 1. 13.18 Abb. 1.13.19 119 Abb. 1.13.20 Abb. 1.13.21 1.13.5 Über die Wellennatur des Lichtes Trifft eine Welle mit gerader Wellenfront, wie in der Abb. 1. 13.22 angedeutet, auf einen Schirm mit einem Doppelspalt, dann entstehen hinter den beiden Spalten Halbkreiswellen und bilden ein Interferenzmuster. Auch das Licht zeigt solche Interferenzerscheinungen, weshalb wir von Lichtwellen sprechen können. Lässt man z.B. einen Laserstrahl auf einen Doppelspalt ( Abstand der Spalte = Gitterkonstante g ≈ 10 µ = 10 -2 mm ) fallen, dann sehen wir auf einem Schirm hinter dem Doppelspalt helle und dunkle Streifen, welche Abb. 1.13.22 Interferenzmaxima und Interferenzminima anzeigen (siehe Abb. 1. 13.22). Die hier beschriebene Erscheinung ermöglicht auch die Bestimmung einer Lichtwellenlänge λ (siehe Abb. 1. 13.23). Ein Punkt P des Schirms liegt dann in einem Lichtmaximum, wenn sich seine Abstände s1 und s2 von den beiden Spalten entweder nicht oder um ein ganzzahliges Vielfaches von λ unterscheiden. 120 Abb. 1.13.23 Abb. 1.13.24 Unter diesen Bedingungen kommt ein Wellenberg von einem Spalt zu einem Wellenberg des anderen Spalts. Ist s1 = s2 , dann spricht man vom Maximum 0. Ordnung. Ist |s1 – s2| = λ , dann hat man ein Maximum 1. Ordnung usw.. a sei der auf dem Schirm erkennbare Abstand zwischen dem Maximum 0.Ordnung und einem Maximum 1.Ordnung (siehe Abb. 1.13.23). s2 – s1 = λ Da g im Vergleich zu L (Abstand des Schirmes vom Doppelspalt) sehr klein ist, können die Strecken s1 und s2 als parallel behandelt werden. Unter dieser Voraussetzung kann die Differenz d = s2 - s1, wie in der Abb. 1.13.24 angedeutet, berechnet werden. d = λ = g · sin α Mit Blick auf die Abb. 1. 13.23 (g ist sehr klein) können wir tan α = a/L setzen. Das zum Maximum 1. Ordnung gehörende α ist so klein, dass sin α ≈ tan α ist. sin α ≈ a/L; λ = g · sin α → λ ≈ a · g/L Wenn statt des Laserlichts weißes Licht auf den Doppelspalt fällt, dann erhält man violette, blaue, grüne, gelbe , orange und rote Linienmuster auf dem Schirm. Dies zeigt an, dass weißes Licht eine Mischung aus Wellen unterschiedlicher Wellenlängen ist. Den verschiedenen Wellenlängen sind bestimmte Farbeindrücke zuzuordnen. Die Lichtwellen, die einen Farbeindruck in unserem Auge hinterlassen, haben Wellenlängen zwischen 0,4 µ (Violett) und 0,7 µ (Rot). 121 2. Relativitätstheorie 2.1 Das Relativitätsprinzip In einem gleichförmig fahrenden Eisenbahnwagen fällt ein Körper so wie in einem ruhenden Raum nach Galileis Fallgesetz. Eine solche Gleichartigkeit gilt für jedes Experiment. Kein Experiment in einem geschlossenen Raum kann darüber entscheiden helfen, ob dieser Raum in Ruhe oder gleichförmiger Bewegung ist. In gleichförmig zueinander bewegten Systemen gelten gleiche Gesetze. Relativitätsprinzip Bei Gedankenexperimenten mit Lichtsignalen hat man den Eindruck, dass dieser als Relativitätsprinzip bekannte Satz zu Widersprüchen führt. In Abb. 2.1.1 ist ein mit v = 100000 km/s fliegendes Raumschiff zu sehen, von dem ein Lichtsignal ausgesandt wird. Es hat aus der Sicht eines ruhenden Beobachters die Geschwindigkeit c = 300000 km/s, denn die Lichtgeschwindigkeit wird nicht von der Geschwindigkeit der Lichtquelle beeinflusst. Nach dem Relativitätsprinzip ordnet ein Passagier des Raumschiffs dem Lichtsignal auch die Geschwindigkeit c’ = 300000 km/s zu. Dem ruhenden Beobachter kann die Behauptung c = c’ zunächst nicht anerkennen, da aus seiner Sicht das Raumschiff dem Lichtsignal mit 100000 km/s folgt. In Bezug auf das Raumschiff sollte das Lichtsignal seiner Meinung nach die Geschwindigkeit 200000 km/s haben. Die Behauptung c’ = 200000 km/s ist jedoch mit dem Relativitätsprinzip unvereinbar. Abb. 2.1.1 Der irdische Beobachter hat möglicherweise nur scheinbar Recht. Er geht davon aus, dass sich die Messmittel des Raumschiffpassagiers so verhalten wie die eigenen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass mit bewegten Messmitteln (Uhren, Messlatten....) andere Messergebnisse erhalten werden als mit ruhenden, so ist denkbar, dass die Längen-, Massen-, und Zeiteinheiten infolge schneller Bewegung aus der Sicht eines irdischen Beobachters größer oder kleiner werden. Die folgende, scheinbar in sich widersprüchliche Behauptung könnte demnach doch zutreffen: Obwohl die Relativgeschwindigkeit des Lichtes in Bezug auf das Raumschiff aus der Sicht des irdischen Beobachters 200000 km/s beträgt, misst ein Raumschiffpassagier die nach dem Relativitätsprinzip zu erwartende Lichtgeschwindigkeit c' = 300000 km/s. Dieser Behauptung könnte man zustimmen, wenn Anwendungen des Relativitäts122 prinzips auf Gedankenexperimente innerhalb eines schnell fliegenden Raumschiffs zu richtigen Schlussfolgerungen führen, die ohne dieses Prinzip undenkbar erscheinen. Im nächsten Kapitel wird eine solche Anwendung behandelt; sie führt zu folgendem Ergebnis: Ein sehr schnell fliegendes Teilchen erfüllt nur dann die Gesetze der Mechanik, wenn man ihm nicht die der herkömmlichen Definition entsprechende Masse m 0, sondern stattdessen die Masse m = m0/√(1- u2 / c2 ) zuordnet. m0 heißt Ruhemasse, u ist die Geschwindigkeit des Teilchens und c die Lichtgeschwindigkeit. Da dieses Ergebnis einer experimentellen Prüfung standhält, hat man einen guten Grund, an der Allgemeingültigkeit des Relativitätsprinzips festzuhalten. 2.2 Die Änderung der Masse infolge Bewegung In einem mit der Geschwindigkeit v = 100000 km/s fliegendem Raumschiff ( siehe Abb. 2.2.1) beschleunigt ein Passagier B in der Mitte M des Schiffs zwei gleiche, zunächst im Schiff ruhende Kugeln K und K’ völlig gleichartig nach links und rechts ( in und entgegen der Flugrichtung ). Nach dem Relativitätsprinzip sind aus seiner Sicht K und K´ zu jeder Zeit von M gleich weit entfernt. Sind die beiden Abstände L und L’ von M auch aus der Sicht eines irdischen Beobachters A gleich, wenn das Relativitätsprinzip als gültig vorausgesetzt wird ? Abb. 2.2.1 Zunächst erscheint L = L’ selbstverständlich. Zweifel hieran stellen sich ein, wenn man anstelle der Kugeln zwei Lichtsignale von M aus nach beiden Seiten schickt. L und L’ haben eine Sekunde nach dem Start die Werte: L = 400000 km, L’= 200000 km → L’ < L Möglicherweise gilt L’< L auch für die Kugeln. Im Fall L’ < L wird der irdische Beobachter der Kugel K’ eine größere Masse zuordnen als der Kugel K, denn der Schwerpunkt der beiden Kugeln bleibt trotz der Beschleunigung in der Raumschiffmitte (Schwerpunktsatz). Wenn er die Massen von K’ und K mit m’ und m bezeichnet, dann gilt aus seiner Sicht: m · L = m’· L’ → m / m’ = L’ / L = k < 1 → m < m’ Begründung: Die x-Koordinate des Schwerpunkts ist xS = (xK · m + xK’ · m’) / (m + m’) ↓ (xS - xK ) · m = (xK’- xS ) · m’; (xS - xK ) = L; (xK’ - xS ) = Lʼ → m · L = m’· L’ 123 Wir setzen voraus, dass sich K aus der Sicht des in der Rakete arbeitenden Experimentators B genauso schnell von M entfernt wie die Erde. K ist dann in Bezug auf die Erde in Ruhe. Aus der Sicht eines irdischen Beobachters steht eine ruhende Kugel K im Vergleich mit einer Kugel K’, die mit der Geschwindigkeit u nach rechts fliegt. Der Experimentator B in der Rakete prüft die Entfernung von K und K’, indem er nach links und rechts Lichtsignale aussendet. Kehren diese Signale nach Reflexion an den Kugeln gleichzeitig bei ihm zurück, haben somit gleiche Laufzeiten, dann sieht er die Abstände der Kugeln von M als gleich an. Es wird nun gezeigt, dass unter diesen Bedingungen aus der Sicht des irdischen Beobachters L’ < L zutrifft und dass sich daraus die experimentell nachprüfbare Schlussfolgerung m’ > m ergibt. Der Ausgangspunkt für die Untersuchung mit dem Ergebnis L’ < L ist folgende Überlegung: Die Laufzeiten der beiden Lichtsignale Tlinks und trechts stimmen auch aus der Sicht des irdischen Beobachters überein. Es ist denkbar, dass diese Zeiten T links und trechts mit Hilfe von L und L’ bestimmbar sind. In diesem Fall könnte man die für T links und trechts gültigen Terme einander gleich setzten und hätte somit eine Gleichung, die den Vergleich von L und L’ zulässt. Für das auf K’ gerichtete Lichtsignal gilt: Hinweg: c · t1 = L’+ u · t1 → t1 = L’/(c-u) c: Lichtgeschwindigkeit u: Geschwindigkeit von K’ in Bezug auf einen irdischen Beobachter L’: Abstand der Kugel K’ von M beim Start des Lichtsignals t1: Zeit für den Hinweg Während der Zeit t1 wird der Weg des Lichtes zu K’ um u · t 1 verlängert; somit ist der Hinweg des Lichtsignals nicht gleich L’, sondern gleich L’ +u · t1 . Rückweg: c · t2= L’ + u · t1 - v · (t1 + t2) t2: Rücklaufzeit des Lichtsignals, v: Geschwindigkeit des Raumschiffs Während des Hin- und Rücklaufs kommt M dem Lichtsignal um v·(t 1+t2) nach, somit erhält man den Rückweg, indem man den Hinweg L’+ u ·t1 um v·(t1 +t2) verkürzt. Aus den Gleichungen für Hin- und Rückweg folgt: c · t1 + c · t2 = 2 · (L’+ u · t1) - v · (t1 + t2) c · (t1 + t2) + v · (t1 + t2) = 2 · (L’+ u · t1) → t1 + t2 = (L’ + u · t1) · 2 / (c + v) Im rechten Teil der Gleichung wird für t1 der Term L’ /(c-u) eingesetzt. t1 + t2 = [L’ + u · L’ /(c-u)] · 2 / (c + v) = [ (c ·L’- u·L’+ L’·u) /(c-u)] · 2 / (c + v) t1 + t2 = L’ · c/(c-u) · 2/ (c + v) Laufzeit t = t1 + t2 = L’ ·c · 2/ [(c + v) · (c - u)] 124 Für das nach links auf K gerichtete Signal gilt: Hinweg: c · T1 = L Rückweg: c · T2 = L + v · (T1+T2); T1: Hinlaufzeit ; T2: Rücklaufzeit Während des Hin- und Rücklaufs entfernt sich M von K zusätzlich um v·(T1+T2) Aus den beiden Gleichungen für den Hin- und Rückweg folgt: c · (T1 + T2) = 2·L + v · (T1+T2) → c · (T1 + T2) - v · (T1+T2) = 2·L Laufzeit T = T1+ T2 = 2 · L / (c-v) Wegen T1 + T2 = t1 + t2 gilt: 2·L/(c - v) = 2 · L’· c / [(c - u)·(c + v)] L’ / L = k = (c-u) · (c + v) / [c · (c-v)] Für L’/L schreiben wir k. Es wird eine Gleichung gewünscht, welche die Abhängigkeit des Verhältnisses k = L’/L von der Geschwindigkeit u der Kugel K’ zeigt. Deshalb muss die Raumschiffgeschwindigkeit v durch einen von u abhängigen Term ersetzt werden. Es gilt: (L + L’)/L = u / v → 1 + L’ / L = u / v → v = u/ ( 1+ L’/L) → v = u / (1+k) Anmerkung: L + L’ (Abstand zwischen dem ruhenden K und K’) und L sind die Wege, welche K’ und M aus der Sicht des irdischen Beobachters nach dem Anstoß vor dem Aussenden des Lichtsignals zurückgelegt haben. L’+ L und L verhalten sich wie die entsprechenden Geschwindigkeiten u und v zueinander. Unter Berücksichtigung von v = u / (1+ k) kann nun geschrieben werden: k = [(c-u) · (c+ u /(1+k)] / [c · (c-u / (1+k)] Es wird mit (1+k) erweitert. k = [(c-u) · (c + c · k + u)] / [c · (c + c · k - u)] Beide Seiten werden mit [c · (c + c · k - u )] multipliziert. k · c² + k² ·c² - k · c· u = c² + c² · k + c· u - u · c - u · c · k - u² ↓ c² · k² = c² - u² → k² = 1 - u²/c² Unter Berücksichtigung von k = L’/L = m/m’ folgt: m/mʼ = √(1- u2 / c2 ) ↓ mʼ = m / √(1- u2 / c2 ) m ist die Masse der aus der Sicht des irdischen Beobachters ruhenden Kugel K. Diese Masse wird auch der Kugel K’ in Ruhe zugeordnet, denn die beiden Kugel sind einander gleich. 125 Schlussfolgerung: Die Masse muss nach m= Ruhemasse/√(1- u2 / c2 ) neu definiert werden, wenn das Relativitätsprinzip als richtig vorausgesetzt wird, damit auch bei schnellen Teilchen die Gesetze der Mechanik wie z.B. der Schwerpunktsatz und der Impulssatz gültig bleiben. Die Ruhemasse ( u = 0) ist das, was bisher unter Masse verstanden wurde. Für sie schreiben wir von nun an m0. Für diese Definition und somit auch für das Relativitätsprinzip spricht die Tatsache, dass die Bahnen schneller Elektronen mit m = m0 / √(1- u2 / c2 ), nicht aber mit der Ruhemasse richtig berechnet werden. Das nachfolgende Diagramm ( Abb. 2.2.2 ) zeigt an, wie sich die Masse eines Körpers (m0 = 1kg) mit zunehmender Geschwindigkeit ändert. Erst bei Geschwindigkeiten in der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit sind deutliche Abweichungen von der Ruhemasse zu erkennen. Abb. 2.2.2 2.3 Masse und Energie Die Masse eines Körpers nimmt mit seiner kinetischen Energie zu. Anhand des im Kapitel 2.2 beschriebenen Gedankenexperiments (Abb. 2.2.1 ) kann leicht eine Beziehung zwischen dem Massenzuwachs und der kinetischen Energie hergeleitet werden . Wenn die aus der Sicht des irdischen Beobachters ruhende Kugel K der Masse m auf die Hinterwand des Raumschiffs stößt, dann wird sie aus der Sicht des Raumschifffahrers B elastisch reflektiert. Der irdische Beobachter sieht diesen Vorgang als eine Beschleunigung aus der Ruhe auf die Geschwindigkeit u und ordnet ihm eine Beschleunigungsarbeit W in der Zeit Δt mit der Kraft F zu. Während der Beschleunigung des Kugelschwerpunkts durch die Hinterwand (die Kugel wird gestaucht) wird K unter der Kraft F um v · Δt verschoben. F = [(m0/k) ·u] /Δt ; k2 = 1 – u2/c2 (m0/k) ·u beschreibt die Impulsänderung in der Zeit Δt (Anfangsimpuls = 0). m 0 ist die Ruhemasse und m0/k = m die bewegte Masse der Kugel K nach der Beschleunigung auf die Geschwindigkeit u. Für die gegen K verrichtete Arbeit gilt demnach: W = F ·v ·Δt → W = [(m0 ·u / k) /Δt ]·v · Δt 126 → W = m0 ·u ·v / k Unter Berücksichtigung der in Kapitel 2.2 hergeleiteten Gleichung v = u / (1 + k) erhält man für W: W = m0·u2 /[k·(1+k)] Die Erweiterung des Bruchterms mit (1-k) führt zu: W = m0·u2·(1-k)/ [k·(1- k2)] ; k2 = 1 – u2/c2 → W = m0·u2·(1-k) / (k·u2/c2) ↓ W = (m0/k – m0)·c2 m0/k: Kugelmasse nach der Beschleunigung, m0: Ruhemasse der Kugel m0/k – m0 = m – m0 : Massenzuwachs Δm ↓ W = Δm · c2 Die Energie der Kugel K nimmt um ΔE = W zu. Es wird noch bewiesen, dass die Beziehung zwischen Masse- und Energieänderung ΔE = Δm · c2 nicht nur für kinetische- , sondern für jede Energieart gültig ist. So kann man mit ihr z.B. die Energie berechnen, die bei der Spaltung oder der Verschmelzung von Atomkernen frei wird. Voraussetzung für eine solche Rechnung ist die Kenntnis der Gesamtmassen von Ausgangs- und Endprodukten. Da die Masse eines Körpers unendlich groß wird, wenn seine Geschwindigkeit der Lichtgeschwindigkeit zustrebt, kann er niemals auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, da hierzu eine unendlich hohe Energie erforderlich wäre. Die Lichtgeschwindigkeit ist eine Grenzgeschwindigkeit. Mit Ekin = m0· u2/ 2 wurde bisher die kinetische Energie eines Körpers der Masse m 0 mit der Geschwindigkeit u berechnet. Nach obiger Rechnung gilt: Δm · c2 = W = m0·u2 /[k·(1+k)]. Wenn u erheblich kleiner als c ist, dann kann mit k ≈ 1 geschrieben werden: Δm · c2 ≈ m0·u2/2. 2.4 Die Zeitdilatation (Zeitdehnung) Die Gleichungen über die Massenänderung sind experimentell bestätigt worden. Das Relativitätsprinzip kann somit als richtig gelten. Es wurde darauf hingewiesen, dass dieses Prinzip nur dann der Wirklichkeit entsprechen kann, wenn sich Längenmaße und Uhren bei Bewegung anders verhalten als in Ruhe. In diesem Zusammenhang muss deutlich gemacht werden, dass die Feststellung, ein System sei in Ruhe, willkürlicher Natur ist. Wird ein System als Ruhesystem definiert, dann nennen wir ein davon abweichendes System bewegt. Es soll nun der Frage nachgegangen werden: Wie ändern sich Längenmaße und Uhren , wenn sie von einem ruhenden- in ein bewegtes System gebracht werden? Wir stellen uns während des schon mehrfach beschriebenen Gedankenexperiments (Abb. 2.2.1 ) zwei mit den Kugeln K und K’ fliegende Uhren U und U’ vor , die zu Beginn des Experiments auf die Zeit 0 gestellt wurden. 127 Beide Uhren erreichen aus der Sicht des Raumschifffahrers B gleichzeitig das linkeund rechte Ende des Schiffs und zeigen hierbei auch gleiche Zeiten t an. Der ruhende Beobachter A sieht dies anders. Wenn sich die ruhende Uhr U am linken Ende des Raumschiffs im Abstand L von der Schiffsmitte M befindet und die Zeit t anzeigt, dann ist Uʼ erst Lʼ = L·√(1- u2/c2) < L von M entfernt und hat deshalb noch nicht das rechte Schiffsende erreicht. U’ gelangt später als die ruhende Uhr U zum Ende des Raumschiffs und zeigt deshalb die Zeit t später an. Bewegte Uhren gehen für A demnach langsamer als ruhende Uhren. Welches t’ sieht A auf der Uhr U’, wenn die Uhr U am linken Ende des Raumschiffs die Zeit t anzeigt ? A stellt nach den Zeitangaben von U’ fest: Wenn die ruhenden U die Zeit t anzeigt, dann kann man auf der im Abstand L' von M befindlichen Uhr U' die Zeit t' ablesen. Uʼ zeigt die Zeit t erst im Abstand L von M an. t’/t = L’ / L; L’ / L = √(1- u2/c2) → t’ = t ·√(1- u2/c2) → t = t’ /√(1- u2/c2) Diese Gleichung lässt einen wichtigen Schluss zu: Wenn auf einer ruhende Uhr die Zeit t abgelesen wird, dann zeigt eine bewegte Uhr, die gleichzeitig mit der ruhenden Uhr auf 0 gestellt wurde, eine kleinere Zeit t' an. Bewegte Uhren gehen langsamer. Nach dem Relativitätsprinzip hat ein bestimmter Vorgang in einem ruhenden Laboratorium die gleiche Dauer wie in einem bewegten Laboratorium, wenn die Zeit seines Ablaufs jeweils mit der Uhr des Laboratoriums gemessen wird. In einem Laboratorium werde t0 als Dauer eines Vorgangs gemessen. Ein Beobachter, der das Laboratorium mit der Geschwindigkeit u sieht, ordnet mit seinen Uhren diesem Vorgang die Zeit t = t0/√(1- u2/c2) zu. Aus seiner Sicht wird das Ereignis infolge der Bewegung zeitlich gedehnt (Zeitdilatation). 2.5 Längenkontraktion Wir stellen uns vor, die beiden Kugeln K und K’ der Abb.2.2.1 würden aus der Sicht des im Raumschiff arbeitenden Experimentators zwei gleich lange Messlatten direkt hinter sich herziehen. Die Messlatte an K ruht für den irdischen Beobachter. Der Messlatte an K’ ordnet er die Geschwindigkeit u zu. Die Enden dieser Messlatten erreichen gleichzeitig die Mitte M des Raumschiffs. Aus der Sicht eines ruhenden Beobachters sind sie nicht gleich lang, sondern gleichen den Abständen L und Lʼ der Kugeln zur Bahnmitte. Lʼ = L·√(1- u2/ c2 ) Wir sehen: Einem bewegten Gegenstand wird in Bewegungsrichtung eine geringere Länge zugeordnet als in Ruhe (Längenkontraktion). Dies gilt nicht für einen Stab, der mit der Geschwindigkeit u quer zur Bewegungsrichtung fliegt. Ihm werden von dem ruhenden- und mitbewegten Beobachter gleiche Längen zugeordnet. 128 Beweis: Wie in Abb.2.5.1 angedeutet, misst der mitbewegte Beobachter B die Länge L’ des Stabes [EF] in folgender Weise. Er schickt von E ein Lichtsignal nach F. Bei F wird dieses Signal von einem Spiegel reflektiert und kehrt wieder zu E zurück. B gibt als Streckenlänge L’ den Wert c·t’ an. t’ ist die halbe Laufzeit des Lichtsignals. Abb. 2.5.1 Abb. 2.5.2 Aus der Sicht des ruhenden Beobachters A bewegt sich das Lichtsignal auf der in Abb. 2.5.2 dargestellten Bahn. Während das Lichtsignal von E nach F und wieder zurück gelangt, bewegt sich der Stab [EF] mit der Geschwindigkeit u nach rechts. A berechnet die Länge L von [EF] nach dem Lehrsatz des Pythagoras: c2 ·t2 - u2 ·t2 = L2 → L = c ·t ·√( 1 – u2/c2 ) t ist die vom ruhenden Beobachter gemessene halbe Laufzeit des Lichtes. Wegen t = tʼ / √( 1 – u2/c2 ) gilt: L = c ·tʼ = Lʼ 2.6 Über die Einstellung von Uhren, die an verschiedenen Orten aufgestellt sind (Synchronisation) Mehrere an verschiedenen Orten aufgestellte Uhren sollen nach einer Uhr Q eingestellt werden. Es erscheint zunächst empfehlenswert nach folgender Anweisung vorzugehen: Man nehme die Uhr Q, fahre mit ihr zu den verschiedenen Orten und stelle jeweils die dort vorhandenen Uhren nach Q ein. Abb. 2.6.1 Überdenkt man dieses Verfahren, dann erweist es sich als mangelhaft, da der Gang der Uhr Q von der Reisegeschwindigkeit abhängt. Besser ist folgende Methode: Zur Einstellung einer Uhr R nach einer anderen Uhr Q wird ein Ort P gesucht, der genau zwischen R und Q liegt. Von diesem Ort werden Lichtblitze ausgesandt. Hierbei wird die Uhr R so eingestellt, dass ein von P kommendes Lichtsignal bei R und Q gleichzeitig eintrifft. Werden die Uhren eines zur Erde bewegten Systems in gleicher Weise synchronisiert, dann wird man erfahren, dass Ereignisse, die aus der Sicht eines mitbewegten Beobachters B gleichzeitig stattfinden, für einen irdischen Beobachter A nicht immer gleichzeitig sind. Dieser Sachverhalt soll hier eingehend anhand der Abb. 2.6.1 untersucht werden. 129 S sei ein in Bezug auf die Erde ruhendes, S’ ein mit der Geschwindigkeit v zur Erde bewegtes Koordinatensystem. Die beiden mitbewegten Uhren Q und R seien so eingestellt, dass ein von P ausgehendes Lichtsignal Q und R in gleicher Zeigerstellung antrifft. d: Abstände in Bezug auf einen irdischen Beobachter A. xʼR ; d’: Abstände in Bezug auf einen mitbewegten Beobachter B. Von A aus gesehen benötigen die Lichtsignale zu den Uhren Q und R die Zeiten t 1 und t2. t1 · c = d – v· t1 → t1 = d/(c + v), t2 · c = d + v· t2 → t2 = d/(c-v) Demzufolge erreicht es Q vor R mit dem Zeitunterschied ∆t = t2 – t1. Aus der Sicht des irdischen Beobachters geht infolgedessen die Uhr Q gegenüber der Uhr R vor. Wenn das Lichtsignal die Uhr Q erreicht hat, dann läuft diese Uhr aus der Sicht von A bis zum Eintreffen des Lichtsignals bei R um ∆t’ = ∆t· k, k = √(1 - v2/c2) weiter. ∆t = t2 - t1 = d/(c-v) - d/(c + v) = 2 ·d ·v/(c2 - v2) = 2 ·d ·v/(c2 ·k2) Unter Berücksichtigung der Zeitdilatation Δt = Δt’/k x’R ·k = 2 ·d finden wir: Δt’/k = x’R ·k · v/(c2 ·k2) → und der Längenkontraktion Δt’ = x’R·v/c2 Wenn das Lichtsignal R erreicht, dann ist das Lichtsignal an der Uhr Q vorbei gezogen. Wenn R bei Ankunft des Lichtsignals die Zeit 12 Uhr anzeigt, dann liest der ruhende Beobachter auf Q die Zeit 12 Uhr + Δt’. 2.7 Die Lorentztransformationen Ein Flugkörper bewege sich mit der Geschwindigkeit v zur Erde. S’ ist das zu diesem Flugkörper, S das zur Erde gehörende Koordinatensystem (siehe Abb. 2.7.1). Der Flugkörper sei mit Uhren und Längeneinheiten ausgerüstet, die auch auf der Erde üblich sind. Die an den verschiedenen Stellen des Flugkörpers aufgestellten Uhren seien entsprechend den auf der Erde gültigen Vereinbarungen aufeinander abgestimmt (synchronisiert). Abb. 2.7.1 Als Zeitnullpunkt gelte in beiden Systemen der Augenblick, in dem die beiden y-Achsen zusammentreffen. An einem Punkt P werde von einem mitbewegten und einem irdischen Beobachter ein Ereignis wahrgenommen, t ist die hierzu gehörende irdische Zeit, x ist der von einem irdischen Beobachter A gemessene Abszissenwert des Ereignispunktes, t’ und x’ sind die entsprechenden Werte des mitbewegten Beobachters B. 130 Wie können die zu einem System gehörenden Werte errechnet werden, wenn die Werte des anderen Systems bekannt sind ? x – v · t ist der von einem irdischen Beobachter gemessene Abstand des Punktes P zu dem Koordinatenursprung des bewegten Systems. (x – v ·t) beschreibt eine durch Längenkontraktion verkleinerte Strecke mit der Ruhelänge xʼ. xʼ · k = (x – v ·t) → 1.) x’ = (x – v ·t)/k; k= √( 1 – v2/c2 ) Zum Zeitpunkt t liest der irdische Beobachter auf der bewegten Uhr am Ursprung von S’ die Zeit tʼ0 ab. Unter Berücksichtigung der Zeitdilatation erhält man: t’0 = t · k (Die bewegte Uhr geht langsamer !) Die Zeit t’, die er zum gleichen irdischen Zeitpunkt t auf der mitbewegten Uhr am Ort P abliest, weicht von t’0 um x’ ·v/c2 ab. t’0 – t’ = x’ ·v/c2 ; t’0 = t · k → t·k = t’ + x’ ·v/c2 → 2.) t = (t’ + x’ ·v/c2)/k Die Gleichungen l und 2 ermöglichen auch die Berechnung von x bei Kenntnis von x’ und t’ und die von t’ bei Kenntnis von x und t. Im ersten Fall muss die Zeit t in der 1.Gleichung durch den in der 2. Gleichung für t stehenden Term ersetzt und die hiermit gewonnene Gleichung nach x aufgelöst werden. Im zweiten Fall ist x’ der 2. Gleichung gegen den rechten Term der 1. Gleichung auszutauschen. Hiernach ist nach t’ aufzulösen. Die insgesamt gewonnenen Beziehungen, Lorentztransformationen genannt, sind in der folgenden Tabelle 1 zusammengefasst. 1. x’ = (x – v ·t)/k t’ = (t - x ·v/c2)/k x = (x’ + v ·t’)/k t = (t’ + x’ ·v/c2)/k Da die quer zur Bewegungsrichtung liegenden Strecken keine Längenkontraktionen erfahren gilt für die y – und z-Koordinaten eines abseits von der x-Achse liegenden Punktes: y = y’ und z = z’ . Es ist nun zu prüfen, ob die Relativitätsprinzip im Einklang sind. Lorentztransformationen mit dem Die Transformationsgleichungen sind nur dann annehmbar, wenn mit ihnen die folgenden Schlussfolgerungen aus dem Relativitätsprinzip begründet werden können: 1. Die Lorentztransformationen gelten auch dann, wenn man S’ als ruhend und S als bewegt ansieht. 2. Wenn ein Beobachter in S die Uhren in S’ langsamer laufen sieht als eine Uhr in S, dann müssen für einen Beobachter in S’ die Uhren in S langsamer gehen als die in S’. 3.Wenn der Beobachter in S einem in S’ liegenden 1m-Maßstab eine Länge < 1m zuordnet, dann muss ein Beobachter in S’ einen in S liegenden 1m-Maßstab ebenfalls verkürzt sehen. 131 4. Wenn sich eine Lichtwelle in S nach allen Seiten mit der Geschwindigkeit c ausbreitet, dann gilt dies auch in S’. Zu 1.: Nach Umkehrung der x-Achsen ( S wird als bewegtes System gesehen) sollten die unter 2. angegebenen Transformationsformeln gelten: 2. x = (x’ – v’ ·t’)/k t = (t’ – x’ ·v’/c2)/k x’ = (x + v’ ·t)/k t’ = (t + x ·v’/c2)/k v’ ist die Geschwindigkeit von S aus der Sicht von S’. Beweis: Wenn man die Achsen der Koordinatensysteme umkehrt, dann müssen in den Gleichungen unter 1. die Vorzeichen von x und x’ umgekehrt werden. Nach Umkehrung der Vorzeichen erhält man die unter 3. angegebenen 4 Transformationsgleichungen, die mit den Gleichungen unter 2. übereinstimmen, wenn die Geschwindigkeit v’ von S aus der Sicht von S' gleich v ist. 3. -x = (-x’ + v·t’)/k t = (t’ – x’ ·v/c2)/k → x = (x’ – v ·t’)/k t = (t’ – x’ ·v/c2)/k -x’ = (-x – v ·t)/k t’ = (t + x ·v/c2)/k → x’ = (x + v ·t)/k t’ = (t + x ·v/c2)/k v = v’ ist noch zu beweisen ! Für das in S’ dem Koordinatenursprung von S zugeordnete x’ gilt: x = (x’ – v ·t’)/k = 0 → x’ – v ·t’ = 0 → x’ = v ·t’ → v’ = x’/t’ = v Zu 2. In S sei eine Uhr U an einem Ort P mit der Koordinate x aufgestellt (siehe Abb. 2.7.2). Wenn diese Uhr die Zeit t1 anzeigt, steht der Zeiger einer ihr augenblicklich benachbarten Uhr U’1 in S’ auf t’1. In der Folgezeit entfernt sich U’1 von P, andere Uhren des Flugkörpers erreichen U. Abb. 2.7.2 Wenn U die Zeit t2 anzeigt, dann gibt die ihr dann benachbarte Uhr U’2 die Zeit t’2 an. Der mit der Uhr U gemessenen Zeit t2 – t1 ordnet der Beobachter B in S’ die Zeit t’2 – t’1 zu. Es gilt: t’1 = (t1 – v ·x/c2)/k, t’2 = (t2 – v · x/c2)/k t’2 - t’1 = (t2 – t1 )/k → t’2 – t’1 > t2 – t1 Aus t’2 - t’1 > t2 – t1 folgert B: Die Uhren in S laufen langsamer als die in S’. Aus der Sicht des ruhenden Beobachters A ist t’ 2 zu groß, weil für ihn die Uhr U’ 2 132 gegenüber der Uhr U’1 vorgeht. Demgemäß fällt seiner Meinung nach die Zeitdifferenz t’2 – t’1 zu groß aus. Es erscheint zunächst unsinnig, dass je nach Standpunkt des Beobachters die Uhren des Flugkörpers schneller oder langsamer laufen als die der Erde. Es muss hierbei bedacht werden, dass ein irdischer Beobachter beim Vergleich bewegter und ruhender Uhren jeweils eine bewegte Uhr mit zwei an verschiedenen Orten der Erde aufgestellten Uhren vergleicht. Im Gegensatz dazu vergleichen Beobachter des bewegten Systems eine irdische Uhr mit zwei bewegten Uhren, die aus der Sicht des irdischen Beobachters verschiedene Zeiten angeben. Zu 3. [x1 x2] sei eine Strecke auf der x-Achse eines ruhenden Koordinatensystems. Beobachter in einem System S’, welches sich in Achsenrichtung bewegt, messen die zu x1 und x2 gehörenden x’ -Werte nach ihren Uhren gleichzeitig zum Zeitpunkt t’ und ordnen der Strecke [x1 x2] die Länge x’2 – x’1 zu . Abb. 2.7.3 Aus der Sicht eines irdischen Beobachters wird xʼ2 nach xʼ1 gemessen. Da in der Zwischenzeit der Punkt in S’ mit x’ 1 nach rechts rückt, fällt aus seiner Sicht xʼ2 und damit auch die Differenz x’2 – x’1 zu klein aus. Nach den Lorentztransformationen gilt: x1 = (x’1 + v ·t’)/k ; x2 = (x’2 + v ·t’)/k x2 – x1 = (x’2 – x’1)/k ↓ → x’2 - x’1 = (x2 – x1) · k → x’2 – x’1 < x2 - x1 Es wurde früher gezeigt, dass bewegte, zur Ausbreitungsrichtung parallele Strecken dem irdischen Beobachter kleiner erscheinen als gleichartige ruhende Strecken. Da dies der gerade hergeleiteten Ungleichung zu widersprechen scheint, muss darauf hingewiesen werden, dass irdische Beobachter die Anfangs- und Endkoordinaten x 1 und x2 einer bewegten Strecke nach irdischen Uhren gleichzeitig messen, während die bewegten Beobachter die entsprechenden Koordinaten x’1 und x’2 einer ruhenden Strecke nach den Uhren ihres System zum gleichen Zeitpunkt bestimmen. Zu 4. Zum Zeitpunkt t = t’ = 0 werde an dem zu diesem Zeitpunkt gemeinsamen Koordinatenursprung von S und S’ eine kugelförmige Welle ausgesandt. P sei ein Punkt, der zu einem Zeitpunkt (t, t’) auf der Wellenfront der Kugelwelle liegt. Für seinen Abstand L vom Koordinatenursprung des Systems S gilt: L2 = x2 + y2 + z2 = c2· t2 133 Abb. 2.7.4 Hieraus folgt unter Berücksichtigung der Lorentztransformationen: (x’ + v ·t’)2 / k2 + y’2 + z’2 = c2· (t’ + v ·x’/c2)2/ k2 ↓ 2 2 2 2 2 2 x’ + v ·t’ + 2·x’·v· t’ + y’ · k + z’ · k2 = t’2 · c2 + x’2 · v2/c2 + 2·x’ ·v ·t’ ↓ 2 2 2 2 2 2 x’ - x’ · v /c + y’ · k + z’2 · k2 = t’2 · c2 -v2·t’2 ↓ 2 2 2 2 2 2 2 x’ · (1- v /c ) + y’ · k + z’ · k = c2 · t’2· (1- v2/c2); k2 =(1- v2/c2) ! ↓ 2 2 x’ + y’ + z’2 = c2 · t’2 Hiernach entfernt sich die Welle in S’ so wie in S nach allen Seiten mit der Geschwindigkeit √(x’2 + y’2 + z’2 ) /t’ = c vom Koordinatenursprung. 2.8 Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten Ein System S’ bewege sich mit der Geschwindigkeit v in Bezug auf ein ruhendes System S. Ein Gegenstand P fliege mit der Geschwindigkeit u’ in S’. Zum Zeitpunkt t = t’ = 0 durchlaufe P den Nullpunkt beider Systeme. Wie kann die Geschwindigkeit u im System S anhand von u’ bestimmt werden ? Der Geschwindigkeitsvektor u hat im System S die Geschwindigkeitskoordinaten u1 und u2 und in S’ die Koordinaten u’ 1 und u’2. Abb. 2.8.1 u1 = x/t = [(x’ + v ·t’)/k] / [(t’ + v ·x’/c2)/k]; k =√(1- v2/c2) u1 = (x’ + v · t’)/(t’ + v · x’/c2) = (x’/t’ + v)/(1 + v ·(x’/t’)/c2) u1 = (u1’ + v)/(1 + v ·u1’/c2) u2= y/t = y’/[(t’ + v·x’/c2)/k] = u’2 ·k/(1 + v ·u1’/c2) In entsprechender Weise erhält man für u’1 und u’2: u’1 = (u1 - v)/(1 - v ·u1/c2); u’2 = u2 ·k/(1 - v ·u1/c2) Ausbreitung von Licht in fließendem Wasser Nach Herleitung eines Gesetzes ist ein Anwendungsbeispiel wünschenswert. Führt ein solches Beispiel zu einem nachweisbaren Ergebnis, dann hat meine einen Beleg für die Richtigkeit des Gesetzes. Mit dem Additionsgesetz der Geschwindigkeiten kann die Geschwindigkeit berechnet werden, mit der sich Licht in fließendem Wasser in Fließrichtung ausbreitet (siehe Abb. 2.8.2). 134 Die Fließgeschwindigkeit des Wassers ist v. Das Licht hat in Bezug auf einen im Wasserstrom treibenden Beobachter die Geschwindigkeit cW. Das Verhältnis c / cW (c = cVakuum) heißt Brechungsindex n des Wassers. ↓ cW = c/n Abb. 2.8.2 Nach dem Additionsgesetz der Geschwindigkeiten finden wir Lichtgeschwindigkeit im Wasser in Bezug auf einen ruhenden Beobachter: für die cW’ = (c/n + v)/[1+ ( v·c/n )/ c2] = (c/n + v)/[1+ (v/c)/ n] Für die durch die Fließgeschwindigkeit v verursachte Geschwindigkeitsänderung des Lichtes erhalten wir: Δc = cWʼ – c/n = (c/n + v) / [1+ (v/c)/ n] – c/n = (c/n + v - c/n - v/n2) / [1+ (v/c)/ n] Δc = v· (1 - 1/n2 ) / [1+ (v/c)/ n] Unter Berücksichtigung von v<<c (v gegenüber c vernachlässigbar klein) können wir auch schreiben: Δc = v· (1 – 1/n2 ) Die letzte Gleichung wurde von dem französischen Physiker Fizeau im 19. Jahrhundert anhand von Messdaten aufgestellt. 2.9 Transformation der Masse und des Impulses und der Kraft 2.9.1 Transformation von Massen und Impulsen Impulse und Massen werden wie Ortskoordinaten und Zeiten transformiert ! pʼx = (px – m· v) / k m’ = (m - px ·v / c2) / k px = (p’x + m’·v) / k m = (m’ + p’x·v /c2) / k pʼy = py Beweis: In S erhalten wir die Ruhemasse m 0 nach m0 = mʼ ·√(1– uʼ2/c2 ). m0 = m · √(1 – u2/c2 ) und in Sʼ nach Somit gilt : m · √(1 – u2/c2 ) = mʼ ·√(1– uʼ2/c2 ) Die Geschwindigkeitskoordinaten von u im Term 1 – u2 / c2 = 1 – ( ux2 + uy2 ) / c2 werden nach dem Additionstheorem durch uʼx und uʼy ersetzt. Nach einer umfangreichen algebraischen Umformung findet man: √(1 – ( ux2 + uy2 )/c2 ) = √(1 – uʼ2/c2 ) · √(1 – v2/c2 ) / (1 - v ·uʼx/c2) ↓ 135 m = (mʼ + mʼ · uʼx ·v /c2) /k → m = (mʼ + pʼx ·v /c2) /k pʼx = mʼ· uʼx , k = √(1 – v2/ c2) Für mʼ erhält man in ähnlicher Weise: mʼ = (m - px ·v /c2) /k Aus Gleichungen für m und mʼ können die Transformationsformeln für p x und pʼx hergeleitet werden. Zum Beweis der Gleichung py = pʼy ( m·uy = mʼ·uʼy ) wird m’ durch (m - px ·v /c2) /k und uʼy durch uy ·k / (1 - v ·ux/c2) (Additionstheorem der Geschwindigkeiten) ersetzt. mʼ·uʼy = [(m - px ·v /c2) /k] · uy ·k / (1 - v ·ux/c2) mʼ·uʼy = m · [(1 - ux ·v /c2) /k] · uy ·k / (1 - v ·ux/c2) = m· uy pʼy = py 2.9.2 Transformation der Kraft Wir betrachten einen Körper K, der parallel zu der x- Achse (x’-Achse) unter einer Kraft Fx bzw. Fʼx bewegt wird. Fx = Δpx/Δt = [(Δpʼx + v· Δmʼ )/k] /[ ( Δtʼ + Δxʼ · v /c2 )/k] Fx = (Δpʼx / Δtʼ + v· Δmʼ/ Δtʼ ) / ( 1 + Δxʼ/ Δtʼ · v /c2 ) Δmʼ·c2 ist die im xʼ ;yʼ-System gegen K verrichtete Arbeit. Δmʼ·c2 = Fʼx · Δxʼ → Δmʼ = Fʼx · Δxʼ/ c2 Δpʼx/Δtʼ = Fʼx ↓ 2 Fx = Fʼx · [ 1 + v · Δxʼ /(c · Δtʼ) ]/ [ 1 + Δxʼ · v /(c2 · Δtʼ) ] → Fx = Fʼx Wenn die Kraft und die Bewegungsrichtung nicht parallel zur x- Achse sind, dann gilt: Δmʼ · c2 = Fʼx · Δxʼ + Fʼy · Δyʼ + Fʼz · Δzʼ → Fx ≠ Fʼx Wir betrachten nun einen Körper K, der parallel zur yʼ-Achse unter einer Kraft F y bzw. Fʼy bewegt wird. Fy = Δpy / Δt; Fʼy = Δpʼy /Δtʼ Die Impulsänderungen sind in beiden Systemen gleich groß. Fy = Δpʼy / Δt → Fy = Δpʼy / [( Δtʼ + Δxʼ · v /c2 )/k] Fy = (Δpʼy /Δtʼ) / {[ 1 + (Δxʼ\ Δtʼ) · v /c2 ]/k}; (Δx’\ Δt’) = 0 Fy = (Δpʼy /Δtʼ) ·k → Fy = Fʼy · k Aus der Sicht des ruhenden Beobachters misst der bewegte Beobachter zu einer 136 Impulsänderung eine zu kurze Zeit und erhält damit eine zu große Kraft. 2.10 Satz von der Erhaltung der Masse Wir denken uns ein abgeschossenes System aus mehreren Teilchen 1, 2, ... Die x-Koordinate des i. Teilchenimpulses nennen wir pi. Für die Summe Σpi aus den Impulskoordinaten pi aller Teilchen gilt: Σpi = (Σp’i + v·Σm’i) /k → Σm’i = (k ·Σpi - Σp’i ) /v Aus der letzten Gleichung können wir unter Berücksichtigung des Impulssatzes folgenden Schluss ziehen: Die Gesamtmasse eines abgeschlossenen Systems bleibt konstant. Die Gleichung E = Δm · c2 ist demnach nicht nur für die kinetische Energie, sondern für jede Energieart gültig. Wird z.B. ein fliegender Körper von einer Feder abgebremst, dann bleibt die Gesamtmasse vom fliegenden Objekt und der Feder konstant. Während die Masse des einen Gegenstandes zunimmt, nimmt die des anderen ab. Der Massenzuwachs einer Spiralfeder während einer Stauchung kann auch anhand des in der Abb. 2.10.1 dargestellten Gedankenexperiments bestimmt werden. Abb. 2.10.1 In einem mit der Geschwindigkeit v gleichförmig bewegten System wird aus der Sicht eines mitbewegten Beobachters B’ in dem Zeitabschnitt Δt’ eine Spiralfeder um s’ gestaucht (siehe Abb. 2.10.1). Die dabei verrichtete Arbeit errechnet er nach F’·s’ unter der Annahme, dass s’ sehr klein ist und somit die Kraft F’ während der Verformung als konstant angesehen werden kann. F’·s’ ist die Energiezunahme ΔE’ der Feder aus der Sicht von B’. Die am linken Rand fixierte Feder erhält aus seiner Sicht im bewegten System keinen Impuls, da die auf sie von links und rechts wirkenden Kraftstöße gleich groß sind. Anders sieht dies ein ruhender Beobachter A. Für ihn sind die Wirkungszeiten ΔtL und ΔtR der links und rechts angreifenden Kräfte verschieden. Die Kräfte sind in beiden Systemen gleich groß. Die zur Stauchung führende Kraft F wirkt aus der Sicht von A am linken Ende vom Zeitpunkt t1L bis zum Zeitpunkt t2L und am rechten Ende von t1R bis t2R. Aus der Sicht von B’ erfolgt die Stauchung zwischen den Zeitpunkten t’1 und t’2. ΔtL = t2L – t1L ; ΔtR = t2R – t1R t1L = t’1 /k; t2L = t’2 /k → ΔtL = Δt’/k t1R = [t’1 + (v/c2) ·x’1]/ k ¸ t2R = [t’2 + (v/c2) ·x’2]/ k x’1 und x’2: x’-Werte vom rechten Ende der Feder vor und nach der Stauchung. 137 ΔtR = t2R - t1R = [(t’2 - t’1 ) + (v/c2) · (x’2 - x’1) ]/ k → ΔtR = [Δt’ – (v/c2) · s’]/ k s’ = x’1 – x’2: Stauchung aus der Sicht von B’. F = F’ Der ruhende Beobachters A registriert eine Impulsänderung Δ(m·v) an der Feder. Δ(m·v)= F· ΔtL – F · ΔtR = F · (ΔtL – ΔtR ) F · (ΔtL – ΔtR ) = F · (v/c2) ·s’/ k Da sich v nicht ändert gilt: Δ(m·v) = v · Δm. v · Δm = F · (v/c2) · s’/ k → Δm · k = (1/c 2) · s’ ·F’ Δm · k ist die Änderung der Ruhemasse Δm’ im bewegten System. Somit gilt: Δm’ ·c2 = s’ · F’ = ΔE’ 2.11 E = h·f Herleitung der Planckschen Beziehung anhand eines Gedankenexperiments Wir denken uns, wie in der nebenstehenden Skizze angedeutet, einen gleichförmig mit der Geschwindigkeit v bewegten Spiegel, auf den Licht der Frequenz f fällt. Abb. 2.11.1 Das Licht hat bekanntlich Energie und somit auch eine Masse, übt dementsprechend eine Kraft auf den bewegten Spiegel aus und verrichtet hierbei eine Arbeit, die zu einem Energieverlust des Lichtes führt. Neben der Energie nimmt auch die Frequenz ab; dies ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, dass durch die Bewegung des Spiegels das reflektierte Signal und somit auch die Periodenlänge gestreckt wird. Mit der größeren Wellenlänge stellt sich nach λ · f = c eine kleinere Frequenz f’ ein. Meistens sind Energieverluste des Lichts nicht mit einer Frequenzänderung verbunden. Man denke z.B. an die Lichtschwächung durch einen Graufilter oder durch Wolken. Warum wird im einen Fall der Energieverlust von einer Frequenzänderung begleitet, im anderen Fall aber nicht ? Zur Beantwortung dieser Frage sollte man sich nach ähnlichen Phänomenen umschauen. Man stelle sich ein Gas in einem senkrechten Zylinder unter einem beweglichen Kolben vor, der mit Gewichten belastet ist. Werden die Gewichte entfernt, dann dehnt sich das Gas aus, wobei seine Temperatur und seine Energie infolge der von ihm 138 verrichteten Arbeit abnimmt. Hier ist anstelle der Frequenz die Temperatur eine energieabhängige Größe. Man kann die Energie des Gases aber auch dadurch verringern, indem man einen Teil des Gases aus seinem Behälter ausströmen lässt. Während im ersten Fall die Zahl der Gasatome konstant bleibt und die Energie der einzelnen Atome abnimmt, verhält es sich im zweiten Fall genau umgekehrt. Die Zahl der Atome wird kleiner, die Energie der einzelnen Atome bleibt konstant. Unter dem Eindruck der erwähnten Tatsachen erscheint nun eine Deutung des zu Anfang vorgestellten Gedankenexperiments leicht möglich. Die Lichtenergie ist in Wirkungseinheiten (Photonen, Quanten) eingeteilt. Der bewegte Spiegel vermindert die Energie der einzelnen Photonen, ein Filter schluckt Photonen, und vermindert damit die Energie eines Lichtstrahls. Die Frequenz des Lichtes ist von der Energie der Photonen abhängig. Welche Beziehung besteht zwischen der Frequenz und der Photonenenergie ? Die Frequenz- und Energieänderung während der Lichtreflexion werden nun berechnet. 1. Änderung der Frequenz Ein Wellenzug der Länge n ·λ wird in der Reflexionszeit t auf die Länge n ·λ’ gestreckt. Während der Reflexion legt das Ende des ankommenden Wellenzuges die Strecke n ·λ + v·t zurück. n ·λ + v · t = c · t → t = n ·λ /(c-v) Der Anfang des reflektierten Wellenzuges entfernt sich in dieser Zeit vom Spiegel um: c · t + v · t = t·(c + v) = n·λ’ t·(c + v) = n·λ’; t = n ·λ /(c-v) → (c + v)·n·λ /(c-v) = n·λ’ ↓ (1.) λ/λ’ = f’/f = (c-v)/(c+v) 2. Änderung der Energie Der Spiegel erfährt in der Reflexionszeit t die Kraft F = [ m · c - (-m’ · c)] / t = c·(m + m’) / t. m und m’ sind die Lichtmassen vor und nach der Reflexion. [ m·c - (-m’ · c)] ist die Impulsänderung während der Reflexion. Für die Lichtarbeit gilt: W = F · v · t = [c · (m + m’) / t] · v · t = v · c · (m + m’) v · t beschreibt die Verschiebung des Spiegels in der Zeit t. Für die Arbeit des Lichtes gilt auch: W = (m – m’) ·c2 Somit können wir schreiben: v · c · (m + m’) = (m – m’) ·c2 v · (m + m ’) = c·(m - m’) → m’ · (c + v) = m · (c – v) (2.) m’/m = (c-v)/(c+v) (1.) f’/f = (c-v)/(c+v); (2.) m’/m = (c-v)/(c+v) → f’ / f = m’ /m 139 Die Massen m und m’ verhalten sich zueinander wie die zugehörenden Energien E und E’. m’ / m = E’/E; f’ / f = m’ / m → E’/f’ = E/f Für die Energien EP und EP’ der Photonen gilt dann auch: E’P/f’ = EP/f = Konstante Diese Konstante heißt Wirkungsquantum h. EP = h · f Mit diesem Gesetz kann der Fotoeffekt erklärt werden. Dieser Effekt ermöglicht die Bestimmung von h. h = 6,62617·10-34 J·s 2.12 Das Brechungsgesetz der Optik Fällt ein Lichtstrahl auf eine Grenzfläche z.B. die zwischen Luft und Glas, dann wird er gebrochen. Das Verhältnis aus dem Sinus des Einfallswinkels α und dem Sinus des Brechungswinkels ß ist konstant. sin α / sin ß heißt Brechungsindex n. n ist von den Materialien abhängig, welche die Grenzfläche bilden. Abb. 2.12.1 Abb. 2.12.2 Das Brechungsgesetz kann mit Hilfe der Relativitätstheorie hergeleitet werden. In einem ruhenden System S stellen wir uns einen Quader aus Glas vor, in dessen Unterseite ein Lichtstrahl (Welle) eindringt (siehe Abb. 2.12.2). Der Wellenberg, der gerade mit der Lichtgeschwindigkeit cL (Lichtgeschwindigkeit in Luft) den Punkt P erreicht, sei zum Zeitpunkt t = 0 durch den Nullpunkt des x-y-Koordinatensystems gegangen. Für die Koordinaten aller Punkte P dieses Wellenbergs gilt zum Zeitpunkt t > 0: y = cL ·t / cosα – x·tanα . Wir denken uns nun ein in Richtung der x-Achse mit der Geschwindigkeit v bewegtes System S’. Die Achsen des zu diesem System gehörenden x’-y’-Koordinatensystem liegen zum Zeitpunkt t = t’= 0 auf denen des in der Abb. 2.12.2 sichtbaren Systems. v kann so gewählt werden, dass die Wellenberge in S’ parallel zur x’-Achse verlaufen. t = (t’+x’·v/c2) / k, x = (x’ + v·t) / k, y = cL ·t / cosα – x·tanα ↓ y = y’ = (cL / cosα) ·(t’+x’·v/c2) / k – [(x’ + v·t’) / k ]· tanα 140 ↓ y’ = (cL / cosα – v · tanα )·t’/ k + [(cL / cosα) ·v/c2 – tanα ]· x’ / k Die Wellenberge verlaufen in S’ dann parallel zur x, x’-Achse, wenn y’ von x’ unabhängig ist. (cL / cosα) ·v/c2 – tanα = 0 → sin α = v · cL/ c2 Da in S’ die Wellenberge und Wellentäler auch nach dem Eintritt in das Glas parallel zur x'-Achse bleiben, gilt eine entsprechende Gleichung auch für die gebrochene Welle im Glas sin ß = v · cG/ c2 , cG = Lichtgeschwindigkeit im Glas sin α = v · cL/ c2 ; sin ß = v · cG/ c2 → sin α / sin ß = cL / cG = n 2.13 Die Lichtinterferenz hinter einem Doppelspalt Ein zur y-Achse paralleler Lichtstrahl ist auf einen Doppelspalt mit der Gitterkonstanten g gerichtet (siehe Abb. 2.13.1). Den beiden Spalten sind auf der x-Achse eines ruhenden Systems S die x-Werte – g/2 und + g/2 zugeordnet. Auf einem Bildschirm über den Spalten sind Lichtmaxima und Lichtminima (siehe Kapitel 1.13.5. ). Abb. 2.13.1 Zum Verständnis dieser Erscheinung stellen wir uns ein x’; y’ - System S’ mit einer x’-Achse entlang des Bildschirms vor, welches mit der Geschwindigkeit v nach rechts fliegt. v ist so gewählt, dass die Lichtschwingungen (Schwingungszeit = T) in den beiden Spalten aus der Sicht von S’ gleiche Phasen haben. Wellenberge, die aus der Sicht eines Beobachter in S' gleichzeitig zu einem Zeitpunkt t' im linken und rechten Spalt erscheinen, werden aus der Sicht von S als Wellenberge gesehen, die zu verschiedenen Zeitpunkten t1 und t2 mit dem zeitlichen Abstand n · T (n = 0; 1; 2; 3....) auf den Doppelspalt treffen. t’ = [ t1 – (v/c2) · (-g/2)] /k ; t’ = [ t2 – (v/c2) · (g/2)] /k t1 – (v/c2) · (-g/2) = t2 – (v/c2) · (g/2) → t2 – t1 = n · T = (v/c2) · g c = λ/ T → T = λ /c n · T = (v/c2) · g ; T = λ /c → n · λ = g · v/c Aus der Sicht von S’ laufen zwei Wellenberge, die zum Zeitpunkt t’ die Spalten verlassen auf den Koordinatenursprung K0’ des x’; y’ – Systems zu und erzeugen dort ein auch für ruhende Beobachter wahrnehmbares Intensitätsmaximum. Wenn die Wellenberge bei K0’ eintreffen und dort ein Interferenzmaximum ausbilden, hat sich K0’ aus der Sicht von S innerhalb einer Zeit t um x nach rechts bewegt. Das 141 Intensitätsmaximum erscheint aus der Sicht von S deshalb im Abstand x von der yAchse. n · λ = g · v/c v/c = v·t / (c·t) = sin (α) ↓ n · λ = g · sin (α) Für das Maximum 1. Ordnung (n = 1) gilt: λ = g · sin (α ) siehe Kapitel 1.13.5 ! Abb. 2.13.2 2.14 Das Minkowski – Diagramm Die Lorentztransformationen kann man so verändern, dass die Formeln für die Zeit t sich nicht mehr von denen für den Ort x unterscheiden. Man muss nur ein neues Zeitmaß einführen. Anstelle von t wird das Produkt c · t = m genommen. Mit m wird die Zeit durch den Weg beschrieben, den das Licht in dieser Zeit im Vakuum zurücklegt. Für v/c wird ß geschrieben. t = ( t’ + x’ ·v/c2 )/k → m = ( m’ + ß ·x’ ) /k → m = m’/k + ß · x’/k x = (x’ + v · t’ )/k → x = ( x’ + ß · m’)/k → x = x’ /k + ß · m’ / k t’ = (t - x ·v/c2)/k → m’ = ( m - ß ·x ) /k → m’ = m/k + (-ß) · x /k x’ = (x – v · t )/k → x’ = ( x - ß · m)/k → x’ = x /k + (-ß ) ·m / k Die ersten beiden Gleichungen in der dritten Spalte kann man zu der folgenden Vektorgleichung zusammenfassen. {m; x} = m’ · (1/k)·{1; ß} + x’ · (1/k)·{ ß; 1} (1/k)·{1; ß} = a; (1/k)·{ ß; 1} = b; |a| = |b| Anhand dieser Gleichung kann man erkennen, wie man bei Kenntnis von m’ und x’ einen Punkt im Koordinatensystem mit den Koordinaten m und x findet. In Abb. 2.14.1 ist dies am Beispiel m’ = 4 Einheiten und x’ = 2 Einheiten dargestellt. (m; x) erreicht man vom Nullpunkt aus mit m’ Schritten der Länge |a| in Richtung von a und x’ Schritten der Länge | b| in Richtung von b. Man kann aber auch so vorgehen, wie dies in Abb. 2.14.2 angedeutet ist. Abb. 2.14.1 142 Abb.2.14.2 Die Abb. 2.14.2 regt zur Einführung eines schiefwinkligen Koordinatensystems an, auf deren Achsen eine Länge = |a| = |b| als Einheit betrachtet wird (siehe Abb. 2.14.3). |a| = |b| = √[ (1 + ß2) / (1 - ß2) ] tan α = ß = v/c; Steigung von (1/k)·{1; ß}! Abb. 2.14.3 Es ist erkennbar, wie zu dem Wertepaar m; x leicht die zugehörenden m’, x’ – Werte gefunden werden können. Die Punkte der x-Achse stellen Ereignisse dar, die im ruhenden System zum Zeitpunkt t = 0 stattfinden. Die Punkte der x’- Achse beschreiben Ereignisse, die sich im bewegten System zum Zeitpunkt t’ = 0 ereignen. Ereignisse am Ort x = 0 werden auf der m-Achse abgebildet, solche am Ort x’ = 0 auf der m’ –Achse. 2.15 Das Zwillingsparadoxon Man denke sich Zwillinge A und B auf der Erde. B steige in eine Rakete und fliege mit 2/3 Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum. Nach einem Jahr komme er wieder nach Hause zu seinem Bruder. Da aus der Sicht von A alle Vorgänge in der Rakete zeitlich gedehnt werden, ist B dann weniger stark gealtert als A. Man könnte nun folgende als Zwillingsparadoxon bekannte Erklärung abgeben: A fliegt aus der Sicht von B mit 2/3 Lichtgeschwindigkeit. Was für B gilt muss auch für A gelten. Damit kommt man zu dem unsinnigen Schluss: Jeder der beiden Zwillinge ist biologisch jünger als sein Zwillingsbruder. Die Aussage „Was für B gilt muss auch für A gelten“ trifft hier nicht zu, denn für B gehen die Uhren auf der Erde erst dann langsamer als die Raketenuhren, wenn er nach dem Beschleunigungsvorgang die Uhren in seiner Rakete synchronisiert. Zunächst sieht B nach dem Start seines Raumschiffs so wie sein Bruder die Raketenuhren in einer langsameren Gangart als die irdischen Uhren. Der Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Uhren in der Rakete aus der Sicht von A während des Starts synchron bleiben und deshalb aus der Sicht von B nicht synchronisiert sind. Ist die Rakete in gleichförmiger Bewegung, dann kann B die Uhren in der Rakete synchronisieren. Nach einer solchen Synchronisation ordnet er beim Uhrenvergleich den Zeitangaben einer irdischen Uhr die Zeiten verschiedener Raketenuhren zu. Er liest die zugehörende Raketenzeit immer an der Uhr ab, an der die vorbeiziehende irdische Uhr gerade angelangt ist. Aus der Sicht des irdischen Beobachters ist dieser Uhrenvergleich nicht zulässig, weil nach seiner Sichtweise die zum Vergleich genommenen Raketenuhren nicht synchronisiert sind und deshalb falsche Zeiten anzeigen. Es soll nun etwas genauer untersucht werden, wie B den Start seiner Rakete erlebt und welche Schlüsse er möglicherweise daraus zieht. Wir stellen uns einen sehr 143 langen, rechteckigen Raum R innerhalb der Rakete vor (siehe Abb. 2.15.1), der während des Starts mit a auf die Geschwindigkeit v beschleunigt wird. In diesem Raum stehen Uhren, die unmittelbar vor der Beschleunigung zusammen mit den irdischen Uhren auf 0 eingestellt wurden. Während der Beschleunigung und danach zeigen diese Uhren aus der Sicht eines ruhenden Beobachters A gleiche Zeiten an. Abb. 2.15.1 Aus der Sicht von B geht nach der Beschleunigung auf die Geschwindigkeit v die Uhr bei x’2 gegenüber der Uhr bei x’1 um Δt’ = (v/c2)·Δx’ vor. Δt’ = t’2 - t’1 ; Δx’ = x’2 - x’1 Beweis: Wenn B die Uhren in der Rakete synchronisiert hat, dann gilt nach den Lorentztransformationen: t = (t’1 + x’1 ·v/c2)/√(1-v2/c2); t = (t’2 + x’2 ·v/c2)/√(1-v2/c2) t’1 und t’2 sind die Zeiten, die der ruhende Beobachter A zu einer Zeit t seines Systems auf den Uhren U1 und U2 abliest. Es werden Zeiteinstellungen und Koordinatensysteme in der Rakete und auf der Erde vorausgesetzt, wie sie den Lorentztransformationen zugrunde liegen. (t’1 + x’1 ·v/c2) = (t’2 + x’2 ·v/c2) Δt’ = t’2 - t’1 = - ( x’2 - x’1)·v/c2 → Δt’ = -(v/c2)·Δx’ Aus der Sicht von A geht dann die Uhr bei x’2 gegenüber der Uhr bei x’1 nach. Da nach dem Start die Uhren aus der Sicht von A keine Zeitunterschiede zeigen, geht aus der Sicht von B die Uhr bei x’2 gegenüber der Uhr bei x’1 um (v/c2)·Δx’ vor. Wir setzen nun voraus, dass sich B folgende Gedanken macht. Die im Raum R während des Beschleunigungsvorgangs der Dauer t’ wirkenden Kräfte sind keine Trägheitskräfte, sondern Gravitationskräfte, unter deren Wirkung der ruhende Beobachter A mit a’ in der Zeit t’ auf v = v’ beschleunigt wurde. v = v’ = a’·t’ Diese Gravitationskraft ist für die unterschiedlichen Anzeigen der Uhren verantwortlich, sie bewirkt, dass die Uhr U2 schneller geht als die Uhr U1. t’2 = t’1 + (v/c2) · Δx’; v = a’·t’ → t’2 = t’1 · [ 1 + (a’/c2) · Δx’ ] Für das Verhältnis der Taktfrequenzen t’2 / t’1 erhält er demnach: t’2 / t’1 = 1 + (a’/c2) · Δx’ Geht man davon aus, dass man zwischen Trägheitskräften und Gravitationskräften 144 hinsichtlich ihrer Wirkung keinen Unterschied feststellen kann, dann muss nach den Überlegungen von B eine Uhr U2 die um h über einer Uhr U1 im Gravitationsfeld der Erde aufgestellt ist, eine um t2 / t1 = 1 + (g/c2)·h schnellere Gangart haben als U1. Der in dieser Gleichung zum Ausdruck kommende Gangunterschied konnte mit hochgenauen Atomuhren nachgewiesen werden. Bei einem Höhenunterschied von 1000 m läuft die höhere Uhr während einer Stunde gegenüber der tieferen Uhr um 4·10-10 Sekunden voraus. Die hier beschriebene Tatsache lässt den Schluss zu, dass eine Lichtwelle eine Verminderung ihrer Frequenz erfährt (Rotverschiebung), wenn sie aus einem Gravitationsfeld aufsteigt. An höheren Orten laufen die Uhren schneller. Es wird dort eine größere Schwingungszeit und somit eine kleinere Frequenz gemessen. Auch diese Frequenzänderung konnte nachgewiesen werden. Somit kann die Behauptung als zutreffend bezeichnet werden, dass in einem abgeschlossenen Raum zwischen Gravitations- und Trägheitskräften keine Unterschiede erkannt werden können, wenn diese durch äußere Umstände bedingt sind. Träge und schwere Masse sind äquivalent. 2.16 Historisches zur Entwicklung der Relativitätstheorie Die Spezielle Relativitätstheorie hat viele Väter, die Allgemeine Relativitätstheorie ist das Werk Einsteins. Letztere basiert auf der schon von Ernst Mach formulierten Vorstellung, dass man Trägheitskräfte und Gravitationskräfte ohne Kenntnis ihrer Ursachen nicht unterscheiden kann. Wenn z.B. ein Mensch in einer großen Kiste aus großer Höhe frei zu Boden fällt und plötzlich eine Kraft spürt, weil er durch die Luft zu einer nahezu gleichförmigen Bewegung abgebremst wird, dann kann er in seiner Kiste nicht feststellen, ob es sich um eine Gravitations- oder eine Trägheitskraft handelt. Er kann auch die Auffassung vertreten, dass er aus einer gleichförmigen Bewegung beschleunigt wird. Demnach gelten in Räumen gleiche Gesetze, in denen weder Gravitations- noch Trägheitskräfte erfahren werden. Der letzte Satz ist eine Verallgemeinerung des schon früher formulierten Relativitätsprinzips. Anmerkungen zur speziellen Relativitätstheorie im Lehrbuch für Theoretische Physik von Georg Joos (10. Auflage, 1959): Die Zeittransformation hat bereits 1887 Voigt in einer wenig bekannten Arbeit vorgenommen. 1892 hat sie Lorentz für die Optik bewegter Körper aufgenommen. 1900 schrieb Lamor die Lorentz-Transformationen zuerst in der heute üblichen Form. 1904 erschien eine Arbeit von Lorentz, in der die Optik bewegter Körper ganz vom Standpunkt der Lorentztransformationen behandelt wurde. 1905 zogen unabhängig voneinander Poincarè und Einstein die folgenden Schlüsse aus den Lorentztransformationen: 1. Längenkontraktion und Zeitdilatation aus der Sicht bewegter Beobachter 2. Additionstheorem der Geschwindigkeiten 145 3. Dopplereffekt Die Einsteinsche Arbeit enthielt darüber hinaus das fundamentale Gesetz der Trägheit der Energie. Den Aussagen in dem genannten Lehrbuch ist noch hinzuzufügen, dass der österreichische Physiker Hasenöhrl schon 1904 ein auf nichtrelativistische Weise hergeleitetes Gesetz zur Trägheit der Energie veröffentlicht hat. Das besondere Verdienst von Poincarè und Einstein für die Spezielle Relativitätstheorie ist der Beweis, dass die Lorentztransformationen im Einklang mit dem Relativitätsprinzip stehen. Erst als man sich darüber im Klaren war, was unter der Gleichzeitigkeit von Ereignissen zu verstehen ist (Synchronisation von Uhren), welche an verschiedenen Orten stattfinden, war die Voraussetzung für einen solchen Beweis gegeben. Einstein musste sich während seiner Tätigkeit im Berner Patentamt dieser Frage stellen. Anlass hierzu gaben Probleme bezüglich der Abfahrts- und Ankunftszeiten von Fernzügen -man denke an den Orientexpress. Ausführliche Informationen über die Entwicklung der Relativitätstheorie enthält das Buch „Raffiniert ist der Herrgott ...“ von Abraham Pais (Vieweg-Verlag). Diesem Buch ist zu entnehmen, dass Poincarè seine Arbeit am 5.6.1905 in der Académie des Sciences (Paris) vorstellte und Einstein seine Arbeit am 30.6.1905 in den Annalen der Physik veröffentlichte. 3. Heuristik 3.1 Vorwort Wie gelangt der Mensch zu Fragen ? Wie findet er passende Antworten ? Warum glaubt er ? Um diese Fragen geht es in diesem Kapitel. Sie sollten für Leute von Interesse sein, die sich immer wieder um neue Erkenntnisse und um Klärung unverständlicher Sachverhalte bemühen und es dabei mit Aufgaben zu tun haben, zu deren Lösung es keine genauen Rezepte gibt. Man erwarte in diesem Kapitel nicht irgendwelche Wunderrezepte zur Lösung schwieriger Aufgaben. Der Gewinn neuer Einsichten beruht auf natürlichen Verhaltensweisen, zu denen der Mensch dank seiner Veranlagung unter bestimmten Bedingungen neigt. Der geistig rege und neugierige Mensch ist immer darauf aus, sein eigenes Verhalten zu variieren, mit Dingen gedanklich zu experimentieren, sie zu ändern und zu ergänzen und mit Ähnlichem zu vergleichen. Fragen und Schlussfolgerungen werden hierdurch veranlasst. Diese dem Erkenntnisgewinn dienenden Verhaltensweisen sollten bekannt sein, damit man nicht infolge unrealistischer Vorstellungen auf eine Art „Nürnberger Trichter“ hofft und sich somit in seiner geistigen Entwicklung hindert. Einem Schüler sollte vermittelt werden, dass hilfreiche Einfälle nicht ohne eigenes Zutun kommen, dass sein Interesse am Lernstoff im Wesentlichen davon abhängt, ob er mit Fantasie mitgeht, das Gebotene durch eigene Vorstellungen bereichert, es quasi in seinem 146 Sinne ausmalt. Dies gilt sowohl im Unterricht, als auch beim Lesen eines Buches. Jedes Buch, das nicht mit reger Fantasie gelesen wird, bleibt weitgehend unverständlich und wirkt langweilig. Kein Erfolgserlebnis ohne Mühe; leider gilt diese allgemeingültige Aussage nur im Sport als selbstverständlich. 3.2 Der Weg zur Frage Wenn eine Frage nicht aus einer Gewohnheit heraus gestellt wird, wie dies bei Kindern oft geschieht, dann ist sie normalerweise durch Unstimmigkeiten in der Welt unserer Vorstellungen, durch Abweichungen vom Gewohnten oder durch eine Vermutung bedingt. Wenn jemand nach der Größe eines Hauses fragt, dann geschieht dies, weil er sich unterschiedliche Bilder über dieses Haus gemacht hat. Wird nach der Dauer eines Vorgangs gefragt, dann zeigt dies an, dass die fragende Person mit dem Vorgang eine Uhr im Sinne hat, zu der sie sich verschiedene Zeitangaben vorstellt. Unstimmigkeiten können bestehen in der Beschaffenheit eines Gegenstandes oder seiner Anwendbarkeit, in einer Zuordnung, in den Ursachen, dem Verlauf, den zugehörenden Bedingungen und den Folgen eines Ereignisses. Sie lösen Fragen aus, die mit wie, welche, was, wer, wann und wo oder mit einem Verb oder einem Hilfsverb beginnen. Unerwartetes veranlasst fast immer eine meistens mit „warum“ beginnende Frage. Beispiele: 1. Wenn ein Schüler erfährt, dass der elektrische Widerstand eines Drahtes bei einer Dehnung zunimmt, dann erwartet er normalerweise auch bei einer Biegung eine Zunahme des Widerstands. So überrascht es ihn, wenn er sieht, dass die Biegung zu einem gegensätzlichen Effekt führt und fragt mit „warum“ nach einem Grund hierfür. 2. Unerwartet ist auch eine Abweichung vom Gewohnten. Mein vierjähriger Enkel hat mir hierzu eine beispielhafte Frage geliefert. Während eines Telefonats mit ihm – er telefoniert gerne und ausdauernd mit mir - hörte er das Flöten einer in meiner Nähe sitzenden Amsel. Er war gewohnt, meine Stimme im Telefon zu hören, nicht aber eine Vogelstimme. Somit kam von ihm die Frage: „Wie kommt der Flötenton der Amsel durch das Telefon zu mir ?“ Wenn Vorstellungen nicht ständig neu entwickelt, wenn sie nicht variiert und ergänzt werden, dann kommt es kaum zu Unstimmigkeiten in der Welt unserer Vorstellungen, die Fragen veranlassen. Bei einer Vermutung wird entweder nach ihrer Richtigkeit gefragt oder aber es wird eine Frage mit „warum“ gestellt, wenn sie sich als falsch erweist. Eine Vermutung kann immer als Ergebnis eines Vergleichs gesehen werden. Zeigen 147 zwei Dinge A und B gewisse Übereinstimmungen, dann wird auf weitere übereinstimmende Merkmale, möglicherweise auch auf Gleichheit geschlossen. Was bei A erkannt wird, wird zu B gedacht (vermutet) . Es ist somit sinnvoll, zu einer interessanten Erscheinung A eine ähnliche Erscheinung B zu suchen, damit sich Vermutungen einstellen können. 1. Beispiel: In der Abb.3.1 sind zwei Gegenstände zum Vergleich dargestellt. Links ist ein geladener Plattenkondensator skizziert, dessen Platten über einen geöffneten Schalter miteinander verbunden sind. Rechts ist ein U-Rohr zu sehen, dessen Schenkel durch einen zunächst geschlossenen Hahn getrennt sind. Der eine Schenkel ist mit Wasser gefüllt. Wird der Hahn geöffnet, dann schwingt das Wasser von einem Schenkel zum anderen und zurück. Abb. 3.1 Vermutung: Die Elektronen schwingen nach dem Schließen des Schalters zwischen den beiden Kondensatorplatten hin und her. 2. Beispiel Zum Vergleich kommen Modelle in Frage. Unter einem Modell versteht man ein erdachtes Gebilde, welches mit einem Gegenstand der Natur charakteristische Merkmale gemeinsam hat. So wird z.B. eine Vielzahl kleiner Kugeln, die in einem Gefäß hin und her schwirren, als Modell eines Gases genommen. Die kleinen Kugeln sollen den Molekülen eines realen Gases entsprechen. Eine an diesem Modell hergeleitete Gleichung über den Druck auf die Gefäßwand wird auf ein reales Gas übertragen und diesbezüglich auf seine Gültigkeit geprüft. Erscheint das Modell für Berechnungen zu kompliziert, dann wird es im Sinne besserer Berechenbarkeit geändert. Die Teilchen im Gasmodell kann man z.B. an der Innenseite einer Hohlkugel entlang gleiten lassen. Hierbei wird man von der Vermutung geleitet, dass das so gewonnene Ergebnis auch für das komplexere Modell gültig ist. Die Kraft eines Teilchens auf die Wand ist unter diesen Umständen gleich m· v2 / r. n Teilchen üben somit die Kraft F = n· m· v2 / r aus. Für den Druck p auf die Gefäßfläche A = 4·π·r2gilt demnach: p = F / A = F / (4·π·r2)→ p = (n·m·v2/ r) / (4·π·r2) ↓ p = n·m·v2/ (4·π·r3) Die Gleichung muss so umgewandelt werden, dass sie formal zu jedem mit Gas gefüllten Gefäß passt. 148 4· π· r3= 3 · Kugelvolumen V ↓ 2 p·V= (1/3)· n· m· v →p·V= (2/3)· n· ( m· v2/2) Wir vermuten manchmal, dass zwei Dingen einander gleich sind, wenn sie in wesentlichen Merkmalen übereinstimmen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn wir auf der Suche nach einem Term zur Berechnung einer bestimmten Größe in folgender Weise vorgehen: Zunächst wird nach Merkmalen eines solchen Terms gefragt, es können z.B. Ergebnisse sein, welche dieser unter bestimmten Bedingungen liefert. Hiernach werden Terme mit diesen Merkmalen gesucht und auf ihre Eignung geprüft. Beispielhaft hierfür sind die Schlussfolgerungen anhand von Einheiten auf Seite 25. Von einer völlig anderen Art ist das folgende Beispiel aus der Mathematik: Es solle eine Gleichung gefunden werden, welche es ermöglicht, den Flächeninhalt A eines Dreiecks anhand der Seitenlängen a, b und c zu berechnen. Es wird nach Merkmalen eines solchen Terms gefragt. Im Sinne dieser Frage sind Gedankenexperimente mit dem Dreieck hilfreich. Abb. 3.2 Bei Verkleinerung einer Höhe fällt auf, dass ein Term für den Flächeninhalt den Wert 0 ergeben muss, wenn eine Seite gleich dem halben Umfang s = (a+b+c)/2 ist. Auch mit schwindendem s muss dieser Term gegen o gehen. Ein Term mit diesen Eigenschaften ist das Produkt s·(s-a)·(s-b)·(s-c). Dieser Term kommt aber nicht für den Flächeninhalt in Frage, weil er als Einheit m4 oder cm4 hat. Vermutung (Heronsche Dreiecksformel): A = √[s·(s-a)·(s-b)·(s-c)] Wie hier, so sind auch in anderen Fällen Gedankenexperimente hilfreich, wenn man etwas genauer kennen lernen will. 3.3 Der Weg zur Antwort Oft kann zu einer gestellten Frage nach einem genau bekannten Verfahren eine Antwort gefunden werden. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn nach einer Größe gefragt wird, die mit Hilfe eines bekannten Gesetzes berechnet oder unter Zuhilfenahme vorhandener Geräte gemessen werden kann. Wir haben es aber auch mit Fragen zu tun, die nicht in dieser einfachen Weise beantwortet werden können. Wenn dies der Fall ist, dann sammeln wir Informationen über den in Frage stehenden Gegenstand G und vermehren diese Informationen durch Folgerungen, die wir daraus ziehen können. Auch Dinge, die G ähnlich sind, werden in Betracht gezogen. Beim Sammeln von Informationen sind Gedankenexperimente mit G sehr hilfreich. Hierbei 149 ist folgende Frage zu stellen: Was kann ich mit G tun , was kann ich an ihm beobachten und messen ? Die hier genannten Maßnahmen sollen einer Antwort näher bringen. Die Wege zu einer Antwort sind entweder induktiver oder deduktiver Natur. Unter einer Induktion (kommt von lat. inducere = hineinführen) versteht man den Schluss von Erfahrungen auf ein Naturgesetz. Die Deduktion (kommt von lat. deducere = wegführen) ist eine Folgerung aus einem oder mehreren bekannten Naturgesetzen. Wenn z.B. der Fallweg eines Steines mit Hilfe der Gleichung s = ½· g· t2 berechnet wird, dann spricht man von einer Deduktion. Die Ermittlung des Fallgesetzes anhand von tabellarisch angeordneten Messdaten nennt man eine Induktion. Wird eine Tabelle aus Messwertepaaren zusammengestellt, dann geschieht dies meistens mit der Absicht, eine konstante Verknüpfung von Messwerten zu finden (Ein Beispiel hierfür ist auf der Seite 20), manchmal aber auch deshalb, weil man eine Entwicklungstendenz an den geordneten, tabellierten Werten erkennen möchte, die eine Schätzung eines nicht messbaren Wertes ermöglicht. Man spricht in einem solchen Fall entweder von Interpolation oder Extrapolation, je nachdem ob der Schätzwert zwischen oder nicht zwischen den geordneten Messwerten liegt. Beispiel: Es solle die Temperaturzunahme ΔT bestimmt werden, die eine bestimmte Menge Wasser bei einer Energiezufuhr ΔE erfährt. Zur Messung des Wertes ΔT müsste die Energie ΔE schlagartig zugeführt werden, denn andernfalls wird der Messwert durch Wärmeabfluss an die Umgebung verfälscht. Da diese schlagartige Energiezufuhr nicht möglich ist, bestimmt man die Temperaturzunahme bei verschiedenen Erwärmungszeiten t. ΔE hat in jedem Fall den gleichen Wert. Die hierbei ermittelten Werte ΔT werden grafisch in Abhängigkeit von der Erwärmungszeit t dargestellt. Die Fortsetzung des Grafen bei Annäherung an t = 0 wird geschätzt, er weist auf den gesuchten Wert ΔT hin. Oft werden zu Gedankenexperimente anhand von Plausibilitätsbetrachtungen Tabellen erdacht. Sie regen zu Vermutungen an, und längst Vergessenes kann wieder einfallen. Beispiel: Wir denken an einen Metalldraht der Länge L, der unter einer Kraft F um ΔL gedehnt wird. Es stellt sich die Frage: Wie hängt ΔL von F ab ? Als einfachste Beziehung kommt ΔL / F = Konstante = K1 in Frage. Wir ändern in Gedanken die Länge des Drahtes. Frage: Wie ändert sich K1 mit der Länge L ? 150 Plausible Antwort: K1 / L = Konstante = K2. → ΔL / (F·L) = K2 Begründung: Gleich lange Abschnitte des Drahtes erfahren gleiche Dehnungen. Wir ändern in Gedanken den Querschnitt A des Drahtes. Frage: Wie ändert sich K2 mit dem Drahtquerschnitt A ? Plausible Antwort: K2·A = Konstante = K3. → ΔL· A / (F·L) = K3 Begründung: Ersetzt man einen Draht mit dem Querschnitt 2· A durch zwei parallele Drähte mit den Querschnitten A, dann erhält man vermutlich die gleiche Dehnung. Da die Kraft hierbei auf zwei Drähte verteilt wird, folgt: Nach Verdopplung des Querschnitts ist die Dehnung und somit auch K2 nur noch halb so groß. Die nur vom Drahtmaterial abhängige Konstante K3 wird Elastizitätsmodule ε des Materials genannt. ΔL·A / (F·L) = ε → F = ε·A·ΔL Wie lang ist die Schwingungszeit T eines Federpendels ? Wie groß ist die Zentralkraft auf einen kreisenden Körper ? Wie lang ist der Bremsweg eines bremsenden Autos ? Dies sind Fragen, wie sie im Physikunterricht gestellt werden. Die Antwort soll normalerweise deduktiv gefunden werden. Nur manchmal ist eine Gleichung bekannt, welche die Berechnung der gesuchten Größe x sofort ermöglicht. In der Mehrzahl aller Fälle müssen zunächst zum Sachverhalt passende Gleichungen hergeleitet werden. Hilfreich ist hierbei eine genaue Beschreibung des in Frage stehenden Gegenstandes G, eine Skizze von G mit zugehörenden Kenngrößen ist angebracht. Da diese Größen zum Aufstellen von Gleichungen anregen, sollte man sich beim Anlegen der Skizze nicht auf die in der Aufgabe angegebenen und gesuchten Kenngrößen beschränken. Was kann ich mit der gesuchten Größe x berechnen ? Diese Frage hilft bei der Suche nach einer Gleichung mit x. Auch hier muss wieder betont werden, dass oft erst bei Gedankenexperimenten mit G Wichtiges auffällt und hilfreiche Einfälle kommen. Als ein Gedankenexperiment kann auch die Änderung der Betrachtungsweise – Änderung des Beobachtungsstandortes - gesehen werden (siehe Berechnung von Wellengeschwindigkeiten auf den Seiten114-116). Anmerkung: Als Experiment gilt hier entsprechend der Wortbedeutung jede Handlung mit ungewissem Ergebnis, die dem Erkenntnisgewinn dienen soll. Findet man eine Gleichung, in der neben x noch andere unbekannte Größen y,z.... enthalten sind, dann müssen weitere Gleichungen mit x,y,z.. aufgestellt werden, damit die unerwünschten Unbekannten ersetzt werden können. 151 Oft ist es sinnvoll nach einer ähnlichen Aufgabenstellung zu fragen. Vielleicht findet man Anregungen an dem dabei gewonnenen Ergebnis und dem eingeschlagenen Lösungsweg. Beispiel: Es soll die Schwingungszeit T berechnet werden, nach der eine bestimmte Wassermenge in einem U-Rohr zu schwingen vermag. Abb. 3.3 Abb. 3.4 Die hierzu passenden Kenngrößen sind die Länge L des mit Wasser gefüllten Rohrabschnitts, der Rohrquerschnitt A, die Masse m und die Dichte ρ des Wassers (siehe Abb. 3.3). Als ähnliche Aufgabe ist die Berechnung der Schwingungszeit an einem Federpendel mit dem Ergebnis T = 2·π·√(m/D) zu nennen. Bei gedanklichen Umgang mit dem U-Rohr wird an das Hineinblasen gedacht. Bei einem solchen Experiment steigt die Flüssigkeit in einem Schenkel um 2·s über die des anderen Schenkels (siehe Abb. 3.4). s ist die Abweichung von der Ruhelage. Überlegungen zu diesem Experiment: Die Flüssigkeitssäule der Höhe 2 ·s bewirkt eine zurücktreibende Kraft F. Es kann eine der Federkonstanten D entsprechende Größe D = F/s berechnet werden. F = 2·s·A ·ρ·g → D = 2·ρ·A·g Unter Berücksichtigung der Gleichungen T = 2·π ·√(m/D) und m = L ·A·ρ finden wir: T = 2· π ·√[L/ (2·g)] Wird eine Gleichung zur Beschreibung einer bestimmten Bedingung gesucht, dann sollte man die Entwicklung zur Bedingung hin untersuchen. 1. Beispiel: Es solle der Umkehrpunkt eines nach oben geworfenen Körpers berechnet werden. Verfolgt man die Entwicklung zum Umkehrpunkt hin, dann fällt auf, dass die Geschwindigkeit v bei Annäherung an den Umkehrpunkt 0 wird. Als Bedingungsgleichung wird daraufhin v = vStart - g·t = 0 aufgestellt. 2. Beispiel: Auf einen großen Zylinder mit dem Radius r (siehe Abb. 3.5 auf der nächsten Seite) werde ein Klötzchen aufgesetzt, welches an einem Zylinder reibungsfrei abgleite. Bei einem bestimmten Wert des Drehwinkels φ löst sich dieses Klötzchen vom Zylinder. 152 Wie groß ist dieses φ ? Der Radius r, der Drehwinkel φ, die Höhendifferenz h zwischen dem Ablösepunkt und dem Scheitel des Zylinders, die Gewichtskraft m·g, die Zentrifugalkraft FZ = m·v2 / r, welche aus der Sicht eines Beobachters wirkt, der das Klötzchen begleitet und die resultierende Kraft F, werden vermerkt. Abb. 3.5 Abb. 3.6 Auf der Suche nach einer Bedingungsgleichung für die Ablösung, fällt auf, dass die resultierende Kraft F bei Annäherung an den Ablösepunkt in Richtung der Bahn weist. Bedingungsgleichung: cos (φ) = FZ / (m·g) → cos(φ) = m·v2 /( r ·m·g) cos (φ ) = m·v2 /( r ·m·g) ; m·v2/2 = m·g ·h (Ekin = Epot ! ) h = r - r·cos(φ) = r ·(1 – cos(φ)) cos(φ) = 2·g·r ·(1 – cos(φ)) /( r ·g) → cos(φ) = 2 – 2·cos(φ) → cos(φ) = 2/3 φ = 48,2° 3.4 Prüfung und Beweis einer Vermutung Vermutungen müssen auf Übereinstimmung mit der Wirklichkeit geprüft oder bewiesen werden. Manchmal besteht eine Prüfung in einigen Messungen. Ist diese Prüfung nicht auf eine derart einfache Weise möglich, dann fragt der geistig rege Mensch: „Was müsste sonst noch gelten, wenn die Vermutung zutrifft?“ Auf diese Frage hin werden Experimente mit dem Gegenstand der Vermutung erdacht und deren Verlauf unter Berücksichtigung der Vermutung überlegt. Sieht es so aus, dass ein bestimmtes nachprüfbares Verhalten nur bei Gültigkeit der Vermutung zu erwarten ist, dann wird nachgeforscht. 1. Beispiel: Es wird vermutet, dass ein Gas aus vielen kleinen Teilchen besteht. Als Experiment könnte man hier die Trübung des Gases durch Rauch erwägen. Die Rauchteilchen werden nach der gegebenen Vermutung infolge immer wiederkehrender Zusammenstöße mit Gasteilchen zittern müssen. Dieser Sachverhalt ist nachgewiesen 153 und dient als Begründung für die Vermutung. 2. Beispiel: Es wird vermutet, dass auf einem ungeladenen Körper beide Arten von Elektrizität in gleichen Mengen vorhanden sind. Ein mögliches Experiment mit einem ungeladenen Körper ist seine Annäherung an einen geladenen Hartgummistab. Nach der geäußerten Vermutung ist dann eine Trennung der positiven und negativen Körperladungen zu erwarten. Diese Trennung ist nachweisbar (Influenz). Die hier gegebenen Begründungen sind hinsichtlich ihrer Überzeugungskraft nicht mit einem Beweis vergleichbar. Anhand der experimentellen Befunde, die in den letzten Beispielen zur Begründung der Vermutung angegebenen wurden, kann nicht, wie bei einem Beweis üblich, mit Sicherheit auf die Vermutungen geschlossen werden. So kann z.B. das Zittern eines Rauchteilchens neben stoßenden Gaspartikeln auch andere Ursachen haben. Beweisen heißt: eine Behauptung aus gültigen Tatsachen in eindeutiger Weise erschließen. Hierbei werden nicht nur aus den Voraussetzungen, sondern auch aus den zu beweisenden Behauptungen Folgerungen gezogen. Man möchte auf diese Weise leichter beweisbare, gleichwertige Behauptungen finden. 1. Beispiel: Es sei der Satz des Pythagoras zu beweisen. Aus der Behauptung: a2 + b2 = c2 folgt: (a+b)2 = c2 + 2·a·b. Dass die letzte Behauptung zutrifft, erkennt man sofort anhand der Abb. 3.7. Abb. 3.7 2. Beispiel: Beweis der Heronschen Dreiecksformel: A = √[s·(s-a)·(s-b)·(s-c)] b, a und c werden durch die Variablen h, d und e ausgedrückt und danach bewiesen, dasss·(sa)·(s-b)·(s-c) den gleichen Wert liefert wie die für A2 gültige Gleichung A2 = h2 · (d+e)2 / 4 . Abb. 3.8 A = h · (d+e) / 2 ! 154 s · (s-a) · (s-b) · (s-c) = (a+b+c)/2· (b + c – a)/2 · (a + c – b)/2 ·(a + b – c)/2 s = (a+b+c)/2 ! s · (s-a) · (s-b) · (s-c) = (1/16)· [(b+c +a)· (b + c – a)]· [(a+c – b) · (a + b – c)] Mit b2 = d2 + h2 , a2 = h2 + e2 und c2 = (d + e)2 = d2 + 2 · d · e + e2 erhält man nach einigen einfachen Umformungen: s ·(s-a) ·(s-b) ·(s-c) = ¼ · [ d · c + b· c ]·[b ·c – d · c]= ¼ · c2 ·(b2-d2) = ¼ ·c2 ·h2 = A2 Gedankenexperimente können für einen Beweis sehr wichtig sein. Beispielhaft hierfür ist der auf der Seite 75 gegebene Beweis der Behauptung, dass der Wasserdruck in einem Wasserbecken nur von der Wassertiefe und nicht von der Orientierung der Fläche abhängt, die den Druck aufnimmt. 3.5 Über den Glauben Menschliche Anlagen haben sich evolutionär als arterhaltende Leistungen entwickelt. Manche können sich aber leider unter bestimmten Bedingungen auch als sehr nachteilig erweisen. Zu diesen Anlagen gehört unsere Neigung zum Glauben. Man muss wissen, was uns zu einem bestimmten Glauben veranlasst, damit man sich nicht starrsinnig neuen Erkenntnissen verschließt, weil sie mit bestimmten Glaubenssätzen nicht vereinbar sind, und zu sonstigen unpassenden Vorurteilen neigt. Es müssen Glaubenskriege vermieden werden -man denke an den Streit um die Relativitätstheorie in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Zu den Gegnern dieser Theorie gehörten die bekannten Physik-Nobelpreisträger Philipp Lenard und Johannes Stark, die im Streit um sie durch unsachliche und beleidigende Äußerungen auffielen. Die Relativitätstheorie war mit ihrem Glauben über Raum und Zeit nicht vereinbar. Von jüdischer Physik war die Rede. Wenn es um Glaubensangelegenheiten geht, dann sind immer Gefühle im Spiel, die sehr leidenschaftlich sein können und keine sachliche Erörterung zulassen. Eine sachliche Diskussion über Glaubenssätze ist nur mit Leuten möglich, die nach den Hintergründen ihres Glaubens fragen, die sich immer wieder der Frage stellen, warum sie dieses und jenes glauben. Im Sinne einer solchen selbstkritischen Betrachtung soll hier auf die Fragen eingegangen werden: Warum glauben wir ? Wie ist es zu verstehen, dass Glaubenssätze angenommen werden, die den Alltagserfahrungen völlig widersprechen ? Man denke an den heute weit verbreiteten Glauben, dass sich Menschen in ihren geistigen Fähigkeiten, ihrer emotionalen Veranlagung und den daraus resultierenden Wertvorstellungen bei gleichen gesellschaftlichen Entwicklungsbedingungen nicht unterscheiden, ein Glaube, der oft lapidar mit den Worten verkündet wird: Alle Menschen sind gleich! Es erscheint zunächst schwer fassbar, dass gebildete Menschen diesen Glaubenssatz 155 verkünden; sie sollten doch wissen, dass eine evolutionäre Entwicklung nur möglich ist, wenn sich immer wieder Unterschiede einstellen. Bei Gültigkeit des oben genannten Gleichheitspostulats wäre der Mensch nicht über die Entwicklungsstufe eines Einzellers hinausgekommen. Offensichtlich ist es so, dass bestimmte Glaubenssätze deshalb angenommen werden, weil das Leben mit ihnen angenehmer erscheint. Zweifel an völlig unrealistischen Glaubensätzen werden manchmal in einer Art abgewehrt, als werde nach dem Leitsatz gehandelt: Es kann nicht sein, was nicht sein darf ! Dies liegt an den emotionale Wurzeln eines jeden Glaubens. Gefühle, die der Mensch im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte erworben hat, sprechen für den Glauben. Jeder weiß, dass Zu- und Abneigung dafür maßgebend sind, ob wir jemandem glauben bzw. nicht glauben und dass wir Schmeicheleien gegenüber anfällig sind, weil sie gut tun. Oft glauben wir an die Redlichkeit von Leuten schon bei der ersten Begegnung, weil sie uns sympathisch sind. Ein Glauben darf nicht mit einer Vermutung verwechselt werden. Die Vermutung basiert auf rationalen Erwägungen, Diskussionen über Glaubenssätze sind fast immer emotional aufgeladen. Dies gilt nicht für Vermutungen. Bei einer Vermutung ist man sich immer bewusst, dass sie falsch sein kann. Man kennt einige Merkmale, welche für sie sprechen, es wird aber für möglich gehalten, dass sie durch neue Erkenntnisse widerlegt wird. Mit Vermutungen kommt man nur dann in Konflikte, wenn diese Zweifel an liebgewonnenen bzw. politisch gewollten Glaubenssätzen nähren. Das Wort Glaube ist von dem indogermanischen Wort „leubh“ abgeleitet, welches so viel bedeutet wie: begehren, lieb haben, für lieb erklären, gutheißen, loben (siehe Wikipedia). Ob einer Aussage geglaubt wird, hängt sehr von ihrer emotionalen Wirkung ab. Gefällt sie, dann wird sie gerne geglaubt, wenn sie nicht unmittelbar als Irrtum erkennbar ist. Gefällt sie nicht, weil sie möglicherweise verunsichert, weil ein liebgewonnenes Weltbild damit verloren geht, dann wird sie nur ungern angenommen, vielleicht sogar leidenschaftlich abgelehnt. Für die Glaubwürdigkeit einer Aussage sind sehr wichtig: 1. der Erfolg, den sie ermöglicht, 2. die Zahl der Menschen, welche zu ihr stehen und 3. die Zeit, in der sie unwidersprochen bleibt und 4. die Entschiedenheit, mit der sie vorgetragen wird. Die Wirkung solcher Argumente scheint auf den für unsere Evolution maßgebenden Gegebenheiten früherer Jahrtausende zu beruhen, denn Erfolg auf der Grundlage falscher Vorstellungen war sehr unwahrscheinlich und viele gleiche Aussagen standen für viele Einzelerfahrungen - es gab keine Mittel der Massenbeeinflussung (Gleichschaltung). Blieb eine Aussage lange Zeit unwidersprochen, dann hatte sie sich bewährt. Auch heute wird zur Begründung einer Aussage immer wieder gesagt: „Das sagt doch der und jener auch !“ oder „Es gab noch nie einen Grund daran zu zweifeln !“ oder „Der Erfolg gibt ihm Recht !“. Wenn Leute ihren Glauben an 156 die christliche oder moslemische Religion begründen, dann geschieht dies in der Regel mit der Aussage: „Dieser Glaube hilft mir !“Auch dies ist ein Hinweis auf einen Erfolg. Erfolgreichen Leuten wird immer gerne geglaubt. Im 17. und 18. Jahrhundert, der Zeit der Gegenreformation, hat die katholische Kirche herrliche barocke Kirchen errichten lassen, denn großartige Werke werden als Erfolg und somit als Ausdruck von Glaubwürdigkeit gewertet. Die islamische und christliche Religion verdanken ihre Ausbreitung hauptsächlich den kriegerischen Erfolgen, die im Glauben an sie errungen wurden. Mythen über solche Erfolge spielen hierbei auch eine große Rolle, man denke an das Buch Joshua im Alten Testament- ein nach dem israelischen Historiker Shlomo Sand historisch nicht belegbarer Mythos. Erfährt jemand, dass er seinen Glauben mit anderen teilt, dann fühlt er sich wegen 2. in ihm bestärkt. Aus diesem Grunde sind in kirchlichen und anderen ideologisch geprägten Glaubensgemeinschaften rituelle Handlungen üblich wie z.B. Massenaufmärsche oder gemeinsames Singen und Beten. Eine Mehrheitsmeinung kann unfassbar gläubig machen, denn Widerspruch gegen eine herrschende Meinung erzeugt Missfallen. Man denke an das Märchen: Des Kaisers neue Kleider. Wird eine Meinung mit Entschiedenheit vorgetragen, dann kann man damit rechnen, dass sie ohne Begründung hingenommen wird. Verständlich wird dies, wenn man bedenkt, dass in weit zurückliegenden Zeiten die Kombination von Entschiedenheit und Dummheit nur eine geringe Überlebenschance hatte. Wunschvorstellungen werden verinnerlicht und schließlich sogar als „Wahrheiten“ angenommen, wenn mit ihnen das Leben angenehmer erscheint. Sie sind nicht unbedenklich, denn sie können lang anhaltende Fehlentwicklungen begünstigen. Möglicherweise ist dies ein Grund für den Untergang von Hochkulturen. 157 4. Lösungen zu den Aufgaben Kapitel 1.3.4: Zu 1.: Der Schwerpunkt des Wagens ist in der Wagenmitte zu sehen. Zu Anfang liegt der gemeinsame Schwerpunkt von Person und Wagen rechts von der Mitte mit dem Abstand d. d = (mP·dP + mW · 0 ) / (mW+ mP) = 90 kg · 2,5 m / 190 kg = 1,18 m. Die Person hat anfangs den Abstand dP = 2,5 m von der Mitte. Am Ende liegt der Schwerpunkt 1,18 m links von der Mitte. Da der Schwerpunkt ruht, bewegt sich der Wagen um 2·d = 2,36 m . Zu 2.: Der Wagen hat vor dem Ereignis in Richtung der Schiene den Impuls m 0· v0 . Die fallenden Säcke mit je m = 50 kg haben in Schienenrichtung den Impuls 0. Somit gilt: Der Impuls des Wagens vor dem Ereignis ist gleich dem Impuls des Wagens nach dem Ereignis. m0 · v0 = (m0 + 2·m)· v → v = m0· v0/ (m0 + 2·m) v = 250 kg · 5m/s / (250 kg + 2·50 kg) = 3,57 m/s Zu 3.: Man denke sich ein Koordinatensystem, dessen x-Achse nach rechts weist. Unter dieser Voraussetzung ist v1 = - 2 m/s und v2 > 0. m1· v1+ m2 · v2 = 0 → v2 = - (m1 / m2) · v1 , v2 = 300 / 250 m/s = 1,2 m/s Kapitel 1.3.7 : Zu 1.: Der Geschwindigkeitszuwachs während der Beschleunigungszeit Δt beträgt Δv =a·Δt. v = v0 + Δv = v0 + a · Δt; a = F/m v = v0 + F/m · Δt → v = 0,5 m/s + 0,3N / 0,2 kg · 4s = 6,5 m/s Zu 2.: Sofort nach dem Zusammenstoß ist der Impuls (m B + mW)·v des Gebildes Bremsklotz + Wagen gleich dem Impuls des Wagens vor dem Stoß. (mB + mW)·v = mW · v0. Nach dem Stoß wird der Bremsklotz mit dem Wagen unter der Kraft F = 0,5 N auf die Geschwindigkeit 0 abgebremst. Die Geschwindigkeitsänderung Δv während des Bremsens ist demnach gleich v. v = a·Δt; a = F/(mB + mW ) → Δt = v ·(mB + mW ) / F v = mW · v0 / (mB + mW ) → Δt = mW · v0 / F 158 → Δt = 0,3 kg · 3m/s / 0,5 N = 1,8 s Kapitel 1.4.1 Zu1.: (m1 +m2) · a = m2 · g v = a · t = [m2 · g /(m1 +m2)] · t ; → a = m2 · g /(m1 +m2) s = (1/2)· a · t2 = ½· [m2 · g /(m1 +m2)] · t2 v = 0,02 kg ·9,81 m/s2 · 3 s / 0,22 kg = 2,67 m/s s = ½ · 0,02 kg ·9,81 m/s2 · 9s2 / 0,22 kg = 4,01 m Zu2.: Der Gegenstand erreicht in der Zeit t seinen höchsten Punkt mit der Koordinaten y (am Koordinatenursprung beginnt der Wurf) und hat dann die Geschwindigkeit 0. Die Geschwindigkeitsänderung in t ist somit v0 . v0 / t = g ; t = v0 / g = 10m/s / 9,81m/s2 = 1,02 s y = - ½ · g ·t2 + v0 ·t = 5,1 m Wurfdauer: tW = 2·t = 2,04 s Zu 3.: Am Ort des Aufschlags sei der Ursprung eines Koordinatensystems, dessen y-Achse nach oben weist. y = - ½ ·g · t2 + v0 · t + y0 ; beim Aufschlag gilt: y = 0 - ½ · g · t 2 + v0 · t + y0 = 0 → - ½ · 9,81m/s2 · t2 – 5 m/s · t + 10m = 0 Es handelt sich um eine quadratische Gleichung mit den Lösungen: t1 = - 2s (unpassend) und t2 = 1s v = -g·t + v0 ; v = - 9,81 m/s2 · 1 s – 5 m/s ; v = - 14,81 m/s Zu 4.: Wurfhöhe: Am höchsten Punkt ist vy = 0 ( t ist die Steigzeit) vy = v2 - g · t → t = v2 / g y = - ½ ·g · t2 + v2 · t + y0 ( y0 = 1,7 m ) y = - ½ ·g · v22 / g2 + v22 / g + y0 y = ½ · v22 / g +y0 v1 = v0 · cos α ; v2 = v0 · sin α y = ½ · v02 · sin2(α) / g + y0 → y = 7,4 m 159 Wurfweite : y = - ½ · g · t2 + v2 · t + y0 ( t steht nun für die Wurfzeit ). Beim Aufschlag gilt : y = 0 0 = - ½ · g · t + t· v0 · sin α + y0 (quadratische Gleichung für t ) 2 t1 = - 0,15 s (unpassend) ; t2 = 2,3 s Wurfweite x = v1 · t2 = v0 · (cos α ) · t2 → x = 24,4 m Geschwindigkeit des Aufschlags: Vektor v der Endgeschwindigkeit: v = v0 + a· t = {v0 · cos(α) ; v0 · sin(α) - g· t2 }= ={ v’1 ; v’2 } = { 10,6 m/s; -12 m/s } → Geschwindigkeit |v| = 16 m/s Aufschlagwinkel: tan(β)= 12 / 10,6 → β = 48, 5° Kapitel 1.4.2 Zu 1.: Der Boden des Eimers und die Erde üben Kräfte auf das Wasser aus. Am höchsten Punkt ist die Summe aus der Bodenkraft F B und der Gewichtskraft m · g die Zentripetalkraft auf das Wasser der Masse m. m ·g + FB = m ·v2 /r Ist FB = 0, dann hält sich das Wasser gerade noch im Eimer. m·g = m ·v2 /r → g = v2 /r → v2 = g·r → v = 2,8 m/s Zu 2.: Die Straße und die Erde üben die Kräfte F B und m·g auf das Auto aus. Die Zentripetalkraft F ist die Resultierende aus diesen beiden Kräften. tan α = F / (m · g ); F = m ·v2 /r ↓ 2 tan α = v /(g · r) → α = 57° Zu 3.: Die Straße und die Erde üben auf den Fahrer und das Fahrrad (gemeinsamer Schwerpunkt !) die Kräfte FB und m·g aus . m = Masse des Fahrrads + Masse des Fahrers tan α = F / (m · g); F = m ·v2 /r ↓ tan α = v / (r · g) → α = 8,9 ° 2 160 Zu 4. : Der Faden und die Erde wirken mit den Kräften FF und m·g auf die Kugel ein. Die Resultierende dieser beiden Kräfte wirkt als Zentripetalkraft F. tan α = F/(m · g); F = m · ω2 · r → tan α = ω2 · r/ g sin α / cos α = ω2 · r/ g ↓ 2 sin α / cos α = ω · L · sin α /g → 1/cos α = ω2 · L /g ↓ 2 cos α = g /(ω · L ) → α = 78° r = L · sin α; Zu 5.: Die Gewichtskraft kann man in die zwei Komponenten F1 und F2 zerlegen. F2 sorgt für die Beschleunigung entlang der Bahn. F1 bildet mit FB die Zentripetalkraft. FB ist die Kraft, welche das Rohr auf das Wägelchen ausübt. An der Ablösestelle ist FB = 0. In diesem Fall gilt: F1 = m · v2 /r ; F1 = m · g · cos α ↓ 2 m·g·cos α = m·v /r → cos α = v2 /(r · g) v2 ist durch die Höhenänderung h = r - r · cos α = r·( 1 – cos α ) bestimmt. Es gilt : v2 = 2 ·g · h = 2 ·g · r · ( 1 – cos α ) cos α = v2 /(r · g) ↓ cos α = 2 ·g · r · ( 1 – cos α ) / (r · g ) cos α = 2 · ( 1 – cos α ) → cos α = 2/3 → α = 48° Kapitel 1.5.2 Zu 1.: G wird von der Erde mit m1 ·g nach unten gezogen. Dieser Kraft wirkt der Faden mit der Zugkraft F entgegen. Die resultierende Kraft ist m1 · g – F. a · m1 = m 1 · g – F Der 160 g – Körper wird vom Faden mit F nach oben gezogen. Der Kraft F wirkt die Erde mit m2 ·g entgegen. a· m2 = F – m2 ·g → F = a ·m2 + g · m2 161 Setzt man den letzten Term in die erste Gleichung ein, dann erhält man: a·m1 = m1 ·g – a · m2 – g ·m2 → a = (m1· g – m2 · g ) / (m1 + m2 ) a = 40g · 9,81 m/s2 /360 g = 1,09 m/s2; v = a·t = 1,09 m/s2 · 0,5 s = 54 cm s = (a/2) · t2 = 13, 6 cm Zugkraft F des Fadens : F = a ·m2 + g · m2 → m2 · ( a + g ) = 0,16 kg · 10,9 m/s2 = 1,74 N Kraft auf die Rolle = 2·F = 3,48 N Diese Kraft ist kleiner als die Gewichtskraft der am Faden hängenden Gegenstände ! Zu 2.: Auf W2 wirkt die schiefe Ebene mit FN (Normalkraft) und die Erde mit m· g. Die Resultierende aus diesen beiden Kräften ist die Hangabtriebskraft FH. FH = m2 ·g · sin(40°) ; FH beschleunigt die beiden Wagen a = m2 ·g · sin(40°) / (m1 + m2 ) = 0,15 kg · 9,81 m/s2 /0,35 kg = 2,7 m/s2 Von zwei Seiten zieht der Faden an der Rolle mit der Kraft Ff. Die beiden von links und rechts wirkenden Kräfte bilden F als Resultierende. Ff = m1· a F = 2·Ff · sin(20°) F = 2 · m1· a · sin(20°) = 0,36 N Zu 3.: Das linke Gewicht wird unter der Kraft m · g - F f beschleunigt. Ff = Zugkraft des Fadens nach oben. m · g – Ff = m · a1 (a1 = Betrag der Beschleunigung) → Ff = m · g - m · a1 Das rechte Gewicht wird unter 2 · Ff - m · g nach oben beschleunigt. 2·Ff - m · g = m · a2; a2 = a1 /2 → 2 · Ff - m · g = m · a1 /2 → Ff = m·g /2 + m · a1/4 Ff = m · g - m · a1 ; Ff = m · g /2 + m · a1 /4 → m · g - m · a1 = m · g /2 + m · a1 /4 a1 = (2/5) · g 162 Zu 4.: Für die Endgeschwindigkeit v der Perle am Punkt B gilt: v2 = 2·g·h. Die Gleitzeit t erhält man nach v = t · a t = v / a ( a ist die Beschleunigung der Perle). t2 = v2/a2 = 2· g · h / a2 FH = m·a; m · g / FH = g / a = c / h → a = g ·h / c t2 = 2 · c2 / (g · h) Das Dreieck A,B,C ist nach dem Thalessatz rechtwinklig, somit gilt: h · (2r) = c2 (Kathetensatz ! ) ↓ 2 t = 4 · r/g t2 ist unabhängig vom Verlauf der Sehne immer gleich 4 · r/g. Kapitel 1.6.3.1: Zu 1.: Das Auto wird unter der Gleitreibungskraft FR = FN · µ gebremst. FN = m · g → F R = m · g · µ m · g · µ = m · a ( a = |a| ) → a = g · µ Da a der Bewegung entgegen gerichtet ist , schreiben wir a = - g · µ. Für die Bremszeit t gilt demgemäß: v0 / t = g · µ → t = v0 /(g · µ) Für den Bremsweg s gilt: s = - a/2 · t2 + v0 ·t ( a ist der Bewegung entgegen gerichtet) ↓ s = (- g· µ/2) · v02 / (g·µ)2 + v02 / (g·µ) → s = 0,5 · v02 / (g·µ) ↓ s = 0,5 ·(100· 1000/3600 m/s)2 / (9,81 m/s2 ·0.8 ) = 49,15 m Der Bremsweg ist dem Quadrat der Geschwindigkeit proportional ! Bei 150 km/h ist der Bremsweg 1,52 · 98,3 m = 221 m. Es ist noch anzumerken, dass auch beim Anfahren die Beschleunigung nicht über g·µH hinausgehen kann. Wird die Lauffläche der Räder stärker beschleunigt, dann drehen die Reifen durch. Zu 2.: Sofort nach dem Stoß ist der Impuls, den der Wagen zusammen mit dem Bremsklotz hat, gleich dem Impuls des Wagens vor dem Stoß. (m2 + m1 ) · v0 = m1 · v ; v0 = Geschwindigkeit sofort nach dem Stoß. Anschließend werden beide Gegenstände mit F = m2 · g · µ abgebremst. 163 (m2 + m1 )· a = m2 · g · µ (a = |a| ) → a = g · [µ ·m2 / (m2 + m1 )] s = - a/2 · t2 + v0 ·t ( die Beschleunigung ist der Bewegung entgegen gerichtet) ; t = v0 /a → s = ½ · v02 / a ↓ s = ½ · v · (m2 + m1 )/ (g · µ ·m2) 2 0 → s = 25 cm Zu 3.: Die Zentripetalkraft geht von der Straße aus. Sie beträgt höchstens µ ·m ·g. µ·m·g = m ·v2 /r → µ ·g = v2 / r ↓ v2 = µ·g· r = 21 m/s = 75,6 km/h Hinweis: In der Aufgabenstellung wird man zunächst eine Angabe über die Masse m vermissen. Wenn eine Zahlenangabe zu fehlen scheint, dann sollte man eine Variable für sie setzten in der Hoffnung, dass diese bei der Behandlung der Aufgabe durch Kürzen herausfällt. Kapitel 1.8: Zu 1.: Es gilt T = 2 · π · √(m/D). D und m müssen berechnet werden. Bläst man in einen Schenkel hinein und bewirkt damit die Auslenkung s, dann stellt sich im anderen Schenkel ein um 2·s höherer Wasserspiegel ein. Die Gewichtskraft auf die Wassersäule der Länge 2·s ist die zurück treibende Kraft F. F = 2·s ·A · ρ · g ( ρ = Dichte des Wassers, A = Querschnitt des Rohrs ) ↓ D = F / s → D = 2 ·A · ρ · g; m = L · A · ρ ↓ T = 2· π · √[L / (2·g)]; ν = 1/(2· π) · √(2·g / L) T = 0,77 s; ν = 1,28 Hz Zu 2.: Während einer ¼ - Schwingung wird beschleunigt. t = T/4 = π/2 · √(m / D) ≈ 5 ms 164 Zu 3.: Es gilt T = 2·π · √(m/D). D und m müssen berechnet werden. Wird der Stab aus seiner Ruhestellung um Δs nach unten gedrückt, dann erfährt er eine um F = Δs · A · ρ ·g höhere Auftriebskraft (A = Querschnitt des Stabes, ρ = Dichte des Wassers). F wirkt als zurück treibende Kraft. D = F / Δs = A · ρ ·g; m = A · L · ρH → T = 2· π · √[L· ρH / (g · ρ)] = 0,69 s Zu 4.: Der Haftvorgang ist eine Halbschwingung. Mit steigender Stoßgeschwindigkeit nimmt die Verformung s der Kugeln beim Stoß zu. F/s bleibt nicht konstant, sein mittlerer Wert wird größer. Da die Schwingungszeit mit steigendem D abnimmt, werden die Kontakte kürzer, wenn der Anfangsabstand vergrößert wird. Zu 5.: Es gilt: T = 2·π· √(L/g) → g = 4·π2· L /T2 ; T = 138,8 s / 40 = 3,47 s → g = 9,83 m/s2 Zu 6.: Die Erdanziehungskraft m ·g wird um die Auftriebskraft vermindert, welche die Kugel vom Wasser erfährt. In T = 2·π· √(L/g) ist für g ein kleinerer Wert einzusetzen. In vertikaler Richtung wirkt auf die Pendelkugel die Kraft F = m · g - V·ρ·g . V = Volumen der Eisenkugel, ρ = Dichte des Wassers , ρE = Dichte des Eisens V · ρE = m → V = m / ρE → F = m · g · (1 - ρ/ ρE ) In T = 2·π· √(L/g) muss für g der Wert g · (1 – ρ/ ρE ) eingesetzt werden. T = 2·π· √{L/[g · (1 – ρ/ ρE )] } → T = 1,176 s Kapitel 1.11.2: Zu 1.: Das Kind mit der Masse m hat von der Drehachse den Abstand r + d. d = L ·sin(α) Bei der Winkelgeschwindigkeit erfährt es die Zentrifugalkraft FZ. ω FZ = m · ω2 · [ r + L ·sin(α)] Die Resultierende aus FZ und der auf das Kind wirkenden Gewichtskraft m · g ist parallel zu L. m · ω2 · [ r + L ·sin(α)] / (m ·g) = tan(α) → ω = 1,12 s-1 165 Zu 2.: Wir betrachten eine kleine Wassermenge M der Masse m auf der Wasseroberfläche. Auf M wirkt die Gewichtskraft m ·g und die Zentrifugalkraft m·ω 2·x ( x = r ! ). Da M nicht entlang der Oberfläche verschoben wird, muss die Resultierende aus den beiden Kräften senkrecht zur Wasseroberfläche stehen. Die Parabeltangente durch M hat den Steigungswinkel α. tan(α) ist die Steigung y' = dy/dx = 2·k·x. y' = m·ω2·x / (m ·g) = ω2·x / g → k = ½ · ω2 / g → y = ½ ·ω2 ·x2/g Zu 3.: Die linke und die rechte Feder haben die Federkonstanten D. Die zurück treibende Kraft bei einer Schwingung auf einer ruhenden Scheibe beträgt demnach F = 2·D·x. Unter ihr schwingt die Kugel auf einer ruhenden Scheibe mit der Frequenz fR. fR = 1/(2·π) · √(2·D/m) → D = 4·π2 · fR2 · m / 2 → D = 1,97 N/m Auf der rotierenden Scheibe wirkt der Federkraft die Zentrifugalkraft m·ω2· x entgegen. Die zurücktreibende Kraft ist somit F = 2·D·x - m·ω2· x = (2·D - m·ω2)· x (2·D - m·ω2) = D’ → D’ = 3,54 N/m ↓ f = 1/(2·π) · √(D’/m) 166 → f = 0,94 Hz