Mechanik und Relativitätstheorie - Internetseiten mit Verbindungen

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Gerhard Höhne
Mechanik und
Relativitätstheorie
für Schüler an Gymnasien,
die es etwas genauer wissen wollen
Der hier vorliegende Text kann in Buchform bestellt werden.
Einführungspreis: 6 € + Versandkosten
Bestelladresse: [email protected]
Bestellung unter Betreff: Mechanik und Relativitätstheorie.
Dieses hier vorliegende Buch ist für Schüler geschrieben,
denen der Physikunterricht am G8 nicht gründlich genug
erscheint, die möglicherweise an ein Physikstudium oder ein
ingenieurwissenschaftliches Studium im Anschluss an ihre
schulische Laufbahn denken.
Kein Teil dieses Buches kann
Einwilligung des Herausgebers in
reproduziert oder unter Verwendung
mechanischer Systeme verarbeitet,
verbreitet werden.
Gerhard Höhne
Im Hagen 5
63768 Hösbach-Winzenhohl
[email protected]
ohne schriftliche
irgendeiner Form
elektronischer oder
vervielfältigt oder
Vorwort
Ein Schüler findet einen Unterricht nur dann interessant, wenn er seine Fantasie
anregt und er mit eigenen Gedanken den Verlauf des Unterrichts mitgestalten kann.
Aus dieser Einsicht heraus entwickelte ich ein Experimentiergerät, welches die
Schüler zu immer neuen, weiterführenden Versuchsvorschlägen veranlasst, wodurch
ein kontinuierlicher Verlauf des Physikunterrichts begünstigt wird.
Es ist ein unter dem Namen „Experimentierwippe“ bekanntes, sehr vielseitiges,
robustes Messgerät zur Messung von Wegen, Kräften und Drehmomenten. Seine
Funktionsweise ist leicht verständlich. In seiner Handhabung ist es so einfach, dass
es sich auch als Praktikumsgerät für Schüler gut eignet. Seine Vielseitigkeit macht es
möglich, dass außer dem Gravitationsgesetz alle wichtigen Gesetze der Mechanik
experimentell erarbeitet werden können. Als besonders positives Merkmal ist
hervorzuheben, dass es die Schüler zu Experimenten anregt, die sehr schnell zum
Impulssatz führen.
Zum Verständnis dieses Buches müssen die in diesem Buch beschriebenen
Versuche mit der Experimentierwippe nicht erlebt werden, man kann sie sich
anhand der Beschreibungen gut vorstellen.
Der Impulssatz sollte entgegen den in der Schulliteratur üblichen Gepflogenheiten
der Einführung des Kraftmaßes vorangehen, da die Definition dieser Größe nach
F=d(m·v)/dt erst im Rückblick auf dieses Gesetz sinnvoll erscheint. Nur mit dem
Impulssatz kann überzeugend dargelegt werden, dass Δ(m·v) ein passendes Maß für
eine äußere Einwirkung ist, außerdem spricht für die hier gewünschte Stellung des
Impulssatzes die Tatsache, dass nach Einführung des Kraftmaßes mit ihm sowohl das
Wechselwirkungsgesetz wie das Additionsgesetz der Kräfte deduktiv hergeleitet
werden kann. Die vorgeschlagene Folge entspricht dem axiomatischen Aufbau
Newtons. Lex prima ist unter Berücksichtigung der ihm vorangestellten Definitionen
über die Größe der Bewegung als Impulssatz aufzufassen (siehe Lehrbuch der
Theoretischen Mechanik von Sommerfeld).
Es muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass jeder Gegenstand ein
System aus vielen Atomen darstellt. Bei Ungültigkeit des Impulssatzes wären an
einem
solchen
Gegenstand
auch
ohne
äußere
Einwirkungen
Impulsschwankungen zu erkennen (Impuls des Schwerpunkts = Summe aller
Einzelimpulse), denen fälschlicherweise eine von außen wirkende Kraft
zugeordnet würde.
In vielen Schulbüchern wird die Kraft in einer Art eingeführt, die kritische Schüler
nicht zufrieden stellen kann. Meistens geschieht dies in folgender Weise. Da wird
zunächst so getan, als ob die Kraft schon definiert sei. Die Beziehung F ~ m · a wird
experimentell nachgewiesen und anschließend die Krafteinheit so gewählt, dass
F = m·a geschrieben werden kann. Ebenso fragwürdig ist dann auch die Einführung
des Wechselwirkungsgesetzes. Zu seiner Begründung wird auf die Impulserhaltung in
ganz speziellen Fällen verwiesen, in denen gleich schwere, anfangs ruhende Körper
einander anziehen oder abstoßen. Diesen Ausführungen folgt dann noch ein
Zirkelschluss; mit dem so gewonnenen Wechselwirkungsgesetz wird der Impulssatz
hergeleitet. Manchmal wird das Wechselwirkungsgesetz mit gegeneinander
wirkenden Federkraftmessern demonstriert. Da der Schüler davon ausgeht, dass
derartige Kraftmesser statisch mit Gewichten kalibriert werden, dieses
Kalibrierverfahren jedoch nicht ohne das Wechselwirkungsgesetz und das
Additionsgesetz der Kräfte begründet werden kann, erscheint diese Demonstration
sehr zweifelhaft. Wird der Impulssatz nicht scheinbar deduktiv, sondern stattdessen
experimentell erarbeitet, dann ist seine Behandlung schon in den ersten
Unterrichtsstunden über Mechanik möglich, und der Lehrer kann auf sehr
interessante Anwendungen zu diesem wichtigen Satz eingehen. Ein besonders
eindrucksvolles Beispiel ist die Aufnahme eines Ballistokardiogramms. Derartige
Beispiele sind zur Auflockerung des etwas trockenen Stoffes unbedingt notwendig.
Das Interesse der Schüler an einer theoretischen Untersuchung von Bewegungen
nimmt zu, wenn sie erkennen, dass sie sogar sehr kompliziert erscheinende Vorgänge
mit Hilfe eines Computers selbständig berechnen können. Aus diesem Grunde wird
in diesem Buch immer wieder gezeigt, wie mit bekannten Tabellenkalkulationsprogrammen (Microsoft-Office, Open-Office) Bewegungen untersucht
werden können, deren mathematische Behandlung in der Schule ohne Computer
nicht möglich ist (Bewegung von Planeten usw.). Hierzu werden Adressen
angegeben, unter denen die dazu passenden, mit Open-Office aufgestellten Tabellen
aus dem Internet geholt werden können.
Der Relativitätstheorie wird entgegen den Gepflogenheiten im Schulunterricht ein
großes Gewicht gegeben, damit sein heuristischer Wert den Schülern bewusst wird.
In diesem Buch werden die Beziehungen m=m0/√(1–v2/c2) und ΔE = Δm· c2 an den
Anfang der Relativitätstheorie gesetzt. Das Relativitätsprinzip und der
Schwerpunktsatz ermöglichen eine für Schüler der 10. und 11. Klasse leicht
verständliche Herleitung. Einer solchen Einführung bringen die Schüler viel Interesse
entgegen, weil ihnen die genannten Gesetze als bedeutend bekannt sind. Viel
Aufmerksamkeit ist dem Zwillingsparadoxon gewidmet. Es wird nicht nur der ihm
zugrunde liegende Denkfehler erklärt, sondern darüber hinaus ein Einblick in die
Allgemeine Relativitätstheorie gegeben.
Wie gelangt der Mensch zu Fragen ? Wie findet er passende Antworten ?
Warum glaubt er ?
Um diese Fragen geht es im 4. Kapitel dieses Buches. Sie sollten für Leute von
Interesse sein, die sich immer wieder um neue Erkenntnisse und um Klärung
unverständlicher Sachverhalte bemühen und es dabei mit Aufgaben zu tun haben, zu
deren Lösung es keine genauen Rezepte gibt. Als Antworten erwarte man nicht
irgendwelche Wunderrezepte zur Lösung schwieriger Aufgaben, man sollte schon
damit zufrieden sein und es als sehr hilfreich erkennen, wenn falsche Vorstellungen
bezüglich geistiger Arbeit durch realistische ersetzt werden.
Gerhard Höhne
Inhaltsverzeichnis
1. Mechanik
1.1
Was versteht man unter Mechanik..........................................1
1.2
Die Experimentierwippe...........................................................1
1.3
Grundbegriffe der Mechanik...................................................4
1.3.1
Gleichförmige Bewegung..........................................................................4
1.3.2
Der Trägheitssatz...................................................................................... 5
1.3.3
Die Masse..................................................................................................5
1.3.4
Schwerpunkt,Schwerpunktsatz, Impuls und Impulssatz...........................6
1.3.5 Vektoren...................................................................................................11
1.3.6
Definition der Kraft und des Kraftmaßes................................................16
1.3.7
Momentangeschwindigkeit......................................................................18
1.3.8
Der Freie Fall...........................................................................................21
1.3.9
Bewegung eine Läufers( Momentanbeschleunigung).............................22
1.3.10. Über den Umgang mit Einheiten.............................................................24
1.4
Bewegung unter einer Kraft mit konstantem Betrag..........25
1.4.1
Geradlinige Bewegung............................................................................25
1.4.2
Bewegung auf einer Kreisbahn..............................................................30
1.5
Gesetze zur Kraft....................................................................36
1.5.1
Das Wechselwirkungsgesetz....................................................................36
1.5.2
Gesetz zur Addition der Kräfte................................................................38
1.6
Über Messungen von Kräften
und damit gewonnene Einsichten........................................43
1.6.1
Messmethoden.........................................................................43
1.6.1.1 Kraftmessung mit einer Schraubenfeder........................................................43
1.6.1.2 Kraftmessung mit der Experimentierwippe (Drehmoment).........................44
1.6.1.3
Kraftmessung mit einem Konstantandraht....................................................46
1.6.2
Messung der Zentripetalkraft.................................................47
1.6.3
Messung von Reibungskräften...............................................48
1.6.3.1
Gleit- und Haftreibung..................................................................................48
1.6.3.2
Reibungskräfte in einer Flüssigkeit (e-Funktion).........................................49
1.6.3.3
Reibungskraft der Luft .................................................................................53
1.6.4
Messung der Auftriebskraft einer Flüssigkeit........................53
1.6.5
Bestimmung eines Lungenvolumens durch Kraftmessung
an der ausströmenden Luft.....................................................54
1.6.6
Messung der Gravitationskraft...............................................55
1.6.7
Ein Kraftmesser als Beschleunigungsmesser …....................56
1.7
Bewegungen mit Reibungskräften..................................... 57
1.7.1
Schiefer Wurf unter Berücksichtigung der Luftreibung.........57
1.7.2
Fallbewegung in einer Flüssigkeit..........................................58
1.8
Schwingungen.......................................................................60
1.8.1
Die Harmonische Schwingung...............................................60
1.8.2
Gedämpfte Schwingung.........................................................62
1.8.3
Das Fadenpendel....................................................................64
1.8.4
Die Schwebung......................................................................65
1.8.5
Erzwungene Schwingung.......................................................66
1.8.6
AnharmonischeSchwingung...................................................71
1.9
Arbeit, Leistung, Energie.....................................................73
1.9.1
Arbeit, Leistung......................................................................73
1.9.2
Energie (Perpetuum-Mobile)..................................................74
1.9.3
Energiearten............................................................................75
1.9.4
Satz von der Erhaltung der Energie........................................78
1.9.5
Anwendungsbeispiele zum Energieerhaltungssatz.................79
1.10
Über die Bewegung von Planeten........................................82
1.10.1 Berechnung einer Planetenbahn..............................................82
1.10.2 Die Keplerschen Gesetze........................................................83
1.10.3 Die Flächengeschwindigkeit(Kreuzprodukt ).........................84
1.10.4 Die Masse der Sonne...............................................................86
1.10.5 Newtons Herleitung des Gravitationsgesetzes........................87
1.11
Trägheitskräfte.......................................................................87
1.11.1 Was versteht man unter einer Trägheitskraft...........................88
1.11.2 Die Zentrifugalkraft................................................................88
1.11.3 Die Corioliskraft.....................................................................89
1.11.3.1 Der Coriolis-Durchflussmesser......................................................................89
1.11.3.2 Pendel mit rotierender Masse....................................................................... 92
1.11.4 Berechnung einer Bewegung in einem rotierenden System
unter Berücksichtigung der Zentrifugal- und Corioliskraft....94
1.11.5 Das Foucaultpendel................................................................96
1.12
Mechanik rotierender Körper..............................................97
1.12.1 Der Drehimpuls und Drehimpulssatz......................................97
1.12.2 Das Drehmoment...................................................................100
1.12.3 Winkelbeschleunigung und Drehmoment.............................101
1.12.4 Drehschwingungen...............................................................106
1.12.5 Über das Schaukeln .............................................................108
1.12.6 Kreisel und Kreiselkompass.................................................109
1.13
Wellen..................................................................................112
1.13.1 Quer- und Längswellen, Wellengeschwindigkeit.................112
1.13.2 Die periodische, fortschreitende Welle.................................115
1.13.3 Die stehende Welle...............................................................115
1.13.4 Interferenz von Kreiswellen.................................................119
1.13.5 Über die Wellennatur des Lichts..........................................120
2.
Spezielle Relativitätstheorie
2.1
Das Relativitätsprinzip..........................................................122
2.2
Die Änderung der Masse infolge Bewegung........................123
2.3
Masse und Energie................................................................126
2.4
Die Zeitdilatation...................................................................127
2.5
Die Längenkontraktion..........................................................128
2.6
Über die Synchronisation von Uhren....................................129
2.7
Die Lorentztransformationen................................................130
2.8
Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten.....................134
2.9
Transformation der Masse des Impulses und der Kraft.........135
2.10
Satz von der Erhaltung der Masse.........................................137
2.11
Die Plancksche Beziehung E= h·f.........................................138
2.12
Das Brechungsgesetz der Optik............................................140
2.13
Die Lichtinterferenz hinter einem Doppelspalt.....................141
2.14
Das Minkowski – Diagramm................................................142
2.15
Das Zwillingsparadoxon.......................................................143
2.16
Historisches zur Entwicklung der Relativitätstheorie...........145
3.
Heuristik............................................................146
3.1
Vorwort..................................................................................146
3.2
Der Weg zur Frage.................................................................147
3.3
Der Weg zur Antwort.............................................................149
3.4
Prüfung und Beweis einer Vermutung...................................153
3.5
Über den Glauben..................................................................155
4.
Lösungen zu den Aufgaben.............................158
1. Mechanik
1.1 Was versteht man unter Mechanik ?
Für viele Menschen steht das Wort Mechanik für Geräte mit beweglichen Teilen, z.B.
Flaschenzüge, Getriebe, Scharniere, Schlösser, Riegel usw.. Ein solches Bild zum
Wort Mechanik hätte man noch im 16. Jahrhundert als zutreffend gelten lassen. Als
man jedoch begann, die Bewegung von Sternen und fallenden Körpern zu
untersuchen, wurde aus der Mechanik das Wissen über die Bewegung allgemein. Zu
Beginn des Mechanikunterrichts wird das Verhalten von rollenden und fallenden
Kugeln untersucht. Dies geschieht nicht aus besonderem Interesse an Kugeln,
sondern mit der Absicht, Bewegungsgesetze zu finden, die sowohl zur Behandlung
von Planetenbewegungen wie zur Planung von Motoren, Flugzeugen und anderen
technischen Geräten unerlässlich sind. Auf der Suche nach Bewegungsgesetzen ist zu
bedenken, dass Naturgesetze sich nur selten in komplizierten Erscheinungen
offenbaren. Will man eine komplexe Erscheinung ergründen, dann sollte man sich
zunächst nach vergleichbaren, einfacheren Phänomenen umschauen.
1.2 Die Experimentierwippe
Die Voraussetzung für die Entdeckung von Bewegungsgesetzen ist die genaue
Beschreibung von Bewegungen. Deshalb wird ein Messgerät gewünscht, welches
eine laufende Aufzeichnung eines Körperstandortes ermöglicht. Angesichts der
leistungsfähigen Instrumente, die es zur Registrierung elektrischer Größen gibt
(x-y-t -Schreiber, Rechner mit AD-Wandler), ist der Wunsch nach einem
Messwandler verständlich, der eine elektrische Messung mechanischer Größen
ermöglicht, damit die eben genannten Instrumente zur Aufzeichnung mechanischer
Größen herangezogen werden können.
Spule als Messwandler
Zur Messung kleiner Verschiebungen ist eine Spule aus
isoliertem Kupferdraht geeignet (siehe Abb. 1.2.1).
Wird ein bis zur Spulenmitte hineinreichender Magnet
ein wenig verschoben, dann fließt durch das
angeschlossene Messgerät eine zur Verschiebung
proportionale elektrische Ladung. Sie wird mit der
Einheit Coulomb
(1 Coulomb entspricht
14
ca. 62418 ·10 Elektronen)
angezeigt. Größere
Verschiebungen kann man auf diese Weise nur dann
messen, wenn man dafür sorgt, dass
mit ihnen
kleinere Verschiebungen einhergehen. Dies gelingt
Abb. 1.2.1
mit der sogenannten Experimentierwippe, welche in den folgenden 3 Abbildungen
dargestellt ist.
1
Abb. 1.2.2: Oberseite der Wippe
Abb. 1.2.3: Unterseite der Wippe
Eine gerahmte Glasplatte ist in ihrer Mitte (siehe Abb. 1.2.3) mit zwei dünnen
Eisenbändern an einem Aluminiumrahmen befestigt. Die Eisenbänder lassen eine
Drehung der Platte um deren Mitte gegen den Widerstand einer Blattfeder
(Rückstellfeder) am linken Rand der Wippe zu (siehe Abb. 1.2.3). Eine geringe
Drehung erfährt die Platte z.B. dann, wenn eine Kugel oder ein Experimentierwagen
über sie rollt. Die der Verschiebung der Experimentierobjekts proportionale Drehung
ist bei einer Masse m des Objekts < 0,15 kg geringer als 0,1° und hat somit keinen
merkbaren Einfluss auf die Bewegung.
Die Eigenschwingung der Platte (10 Schwingungen/Sekunde) kann mit Fett
zwischen zwei Aluminiumplättchen am rechten Rand der Wippe gedämpft
werden.
Zur Messung der Drehung ist am äußeren Rahmen, in einem Gehäuse verborgen, eine
2
Spule mit vielen Windungen aus gelacktem Kupferdraht befestigt (siehe Abb. 1.2.4).
In diese Spule ist ein sehr starker, kleiner Stabmagnet eingeführt, der an der
beweglichen Wippe befestigt ist.
Abb. 1.2.4: Funktionsskizze
Wenn sich die Wippe dreht (weniger als 0,1°), dann verursacht der Magnet eine zur
Drehung proportionale Ladungsverschiebung in der Spule. Ein an die Spule
angeschlossener Rechner registriert in regelmäßigen Zeitabständen Ladungen und
ordnet ihnen nach einem Messprogramm die entsprechenden Verschiebungen zu. Die
Messergebnisse werden durch Punkte P dargestellt, die mit ihren Abständen von zwei
senkrecht zueinander stehenden Zahlengeraden sowohl die jeweils erfolgte
Verschiebung als auch die zugehörende Verschiebungsdauer anzeigen. Es entsteht
ein sogenanntes Weg-Zeit-Diagramm. In Abb. 1.2.5 ist ein solches Diagramm zu
sehen; es wurde während der Rollbewegung einer Kugel auf der waagrecht
eingestellten Wippe aufgenommen. P, einer der vielen Messpunkte auf einer
ansteigenden Strecke, zeigt mit seinen Abständen von den beiden Zahlengeraden an,
dass während der Zeit von 6 Sekunden 30 cm zurückgelegt wurden.
Möchte man wissen, welcher
Weg in 8s zurückgelegt wird,
dann muss man von der zu 8s
gehörenden
Zeitmarke
eine
senkrecht nach oben bis zur WegZeit-Kurve reichende Strecke
errichten.
Diese
Strecke
entspricht 39 cm.
Man stelle sich während der
Entwicklung
eines
solchen
Weg-Zeitdiagramms
eine
Abb. 1.2.5
gleichförmig nach rechts über eine Zeitskala gleitende, senkrechte Strecke s vor,
deren Länge jeweils dem zurückgelegten Weg entspricht und deren oberes Ende eine
Spur hinterlässt.
3
1.3. Grundbegriffe der Mechanik
1.3.1 Gleichförmige Bewegung
Wir lassen eine Kugel über die waagrecht eingestellte Wippe rollen. Es entsteht
hierbei ein geradliniges Diagramm (siehe Abb. 1.3.1), an dem zu erkennen ist, dass
in gleichen Zeiten gleiche Wege zurückgelegt werden.
Eine Bewegung mit dieser Eigenschaft heißt gleichförmig.
Abb. 1.3.1
Abb. 1.3.2: Ausflugsschiff auf dem Main
bei Aschaffenburg in gleichförmiger
Fahrt
Der zurückgelegte Weg s ist der Bewegungszeit t proportional. Das konstante
Verhältnis aus Weg und Zeit trägt den Namen Geschwindigkeit v = s/t. Es
beschreibt die Strecke, welche in einer Zeiteinheit zurückgelegt wird.
1.3.2 Der Trägheitssatz
Eine Eisenkugel wird auf einem Tuch
angestoßen, welches zuvor auf die Glasplatte
der Wippe gelegt wurde. Das s-t-Diagramm hat
nun einen gekrümmten Verlauf (siehe
Abb. 1.3.3). Die Krümmung der Kurve fällt
geringer aus, wenn ein weniger raues Tuch
gewählt wird. Die Kugelbewegung passt sich
einer gleichförmigen-geradlinigen Bewegung
umso mehr an, je weniger die Rollbahn durch
Unebenheiten auf sie einwirkt.
Abb. 1.3.3
Hieraus folgern wir den sogenannten Trägheitssatz:
Ein Körper verharrt in Ruhe oder in gleichförmig-geradliniger Bewegung, wenn
seine Umgebung nicht auf ihn einwirkt.
Die folgenden zwei Beispielen sollen zur Veranschaulichung dieses Gesetzes dienen.
4
1. Ein Experimentierwagen steht auf einer Glasplatte, die auf dem Experimentiertisch
liegt. Wird an der Glasplatte gezogen, dann bleibt der Wagen an seinem Ort (siehe
Abb. 1.3.4).
Abb. 1.3.4
Abb. 1.3.5
2. Man denke sich einen Lastwagen in einer Linkskurve. An der linken Ecke der
Ladefläche steht ein einzelner Kartoffelsack. Dieser Sack verharrt ohne äußeren
Zwang in einer gleichförmigen Bewegung. Infolgedessen rutscht er von der einen
Ecke in die gegenüberliegende Ecke der Ladefläche (siehe Abb. 1.3.5).
1.3.3 Die Masse
Eine rollende Eisenkugel wird im
Gegensatz zu einer Glaskugel gleichen
Volumens bei einem Stoß auf ein Stück
Kreide nur geringfügig abgelenkt. Die
Eisenkugel reagiert weniger empfindlich
auf ein Hindernis als die Glaskugel. Man
sagt, sie sei träger als die Glaskugel.
Abb.1.3.6
Abb.1.3.6 zeigt, wie man zwei Körper hinsichtlich ihrer Trägheit vergleichen kann.
Zwei zunächst nebeneinander stehende Experimentierwagen mit unterschiedlicher
Ladung sind mit gleichartigen Schraubenfedern an einem Stab angebunden. Wird am
Stab gezogen, dann folgen die beiden Wagen, wobei der Wagen B anfangs hinter dem
Wagen A zurückbleibt. B ist träger als A.
Soll die Trägheit eines Körpers K beschrieben werden, dann vergleicht man K
mit einem als kg bekannten Einheitskörper. Es wird die Menge von kg-Körpern
angegeben, die zusammengenommen genauso träge sind wie K.
Diese Menge heißt Masse von K
5
In Abb. 1.3.7 ist eine Waage dargestellte, mit der normalerweise Massenvergleiche
durchgeführt werden.
Abb. 1.3.7
Abb. 1.3.8
Abb. 1.3.8: Keltische Waage (Grabfund Frankfurt-Fechenheim, 2 Jhdt. v. Chr.)
Dieser Vergleich ist möglich, weil zwei Körper gleicher Masse sich in ihrer
Wirkung auf einen Hebel nicht unterscheiden.
Man sagt: Die schwere Masse ist gleich der trägen Masse.
In Verbindung mit dem Wort Masse wird oft der Begriff Dichte genannt.
Die Dichte ρ eines Körpers K ist durch den Quotienten Masse von K / Volumen
von K definiert. Sie beschreibt die Masse einer Volumeneinheit.
Folglich gilt: Masse = Volumen · Dichte
1.3.4 Schwerpunkt, Schwerpunktsatz, Impuls und Impulssatz
Auf der waagrecht eingestellten Experimentierwippe rollt eine Glaskugel auf zwei
andere ruhende Glaskugeln. Trotz des Stoßes zeichnet der Rechner ein lineares
Diagramm (siehe Abb. 1.3.9).
Der Experimentator sollte die Kugel
nicht mit der Hand, sondern mit einem
Löffel oder einem Döschen anstoßen, da
andernfalls störende Schwingungen der
Wippe kaum vermieden werden können.
Abb. 1.3.9
Was wird hier angezeigt ?
Wenn die drei Kugeln gleicher Masse K1, K2 und K3 an einem Punkt P (siehe
Abb. 1.3.10) zusammen liegen, dann ist deren gemeinsamer Abstand x von der einen
Schmalseite der Wippe maßgebend für ihre Wirkung auf die Wippe. Sind sie über die
Platte verteilt, dann wird die Drehung der Wippe durch den Mittelwert x der
6
Abstände x1, x2 und x3 bestimmt. Der Punkt, dessen Koordinaten durch
Mittelwertbildung aus den Koordinaten der drei Kugeln gewonnen wird, heißt
Schwerpunkt (Massenmittelpunkt) P der drei Kugeln. Seine Lage wird von der Wippe
angezeigt.
Abb. 1.3.10
Abb. 1.3.11
x = (x1 + x2+ x3 ) /3
Bei unterschiedlichen Massen müssen die Kugeln zunächst gedanklich in Teile
gleicher Masse zerlegt werden. Erst dann können die Schwerpunktkoordinaten durch
Mittelwertbildung berechnet werden (siehe Abb. 1.3.11).
x = (1· x1 + 3· x2 + 2 · x3 )/ 6 = (1kg· x1 + 3kg · x2 + 2 kg· x3 )/ 6 kg
x = (m1· x1 + m2 · x2 + m3 · x3 )/ (m1 + m2 + m3)
Definition des Schwerpunkts (Massenmittelpunkts):
Wir denken uns ein System in Teile gleicher Masse eingeteilt. Aus den x-, y- und
z-Koordinaten werden Mittelwerte gebildet. Der Punkt mit diesen Mittelwerten
als Koordinaten heißt Schwerpunkt des Systems.
Das in Abb. 1.3.9 gezeigte Experiment lässt den Schluss zu:
In einem abgeschlossenen System (System ohne Wechselwirkung mit seiner
Umgebung) ist der Schwerpunkt entweder in Ruhe oder er bewegt sich
gleichförmig.
Diese als Schwerpunktsatz bekannte Aussage ist als eine Verallgemeinerung des
Trägheitssatzes zu sehen.
Besonders eindrucksvolle Experimente zum Schwerpunktsatz sind in den
Abbildungen 1.3.12 und 1.3.13 dargestellt.
Abb. 1.3.12
Abb. 1. 3.13
7
Zu Abb. 1.3.12:
Ein Schüler liegt auf einem Brett, welches auf Wasserrohren aus Hartplastik gelagert
ist. Zu empfehlen sind die in Baumärkten angebotenen orangefarbenen Rohre,
welche in der Erde verlegt werden. Wenn Blut aus einer Herzkammer gepumpt wird,
dann bewegt sich der Körper zur Erhaltung des Schwerpunkts entgegen der
Strömungsrichtung. Diese Bewegung wird von einem Rechner in einem
Ballistokardiogramm dargestellt. Zur Registrierung der Verschiebung ist am einen
Ende des Bretts ein Hufeisenmagnet befestigt, dessen einer Pol in eine
Transformatorspule mit 10000 Windungen hineinragt.
Zu Abb. 1.3.13:
1. Zwei Experimentierwagen sind mit einer Schraubenfeder gekoppelt. Wird der eine
angestoßen, dann wechseln die beiden fortwährend ihre Geschwindigkeiten. Der
zweite ruht, der erste fährt, dann ruht der erste und der zweite fährt usw.. Trotzdem
entsteht ein lineares Diagramm.
2. Auf einem Experimentierwagen steht eine Kristallisierschale. Während der Wagen
an einem Faden festgehalten wird, stößt der Experimentator eine in ihr liegende
Kugel zur Rotation an. Der Wagen bewegt sich nach seiner Freigabe ruckartig über
die Bahn, wobei ein lineares Diagramm zur Bewegung des Schwerpunkts
geschrieben wird. Der Wagen ist beim Rücklauf der Kugel schneller als beim Vorlauf
der Kugel. Die Geschwindigkeit des Schwerpunkts bleibt trotz der schwankenden
Wagengeschwindigkeit konstant.
Kann anhand des Schwerpunktsatzes auf die Wagengeschwindigkeit geschlossen
werden?
Es ist davon auszugehen, dass man die Schwerpunktgeschwindigkeit bei Kenntnis der
Geschwindigkeiten vom Wagen und der Kugel berechnen kann. An einer Gleichung
zur Berechnung der Schwerpunktgeschwindigkeit vS wird man wegen vS = konstant
sehen können, wie die Wagengeschwindigkeit vW von der Geschwindigkeit der Kugel
vK abhängt. Zur Berechnung von vS muss zunächst die Verschiebung Δx bestimmt
werden, die der Schwerpunkt in einem kleinen Zeitabschnitt Δt erfährt.
Δx = (mK · ΔxK + mW · ΔxW) / (mK + mW )
Um ΔxK und ΔxW ändern sich in der Zeit Δt die Abstände der Kugel und des Wagens
vom linken Ende der Wippe. Folglich gilt für die Schwerpunktgeschwindigkeit vS:
vS = Δx/ Δt = (mK · ΔxK/ Δt + mW · ΔxW / Δt) / (mK + mW )
ΔxK / Δt = Geschwindigkeit vK, mit der sich die Kugel von der Schmalseite der
Wippe entfernt ; ΔxW / Δt = Wagengeschwindigkeit vW
vS = (mK · vK + mW · vW) / (mK + mW )
Wegen vS= Konstante können wir schreiben:
Die Summe mK · vK + mW · vW ist konstant.
8
Wegen der Konstanz dieser Summe kommt der Wagen bei einer zurück rollenden
Kugel (vK <0) schneller voran, als bei einer vorwärts rollenden Kugel.
Das Produkt aus einer Masse m und deren Geschwindigkeit v trägt den Namen
Impuls oder Bewegungsgröße. Nach dem Schwerpunktsatz gilt für jedes
abgeschlossene System das als Impulssatz bekannte Gesetz:
Die Summe aus den Impulsen seiner Teile ist konstant.
Experimente zum Impulssatz
In Abb. 1.3.14 sehen wir auf der Wippe einen zunächst ruhenden Wagen mit einem
darauf befestigten Tafelschwamm (Gesamtmasse m = 200g ). Die Wippe ist zum
Reibungsausgleich so aufgestellt, dass sie nach rechts geringfügig abfällt.
Wird mit einem Luftgewehr in den Schwamm geschossen, dann bewegt sich der
Wagen anschließend gleichförmig mit der Geschwindigkeit vW. vW = ΔxW/ Δt kann
anhand des Diagramms in der Abb. 1.3.15 bestimmt werden.
Abb. 1.3.14
Abb. 1.3.15
Der Impulssatz ermöglicht die Berechnung der Geschossgeschwindigkeit.
Die Impulssumme vor dem Einschuss ist gleich dem Impuls mG · vG des Geschosses,
denn anfangs steht der Wagen. Danach ist die Impulssumme gleich dem Impuls des
Wagens mit Schwamm und dem in ihm steckenden Geschoss.
mG · vG = (mW + mG )· vW
Ist mG erheblich kleiner als mW dann gilt: mG · vG ≈ mW · vW →
vG ≈ mW · vW /mG
mG · vG ist maßgebend für die Stärke des Stoßes (Impulses), den die Luftgewehrkugel
dem Wagen erteilt. Der Name „Impuls“ für das Produkt m·v erscheint mit Blick auf
das hier beschriebene Experiment angemessen.
Abb. 1.3.16
Eine eindrucksvolle Demonstration zum Impulssatz ist mit
dem in Abb. 1.3.16 sichtbaren Raketenwagen möglich. Auf
einem insgesamt 200 g schweren Experimentierwagen ist ein
sogenannter Heuler (Feuerwerkskörper) befestigt. Wird der
Heuler angezündet, dann stößt er nach hinten heißes Gas aus
und der Wagen rollt nach vorne. Das zugehörige s-t-Diagramm
ist eine Parabel (Versuch auf der Wippe ).
9
Wenn die Rollreibung des Wagens ausgeschlossen werden kann, dann ist die Summe
aus dem Impuls des Gases und dem Impuls des Wagens gleich 0, denn das als Gas
entweichende Material und der Wagen waren anfangs in Ruhe. Beide Impulse
stimmen in ihren Beträgen überein, haben aber verschiedene Vorzeichen.
Aufgaben
1. Auf einem ruhenden, mW = 100 kg schweren
Wagen steht eine mP = 90 kg schwere Person.
Diese Person geht 5m von dem einen Ende des
Wagens zum anderen.
Welchen Weg legt hierbei der Wagen auf einer
waagrechten Bahn zurück, wenn von der
Rollreibung abgesehen wird ?
Abb. 1.3.17
Anmerkung zur Lösung:
Den gemeinsamen Schwerpunkt x des Wagens W und der Person P erhält man nach:
x= (xw· mw+ xP· mP) / (mW + mP)
xW und xP sind Schwerpunktkoordinaten des Wagens und der Person.
2. Über eine horizontale Schiene rollt ein mit Kartoffeln beladener Wagen mit der
Geschwindigkeit v0 = 5 m/s. Die gesamte Masse des Wagens m 0 beträgt 250 kg. In
den rollenden Wagen fallen zwei Säcke Kartoffeln mit je m = 50 kg. Welche
Geschwindigkeit v hat der Wagen nach diesem Ereignis, wenn die Rollreibung
vernachlässigbar ist ?
3. Auf einer horizontalen ebenen Fläche stehen
zwei
Experimentierwagen mit den Massen
m1 = 150 g und m2 = 250 g (siehe Abb. 1.3.18 ).
Am Wagen der Masse m1 ist eine gestauchte
Schraubenfeder befestigt, welche gegen den
schwereren Wagen drückt und dabei einen Faden
Abb. 1.3.18
straff hält, der zwischen den beiden Wagen aufgespannt ist. Wenn der Faden
zerschnitten wird, dann löst sich der leichtere
Wagen mit der Geschwindigkeit
v1 = 2m/s vom anderen Wagen.
Welche Geschwindigkeit v2 hat der Wagen mit der Masse m2 nach der Trennung der
Fahrzeuge ?
10
1.3.5 Vektoren
Man stelle sich nun einen mit der Geschwindigkeit
v rollenden Wagen vor (siehe Abb. 1.3.19), der
nach allen Seiten frei beweglich ist, so wie das in
Abb. 1.3.20 sichtbare Rollbrett. In den auf diesem
Wagen liegenden Schwamm schlage ein
Luftgewehrgeschoss der Masse mG mit der
Geschwindigkeit u ein. Der Einschlag des
Geschosses ändert in diesem Fall auch die
Abb. 1.3.19: Draufsicht
Bewegungsrichtung des Wagens. Damit die
Anwendung der an eindimensionalen Bewegungen
gewonnenen Gesetze möglich ist, wird das
Geschoss und der Experimentierwagen auf die
beiden Achsen des Koordinatensystems senkrecht
Abb. 1.3.20
projiziert. Die Projektionen bewegen sich vor dem
Einschlag der Kugel in x-Richtung
mit u 1
und v1 und in y-Richtung mit u2 und v2.
Nach dem Einschlag der Kugel bewegt sich der Wagen zusammen mit der Kugel mit
der Geschwindigkeit w1 in x- und w2 in y-Richtung.
Der Impulssatz gilt für beide Bewegungsrichtungen !
mG · u1 + mW · v1 = (mG + mW) · w1;
mG · u2 + mG · v2 = (mG + mW) · w2
Aufgabe:
Gegeben sei mG = 0,5 g, α = 30°, u = 60 m/s und mW = 200g, β = 20°, v = 0,5 m/s
Welche Geschwindigkeit und welche Bewegungsrichtung hat der Wagen nach
dem Stoß durch die Kugel ?
Zur Anwendung des Impulssatzes müssen anhand der Angaben die
Geschwindigkeiten u1, u2, v1, v2 beider Gegenstände in x und y-Richtung berechnet
werden. Zu diesem Zweck werden die Geschwindigkeiten vor dem Stoß durch Pfeile
veranschaulicht. Die Pfeile werden so angelegt, dass sie nicht nur die
Bewegungsrichtungen der Gegenstände, sondern auch noch deren Geschwindigkeiten
mit ihren Längen anzeigen (siehe
Abb. 1.3.21). Die Länge L eines Pfeils kann
z.B. gleich dem Weg sein, den ein Körper in 1s, in 0,1s oder in 0,01s zurücklegt.
Je nach gewählter Zeit repräsentiert ein solcher Pfeil
die Geschwindigkeiten v = L/1 s bzw. v = L/0,1 s
bzw. v = L/0,01 s.
Man sollte sich den Pfeil wie einen Zahlenstrahl
skaliert vorstellen, so dass man an der Spitze den
zugeordneten Wert ablesen kann.
Abb. 1.3.21
Derartige Pfeile setzt man immer dann ein, wenn neben der Angabe eines Maßes
11
noch eine Richtungsbeschreibung nötig ist, man nennt sie Vektoren.
u1 = u · cos α; u2 = u · sin α
Auf gleiche Weise erhält man für den Wagen: v1 = v · cos β, v2 = v · sin β
Für die Geschwindigkeiten des Wagens nach dem Stoß in x- und y-Richtung gilt:
(mW + mG ) · w1 = mG·u·cos α + mW · v · cos β
(mW + mG ) · w2 = mG·u·sin α + mW · v · sin β
↓
w1 = ( mG·u·cos α + mW · v · cos β ) / (mW + mG) = 0,598 m/s
w2 = ( mG·u·sin α + mW · v · sin β ) / ( mW +mG ) = 0,245 m/s
Mit den Ergebnissen für w1 und w2 ist die Aufgabe fast gelöst. Es fehlen nur noch
Angaben über die Bewegungsrichtung und die Gesamtgeschwindigkeit w des Wagens
nach dem Stoß.
Zu diesem Zweck wird der zu w1 und w2 passende
Geschwindigkeitsvektor
dargestellt
(siehe
Abb. 1.3.22). Die Gesamtgeschwindigkeit w ( Länge
des Pfeils = Betrag des Vektors ) erhält man mit Hilfe
des Satzes von Pythagoras. w1 und w2 beschreiben
die Wege, die nach dem Einschlag der Kugel
vom Wagen in einer Sekunde in x- und y-Richtung
Abb. 1.3.22
zurückgelegt werden. Der Pfeil zeigt die Gesamtgeschwindigkeit nach Größe und
Richtung an.
w2 = w12 +w22 → w = √ (w12 +w22) = 0,646 m/s
Vektorkoordinaten und Vektorkomponenten
Die Geschwindigkeiten in x und y - Richtung werden
Vektorkoordinaten genannt. Allgemein versteht man
unter den Koordinaten eines Vektors die Größen, die
den senkrechten Projektionen des Vektors auf die
Achsen des Koordinatensystems zugeordnet werden
(siehe Abb. 1.3.23 ). Ist eine solche Projektion der
Abb. 1.3.23
Koordinatenachse entgegen gerichtet, dann ist die zugehörende Vektorkoordinate
negativ. Die genannten Projektionen heißen Vektorkomponenten.
Die Beschreibung eines Vektors geschieht meistens mit der Angabe seiner
Koordinaten, die man normalerweise zu einer mit Klammern eingefassten Säule
(oben die x-Koordinate, dann die y-Koordinate und schließlich bei räumlichen
Vorgängen noch die z-Koordinate ), manchmal aber auch aus drucktechnischen
Gründen in einer Reihe anordnet, z.B. {w1 ; w2; w3}. Aus dieser Beschreibungsform
geht hervor, dass man Vektoren dann als einander gleich ansieht, wenn sie in diesen
Koordinaten übereinstimmen. Dies bedeutet Übereinstimmung in Richtung und
12
Länge, nicht jedoch im Anfangspunkt. Als Zeichen für Vektoren sind Buchstaben mit
einem kleinen aufgesetzten Pfeil oder fett gedruckte Buchstaben üblich. Wird ein
solcher Buchstabe in Betragszeichen gesetzt, dann meint man das dem Vektor
zugeordnete Maß (Vektorbetrag).
Vektorsumme, skalares Produkt und Vektordifferenz
Mit Vektoren können viele physikalische Gesetze kürzer und übersichtlicher
formuliert werden.
Beispiel:
Bei Anwendung des Impulssatzes auf den Zusammenstoß zweier Körper mit den
Massen m1 und m2 im Raum mussten bisher drei Gleichungen geschrieben werden:
m1· v1 + m2 · u1 = m1 · v1’ + m2 · u1’
m1· v2 + m2 · u2 = m1 · v2’ + m2 · u2’
Für die drei Gleichungen kann nun die
kurze Formulierung gegeben werden:
m1· v3 + m2 · u3 = m1 · v3’ + m2 · u3’
m1 · v + m2 · u = m1 · v’ + m2 · u’
u ={u1; u2 ; u3}, v={v1; v2; v3 }......
m1 · v1 , m2 · u1 , m1 · v1’ und m2 · u1’
sind Impulskoordinaten vor und nach
dem Stoß.
Aus dieser Darstellung kann leicht herausgelesen werden, was unter einer
Vektorsumme und dem Produkt eines Vektors mit einer Zahl m zu verstehen ist.
{m1· v1 ; m1· v2 ; m1· v3 }+ {m1· u1 ; m1· u2 ; m1· u3 } =
={m1· v1 + m1· u1 ; m1· v2 + m1· u2; m1· v3 + m1· u3}
Die Vektorsumme zweier Vektoren a und b erhält man demnach, indem man die
entsprechenden Koordinaten von a = {a1; a2; a3} und b ={b1; b2; b3}addiert.
a + b = {a1 + b1 ; a2 + b2 ; a3 + b3}
Zur geometrischen Darstellung einer Vektorsumme
a+b wird der Vektor b mit seinem Fuß auf die
Spitze des Vektors a gesetzt.
Der Summenvektor a + b zeigt vom Fuß des
Vektors a zur Spitze des Vektors b (siehe Abb.
1.3.24).
Abb. 1.3.24
Für {m1· v1 ; m1· v2 ; m1· v3 } wird m1 ·{v1 ; v2 ; v3 } geschrieben.
Hieran ist erkennbar, wie das Produkt aus einem Vektor a und einer Zahl m definiert
ist.
m · a = m·{a1 ; a2 ; a3} = {m ·a1 ; m· a2 ; m·a3}
13
Man nennt die hier beschriebene Multiplikation
eines Vektors mit einer Zahl skalare
Multiplikation. Sie bewirkt eine Streckung des
Vektors a um m (siehe Abb. 1. 3.25).
Abb. 1.3.25
Da in einem abgeschlossenen System die Summe aus den Impulsvektoren der
Systemteile konstant ist (Impulssatz), erscheint eine Änderung dieser Summe als Maß
für eine äußere Einwirkung geeignet.
Handelt es sich um ein einziges Teilchen K, dessen Impuls sich von m· v1 zu m·v2
ändert, dann haben wir mit Δ(m· v) = m·v2 - m· v1 eine Beschreibung der äußeren
Einwirkung. Zur Bildung der Differenz werden entsprechende Koordinaten von
m· v2 und m· v1 subtrahiert.
Man erhält den Differenzvektor a - b , zweier Vektoren
a und b indem man b mit seiner Spitze an die Spitze
von a fügt (siehe Abb. 1.3.26).
Der Vektor vom Fuß des Vektors a zum Fuß des
Vektors b ist a – b.
a – b = {a1 – b1 ; a2 – b2 ; a3 – b3 }
Abb. 1.3.26
Ist Δ(m· v) der Bewegungsrichtung von K
parallel (siehe Abb. 1.3.27), dann steht sein
Betrag für die Änderung von m·vK. vK ist die
Bahngeschwindigkeit von K.
In Abb. 1.3.28 ist ein Experiment
skizziert, bei dem sich der Impuls
eines Teilchens K auf seinem
Weg von A nach B unter einem
seitlich wirkenden Luftstrom um
Δ(m·v) = m· v2 - m· v1 ändert. In
diesem Fall beschreibt Δ(m· v) mit
Richtung und Betrag die Änderung
von m·vP. vP ist die Geschwindigkeit der orthogonalen Projektion P
des Körpers K auf eine zu Δ(m·v)
parallele Strecke s.
Abb. 1.3.27
Abb. 1.3.28
14
Die Projektionen von m· v2 und m· v1 auf eine den Vektor Δ(m·v) rechtwinklig
schneidende Ebene E unterscheiden sich nicht. Dementsprechend erfährt die
Projektion P' von K auf E keine Impulsänderung.
Das Skalarprodukt
Bei dem in der Abb. 1.3.19 skizzierten Experiment hat
der Wagen vor dem Einschlag der Kugel die
Geschwindigkeit v und nach dem Einschlag die
Geschwindigkeit w. Der Winkel γ, den die Vektoren w
und v einschließen, beschreibt die Richtungsänderung
des Wagens infolge des Einschlags.
Abb. 1.3.29
Wie groß ist γ ?
γ kann mit Hilfe des Kosinussatzes berechnet werden. Der Kosinussatz kann als eine
Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras a2 + b2 = c2 aufgefasst werden.
Zieht man von a2 + b2 das Produkt 2·a·b· cos(γ) ab, dann erhält man eine Gleichung,
die auch dann gilt, wenn a und b keinen Winkel γ = 90° miteinander bilden.
a2 + b2 - 2·a·b· cos(γ) = c2
|w-v|2 = |w|2 + |v|2 – 2·|w| · |v| · cos(γ)
↓
2
2
2
2
(w1 - v1) + (w2 - v2) + (w3 - v3) = w1 + w22 + w32 + v12 + v22 + v32 - 2·|w| · |v| · cos(γ)
↓
2
2
2
2
2
2
{w1 + w2 + w3 +v1 + v2 +v3 } - 2·w1 · v1 - 2·w2 · v2 - 2·w3 · v3 =
{w12 + w22 + w32 + v12 + v22 + v32 } – 2·|w|·|v|·cos(γ)
↓
w1·v1 + w2·v2 + w3·v3 = |w|·|v|·cos(γ) → cos(γ) = (w1·v1 + w2·v2 + w3·v3) / (|w|·|v|)
w1 · v1 + w2 · v2 + w3 · v3 heißt Skalarprodukt w · v der Vektoren w und v.
Unter dem Skalarprodukt zweier beliebiger Vektoren versteht man die Summe
aus den Produkten entsprechender Koordinaten. Es gleicht dem Produkt der
Vektorbeträge und dem Kosinus des eingeschlossenen Winkels.
(w1 · v1 + w2 · v2 + w3 · v3 ) = |w| · |v| · cos(γ) !)
Die orthogonale Projektion des Vektors w auf eine zu
v parallele Strecke (siehe Abb. 1.3.30) erhält
man nach:
|w| · cos(γ) = (w1 · v1 /|v|+ w2 · v2/|v| + w3 · v3/|v| )
{v1 /|v|; v2/|v|; v3/|v| } = e ist ein in Richtung von v
weisender Einheitsvektor. Hierunter versteht man
einen Vektor e mit dem Betrag 1.
15
Abb. 1.3.30
Beispiel: v = {4 cm/s; 3 cm/s} ; |v|2 = (16 + 9 ) ·(cm/s)2 → |v| = 5 cm/s
→ v / |v| = e = { 4/5; 3/ 5}
Das hier vorliegende Beispiel zeigt auch, was unter einem Quotienten a/m zu
verstehen ist.
1.3.6 Definition der Kraft und des Kraftmaßes
Erfährt
ein
Gegenstand
eine
Impulsänderung,
wenn
keine
Bewegungshemmnisse vorhanden sind, dann sagt man, es wirke eine Kraft
F (Force) auf ihn.
In Abb. 1.3.28 des letzten Kapitels ist ein Experiment skizziert, bei dem ein Teilchen
K unter einem Luftstrom eine Kraft erfährt. Die Impulsänderung von K alleine
scheint als Maß für die Stärke des Windes ungeeignet, denn bei schwachem Wind
erreicht man auch eine große Impulsänderung, wenn man sich genügend Zeit lässt.
Je kürzer die Zeit Δt für ein bestimmtes Δ(m· v) ist, desto stärker ist der Wind.
|Δ(m· v)|/ Δt erscheint somit als passendes Maß für die Kraft F.
F = |Δ(m· vP)/ Δt| = |Δ(m· v)|/ Δt
Ihr ordnen wir den Kraftvektor
F = Δ(m· v)/ Δt = {Δ(m·v1)/Δ t; Δ(m·v2)/Δ t; Δ (m·v3)/Δ t} zu.
m·v1 ,m·v2, und m·v3 sind die Impulse von P1, P2 und
P3 , den Projektionen von K auf die drei Achsen des
Koordinatensystems (siehe Abb. 1.3.31 ).
Die Projektionslinien bilden mit den Achsen des
Koordinatensystems rechte Winkel !
Abb. 1.3.31
Δ(m· v)/ Δt = Δ(m· vP)/ Δt steht für die Impulsänderung, die während einer Sekunde
bei konstantem F zu erwarten ist.
Ist die Masse m konstant, dann können wir die Impulsvektoren in der Abb. 1.3.28
auch als Geschwindigkeitsvektoren auffassen. Die in der Abbildung sichtbaren
Vektoren müssen nur anders skaliert werden. Dem Vektor Δ(m· v) entspricht die
Änderung Δv des Geschwindigkeitsvektors. |Δv|/ Δt = ΔvP/Δt heißt Beschleunigung a
(acceleleration) des Teilchens K. Ihr wird der Vektor a = Δv / Δt zugeordnet.
|a| = ΔvP/Δt steht für die Geschwindigkeitsänderung, die bei konstantem a während
einer Sekunde zu erwarten ist.
Bei konstanter Masse kann unter Berücksichtigung von Δ(m· v) = m·Δv geschrieben
werden: F = m·{Δv1/Δ t; Δv2 /Δ t; Δv3/Δ t}= m·{a1; a2 ; a3} = m· a.
a1; a2 und a3 sind die Beschleunigungen von P1 , P2 und P3 (siehe Abb. 1.3.31).
16
1.3.6.1 Messung einer Kraft
Auf der ebenen Glasplatte der Wippe wird ein Experimentierwagen vom Luftstrom
eines Föhns angetrieben (siehe Abb. 1.3.32 ).
Abb. 1.3.32
Abb. 1.3.33
2,2 Sekunden nach Beginn der Bewegung, wird der Föhn vom Wagen abgedreht, die
Bewegung wird gleichförmig, was an der linearen Fortsetzung des s-t-Diagramms
(Abb. 1.3.33) erkennbar ist. An dem linearen Teil des Diagramms kann die
Geschwindigkeit zum Zeitpunkt 2,2 s bestimmt werden. Unter der Einwirkung des
Föhns ist die Impulsänderung des Wagens der Zeit des Anblasens proportional, denn
die Luft erfährt bei Nachführung des Föhns am Wagen in gleichen Zeiten gleiche
Impulsänderungen. F =Δ(m·v)/Δt ist deshalb konstant. Auf den Wagen wirkt nach
der Definitionsgleichung F = |Δ(m · v)|/ Δt die Kraft:
F = (0,461 kg ·0,164 m/s) / 2,2 s = 0,034 kg · m/ s2
In 2,2 s hat der Wagen die Impulsänderung 0,461 kg ·0,164 m/s erfahren.
Mit dem Anhängsel (Einheit der Kraft) kg · m/s² wird zum Ausdruck gebracht, wie
und in welchen Einheiten die zugehörigen Größen verrechnet werden. Der Leser
sollte nicht versuchen, diese Einheit zu veranschaulichen, wie dies zum Beispiel bei
den Grundeinheiten Meter oder Kilogramm möglich ist.
1 kg·m/s² wird 1N (Newton ) genannt.
Die Kraft einer gedehnten Schraubenfeder (eines gedehnten Gummifadens)
Nach Einführung des Kraftmaßes ist man geneigt, nach den Kräften zu fragen, die
von verschiedenen Dingen z.B. von gedehnten Schraubenfedern (Gummifäden)
ausgehen.
Abb. 1.3.34
In Abb. 1.3.34 ist dargestellt, wie man die Kraft einer gedehnten Schraubenfeder oder
17
eines gedehnten Gummifadens entsprechend der Definition des Kraftmaßes ermitteln
kann.
Ein auf der Wippe (Abb. 1.3.34) stehender Experimentierwagen W der Masse m ist
mit einer langen von 0,2 m auf 0,7m gedehnten Schraubenfeder (Gummifaden)
verbunden. Ein Faden Fa, der beiderseits am äußeren Rahmen der Wippe befestigt ist,
schränkt die Bewegungsfreiheit des linken Federendes auf etwa 5 cm ein. Mit Hilfe
des Zugfadens Z wird der Wagen ein wenig nach links gezogen und danach
losgelassen. Unter Einwirkung der Schraubenfeder (Gummifaden) schnellt der Wagen
nach rechts ( an den Reibungsausgleich denken). Der Rechner zeichnet hierbei ein
s-t-Diagramm des Wagens W. Der Punkt A dieses Diagramms kennzeichnet den
Anfangszustand. Bei B wird der nach links gezogene Wagen freigegeben. Bei C ist
die Feder wieder in ihrer Anfangslage; die Schraubenfeder (Gummifaden) wird von
dem gespannten Faden Fa gehalten und wirkt deshalb nicht mehr auf den Wagen ein.
Der sich an C anschließende Teil des Diagramms beschreibt eine gleichförmige
Bewegung. Aus seiner Steigung kann die Endgeschwindigkeit Δv des Wagens
(Geschwindigkeitsänderung des Wagens nach seiner Freigabe) bestimmt werden. Die
Wirkungszeit Δt der Schraubenfeder (Beschleunigungszeit) ist gleich dem zeitlichen
Abstand der Punkte B und C. Anhand der am Diagramm ablesbaren Werte erhält man
für die Kraft: F = (0,45 kg · 0,2 m/s) /0,34s = 0,26 N.
Folgendes ist zu beachten: Die Masse der Schraubenfeder sollte im Vergleich zur
Wagenmasse vernachlässigbar klein sein. Andernfalls hätte auch die Masse der
Feder einen messbaren Einfluss auf die Impulsänderung des Wagens. Gummifäden
eignen sich für diesen Versuch besser als Schraubenfedern.
1.3.7 Die Momentangeschwindigkeit
In Abb. 1.3.35 (siehe nächste Seite) sehen wir einen Experimentierwagen auf der
Experimentierwippe, der durch den Luftstrom eines Föhns angetrieben wird. Solange
der Wagen unter der Einwirkung eines Luftstroms steht, hat das zugehörende
s-t-Diagramm einen gekrümmten Verlauf. Der Wagen wird fortwährend schneller.
Wie kann man an einem solchen Diagramm
Geschwindigkeiten bestimmen ?
Abb. 1.3.35
Im Kapitel 1.3.6.1 wurde zur Ermittlung der Geschwindigkeit
der Luftstrom zum Wagen hin unterbrochen und so eine
gleichförmige Bewegung mit der Geschwindigkei v
herbeigeführt. Dieses v wurde als Momentangeschwindigkeit
zum Zeitpunkt t, dem Zeitpunkt der Unterbrechung
angegeben. Es ist die Geschwindigkeit, die der Wagen
beibehält, wenn nach t keine Kraft auf ihn einwirkt.
18
Nun erscheint folgendes Vorgehen angemessen:
Der Weg Δs in einem auf den Zeitpunkt t folgenden sehr kleinen Zeitabschnitt Δt
wird bestimmt. Δt wird so klein gewählt, dass sich in dieser kurzen Zeit die Kraft nur
wenig auf die Bewegung auswirken kann und infolgedessen Δs/Δt kaum von der
Geschwindigkeit v abweicht, die sich einstellt, wenn nach t keine Kraft wirkt. Die
Abweichung |Δs/Δt – v| strebt mit kleiner werdendem Δt gegen 0. Man sagt in diesem
Fall, v ist der Grenzwert von Δs/Δt für Δt → 0.
An der Bilderserie in
Abb. 1.3.36 ist die
Entwicklung zu dem
genannten Grenzwert v
zu erkennen. Durch
Anfang und Ende von
Kurvenabschnitten, die
in Zeitintervallen Δt
unmittelbar nach dem
Zeitpunkt t = 1 s
entstehen,
werden
Streecken gelegt.
Abb. 1.3.36
Die Steigung einer Strecke ist gleich dem Quotienten Δs/Δt. Mit kleiner werdendem
Δt streben die Strecken gegen eine Grenzlage. Eine Gerade in dieser Grenzlage wird
Tangente (Berührungsgerade) genannt, ihre Steigung ist gleich der
Momentangeschwindigkeit v.
Für den Grenzwert von Δs/Δt schreibt man lim Δs/Δt ( Δt → 0) oder ds/dt ( sprich ds
nach dt). Mit der Sprechweise ds nach dt anstelle von ds durch dt soll vermieden
werden, dass dieser Grenzwert (Differentialquotient) als Quotient bestimmter Größen
aufgefasst wird. Lim ist eine Abkürzung für Limes (Grenze).
Als Momentangeschwindigkeit v zu einem bestimmten Zeitpunkt t definieren
wir nun den Grenzwert von Δs/Δt.
v = lim Δt → 0 Δs/Δt = ds/dt
Kann die Momentangeschwindigkeit des vom Föhn angetriebenen Wagens
berechnet werden ? Dies ist erst möglich, wenn der Weg s in Abhängigkeit von der
Zeit t bekannt ist. Möglicherweise besteht eine Proportionalität zwischen mittlerer
Geschwindigkeit und der Zeit. Unter einer mittleren Geschwindigkeit v m verstehen
wir das Verhältnis aus einem zurückgelegten Weg s und der zugehörenden Zeit t.
Diese Definition ist an keinen besonderen Bewegungsablauf geknüpft; die Bewegung
kann in der Zeit t langsamer oder schneller werden.
vm = s/t
Zur Prüfung der vermuteten Proportionalität werden am Diagramm der Abb. 1.3.35
zu verschiedenen Zeitpunkten t (t: Zeit seit Beginn der Bewegung) die
19
zurückgelegten Wege s abgelesen und in eine Tabelle eingetragen. Wir erkennen, dass
die Vermutung zutrifft. Die geringen Schwankungen in der letzten Spalte sind auf
Messfehler zurückzuführen.
t
s
vm = s/t
vm /t = s/t
0,73 s
0,98 s
1,25 s
1,48 s
5 cm
8,6 cm
14 cm
19,3 cm
6.8 cm/s
8,77 cm/s
11,2 cm/s
13 cm/s
9,38 cm/s2
8,95 cm/s2
8,96 cm/s2
8,81 cm/s2
s/t2 = 8,9 cm /s2 = 0,089 m/s2 = k (Konstante) → s = k · t2
Nun kann gezeigt werden, wie sich Δs/Δt mit kleiner werdendem Δt entwickelt. Die
nächste Tabelle enthält Δs- und Δs/Δt-Werte zu verschieden großen Zeitabschnitten
Δt, die sich an t = 1 s anschließen. Sie wurden mit s = k · t² (k = 8,9 cm/s2 ) berechnet.
Es ist zu erkennen, dass Δs/Δt mit kleiner werdendem Δt einem Grenzwert zustrebt.
Berechnungsbeispiel für Δt = 0,1 s :
Δs = 8,9 cm/s2 ·(1,1 s)2 - 8,9 cm/s2·(1 s)2 = 1,869 cm
Δt
Δs
Δs/Δt
0,1 s
0,01 s
0,001 s
0,0001 s
1,869 cm
0,17889 cm
0,017808 cm
0,00178008 cm
18,69 cm/s
17,889 cm/s
17,808 cm/s
17,8008 cm/s
Die Momentangeschwindigkeit zum Zeitpunkt t = 1 s ist 17,8 cm/s.
Wegen 17,8 cm/s = 2 ·k · 1 s wird vermutet: vzum Zeitpunkt t = 2 · k · t
Beweis:
Nach s = k · t2 gilt: Δs in der Zeit Δt = k ·(t+Δt)2 - k· t2 → Δs/ Δt = [ k ·(t+Δt)2 - k· t2 ] / Δt
Δs/ Δt = [k ·( t2 + 2·t· Δt + Δt2) – k · t2 ] / Δt
→ Δs/ Δt = 2 · k ·t + k · Δt
v = ds/dt = lim Δs/Δt Δt → 0 = 2·k·t
Wie verhält sich die Momentangeschwindigkeit zur mittleren Geschwindigkeit ?
Für die mittlere Geschwindigkeit vm während des Zeitabschnitts Δt gilt:
vm = Δs/ Δt =
k·2 ·t + k · Δt = k·t + k · (t +Δt)
k·t und k · (t +Δt) sind die halben Momentangeschwindigkeiten zu den Zeitpunkten t
und t +Δt.
vm = vvor Δt / 2 + vnach Δt / 2 = (vvor Δt + vnach Δt)/2
Die mittlere Geschwindigkeit in einem Zeitabschnitt Δt ist gleich dem Mittelwert
aus der Anfangs- und der Endgeschwindigkeit.
20
In Abb. 1.3.37 sehen wir v = 2 · k · t in
Abhängigkeit von der Beschleunigungszeit t.
v/t = 2 · k · t / t = 2 ·k ist die Beschleunigung a.
a = 2 ·k → k = a/2
k = a/2 ; s = k · t2 → s = ½ · a · t2
Abb. 1.3.37
Bei der Bewegung nach s = k·t 2 ist die Beschleunigung konstant (a = k ·2 ). Man
spricht in diesem Fall von einer gleichförmig - beschleunigten Bewegung. In
gleichen Zeiten erfährt das bewegte Objekt gleiche Änderungen seiner
Geschwindigkeit.
Ist die Masse des beschleunigten Körpers konstant, dann zeigt eine gleichförmigbeschleunigte Bewegung eine konstante Kraft an, denn bei konstanter Masse gilt:
F = |Δ(m·v)/Δt | = m · |(Δv/Δt)| = m · a
Hier ist noch anzumerken, dass der oben angegebene Satz „Die mittlere
Geschwindigkeit ist der Mittelwert aus der Anfangs- und Endgeschwindigkeit“
nur bei einer gleichförmig - beschleunigten Bewegung gilt.
Es stellt sich nun die Frage, welche der uns bekannten Bewegungen als gleichförmigbeschleunigt anzusehen sind. In Frage kommt z.B. die Fallbewegung eines Körpers.
Wir werden diese Bewegung daraufhin untersuchen.
Aufgaben
1. Ein zunächst gleichförmig mit v0 = 0,5 m/s über eine waagrechte Ebene rollender
Wagen der Masse m = 200 g wird durch ein Gebläse Δt = 4 s lang mit F = 0,3 N in
Fahrtrichtung beschleunigt. Welche Geschwindigkeit hat der Wagen nach dem
Beschleunigungsvorgang ?
2. Ein Experimentierwagen mit mW = 300 g trifft auf ebener Fahrbahn mit v 0 = 3 m/s
auf einen mB = 100 g schweren Bremsklotz und schiebt diesen während des
Bremsvorgangs der Dauer Δt vor sich her. Die Bremskraft, welche von der Ebene auf
den Klotz ausgeübt wird, beträgt 0,5 N. Wie groß ist Δt ?
1.3.8 Der Freie Fall (Gewichtskraft)
Fallen Körper je nach Masse unterschiedlich schnell ? Ein „ja“ liegt nahe, wenn
man daran denkt, dass Papierschnipsel deutlich langsamer fallen als Steine.
Ein fallendes Stück Papier wird jedoch auffällig von der Luft in seinem Verhalten
beeinflusst und es liegt die Vermutung nahe, dass sein langsameres Fallen auf den
Luftwiderstand zurückzuführen ist, der sich bei ihm stärker auswirkt als bei einem
Stein. Fallversuche in einer luftleeren Röhre bestätigen diese Vermutung und so kann
man sagen: Alle Körper fallen im luftleeren Raum gleich schnell.
Ist die Fallbewegung gleichförmig beschleunigt ?
21
Zur Beantwortung dieser Frage dient die in der
Abb. 1.3.38 skizzierte Versuchsanordnung.
Ein 5 kg schwerer Metallzylinder K spult während
seines Falls einen Faden von der Welle eines
Dynamos (Tachogenerator ) ab. Hierbei erzeugt
dieser Dynamo eine der Geschwindigkeit
proportionalen elektrischen Strom. Die Masse von
K ist so gewählt, dass sich die hemmende Kraft des
Dynamos nicht merkbar auswirkt.
Abb. 1.3.38
Während des Falls wird die Dynamostrom in Abhängigkeit von der Zeit dargestellt.
Es entsteht ein lineares Diagramm. Den Stromstärken werden die entsprechenden
Geschwindigkeiten v zugeordnet, damit ein v-t-Diagramm vorliegt. Die Steigung v/t
ist die Beschleunigung. 9,8m/s² kann abgelesen werden. Genauere Messungen
ergeben für die ortsabhängige Fallbeschleunigung g den Wert 9,81 m/s².
Bekanntlich ist die mittlere Geschwindigkeit s/t ( s: in der Zeit t zurückgelegter Weg)
gleich dem Mittelwert aus der Anfangs- und Endgeschwindigkeit. Zu Beginn der
Bewegung ist die Geschwindigkeit 0, eine Zeit t später ist die
Momentangeschwindigkeit gleich v.
s/t = (0+v)/2 = v/2, v /t = g → v = g·t
↓
s/t = g·t / 2 → s = (g/2) · t2 Galileis Fallgesetz
Die Gewichtskraft
Die von der Erde ausgeübte Kraft (Gewichtskraft) F = m · a = m·g ist der Masse
proportional, denn g ist nicht von der Masse abhängig. Auf einen Körper der Masse
1 kg wirkt die Kraft F = 1 kg · 9,81 m/s² = 9,81 N.
1.3.9 Bewegung eines Läufers (Momentanbeschleunigung)
Wie bewegt sich ein Rennläufer beim Start ? Zur Beantwortung dieser Frage dient
die auf der nächsten Seite in der Abb. 1.3.39 sichtbare Messanordnung.
Ein Läufer (65 kg schwerer Sportler)
spult von der Welle eines Dynamos
einen Faden ab. Da der elektrische
Strom des Dynamos der Stärke nach der
Geschwindigkeit des Läufers proportional ist, kann das zu diesem
Vorgang gehörende
Strom-Zeit-Diagramm als ein v-t-Diagramm aufgefasst
werden.
Abb. 1.3.39
22
Von Interesse ist die Kraft beim Anlaufen.
Zu ihrer Berechnung muss die Beschleunigung zu einem interessierenden Zeitpunkt t
ermittelt werden. Am Diagramm kann die Geschwindigkeitsänderung Δv abgelesen
werden, die der Läufer in einem kleinen Zeitabschnitt Δt nach einem Zeitpunkt t
erfährt. Δv/Δt, der Quotient aus dieser Geschwindigkeitsänderung und der
zugehörenden Zeit, ist die mittlere Beschleunigung in Δt. In Abb. 1.3.39 sehen wir
eine Gerade G, deren Steigung dieser mittleren Beschleunigung gleicht. Da sich die
Kraft in Δt ändert, kann aus der mittleren Beschleunigung nicht auf die Kraft F zum
Zeitpunkt t geschlossen werden. Dies ist nur dann mit einem kleinen Fehler möglich,
wenn Δt so klein gemacht wird, dass nur mit einer geringen Kraftänderung in diesem
Zeitintervall zu rechnen ist (stetige Kraftänderung wird vorausgesetzt). Lässt man
zur Verminderung des genannten Fehlers das Zeitintervall Δt nach und nach gegen 0
gehen, dann strebt die mittlere Beschleunigung gegen einen Grenzwert. Dieser
Grenzwert lim Δv/Δt (Δt→ 0) wird als Momentanbeschleunigung a zum
Zeitpunkt t bezeichnet. Bei Verkleinerung von Δt wird die Gerade G in eine
Grenzlage gedreht. In dieser Grenzlage heißt sie Tangente T. Anhand der
Tangentensteigung kann die Momentanbeschleunigung a bestimmt werden. Mit
F = m·a erhält man die Kraft zum Zeitpunkt t.. Für lim Δv/Δt Δt → 0 = a schreiben wir
dv/dt (sprich dv nach dt).
Der Momentanbeschleunigung a ordnen wir den Vektor a = {dv1/dt, dv2/dt, dv3/dt }
zu.
Vom v-t-Diagramm zum a-t-Diagramm
Beschleunigungen können am
v-t-Diagramm ermittelt werden.
Man erhält sie, indem man
Tangenten (siehe Abb. 1.3.40)
anlegt
und deren Steigung
bestimmt .
Abb. 1.3.40
Abb. 1.3.41
Das in Abb. 1.3.41 sichtbare Diagramm zeigt neben dem v-t-Diagramm eines
Rennläufers das zugehörende a-t-Diagramm. Es fällt die erstaunlich hohe
Anfangsbeschleunigung auf. Auf den 65 kg schweren Läufer wirken kurzzeitig etwa
4500 N.
Vom v-t-Diagramm zum s-t-Diagramm
Wenn die Geschwindigkeit konstant ist, dann kann s nach s = v · t berechnet werden.
Hier ist die Geschwindigkeit leider nicht konstant. Wir müssen den
Bewegungsabschnitt in viele kleine Zeitintervalle Δt zerlegen, innerhalb deren wir die
Geschwindigkeiten als annähernd konstant ansehen können. Für die Wegänderung
innerhalb eines solchen Intervalls können wir schreiben: Δs = Δt · v
23
Die Summe aller Δs gleicht dem Weg s.
→
s = Σ Δs = Σ v · Δt
Wie in Abb. 1.3.42 angedeutet ist, kann das Produkt v ·Δt durch den Flächeninhalt A
einer streifenförmigen Fläche dargestellt werden. k und h beschreiben die Längen, die
einer Geschwindigkeits- bzw. Zeiteinheit entsprechen.
A = (k·v)·(h·Δt) → Δs = v · Δt = A /(h·k) → s = Σ Δs = (Σ A) /(h·k) = Agesamt / (h·k)
Σ A: Summe der Fächeninhalte A aller Streifen unter dem v-t-Diagramm
Teilt man die gesamte Fläche unter
dem Diagramm durch k · h, dann
erhält
man
den
insgesamt
zurückgelegten Weg s. So können
die Wege während verschiedener
Laufzeiten für ein s-t-Diagramm
bestimmt werden.
Abb. 1.3.42
1.3.10 Über den Umgang mit Einheiten
Es gibt bekanntlich Grundeinheiten wie m, s und kg und solche Einheiten, die von
diesen Grundeinheiten abgeleitet werden z.B. cm = 0,01 m, m/s, m/s 2, kg·m/s2 usw..
Unter den Einheiten kg, m und s kann man sich noch etwas vorstellen. Anders verhält
es sich mit m/s2 und kg · m/s2. Diese Einheiten sind formaler Natur. m/s 2 und kg·m/s2
sollen darüber informieren, welche Größen in eine Rechnung eingehen und wie sie
miteinander verknüpft werden.
Zu unserer Verwunderung finden wir Angaben wie 2· kg·m/s2 und 200000 ·g·cm/s2.
Die Einheiten werden wie Variablen behandelt. Zum Verständnis dieser Darstellung
sollte man sich unter m, kg und s jeweils die Zahl 1 und unter cm, g, und h (Stunde)
1/100, 1/1000 und 3600 vorstellen.
Hiernach ist es gleichgültig ob man den Wert einer Kraft z.B. 2·kg · m/s 2 in der hier
angegeben Form oder aber in der Form 200000· g ·cm/s2 in eine Gleichung einsetzt.
Das Produkt aus Zahlenwert und Einheit ist in beiden Fällen gleich groß.
Entsprechendes gilt für andere Größen. Wenn in einer Gleichung gleichen Größen
gleiche Einheiten zugewiesen werden, dann kann man alle diese Einheiten als
Vertreter der Zahl 1 ansehen. Daraus folgt, dass in diesem Fall die Gleichung auch
dann gültig ist, wenn die Einheiten weggelassen werden. Nach der Streichung der
Einheiten liegt eine sogenannte Zahlenwertgleichung vor. Zahlenwertgleichungen
sind unüblich, denn es soll immer deutlich bleiben, mit welchen Größen und
Einheiten gearbeitet wird. Außerdem kann man oft Rechenfehler an den
während der Rechnung auftretenden Einheiten erkennen. Wenn z.B. in einer
Summe Summanden mit verschiedenen Einheiten auftreten, dann ist damit ein
Hinweis auf einen Fehler gegeben.
Mit Hilfe von Einheiten können oft Gesetze vermutet werden.
24
Beispiel 1:
Wir wissen, dass auf einen gleichförmig kreisenden Körper eine zum Drehpunkt
gerichtete Kraft wirkt. Wir vermuten, dass diese Kraft F von der Masse m des
Körpers, seiner Geschwindigkeit v und dem Bahnradius r abhängig ist.
v, r und m müssen so verknüpft werden, dass ein Term mit der Einheit kg · m/s 2 (N)
entsteht.
[m] = kg ; m mit eckigen Klammern heißt Einheit von m
[v] = m/s;
[r] = m
→
[v2 · m/r ] = kg · m/s2
Dies gibt Anlass zur Vermutung: F = v2 · m/r
Beispiel 2:
Es wird angenommen, dass die Schallgeschwindigkeit v durch die Luftdichte ρ und
den Luftdruck p bestimmt ist.
[ρ] = kg/m3; [p] = kg/(m·s2); [p/ρ] = m2 / s2 → Vermutung: v ~√(p/ ρ)
1.4 Bewegung unter einer Kraft mit konstantem Betrag
1.4.1 Geradlinige Bewegung
Es gibt eine Vielzahl von Bewegungen, die unter konstanter Kraft ablaufen. Man
denke zum Beispiel an einen Wagen auf einer schiefen Ebene, an das Abbremsen
eines Autos oder den Wurf eines Körpers. Bei der Behandlung solcher
Bewegungsarten beschränken wir uns zunächst auf die geradlinige Bewegung.
Man stelle sich einen Körper K der Masse m vor, der
unter einer Kraft F entlang der x-Achse bewegt wird
(siehe Abb. 1.4.1). Zum Zeitpunkt t = 0 befinde er sich
am Ort x0 und habe die Anfangsgeschwindigkeit v1;0.
Kräfte, Beschleunigungen und Geschwindigkeiten in
x-Richtung erhalten den Zeiger (Index) 1!
Abb. 1.4.1
Welche Geschwindigkeit v1 hat der Körper zu einem späteren Zeitpunkt t ?
Es gilt: F1 = m · a1
→
a1 = F1 /m
Da die Beschleunigung konstant ist, gehören zu gleichen Zeiten gleiche
Geschwindigkeitsänderungen. Die Änderung der Geschwindigkeit v1 – v1;0 ist der Zeit
t proportional.
(v1 – v1;0 )/t = a1 →
v1 = a1 ·t + v1;0
Welchen x-Wert hat der Körper zum Zeitpunkt t ?
Bei konstanter Beschleunigung ist die mittlere Geschwindigkeit gleich dem
25
Mittelwert aus Anfangs- und Endgeschwindigkeit.
(x - x0)/t = (v1 + v1;0 )/2
v1 = a1 ·t + v1;0
↓
(x-x0)/t = [( a1 ·t + v1;0)+ v1;0 ]/2 = ½ · a1 ·t + v1;0 → x = ½ · a1 ·t² + v1;0 ·t + x0
Bei einer räumlichen Bewegung von K erhält man für dessen Projektionen P 1, P2, und
P3 auf die Achsen des Koordinatensystems:
v1 = a1·t + v1;0 ;
x = ½ · a1 · t2 + v1;0 · t + x0
v2 = a2·t + v2;0 ;
v3 = a3·t + v3;0 ;
y = ½ · a2 · t2 + v2;0 · t + y0
z = ½ · a3 · t2 + v3;0 · t + z0
v1;0 , v2;0 ,v3;0: Geschwindigkeiten zum Zeitpunkt t = 0
x0, y0, z0: Koordinaten von K zum Zeitpunkt t = 0.
Abb. 1.4.2
Die Beschleunigungen können bei konstanter Masse aus den Kraftkoordinaten
F1 = m· a1 , F2 = m· a2, F3 = m· a3 bestimmt werden. Die zuletzt angegebenen
Gleichungen werden zu Vektorgleichungen zusammengefasst.
{v1 ; v2 ; v3 } = {a1 ; a2 ; a3 }· t + {v1;0 ; v2;0 ; v3;0 }
v = a·t + v0
{x; y; z } = ½ · {a1 ; a2 ; a3 }· t2 + {v1;0 ; v2;0 ; v3;0 } ·t + {x0 ; y0; z0 }
r = ½ ·a·t2 + v0 · t + r0
r = {x; y; z }; v0 = {v1;0 ; v2;0 ; v3;0 }; r0 = {x0; y0; z0 }
Wirkt keine Kraft ( a = 0), dann verläuft die Bewegung gleichförmig nach
r = v0·t + r0 .
K weicht zum Zeitpunkt t um ½ ·a·t2 von dem Ort P’ ab, den K bei fehlender Kraft
genau dann erreicht hätte und hat in Bezug auf diesen Ort die Geschwindigkeit a·t.
Der Wurf als Beispiel
Für die Bewegung unter einer konstanten Kraft F gelten die folgenden Gleichungen:
v = a·t + v0; r = ½ ·a·t2 + v0 · t + r0; a = F/m
v0: Vektor der Anfangsgeschwindigkeit;
r0: Ortsvektor der Startpunktes
Wir gehen davon aus, dass die Erdanziehungskraft auf einen hoch geworfenen Körper
K eine konstante, nach unten gerichtete Kraft F ist und dass ihr demnach ein
26
konstanter, nach unten gerichteter Beschleunigungsvektor a zugeordnet werden kann.
In einem Koordinatensystem ( siehe Abb. 1. 4.3) mit einer nach oben gerichteten
y-Achse ist a = {0, -g, 0 }. g ist der Betrag der Erdbeschleunigung, der in
Mitteleuropa 9,81 m/s2 beträgt.
Das nebenstehende Koordinatensystem zur
Beschreibung des Wurfs ist ein sogenanntes
Rechtssystem. Die x-, die y- und die
z-Achse verhalten sich ihrer Richtung nach
wie der Daumen, der Zeige- und der
Mittelfinger der rechten Hand, wenn der
Mittelfinger von den beiden anderen
rechtwinklig abgespreizt ist.
Abb. 1.4.3
Liegen r0 und v0 in der x-y-Ebene dann gilt:
{x; y; z } = ½ · {0; -g, 0} · t2 + {v0;1; v0;2; 0 } · t + {x0 ; y0 ; 0 }
{v1; v2; 0 } = {0; -g, 0} · t + {v0;1; v0;2; 0 }
In diesem Fall können die z-Koordinaten unbeachtet bleiben. Für die anderen
Koordinaten gilt:
x = v0;1· t + x0;
v1 = v0;1 ;
y = - ½ · g · t2 + v0;2 · t + y0
v2 = -g · t + v0;2
Bei fehlender äußerer Kraft würde sich K nach {x; y } = {v 0;1; v0;2 }· t + {x0 ; y0 }
bewegen (a = 0) und in der Zeit t mit konstanter Geschwindigkeit einen Punkt P’
erreichen. Stattdessen gelangt K in dieser Zeit zu einem Punkt, der g · t2 /2 unter P’
liegt (siehe Abb. 1.4.6 auf der nächsten Seite).
Die oben angegebenen Gesetze passen auch zu einer Kugel K, die über eine schiefe
Ebene rollt. Die x und y-Achsen müssen in diesem Fall in der schiefen Ebene liegen
und zwar so, dass die x-Achse waagrecht und die y-Achse schräg nach oben weist.
Zur Berechnung ist anstelle von g die Beschleunigung einer abwärts rollenden Kugel
einzutragen. Die Projektion der Kugel auf der x -Achse bewegt sich gleichförmig,
die Projektion auf die y-Achse gleichförmig-beschleunigt.
Die letzten Aussagen sind
leicht mit der Experimentierwippe nachprüfbar. In der
Abb. 1. 4.4 auf der nächsten Seite sind Bewegungen auf einer schräg geneigten
Wippe dargestellt. P ist die Projektion der rollenden Kugel K auf die Längskante der
Glasplatte.
27
Abb. 1.4.4
Die von dem an die Wippe angeschlossenen
Weg-Zeit-Diagramme sind dem Punkt P zuzuordnen.
Rechner
geschriebenen
Die Diagramme zeigen:
P bewegt sich im Fall 1 erwartungsgemäß gleichförmig und im Fall 2 mit einer
konstanten Beschleunigung, die unabhängig ist von der Bewegung in horizontaler
Richtung.
Anmerkung für den Experimentator: Beide Rändelschrauben der angehobenen
Längsseite sind unterlegt
Mit Blick auf die Abb. 1.4.5 werden die Bewegungsgleichungen an einem Wurf
überprüft.
Abb. 1.4.5
Abb. 1.4.6
Abb. 1.4.7
Auch eine Wurfbahn
Mit einer Federkanone (siehe Abb. 1.4.5 ) wird eine an einem Elektromagneten
hängende Eisenkugel K anvisiert. Mit dem Schuss wird der Strom durch den
Magneten unterbrochen und die Kugel fällt. Das Geschoss G, welches den Lauf der
Kanone verlässt, trifft die Kugel.
Erklärung:
Bei fehlender Erdanziehungskraft würde das Geschoss G zu einem Zeitpunkt t
(Wurfbeginn bei t = 0) den Magneten erreichen. Unter der Kraft m· g ist das
Geschoss ½ · g ·t2 tiefer und somit am Ort der fallenden Kugel.
Die Gewichtskraft ist nach Richtung und Betrag konstant, sie ist unabhängig
vom Verlauf der Bewegung. Dies ist die Voraussetzung für die Herleitung der
28
Bewegungsgleichungen, die mit den gerade beschriebenen Experimenten auf
ihre Richtigkeit geprüft wurden.
Aufgabe: Ein Gegenstand K werde mit der Geschwindigkeit v unter dem
Höhenwinkel α am Ort P(0;0) nach oben geworfen (siehe Abb. 1.4.6 auf Seite 28).
Welchen Ort P(x; y) erreicht dieser Gegenstand in einer Zeit t nach dem
Abwurf ?
v1 /v = cos(α) →
v1 = v·cos(α), v2 /v = sin(α) →
v2 = v · sin(α)
x = t · v · cos(α) , y = t· v · sin(α) - (g/2) · t2
x = t · v · cos(α) , y = t· v · sin(α) sind die Koordinaten des Punktes P’, den K ohne
Erdanziehung ( g = 0) in der Zeit t erreichen würde. Die Gleichung x = t · v · cos(α)
kann man nach t auflösen und erhält t = x / [v · cos(α)]. Ersetzt man in der für y
gültigen Gleichung die Zeit t durch diesen Term, dann erhält man eine quadratische
Funktion, die durch eine Parabel dargestellt wird.
y = x · (sin α / cos α ) - g · x2 / (2 · v2 · cos2 α )
Aufgaben
1. Ein 200 g schwerer Wagen
steht auf einer waagrechten
Ebene. Vom Wagen geht ein
Faden aus, er läuft über eine
Rolle abwärts und trägt am
anderen Ende ein 20g-Gewicht.
Abb. 1.4.8
Welche Geschwindigkeit hat der anfänglich ruhende Wagen 3s nach seiner
Freigabe ? Welchen Weg legt er innerhalb von diesen 3 s zurück ?
Wir gehen davon aus, dass es ohne Bedeutung für die Bewegung des Wagens ist, ob
die auf m2 wirkende Kraft F = m2·g nach unten oder nach rechts gerichtet ist.
2. Ein Gegenstand wird mit v0 = 10 m/s senkrecht nach oben geworfen.
Welche Höhe erreicht er und wie lange dauert der Wurf ?
3. Ein Gegenstand wird mit v0 = -5 m/ s von einem y0 = 10 m hohen Turm senkrecht
nach unten geworfen.
Wie lange dauert der Wurf und mit welcher Geschwindigkeit schlägt der Gegenstand
auf den Boden ?
4. Ein Ball wird mit 15 m/s unter dem Höhenwinkel 45° aus 1,7 m Höhe nach oben
geworfen.
Welche Höhe erreicht der Ball, wie weit fliegt er, mit welcher Geschwindigkeit und
unter welchem Winkel schlägt der Ball auf den Boden ?
29
1.4.2 Bewegung auf einer Kreisbahn
Wenn eine Kraft auf einen Körper K wirkt, erwartet man an K eine Veränderung des
Geschwindigkeitsbetrages. Dies ist nicht immer der Fall, z.B. dann nicht, wenn es
sich um eine Normalkraft handelt, wenn die Bewegungsrichtung mit der Richtung der
Kraft einen rechten Winkel bildet. Man denke an einen Körper der Masse m, der an
einem Faden auf einer Kreisbahn geführt wird.
Wir untersuchen nun eine Bewegung in der x-y-Ebene unter einer dem Betrage nach
konstanten Normalkraft F = {F1 ; F2 ; 0}.
In der Schule ist die mathematische Behandlung dieser Bewegung nur mit Hilfe eines
Rechners möglich. Hierbei wird in folgender Weise vorgegangen:
Die Bewegungszeit wird in sehr kleine Zeitabschnitte Δt zerlegt. Ein Δt ist so klein,
dass innerhalb dieses Abschnitts die Kraft nach Richtung und Betrag als konstant
angesehen werden kann. Mit den für konstante Kräfte geltenden Bewegungsgleichungen wird die Orts- und Geschwindigkeitsänderung während des ersten
Zeitabschnitts Δt berechnet.
a1 = F1/m, a2 = F2/m
F1, F2 : Kraftkomponenten in x- und y-Richtung während des Zeitabschnitts Δt
a1, a2: Beschleunigungen in x- und y-Richtung
v1 = a1· Δt + u1 , v2 = a2· Δt + u2
u1,u2 : Geschwindigkeiten vor Δt
v1, v2 : Geschwindigkeiten nach Δt
x = 0,5 · a1 · Δt2 + u1 · Δt + x0 ,
x0, y0 : Koordinaten vor Δt
y = 0,5 · a2 · Δt2 + u2 · Δt + y0
x, y : Ortskoordinaten nach Δt
Nach dieser Rechnung ist der Ort und die Geschwindigkeit zu Beginn des zweiten
Abschnitts Δt bekannt. Mit diesen Werten wird daraufhin der Ort und die
Geschwindigkeit zu Beginn des dritten Abschnitts ( nach dem Ende des 2. Abschnitts)
berechnet usw..
Die Koordinaten F1 und F2 der dem Betrage nach
konstanten Kraft F (|F| = F) werden wie folgt
bestimmt:
F1 / |F| = v2 / |v| , - F2 / |F| = v1 / |v|
|F| = F , |v| = v, v = √(v12 + v22)
↓
Abb. 1. 4.9
F1 = (v2 /v)· F,
F2 = -(v1 /v)· F
Manchmal ist auch eine Angabe über die Bewegungszeit gewünscht. Hat diese vor Δt
den Wert tvor , dann ist sie nach Δt gleich tnach = tvor +Δt.
Die im Microsoft-Office und
Open-Office (Sun) enthaltenen
Tabellenkalkulationsprogramme eignen sich zur Ausführung der hier angegeben
Berechnungsschritte.
30
Wie ist hierbei vorzugehen ?
Auf diese Frage wird nun anhand des Open-Office-Tabellenkalkulationsprogramms
(kann aus dem Internet kostenlos heruntergeladen werden) eingegangen.
Abb. 1.4.10 : www.g-hoehne.de/T/T1.ods
Zuallererst werden in die erste Zeile die gerade aufgestellten Gleichungen
eingetragen. In die zweite Zeile werden die Anfangswerte von x , y, v 1 und v2 sowie
die Werte der Konstanten F/Newton = 20, Δt/Sekunde = 0,001 und m/kg = 1
geschrieben. Die Gleichungen in der ersten Zeile werden vom Rechner nicht als
Rechenanweisungen erkannt. In der dritten Zeile werden dem Rechner verständliche
Anweisungen gegeben, die diesen Gleichungen entsprechen. So wird in der dritten
Zeile unter „F1 = (v2 / v) · F“ die Anweisung „= F2/G2*$K$2“ geschrieben. G2 (v)
wird in der zweiten Zeile nach „= WURZEL(E2^2+F2^2)“ berechnet. Die Zahl
(Index) direkt am Buchstaben zeigt die Zeile an, in der die Variable steht . G4 ist z.B.
ein Eintrag in der 4.Zeile unter G.
=
=
=
=
Zusammenfassung aller Zuordnungen in der Zeile 3:
F2/G2*$K$2 → F1 = (v2 / v) · F = C3*$L$2+E2 → v1 = a1· Δt + u1
-E2/G2*$K$2 → F2 = -(v1 /v)· F = D3*$L$2+F2 → v2 = a2· Δt + u2
A3/$M$2 → a1 = F1/m
= WURZEL(E3^2+F3^2) → v = √(v12+v22)
B3/$M$2 → a2 = F2/m
= H2+$L$2 → tnach = tvor+ Δt
= 0,5*C3*$L$2^2 + E2*$L$2 + I2 →
= 0,5*D3*$L$2^2 + F2*$L$2 + J2 →
x = 0,5 · a1 · Δt2 + u1 · Δt + x0
y = 0,5 · a2 · Δt2 + u2 · Δt + y0
Es fällt auf, dass manche Buchstaben mit dem Zeichen „$“ eingerahmt sind.
Warum schreibt man z.B. $K$2 und nicht K2 ?
$K$2 und K2 stehen für die gleiche Zahl. Der Unterschied zwischen ihnen fällt
beim Kopieren (Einfügen- Kopieren) einer Rechenanweisung in eine andere Zeile
auf. Wird z.B. fünf Zeilen unter einer Rechenanweisung eine Kopie dieser
Anweisung angelegt, dann bleiben die Indices von den Variablen mit „$“
unverändert, die Indices der anderen Variablen aber werden um 5 erhöht. Aus einem
K2 wird die Kopie K7.
Mit der Taste „Zeilenwechsel“ wird der Eintrag einer Rechenanweisung beendet. Es
erscheint dann anstelle der eingetragenen Formel das Rechenergebnis. Mit einem
einfachen Klick auf das Rechenergebnis kann die zugehörende Formel oben im
31
Tabellenfenster neben „fxΣ =“ sichtbar gemacht werden. Bei einem Doppelklick tritt
an die Stelle des Rechenergebnisses die zugehörende Formel. Mit „EinfügenKopieren“ überträgt man nicht das Rechenergebnis, sondern die Formel. Nach dem
Übertrag in eine tiefer liegende Zeile erscheint das Ergebnis der übertragenen
Formel (mit anderen Indices).
Abb. 1.4.11
Soll die 3. Zeile in darunter liegende Zeilen kopiert werden, dann wird diese Zeile in
der 1. Spalte angeklickt und damit der unter A sichtbare Rahmen R gesetzt (siehe
Abb. 1.4.11). Dieser wird anschließend bei gedrückter Maustaste (Linkstaste) mit
dem Mauszeiger in der Rahmenmitte bis zur Spalte J erweitert. 0,005 steht unter J in
der 3. Zeile.
Abb. 1.4.12
Abb. 1.4.13
Danach setzt man den Mauszeiger auf die rechte untere Ecke des Rahmens R und
zieht diesen bei gedrückter Maustaste (Linkstaste) nach unten (siehe Abb. 1.4.12).
Nach der Freigabe der Maustaste ist das aufgespannte, rot umrahmte Feld mit Kopien
der 3.Zeile ausgefüllt. Es muss angemerkt werden, dass es sich hierbei nicht um echte
Kopien handelt, weil die Indices der Variablen ohne „$“ um die Differenz
(ZeilennummerKopie – ZeilennummerOriginal) vergrößert werden.
In der 3. Zeile stehen nun die Werte nach dem 1. Zeitabschnitt Δt, in der 4. Zeile die
Werte nach dem 2. Zeitabschnitt Δt usw.. Da die Indices von Zeile zu Zeile um 1
zunehmen, sind die Rechenergebnisse einer Zeile die Anfangswerte für die
Berechnungen in der nächsten Zeile.
Die Spalten I (x-Werte) und J (y-Werte) werden zur grafischen Darstellung
ausgewählt. Nach Anklicken von I (Linkstaste) wird der Mauszeiger bei gedrückter
Maustaste nach J geführt (siehe Abb. 1.4.13).
Nach Wahl von
„Einfügen - Diagramm“ erscheint das folgende Dialogfeld (nächste Seite) und nach
Anklicken von „XY“ das nächste Feld.
32
Abb. 1. 4.14
Mit „Nur Linien“ und „Fertig
stellen“ wird die in der
Abb. 1.4.15 sichtbare kreisförmige Bahn gezogen. Sie
weicht
etwas
von
einer
Kreisbahn ab. Dies ist auf
Rechenungenauigkeiten zurückzuführen.
Abb. 1. 4.15
Abb. 1. 4.16
Eine höhere Rechengenauigkeit wird erreicht, wenn statt der Beschleunigung zu
Beginn eines kleinen Zeitabschnitts Δt die Beschleunigung in der Mitte von Δt zur
Berechnung genommen wird.
Für die Änderung Δa der Beschleunigung in Δt/2 kann geschrieben werden:
Δa ≈ (avor Δt – anach Δt )/2 →
aMitte ≈ avor Δt + (avor Δt – anach Δt )/2
Da a nach Δt zunächst unbekannt ist, wird das zum letzten Δt gehörende Δa genommen.
Zur Korrektur mit Δa werden in der Tabelle unter der 5. Zeile alle Zeilen gelöscht.
Dann erhalten die unter C und D in der fünften Zeile stehenden Anweisungen
(Beschleunigungen) die Korrekturglieder +(C4-C3)/2 und +(D4-D3)/2. Hiernach
wird die fünfte Zeile bis zur Zeile 2000 kopiert.
Die mit den neuen Werten berechnete Bahn (siehe Abb. 1. 4.16) ist ein Kreis mit
einem
1,25 m-Radius. Die Korrektur ist so gut, dass noch bei einem 10 fach
größeren Wert von Δt ( Δt = 0,01) eine ordentliche Kreisbahn entsteht.
33
Ist das Fenster, in dem das Diagramm liegt, durch Doppelklick aktiviert (grauer
Rand), dann können mit „Einfügen-Titel“ Titel hinzugefügt und die Achsen
beschriftet werden ( hier y/m und x/m). Ein Gitternetz ist mit „Einfügen-Gitter“
machbar und nach einem Rechtsklick im Diagrammbereich kann mit „FormatPosition und Größe“ die Länge und Breite des Diagrammfeldes festgelegt werden.
Die hier berechnete Bahn ist nur dann als Kreisbahn erkennbar, wenn die Strecken
gleich lang sind, die den Einheiten auf der x- und y-Achse zugeordnet sind.
Mit einem Rechtsklick auf einer Zahl an den Koordinatenachsen
werden
Möglichkeiten zur Gestaltung der Zahlenangaben angezeigt.
Der in der Abb. 1. 4.16 ablesbare Radius r = 1,25 m ist nach der in dem Kapitel
1.3.11 als Vermutung angegebene Gleichung F = m·v2/r zur Kraft auf einen
kreisenden Körper zu erwarten.
F = m·v2/r → r = m·v2/ F = 1 kg · 25 m2/ s2/ 20N = 1,25 m
Die Werte in der Spalte G zeigen an, dass die Bahngeschwindigkeit v konstant ist.
Als Ergebnis der hier durchgeführten Untersuchung ist festzustellen:
Wirkt auf einen Körper eine zur Bewegungsrichtung orthogonale Kraft mit
konstantem Betrag, dann bewegt sich der Körper mit konstanter
Geschwindigkeit auf einer Kreisbahn. Die auf den Kreismittelpunkt gerichtete
Kraft heißt Zentripetalkraft FZ.
Die Beschleunigung zum
Kreismittelpunkt hin wird
Zentripetalbeschleunigung
genannt. Zur
experimentellen Ermittlung ihres
Betrags lassen wir eine
Kugel auf der Experimentierwippe kreisen (siehe
Abb. 1.4.17).
Abb. 1.4.17
Das Diagramm beschreibt den Weg s des Punktes P, der senkrechten Projektion des
kreisenden Körpers B auf einen durch den Kreismittelpunkt gehenden Pfeil. Dem
Bewegungsdiagramm kann mit bekannten Computerprogrammen (Mathe.-Physik der
Firma Höhne-Messtechnik, Cassy-Lab der Firma LD-DIDACTIC..) eine Parabel
angepasst und der zu ihr gehörende Funktionsterm bestimmt werden. Für sehr kurze
Zeiten t nach der Kehrtwende von P am linken Umkehrpunkt gilt für den Weg s diese
Punktes:
s = ½ ·a ·t2 ( a = |a| )
Für die Parabel in der Abb. 1.4.17 wurde s = (1,51 m/s 2) · t2 erhalten. Folglich hat
die Zentripetalbeschleunigung den Wert 3,02 m/s2. Nach den am Diagramm
ablesbaren Werten (Umlaufzeit = 1,32 s , Bahnradius =14 cm) ist v2/r = 3,1 m/s2.
34
Der geringe Unterschied zwischen den beiden Werten 3,02 m/s 2 und 3,1 m/s2 ist auf
Ungenauigkeiten bei der Messung zurückzuführen.
Der Funktionsterm der Parabel, welche die Bewegung der Projektion P bei kleinem s
beschreibt, soll nun anhand der Abb. 1.4.18
hergeleitet werden. Das der Kreisbahn
zugeordnete Dreieck ABC ist nach dem
Satz des Thales ein rechtwinkliges Dreieck.
Es vergeht die Zeit t, während P den Weg s
zurücklegt. Der Kreisbogen AB weicht bei
kleinem t nur sehr wenig von der Kathete AB
ab. Es gilt somit nach dem Kathetensatz:
s· (2 · r) = ( v·t)2 → s = [(v2/r) /2]·t2
↓
s = (a /2) · t2
↓
Abb. 1. 4.18
2
a = v /r → |FZ| = m· v2/r
Für die Zentripetalkraft wird oft die Gleichung F = m·ω 2·r angegeben. ω ist die
Winkelgeschwindigkeit, sie beschreibt den Winkel (im Bogenmaß), der in einer
Zeiteinheit von der Strecke überstrichen wird , welche den kreisenden Körper mit
dem Drehpunkt verbindet.
ω = 2·π/T , v = 2·π·r/T → v = ω·r;
F= m · v2/r = m·(ω·r)2/r = m·ω2·r
Aufgaben
Zur Behandlung der hier gegeben Aufgaben muss das Additionsgesetz der Kräfte
bekannt sein, welches erst in den folgenden Kapiteln behandelt wird. Dieses Gesetz
besagt:
Wirken auf einen Körper K zwei Kräfte F 1
und F2 , dann verhält sich der Schwerpunkt
von K so, als ob nur eine der Vektorsumme
von F1 und F2 gleichende Kraft F3 auf ihn
einwirke.
Abb. 1.4.19
1. Ein mit Wasser gefüllter Eimer wird in einer vertikalen Ebene
auf einer Kreisbahn mit r = 0,8 m um einen Punkt M gedreht.
Welche Geschwindigkeit muss der Eimer am höchsten Punkt
seiner Bahn mindestens haben, wenn das Wasser nicht auslaufen
soll ?
Ab
Abb. 1. 4.20
35
2. Wenn die Straße glatt ist (vernachlässigbare
Reibung), dann muss sie in einer Kurve nach dem
äußeren Kurvenrand hin ansteigen, damit ein Auto
nicht aus der Kurve heraus rutscht.
Wie groß muss der Anstiegswinkel α in einer Kurve
mit dem Radius r = 50 für ein Auto mit 100 km/h
sein ?
Abb. 1.4.21
3. Mit v = 20 km/h fährt ein Radfahrer in eine Kurve, deren
Radius r = 20 m beträgt.
Mit welchem Winkel α legt sich der Radfahrer hierbei in die
Kurve ?
Abb. 1.4.22
4. Am oberen Ende eines rotierenden senkrechten Stabes ist
eine Kugel mit einem Faden der Länge L = 50 cm angebunden.
Sie dreht sich mit der Winkelgeschwindigkeit ω = 10 ·1/s.
Welchen Winkel α bildet der Faden mit dem Stab ?
Abb. 1.4.2
5. Auf die höchste Stelle eines Rohres mit dem Radius r = 0,5 m
wird ein kleiner Experimentierwagen gesetzt. Nach einem ganz
leichten Stoß rollt er reibungsfrei abwärts.
Bei welchem Winkel α löst er sich vom Rohr ?
Abb. 1.4.24
1.5. Gesetze zur Kraft
1.5.1 Das Wechselwirkungsgesetz
1.5.1.1 Kräfte beim Anfahren und Bremsen eines Autos
Ein Spielauto mit leicht aufgezogenem Federmotor wird zunächst am Rand der
Wippe mit einem Faden festgehalten und in einem passenden Augenblick freigegeben
(siehe Abb. 1.5.1 und Abb. 1.5.2).
36
Abb. 1.5.1
Abb. 1.5.2
Der Anfang und das Ende des hierbei aufgezeichneten s-t-Diagramms ist durch
parabelförmige Abschnitte gekennzeichnet, die eine gleichförmig beschleunigte
Bewegung mit positiver bzw. negativer Beschleunigung anzeigen. Wenn die
Geschwindigkeit v in Richtung der x-Achse größer wird (Δv > 0), dann spricht man
von einer positiven, andernfalls von einer negativen Beschleunigung. Mit
Computerprogrammen
(Mathe.-Physik,
CASSY-LAB)
können
dem
Bewegungsdiagramm Parabeln angepasst und die zugehörenden Terme bestimmt
werden. Der Faktor vor t2 gleicht der halben Beschleunigung.
Nach Kenntnis der Beschleunigung ist die Berechnung der
Anfahrens und Bremsens möglich.
Kraft während des
Wer beschleunigt das Auto ? Warum fährt ein Auto an ?
Der Motor kann nicht als unmittelbare Ursache angesehen werden, da nach dem
Trägheitssatz nur äußere Kräfte eine Beschleunigung herbeiführen. Die Kraft muss
von der Straße ausgehen. Die Räder greifen an der Straße an und verformen deren
Oberfläche so, dass die Straße wie eine gestauchte Feder auf das Auto einwirkt.
Zur Überprüfung dieses Sachverhalts denken wir uns ein Spielauto auf einer
beweglichen Fahrbahn (siehe Abb.1.5.3).
Abb. 1.5.3: 2 Experimentierwagen tragen eine Glasplatte
Fährt das Spielauto an, dann erfahren sowohl das Auto wie die bewegliche Fahrbahn
einen Impuls. Nach dem Impulssatz müssen die beiden Impulse betragsmäßig
übereinstimmen. Das Auto übt dementsprechend eine Kraft auf die bewegliche
Fahrbahn aus (erteilt ihr einen Impuls entgegen der eigenen Bewegungsrichtung ),
und diese wirkt mit einer gleich großen Kraft auf das Auto.
Wir schließen hieraus auf das Wechselwirkungsgesetz:
Jeder Kraft wirkt eine gleichgroße Kraft entgegen.
37
Immer wieder weisen alltägliche Erfahrungen auf das Wechselwirkungsgesetz hin.
Abb. 1.5.4
Abb.1.5.5
In der Abb. 1.5.4 sind Kinder auf einem Floß zu sehen. Sie ziehen an einem Seil,
welches die beiden Ufer eines Flüsschens miteinander verbindet und erzeugen damit
eine Gegenkraft des Seils, die ihre Bewegung veranlasst.
Die nach dem Wechselwirkungsgesetz zu erwartende Gegenkraft ist häufig Ausdruck
einer Verformung. Selbst die Wand eines Klassenzimmers wird unter dem Druck
einer Hand verbogen. Eine solche Wandverbiegung kann mit der Experimentierwippe
nachgewiesen werden ( siehe Abb. 1. 5.5).
Zwischen dem Stativstab auf dem Rand der drehbaren Glasplatte und einer Wand
(keine Betonwand) wird ein dünner Stahldraht straff aufgespannt. Eine durch
Händedruck verursachte Verformung der Wand bewirkt eine geringe Drehung der
Glasplatte, die in bekannter Weise von einem Rechner registriert wird.
1.5.2 Gesetz zur Addition der Kräfte
Wir stellen uns eine
Glasplatte der Masse m3
vor, die auf kleinen
Eisenkugeln aufliegt und
somit nach allen Seiten
frei beweglich ist.
Auf
der
zunächst
ruhenden Platte fährt ein
Spielauto W1 mit der
Masse m1 und dann in
einem zweiten Versuch
ein Spielauto W2 mit der
Masse m2 an .
Abb. 1.5.6
Nach
dem
Impulssatz
bleibt
die
Impulssumme
38
aus
den
Impulsen
des
Glasplattenschwerpunkts und des Autos in jedem Fall konstant.
W1: d(m3· v3)/dt + d(m1· v1)/dt = 0;
d(m3· v3 )/dt = - d(m1· v1)/dt;
W2: d(m3· v3)/dt + d(m2· v2)/dt = 0
d(m3· v3)/dt = - d(m2· v2)/dt
Wenn wir die Platte gedanklich in viele kleine Teilchen zerlegen, dann ist ihr
eine Impulssumme zuzuordnen; sie gleicht dem Impuls des Schwerpunkts !
-d(m1· v1)/dt und -d(m2· v2)/dt sind die Kräfte F1 und F2 , welche die Autos W1
und W2 auf die Glasplatte ausüben.
Wenn W1 und W2 gleichzeitig anfahren, dann gilt:
d(m3 · v3)/dt + d(m1 · v1)/dt + d(m2 · v2)/dt = 0
- d(m1 · v1)/dt - d(m2 · v2)/dt = d(m3 · v3)/dt
Der Schwerpunkt der Glasplatte verhält sich so, als ob nur eine Kraft
F3 = d(m3 · v3)/dt auf ihn wirke.
Diese Kraft erhalten wir durch vektorielle Addition der von W 1 und W2 ausgehenden
Kräfte F1 und F2.
Schlussfolgerung: Wirken auf einen Körper K (hier eine Glasplatte) zwei Kräfte
F1 und F2 , dann verhält sich der Schwerpunkt von K so, als ob nur eine der
Vektorsumme F1 + F2 gleichende Kraft F3 auf ihn einwirke.
a = F3/ (Masse von K) ist die Beschleunigung des Körperschwerpunkts.
Nach F = m·a wird die Schwerpunktbeschleunigung a eines Systems berechnet.
Hierbei ist es ohne Bedeutung, ob zwischen den Teilen des Systems feste oder keine
Bindungen bestehen. m steht für die gesamte Masse des Systems und F für die
Vektorsumme aller auf das System wirkenden Kräfte.
Berechnung von resultierenden Kräften
An einem Gegenstand greifen zwei
Kräfte F1 und F2 an. Der Winkel
zwischen den Kraftpfeilen sei α
(siehe Abb. 1.5.7).
Wie groß ist der Betrag der
resultierenden Kraft F ?
Abb. 1.5.7
Zur Beantwortung einer solchen Frage wird ein Dreieck aus den Kraftvektoren
gebildet. F erscheint als unbekannte Seite in dem aus F1, F2 und F gebildeten
Dreiecks. Für den Gegenwinkel γ zu F gilt: γ = 180° - α . |F | ist mit Hilfe des
Kosinussatzes berechenbar.
|F|2 = |F1|2 + |F2|2 – 2· |F1| ·|F2|·cos γ
39
Anwendungen des Additionsgesetzes
Die Hangabtriebskraft
Behauptung: Ein Wagen, der auf einer schiefen Ebene die
Höhendifferenz s durchläuft, erfährt eine nur von s
abhängige Geschwindigkeitsänderung.
Beweis:
Die Beschleunigung eines Wagens der Masse m entlang
der schiefen Ebene weist auf eine Kraft F
(Hangabtriebskraft) parallel zu dieser Ebene hin; sie ist
die Resultierende der auf den Wagen wirkenden Kräfte.
Auf den Wagen wirkt die Erde mit ihrer Anziehungskraft
FG = m·g und die schiefe Ebene mit einer
Abstoßungskraft
FB
(siehe
Abb.1.5.8).
Von
Reibungskräften soll abgesehen werden.
Abb.1.5.8
F/FG = s/L → F = (s/L) · m·g = m·a → a = (s/L)·g
↓
(v2 – v1)/t = (s/L)·g
v1: Anfangsgeschwindigkeit; v2: Endgeschwindigkeit;
t: Bewegungszeit
(v2 – v1)/t = (s/L)· g
→
Abb.1.5.9
(v2 – v1) · L / t = s· g
Für die mittlere Geschwindigkeit L/t gilt: L/t = (v2 + v1)/2
(v2 – v1) · L/t = s· g → (v2 – v1) · (v2 +v1) / 2 = s· g → v22 – v12 = 2· s· g
Demnach ist die Änderung von v2 und somit auch die von v nur von der
Höhenabnahme s abhängig.
Die Hangabtriebskraft F gewinnt man auch, indem man die Gewichtskraft FG wie in
der Abb. 1.5.9 sichtbar in zwei Kräfte F und FN (Normalkraft) zerlegt. Erlaubt ist
dies, weil nach dem Additionsgesetz der Kräfte F und FN zusammen die gleiche
Wirkung auf den Wagen haben wie FG alleine.
Die anfangs stehende Behauptung über die Änderung der
Geschwindigkeit gilt auch dann, wenn der Wagen eine
gekrümmte Bahn hinab rollt. In diesem Fall können wir die
Bahn als eine Folge von n vielen kleinen schiefen Ebenen
mit der Höhendifferenz Δs sehen (siehe Abb. 1. 5.10). Für
jede dieser kleinen Ebenen gilt: vEnde2 – vAnfang2 = 2· Δs· g
Abb. 1.5.10
Für die Summe aller n Differenzen vEnde2 – vAnfang2 erhalten wir:
v22 – v12 + v32 – v22 + v42 – v32 ….+ vn2 – vn-12 = 2· Δs1 ·g + 2· Δs2· g + 2· Δs3· g.....
Auf der linken Seite heben sich vn-12, vn-22 ….... v22 gegenseitig auf.
vn2 – v12 = 2· g ·( Δs1 + Δs2 + Δs3 …...) = 2· g ·s
40
Experimentelle Überprüfung der letzten Aussage
Abb. 1.5.11
Abb. 1.5.12
Die Abb. 1.5.11 und 1.5.12 zeigen eine in Querrichtung geneigte Wippe (die
Schmalseiten sind geneigt, die Längsseiten verlaufen waagrecht), auf der eine Kugel
entlang einer vorgeschriebenen Bahn hinab rollt. Die Bahn ist jeweils durch einen
Schweißdraht (Durchmesser = 4 mm) vorgegeben, der zwischen zwei diagonal
gegenüber liegenden Ecken der Wippe eingespannt ist.
Die in den Abbildungen erkennbaren Bahnen
nehmen vor dem unteren Ende einen waagrechten
Verlauf an, somit werden die mit der
Geschwindigkeit 0 am oberen linken Ende der
Bahn beginnende Bewegungen am Ende
gleichförmig.
In der Abb. 1.5.13 sind die zugehörenden WegZeit-Diagramme zu sehen ( das obere ist der
Abb. 1.5.11 und das untere der Abb. 1.5.12
zuzuordnen). Beide Diagramme haben am Ende
gleiche Steigungen und zeigen somit gleiche
Endgeschwindigkeiten an.
Abb. 1.5.13
Kräfte an einer tragenden Leine
An einer Leine, die zwischen zwei Punkten P1
und P2 aufgespannt ist, sei eine Lampe
aufgehängt (siehe Abb. 1.5.14). Man könnte
meinen, dass P1 und P2 jeweils die halbe
Gewichtskraft der Lampe aushalten müssen.
Dies ist aber nicht der Fall.
Abb. 1.5.14
Die auf sie wirkenden Zugkräfte sind meistens erheblich größer als die halbe
Gewichtskraft des aufgehängten Gegenstandes.
Warum ist dies so ?
Zum Verständnis dieses Sachverhalts dient die Abb. 1.5.15.
41
Die von den Punkten P1 und P2
ausgehenden Kräfte FP1 und
FP2 bilden als Resultierende die
Gegenkraft
–FL
zur
Gewichtskraft FL der Lampe.
Abb. 1.5.15
Die Kräfte FP1 und FP2 ( |FP1| = |FP2|) sind größer als FL /2.
Es gilt: |FP1| / (|FL| /2) = s/h
→
|FP1| = (s / h) · (|FL|/2)
s: halbe Seillänge, h: Verschiebung der Seilmitte unter der Gewichtskraft der Lampe
Nach dem Wechselwirkungsgesetz haben die auf P 1 und P2 wirkenden Kräfte die
gleichen Beträge wie die von P1 und P2 ausgehenden Kräfte. Die Zugkraft der Lampe
an einer Seilhälfte ist demnach um den Faktor s/h größer als die halbe Gewichtskraft
|FL|/2 der Lampe.
Aufgaben
1. Ein Faden, an dessen Enden Gewichte mit m 1 = 200 g und
m2 = 160 g hängen, ist über eine feste Rolle gelegt. Wenn das
200g-Gewicht G freigegeben wird, dann bewegt es sich mit einer
Beschleunigung a abwärts.
Wie groß ist diese Beschleunigung a ?
Welche Geschwindigkeit v hat G 0,5 s nach seiner Freigabe ?
Welchen Weg legt G in 0,5 s nach dem Start zurück ?
Wie groß ist die Zugkraft F des Fadens ?
Wie groß ist die Kraft auf die Rolle ?
Die Masse der Rolle sowie die Reibung der Rolle an ihrer
Drehachse sei vernachlässigbar klein.
2. Auf einer waagrechtenund einer schiefen Ebene
stehen die Wagen W1 und
W2. W2 zieht W1 an einem
Faden.
Die Masse der Rolle R sei
vernachlässigbar klein.
Abb. 1.5.17
Wie groß ist die Beschleunigung der beiden Wagen ?
Wie groß ist die Kraft F auf die Umlenkrolle R ?
42
Abb. 1.5.16
3. An einem Flaschenzug hängen zwei Gewichte der Masse
m =100 g.
Welche Beschleunigung a1 erfährt das linke Gewicht nach
seiner Freigabe ?
Die Massen der Rollen sind zu vernachlässigen !
Beachte:
Die Zugkräfte Ff der 3 Seilstücke sind gleich groß !
Abb. 1.5.18
4. Beweise den Galileischen Sehnensatz !
In seinem berühmten Werk „Discorsi“ behauptet Galilei
Folgendes: Wenn von dem höchsten Punkt oder von dem
Gipfel eines (vertikalen) Kreises (siehe Abb. 1.5.19) nach
dem Horizonte hin geneigte Ebenen bis zu der
Kreisperipherie errichtet werden, so sind die Fallzeiten
längs derselben einander gleich (Physikaufgaben von
Dr. K. Petanides, Klett-Verlag).
Nach dieser Behauptung unterscheiden sich die Zeiten t 1
und t2 nicht, während der die beiden durchlochten Perlen
P1 und P2 entlang gespannter Drähte von A aus
reibungsfrei zum Ende des Drahtes abwärts gleiten.
Abb. 1.5.19
1.6. Über Messungen von Kräften und damit gewonnene
Einsichten
Wenn wir die Anfangsgeschwindigkeit eines Körpers und die auf ihn wirkenden
Kräfte kennen, dann ist eine genaue Voraussage über die Bewegung seines
Schwerpunkts möglich. Es ist daher angebracht, die Kräfte zu untersuchen, die für
interessante Bewegungen maßgebend sind.
In Frage kommen Reibungs-,
Verformungs- und Anziehungskräfte. Als Beispiel einer Verformungskraft ist die
Kraft einer gedehnten Schraubenfeder zu nennen. Als Anziehungskraft ist uns die
Gewichtskraft m·g eines Gegenstandes bekannt.
1.6.1 Messmethoden
1.6.1.1 Kraftmessung mit einer Schraubenfeder
Bisher wurden Kräfte direkt nach F = Δ(m · v)/Δt ermittelt. Eine Kraft F kann aber
auch bestimmt werden, indem man sie hinsichtlich ihrer Wirkung mit bekannten
Kräften vergleicht. Zum Vergleich bieten sich die Gewichtskräfte von Gegenständen
an, da sie nach F = m · g leicht berechenbar sind. Die Messung einer Kraft Fu durch
Vergleich mit einer Gewichtskraft kann wie folgt geschehen:
43
1. Man lässt Fu auf eine Schraubenfeder wirken und misst die von ihr verursachte
Dehnung s.
2. Es wird die Masse m des Körpers K bestimmt, unter dessen Gewicht die Feder die
gleiche Dehnung s erfährt.
Die Kraft Fu wird der Gewichtskraft auf K gleichgesetzt und nach Fu = m · g
berechnet.
Ist das erlaubt ?
Wenn ein Körper K an einer Feder ruhig hängt, dann kann daraus zunächst nur
geschlossen werden, dass die Feder der Erdanziehung mit der Kraft F F = m·g
entgegen wirkt und so den Körper in Ruhe hält. Dass der Körper K mit seiner
Gewichtskraft an der Feder zieht, ist eine Schlussfolgerung aus dem
Wechselwirkungsgesetz, wonach der Federkraft FF = m· g eine gleich große Kraft
entgegen wirkt.
Damit direkt aus der Dehnung einer Feder auf die verursachende
Kraft geschlossen werden kann, ist ein Gesetz erwünscht,
welches die Abhängigkeit der Dehnung s von der Kraft F zeigt.
Es gilt: Die Federdehnung ist der verursachenden Kraft
proportional.
F/s = Konstante D → F = D · s
Die Konstante D, Federkonstante oder Federhärte genannt,
beschreibt die Kraft der Feder nach Dehnung um eine
Längeneinheit. Nach ihrer Kenntnis kann eine Kraft leicht anhand
Abb. 1.6.1:
der von ihr verursachten Federdehnung bestimmt werden.
Federkraftmesser
In der Abb. 1.6.1 ist ein Federkraftmesser zu sehen. In einer Hülse ist eine
Schraubenfeder, die an einem die Hülse tragenden Haken H befestigt ist. Das lose
Ende dieser Feder trägt ein Stäbchen, welches unten aus der Hülse herausragt und
dort einen Haken hält, an dem die zu messende Kraft angreifen kann. Eine weiße
Markierung M am Stäbchen zeigt die Stärke der Kraft an.
1.6.1.2 Kraftmessung mit der Experimentierwippe (das Drehmoment)
Zur
Messung von Kräften
ist
die
Experimentierwippe gut geeignet. Sie hat
gegenüber einem einfachen Federkraftmesser
den Vorzug, dass die Kräfte mit einem
Schreiber oder Rechner registriert werden
können.
Abb. 1.6.2
Die zu messende Kraft kann man, wie in der Abb. 1.6.2 dargestellt, direkt an einem
Ende der Wippe angreifen lassen. Es muss dabei beachtet werden, dass neben dem
Betrag der Kraft auch noch deren Richtung und Angriffspunkt für die Drehung der
44
Wippe maßgebend sind. Bestimmt wird die Drehung durch das als Drehmoment
bekannte Produkt M = |F| · L. F = |F| ist der Betrag der drehenden Kraft ( hier eine
Gewichtskraft ), L ist der Hebelarm, der Abstand der Drehachse vom Kraftpfeil oder
dessen Verlängerung. Der Kraftpfeil beginnt am Angriffspunkt der Kraft. Die
Drehung der Wippe und das diese Drehung anzeigende elektrische Signal ist bei
Drehmomenten < 5 N· m proportional zu M. Ein starrer Körper mit einer bestimmten
Rotationsachse wird Hebel genannt (siehe Abb. 1.6.3). Für die Auswirkung einer
Kraft F auf einen Hebel ist deren Drehmoment
M = |F| · L maßgebend.
Folglich gilt: Zwei an einem Hebel
angreifende Kräfte mit gegensätzlichem
Drehsinn verursachen keine Drehung, wenn
die
Beträge
ihrer
Drehmomente
übereinstimmen ( siehe Abb. 1.6.3).
|F1|·L1 = |F2| ·L2 muss gelten, wenn der in der
Abb. 1.6.3 abgebildete
Hebel in Ruhe
bleiben soll.
Hebelgesetz
Mit der Wippe können direkt an ihr
angreifende Kräfte nur dann mit
ausreichender Genauigkeit gemessen
werden, wenn sie größer als 0,005 N
sind. Zur Messung kleiner Kräfte dient
die in Abb. 1.6.4 skizzierte
Versuchsanordnung.
Abb. 1.6.3
Abb. 1.6.4
Am hinteren Ende der Wippe sind zwei Aluminiumschienen E und H angebracht. H
ist am Rahmen der drehbaren Glasplatte und E ihr gegenüber am festen Rahmen
befestigt. Auf diese beiden Schienen wird ein Hebel so aufgelegt, dass sein
Schwerpunkt zwischen E und H liegt. Wirkt auf das eine Ende des Hebels die Kraft
F1 dann wird die größere Kraft F2 = (a/b)·F1 über die Schiene H der Wippe mitgeteilt.
a ist der zu F1, und b der zu F2 gehörende Hebelarm. Die obere Kante von E ist die
Drehachse des aufgelegten Hebels.
Zur Begründung dieser Behauptung muss gesagt werden, dass der Hebel sich unter F1
solange um E dreht, bis von der Schiene H ein rechts drehendes Moment ausgeübt
wird, welches das Moment der Kraft F1 ausgleicht. Da die von H ausgehende Kraft
betragsmäßig mit F2 übereinstimmt, können wir schreiben:
|F1| · a = |F2| · b
→
|F2 | = (a/b) · |F1|
Eine Metallscheibe in einer mit Öl gefüllten Schale S sorgt dafür, dass der Hebel nach
einer plötzlichen Belastung nicht lange hin und her schwingt. Eine verschiebbare
Hülse B sowie ein auf der Wippe verschiebbares Gewicht G ermöglichen das
Ausbalancieren des Hebels.
45
1.6.1.3 Kraftmessung mit einem Konstandraht
Zur elektrischen Messung von Kräften werden meistens sogenannte
Dehnungsmessstreifen eingesetzt. Das in der Abb.1.6.5 mit einem D gekennzeichnete
Gebilde ist ein solcher Dehnungsmessstreifen. Zwischen zwei Folien
ist ein
mäanderförmig gewundenes Konstantanbändchen eingebettet.
Abb. 1. 6.5
Abb. 1.6.6
In der Abbildung sind die Bedingungen erkennbar, unter denen ein solcher
Dehnungsmessstreifen Kräfte anzeigt. Er bildet mit 3 weiteren Leitern A, B und C
eine als Wheatstonebrücke bezeichnete Leiterkombination.
Die vom -Pol zum +Pol einer Stromquelle fließenden Elektronen nehmen je zur
Hälfte den Weg durch das obere (A,B) und durch das untere Leiterpaar (D,C), denn
die elektrischen Widerstände der Leiter stimmen überein. Es besteht kein Anlass für
einen Strom durch das an den Punkten e und f angeschlossene Messgerät.
Wenn der Dehnungsmessstreifen D unter einer Kraft gedehnt wird, dann zeigt das
angeschlossene Messgerät von f nach e fließende Elektronen an. Eine Erklärung
hierfür wird sofort gefunden. Die Leiter A, B, C und D, die anfangs
übereinstimmende elektrische Widerstände hatten, werden nicht mehr von gleich
starken Strömen durchflossen, denn D hat nun einen höheren Widerstand als die
anderen Leiter, da seine Leiterbahnen bei Belastung länger und dünner werden.
Zunächst verteilen sich die vom - Pol kommenden Elektronen je zur Hälfte auf B und
C, dann aber zieht ein Teil der durch C fließenden Elektronen den Leiter A wegen
seines geringeren Widerstandes dem Leiter D vor und nimmt den Weg über das
Messgerät.
Es ist noch anzumerken, dass man eine Kraft niemals direkt am Dehnungsmessstreifen angreifen lässt. Dehnungsmessstreifen werden zur Kraftmessung auf
elastische Gegenstände geklebt. Diese werden einer Kraft ausgesetzt.
Anstelle eines
Dehnungsmessstreifens kann auch ein Konstantandraht als
Kraftsensor eingesetzt werden (siehe Abb. 1.6.6). Man nimmt Konstantan statt
Kupfer oder Eisen, denn dieses Metall hat gegenüber Eisen oder Kupfer den Vorzug,
dass sein elektrischer Widerstand nur sehr wenig von Temperaturänderungen
46
abhängig ist, weshalb solche Änderungen keine Kräfte vortäuschen können.
Die Abb. 1.6.7 zeigt eine im
Lehrmittelhandel erhältliche Leiterplatte (Höhne-Messtechnik) mit einer
Wheatstonebrücke
und
einem
Signalverstärker. Der als Kraftsensor
dienende Konstantandraht ist mit
Trinkhalmen
zu
einer
Raute
aufgespannt, damit kleine Kräfte
gemessen werden können. Ein Haken
hängt an der unteren Ecke der Raute.
An ihm zieht ein Gegenstand
der Masse m mit der Kraft F = m·g.
Abb. 1.6.7
Nach den Ausführungen im Kapitel 1.5.2 (Kräfte an einer tragenden Leine) sind die
vom Haken auf den Draht nach links und rechts wirkenden Zugkräfte nicht gleich
F/2 , sondern um den Faktor L/h größer.
1.6.2 Messung der Zentripetalkraft
Zur Messung der Zentripetalkraft
muss die Wippe
unempfindlicher gemacht werden. Dies erreicht man, indem man
die dem Sensor abgewandte Rahmenleiste der Wippe arretiert
(siehe Abb. 1.6.8). Zwei aus einer Nut dieser Leiste
herausgezogene Stäbchen greifen unter den äußeren Rahmen und
behindern somit die Drehung der Wippe.
Abb. 1. 6.8
Die vordere Rahmenleiste wird hiernach bei Belastung mit einem Körper
geringfügig nach unten gedrückt.
nur
An dieser Leiste hängt ein Pendel. Es wird
nach links soweit umgelenkt, bis der
Pendelkörper (100 g) die Höhe der Wippe
erreicht und dann freigegeben. Der
Pendelkörper durchläuft daraufhin die in
der Abb. 1.6.9 angedeutete Kreisbahn.
Während dieses Vorgangs wird das in
Abb. 1.6.10 sichtbare
Diagramm
aufgezeichnet, welches zunächst eine
Abb. 1. 6.9
Abb. 1. 6.10
Entlastung um m·g und dann eine
Belastung um 3·m·g anzeigt. Mit 3·m·g wirkt der Körper am tiefsten Punkt seiner
Bahn. 2·m·g ist auf die Zentripetalkraft zurückzuführen – Gegenkraft zur
Zentripetalkraft.
47
Wie verhält sich die Zentripetalkraft F = 2· m ·g zu der Geschwindigkeit am
tiefsten Bahnpunkt ?
Es ist bekannt, dass nur die durchlaufene Höhendifferenz für die Geschwindigkeit des
Pendelkörpers maßgebend ist. Es ist gleichgültig, ob der Körper um r fällt oder diese
Höhenänderung auf einer Kreisbahn erfährt.
Bei einem Fall aus der Höhe r gilt: r = (g/2)·t2 , v = g · t
↓
r = (g/2)·(v/g) →
2
v2 = 2 · g · r ; F = 2· m ·g
→
t = v/g
v2 = 2 · g · r
→ F/v2 = 2 · m · g / (2 · g · r) = m/ r
↓
F = m · v2 / r
1.6.3 Messung von Reibungskräften
1.6.3.1 Gleit- und Haftreibung
Gleitreibung
Ein auf einer waagrechten Platte angestoßenes Holzklötzchen verharrt nicht in einer
gleichförmigen Bewegung, sondern kommt nach kurzer Zeit zur Ruhe. Diese
Tatsache weist auf eine von der Platte ausgehende Reibungskraft FR hin, welche der
Bewegung entgegenwirkt. Kleine Erhebungen der Berührungsflächen behindern sich
gegenseitig.
Abb. 1. 6.11
Zieht man, wie in Abb. 1.6.11 sichtbar, ein Holzklötzchen mit einem Federkraftmesser gleichförmig über die Tischplatte, dann ist die Federkraft Fz dem Betrage
nach gleich der Reibungskraft FR. Die Reibungskraft kann deshalb am Kraftmesser
abgelesen werden.
Es stellt sich heraus, dass die Reibungskraft nicht von der Geschwindigkeit und der
Größe der reibenden Flächen abhängig ist. Neben deren Rauigkeit ist nur noch die
Kraft von entscheidender Bedeutung, mit der das Klötzchen auf seine Unterlage
drückt. Diese Kraft trägt den Namen Normalkraft FN. Wenn das Klötzchen auf einer
waagrechten Fläche liegt, dann gleicht FN seiner Gewichtskraft.
Es gilt: FR ~ FN ( FR = |FR| !)
Der Quotient FR/FN kennzeichnet die Rauigkeit der reibenden Flächen, er wird
Reibungskoeffizient µ genannt.
FR/FN = µ
48
Haftreibung
Wird ein Holzklötzchen aus der Ruhe in Bewegung gesetzt, dann ist zunächst eine im
Vergleich zur Gleitreibungskraft größere Kraft, Haftreibungskraft F H genannt,
erforderlich. Zieht man einen Schlitten auf einem mit Schnee bedecktem Weg an,
dann ist der Unterschied zwischen Haft- und Gleitreibungskraft besonders auffällig.
Auch für FH gilt:
FH ~ F N →
F H / F N = µ H,
µH : Haftreibungskoeffizient (µH > µ )
Wegen FH > FR sollte ein Autofahrer darauf achten, dass sein Auto nicht mit
schleifenden, sondern mit rollenden Rädern gebremst wird, denn die maximale
Haftkraft eines rollenden Rades ist nicht FR , sondern FH.
Aufgaben:
1. Ein Auto der Masse m wird auf ebener Straße bei v 0 = 100 km/h voll gebremst, so
dass es rutscht (siehe Abb. 1.6.12 ).
Wie lange ist der Bremsweg s bei einem Reibungskoeffizient µStraße-Reifen = 0,8 ?
Abb. 1.6.12
Abb. 1.6.13
2. Ein Wagen mit der Masse m1 = 200 g rollt auf ebener Strecke mit v = 3 m/s auf
einen Bremsklotz mit m2 = 100 g (siehe Abb. 1.6.13 ).
Wie lange ist der Bremsweg s bei einem Reibungskoeffizient µBremsklotz-Fahrbahn = 0,6 ?
3. Ein Auto fährt in einer ebenen Kurve mit dem Radius r = 50 m.
Welche Geschwindigkeit v darf das Auto maximal haben, wenn es nicht aus der
Kurve heraus rutschen soll ?
Der Reibungskoeffizient µ betrage 0,9.
1.6.3.2 Reibungskräfte in einer Flüssigkeit
Die Reibungskraft eines gleitenden Körpers ist von dessen Geschwindigkeit
unabhängig. Anders verhält es sich mit der von einer Flüssigkeit verursachten
Reibungskraft. Zur Untersuchung
der Flüssigkeitsreibung dient das in der
Abb.1.6.14 angedeutete Experiment. Auf der Experimentierwippe steht ein mit
Motoröl gefüllter Zylinder. In ihm wird eine Eisenkugel an einem Faden gleichförmig
herabgelassen. Der Punkt A des hierbei aufgenommenen Diagramms kennzeichnet
den Beginn der Bewegung. Die auf die Wippe wirkende Kraft wird um die
Reibungskraft vergrößert.
49
Der Punkt B ist der Berührung der Kugel mit
dem Boden des Zylinders zuzuordnen. Die
Reibungskraft sowie die Bewegungszeit
werden durch die vertikalen- und horizontalen
Abstände der beiden Punkte angezeigt. Lässt
man die Kugel verschieden schnell von der
Oberfläche des Öls bis zum Gefäßboden herab
sinken, dann ist festzustellen, dass F ~ 1/t ist.
Abb. 1.6.14
Bei doppelter Zeit ist die Reibungskraft nur noch halb so groß.
Somit gilt:
Die Reibungskraft F ist zur Kugelgeschwindigkeit v proportional.
F~v
Ebenfalls proportional zur Geschwindigkeit ist die Kraft, die ein durchlässiges
Gewebe einer strömenden Flüssigkeit entgegensetzt. Zu dieser Einsicht gelangt man
auf etwas indirekte Weise mit dem folgenden Experiment (siehe Abb. 1.6.15).
An der freien Schmalseite der
Experimentierplatte hängt ein
Gefäß mit textilem Boden.
Aus diesem Gefäß läuft
Wasser aus, wobei der
Rechner das nebenstehende
Diagramm aufzeichnet. Wie
an
dem
Diagramm
erkennbar, läuft in einer
Zeit th, der sogenannten
Halbwertszeit, unabhängig
vom anfänglichen Wasserstand die Hälfte der
Abb. 1.6.15
Wassermenge aus.
Im ersten Zeitabschnitt der Dauer th nimmt die Wassermasse m0 auf m0/2 ab. Am
Ende des darauf folgenden Zeitabschnitts gleicher Dauer hat der Gefäßinhalt die
Masse m = m0·(1/2)·(1/2) und nach der Zeit t = n·th ( n = t/th ) gilt :
m = m0 · (1/2)n = m0 · (1/2)(t/th) = m0 · 2 - (t/th)
Eine Exponentialfunktion beschreibt das Ausfließen des Wassers.
Spricht dieser Befund für FR ~ v ?
Kann das Ergebnis unter der Voraussetzung FR ~ v hergeleitet werden?
Es gilt: m · g - FR = m· a → FR = m· a + m · g
Da die die Beschleunigung a des Wassers im Vergleich zu g vernachlässigbar klein
50
ist, können wir schreiben: FR = m · g.
m ist die Masse des im Gefäß befindlichen Wassers. Δm (Δm < 0) steht für die
Änderung dieser Masse in einem kleinen Zeitabschnitt Δt. Sind z.B. 10g
ausgeflossen dann gilt: Δm = Massenach Δt – Masse vor Δt = - 10g .
- Δm ist somit die Masse des Wassers, die in diesem kurzen Zeitabschnitt Δt
ausfließt.
Aus der Annahme v ~ FR folgt unter Berücksichtigung -Δm/Δt ~ v:
-Δm/Δt ~ FR; FR = m· g
→ -Δ m ~ m· g·Δt → - Δm /( m· Δt ) = Konstante = k
↓
Δm = mnach Δt - mvor Δt = - k · mvor Δt· Δt
→
m nach Δt = mvor Δt - k·m vor Δt·Δt
↓
mnach Δt = mvor Δt·(1- k·Δt )
Mit dem im Kapitel 1.4.2
vorgestellten
Tabellenkalkulationsprogramms kann
untersucht werden, wie die im
Gefäß befindliche Wassermasse abnimmt.
Abb. 1. 6. 16
„= A2+$D$2“ und „= B2*(1-$C$2*$D$2)“ werden in der dritten Zeile unter A und B
eingetragen. In die zweite Zeile werden Werte für k und Δt (k = 0,2 s -1, Δt = 0,03s)
sowie die Anfangswerte der Zeit und der Masse geschrieben. Anschließend wird der
unter A und B liegende Abschnitt
der dritten Zeile in 1000 darunter
liegende Zeilen kopiert und
schließlich das in der Abb. 1.6.17
sichtbare
Bewegungsdiagramm
erstellt. Sehr deutlich ist zu
erkennen, dass die Halbwertszeit
unabhängig von der anfangs
vorhandenen Wassermenge ist.
Nach 3,46 s sind 100g ausgelaufen,
nach weiteren 3,46 s sind nur noch
50 g im Gefäß. Die Behauptung
FR ~ v ist somit bestätigt.
Abb. 1. 6.17: www.g-hoehne.de/T/T2.ods
Wie hängt die Halbwertszeit th von der Konstanten k ab ?
Mit größer werdendem k erfolgt die Entleerung schneller. Vermutlich sind th und k
umgekehrt proportional. Trägt man in die Tabelle verschiedenen Werte für k ein, dann
ist erkennbar, dass die Vermutung zutrifft. In jedem Fall hat th · k den Wert 0,692.
m = m0·2 –t/ th ; th = 0,692 / k →
m = m0·2 – (1/ 0,692) ·k ·t →
51
m = m0·[2 (1/ 0,692)] – k· t
Zur Vereinfachung dieses Terms wählen wir 2 1/0,692 = 2,72 als Basis und benennen
diese mit dem Buchstaben e. So können wir schreiben : m = m0 · e – k·t
e als Grenzwert von [a/(a-1)]a für a → ∞
Der oben angegebene Gleichung für die Entleerung soll nun hergeleitet werden.
m1 = m0 ·(1- k·Δt ) ist die Masse, die von der Anfangsmasse m 0 nach dem ersten
Zeitabschnitt der Dauer Δt übrig ist. Für die Masse m2 nach dem zweiten
Zeitabschnitt gilt entsprechend: m2 = m1 ·(1- k·Δt ).
m2 = m1 ·(1- k·Δt ); m1 = m0 ·(1- k·Δt ) →
m2 = m0 ·(1- k·Δt )2
Die Masse mn am Ende eines aus n Zeitabschnitten gebildeten Zeitraums der Größe t
kann somit errechnet werden nach:
mn = m0·(1- Δt ·k)n = m0·(1- Δt ·k)t/ Δt = mt ; t/ Δt = n
Bei der Herleitung wurden sehr kleine Zeitabschnitt Δt vorausgesetzt, in denen sich
die Änderung von m nicht nennenswert auf die Fließgeschwindigkeit auswirkt. Der
durch die stetige Änderung der Fließgeschwindigkeit bedingte Fehler strebt mit
kleiner werdendem Δt gegen 0.
Da eine Gleichung der Form mt = m0 · e – k·t hergeleitet werden soll, wird
m0·(1- Δt ·k)t/ Δt zu m0·{(1-Δt ·k)- 1 / (k ·Δt)}– k · t umgeformt. 1/( Δt ·k) nennen wir a.
mt = m0·{(1-1/a)- a} – k ·t = m0·{[(a-1)/a]- a} – k ·t = m0·{[(a/(a-1)]a} – k ·t
Bei kleiner werdendem Δt wird a größer.
[a/(a-1)]a strebt erwartungsgemäß mit
zunehmendem a gegen einen Wert bei
2,72 ( siehe Tabelle in der Abb. 1. 6.18).
Angesichts dieser Tatsache erscheint es
sinnvoll, e als Grenzwert von [a/(a-1)]a
zu definieren.
Abb. 1. 6.18.
www.g-hoehne.de/T/T3.ods
e = lim(a → ∞) [a/(a-1)]a
Hier ist noch Folgendes anzumerken:
Aus „(- Δm/m )/Δt = Konstante = k ↔ Δm /Δt = - k · m“ folgt unter
Berücksichtigung von m = m0 · e – k·t : Δm /Δt = - k · m0 · e – k ·t.
Wenn man es sehr genau nimmt, dann müsste das Gleichheitszeichen in der letzten
Gleichung durch „≈“ ersetzt werden, denn dass Gleichheitszeichen ist nur für
lim Δm /Δt Δt →0 = dm/dt erlaubt.
dm /dt = - k · m0 · e – k·t , m = m0 · e – k·t
Folgende Regel ist erkennbar: Den Differentialquotient von einer Funktion A·e b·t
erhält man, indem man die Funktion mit b multipliziert.
52
1.6.3.3 Reibungskraft der Luft
Jeder Körper erfährt in einem Luftstrom eine Reibungskraft.
Eine solche Kraft F kann z.B. so gemessen werden, wie dies
in Abb. 1.6.19 angedeutet ist. Beim Vergleich der Kräfte, die
sich zu verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten v
einstellen, findet man:
F~ v² → F/v² = Konstante = k → F = k · v²
Die Kraft ist dann proportional dem Quadrat der
Geschwindigkeit, wenn hinter dem angeblasenen Gegenstand
starke Wirbelbildung erkennbar ist. Die Konstante k ist von
Abb. 1.6.19
der Form des angeblasenen Gegenstandes abhängig.
Dies hier aufgestellte Reibungsgesetz muss berücksichtigt werden, wenn es darum
geht, die Bahn einer Kanonenkugel zu berechnen. Deren Bewegung weicht infolge
der Luftreibung erheblich von einem Parabelbogen ab.
1.6.4 Messung der Auftriebskraft einer Flüssigkeit
Mit der Anordnung der Abb. 1.6.20 kann die Kraft gemessen
werden, die das in einem Becherglas aufsteigende Wasser auf
die Unterseite eines Holzstabs ausübt. Der Holzstab übt über
den ihn haltenden Stativstab ein Drehmoment auf die Wippe
aus - das Becherglas steht vor der rechten Hälfte der Wippe.
Bei einem gleichmäßigen Zufluss des Wassers zeichnet der
Rechner eine nach oben gehende Gerade. Hiermit wird
angezeigt, dass die durch das Wasser hervorgerufene Kraft F
Abb. 1.6.20
zur Eintauchtiefe direkt proportional ist. Werden solche
Messungen mit Holzstäben verschiedenen Querschnitts A durchgeführt, dann ist zu
sehen, dass F zu A proportional ist. F/A ist konstant, wenn die Eintauchtiefe nicht
geändert wird.
Das Verhältnis F/A heißt Druck p. Die Druckeinheit l N/m² trägt den Namen
Pascal ( Abkürzung: Pa ). 100000 Pa werden zu der Einheit l bar
zusammengefasst.
Einen Hinweis zur Berechnung des Wasserdrucks gibt das nächste in Abb. 1.6.21
dargestellte Experiment. Nicht ein Holzstab, sondern ein von einem dünnen Stiel
gehaltenes Blech taucht in das Becherglas. Wenn
Wasser über das Blech hinaus aufsteigt, wird keine
Wasserkraft angezeigt. Dies deutet darauf hin, dass der
Druck auf der Unterseite des Blechs gleich dem
Wasserdruck auf der Oberseite ist. Der Druck ist
offensichtlich nicht davon abhängig, ob die
Angriffsfläche nach oben oder unten weist.
Abb. 1.6.21 Abb. 1.6.22
53
Die Kraft auf die Unterseite des Blechs erschien zunächst nicht berechenbar, anders
verhält es sich mit der Kraft F auf die Oberseite. Sie wird sofort als Gewichtskraft der
darüber stehenden Wassermasse erkannt.
F = m ·g; F = ρ · h ·A · g
m: Masse des über dem Blech stehenden Wassers; A: Fläche des Blechs; ρ: Dichte
des Wassers ; h: Eintauchtiefe des Blechs
Für den Wasserdruck p in der Tiefe h gilt demnach: p = F/A = ρ · g · h
In dem Experiment der Abb. 1.6.22 wird die Auftriebskraft untersucht, die ein Quader
durch das im Glas aufsteigende Wasser erfährt. Das Kraft-Zeit-Diagramm zu diesem
Experiment strebt nur dann aufwärts, solange das Wasser von der Unterseite zur
Oberseite des Quaders steigt. Ist der Quader allseits von Wasser umgeben, bleibt die
Auftriebskraft konstant. Diese Tatsache ist leicht verständlich. Wenn das Wasser den
Quader übersteigt, dann nimmt der Druck auf die Oberseite ebenso zu wie der Druck
auf die Unterseite. Zur Berechnung der Auftriebskraft F müssen wir die oben und
unten wirkenden Flüssigkeitskräfte subtrahieren.
F1 = A · p1 ; F 2 = A · p2
p1 ist der von oben und p2 der von unten wirkende Wasserdruck.
p1 = ρ · g · h1 ; p2 = ρ · g · h2
F = F 2 – F1 = A · ρ · g · h 2 – A · ρ · g · h1
F = ρ · g · A ·( h2 – h1); A ·( h2 – h1) ist das Volumen, ρ · A ·( h2 – h1) die Masse und
g ·ρ · A ·( h2 – h1) die Gewichtskraft des verdrängten Wassers.
Gesetz des Archimedes: Die Auftriebskraft F ist gleich der Gewichtskraft der
verdrängten Flüssigkeit.
Ein eindrucksvolles Experiment zum Gesetz des Archimedes ist in Abb. 1.6.23
dargestellt.
Auf der Wippe steht eine mit Wasser gefüllte
Wanne. Ein Schiffchen wird an einem Faden
zunächst auf der Glasfläche an der Wanne
entlang und dann durch das Wasser von links
nach rechts gezogen. Im 2. Fall wird keine
Gewichtsverlagerung registriert, denn die
Gewichtskraft des Schiffchens ist gleich der
Gewichtskraft des verdrängten Wassers.
Abb. 1.6.23
1.6.5 Bestimmung des Lungenvolumens durch eine Kraftmessung an
der ausgepusteten Luft
Wie in der Abb. 1.6.24 erkennbar ist, wird aus voller Lunge Luft durch ein um 90°
gebogenes Rohr gleichmäßig geblasen. Die Luft erfährt an der Rohrbiegung eine
Impulsänderung, die nach dem Wechselwirkungsgesetz eine Kraft auf den an der
54
Wippe angeklemmten Stativstab zur Folge hat. Das zugehörende F-t-Diagramm ist in
Abb. 1.6.25 zu sehen.
F = m · v/t; m = V · ρ
↓
F = V · ρ · v/t
m = Luftmasse, ρ = Dichte der Luft
V = Luftvolumen
v = Strömungsgeschwindigkeit
Abb. 1.6.24
Abb. 1.6. 25
ρ = 1,2 kg/m3, Ф = Durchmesser des Rohres = 7,4 mm,
A = Querschnitt des Rohres, t = Zeit des Blasens
Wir stellen uns vor, der waagrechte Teil des Rohres sei so lang, dass er die gesamte
ausgepustete Luft mit dem Volumen V aufnehmen kann. Wenn sich die Luft in
diesem Teil befindet, dann erstreckt sie sich über die Länge v · t.
v·t·A = V;
v = V/(A·t)
Nach Einsetzen von v = V/(A · t) in F = V · ρ · v/t , findet man:
F = V2 · ρ/(A·t2) → V2 = F · A ·t2 /ρ
F und t können am Diagramm in der Abb. 1. 6.25 abgelesen werden.
F = 0,026 N ; t = 4,3 s
→ V = t · √(F · A /ρ) = 0,0041 m³
1.6.6 Messung der Gravitationskraft
Die Erde zieht einen Körper K der Masse m1 mit der Gewichtskraft m1 ·g an. Unter
Hinweis auf das Wechselwirkungsgesetz kann man auch sagen:
Der Körper K zieht die Erde mit der Kraft m1 ·g an.
Diese Kraft ist der Masse des Körpers K proportional. Wenn sich die Masse von K
auf die Kraft auswirkt, dann wird man auch der Masse m 2 der Erde einen
entsprechenden Einfluss zubilligen müssen.
F ~ m 1 ; F ~ m 2 → F ~ m 1 · m2
Wie hängt diese Kraft von dem Abstand
r der Massenmittelpunkte ab ?
Eine Antwort kann nach Untersuchungen
mit der in Abb. 1.6.26 skizzierten
Drehwaage nach Eötvös gegeben werden.
Abb. 1.6.26
Zwei große Bleikugeln mit den Massen m1 ziehen zwei kleine Bleikugeln mit den
55
Massen m2 im Abstand r an. Infolgedessen erfährt der an einem Stahldraht
aufgehängte Stab St (er trägt die kleinen Kugeln und einen Spiegel ) eine winzige
Drehung. Ein am Spiegel reflektierter Lichtstrahl zeigt diese Drehung an. Aus der
Drehung kann auf die Anziehungskraft geschlossen werden.
Untersuchungsergebnis: F ~ 1/r2 →
F ~ m1 · m2/ r2
↓
2
F / ( m1 · m2/ r ) = Konstante = G (Gravitationskontante) = 6,67· 10-11 m³ /(kg· s2)
↓
2
F = G ·m1 · m2 / r Gravitationsgesetz
Mit dem Gravitationsgesetzes können wir bei bekanntem Erdradius r = 6370000 m
die Masse der Erde bestimmen. Für die Erdanziehungskraft F = m·g, die ein
kg-Körper an der Erdoberfläche erfährt, gilt:
1 kg ·g = G · (1kg ·mErde) / r2 ; → mErde = r2 · g /G = 5,97 · 1024 kg
1.6.7 Ein Kraftmesser als Beschleunigungsmesser
In Abb. 1. 6.27 ist eine Person zu sehen,
die auf einem 3 cm dicken Brett aus der
Kniebeuge in den Stand geht. Ein
Drahtmesswandler auf der Unterseite
des Bretts dient als Kraftsensor (siehe
Abb. 1.6.29). Der Konstantandraht des
Messwandlers wird bei der Belastung
des Bretts gedehnt, denn das Brett wird
leicht durchgebogen. Das angeschlossene Messgerät ist zur Anzeige der
Beschleunigung a kalibriert.
Abb. 1. 6.27
Abb. 1. 6.28
Abb. 1. 6.29
Tritt eine Person auf das Brett, dann wird der hierdurch verursachten Änderung der
Anzeige nicht die Kraft m · g, sondern die Beschleunigung g zugeordnet. Diese
Kalibrierung wird verständlich, wenn man bedenkt, dass die Kraft der Person auf das
Brett um m· g zunimmt, wenn diese ihren Schwerpunkt mit g nach oben
beschleunigt. In der Abb. 1.6.28 ist das zur dargestellten Bewegung gehörende
Beschleunigungsdiagramm zu sehen.
Mit Hilfe von Computerprogrammen z.B. „Mathe.-Physik“ kann aus einem
a-t-Diagramm des Schwerpunkts schnell ein v-t-Diagramm entwickelt werden. Die
Geschwindigkeit zu einem Zeitpunkt t ermittelt ein
solches Programm
56
folgendermaßen:
1. Die Zeit seit Beginn des Beschleunigungsvorgangs bis zum Zeitpunkt t wird in
viele kleine Zeitabschnitte Δt eingeteilt. Ein Δt ist so klein, dass sich die
Beschleunigung a innerhalb dieses Zeitraums kaum ändert und so die
Geschwindigkeitsänderung in Δt durch Bildung des Produkts a ·Δt errechnet werden
kann.
2. Die vielen kleinen Geschwindigkeitsänderungen a ·Δt während dieser
Zeitabschnitte Δt werden errechnet und addiert. Die Summe dieser Änderungen
gleicht der Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t.
Die hier beschriebene Summenbildung nennt man Integration.
1.7. Bewegungen mit Reibungskräften
1.7.1 Schiefer Wurf unter Berücksichtigung der Luftreibung
Unter 1.6.3.3 wurde ein Gesetz zur Reibungskraft in Luft angegeben. Es muss
berücksichtigt werden, wenn es darum geht, die Bahn einer Kanonenkugel zu
bestimmen. Ein Tabellenkalkulationsprogramm macht dies möglich. Die passenden
Kräfte müssen in der im Kapitel 1.4.2 aufgestellten Tabelle in den ersten beiden
Spalten eingetragen werden.
Welche Kraft wirkt auf die Kugel ?
Die der Geschwindigkeit entgegen gerichtete Reibungskraft FR ist v2 proportional.
FR/v2 = k; FR = k·v2 ( |v| = v ; |FR| = FR )
Wie die Komponenten der Reibungskraft F zu berechnen sind, erkennt man auf der
nächsten Seite an der
Abb.1.7.1. Zu sehen sind zwei ähnliche Dreiecke aus
Geschwindigkeits- und Kraftvektoren.
- FR1/ |FR| = v1 /|v| → FR1 = - (v1 /|v|) · |FR|
- FR2/ |FR| = v2 /|v| → FR2 = - (v2 /|v|) · |FR|
FR1
|FR| = k·v2
↓
= - v1 ·v · k ; FR2 = - v2 ·v · k
Neben der Reibungskraft wirkt noch die
Gewichtskraft m·g.
Abb. 1.7.1
F1 = - v1 ·v · k und F2 = - g· m - v2 · v · k sind die x und y- Koordinaten der auf
die Kugel wirkenden Kraft.
Die in 1.4.2 aufgestellte Tabelle kann nun zur Behandlung der Kugelbewegung
57
hergerichtet werden. In die dritte Zeile schreiben wir unter A „= -E2*G2*$N$2“
(F1= - v1 ·v · k steht in der 1. Zeile) und unter B „ = -$K$2*$M$2-F2*G2*$N$2“
(F2 = - g· m - v2 · v · k steht in der 1. Zeile). $K$2, $M$2 und $N$2 stehen für g, m
und k. In der zweiten Zeile werden unter K, M und N für g, m und k die Werte
9,81, 1 und 0,1 eingesetzt.
g = 9,81 m/s2 ; m = 1 kg ; k = 0,1 kg/ m
Anschließend wird der unter A
und B liegende Abschnitte der
dritten Zeile in 2000 darunter
liegende Zeilen kopiert und
schließlich das in der Abb. 1.7.2
sichtbare Bewegungsdiagramm
erstellt. Es ist zu sehen, dass die
Bahn deutlich von einem
Parabelbogen abweicht.
Abb. 1. 7.2 : www.g-hoehne.de/T/T4.ods
1.7.2 Fallbewegung in einer Flüssigkeit
Wir stellen uns eine in Öl fallende Eisenkugel vor. Ihr ist ein Koordinatensystem mit
einer nach unten gerichteten x-Achse zugeordnet, an deren 0-Punkt sie zum Zeitpunkt
t = 0 zum Fall freigegeben wurde. Der Gewichtskraft m · g wirkt eine der
Geschwindigkeit v proportionale Reibungskraft FR = k ·v entgegen. v wächst solange
bis die Gewichtskraft gleich der Reibungskraft ist.
Wie ändert sich v mit der Zeit ?
Für die Kraft F gilt: F = m· g – k · v
F1 = m· g – k · v1 ; F1 = m· a1
→
a1 = g – (k/m) · v1
Wir tragen F1 in die zum schiefen Wurf mit Reibung angelegte Tabelle ein. In die
3.Zeile der Spalte A schreiben wir „= $M$2*$K$2-$N$2*E2“ und kopieren diese
Zeile in 2000 darunter liegende Zeilen. Als Anfangswert von v1 wird der Wert 0
eingetragen. Für m und k werden 1 (1 kg) und 3 (3 kg/s) eingesetzt. Mit den unter H
und I stehenden Zeit- und Wegwerten wird ein x-t-Diagramm (x steht für den Weg)
erstellt (siehe Abb. 1.7.3).
Abb. 1.7.3: www.g-hoehne.de/T/T5.ods Abb. 1.7.4: www.g-hoehne.de/T/T6.ods
58
Zum Verständnis des Diagrammverlaufs ist ein v-t-Diagramm hilfreich. Zur seiner
Darstellung wird zunächst so vorgegangen wie beim Anlegen eines x-t-Diagramms.
In dem nach „Einfügen-Diagramm“ erscheinenden Auswahlfeld wird nicht nur eine
Entscheidung für „XY“, und „Nur Linien“ getroffen, sondern es wird zusätzlich
noch „Datenreihen“ angeklickt, damit die Datenreihe der Wege gegen die der
Geschwindigkeiten ausgetauscht werden kann. Die Datenreihe „ Y-Werte“ wird zur
Bearbeitung ausgewählt. Der Buchstabe „I“ (I ist die Spalte für die Wege) wird durch
„E“ (E ist die Spalte für die Geschwindigkeiten) ersetzt. Nach „Fertig stellen“
erscheint das Diagramm in der Abb. 1.7.4.
Nach 2 s ist die Endgeschwindigkeit vmax erreicht. Die Reibungskraft k· v1 ist dann
gleich der Gewichtskraft m·g. Das x-t-Diagramm nimmt einen linearen Verlauf an.
k· vmax = m·g
→
vmax = m·g/k = 1kg ·9,81(m/s2) / 3 (kg/s ) = 3,27 m/s
Die Differenz zwischen vmax und v1 bei Zeiten < 2s beginnt mit m·g/k (t = 0) und hat
bei 2 s einen Wert nahe 0. Ein Term der Form (m·g/k) · e - b· t kommt als Differenz in
Frage.
m·g/k – v1 = (m·g/k) · e- b· t → v1 = (m·g/k) ·(1- e - b· t )
Wenn der für v1 aufgestellte Term gültig ist, dann muss es möglich sein, ein b zu
finden , so dass mit v1 = (m·g/k)·(1- e - b· t ) und dem daraus gebildeten a1 = dv1/dt die
Gleichung a1 = g – (k/m) · v1 erfüllt wird. Bei Bildung des Differentialquotienten
muss nur der zeitabhängige Term -(m·g/k)·e - b · t berücksichtigt werden. Nach den
Ausführungen im Kapitel 1.6.3.2 gilt:
dv1/dt = a1 = b· (m·g/k)· e- b· t
Die Terme für v1 und a1 werden in die Gleichung a1 = g – (k/m) · v1 eingesetzt.
b· (m·g/k)· e-b· t = g - (k/m) ·(m·g/k) ·(1- e-b· t ) →
b· (m/k)· e-b· t = e-b· t
↓
b = k/m → v1 = (m·g/k) ·(1- e- (k / m) · t )
Kann mit dieser Gleichung der Fallweg x in Abhängigkeit von t bestimmt
werden ?
v1 = dx/dt →
dx/dt = (m·g/k) ·(1- e- (k /m) · t )
Welcher Term liefert diesen Differentialquotienten ?
x = (m·g/k) ·(t +m/k· e- (k/m) · t) ist ein solcher Term.
x = (m·g/k) ·(t +m/k· e- (k/m) · t) passt nicht ganz zur Fallbewegung, denn für t = 0
liefert dieser Term den Wert x = m 2 ·g/k2. Die Bewegung beginnt aber mit x = 0.
Deshalb muss noch m2 ·g/k2 subtrahiert werden.
x = (m·g/k)·(t+m/k· e- (k /m) · t) - m2 ·g/k2 → x = (m·g/k) ·t - (m2·g/k2 )·(1- e- (k /m)· t)
59
1.8. Schwingungen
1.8.1 Die Harmonische Schwingung
An der Vorderseite der Wippe hängen wir eine Schraubenfeder mit einem Körper G
der Masse m = 0,1 kg auf . Nachdem sich die Feder beruhigt hat, wird G nach
unten gezogen (y > 0) und anschließend freigegeben. G schwingt auf und nieder und
der an die Experimentierwippe angeschlossene Rechner zeichnet das in der Abb.1.8.1
sichtbare Diagramm. Mit der Wippe
wird D·y gemessen, dies ist die
Änderung der auf die Wippe
wirkenden Federkraft F bei einer
Abweichung y aus der Ruhelage. Aus
dem Kraft-Zeit-Diagramm wird ein
Weg-Zeit-Diagramm, wenn man zu
den Einteilungen der y-Achse nicht
Abb. 1.8.1
Kräfte, sondern stattdessen die ihnen entsprechenden Federdehnungen schreibt.
Elongation, Amplitude, Schwingungszeit und Frequenz sind Begriffe, die bei der
Behandlung von Schwingungen zu hören sind.
1. Elongation y: Sie ist die augenblickliche Abweichung von der Ruhelage.
2. Amplitude A: Sie ist der Betrag der maximalen Elongation.
3. Schwingungszeit T: Dies ist die Zeit, die während einer Schwingung vergeht.
4. Frequenz f: f = n/t, n ist die Zahl der Schwingungen in der Zeit t. Aus
t = n·T folgt: f = n/(n·T) = 1/ T. Die Frequenz gibt die Anzahl der Schwingungen
pro Zeiteinheit an, sie gleicht dem Kehrwert der Schwingungsdauer. Für die
zugehörende Einheit 1/s schreibt man auch Hz. Dies ist eine Abkürzung vom
Nachnamen des Physikers Heinrich Hertz.
G wird unter der Kraft Fy = - D·y beschleunigt. Das -Zeichen zeigt an, dass die Kraft
der Auslenkung entgegen gerichtet ist. Bei genauer Prüfung des Sachverhalts wird
man schreiben: Fy = -D·|s| + m·g - D·y. s ist die Dehnung der Feder bei ruhendem G.
Beachte: die y-Achse ist in der Abb. 1.8.1 nach unten gerichtet.
Fy = - D·y gilt,
weil die Gewichtskraft m·g durch die Kraft D·|s| der ruhenden Feder ausgeglichen
wird.
Fy = -D·y → -D·y = m·ay → ay = - (D/m)·y
Lässt man eine Kugel K in
einer auf
der Wippe
stehenden Schale rotieren,
dann wird vom Rechner ein
Diagramm
gezeichnet,
welches man auch einer
Federschwingung zuordnen
könnte (siehe Abb. 1.8.2). Die
Projektion P der Kugel auf
Abb. 1. 8.2
60
Abb. 1. 8.3
die Längsseite der Wippe bewegt sich so wie ein an einer Schraubenfeder hin
und her schwingender Körper G. Vermutlich gilt auch für die Projektion P die
Proportionalität ay ~ y.
ay ist in diesem Fall die y-Komponente
der
2
Kreisbeschleunigung ω ·r (ω = Winkeländerung im Bogenmaß /Zeit !).
Die hier geäußerte Vermutung ist leicht anhand der Abb. 1.8.3 beweisbar.
-ay / (ω2 ·r) = y/r
→
ay = - ω2·y
Folgerung:
Haben P (Projektion der Kugel K) und das schwingende Gewicht G gleiche
Amplituden, außerdem gleichzeitig die maximale Auslenkung und ist ω 2 = D/m ,
dann haben P und G in jedem Augenblick infolge gleicher Beschleunigungen die
gleiche Elongation. In der Schwingungszeit T dreht sich die Kugel K um den Winkel
2·π.
2·π/T = ω = √(D/m)
→
T = 2·π ·√(m/D)
→
f = [1/(2·π)]·√(D/m)
Elongation, Geschwindigkeit und Beschleunigung als Funktionen der Zeit
Man kann eine Schwingung mit
einem gleichförmig rotierenden
Körper K beschreiben, dessen
Projektion auf die Schwingungsbahn mit dem schwingenden Körper
hin und her geht. Statt eines solchen
Körpers K kann man auch einen mit
ω = √(D/m) rotierenden Zeiger
nehmen, dessen
orthogonale
Abb. 1.8.4
Abb. 1.8.5
Projektion auf die Schwingungsbahn die Elongation anzeigt (siehe Abb. 1.8.4). Die Winkelgeschwindigkeit ω des
zugeordneten Zeigers heißt Kreisfrequenz der Schwingung. Wenn der mitlaufende
Zeiger der Länge A den Winkel φ mit der durch den Schwingungsmittelpunkt
laufenden x-Achse bildet, dann wird die Stoppuhr auf 0 gestellt. Zu einem späteren
Zeitpunkt t bildet der Zeiger den Winkel ω·t + φ mit der x-Achse. Für die Auslenkung
y (Elongation) gilt dann:
y = A · sin(ω·t + φ); ω·t + φ heißt Phasenwinkel (Winkel im Bogenmaß !)
Die hier aufgestellte Bewegungsgleichung ist nur dann richtig, wenn die
beschleunigende Kraft F der Auslenkung proportional ist. Man spricht in diesem
Fall von einer harmonischen Schwingung.
An der Abb. 1.8.5 ist zu sehen, wie die Geschwindigkeit des schwingenden Körpers
berechnet werden kann. Diese Geschwindigkeit vy ist gleich der Vertikalkomponenten
von v0, der Geschwindigkeit der rotierenden Zeigerspitze.
vy = v0 · cos(ω·t + φ); v0 = ω·A →
vy = dy/dt = A ·ω· cos(ω·t + φ)
Für die Beschleunigung ay gilt: ay = - ω2·y
ay = - ω2·y; y = A · sin(ω·t + φ) → ay = dvy /dt = -A · ω2· sin(ω·t + φ)
61
Folgende Regeln sind erkennbar:
1.
Den
Differentialquotienten
von
einer
Funktion
der
Form
„Konstante · sin(ω·t + φ)“ erhält man, indem man sin durch cos ersetzt, und den
dann vorliegenden Term mit dem bei t stehenden Faktor multipliziert.
2.
Den
Differentialquotienten
von
einer
Funktion
der
Form
„Konstante · cos(ω·t + φ)“ erhält man, indem man cos durch - sin ersetzt, und den
dann vorliegenden Term mit dem bei t stehenden Faktor multipliziert.
Damit noch einmal deutlich wird, wofür ein Differentialquotient steht, wird der zur
Funktion f(t) = A·cos(ω·t + φ) gehörende Differentialquotient mit Blick auf die
Abb. 1.8.6 hergeleitet.
A·{cos[ω·(t +Δt) + φ] – cos[ω·t + φ]} = Δf(t)
Δf(t) = -s·sin(β ) = - s·sin ( ω·t + φ)
Δf(t)= - [s/(A·ω·Δt)] ·(A·ω· Δt)· sin (ω·t + φ)
Δf(t) /Δt = - [s/(A·ω·Δt)] · A·ω ·sin (ω·t + φ)
Strebt Δt gegen 0 dann nähert sich der
Quotient s/ (A·ω· Δt) dem Grenzwert 1.
A·ω· Δt ist der Bogen zum Winkel α = ω· Δt !
Abb. 1.8.6
↓
d(f(t) / dt = lim Δt→ 0 A·{cos[ω·(t + Δt) + φ]-cos[ω·t + φ]}/ Δt = - A·ω ·sin ( ω·t + φ)
1.8.2 Gedämpfte Schwingung
Die Glasplatte der Wippe schwingt
nach einem Stoß mit T = 0,1 s bei
stark abklingender Amplitude hin
und her (siehe Abb. 1. 8.7).
Wegen ihrer Amplitudenabnahme,
sie erfolgt hier nach einer
Exponentialfunktion, nennt man
diese Schwingung gedämpft.
Abb. 1. 8.7
Ebenfalls stark gedämpft ist
das Hin- und Herschwappen
von Wasser in einer Wanne
(Abb. 1.8.8) oder das
Schwingen einer Wassersäule
in
einem
U-Rohr
(siehe Abb. 1.8.9 ).
Abb. 1.8.8
62
Abb. 1.8.9
In der Abb. 1.8.9 ist ein bis zu den weißen Markierungen mit Wasser gefülltes
U-Rohr zu sehen. Auf dem rechten Schenkel sitzt ein Stopfen, durch den ein
Glasrohr geführt ist. Wird mit einem an das Glasrohr angeschlossenen Schlauch in
das U-Rohr hinein geblasen, dann stellt sich in den beiden Schenkeln ein verschieden
hoher Wasserstand ein. Nach Freigabe der Schlauchöffnung schwingt das Wasser mit
abnehmender Amplitude hin und her. Die Dämpfung der Schwingung kann mit einer
am Schlauch angebrachten Klemme geregelt werden.
Je mehr der Schlauch zusammen
gequetscht ist, desto größer ist die
Dämpfung. Bei sehr großer
Dämpfung schwingt das Wasser
nicht mehr um die Ruhelage, es
nähert
sich
ihr
einseitig
aperiodisch an (siehe Abb. 1.8.10).
Abb. 1.8.10
Ist die aperiodische Bewegung so, dass bei geringfügiger Verminderung der
Dämpfung wieder eine gedämpfte Schwingung erkennbar ist, dann spricht man vom
aperiodischen Grenzfall. Für schwingungsfähige Anzeigeteile von Messinstrumenten, zum Beispiel für den Zeiger eines Amperemeters, wird dieser
aperiodische Grenzfall als Bewegungsform angestrebt, weil mit ihm die schnellste
Einstellung auf den Messwert
erfolgt.
Das Schwingungsverhalten eines Federpendels
mit einer der Geschwindigkeit proportionalen
Reibungskraft FR= -k·v kann mit einem OpenOffice-Tabellenkalkulationsprogramm etwas
genauer untersucht werden. In der Abb. 1.8.11
sind Bewegungsdiagramme zu sehen, die mit
einem solchen Programm berechnet wurden.
Vorausgesetzt
wurde ein 1kg-Körper an
einer Feder mit D = 1kg/s2, der sich unter
der Kraft Fy = -D·y - k·v entlang der yAchse eines Koordinatensystems bewegt.
Abb.1.8.11
www.g-hoehne.de/T/T7.ods
Für die Anfangswerte von y und v wurden die Werte 3 m, und 0 m/s bestimmt. Die
Diagramme sind den k-Werten 0,5kg/s, 2 kg/s und 3kg/s zuzuordnen. k = 2 kg/s
liefert den aperiodischen Grenzfall.
Zur Berechnung dieser Diagramme ist folgendes anzumerken:
Die Kraft Fy = F2 = -D·y - k·v wird unter B in die zum schiefen Wurf mit Reibung
angelegte Tabelle eingetragen. In die 3. Zeile der Spalte B schreiben wir
„= -$K$2*J2-$N$2*F2“ und kopieren diese Zeile in 2000 darunter liegende Zeilen
dieser Spalte. Als Anfangswerte werden für y und v2 die Werte 3 (3 m) und 0
bestimmt. Für D und m werden in den Spalten K und M die Werte 1 (1kg und 1 kg/s 2)
63
eingetragen. Für k wird in der Spalte N zunächst 0,5 (0,5 kg/s) eingesetzt. Ist die
Berechnung mit k=0,5 durchgeführt, dann werden die y-Werte auf folgende Weise in
die Spalte Q übertragen. In die 2. Zeile von Q wird =J2 geschrieben und die Eingabe
mit der Taste „Zeilenwechsel“ abgeschlossen. Anschließend wird diese Anweisung in
2000 darunter liegende Zeilen kopiert. Damit nach Wahl eines anderen k-Werts z.B.
k=2 in der Spalte Q die zu k = 0,5 gehörenden Werte stehen bleiben und nicht durch
die zu k=2 gehörenden Werte ersetzt werden, wird der Kopf dieser Spalte (Q) und
dann unter „Daten“ die Anweisung „Text in Spalten..“ angeklickt. Auf diese Weise
erreicht man, dass die Zahlen unter Q bei neuen Berechnungen keine Änderungen
erfahren. So wie mit k = 0,5 verfährt man anschließend mit k = 2 und k=3. Die zu
diesen k-Werten gehörenden y-Werte werden mit =J2 in die Spalten R und S
übertragen. In die Spalte P werden mit =H2 die Zeitwerte übertragen.
Zum Anlegen der Weg-Zeitdiagramme werden die Spalten P,Q,R und S ausgewählt.
Dann wird nach Anklicken von „Diagramm“ unter „Einfügen“ die Anweisung zum
Zeichnen der Diagramme (XY, Nur Linien) gegeben.
1.8.3 Das Fadenpendel
Wie in Abb. 1.8.12 erkennbar, schwingt ein
Fadenpendel über der Experimentierwippe an
einem auf ihr befestigten Stab. Bewegt sich
der Pendelkörper nahe der Glasplatte, dann
erhält man bei kleinen Auslenkungen ein
x-t-Diagramm des schwingenden Körpers.
Die Schwingungszeit für kleine Amplituden
kann ohne Schwierigkeiten berechnet werden
(siehe Abb. 1.8.13), wenn zunächst
angenommen wird, dass die Schwingung
harmonisch ist. Zur Ermittlung von D muss Abb. 1.8.12
Abb. 1.8.13
die zurücktreibende Kraft F zu einer Auslenkung x bestimmt werden. Die für die
Schwingung verantwortliche Erdanziehungskraft m · g verhält sich in Bezug auf den
schwingenden Körper G wie ihre beiden in der Skizze angedeuteten Komponenten F
und FL . F ist die zurück treibende Kraft.
Für ihren Betrag gilt: F = m ·g · sin α
Als Auslenkung x (Kreisbogen) erhalten wir: x = L ·α (α = Winkel im Bogenmaß)
F/x = D = m · g · sin α /(L ·α)
Die letzte Gleichung zeigt, dass die Schwingung nicht harmonisch ist. Beschränkt
man sich jedoch auf kleine Auslenkungen x, dann kann sin α durch α ( Bogenmaß !)
ersetzt werden.
D ≈ m·g/L
Demnach kann die Schwingung bei kleinen Auslenkungen als harmonisch bezeichnet
werden.
T = 2·π·√(m/D); D = m·g/L → T = 2·π·√(L/g)
64
In der
Abb. 1.8.14 sind drei zu den
Amplituden 0,1 m, 0,5 m und 0,75 m mit dem
Open - Office-Tabellenkalkulationsprogramm
errechnete Schwingungsdiagramme zu sehen,
welche die Elongation x eines 0,5 m langen
Pendels in Abhängigkeit von der Zeit
darstellen.
Zur
Berechnung
dieser
Diagramme wurde die für Federschwingung
aufgestellte Tabelle geändert. Als F1= Fx
wurde F = m·g·sin(x/L) eingetragen.
Abb. 1.8.14
www.g-hoehne.de/T/T8.ods
Zur Verbesserung der Rechengenauigkeit wurde für Δt der Wert 0,0005 s gewählt
und die Zahl der Tabellenzeilen entsprechend auf 6400 Zeilen vergrößert. Es ist zu
sehen, dass mit zunehmender Amplitude die Diagramme von einer Sinusform mehr
und mehr abweichen und die Schwingungszeit größer wird.
1.8.4 Die Schwebung
Lässt man zwei Fadenpendel verschiedener
Frequenz am gleichen Halter über der Mitte der
Experimentierwippe pendeln (siehe Abb. 1.8.15),
dann
wird
ein
Schwebungsdiagramm
aufgezeichnet. Die Pendel üben auf ihren Halter
periodisch schwankende Kräfte aus, die
zusammen eine als Schwebung bekannte
Schwingungsform ergeben. Minima und Maxima
entstehen dann, wenn die Pendel gegeneinander
bzw. miteinander schwingen.
Abb. 1.8.15
Im Hinblick auf diese Erscheinung ist das akustische Schwebungsphänomen (Signal
mit periodisch schwankender Lautstärke) leicht verständlich. Die Pendel wirken auf
den Stativstab wie die Schallwellen auf das Trommelfell.
Zur genaueren Untersuchung dieses Sachverhalts denken wir uns zwei periodisch
wechselnde Kräfte F1 und F2, die
gemeinsam an einem Stativstab angreifen.
F1 = 1N · sin[(2 π/2) · t]
F2 = 1N · sin[ (2 π/2,2) · t]
Abb. 1.8.16:
www.g-hoehne.de/T/T9.ods
Das Diagramm der Abb. 1.8.16 zeigt die Summe F = F1 + F2 der beiden Kräfte in
Abhängigkeit von der Zeit. Ein Maximum tritt immer dann auf, wenn beide
Schwingungen gleichsinnig sind. Wenn dies zu einem Zeitpunkt t der Fall ist, dann
65
trifft dies wieder dann zu, wenn die Zahl der Schwingungen von F 1 gegenüber der
Zahl von F2 um 1 zugenommen hat.
Ist der zeitliche Abstand zweier Maxima = Ts, dann gilt demnach:
f1·Ts - f2·Ts = 1 → (f1 - f2) ·Ts = 1 → f1 - f2 = 1/Ts
f1: Frequenz von F1, f2: Frequenz von F2
Die als Schwebungsfrequenz bezeichnete Größe 1 / Ts = fs beschreibt die Zahl der in
einer Zeiteinheit auftretenden Maxima. Für sie gilt: fs = f1 - f2
In dem hier beschriebenen Beispiel erhalten wir für fs:
fs = 1/(2s) - 1/(2.2 s) = 1/(22 s)
→
Ts = 22 s
Anmerkung zur graphischen Darstellung einer Funktion mit dem Open-OfficeTabellenkalkulationsprogramm:
In der Spalte A wird eine Tabelle mit Zeitwerten t angelegt. In der dritten Zeile wird
unter A die Anweisung „= A2+$C$2“ eingetragen. $C$2 steht für ein Δt = 0,05 s. In
die dritte Zeile wird unter B „= SIN($E$2*A3)+SIN((2*$E$2/$D$2)*A3)“ als
Anweisung zur Berechnung des Funktionswerts geschrieben. $E$2 und $D$2 stehen
für π und für die Schwingungszeit 2,2 s. Der unter A und B liegende Abschnitt der
dritten Zeile wird in 2000 darunter liegende Zeilen kopiert. Anschließend wird in
bekannter Weise ein x-t-Diagramm erstellt.
1.8.5 Erzwungene Schwingung
Wird eine von zwei einander gegenüber stehenden Stimmgabeln gleicher Frequenz
angeschlagen, dann beginnt auch die zweite Gabel zu schwingen; sie empfängt einen
Ton von der ersten und tönt zurück. Man spricht in diesem Fall von Resonanz
(Widerhall). Die zweite Stimmgabel wird in diesem Fall von den periodisch ihre
Richtung wechselnden Kräften einer Schallwelle zu Schwingungen angeregt. Das
Ausmaß der Anregung ist von der Frequenz des Erregers abhängig. Vermindert man
die Frequenz der ersten Stimmgabel durch Anheften eines kleinen Magneten, dann
tönt nach Anschlagen dieser Gabel die zweite weit weniger stark.
Abb. 1.8.7 zeigt eine Anordnung, mit der in
ähnlicher Weise mit periodisch wechselnden
Kräften eine Schwingung erzwungen wird. Mit
ihr kann untersucht werden, wie die Amplitude
der Schwingung von der Frequenz des Erregers
abhängt. Ein über der Wippe aufgehängter
Abb. 1.8.17
Magnet taucht in eine auf er Wippe stehende Spule, die von einem Wechselstrom
durchflossen wird, dessen Frequenz von kleinen Werten an kontinuierlich ansteigt.
66
Der Magnet wirkt mit einer periodisch
wechselnden Kraft über die Spule auf die Wippe
und erregt diese zum Schwingen. Hierbei wird
deutlich, dass die Schwingungsamplitude dann
am größten ist, wenn die Erregerfrequenz mit
der Eigenfrequenz der Wippe (10 Hz)
übereinstimmt (siehe Abb. 1.8.18). In diesem
Fall sagt man, die Wippe sei in Resonanz mit
Abb. 1.8.18
dem
Erreger.
Eine solche
Resonanz wird oft als lästige Erscheinung wahrgenommen. Der
Autofahrer erlebt sie manchmal als unangenehme Vibration im Fahrzeug, wenn die
Reifen nicht
richtig ausgewuchtet sind und infolgedessen ein Autoteil,
möglicherweise das Lenkrad, dessen Eigenfrequenz der Umlauffrequenz der Reifen
gleicht, zum Schwingen angeregt wird.
Quantitative Untersuchung einer erzwungenen Schwingung
Zur mathematischen Behandlung der erzwungenen Schwingung stellen wir uns einen
Körper der Masse m vor, der an einer Feder (Federkonstante D) um den Nullpunkt
eines Koordinatensystems entlang der x-Achse schwingt. Neben der Federkraft - D·x
(die Federkraft ist der Auslenkung entgegen gerichtet) erfahre dieser Körper noch
eine Kraft F von außen nach F = F0 ·sin(ω·t). Somit gilt: m ·a = - D · x + F0 · sin(ω·t).
Wenn noch eine von der Geschwindigkeit abhängige Reibungskraft FR = - k · v zu
berücksichtigen ist, dann muss die Gleichung durch - k· v ergänzt werden.
m ·a = - D · x + F0 · sin(ω·t) – k·v
In die zur Berechnung gedämpfter Schwingungen aufgestellte Tabelle wird als F 1 die
Kraft F1 = - D · x + F0 · sin(ω·t) – k·v eingetragen. In die dritte Zeile der Spalte A
wird die Rechenanweisung
„= -$K$2*I2+$O$2*SIN($P$2*H2)-$N$2*E2“
geschrieben und dann in 2000 darunter stehende Zeilen kopiert.
$K$2, $O$2 und $P$2 stehen für D = 8kg/s2, F0 = 1N und ω = 6 s-1. Für die Masse
m = $M$2 wird 0,2 kg eingesetzt.
In Abb. 1.8.19 ist das für den
reibungsfreien Fall (k = 0)
erzeugte Diagramm zu sehen. Es
beschreibt die nach links und rechts
gehende
Schwingung
eines
zwischen zwei nahezu waagrechten
Schraubenfedern
eingespannten
Körpers (Eigenfrequenz fE = 1Hz),
die von einer mit f = 0,95 Hz
periodisch schwankenden Kraft
veranlasst wird.
Abb. 1.8.19
www.g-hoehne.de/T/T10.ods
67
Die Amplitudenschwankung werden im
Hinblick
auf
die Abb.
1.8.20
verständlich. In dieser Abbildung ist
neben
dem
v-t-Diagramm
des
schwingenden Körpers auch noch ein
Diagramm zu sehen, welches die
erregende Kraft F = F0 ·sin(ω·t) in
Abhängigkeit von der Zeit darstellt.
Zunächst hat F die Richtung von v,
demzufolge wird der
schwingende
Körper
fortwährend
angetrieben Abb. 1.8.20: v-t-Diagramm mit k = 0
fE = 1Hz; f = 0,95 Hz
und die Amplitude wächst.
Ist das
www.g-hoehne.de/T/T11.ods
Amplitudenmaximum erreicht, dann hat
die Kraft nur noch während zweier Viertelperioden die Richtung von v, folglich wird
in gleichem Maß angetrieben wie abgebremst. Nach dem Maximum wird mehr
abgebremst als angetrieben, weshalb die Amplitude abnimmt. Wenn die
Geschwindigkeitsamplitude fast den Wert 0 erreicht hat, dann ist die Kraft der
Geschwindigkeit während der gesamten Periodendauer entgegen
gerichtet.
Hiernach erfolgt eine Umkehr der Geschwindigkeitsrichtung (Phasensprung), wonach
die Kraft F = F0 ·sin(ω·t) wieder mit der Bewegungsrichtung übereinstimmt und
deshalb die Schwingung erneut verstärkt.
Wenn die Frequenz der Kraft gleich der
Eigenfrequenz des schwingenden Körpers
ist (siehe Abb. 1.8.21), dann wirkt die
erregende Kraft immer in Bewegungsrichtung; die Amplitude wird bei fehlender
Reibung unendlich groß .
Abb. 1.8.21: v-t-Diagramm mit
f = fE = 1Hz; k = 0
Das Diagramm in der Abb. 1.8.19
gleicht einem Schwebungsdiagramm,
welches
die
Summe
zweier
Schwingungen anzeigt. Die eine
Schwingung ist die aufgezwungene
Schwingung mit der Frequenz f und die
andere ist eine Eigenschwingung mit der
Frequenz fE, die sich beim Anschwingen
entwickelt. Wenn Reibungskräfte im
Spiel
sind,
dann
klingt
die
Eigenschwingung schnell ab und die
Schwankungen
der
Amplitude
unterbleiben (siehe Abb. 1.8.22).
Abb. 1.8.22: x-t-Diagramm mit k = 0,1
fE = 1Hz; f = 0,95 Hz
68
Herleitung einer Formel für die Elongation einer erzwungenen Schwingung
Das Schwingungsdiagramm zu einer erzwungenen Schwingung ohne Reibung gleicht
einem Schwebungsdiagramm, weshalb die folgende Summe für die Elongation x in
Frage kommt.
x = A· sin(ω · t) + B· sin(ωE ·t)
ω = Erregerkreisfrequenz, ωE = Eigenkreisfrequenz
Die Geschwindigkeit v(0) zum Zeitpunkt t = 0 ist 0. Wie im Kapitel 1.8.1 erläutert
wurde, gelten für die Geschwindigkeiten v1 und v2 der Schwingung x = A· sin(ω · t)
und x = B· sin(ωE ·t):
x = A· sin(ω · t);
v1 = A · ω · cos(ω ·t)
x = B· sin(ωE ·t);
v2 = B·ωE· cos(ωE ·t)
↓
x = A· sin(ω · t) + B· sin(ωE ·t); v = v1 + v2 = A · ω ·cos(ω ·t) + B· ωE· cos(ωE · t)
v(0) = 0 → A · ω = - B · ωE → B = - A· ω /ωE
↓
x = A· sin(ω · t) - A· (ω /ωE) · sin(ωE ·t) → x = A· [sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE]
v = v1 + v2 = A· ω · cos(ω · t) -A · ω ·cos(ωE ·t);
a = dv/dt = - A· ω2 · sin(ω · t) + A · ω ·ωE · sin(ωE ·t)
Die Gültigkeit der letzten Gleichungen kann wie folgt geprüft werden:
x =A· [sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] und die zugehörende Beschleunigung a = dv/dt
werden in die Gleichung m·a = - D·x + F0 ·sin(ω·t) eingesetzt.
- m·A·ω2·sin(ω·t) + m·A·ω·ωE·sin(ωE·t) =
-D·A·sin(ω·t) + D·A·ω· sin(ωE ·t)/ωE + F0·sin(ω·t)
Die fett markierten Terme heben sich wegen D = m · ωE2 auf.
- m · A· ω2 · sin(ω · t) = - D· A· sin(ω · t) + F0 ·sin(ω·t)
↓
2
- m · A· ω = - D· A + F0 → A = F0 /(D - m ·ω2) ; D/m = ωE2
↓
A = (F0/m)/ (ωE2 - ω2 )
x = A·[sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] erfüllt mit A = (F0/m)/ (ωE2 - ω2 ) die Gleichung
m·a = - D·x + F0 ·sin(ω·t).
Der Vorzeichenwechsel von A beim Übergang ω < ωE zu ω > ωE deutet nicht auf
einen Phasensprung hin, wie dies oft fälschlicherweise sogar in
manchen Lehrbüchern behauptet wird, denn mit A ändert auch die Differenz
sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE ihr Vorzeichen.
69
Wenn die Erregerfrequenz mit der Eigenfrequenz übereinstimmt (ω = ω E), dann
nimmt nach Abb. 1.8.21 die Amplitude gleichmäßig mit der Zeit zu. Das muss aus
x = A·[sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] hervorgehen, wenn wir ω an ωE heranrücken.
ω - ωE = Δ ω → ω = ω E + Δ ω
x = A·[sin(ωE · t + Δ ω · t) - (ωE + Δ ω) · sin(ωE ·t)/ωE]
x = A·[sin(ωE · t + Δ ω · t) - sin(ωE ·t) - Δ ω · sin(ωE ·t)/ωE]
A = (F0/m)/ (ωE2 - ω2 ) = (F0/m)/ [(ωE + ω ) ·( ωE- ω) ]= - (F0/m)/ [(ωE + ω ) · Δ ω]
x = [- (F0/m)/ (ωE + ω ) ]· {[sin(ωE · t + Δ ω · t) - sin(ωE ·t) ]/ Δ ω - sin(ωE ·t)/ωE}
x = [- (F0/m)/ (ωE + ω )]·{t·[sin(ωE · t + Δ ω · t) - sin(ωE ·t) / (Δ ω·t) - sin(ωE ·t)/ωE}
ωE · t = u, Δ ω·t = Δu
x = [- (F0/m)/ (ωE + ω )]·{t·[sin(u+ Δ u) - sin(u) / (Δ u) - sin(ωE ·t)/ωE}
Für ω → ωE gilt :
ωE + ω → 2· ωE
[sin(u+ Δ u) - sin(u)] / (Δ u) → cos u = cos ( ωE· t)
x = [- (F0/m)/ (2·ωE )] ·{t· cos ( ωE· t) - sin(ωE ·t)/ωE}
↓
x = [F0/ (2·ωE · m)] ·{sin(ωE ·t)/ωE - t· cos ( ωE· t)}
Ein Schüler, der mit der Differentialrechnung vertraut ist, kann mit der Regel von
L'Hospital den hier gewonnenen Grenzwert ermitteln (nach ω differenzieren !) .
lim ω
→ ωE
= lim ω
[sin(ω · t) - ω · sin(ωE ·t)/ωE] / (ωE2 - ω2 ) =
→ ωE
[t · cos (ω ·t) - sin(ω ·t)/ ωE]/ (-2 ·ω )
Ist die Schwingung einer Schraubenfeder gedämpft, dann stellt sich bei einer
erzwungenen Schwingung unter der Kraft F0 · sin(ω·t) ein Amplitudenmaximum
ein, wenn die Erregerfrequenz f gleich der Frequenz fE = [1/(2·π)]·√(D/m) ist. fE ist
die Frequenz bei fehlender Dämpfung.
Es gilt: m·a = - D·x - k·v + F0 ·sin(ω·t)
Nach dem Einschwingen kommt x = A·cos(ω·t) mit ω 2 = D/m als Lösung der
Gleichung in Frage.
v = -A·ω· sin(ω·t); a = -A·ω2· cos(ω·t)
-m·A·ω2· cos(ω·t) = -D·A·cos(ω·t) + k·A·ω· sin(ω·t) +
F0 ·sin(ω·t)
Die fett gedruckten Terme heben sich wegen ω2 = D/m auf.
↓
k·A·ω· sin(ω·t)+ F0 ·sin(ω·t) = 0 → A = -F0 /(k· ω) → x = [-F0 /(k· ω)]·cos(ω·t)
70
1.8.6 Anharmonische Schwingungen
Von einer harmonischen Schwingung spricht man, wenn die zur Ruhelage
treibende Kraft F der Auslenkung x proportional ist (F = D · x , D = Konstante).
Die Bewegung eines harmonisch schwingenden Körpers wird durch eine
Sinusfunktion beschrieben. Bewegt sich ein schwingender Gegenstand unter
einer Kraft, die einem anderen Gesetz folgt, dann hat man eine anharmonische
Schwingung.
Wir untersuchen nun das Verhalten eines Körpers der Masse m, der unter der Kraft
F = (1-0,2·x)·x schwingt. Die Abhängigkeit der Kraft F von der Auslenkung
x sehen wir in der Abb. 1.8.23. Der Betrag der zurück treibenden Kraft nimmt bei
einer Bewegung nach links stärker zu als bei einer
Bewegung nach rechts. Eine solche Asymmetrie der Kraft ist
in der Natur häufig zu finden. Man denke z.B. an
schwingende Atome an der Oberfläche eine Körpers.
Schwingen diese Atome in den Körper hinein, dann erfahren
sie Abstoßungskräfte von anderen Atomen.
Derartige
Kräfte fehlen beim Schwingen nach außen. Somit steigt
die zurück treibende Kraft beim Schwingen nach außen
weniger stark an als beim Schwingen in die Gegenrichtung.
Abb. 1. 8.23
Das Diagramm in der Abb. 1. 8.24 beschreibt eine Bewegung unter der angegebenen
Kraft F = (1-0,2·x)·x.
An diesem Diagramm fällt auf, dass der
Schwingungsmittelpunkt nach der Seite
verschoben wird, von der die geringeren
Gegenkräfte
kommen.
Diese
Verschiebung nimmt mit steigender
Amplitude zu. Hiermit wird die
Ausdehnung von Gegenständen bei
Erwärmung
verständlich.
Die
Schwingungsmittelpunkte der nahe
der
Oberfläche schwingenden Atome
Abb. 1. 8.24
rücken mit wachsender Amplitude
www.g-hoehne.de/T/T12.ods
(steigender Temperatur) nach außen.
Anmerkung:
Die Elongation x jeder periodische Funktion kann, wie im Folgenden zu sehen, durch
eine Summe von Sinustermen und einer Konstanten dargestellt werden.
x = K + x01 ·sin(ω·t+α1) + x02 ·sin(2·ω·t+α2) + x03 ·sin(3·ω·t+α3) +…..
Die Methode zur Auffindung dieser Sinusterme und der zugehörenden Konstanten
heißt „Fourieranalyse“ .
Den durch x01 ·sin(ω·t + α1) beschriebenen Anteil von x heißt Grundschwingung, die
Anteile mit mehrfacher Frequenz heißen 1. , 2. , 3.Oberschwingung usw.
71
Derartige Analysen können mit dem Programm „Mathe.-Physik“ der Firma HöhneMesstechnik (siehe g-hoehne.de ) durchgeführt werden.
Eine Analyse des Diagramms in der Abb. 1.8.24 ergab:
x = 1,443+3,136 * sin( 0,7396 * 1 * t + 1,609)+ 0,5879 * sin( 0,739 * 2 * t + 4,812)+
0,071 *sin(0,739 * 3 * t + 1,720 )
Aufgaben
1. Ein U-Rohr ist in einer Länge von L = 30 cm mit Wasser
gefüllt. Wird in den einen Schenkel des U-Rohrs kurzzeitig
hinein geblasen, dann beginnt das Wasser zu schwingen.
Wie groß ist die Schwingungszeit T ?
Abb. 1.8.25
2. Aus einer Federpistole, deren Feder die Federkonstante D = 5 N/ cm hat, wird eine
5 g schwere Kugel geschossen. In welcher Zeit t wird die Kugel auf die
Geschwindigkeit beschleunigt, mit der sie die Pistole verlässt ?
3. Ein in zwei Ringen geführter Holzstab (siehe Abb. 1.8.26 )
der Länge L = 20 cm ( Dichte des Holzes ρ H = 600 kg/m3)
taucht in Wasser ein. Wird der Stab nach unten gestoßen, dann
beginnt er zu schwingen.
Wie groß ist die Schwingungszeit T ?
Abb. 1.8.26
4. In der folgenden Skizze sind zwei Eisenkugeln zu sehen, die mit gleich langen
Fäden am gleichen Punkt aufgehängt sind. Die Kugeln lässt man
aufeinander stoßen, wie dies in der Skizze angedeutet ist. Beim
Zusammenstoß haften die Kugeln eine sehr kurze Zeit aneinander.
Wird die Kontaktzeit größer, wenn der anfängliche Kugelabstand
vergrößert wird ?
Begründung der Antwort ohne Rechnung !
Abb. 1.8.27
5. Zur Bestimmung von g lässt man ein L = 3 m langes Pendel mit kleiner Amplitude
schwingen. Mit einer Stoppuhr wird als Zeit von 40 Schwingungen 138,8 s gemessen.
Welchen Wert erhält g nach diesen Daten ?
6. Eine Eisenkugel pendelt an einem 30 cm langen Faden mit kleiner Amplitude in
einem mit Wasser gefüllten Becken ( Dichte ρE des Eisens = 7,86 g/cm3; Dichte ρ des
Wassers = 1 g/cm3 ).
Wie groß ist die Schwingungszeit ?
72
1.9. Arbeit, Leistung, Energie
1.9.1 Arbeit, Leistung
Arbeit
Wird ein Gegenstand mit einer bestimmten
Kraft F verschoben, dann spricht man von
einer Arbeit W (work).
Es erscheint sinnvoll, von einer Verdopplung
der Arbeit zu sprechen, wenn entweder die
Verschiebung s oder die Kraft F verdoppelt
wird. Dieser Auffassung entspricht das Produkt
F · s = W als Maß der Arbeit.
Abb. 1.9.1
W = F · s; Einheit von W: N ·m = J (Joule)
Zur Verrichtung einer Arbeit können verschiedene Hilfsmittel herangezogen werden.
Bekannte Hilfsmittel sind der Flaschenzug, die schiefe Ebene, der Hebel usw.. Ein
Arbeitsmaß kann man nur dann als sinnvoll anerkennen, wenn sein Wert nur von den
Zuständen vor und nach der Arbeit, nicht aber von der Art der Ausführung abhängt.
So sollte die Arbeit W
zum
Anheben
eines
10kg-Gewichts um
1m
nicht davon abhängen ob
das Gewicht mit Rolle und
Seil oder stattdessen mit
Abb. 1.9. 2
einem Flaschenzug hochgezogen wird. An den in der Abb. 1.9.2 skizzierten
Aufzügen ist erkennbar, dass die Arbeit unabhängig vom verwendeten Hilfsmittel ist.
Bei der Definition des Arbeitsmaßes wurde zunächst daran gedacht, dass die
Verschiebung und die Kraft gleiche Richtungen haben. Wenn die Kraft sich so
verhält, wie dies in Abb.1.9.3 angedeutet ist, dann erscheint es sinnvoll zur
Berechnung der Arbeit nur die Kraftkomponente Fp in Richtung der Verschiebung zu
nehmen.
W = Fp · s ; Fp = F · cos(α)
↓
W = F · cos(α) · s = F · s· cos(α)
F · s· cos(α) ist das Skalarprodukt aus dem
Kraftvektor F und dem Verschiebungsvektor s.
Abb. 1. 9.3
W = F· s = F1 · s1 + F2 · s2 + F3 · s3
Nach der hier gegebenen allgemeinen Definition des Arbeitsmaßes erhält man eine
negative Arbeit, wenn die Kraft der Verschiebung entgegen gerichtet ist ( cos(α) < 0).
Dies ist z.B dann der Fall, wenn jemand einen rollenden Wagen bremst.
73
Leistung
Eine Arbeit von z.B. 1000 J ist unterschiedlich zu bewerten, je nachdem ob sie in 10 s
oder 1000 s verrichtet wird. Im ersten Fall wird von höherer Leistung gesprochen.
Unter Leistung versteht man die in einer Zeiteinheit verrichtete Arbeit.
Leistung P(power) = W / t ;
Einheit: Joule / Sekunde = Watt (W)
1.9.2 Energie (Perpetuum-Mobile)
Im den letzten Jahrhunderten wurde immer wieder der Bau
eines „Perpetuum Mobile” versucht (manchmal geschieht
dies auch heute noch)). Unter einem solchen Gerät versteht
man eine periodisch arbeitende Maschine, die ohne Eingriffe
von außen fortwährend Arbeit verrichtet. Bei oberflächlicher
Betrachtung könnte man die in Abb. 1.9.4 skizzierte
Abb. 1.9.4
Anordnung für ein „Perpetuum Mobile” halten.
Die eine Hälfte eines Holzrades befindet sich in einem mit Wasser gefüllten Behälter,
die andere in Luft. Eine Gummidichtung in der Behälterwand schließt die Lücke
zwischen dem Rad und der Behälterwand.
Es könnte folgende Meinung vertreten werden:
Das Holzrad erfährt im Wasser einen Auftrieb, der eine Linksdrehung bewirkt. Leider
ist diese Vorstellung falsch, denn bekanntlich wirken die durch den Wasserdruck
bedingten Kräfte senkrecht zur Oberfläche und haben somit kein Drehmoment.
Die Erfolglosigkeit auf der Suche nach einem „Perpetuum Mobile” gab schließlich
Anlass zu der Schlussfolgerung: Ein Perpetuum-Mobile ist unmöglich.
Gleichwertig hiermit ist die Aussage :
Die Arbeit, die von einem System verrichtet werden kann, ist nur vom Anfangs- und
Endzustand des Systems, nicht aber von der Art und Weise der Änderung abhängig.
Die Arbeit, die von einem System beim Übergang von einem Zustand A in einen
Zustand B verrichtet wird, nennen wir die Energie im Zustand A in Bezug auf
den Zustand B.
Der Satz von der Unmöglichkeit eines Perpetuum-Mobile wird immer wieder durch
richtig Schlussfolgerungen bestätigt.
Ein Beispiel
Im Kapitel 1.6.4 wurde zur Berechnung des Wasserdrucks p in
einer Wassertiefe h die Gleichung p = h ·g · ρ angegeben
( ρ = Dichte des Wassers). Bei der Herleitung wurde der Druck
p auf eine parallel zur Wasseroberfläche liegende Fläche
berechnet. Aus dieser Herleitung kann nicht geschlossen
werden, dass die entwickelte Formel auch dann gilt, wenn die
Fläche, die den Druck aufnimmt, eine andere Orientierung hat.
Nun kann p = h·g·ρ ohne Beschränkung auf eine bestimmte
Lage dieser Fläche hergeleitet werden. In ein Wasserbecken ist
74
Abb. 1.9.5
ein gebogenes Glasrohr eingetaucht, dessen eines Ende mit einem beweglichen
Kolben (Querschnitt A ) abgeschlossen ist. Die Kraft F des Wassers auf diesen
Kolben gleicht der Gegenkraft, die aufgebracht werden muss, um den Kolben in
seiner Stellung zu halten. In Gedanken wird dieser Kolben bis zum Ende des Rohrs
um ein kleines Stück Δx gegen das Wasser verschoben, wobei er eine geringe
Wassermenge mit der Masse m verdrängt. Während die Arbeit W 1 = F · Δx verrichtet
wird, steigt der Wasserspiegel geringfügig an. Die gleiche Änderung des
Wasserstandes ist auch in anderer Weise erreichbar:
Bei festgehaltenem Kolben wird das Ende des Rohrs mit einem Schieber
verschlossen und anschließend die vor dem Kolben stehende Wassermenge der Masse
m mit der Arbeit W2 = m ·g · h zur Oberfläche gehoben.
Da die Arbeit nur vom Anfangs- und Endzustand abhängt gilt:
W1 = W2 → F · Δx = m ·g · h ; m = A ·Δx · ρ
↓
F · Δx = A ·Δx · ρ ·g · h → p = F/A = ρ ·g · h
1.9.3 Energiearten
Lageenergie
Ein Körper G der Masse m zieht einen
Bremsklotz K gleichförmig über eine
waagrechte Fläche. Die Bremskraft von
K gleicht der Gewichtskraft von G. G
verschiebt K nach einem leichten Stoß
um die Strecke h und verrichtet hierbei
die Arbeit W = m·g · h. G hat somit in
Bezug auf den Boden die Energie
Abb. 1.9.6
E = m·g·h.
Abb. 1.9.7
Spannungsenergie
Eine um s gedehnte Schraubenfeder mit der
Federkonstanten D wird mit der Hand langsam
entspannt. Hierbei nimmt die Kraft von dem
Wert D·s auf den Wert 0 ab. Die mittlere Kraft
ist (D· s + 0)/2 = D · s/2.
Während der Entspannung verrichtet die Feder
die Arbeit W = (D·s/2)·s = ½·D· s 2 . Sie hat
demnach im gespannten Zustand die Energie
E = ½·D· s2
75
Abb. 1. 9.8
Abb. 1. 9.9
Bewegungsenergie (kinetische Energie)
Ein Wagen der Masse m und der Geschwindigkeit v
wird mit Hilfe einer Fadenbremse -er wird durch eine
Büroklammer gezogen - auf die Geschwindigkeit 0
abgebremst. Hierbei verrichtet er gegen den Faden
die Arbeit W = F· s. F ist die Bremskraft und s der
Bremsweg. Den Bremsweg s erhält man als Produkt
aus der mittleren Geschwindigkeit v/2 und der
Bremszeit t.
Abb. 1. 9.10
s=½·v·t
Bremskraft F = m· v/ t
↓
E = F · s = m ·v2/2
Abb. 1. 9.11
Ein besonders eindrucksvolles Experiment zur kinetischen Energie ist in der
Abb.1.9.12 angedeutet.
Ein Elektromotor dreht einen Eisenzylinder ( m = 420 g,
r = 3cm) auf ca. 100 Hz. Anschließend werden die
Anschlüsse des Motors mit einem Glühbirnchen
verbunden. Dieses leuchtet dann ungefähr eine Minute
lang.
Rotierende Zylinder werden
bei Experimenten zur
Abb. 1.9.12
Kernfusion zur kurzzeitigen Erzeugung derart hoher
elektrischer Leistungen eingesetzt, die nicht aus dem Leitungsnetz entnommen
werden können.
Welche kinetische Energie hat der in der letzten Abbildung sichtbare Zylinder
bei 100 Umdrehungen pro Sekunde ?
Zur Berechnung dieser Energie denken wir uns den
Zylinder (siehe Abb. 1.9.13) mit dem Radius R , der Masse
m und der Länge L in n konzentrische, dünnwandige
Hohlzylinder mit den Radien rK
und der Wanddicke
d = R/n eingeteilt (Bsp.: n = 1000).
Für die Rotationsenergie e eines solchen Hohlzylinders mit
der
Masse
m K,
dem
Radius
rK
und
der
Rotationsgeschwindigkeit vK gilt:
Abb. 1.9. 13
e = mK · vK2/2; vK = Geschwindigkeit eines Punktes auf dem Hohlzylinder
vK = 2 ·π · rK / T ; T = Umdrehungszeit → vK = (2 ·π / T ) · rK
76
(2 ·π / T ) ist die Winkelgeschwindigkeit ω.
In der Zeit T dreht sich der Zylinder um den Winkel 2 ·π (Bogenmaß).
e = mK · vK2/2, vK = ω · rK → e = mK ·(ω · rK)2 / 2 = mK ·rK2 · ω2 /2
Wenn wir die Hohlzylinder mit den Zahlen von 1 bis n durchnummerieren, dann
können wir für die gesamte Rotationsenergie schreiben:
ERot = (m1·r12 + m2·r22 + m3·r32 ....................+ mn·rn2 ) · ω2 /2
Die Summe (m1·r12 + m2·r22 + m3·r32 ....................+ mn·rn2 ) heißt Trägheitsmoment J.
↓
ERot = J·ω2 / 2
Für einen Zylinders mit der Masse m und dem Radius R gilt: J = ½· m · R2
Der Zylinder in der Abb.1.9.12 hat demnach das Trägheitsmoment
J = 0,5·0,42kg·(0,03 m)2 = 0,000189 kg· m². Seine kinetische Energie bei 100 Hz ist
J·ω2 / 2 = 0,000189 kg· m² · (2·π·100 Hz)2 / 2 = 37 Joule.
Herleitung von J = ½· m · R2
Der Zylinder wird in Gedanken in 1000 Hohlzylinder mit der Wandstärke R/1000
eingeteilt. Für das Trägheitsmoment j eines solchen dünnwandigen Hohlzylinders mit
dem Radius rK und der Masse mk gilt:
j = mK · rK2 ;
mK = 2·π ·rK ·L· (R/1000) ·ρ;
ρ = Dichte des Materials
Das Volumen eines dünnwandigen Hohlzylinders kann als Produkt von Oberfläche
und Wanddicke dargestellt werden.
↓
j = 2·π·rK·L· (R/1000)·ρ·rK2 = 2·π·rK3 ·L·(R/1000)·ρ = 2·π· L·ρ·R4 ·(rK /R)3/1000
Das Gesamtträgheitsmoment J des Vollzylinders erhalten wir durch Summation der
einzelnen j.
J = 2· π· L · ρ ·R4 ·[(r1/ R)3 + (r2/ R)3 + (r3/ R)3 ........] /1000
n = 1000, r1 = R/n , r2 = 2· R/n, r3 = 3· R/n……
rk/ R haben die Werte 1/1000, 2/1000, 3/1000 .........1000/1000
= 2· π· L · ρ ·R4 [(1/ 1000)3 + (2/1000)3 +(3/1000)3........]/1000
Die Berechnung der Summe [(1/ 1000)3 + (2/1000)3 +(3/1000)3........] geschieht mit
dem Open-Office-Tabellenkalkulationsprogamm ( www.g-hoehne.de/T/T13.ods ).
250 ist das Ergebnis . [(1/ 1000)3 + (2/1000)3 +(3/1000)3........]/1000 ist demnach 1/4.
↓
J = 2· π· L · ρ ·R4 /4 = (1/2) ·(π·R2· L · ρ) ·R2 ; π·R2· L · ρ = m → J = (½) · m ·
77
R2
Anmerkung:
Zur Berechnung von J sollten statt der Innenradien rK der Hohlzylinder Werte
genommen werden, der zwischen den äußeren und inneren Radien liegen. Der durch
rK verursachte Fehler geht jedoch mit kleiner werdender Wanddicke gegen 0.
1.9.4 Satz von der Erhaltung der Energie
Die Arbeit, die von einem System von Gegenständen verrichtet wird, hängt nur vom
Anfangs- und Endzustand dieses Systems ab.
Dies lässt folgenden Schluss zu:
In Bezug auf die Energieänderung eines Systems S ist es gleichgültig ob man S sofort
von einem Zustand A in einen Zustand B überführt, oder ob man S sich einige Zeit
selbst überlässt und dann in den Zustand B bringt. In beiden Fällen wird die gleiche
Energie abgegeben. Daraus folgt, dass bei Wechselwirkungen innerhalb des Systems
die Gesamtenergie unverändert bleibt.
Somit können wir sagen:
In einem abgeschlossenen System bleibt die Energie erhalten (Satz von der
Erhaltung der Energie).
Der Energieerhaltungssatz erscheint ungültig, wenn eine Bewegung durch Reibung
beeinträchtigt wird. Denkt man jedoch an den atomaren Aufbau der Materie, dann
liegt die Vermutung nahe:
Bei Reibung wird die Energie der Atome vermehrt, die hierbei verursachte
Erwärmung ist ein Zeichen für höhere Atomgeschwindigkeiten.
1.9.5 Anwendungsbeispiele zum Energieerhaltungssatz
1.9.5.1 Kinetische Energie eines fallenden Gegenstandes
Es soll unter Anwendung des Energieerhaltungssatzes die Geschwindigkeit v
berechnet werden, mit der ein aus der Höhe h fallender Körper K die Erde trifft. Die
Erde E und der Körper K bilden in diesem Fall ein abgeschlossenes System.
Es gilt: m ·g ·h = mK ·vK2 / 2 + mE·vE2 / 2
Gesamte kinetische Energie = kinetische Energie von K + kinetische Energie der
Erde !
Die linke Seite der Gleichung steht für die Lageenergie (potentielle Energie) vor dem
Fall, die rechte für die gesamte kinetische Energie danach. Unter Anwendung des
Impulssatzes können wir zeigen, dass die kinetische Energie der Erde vernachlässigt
werden kann.
mE · vE = mK ·vK → vE = (mK / mE ) · vK
78
2
E
mE · v / 2 =
↓
mE ·(mK / mE ) ·vK2 / 2
2
=
mK ·(mK / mE ) · vK2 / 2
vE und vK sind Geschwindigkeitsbeträge
mE · vE2 / 2 << mK · vK2 / 2
→
mK ·h ·g = mK · vK2 / 2
→
h ·g·2 = vK2
vK = √(h ·g·2)
1.9.5.2 Rollbewegung auf einer schiefen Ebene
Wir lassen einen massiven Zylinder Z ( m = 200g) mit dem
Radius R und der Länge L und anschließend einen gleich
schweren Wagen W die um α geneigte Experimentierwippe
herab rollen. In beiden Fällen wird vor der Drehung um α ein für
das
Experimentierobjekt
passender
Reibungsausgleich
durchgeführt. An den s-t-Diagrammen in Abb. 1.9.14 ist
Abb. 1. 9.14
erkennbar, dass der Wagen einen Weg s in kürzerer Zeit
zurücklegt als der Zylinder.
Die Momentangeschwindigkeiten am Ende des Weges erhalten wir nach v = 2·s/t
(gleichförmig-beschleunigte Bewegung). t ist die Zeit zum Weg s. Aus den am
Diagramm ablesbaren Werten folgt:
vZylinder / vWagen = (2· s/ tZ) / (2· s/ tW) = tW /t Z = 0,81
Diese Tatsache verleitet zu dem Schluss:
EnergieZylinder / EnergieWagen = vz2 /vW2 = 0.812 = 0,6561 ≈ 2/3
Die Zylinderenergie erscheint um 1/3 kleiner zu sein als die kinetische Energie des
Wagens. Dies steht im Widerspruch zum Energieerhaltungssatz, denn die kinetischen
Energien werden beim Durchlauf gleicher Höhendifferenzen angenommen.
Verständlich wird diese Tatsache dann, wenn man bedenkt, dass der Zylinder durch
zwei Bewegungsformen ausgezeichnet ist. Während sich der Schwerpunkt mit v
bewegt (Translation), rotiert der Zylinder um eine durch den Schwerpunkt laufende
Achse. Auf diese Rotation entfällt offensichtlich 1/3 der Gesamtenergie.
Die Rotationsenergie fällt als zusätzliche Energie dann auf, wenn man den rollenden
Zylinder an einer durch seine Mitte geführten Achse von der Bahn abhebt und die
Achse ruhig hält. Der Zylinder rotiert nach diesem Bremsvorgang weiter.
Nach 1.9.3 gilt: ERot = J · ω2 / 2 = J · (v/R)2 / 2 = ( J/R2 ) · v2/ 2
ω = Geschwindigkeit v des Zylinderschwerpunkts / R.
Dies ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, dass sich der Zylinder während einer
Drehung in der Zeit T um 2·π·R fortbewegt.
v = 2·π· R / T = (2·π/T) · R = ω · R.
ERot = ( J/R2 ) · v2/ 2 , J = ½ ·m·R2
79
→
ERot = m · v2 / 4
Dies entspricht den oben angegebenen Versuchsergebnissen.
ERot = m · v / 4 ist 1/3 der Gesamtenergie E = ETranslation + Erot = m · v2 / 2 + m · v2 / 4.
2
Welchen Einfluss hat das Trägheitsmoment auf die Beschleunigung eines
rollenden Gegenstands ?
Wir denken uns einen zunächst ruhenden
Zylinder Z (Radius R, Masse m), der auf einer
schiefen Ebene eine Strecke s herab rollt, dabei h
an Höhe verliert und die Geschwindigkeit v
erreicht.
m · g · h = m · v2 /2 + ( J/R2 ) · v2/ 2
m · g · h = v2 ·(m + J/R2 ) / 2; h = s ·sin α
m · g · h = m · g · s · sin α
m · g · sin α ist die Hangabtriebskraft F
m · g · s · sin α = F · s
F·s = v2 ·(m + J/R2 )/2; s = ½ · a · t2 ; v = a·t
↓
2
F ·½ · a · t = (a · t)2 · (m + J/R2 ) / 2
↓
F = a · (m + J/R2 ) →
Abb. 1.9.15
F - a · J/R2 = a · m
Da die Summe aller auf den Zylinder einwirkenden Kräfte gleich dem Produkt m · a
ist, wird mit der letzten Gleichung angezeigt, dass der Hangabtriebskraft eine Kraft
FR = a · J/R2 entgegen wirkt. Diese Kraft muss von der Rollbahn ausgehen (siehe
Abb. 1. 9.15). Sie ist für die Drehung maßgebend. Man könnte sie durch Glätten der
Rollbahn vermindern und hätte dann eine Rutschbewegung.
FR = a · J/R2 ; J =½ ·m·R2 → FR = ½ · m · a
Lässt man statt des Zylinders eine Eisenkugel eine schiefe Ebene hinab rollen, dann
ist zu erfahren, dass FR = a · J/R2 = 2/5· m · a ist. Das Trägheitsmoment der Kugel
ist nach J/R2 = 2/5· m gleich J = 2/5· mKugel · R2.
1.9.5.3 Über das Auslaufen einer Badewanne
Eine quaderförmige Badewanne
mit dem Querschnitt A = 0,8 m²
läuft durch eine Öffnung am Boden
mit dem Querschnitt B aus.
B = 10 cm2 = 0,001 m2
Anfängliches Wasservolumen =
0,15 m³.
Abb. 1. 9.16
80
1. Mit welcher Geschwindigkeit tritt das Wasser aus dieser Öffnung ?
2. In welcher Zeit wird die Badewanne geleert ?
Diese beiden Fragen können mit Hilfe des Energiesatzes beantwortet werden.
Auf die Frage 1 ist schnell eine Antwort gefunden. Wenn eine kleine Wassermenge
der Masse m’ ausläuft, dann wird sie an der Oberfläche des Wassers vermisst. Die
potentielle Energie des Wassers nimmt um m’·g ·x ab (x = Höhe des Wasserspiegels).
Das unten austretende Wasser hat die kinetische Energie m’ ·v2 /2 . Nach dem
Energieerhaltungssatz gilt:
m’ ·v2 /2 = m’ · g · x → v = √( 2 · g · x )
Die anfängliche kinetische Energie des Wassers infolge der Sinkgeschwindigkeit ist
vernachlässigbar klein. Aus dem Wasservolumen V und dem Querschnitt A der
Badewanne kann x errechnet werden.
x ·A = V → x = V/A
v = √( 2 · g · x) →
v = √( 2 · g · V/A )
Nun kann auch die 2. Frage beantwortet
werden.
v· Δt · B = √( 2 · g · V/ A ) · Δt · B ist das
Volumen des Wassers, welches in einem
kleinen Zeitabschnitt Δt aus der Wanne
fließt (siehe Abb. 1.9.17).
Abb. 1.9.1
Vnach Δt = Vvor Δt – √( 2 · g · VvorΔt / A ) · Δt · B
Mit dieser Gleichung kann eine Tabelle für die Volumina zu verschiedenen Zeitpunkten während der Entleerung angelegt werden.
Die Abb. 1.9.18 ist das zugehörende
Diagramm. Es ist zu sehen, dass eine
Wanne mit einem Querschnitt
A = 0,8 m2, welche anfangs 0,15 m3
Wasser enthält, in ca. T = 156 s durch
ein Loch mit dem Querschnitt
B = 10 cm2 leer läuft.
Vermutlich handelt es sich bei diesem
Diagramm um eine Parabel, welche
durch eine Funktionsgleichung der
Form V= f·(t-T)2 beschrieben wird.
Abb. 1. 9.18: www.g-hoehne.de/T/T14.ods
Beweis:
Vnach Δt - Vvor Δt = ΔV ≈ – √( 2 · g · VvorΔt / A ) · B · Δt
dV/dt = – √( 2 · g · V / A ) · B → dt/dV = - √(A/( 2 · g· B2)) · V -½
81
Auf der Suche nach einer Funktion t(V) mit dt/dV = - √(A/( 2 · g· B2)) · V -½ finden
wir:
t = - √(A/( 2 · g· B2)) · 2 ·V ½ + Konstante C
Bei V = 0 ist t = T . Folglich gilt: C = T
t = - √(A/( 2 · g· B2)) · 2 ·V ½ + T → (t-T)2 = A/( 2 · g· B2 ) · 4·V
V = (t-T)2 · g· B2/ (A · 2) → V = f · (t-T)2, f = g· B2/ (A · 2)
V0 = f · T2 → T = √(V0 / f)
Für den hier beschriebenen Fall gilt: f = g· B2/ (A · 2) = 6,131· 10-6 m³/s2 ; T = 156 s
Die hier gemachten Aussagen können leicht experimentell auf ihre Richtigkeit
geprüft werden. Zu empfehlen ist eine Messanordnung, wie sie in der Abb. 1.6.15 auf
der Seite 50 zu sehen ist. Statt des dort abgebildeten Gefäßes mit textilem Boden ist
eine Dose mit einem Loch im Gefäßboden zu nehmen.
1.10.
Über die Bewegung von Planeten
1.10.1 Berechnung einer Planetenbahn
Eine unter der Gravitationskraft der Sonne ablaufende Planetenbewegung kann wie
der Wurf mit Reibung mit einem Tabellenkalkulationsprogramm quantitativ
behandelt werden. Die Kraftkomponenten F x = F1 und Fy = F2 in der x- und
y-Richtung eines von der Sonne ausgehenden Koordinatensystems werden wie folgt
berechnet (siehe Abb. 1. 10.1).
-F1 / F = x/R → F1 = -F ·x /R ; F = G ·m·M / R2
(siehe Kapitel 1.6.6)
↓
F1 = - (G · m · M / R3)·x
m: Masse des Planeten; M: Masse der Sonne
Entsprechend erhält man für F2 :
F2 = - (G · m · M / R3) · y
Abb. 1. 10.1
Zur Berechnung einer Planetenbahn wurden diese Kräfte in die schon mehrfach
genutzte Tabelle eingetragen. Das Koordinatensystem hat seinen Nullpunkt in der
Sonne. Als Anfangswerte für einen Planeten der Masse m = 2·10 8 kg wurden folgende
82
Werte gewählt:
x = 1011 m
y=0
vx = v1 = 0
vy = v2 = 20000 m/s
Sonnenmasse M = 2·1030 kg
Die hiermit errechnete Bahn
ist in der Abb. 1. 10.2 zu
sehen.
Abb.
1.10.2: www.g-hoehne.de/T/T15.ods
1.10.2 Die Keplerschen Gesetze
An berechneten Planetenbahnen kann die Gültigkeit der drei Keplerschen Gesetze
überprüft werden. Johannes Kepler entdeckte sie bei der Auswertung von Messwerte
des dänischen Astronomen Tycho de Brahe, der mit ihm am kaiserlichen Hof in Prag
als Mathematiker und Hofastrologe um das Jahr 1600 tätig war.
1. Keplersches Gesetz
Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen um die Sonne, welche in einem
Brennpunkt der Ellipse steht.
Definition: Zu einer Ellipse gibt es zwei Punkte B 1 und B2, deren Abstände zu einem
gegebenen Ellipsenpunkt eine von der Wahl dieses Punktes unabhängige Summe
ergeben. B1 (Sonne) und B2 werden Brennpunkte genannt (siehe Abb. 1. 10.2).
2. Keplersches Gesetz
In gleichen Zeiten überstreicht die
inhaltsgleiche Flächen (siehe Abb. 1.10.3).
Abb. 1.10.3
Verbindungsstrecke
Abb. 1.10.4
83
Sonne-Planet
3. Keplersches Gesetz
Misst man zu verschiedenen Planetenbahnen die Umlaufzeiten T und die großen
Halbachsen a (siehe Abb. 1.10.4), dann gelangt man zu : a ³ / T ² = Konstante
1.10.3 Die Flächengeschwindigkeit (das Vektorkreuzprodukt )
Das 2. Keplersche Gesetz gilt für jede Bewegung unter einer Zentralkraft, einer Kraft,
die auf ein bestimmtes Zentrum gerichtet ist.
Zu seiner Prüfung muss eine Gleichung zur Berechnung der Flächengeschwindigkeit
vA hergeleitet werden. Unter vA verstehen wir das Verhältnis A/Δt. A ist die Fläche,
welche in der Zeit Δt von der Verbindungsstrecke r zwischen der Sonne S und dem
Planeten P überstrichen wird.
In der Abb. 1.10.5 ist die Bewegung während eines kleinen Zeitabschnitts Δt
dargestellt.
A = 0,5·h ·|r| ; vA = A/Δt = 0,5·(h/Δt) ·|r|
(h/Δt) = |vPʼ| ist die Geschwindigkeit von Pʼ, der
Projektion von P auf den Vektor {-y,x}, welcher mit r
einen rechten Winkel bildet.
vA = A/ Δt = 0,5·|vPʼ | ·|r|
Da {-y,x} den gleichen Betrag wie r hat, können wir
auch schreiben:
vA = 0,5·|vPʼ | ·|{-y,x}|; |vPʼ | = |v|·cos (α)
↓
vA = |v|·|{-y,x}|·cos (α)
|v|·|{-y,x}|·cos (α) = Skalarprodukt v· {-y,x}
vA = 0,5·v·{-y,x}; v = { v1, v2 }
vA = 0,5· (-v1·y + v2·x)
Abb. 1. 10.5
Zum Beweis der Konstanz von vA muss gezeigt
werden, dass dvA/dt = 0 ist.
dvA/dt = 0,5 · (- dv1/dt · y - v1 · dy/dt + dv2/dt· x + v2 · dx/dt)
Hier wurde die Produktregel der Differentialrechnung angewandt. Nach ihr erhält
man den Differentialquotienten eines Produktes f(t)· g(t) zweier Funktionen f(t)
und g(t) mit der Summe (d f(t)/dt) · g(t) + f(t) · (d g(t)/dt ).
-v1·y ist ein solches Produkt. -v1 und y sind als f(t) und g(t) aufzufassen.
Herleitung der Produktregel:
f(t+∆t)· g(t+∆t) - f(t)· g(t) = ∆[f(t)· g(t)]
∆[f(t)· g(t)] = f(t+∆t)· g(t+∆t) - f(t)· g(t+∆t) + f(t)· g(t+∆t) - f(t)· g(t)
84
∆[f(t)· g(t)] = g(t+∆t) · [f(t+∆t) – f(t)] + f(t)·[g(t+∆t)- g(t)]
∆[f(t)· g(t)]/ ∆t = g(t+∆t)· [f(t+∆t) – f(t)]/∆t
+
f(t)·[g(t+∆t)- g(t)]/ ∆t
d[f(t)· g(t)]/ dt = g(t)· ( df(t)/dt ) + f(t)· ( dg(t)/ dt )
dx/dt = v1 ; dy/dt = v2 ; dv2/dt = a2 ; dv1/dt = a1
dvA/dt = 0,5 · (-a1 · y - v1 ·v2 + a2 · x + v2 · v1) = 0,5 · (-a1 · y + a2·x )
dvA/dt = 0,5 · {a1 , a2 } · {-y, x}
{a1 , a2 } ist parallel zu r, bildet deshalb einen rechten Winkel mit {-y, x}
↓
{a1 , a2 } · {-y, x} = 0
Bei einer zu r parallelen Kraft ist {a1 , a2 } · {-y, x} = 0. Demnach ist v A während
einer Bewegung unter einer Zentralkraft konstant. Das zweite Keplersche Gesetz
ist somit bewiesen.
Der Flächengeschwindigkeit eines Körpers K ordnen wir einen Vektor vA mit |vA| = vA
zu, der mit seiner Richtung die Orientierung der Ebene E anzeigt, in der sich r dreht.
vA steht so senkrecht auf E, dass ein Betrachter mit Blick auf die Vektorspitze r in
einer Linksdrehung (einer positiven Drehung) sieht.
{0; 0; 0,5· (x ·v2 -y·v1)} ist vA bei einer Bewegung in der x-y-Ebene.
{0; 0,5·(-x ·v3 + z· v1) ;0} ist vA bei einer Bewegung in der x-z-Ebene.
{0,5· (y ·v3 -z · v2); 0;0} ist vA bei einer Bewegung in der y-z-Ebene.
Behauptung: vA = 0,5· { (y ·v3 -z · v2 ) ; (-x ·v3 + z· v1 ); (x ·v2 -y·v1) }
Die Richtigkeit dieser Behauptung soll nun anhand der Abb.1.10.6 für die
z-Koordinate vA · ez des Vektors vA nachgewiesen werden. ez ist ein Einheitsvektor
in Richtung der z-Achse und vA · ez ist die Projektion des Vektors vA auf die z-Achse.
Beweis:
Ein Punkt P habe die Flächengeschwindigkeit
vA und überstreiche in einer Zeit t die Fläche
A. Seine Projektion P' auf die x-y-Ebene
überstreicht dabei die Fläche Az. vA bildet mit
der z-Achse den Winkel α .
|vA · ez| / | vA| = cos( α)
Az / A = |( 0,5· (y ·v3 -z · v2) · t| / (| vA| · t)
Az / A = |( 0,5· (y ·v3 -z · v2)| /| vA| = cos( α)
↓
Abb. 1. 10.6
vA · ez = 0,5· (y ·v3 -z · v2)
85
{ y· v3 – z · v2 ; z· v1 – x · v3 ; x· v2 - y · v1 } wird Kreuzprodukt r x v aus den
Vektoren r und v genannt. Diese Bezeichnung verdankt der angegebene Vektor der
nun folgenden Regel zur Berechnung seiner Koordinaten. Die Koordinaten der
beiden Vektoren r und v werden nebeneinander in Säulen angeordnet.
x v1 Zur Berechnung der x - Koordinate wird diese 1. Zeile gestrichen
y v2 Zur Berechnung der y - Koordinate wird diese 2. Zeile gestrichen
z v3 Zur Berechnung der z - Koordinate wird diese 3. Zeile gestrichen
Zur Berechnung der n. Koordinate von r x v wird die n. Zeile gestrichen.
Anschließend wird der erste Wert der verkürzten 1. Spalte mit dem zweiten Wert der
anderen Spalte und hiernach der zweite Wert der ersten mit dem ersten Wert der
zweiten Spalte multipliziert. Schließlich wird das zweite Produkt vom ersten
subtrahiert. Bei Berechnung der y-Koordinate ist dann noch das Vorzeichen der
Differenz umzukehren.
Es muss angemerkt werden, dass Kreuzprodukte nicht
nur aus Orts- und Geschwindigkeitsvektoren, sondern
aus vielerlei Vektoren a und b gebildet wird.
a x b = { a2·b3 – a3 · b2 ; a3· b1 – a1· b3 ; a1·b2 – a2 · b1 }
a, b und a x b verhalten sich der Richtung nach wie der
Daumen, der Zeige- und der Mittelfinger der rechten
Hand, wenn der Mittelfinger von den beiden anderen
rechtwinklig abgespreizt ist ( Rechte-Hand-Regel ).
|a x b| wird durch den Flächeninhalt des von a und b
aufgespannten Parallelogramms beschrieben.
Abb. 1.10.7
Als Flächeneinheit wird hierbei ein Rechteck vorausgesetzt, dessen Seiten der
Länge nach mit den zu a und b gehörenden Einheitsvektoren übereinstimmen.
1.10.4 Masse der Sonne
Zur Berechnung einer Planetenbahn wurde als Masse der Sonne der Wert 2·10 30 kg
angegeben.
Wie konnte dieser Wert bestimmt werden ?
Die Bahn der Erde um die Sonne ist fast kreisförmig (Radius r ≈ 150·109 m).
Deshalb ist die Anziehungskraft F der Sonne auf die Erde die Zentripetalkraft
F = MErde · ω2 · r.
F = G · (MSonne · MErde) /r2 = MErde · (2 · π / T )2 · r ; T steht für ein Jahr
MSonne = 4 · π2 · r3 /( T2 · G) = 1,99 · 1030 kg
86
1.10.5 Newtons Herleitung des Gravitationsgesetzes
Als Bahn eines Planeten mit der Masse m P und der
Winkelgeschwindigkeit ω wird
eine Kreisbahn
vorausgesetzt. Die Kraft der Sonne auf den Planeten ist
in diesem Fall die Zentripetalkraft F.
F = mP · ω2 ·r = mP · (2 ·π / T)2 · r = mP · 4 ·π2 · r / T2
Abb. 1. 10.8
Es wird eine Gleichung gesucht, die F ausschließlich in seiner Abhängigkeit von r
und den Massen mSonne und mPlanet zeigt. Mit Hilfe des 3. Keplerschen Gesetzes kann
die Umlaufzeit T durch r ersetzt werden.
r3/ T2 = Konstante = K → T2 = r3 /K →
Hieraus schließen wir:
1.) F ~ 1/r2;
F = mP · 4 ·π2 · K /r2
2.) F ~ mP
3.) Wenn die Kraft der Sonne auf den Planeten der Planetenmasse proportional ist,
dann muss diese Kraft - sie ist nach dem Wechselwirkungsgesetz dem Betrage nach
gleich der Kraft des Planeten auf die Sonne- auch der Sonnenmasse m S proportional
sein ( F ~ mS ).
F ~ mP ; F ~ mS ; F ~ 1/r2
→
F ~ mP · mS / r2
Newton hat diese Proportionalitätsgleichung in der hier beschriebenen Weise
hergeleitet. Die Gravitationskonstante blieb ihm unbekannt.
1.11 Trägheitskräfte
1.11.1 Was versteht man unter einer Trägheitskraft
Ein Omnibus fährt mit der Beschleunigung a an. Hierbei fällt ein im Omnibus frei
stehender Passagier nach hinten. Er führt seine Beschleunigung im Omnibus auf eine
der Erdanziehungskraft vergleichbare Kraft zurück, die ihn nach hinten zieht. Hält er
sich an einem Sitz fest, dann wird er mit F = m · a beschleunigt. Er meint jedoch,
eine Kraft
FT = - m·a drücke ihn nach hinten und werde von einer vom Sitz
ausgehenden Gegenkraft ausgeglichen. FT ist eine Scheinkraft in einem
beschleunigten System S; wir nennen sie Trägheitskraft.
Für eine Kraft F (z.B. für die vom Sitz des Omnibusses ausgehende Kraft) auf einen
Körper K mit der Masse m in einem beschleunigten System S gilt:
F = m·a ; a = aB + a' ; F = m· aB + m·a'; m·a' = F – m·aB .
aB ist der durch die Systembeschleunigung verursachter Anteil der Beschleunigung
und a' ist die Beschleunigung von K innerhalb von S. Für einen Beobachter in S ist
m·a' gleich der Summe der auf K wirkenden Kräfte. Nach seiner Sichtweise wirkt
neben F noch die Trägheitskraft – m·aB. Wenn er meint, in einem ruhenden System
zu sein, dann muss er bei seinen Rechnungen diese Trägheitskraft – m·aB
87
berücksichtigen, nur dann kann er die Vorgänge in S richtig berechnen. Hält er sich
im Omnibus an einem Sitz fest, dann gilt: F – m·aB = 0. In diesem Fall ist die
Trägheitskraft dem Betrage nach gleich der Kraft des Sitzes.
Die bekanntesten Trägheitskräfte sind die Zentrifugal- und die Corioliskraft, es
sind Trägheitskräfte in einem rotierenden Raum.
1.11.2 Die Zentrifugalkraft
Abb. 1.11.1 zeigt einen rotierenden, zylindrischen Raum in der Draufsicht ( Rotor auf
einem Jahrmarkt ). Ein an der Außenwand stehender Mann P wird von einer
Zentripetalkraft F = m·ω2· r auf einer Kreisbahn gehalten. P übt eine gleich große
Gegenkraft FT auf die Wand
aus. Da sich P im rotierenden
Raum als ruhend ansieht,
erkennt er FT nicht als Reaktion auf die beschleunigende
Kraft der Wand. Er deutet Abb. 1.11.1
Abb. 1.11.2
sie stattdessen als eine aus
der Ferne wirkende Kraft, der Gravitationskraft vergleichbar, die von ihm an die
Wand weitergegeben wird und nennt sie Zentrifugalkraft.
Hier ist es angebracht auf das Zustandekommen von Ebbe und Flut einzugehen. Erde
und Mond drehen sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt (siehe Abb. 1. 11.2). Das
Wasser der Meere unterliegt deshalb nicht nur der Anziehungskraft FM des Mondes,
sondern auch noch der durch die genannte Drehung bedingten Zentrifugalkraft FZ . In
der Erdmitte heben sich die beiden Kräfte auf. Auf der dem Mond abgewandten Seite
überwiegt die Zentrifugalkraft und führt zur Bildung eines Wasserberges. Auf der
dem Mond zugewandten ist die Anziehungskraft des Mondes größer als die
Zentrifugalkraft, rechts vom Schwerpunkt hat sie sogar die gleiche Richtung wie die
Zentrifugalkraft. Auch dort entsteht infolgedessen ein Wasserberg. Die Erde dreht
sich unter diesen Wasserbergen. Aus der Sicht eines Erdenbewohners laufen in
24 Stunden zwei Wasserberge über die Erdkugel, die sich jeweils mit einer Flut
ankündigen.
Aufgaben
1. Ein Kind dreht sich in einem Kettenkarussell
so, wie dies in der Abb. 1.11.3 angedeutet
ist.
Welche Geschwindigkeit hat das Kind ?
Abb. 1.11.3
88
2. Eine mit Wasser gefüllte Küvette rotiert mit der
Winkelgeschwindigkeit ω = 15 s-1 um ihre
Symmetrieachse. Hierbei bildet das Wasser eine
parabelförmige Oberfläche aus.
Bestimme den Funktionsgrafen y = k·x2 der
zugehörenden Parabel !
Abb. 1.11.4
3. Auf einer um eine senkrechte Achse mit der
Winkelgeschwindigkeit ω = 2 s-1 rotierenden Scheibe schwingt
eine von einem Stab geführte Kugel K der Masse m = 100 g um
den Scheibenmittelpunkt. Die Schwingungsfrequenz der Kugel
auf einer ruhenden Scheibe beträgt 1 Hz.
Mit welcher Frequenz schwingt die Kugel auf der rotierenden
Scheibe ?
Abb. 1.11.5
1.11.3 Die Corioliskraft
1.11.3.1 Der Coriolis-Durchflussmesser
In Abfüllanlagen findet man manchmal große, vibrierende Röhren, mit denen
durchfließende Flüssigkeitsmassen mit sehr hoher Genauigkeit gemessen werden
können. Es heißt, die Fließgeschwindigkeit (der Massedurchfluss) werde mit Hilfe
einer Corioliskraft bestimmt.
Was ist dies für eine Kraft und wie kommt sie zustande?
Aufbau und Funktionsweise eines Coriolisdurchflussmessers
In Abb. 1.11.6 sehen wir ein gebogenes, von
Wasser
durchflossenes
Rohr
(Fließgeschwindigkeit v). Wenn dieses am
Boden befestigte Rohr so zum Schwingen
angeregt wird, wie es die beiden Pfeile am
Scheitel des Rohrs in der Abb. 1.11.6
anzeigen, dann machen sich am linken und
rechten Schenkel hin- und her biegende
Abb. 1. 11.6
Abb. 1.11.7
Kräfte F bemerkbar, unter denen das Rohr noch eine Drehschwingung um die in der
Abb. 1.11.7 gezeichnete Achse A ausführt. Die zur Strömungsgeschwindigkeit v
proportionale Amplitude dieser Drehschwingung ermöglicht die Bestimmung von v
mit sehr hoher Genauigkeit. Im Handel (Hersteller: Firma Endress+Hauser in
89
Reinach bei Basel) gibt es Coriolis-Masseflussmeßgeräte für unterschiedlichen
Bedarf über mehr als sieben Größenordnungen (von etwa 20 mg/s bis etwa 600 kg/s)
mit großer Genauigkeit (0,1%).
Wie kommt es zu diesen Kräften F ?
Zur Erklärung dient die Abb. 1.11.8 auf der nächsten Seite. Zu sehen ist eine kleine
Lokomotive L auf einer Schiene, die auf einer mit der Winkelgeschwindigkeit ω
rotierenden Scheibe liegt. Die in Bezug auf die Scheibe mit
konstanter
Geschwindigkeit v fahrende Lokomotive habe zum Zeitpunkt t = 0 die
Rotationsachse überquert. Zu diesem Zeitpunkt sei die x-Achse eines über der
Scheibe ruhenden Koordinatensystem in Fahrtrichtung ausgerichtet worden.
Die Lokomotive L übt wie das Wasser im
U-Rohr eine Kraft FC quer zur
Bewegungsrichtung aus. Die Existenz
dieser auf die Schiene wirkenden Kraft F C
kann hier leicht begründet werden. L
bewegt sich aus der Sicht eines auf die
Scheibe
schauenden,
ruhenden
Beobachters B nicht nur entlang der
Schiene. Infolge der Rotation wird L in
Richtung der y-Achse beschleunigt.
Dieser
Beschleunigung
ist
die
Abb. 1.11.8
Kraftkoordinate Fy = m · ay zuzuordnen.
Wenn die x-Achse des Koordinatensystems mit der Schiene einen sehr kleinen
Winkel bildet, dann steht Fy für eine zur Fahrtrichtung orthogonale Kraftkomponente
Fq , mit der die Schiene auf die Lokomotive einwirkt.
Ein auf der rotierenden Scheibe sitzender Beobachter B' kann keine Beschleunigung
an der Lokomotive erkennen. Für ihn bewegt sie sich gleichförmig auf einer geraden
Spur und erfährt keine beschleunigende Kraft durch die Schiene.
Ihm fällt aber die nach dem Wechselwirkungsgesetzt zu erwartende Gegenkraft F C zu
Fq auf, welche die Lokomotive auf die Schiene ausübt und er denkt sich, die
Lokomotive übertrage eine aus der Ferne wirkende Kraft auf die Schiene. Er nennt
sie Corioliskraft (nach dem französischen Mathematiker Coriol).
Der y-Wert, den L nach Überqueren der Rotationsachse in einer Zeit t annimmt,
weicht bei kleinem t (kleiner Winkel) nur wenig vom Bogen b ab, weshalb unter
dieser Bedingung y = b geschrieben werden kann.
ω·t = b / (v·t) Bogenmaß !
→
y = b = ω· v · t2
v ist die Geschwindigkeit der Lokomotive aus der Sicht von B'.
Bekanntlich beschreibt ein solcher Term mit t2 eine Bewegung mit konstanter
Beschleunigung ay.
2
Es gilt : y = (ay /2) · t ; y = ω· v · t2 → ay = 2 · v · ω → Fy = 2 · m · v · ω
90
Bei jeder Bewegung auf der rotierenden Scheibe wirkt aus der Sicht von B' eine
Corioliskraft FC = 2 · m · v · ω ( Gegenkraft zu F q) quer zur Bewegungsrichtung auf
den bewegten Körper. Ein das bewegte Objekt begleitender Beobachter registriert
bei einer Linksdrehung (Draufsicht) eine nach rechts und bei einer Rechtsdrehung
eine nach links wirkende Corioliskraft.
Messung der vom Wasserstrom verursachten Corioliskraft
Zum Nachweis dieser Kraft im Unterricht eignet sich die in Abb.1.11.9 dargestellte
Anordnung. Zu sehen ist ein von Wasser durchflossenes U-Rohr mit der Höhe r und
der Breite b, welche um eine waagrechte Achse pendelt, die von der beweglichen
Glasplatte der Wippe gehalten wird. Ein Elektromotor bewirkt ein gleichmäßiges
Pendeln.
Er dreht ein Rad mit einem
exzentrisch,
parallel
zu
Drehachse
angebrachten Stäbchen S. Das mit der
Geschwindigkeit vS rotierende Stäbchen S ist
über einen Faden mit dem U-Rohr verbunden.
Ein an der Hinterwand angebundener
Gummifaden (gestrichelt) sorgt dafür, dass
dieser Faden während der Drehung von S
gespannt bleibt. Die Schenkel des U-Rohrs
rotieren
mit
veränderlicher
Winkelgeschwindigkeit ω, sie haben in senkrechter
Stellung die höchste Winkelgeschwindigkeit
ω = vS/r.
Wir stellen uns einen parallel zu Pendelachse
ausgerichteten
Beobachter B vor (siehe
Abb. 1.11.9
Abb. 1.11.9), der auf dem linken Schenkel des
Rohrs der Strömung folgt. Da das Rohr zu seinen Füßen ein rotierendes System ist,
wirken aus seiner Sicht auf das im linken und rechten Schenkel fließende Wasser
einander entgegen gerichtete, seitliche Corioliskräfte mit den Beträgen
FC = 2· m ·vW · ω.
m: Masse des Wassers in einem senkrechten Schenkel des U-Rohrs
vW: Strömungsgeschwindigkeit des Wassers
Sind die Schenkel des U-Rohres genau nach unten gerichtet, dann wirken diese
beiden Kräfte zusammen mit dem
Drehmoment M = 2 ·F C ·(b/2)
= 2 · m · vW · ( vS/r) · b auf die Wippe.
b : Breite des U-Rohrs; b/2 : Hebelarm zu der Corioliskraft auf einen Schenkel
In einer Zeit t fließe das in einem senkrechten Schenkel vorhandene Wasser mit der
Masse m aus dem U-Rohr.
vW = r/t ; M = 2 · m · (r/t ) · ( vS/r) · b =
91
2 · (m/t) · vS· b
m/t beschreibt den Massedurchfluss, die Masse die in einer Zeiteinheit aus dem Rohr
fließt.
m/t = M/ ( 2 · vS · b)
Während des oben beschriebenen Experiments wurde das
in der Abb. 1.11.10 sichtbare M-t-Diagramme
aufgenommen. Die Amplitude des Diagramms zeigt das
für die Berechnung von m/t nach m/t = M/ ( 2 · vS · b)
notwendige Drehmoment M
an. Mit diesem
M = 0,09 N·m wurde für m/t der Wert 0,18 kg/s
Abb. 1.11.10
errechnet.
Das Messergebnis kann man überprüfen, indem man das austretende Wasser
kurzzeitig mit einem Eimer auffängt. Auch anhand der Reichweite des aus dem
Rohr austretenden Wasserstrahls ist m/t bestimmbar. Somit ist die Prüfung der
gewonnenen Ergebnisse leicht möglich. Bei dem hier beschriebenen Experiment
wurde anhand der erwähnten Reichweite 0,17 kg/s ermittelt.
Anmerkung zur Messung:
Bemerkenswert ist, dass der Schlauch über die Mitte der Wippe in das U-Rohr
eingeführt ist. Dieser Anschluss über der Wippenachse wurde gewählt, damit
geringe Verschiebungen des Schlauchs nicht zu störenden Drehmomenten führen.
Das hier vorgestellte Experiment kann auch mit einem geschlossenen Wasserkreislauf
vorgestellt werden. Passende Wasseranschlüsse sind somit nicht unbedingt
erforderlich.
1.11.3.2 Pendel mit rotierender Masse (Pendelkreisel)
Ein interessantes Experiment zur Corioliskraft ist in der
Abb. 1. 11.11 dargestellt.
Am unteren Ende eines schwingenden Pendels (variable
Winkelgeschwindigkeit des Pendels = ω’) rotiert ein 420 g
schwerer Zylinder mit der Winkelgeschwindigkeit ω um die Achse
eines Elektromotors. Wenn man den Halter des Pendels nicht fest
in die Hand nimmt, dann weicht das Pendel quer zur
Schwingungsebene aus (weißer Pfeil) und dreht hierbei den
Haltegriff.
Abb. 1.11.11
Achtung !
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der rotierende Eisenzylinder von der
Welle des Motors löst. Deshalb sollte man beim Experimentieren mit dem
Pendelkreisel immer einen Karton unter dieses Gerät stellen.
92
Wir betrachten das Geschehen aus
der Sicht eines Beobachters B , der
auf der Pendelstange parallel zur
Pendelachse A steht (siehe Abb.
1.11.12).
Für
ihn
sind
Corioliskräfte
F
für
das
merkwürdige
Verhalten
des
Pendels
verantwortlich.
Wir
können uns den Zylinder in viele
kleine Teile P1, P2 .. der Masse m’
zerlegt denken. Die zu einem
solchen
Punkt
gehörende
Seitenansicht Abb. 1.11.12
Draufsicht
Geschwindigkeitskomponente u
parallel zur Schwingungsebene verursacht eine Corioliskraft F auf P. Für die
Corioliskraft auf den Punkt P1 gilt: F = 2·m’·ω’·u1 .
ω’ ist die augenblickliche Winkelgeschwindigkeit des Pendels. F ist nach oben
gerichtet und demnach bestrebt, das Pendel mit dem Drehmoment 2 · m’ ·ω’ · u1 ·d1
nach vorne aus der Schwingungsebene zu drehen. d1 ist der Abstand des Punktes P1
von der Schwingungsebene der Pendelstange. Auf der dem Betrachter abgewandten
Seite des Zylinders sind die Corioliskräfte nach unten gerichtet und haben somit den
gleichen Drehsinn. Zur Berechnung des Drehmoments wählen wir zunächst zwei
Massepunkte P1 und P2, deren Radien übereinstimmen und einen rechten Winkel
miteinander bilden. Das Drehmoment dieses Punktepaars in Bezug auf den
Durchmesser D rechnen wir aus. Hiernach kann leicht auf das Gesamtmoment Mg
aller Massepunkte P geschlossen werden.
Für die Corioliskraft F auf P1 gilt : F = 2· m’ · ω’· u1 , u1 = v· sin α , v = ω· r
v: Umlaufgeschwindigkeit von P1 in Bezug auf die Zylinderachse
↓
F = 2 · m’ · ω’·ω· r · sin α
In Bezug auf den Durchmesser D des Pendels wirkt F mit einem Drehmoment M1.
M1= F·d1 = 2·m’ · ω’· ω · r · sin α · d1; d1 = r· sinα → M1 = 2 · m’·ω’·ω· r2 ·sin2 α
Für P2 finden wir: M2 = 2 · m’ · ω’· ω· r2 · cos2 α
M1 + M2 = 2 · m’ · ω’·ω· r2 · ( sin2 α + cos2 α ) = 2 · m’ · ω’·ω· r2
sin2 α + cos2 α = 1; 2 · m’ = m ist die Gesamtmasse beider Punkte.
↓
M1 + M2 = m · ω’·ω· r2
Addiert man die Drehmomente aller denkbaren Paare P1 , P2 , dann erhält man als
Gesamtdrehmoment:
Mg = ω’ · ω · Σ m · r2
93
Σ m · r2 ist als Trägheitsmoment J des Zylinders bekannt.
Mg = ω’ · ω · J
Zur Messung von Mg lässt man das Pendel genau über
der Achse der Wippe schwingen. Während der
Schwingung wird ein Diagramm gezeichnet, welches
dem einer Schwingung ähnelt. Es zeigt an, dass unter
dem Einfluss von Mg die Wippe um ihre Achse hin und
her gedreht wird. Beim Schwingen durch die Ruhelage
wird das Drehmoment in Bezug auf den Durchmesser D
insgesamt auf die Wippe übertragen. Seine Größe kann
am Diagramm abgelesen werden.
Abb. 1.11.13
Zur Kalibrierung der Wippe für Drehmomentmessung werden Gewichte auf den
linken oder rechten Wippenrand gelegt.
1.11.4 Berechnung einer Bewegung in einem rotierenden System unter
Berücksichtigung der Zentrifugal- und Corioliskraft
Die Bewegung in einem rotierenden System wird nur dann richtig berechnet, wenn
man neben den wirklichen Kräfte auch noch die Zentrifugal- und die Corioliskraft in
die Rechnung eingehen lässt.
Beispiel:
Wir stellen uns einen Massepunkt P vor, der sich auf einem ruhenden Strahl nach
s = v·t (v = 4 m/s) von der Drehachse eines mit ω = 0,5 s -1 links herum rotierenden
Systems entfernt (siehe Abb. 1.11.14). Aus der Sicht des rotierenden Systems wird
dieser Strahl mit der Winkelgeschwindigkeit ω nach rechts gedreht und bildet zum
Zeitpunkt t den Winkel ω·t mit der x-Achse des zum rotierenden System gehörenden
x-y-Koordinatensystems. In der Abb. 1.11.15 ist die mit dem Open-OfficeTabellenkalkulationsprogramm errechnete Bahn im rotierenden System dargestellt.
Abb. 1. 11.14
Abb. 1.11.15
www.g-hoehne.de/T/T16.ods
Für einen Beobachter im rotierenden System entsteht diese Bahn unter der Wirkung
der Zentrifugal- und der Corioliskraft.
94
Er berechnet die Bahn
mit Hilfe dieser Kräfte.
Die Corioliskraft hat
den Betrag 2·m·ω·v
und die Koordinaten:
C1 = 2 · m· ω· v2
C2 = - 2·m· ω· v1
Abb. 1.11.16
Abb. 1. 11.17
Corioliskraft FC = {C1; C2 } = {2 · m· ω· v2 ; - 2·m· ω· v1} = 2·m· ω· {v2; -v1 }
Die Zentrifugalkraft hat den Betrag m·ω 2·r und die Koordinaten Z1 = m·ω2·x und
Z2 = m· ω2· y (siehe Abb. 1. 11.17).
Die Coriolis- und die Zentrifugalkraft
bilden zusammen die Kraftkoordinaten:
F1 = 2·m·ω·v2 + m·ω2 · x
F2 = -2·m·ω·v1 + m·ω2 · y
Mit diesen Kräften erhält ein
Beobachter im rotierenden System die
in der Abb. 1.11.18 sichtbare Bahn. Sie
gleicht der Bahn in der Abb. 1.11.15.
Abb. 1. 11.18
www.g-hoehne.de/T/T17.ods
Erscheinungen auf der Erde, die als Zeichen der Corioliskraft gedeutet werden
können
Es sind einige Erscheinungen auf der Erde zu
nennen, die als Zeichen der Corioliskraft gedeutet
werden können. So ist bekannt, dass bei den Flüssen
Sibiriens das rechte Ufer steiler ist als das linke.
Hierfür ist die Corioliskraft verantwortlich, welche
den Wasserstrom nach rechts drückt. Die Erde dreht
sich nach Osten, dies bedeutet, dass ein über dem
Nordpol schwebender Beobachter die Erde in einer
Abb. 1.11.19
Linksdrehung sieht.
Die Auswirkung der Corioliskraft sind bei genauer Betrachtung auch an
mitteleuropäischen Flüssen wahrnehmbar. So sind zum Beispiel die flachen
Uferzonen an der Donau östlich von Passau zwischen Obernzell und Schlögen auf
der linken Seite des Flusses insgesamt erheblich länger als auf der rechten Seite
(siehe Abb. 1.11.19). Auch Passatwinde sind Zeichen von Corioliskräften.
95
Am Äquator aufsteigende Luftmassen werden nach Westen gelenkt. Ebenfalls
bekannt ist die Tatsache, dass abfließendes Badewasser das Abflussloch der
Badewanne auf der Nordhalbkugel meistens mit einer Rechtsdrehung verlässt.
1.11.5 Das Foucaultpendel
Ein Pendel schwingt über
dem Nordpol (siehe Abb.
1.11.20). Aus der Sicht
eines über dem Nordpol
schwebenden Beobachters
befindet sich die Erde in
einer Linksdrehung gegen
Abb. 1. 11.20
Abb. 1. 12.21
die Schwingungsebene des Pendels. Für einen Beobachter auf der Erde dreht sich die
Schwingungsebene des Pendels in 24 Stunden um 360° rechts herum. Er führt dies
auf die Corioliskraft FC = 2·m· ω· {v2; -v1 } zurück. {v2; -v1 } ist die Geschwindigkeit
des pendelnden Körpers. Hätte die Erde die Winkelgeschwindigkeit ω = 0,1s -1 und
ein über dem Nordpol schwingendes Pendel die Kreisfrequenz
ω K = 1s-1, dann
würde ein bei A freigegebener Pendelkörper K sich auf der in Abb. 1.11.21
angedeuteten Bahn bewegen.
Drehung des Foucaultpendels an einem Ort mit dem Breitengrad α < 90°
Es wird ein zur Äquatorebene paralleles x,y-Koordinatensystem mit einer zur Erdachse zeigenden y-Achse
vorausgesetzt, dessen Nullpunkt am Standort des ruhenden
Pendelkörpers liegt. Für ein Pendel am Breitengrad α gilt
nicht FC=2·m·ω·{v2;-v1 },sondern FC=2·m·ω·{v2·sin α;
-v1 }, denn für die Kraft in
x-Richtung ist nur die
Geschwindig-keit
v' = v2 ·sin α zur Erdachse hin
maßgebend (siehe Abb.1.11.22). Für die Drehung des
Pendels ist nur die orthogonale Projektion Fcw dieser Kraft
auf eine waagrechte Ebene am Standort des Pendels von
Bedeutung
(siehe Abb. 1.11.23). Das vorhanden
Koordinatensystem wird um seine x-Achse in diese Ebene
gedreht. In Bezug auf dieses gedrehte System gilt:
Abb. 1.11.22
Fcw = 2·m·ω·{v2 ·sin α; -v1· sin α}= 2·m·ω·(sin α) ·{ v2
;-v1 }
Am Breitengrad α verhält sich das Pendel demnach so wie
auf dem Pol eines Planeten, der sich mit ω·sin α dreht.
Abb. 1.11. 23
Α = 50°:
Die Pendelebene rotiert in 24 h um ω · sin(50°) ·24h =
=360°·sin( 50°) = 275 °
96
Abb. 1.11.24: 1850 zeigt der französische Physiker Jean-Bernard-Leon Foucault
durch einen Pendelversuch in der Pariser Sternwarte, dass sich die Erde dreht.
1.12 Mechanik rotierender Körper
1.12.1 Drehimpuls und Drehimpulssatz
An dem oberen Ende eines auf der
Experimentierwippe aufgesteckten
Stativstabs ist ein waagrechtes, als
Drehachse dienendes Stäbchen A
befestigt. An ihm pendeln zwei,
von leichten Stäben gehaltene
Kugeln K1 und K2. Stößt K1 auf
K2 (siehe Abb. 1.12.1), dann
ändert sich die Summe aus den
Impulsen der beiden
Kugeln
Abb. 1.12.1
Abb. 1.12.2
während des Stoßes nicht.Der Stativstab erfährt während dieses Ereignisses keine
Kraft, die Kraft von K1 wird völlig auf K2 übertragen. Schlägt K1 nicht auf K2,
sondern stattdessen auf den Pendelstab S mit der Kraft F1 (siehe Abb. 1. 12.2), dann
wirkt auch auf das Drehachse A eine durch den Stoß verursachte Kraft. In diesem
Fall wird die Kraft F1 der Kugel K1 auf K2 und die Drehachse A aufgeteilt ( F 2 < F1 ).
Dies kann mit dem Hebelgesetz leicht begründet werden, denn danach gilt: Wirkt auf
einen Hebel im Abstand r1 vom Drehpunkt eine Kraft F1, dann übt der Hebel auf
einen Körper im Abstand r2 vom Drehpunkt nach (F2 · r2 = F1 · r1 ) die Kraft
F2 = ( r1/r2 ) · F1 aus.
Anmerkung: Das Hebelgesetz gilt nur dann, wenn der Hebel die auf ihn wirkenden
Kräfte insgesamt weitergibt, was bei einem Hebel in beschleunigter Drehbewegung
nicht zutrifft. Deshalb wird bei den hier gemachten Überlegungen vorausgesetzt,
dass die Verbindungen der Kugeln mit der Achse A sehr leicht sind, damit die Kräfte
zu ihrer Beschleunigung vernachlässigbar klein sind.
Was für die Kraft gilt, trifft auch für die Impulsänderungen während des Stoßes zu.
97
-F1 (Gegenkraft zu F1) ändert den Impuls von K1 nach -F1 = Δ(m1·v1)/ Δt und F2 den
von K2 nach F2 = Δ(m2·v2)/ Δt.
F1 · r1 = F2 · r2 →
(-Δ(m1·v1)/ Δt) · r1 = (Δ(m2·v2)/ Δt) · r2
↓
-Δ(m1 ·v1 ) ·r1 = Δ(m2 · v2 ) · r2 → Δ(m2 · v2 ) · r2 + Δ(m1 ·v1 ) · r1 = 0
F1 , F2 , m1 ·v1 und m2 · v2 beschreiben die quer zum Stab gerichteten Kraft- und
Impulskomponenten. Wir vereinbaren, dass diese Größen ein positives Vorzeichen
haben sollen, wenn sie zu einer Linksdrehung gehören oder im Sinne einer
Linksdrehung wirken. Andernfalls sollen sie negativ sein. Das zu einem Massepunkt
gehörende Produkt m·v·r nennen wir Drehimpuls L ( v = Geschwindigkeitskomponente senkrecht zu r).
Wir vermuten: In einem abgeschlossenen System ist die Summe aller
Drehimpulse L konstant (Drehimpulssatz).
Für diese Vermutung, die im Folgenden noch bewiesen wird, spricht auch das
Ergebnis des folgenden Gedankenexperiments:
Wir lassen eine Kugel K in Gedanken reibungsfrei in einer sehr leichten,
dünnwandigen Röhre gleiten, die sich um eine senkrechte Achse D reibungsfrei
drehen kann (siehe Abb. 1.12.3). Die Kugel bewegt sich nach dem Trägheitssatz
gleichförmig mit konstantem Impuls m· v und führt hierbei die Röhre mit sich, deren
Masse vernachlässigbar klein ist.
m·v / m ·vq = r2 / r1
ähnliche Dreiecke !
↓
r1 · m·v = r2 · m ·vq
r · m ·vq ändert sich nicht, denn
m· v und somit auch r1 bleiben
Abb. 1. 12.3
konstant.
Hier ist von einem Drehimpuls eines fast völlig freien Teilchens die Rede. Dieses
Beispiel gibt Anlass zur Definition eines Drehimpulses für jedes beliebige Teilchen P.
Wir denken uns ein Teilchen P, welches im Augenblick den Impuls p hat, und von
einem Ortsvektor r angezeigt wird, der von einem beliebig gewählten
Punkt D ausgeht. P kann frei beweglich sein.
Unter dem Drehimpuls L des Teilchens P in Bezug
auf den Punkt D verstehen wird das Produkt mit dem
Betrag |r| ·|pq|. pq ist die Komponente von p senkrecht
zu r in der von r und p aufgespannten Ebene (siehe
Abb. 1.12.4). L erhält im Fall einer Linksdrehung ein
positives und andernfalls ein negatives Vorzeichen.
Abb. 1.12.4
98
Drehimpulsvektor
L erscheint zur Beschreibung des Drehimpulses nicht ausreichend. Es wird eine
Angabe über die Lage der Geraden (Drehachse) vermisst, um die sich der Vektor r
dreht. Diese Gerade (Achse) steht senkrecht zu der durch r und p aufgespannten
Ebene. Zur Beschreibung von L und der Achsenlage definieren wir einen
Drehimpulsvektor L mit folgenden Eigenschaften (siehe Abb. 1.12.5).
|L| = |L| . L steht senkrecht auf der durch r und p
aufgespannten Ebene. Bei einer Linksdrehung ist L
auf den Betrachter gerichtet.
Eine Methode zur Bestimmung von L kann sofort
angegeben werden. L gleicht dem Kreuzprodukt
r x p (siehe Kapitel 1.10.3).
L= rx p
Von nun an verstehen wir unter dem Drehimpuls
nur noch den hier angegebenen Vektor L.
Abb. 1.12.5
Für die Vektoren L gilt der oben angegebene Drehimpulssatz.
Beweis:
Wir denken uns ein abgeschlossenes System mit Teilchen der Impulse p1, p2, p3, p4
....... und den Ortsvektoren r1, r2, r3, r4........ in Bezug auf einen Drehpunkt D.
Zum Beweis von „r1 x p1 + r2 x p2 +r3 x p3 +r4 x p4 +... = konstanter Vektor Lg“
muss nachgewiesen werden, dass d Lg / dt gleich 0 ist.
d Lg / dt = d( r1 x p1 + r2 x p2 +r3 x p3 +r4 x p4 +...)/ dt
d Lg / dt = (d r1 /dt x p1 + r1 x dp1/dt) + (d r2 /dt x p2 + r2 x dp2 /dt) + (d r3 /dt x p3 +
r3 x dp3/dt ) + (d r4 / dt x p4 + r4 x dp4/dt ) +...
Produktregel der Differentialrechnung !
d Lg / dt = (v1 x p1 + r1 x dp1/dt) + (v2 x p2 + r2 x dp2 /dt) + (v3 x p3 + r3 x dp3/dt ) +
(v4 x p4 + r4 x dp4/dt ) +...
Die Kreuzprodukte v x p sind Nullvektoren, weil v und p = m·v gleiche Richtungen
haben.
d Lg / dt = (r1 x dp1/dt) + ( r2 x dp2 /dt) + ( r3 x dp3/dt ) + ( r4 x dp4/dt ) +...
dp1/dt, dp2 /dt, dp3/dt, dp4/dt .. sind die auf die Teilchen 1, 2, 3, 4.. wirkenden Kräfte
F1 , F2 , F3 , F4 …
d Lg / dt = (r1 x F1) + ( r2 x F2) + ( r3 x F3 ) + ( r4 x F4 ) +...
d Lg / dt = 0, denn zu jeder Kraft Fi,j eines Teilchens i auf ein Teilchen j gehört eine
Gegenkraft Fj,i eines Teilchens j auf ein Teilchen i.
99
Fi,j = - Fj,i
d Lg / dt kann deshalb als Summe der Paare rj x Fi,j +ri x Fj,i = ( rj - ri ) x Fi,j
dargestellt werden.
Für Kreuzprodukte gilt auch das Distributivgesetz !
( rj - ri ) ist parallel zur Verbindungsstrecke zwischen den Teilchen i und j. Wird den
allgemeinen Erfahrungen entsprechend vorausgesetzt, dass die Kraft Fi,j parallel zur
genannten Verbindungsstrecke gerichtet ist, dann gilt für alle Paare Fi,j, Fji:
( rj - ri ) x Fi,j = 0.
1.12.2 Das Drehmoment
Nach der Entdeckung des Impulssatzes wurde d(m·v) /dt als Maß für eine
Einwirkung von außen definiert. Nun kommt auch dL/ dt als ein solches Maß in
Frage. Wir betrachten zunächst ein einziges Teilchen unter einer äußeren Einwirkung.
Für dL/dt gilt:
dL/dt = r x F; r x F = M heißt Drehmomentvektor
r ist der Verbindungsvektor vom
Drehpunkt D zum Angriffspunkt der Kraft
F. Wenn F eine Drehung verursacht, dann
zeigt M die Richtung der Drehachse an
(siehe Abb. 1.12.6).
|M| = |F| · Hebelarm H (siehe Abb. 1.12.6)
Abb. 1.12.6
Der Hebelarm H ist der Abstand des Drehpunkts vom Kraftpfeil oder dessen
Verlängerung. |F| · H = |M| steht für den Flächeninhalt des von r und F
aufgespannten Parallelogramms.
Liegt ein System S aus vielen Massepunkten 1, 2, 3….vor, z.B. eine rotierende
Scheibe, dann nennt man die Summe der zu den Massepunkten gehörenden
Drehimpulse den Gesamtdrehimpuls L
des Systems.
L = L1 + L2 + L3 + ……
Behauptung:
Die Summe der auf das System
wirkenden Drehmomente
ra x Fa + rb x Fb + rc x Fc ….. ist gleich
dL/dt (siehe Abb. 1.12.7).
100
Abb. 1.12.7
Beweis:
Ein abgeschlossenes System bestehe aus den Teilen K 1 bis K20 mit dem
Gesamtdrehimpuls L und drei weiteren voneinander unabhängigen Teilen Ka, Kb und
Kc, die mit den Kräften Fa , Fb und Fc auf K1 bis K20 einwirken. Auf Ka, Kb und Kc
wirken die Kräfte -Fa ,-Fb , -Fc . Das gesamte System hat den konstanten Drehimpuls
Lg.
dLg /dt = ( r1 x F1 + r2 x F2 + r3 x F3 ….. ) + ra x (-Fa) + rb x (-Fb)+ rc x (-Fc) = 0
dLg /dt = dL/dt + ra x (-Fa) + rb x (-Fb)+ rc x (-Fc) = 0
↓
dL/dt =
ra x Fa + rb x Fb + rc x Fc = M (Gesamtdrehmoment)
1.12.3 Winkelbeschleunigung und Drehmoment
Aufgabe:
Ein m = 500 g schwerer Zylinder (R = 4 cm) kann
sich reibungsfrei um eine waagrechte Achse drehen
(siehe Abb. 1.12.8). Um diesen Zylinder ist ein 2 m
langer Faden gewunden, der mit der Kraft 1 N vom
Zylinder abgezogen wird.
Wir ändert sich die Winkelgeschwindigkeit
unter der Einwirkung der Kraft F ?
Nach welcher Zeit ist der 2m lange Faden
abgespult ?
Abb. 1.12.8
Berechnung des Drehimpulses
Die in Achsenrichtung weisende Drehimpulskomponente LA des Zylinderdrehimpulses ändert sich unter dem parallel zur Achse wirkenden Drehmoment der
Kraft F. Zur Beantwortung der gestellten Fragen muss deshalb LA als Funktion der
Winkelgeschwindigkeit ω dargestellt werden.
Hier ist ω fett gedruckt, womit darauf hingewiesen wird, dass ein Vektor gemeint ist.
Unter dem Vektor ω der Winkelgeschwindigkeit verstehen wir einen Vektor
parallel zur Drehachse, dessen Betrag mit der bekannten Winkelgeschwindigkeit
ω übereinstimmt. Die Richtung von ω ist so festgelegt, dass ein Beobachter eine
Linksdrehung wahrnimmt, wenn ω auf ihn zeigt.
Zunächst suchen wir eine solche Beziehung für einen einzigen Massepunkt P i des
Zylinders, der sich im Abstand ri von der Achse befindet. Seinen Drehimpuls Li in
Bezug auf einen Achsenpunkt B erhalten wir nach:
101
Li = rBi x mi ·vi = (rB + ri) x mi ·vi = rB x mi ·vi + ri x mi ·vi
rBi ist der von dem Punkt B ausgehende Ortsvektor von P i. rB zeigt von B zu dem
Achsenpunkt, um den Pi kreist. rB x mi ·vi bildet mit der Drehachse einen rechten
Winkel. ri x mi ·vi = LAi ist die Komponente des Drehimpulses Li in Achsenrichtung.
|LAi| = ri · mi ·vi , vi = ω · ri → |LAi| = ω · mi · ri2 → LAi = ω · mi · ri2
Der Drehimpulskomponente LA des Zylinders ist gleich der Summe aller LAi.
Da sich die zur Achse senkrecht stehenden Komponenten der verschiedenen Li aus
Symmetriegründen gegenseitig aufheben ist LA der Gesamtdrehimpuls L des
Zylinders.
LA = ω ·(m1C r12 + m2· r22 + m3· r32 ..)
Die Summe m1· r12 + m2· r22 + m3· r32 .. ist als Trägheitsmoment J bekannt.
LA = ω · J;
JZylinder der Masse m = ½· m · R2
↓
LA = ω · ½ · m · R2
Für die Änderung von LA ist das Moment MA = rF x F maßgebend. MA ist die zur
Achse A parallele Komponente des Drehmoments M . rF ( |rF| = R ) ist ein senkrecht
zur Rotationsachse stehender Ortsvektor von einem Achsenpunkt zum Angriffspunkt
der Kraft (siehe Abb. 1. 12.8 ).
|MA| = R· F → R· F = dLA /dt = J · dω/dt ;
ω = | ω|; LA = |LA| !
dω/dt = aα heißt Winkelbeschleunigung.
ω=v/R
→ dω/dt = (dv/dt)/ R = a/ R ;
v = |v|, a = |a|
a beschreibt sowohl die Beschleunigung des Zylindermantels als auch die des Fadens.
Wie bewegt sich der Faden ?
R· F = J · dω/dt = J · a/R
→
a = F · R2 / J
Der Faden bewegt sich nach s = ½·a· t2.
s = ½ ·(F · R2 / J) · t2
t2 = s · m / F
→
→
t2 = 2· s · J / (F · R2 );
t2 = 2 m · ½ kg / 1 N = 1 s2
J = ½· m · R2
→ t=1s
Die hier gestellte Aufgabe kann auch mit Hilfe des Energiesatzes gelöst werden. Die
kinetische Energie des Zylinders J·ω2/2 nach dem Abspulen des Fadens ist gleich der
am Faden verrichteten Arbeit s·F.
s·F = J·ω2/2 ; ω = v / R
→
s·F = J· [v2 / R2]/2
v = 2·(s/t); v = 2· mittlere Geschwindigkeit !
s·F = J· 4· [(s/t)2 / R2] /2 →
t2 = 2·J·s /(R2 · F); J = ½· m · R2 → t2 = s · m / F
102
Es fällt auf, dass man den Gesetzen der Punktmechanik (Schwerpunktmechanik) zur
Drehbewegungen passende Gesetze zuordnen kann, indem man v durch ω, m durch
J, m·v durch L und F durch M ersetzt.
s = |v|· t
→
α = |ω| · t
p = m·v
→
L= J ·ω
F = m· dv/dt
→
M = J ·dω/dt
E = m·v2 /2
→
E = J· ω2 / 2
L = J · ω ist nicht allgemein gültig, denn L kann eine
andere Richtung haben als ω. Haben L und ω gleiche
Richtungen, dann nennt man die Rotationsachse eine
Hauptträgheitsachse.
Es gibt zu jedem Körper
mindestens drei derartige durch den Schwerpunkt
laufende
Hauptträgheitsachsen,
die
senkrecht
zueinander stehen (siehe Abb. 1.12.9).
Abb. 1.12.9
Drehmomente bei einer Richtungsänderung des Vektors L
Nach L = J·ω ändert sich der Drehimpuls auch dann, wenn ω eine andere Richtung
annimmt. Auch in diesem Fall ist mit einem Drehmoment zu rechnen. Zum Nachweis
eines solchen Drehmoments dient das in der Abb. 1.12.10 sichtbare Instrument, es ist
unter dem Namen „Pendelkreisel“ erhältlich.
Am unteren Ende eines schwingenden Pendels (variable
Winkelgeschwindigkeit des Pendels = ω’) rotiert ein 420 g
schwerer Zylinder mit der Winkelgeschwindigkeit ω um die
Achse eines Elektromotors. Wenn man den Halter des Pendels
nicht fest in die Hand nimmt, dann weicht das Pendel quer zur
Schwingungsebene aus (weißer Pfeil) und dreht hierbei den
Haltegriff. Ein Drehmoment M ( im Sinne einer Drehung gegen
den weißen Pfeil) ist erforderlich, wenn die Rotationsachse des
Zylinders in der Schwingungsebene bleiben soll.
Abb. 1.12.10
103
In Abb. 1.12.11 ist der dem Betrage
nach konstante Drehimpuls J·ω in
Achsenrichtung des Zylinders vor und
nach einer kleinen Zeit Δt durch
L1 = J·ω1 und L2 = J·ω2 dargestellt.
| J·ω1 | = | J·ω2 | = J · ω
|ω| = ω
|ΔL| / (J · ω) = α (Bogenmaß)
α = ω’ · Δt
↓
|ΔL| = ω’ · Δt · J·ω
↓
|M| = M = |ΔL| / Δt
|M| = ω’ · Δt · ω·J / Δt
= ω’ · ω ·J
Abb. 1. 12.11
Schwingt das Pendel auf einen links stehenden Beobachter zu, dann ist aus dessen
Sicht zur Vermeidung einer Rechtsdrehung ein Drehmoment M (M = |M| ) im Sinne
einer Linksdrehung erforderlich. Nach dem Wechselwirkungsgesetz übt das Pendel
auf die haltende Hand ein gleich großes Gegenmoment M’ (M’ = |M’| ) aus.
M = ω’ · ω ·J wurde schon im Kapitel 1.11.3.2 mit Hilfe der Corioliskraft
hergeleitet.
Zur Messung des Gegenmoments M’ lässt man
das Pendel genau über der Achse der Wippe
schwingen. Während der Schwingung wird ein
Diagramm gezeichnet, welches dem einer
Schwingung ähnelt. Es zeigt eine Drehung der
Wippe an, die von der zur Achse parallelen
Komponente des Vektors Mʼ verursacht wird.
Beim Schwingen durch die Ruhelage erfährt die
Wippe ihren maximalen Ausschlag. Mʼ ist in
diesem Fall parallel zur Drehachse der Wippe,
gleicht deshalb dem Drehmoment der
Rückstellfeder und kann anhand der am
Diagramm ablesbaren Drehung der Wippe
bestimmt werden.
Abb. 1. 12.12
Zur Messung ist Folgendes anzumerken:
Das durch die Rückstellfeder aufgebrachte Drehmoment ist nicht das gesamte auf die
Wippe wirkende Moment.
104
Zur Begründung ist Folgendes zu sagen:
Der Drehimpuls eines Körpers K in Bezug auf irgendeinen Raumpunkt D ist gleich
der Summe aus dem Drehimpuls LP in Bezug auf den Schwerpunkt und dem
Drehimpuls LS des Schwerpunkts.
Lg = LS + LP
Der Zylinder dreht sich nicht nur um die Motorachse, sondern infolge der
Pendelbewegung auch noch um eine zur Schwingungsebene senkrechte
Hauptträgheitsachse A2 (siehe Abb. 1.12.11). Infolgedessen ist LP eine Summe aus
ω ·J und einem durch ω’ bedingten Anteil L’.
Lg = LS + (ω ·J + L’ )
Wir betrachten die Glasplatte der Wippe mit dem Pendelkreisel als ein System S.
Der Bezugspunkt D des Drehimpulses liege auf der Drehachse der Wippe. In diesem
Fall hat L’ + LS keinen Einfluss auf die Drehung der Wippe, weil L’ + LS mit der
Wippenachse einen rechten Winkel bildet. Dies gilt auch für die Änderung dieser
Summe und des daraus resultierenden Moments. d(J·ω)/dt ist für die Drehung der
Wippe maßgebend. Die zur Wippenachse parallele Komponente von d(J·ω)/dt wird
von der Rückstellfeder aufgebracht. Beim Durchschwingen der Ruhelage stimmt
diese mit d(J·ω)/dt überein.
Abb. 1.12.13
Auch das Drehmoment des Elektromotors beim
Beschleunigen des Zylinders kann mit der
Experimentierwippe gemessen werden. Der
Pendelkreisel wird so an der Wippe befestigt, dass
die Zylinderachse zur Drehachse der Wippe
parallel ist (siehe Abb. 1.12.13). Das
Gegendrehmoment des Zylinders dreht die Wippe
geringfügig. Anhand dieser Drehung kann dieses
Moment bestimmt werden. Mit der hier sichtbaren
Anordnung wurden ca. 5·10-3 N·m gemessen.
Drehmoment und Gegendrehmoment
Mit dem Pendelkreisel kann sehr schön gezeigt werden, dass jedem
Drehmoment ein dem Betrage nach gleiches Drehmoment
entgegenwirkt. In der Abb. 1.12.14 sehen wir den Pendelkreisel an
einem Faden hängen. Beginnt die Drehung des Zylinders, dann
dreht sich der obere Teil des Pendels mit entgegengesetztem
Drehsinn.
Dieses Experiment kann
Drehimpulssatzes dienen.
Abb. 1.12.14
105
auch
zur
Demonstration
des
1.12.4 Drehschwingungen
Die Experimentierwippe schwingt nach einem Stoß mit abnehmender Amplitude.
Diese Schwingungen lassen sich auch bei sonstigen Experimenten mit der Wippe
nicht vermeiden, wobei sie meistens als störend wahrgenommen werden.
Eine Wippe, die zur Registrierung von Vorgängen eingesetzt wird, welche in wenigen
Sekunden ablaufen, sollte keine Schwingungsfrequenz < 10 Hz haben. Bei der
Planung der Wippe ging es deshalb um die Frage:
Wie muss die Wippe beschaffen sein, damit die Schwingungsfrequenz ca. 10 Hz
beträgt ?
Wovon ist diese Frequenz abhängig ?
Die Frequenz wird vermutlich vom Trägheitsmoment J der Wippe und der Steifheit
der Rückstellfeder (Blattfeder an der Schmalseite der Wippe) bestimmt. Diese
Steifheit wird durch die sogenannte Winkelrichtgröße k =M / α beschrieben. α
(Bogenmaß) ist die Drehung unter dem Drehmoment M. Voraussetzung zur
Definition von k ist M~α.
Abb. 1.12.15
Zur Bestimmung von k wird auf das Ende der waagrechten Wippe (Länge L = 0,7 m)
ein 100 g- Gewicht gesetzt (siehe Abb. 1.12.15), welches mit ca. 1 N auf das Ende
einwirkt und dieses um eine kleine Strecke d nach unten drückt.
Bei kleinem d ist α = d/(L/2), α ist der Drehwinkel im Bogenmaß.
Das zugehörende Drehmoment M beträgt 1 N ·L/2.
k = 1 N· (L/2)/ α = 1N · L2 /(4·d)
An der Experimentierwippe mit L = 0,7 m wurde unter diesen Bedingungen
d = 0,4 mm gemessen.
↓
kWippe = 306 N·m
Eine Gleichung ist erwünscht, welche die Berechnung der Frequenz bei Kenntnis von
J und k ermöglicht.
Zur Berechnung der Frequenz f eines Fadenpendels und der einer
Flüssigkeitsschwingung in einem U-Rohr wurde von der für ein Federpendel
hergeleiteten Gleichung ausgegangen.
f = [1/(2·π)]·√(D/m)
Vermutlich erhält man eine zur Wippe passende Gleichung, wenn man die Masse m
durch das Trägheitsmoment J und D = F/s durch M/ α = k ersetzt.
106
f = [1/(2·π)]·√(k/J)
Dass dies richtig ist, sieht man sofort, wenn man die zum Federpendel- und zur
Drehschwingung passenden Bewegungsgleichungen zum Vergleich hinschreibt.
Federpendel:
m· dv/dt = - D· x
x = Auslenkung aus der Ruhelage
Drehschwingung der Wippe:
J · dω/dt = - k · α
α = Drehung aus der Ruhelage
Das -Zeichen zeigt an, dass die zurücktreibende Kraft bzw. das zurücktreibende
Drehmoment der Auslenkung entgegen gerichtet ist.
Zur Ermittlung der Schwingungsfrequenz muss neben der Winkelrichtgröße k das
Trägheitsmoment J einer rechteckigen Platte (Wippe) bestimmt werden.
Wir teilen die Hälfte der Platte mit
der Länge L und der Masse m in
1000 kleine Abschnitte der Masse
(m/2)/1000 = m / 2000 ein. Ein
solcher Abschnitt mit einem
mittleren Abstand r von der
Drehachse hat das Trägheitsmoment m·r2/2000.
Abb. 1.12.16
JH der halben Platte ist die Summe aller m · r2 /2000.
Die mittleren Abstände dieser Abschnitte von der Achse sind
0,5·(L/2) /1000 = 0,5·L/2000, 1,5· L/2000, 2,5· L/2000 usw..
JH = m·(1/2000)·[(0,5·L/2000)2 + (1,5·L/2000)2 + (2,5· L/2000)2……….]
JH = m ·L2 · (1/2000) · [ (0,5/2000)2 + (1,5/2000)2 + (2,5/2000)2 ……….]
JH = m ·L2/8 · (1/1000) · [ (0,5/1000)2 + (1,5/1000)2 + (2,5/1000)2 …….]
Die Berechnung von (1/1000) · [ (0,5/1000)2 + (1,5/1000)2 ……….] geschieht mit
dem Open-Office-Tabellenkalkulationsprogamm ( www.g-hoehne.de/T/T13.ods ).
Das Ergebnis ist 0,333333.. = 1/3.
↓
JH = m ·L2/24
Das Trägheitsmoment J der gesamten Platte ist demnach J = m ·L2/12.
mWippe = 1,8 kg; LWippe = 0,7 m →
JWippe = 0,0735 kg ·m2
Schwingungsfrequenz f der Wippe ≈ 10 Hz
107
1.12.5 Über das Schaukeln
Ganz alltägliche Erscheinungen werden selten hinterfragt. Ein typisches Beispiel
hierfür ist die Schaukelbewegung eines Kindes.
Warum ist diese Bewegung möglich ?
Nicht eine Gewichtsverlagerung macht das Schaukeln möglich, wie so oft vermutet
wird, sondern Drehimpulsänderungen des Körpers in Bezug auf den
Körperschwerpunkt. Es genügt, wenn man den eigenen Körper um seinen eigenen
Schwerpunkt hin und her dreht, wobei rechts von der Drehachse A die Arme
gebeugt und links davon gestreckt werden (siehe Abb. 1.12.17). Die Beine müssen
hierbei nicht ausgestreckt und wieder eingezogen werden.
In der Abb. 1.12.17 ist eine Schaukel zu sehen.
Zwei Stangen St, die an einer Achse A pendeln,
halten eine Person P, die sich auf ihrem Sitz um den
eigenen Schwerpunkt dreht.
Wie ist es möglich, dass P sich selbst mit Hilfe
der
Stangen
in
Bewegungsrichtung
beschleunigen kann ?
Die beschleunigende Kraft kann doch nicht aus
dem System (Stangen-Körper) kommen, sie muss
von außen wirken.
Wie kommt es zu einer nach vorne gerichteten
Abb. 1.12.17
Kraft, wenn P an den Stangen zieht ?
Die Kräfte der schaukelnde Person auf die Stangen St müssen sich gegenseitig
aufheben, da andernfalls der Schwerpunkt dieser Stangen mehr und mehr von dem
Schwerpunkt der Person abweichen müsste. Neben der Zugkraft FZ der Arme muss
noch eine zweite weniger auffällige Kraft FS existieren, die P über seinen Sitz auf
die Stangen ausübt.
FZ = - FS
Die Kräfte heben sich auf, nicht aber die zugehörenden Drehmomente. Wenn die
schaukelnde Person an den Stangen zieht, dann übt sie in Bezug auf die Achse A mit
der Kraft FS ein größeres Drehmoment aus als mit der Kraft FZ . Somit hat man ein
Drehmoment im Sinne einer Linksdrehung.
Unter dem Kräftepaar (FZ, FS) werden die Stangen St mit einer Kraft FA gegen die
Drehachse A gedrückt. F, die Gegenkraft zu FA, wirkt von außen; es ist die eigentliche
Ursache für die Verstärkung der Schwingungsbewegung. Man kann sagen, P stößt
sich während der Vorwärtsbewegung mittels der Stangen St von der Achse A ab.
Es wurde anfangs darauf hingewiesen, dass die Arme rechts von der Drehachse
gebeugt und links von ihr gestreckt werden. Dass sie rechts von der Achse
durchgehend gebeugt werden, auch wenn eine Rechtsdrehung beginnt, verwundert
zunächst, denn es bleibt meistens unbemerkt, dass P beim Zurückschwingen seine
108
Eigendrehung um den Körperschwerpunkt abbremst, auf die Stangen St drückt und
auf diese Weise mit FS ein die Rechtsdrehung begünstigendes Drehmoment ausübt.
Wie verhält es sich auf der linken Seite der Drehachse ?
Bei einer Bewegung nach links sind die Arme unter der Achse am stärksten gebeugt.
P beginnt unter A mit der Streckung der Arme, drückt kräftig gegen die Stangen St
und übt auf diese Weise mit FS ein insgesamt nach rechts drehendes Moment aus.
Hat er die größte Schwingungsweite erreicht, dann bremst er bei weiterer Streckung
der Arme seine Drehung ab, womit die beginnende Linksdrehung unterstützt wird.
1.12.6 Kreisel und Kreiselkompass
1. Der Kreisel
Ein Kreisel ist ein starrer Körper, der für eine Drehbewegung
vorgesehen ist, bei der einer seiner Punkte an einem
bestimmten Ort bleibt (siehe Abb. 1.12.18). In der
nebenstehenden Abbildung ist ein solcher Kreisel zu sehen.
Er wurde in einer Schräglage in eine schnelle Drehung
versetzt. Das obere Ende seiner lose auf einem Täger
sitzenden Rotationsachse bewegt sich auf einem Kreis.
Präzession der Kreiselachse heißt diese Bewegung
(„praecedere“ (lat.) = das Vorangehen).
Abb. 1.12.18
Zur Erklärung dieser Erscheinung dient die Abb. 1.12.19.
Ein zylindrischer Kreisel hat den Drehimpuls L, der während eines kleinen
Zeitabschnitts Δt um ΔL geändert wird.
ΔL/Δt wird von dem
nach unten
wirkenden Drehmoment der Gewichtskraft mit dem Betrag m·g·r verursacht.
Als Bezugspunkt für Drehimpulse und
Drehmomente ist der Drehpunkt P gewählt.
Der Kreisel wirkt mit einem dem Betrage
nach gleich großen Gegenmoment der
Gewichtskraft entgegen und hält somit
seinen Schwerpunkt auf der angedeuteten
Kreisbahn (Radius r). Die Umlauffrequenz
des Kreiselschwerpunkts heißt Präzessionsfrequenz f. ω’ ist
die
zugehörige
Kreisfrequenz.
Abb. 1. 12.19
Mit Blick auf die Abb. 1.12.19 findet man sehr schnell zu einer Gleichung für
ω’. Die Geschwindigkeit |ΔL|/ Δt, mit der sich die Vektorspitze von L bewegt (L liegt
auf der Figurenachse), verhält sich zur Geschwindigkeit ω’ · r des Schwerpunkts S so
wie |L| zu d (Strahlensatz).
109
(|ΔL|/ Δt)/ (ω’· r) = |L|/ d →
|ΔL|/ Δt = |L| · ω’ · r/ d
|ΔL|/ Δt ist gleich m· g · r
Die bei P angreifende Zentripetalkraft FZ ist ohne Bedeutung, denn FZ hat kein
Drehmoment in Bezug auf P.
m· g · r = |L| · ω’ · r/ d
→ m· g · d = |L|· ω’; |L| = J · ω
ω ist die Winkelgeschwindigkeit des Zylinders um die präzedierende Achse.
↓
ω’ = m· g · d / (ω ·J) → f = ω’ /(2· π) = m· g · d / (ω ·J· 2 · π)
↓
f nimmt mit abnehmendem ω zu.
Wichtige Anmerkung: Das hier gewonnene Ergebnis ist nur annähernd richtig. Es
beschreibt den Sachverhalt nur dann zufriedenstellend, wenn ω’ sehr klein gegenüber
ω ist, denn mit der Drehung der Figurenachse hat man einen zusätzlichen Drehimpuls
Lʼ , der dem Schwerpunkt des Rotationskörpers zuzuordnen ist (siehe Abb. 1.
12.20). Die waagrechte Komponente von Lʼ dreht sich mit ω’, erfährt demzufolge
eine Änderung, der ein Teil des Drehmoments mit dem Betrag m· g · r zugeordnet
werden muss. Bei waagrechter Lage der Figurenachse (siehe Abb. 1. 12.21) ist Lʼ
ein konstanter, senkrecht nach oben gerichteter Vektor. Nur in diesem Fall ist das
obige
Ergebnis fehlerfrei. In Abb.1.12.20
ist ein Kreisel mit waagrechter
Rotationsachse zu sehen. Es
handelt sich um den schon
mehrfach erwähnten Pendelkreisel.
Hier ist dieses Gerät an einem
durch
seinen
Schwerpunkt
geführten, waagrechten Rundstab
aufgehängt. Die tragenden Fäden
laufen nach oben hin zusammen.
Abb. 1.12.20
Abb. 1.12.21
Wird im Abstand d vom SchwerPunkt ein Gewicht mit der Masse m angehängt, dann dreht sich der Kreisel um eine
senkrechte Achse mit
ω’ = m· g · d / (ω ·J) .
Mit der Versuchsanordnung der Abb. 1. 12.21 können noch 2 andere interessante
Phänomene gezeigt werden:
1. Die Nutation
Hierunter versteht man die Kreiselbewegung, die durch einen Stoß veranlasst wird.
Erteilt man dem Kreisel einen Stoß so, wie dies in der Abb. 1.12.21 durch einen
Pfeil angedeutet ist, dann erhält der Zylinder zu dem vorhandenen Drehimpuls LZ
einen Zusatzimpuls LS (siehe Abb. 1.12.22).
110
Wirkt kein Drehmoment am
Kreisel, dann bleibt der neu
gewonnene Drehimpuls L
(Impulssumme L = LZ + LS)
konstant. Um ihn kreist nun
die
zu
LZ
parallele
Figurenachse, wobei sie
einen
Kegelmantel
(Nutationskegel) beschreibt.
Abb. 1.12. 22
2. Stabilisierung der Achsenrichtung
Schwenkt man das Pendel ohne angehängtes Gewicht mit den Haltefäden hin und
her, dann behält die Rotationsachse ihre Richtung. Hiermit wird deutlich, wie durch
den Drehimpuls eine Richtung stabilisiert wird. So wird verständlich, dass ein
rollendes Rad weniger zum Umfallen neigt als ein stehendes.
2. Der Kreiselkompass
Abb. 1.12.23
Abb. 1.12. 24
Abb. 1.12.25
In Abb. 1.12.23 und 1.12.24 ist der Pendelkreisel auf einer rotierenden Scheibe S zu
sehen. Der durch seinen Schwerpunkt geführte Rundstab R ist in S drehbar gelagert.
Während der Scheibenrotation dreht sich der Pendelkreisel um R, bis seine
Rotationsachse parallel zur Scheibenachse verläuft.
Zur Erklärung dieses Verhaltens dient die Abb. 1.12.25. Wir setzen voraus, dass der
Pendelkreisel an einer Drehung um R gehindert wird. In diesem Fall erfährt er die
Drehimpulsänderung ΔL, die durch ein Drehmoment verursacht wird, welches den
Pendelkreises an einer Drehung nach vorne hindert. Ohne Behinderung erfolgt
demnach diese Drehung.
Der Pendelkreisel auf der rotierenden Scheibe ist mit einem Kreiselkompass auf der
rotierenden Erde vergleichbar. Kernstück des Kreiselkompasses ist ein um eine
waagrechte Achse rotierender Zylinder. Die waagrechte Achse kann sich um eine
senkrechte Achse drehen. Ist die waagrechte Achse zunächst von Osten nach Westen
gerichtet, dann dreht sie sich während der Drehung der Erde in eine Meridianebene.
111
1.13 Wellen
1.13.1 Quer- und Längswellen, Wellengeschwindigkeit
Seilwelle
Abb. 1.13.1
In Abb. 1.13.1 ist ein Seil zu sehen, welches zwischen den Punkten A und B
aufgespannt ist. Wird auf das eine Ende dieses Seils geschlagen, dann bildet sich eine
Verformung aus, die sich selbständig zum anderen Ende hin mit einer
Geschwindigkeit v ausbreitet. Was sich hier mit v bewegt, ist kein Teil des Seiles,
sondern eine Zustandsänderung des Seils. Eine sich ausbreitende Zustandsänderung
wird Welle genannt. In dem hier beschriebenen Fall spricht man von einer Seilwelle.
Die Berechnung der Geschwindigkeit, mit der sich diese Seilwelle ausbreitet
erscheint zunächst sehr schwierig.
Wie soll F= m·a angewandt werden ?
Eine Änderung in der Betrachtungsweise bringt bekanntlich oft völlig
unerwartete Einsichten. Dies ist auch
hier der Fall. Man muss mit den
Augen eines Beobachters schauen,
der die Verformung (Wellenberg) mit
der
Wellengeschwindigkeit
v
begleitet. Er sieht das Seil unter
Abb. 1.13.2
dem Einfluss von Zentralkräften FZ mit v durch einen Bogen fließen (Abb. 1.13.2).
Abb. 1.13.3
Wir betrachten ein Bogenstück s aus dieser Seilwelle zwischen den Punkten S und T
mit der Masse m (Abb. 1.13.3). Die Zentripetalkraft Fz = m·v2 /r auf dieses
Bogenstück ist die Resultierende der bei S und T angreifenden Fadenzugkräfte F 1 und
F2 mit übereinstimmenden Beträgen F. r ist der sogenannte Krümmungsradius von s.
Hierunter verstehen wir den Radius des Kreises, der dem Bogenstück s angepasst
werden kann.
112
Fz/2 = F· sin(α / 2) →
Fz = 2·F· sin(α /2) →
m·v2/r = 2·F· sin(α /2)
m/s = σ (σ = längenbezogene Dichte) →
s = α·r (α = Winkel im Bogenmaß)
→
m = s·σ
m = α ·r ·σ
Setzt man α ·r ·σ für m in 2·F· sin(α /2) = m·v2 /r ein, dann gelangt man zu:
2·F· sin(α /2) = α·r·σ·v2/r → 2·F· sin(α /2) = α·σ·v2
Bei kleinen Winkeln α kann geschrieben werden: sin(α /2) = α /2
2·F· sin(α /2) = α·σ·v2
→
2·F· α /2 = α·σ·v2 → F = σ ·v2 →
v = √(F/ σ)
Messung der Wellengeschwindgkeit
Ein dünnes Seil ist zwischen einem Scharnier
Sa an der Experimentierwippe und einer um
s = 5 m entfernten Rolle aufgespannt (siehe
Abb. 1.12.4). Das angehängte Gewicht sorgt
für eine bestimmte Zugkraft F.
Abb. 1.13.4
Mit einem kurzen Schlag auf das Seil entsteht eine Welle, die zwischen R und Sa
mehrfach hin und her reflektiert wird. Die Erschütterung, welche die Wippe bei einer
Reflexion erfährt, wird von einem Rechner registriert. Die Zeitdifferenz t zwischen
zwei aufeinander folgenden Erschütterungen ist die Laufzeit einer Welle entlang einer
10 m langen Strecke. 2·s/t = Wellengeschwindigkeit.
Federwelle
Eine lange Schraubenfeder der Länge L und der Masse m ist unter der Zugkraft F
zwischen einer Wand und der Hand eines Schülers aufgespannt. Der Schüler zieht
plötzlich ruckartig an der Feder und erzeugt damit nahe seiner Hand einen stärker
gedehnten Bereich B. B bewegt sich als Welle anschließend mit einer
Geschwindigkeit v über die gesamte Feder (siehe Abb. 1.13.5). Er wird an den Enden
hin und her reflektiert.
Abb. 1.13.5
Wünscht man eine Gleichung für die Wellengeschwindigkeit v, dann sollte man wie
im Falle der Seilwelle zum besseren Verständnis mit den Augen eines Beobachters
schauen, der B mit v begleitet. Aus seiner Sicht wandert eine Windung nach der
anderen von links mit der Geschwindigkeit v in B hinein. Die Windungen mit der
Anfangslänge Lʼ und der Masse mʼ werden gedehnt, was zu einer Beschleunigung
ihrer Schwerpunkte führt. Schließlich nimmt die Dehnung der Windungen wieder ab.
113
Die Schwerpunkte werden auf die Geschwindigkeit v gebremst (siehe Abb. 1.13.6).
Abb. 1.13.6
Abb. 1.13.7
Wir betrachten die ersten n Windungen im Bereich B. Wir denken uns die Windungen
in B von links nach rechts nummeriert. Die Nummer 1 ist gerade in B eingetreten.
Auf die n Windungen wirkt insgesamt die Kraft Fn - F = mʼ·an +mʼ·an-1 + …..+mʼ·a2
+ mʼ·a1 ) = mʼ·(an +an-1 + …..+a2 + a1 ). F und Fn sind die Zugkräfte an der 1. und n.
Windung.
Die Zugkraft auf die n. Windung ist in B um F n – F = mʼ·(an + an-1 + …..+ a2 + a1 )
größer geworden. Nach dem Federgesetz hat diese Windung somit in B eine Dehnung
um ΔLʼ= (Fn – F)/Dʼ = mʼ·(an + an-1 + …..+ a2 + a1 )/Dʼ erfahren. Dʼ ist die
Federkonstante einer Windung.
Wenn B in der Zeit Δt eine weitere Windung erfasst, dann rückt die n-1. Windung an
die Stelle der n.Windung und verschiebt diese um Lʼ + ΔLʼ. Die zuvor n. Windung
hat dann die Geschwindigkeit (Lʼ + ΔLʼ)/Δt = v+ΔLʼ/Δt. Somit wurde seine
Geschwindigkeit in B um ΔLʼ/Δt = [mʼ·(an +an-1 + …..+a2 + a1 )/Dʼ]/ Δt vergrößert.
Diese Geschwindigkeitsänderung kann auch auf andere Art berechnet werden:
Die n. Windung hat als 1., 2. , 3. , ...n. Windung die Geschwindigkeitszuwächse
a1· Δt, a2· Δt, a3· Δt, usw. erfahren.
ΔLʼ/Δt = a1· Δt + a2· Δt + a3· Δt +...........+ an· Δt = Δt·(an +an-1 + …..+a2 + a1 )
↓
mʼ·[(an +an-1 + …..+a2 + a1 )/Dʼ] /Δt = Δt·(an +an-1 + …..+a2 + a1 )
↓
mʼ/Dʼ = Δt2
→ v = Lʼ/ Δt = Lʼ · √(Dʼ/mʼ)
Dʼ und mʼ können anhand der Masse m und der Federkonstanten D der gesamten
Feder berechnet werden. j sei die Zahl der Federwindungen.
m = j·mʼ → mʼ = m / j
Ist eine Windung um ΔLʼ gedehnt, dann ist die gesamte Feder bei gleichmäßiger
Dehnung um j · ΔLʼ verlängert. Die Kraft einer Windung gleich der Kraft der
gesamten Feder.
D·j·ΔLʼ = Dʼ·ΔLʼ → Dʼ = j·D
↓
v = Lʼ·√[D·j / (m / j)] = Lʼ·√(D·j / m) = j·Lʼ· √(D / m); j·Lʼ ist die Federlänge L
↓
2
v = L· √(D / m)
114
Die Welle als Kraftfeld
Einen Wellenträger können wir gedanklich in viele Abschnitte gleicher Masse
einteilen und jedem dieser Abschnitte eine beschleunigende Kraft F zuordnen. Nach
der Richtung von F unterscheidet man Längs- und Querwellen. Ist F wie bei der
Federwelle parallel zur Ausbreitungsrichtung, dann spricht man von einer
Längswelle (Longitudinalwelle) , andernfalls, z.B. im Fall der Seilwelle, von einer
Querwelle (Transversalwelle). Die Kräfte F bilden ein Kraftfeld.
1.13.2 Die periodische, fortschreitende Welle
Wird ein Ende eines gespannten Seils
periodisch auf und ab bewegt, dann
entsteht eine Welle aus periodisch
wiederkehrenden gleichen Abschnitten der
Länge λ (siehe Abb. 1. 13.8). λ wird
Wellenlänge genannt. Der Wellenzug regt
jeden Punkt P, den er erfasst, zu
Schwingungen (periodisch wechselnden
Zustandsänderungen) an.
Abb. 1.13.8
P habe zu einem Zeitpunkt t seine maximale Auslenkung nach oben erreicht. Rückt
die Welle danach um Δs = λ/4 nach rechts, dann nimmt P seine Mittellage ein und
nach einer weiteren Wellenverschiebung um Δs = λ/4 hat P seine tiefste Lage. Ist die
Welle insgesamt um λ voran gekommen, dann hat P wieder sein größte Auslenkung
nach oben.
Die Schwingungsfrequenz f, die Schwingungszeit T und die Amplitude A der Punkte
P sind Kenngrößen der Welle. Breitet sich eine Welle um λ aus, dann verursacht sie
eine volle Schwingung von P. Daher gilt für die Wellengeschwindigkeit v:
v = λ/T ( T = Schwingungszeit); 1/T = f ( Frequenz) →
v=λ·f
1.13.3 Die stehende Welle (Interferenz)
Wir stellen uns ein gespanntes Seil vor, dessen beide Enden periodisch mit gleicher
Frequenz f auf und ab bewegt werden.
Es bildet sich hierbei eine als stehende
Welle bekannte Schwingungsform aus,
die durch Stellen der Ruhe ( Knoten )
und Stellen maximaler Bewegung
(Bäuche ) ausgezeichnet ist ( siehe
Abb. 1.13.9 ).
Abb. 1.13.9
Setzt man voraus, dass es sich bei gemeinsamer Wirkung mehrerer Wellen so verhält,
als ob sich die den Wellen zugeordneten Kraftfelder gegenseitig durchdringen und
115
hierbei mit der Summe ihrer Kräfte wirken, dann ist dieses Phänomen leicht
erklärbar. Die Zustandsänderung an einem bestimmten Ort in einer stehenden Welle
erhält man demnach, indem man die Wirkung einer nach links laufenden Welle
(Kraftfeld) zu der einer von links kommenden Welle addiert.
Dieser als Interferenz (Überlagerung von Kraftfeldern) bekannte Sachverhalt wird
durch Abb. 1. 13.10 veranschaulicht. Deutlich sind die Stellen (Knoten) zu erkennen,
an denen sich die hin- und her laufenden Wellen in ihrer Wirkung aufheben.
Der Abstand zweier
benachbarter Knoten
beträgt eine halbe
Wellenlänge λ /2 .
Abb. 1.13.10
Eigenschwingungen von Wellenträgern
Zwischen zwei Punkten A und B sei ein Seil der Länge L aufgespannt. Wird das
Endstück bei A periodisch auf und ab bewegt, dann entsteht eine stehende Welle, die
man als Ergebnis einer Interferenz zweier einander entgegenlaufender Wellen
(Kraftfelder) W1 und W2 auffassen kann. W1 geht vom Wellenerreger bei A aus, W2
entsteht durch Reflexion von W1 am Ende
B. Bei bestimmten
Schwingungsfrequenzen wird W2 bei A so reflektiert, dass sie der bei A erzeugten
Welle zugerechnet werden kann. Unter diesen Bedingungen bleibt die stehende
Welle auch dann noch erhalten, wenn man das Seil nicht mehr bewegt. Man spricht
in diesem Fall von einer Eigenschwingung. Die Knoten an den Enden des Seils
zeigen an, dass die Kraft einer Welle bei Reflexion am festen Seilende eine
Phasenumkehr erfährt. Aus + F wird -F. Nach zweimaliger Reflexion an den beiden
festen Seilenden wirkt sich diese Phasenumkehr nicht aus. Deshalb ist die Bedingung
für eine Eigenschwingung erfüllt, wenn der Weg einer Welle von A nach B und
zurück (2 Reflexionen) ein Vielfaches der Wellenlänge λ ist.
2·L = n· λ (n: natürliche Zahl ) → λ = 2·L/n
v=λ·f
v: Wellengeschwindigkeit; f : Frequenz der Welle
f = n·v/(2·L)
Auf einem eingespannten Seil sind demnach mehrere Eigenschwingungen möglich.
Die Schwingung mit n = 1 heißt Grundschwingung, die mit n = 2 erste
Oberschwingung usw. .
116
Nach L = n· λ /2 ist bei der Grundschwingung die gesamte Seillänge gleich der
halben Wellenlänge.
Da zwei benachbarte Knoten eine halbe Wellenlänge
voneinander entfernt sind, gibt es bei der Grundschwingung neben den Seilenden
keine weiteren Knoten. Die erste Oberschwingung hat einen dritten Knoten in der
Mitte.
Eigenschwingungen in einer Wasserwanne
Erzeugt man eine Welle in einer mit
Wasser gefüllten Wanne, dann bildet sich
eine stehende Wasserwelle aus, deren
Schwingungen
mit
Hilfe
der
Experimentierwippe registriert werden
können.
Abb. 1.13.11
Bei einer Grundschwingung ist die Länge L der Wanne gleich
λ/2. Die
Wellengeschwindigkeit v kann in diesem Fall nach v = λ·f = 2·L·f berechnet werden.
Eigenschwingungen einer Schraubenfeder
Die Länge L einer beidseitig eingespannten, schwingenden Schraubenfeder ist gleich
n·λ/2 (n = 1 oder 2 oder 3....). Für die Geschwindigkeit v einer Längswelle auf einer
Feder mit der Federkonstanten D und der Masse m wurde hergeleitet: v = L·√(D / m)
f = v/ λ; L = n·λ/2
↓
f = ( n·λ/2)· √(D / m) / λ = (n/2) ·√(D / m)
→
fGrundschwingung = (1/2) ·√(D / m)
Eigenschwingungen in einer Pfeife
Von einer schwingenden Stimmgabel geht eine Folge von Luftverdichtungen und
Luftverdünnungen aus (siehe Abb. 1. 13.12). Der Luftdruck schwankt um den
Normaldruck, wie dies durch das Diagramm in der Abb. 1. 13.12 angezeigt wird.
Abb. 1. 13.12
Zwischen zwei schwingenden Stimmgabeln gleicher Frequenz bildet sich eine
stehende Schallwelle aus. Sie ist durch Bereiche mit großen Druckschwankungen Δp
(Bäuche) und durch solche ohne Druckschwankungen ( Knoten) ausgezeichnet.
Durch einen Knoten (ohne Druckschwankungen) strömt fortwährend Luft zu einem
Wellenbauch hin oder von einem Wellenbauch fort. Eine stehende Welle in einem
Rohr bewirkt mit dieser Strömung, dass im Rohr verteiltes Korkmehl an den
Druckbäuchen angehäuft wird (siehe Abb. 1.13.13).
117
Abb. 1.13.13: Kundtscher Versuch
Eigenschwingungen in der Form stehender Schallwellen werden in einer Pfeife
erzeugt. Die Abb. 1.13.14 und 1.13.15 zeigen die Beschaffenheit einer Pfeife. Wir
sehen einen hohlen Rundstab mit einem schrägen Einschnitt. Ein kleiner einseitig
angeschliffener Zylinder ist in die runde Öffnung eingeschoben. Er verschließt diese
Öffnung bis auf einen kleinen Schlitz. Wird in diesen Schlitz geblasen, dann strömt
Abb. 1.13.14
Abb. 1.13.15
Luft gegen den Rand A des schrägen Einschnitts ( siehe Abb. 1.13.16). Es bildet sich
im Hohlraum der Pfeife eine stehende Welle. Am geschlossenen Ende B ist ein
Knoten bezüglich der Luftströmung und somit ein Bauch bezüglich der
Druckschwankung. Bei A ist ein Bauch bezüglich der hin und her schwingenden Luft
und somit ein Knoten bezüglich der Druckschwankung. Die stehende Welle in der
Pfeife kann die Länge λ/4 oder
3· λ/4 oder 5· λ/4 …. haben. Die Länge L des
Hohlraums ist somit ein ungerades Vielfaches von λ/4.
Abb. 1.13.16
Der Luftstrom gegen die Kante A wird von der Strömung in der Welle abwechselnd
nach außen und innen gelenkt (siehe Abb. 1.13.17). So erhält
er die
Eigenschwingung.
Abb. 1.13.17
Wenn nur ein einziger Druckbauch im Hohlraum der Länge L ist
(Grundschwingung), dann gilt λ/4 = L. → λ = 4 · L
118
vSchall = λ · f ( f: Frequenz des Tons) →
f = vSchall / λ = vSchall /( 4 · L)
L der oben abgebildeten Pfeife ist 9 cm.
L= 9 cm, vSchall = 330 m/s, f = 330 m/s / 0,36 m = 916 Hz
1.13.4 Interferenz von Kreiswellen
Wir stellen uns zwei Stifte vor, die regelmäßig und gleichzeitig in stehendes Wasser
eintauchen. Von den Eintauchstellen gehen zwei kreisförmige, einander überlagernde
Wasserwellen aus. Die kreisförmigen Wellenberge und Wellentäler, die von einem
Erregungszentrum ausgehen, kann man auf dem Bildschirm eines Rechners ( z.B.
mit dem Programm Mathe.-Physik) durch rote und grüne Ringe darstellen (siehe
Abb. 1. 13.18 auf der nächsten Seite).
Eine Vorstellung von der Wechselwirkung (Interferenz) zweier derartiger Kreiswellen
gewinnt man, wenn man eine Kopie K dieser Darstellung so anlegt, dass das
Zentrum der Kopie von dem des Originals etwa 12 Bildpunkte entfernt ist. So wird
ein Bild geschaffen (siehe Abb. 1. 13.19), an dem das Wesentliche der Interferenz
deutlich auffällt. Dort, wo die Farben Rot und Grün zusammentreffen, bildet sich
Schwarz. Dies entspricht der Interferenz eines Wellenberges mit einem Wellental
(Wellenberge und Wellentäler heben sich in ihrer Wirkung auf). Das
Interferenzmuster weist Streifen maximaler Erregung und solche ohne Erregung auf.
Wird zu diesem Interferenzbild noch eine weitere Kopie K so angelegt, dass die
Kreismittelpunkte (Wellenzentren) im Abstand von 12 Bildpunkten entlang einer
Geraden aufeinander folgen (siehe Abb. 1.13.20), dann ist zu erkennen, dass die
Bereiche maximaler Erregung mit zunehmender Zahl der Wellenzentren, die mit
konstanten Abständen in gerader Linie angeordnet sind, schmaler und ausgeprägter
werden (siehe Abb. 1.13.20). Abb. 1.13.21 wurde durch Überlagerung von 20
Ringsystemen mit jeweils 1 Bildpunkt Abstand erhalten. An diesem Bild erkennen
wir:
Gehen von vielen direkt nebeneinander liegenden Punkten Kreiswellen aus,
dann bildet sich ein Strahl.
Abb. 1. 13.18
Abb. 1.13.19
119
Abb. 1.13.20
Abb. 1.13.21
1.13.5 Über die Wellennatur des Lichtes
Trifft eine Welle mit gerader Wellenfront, wie in der
Abb. 1. 13.22 angedeutet, auf einen Schirm mit
einem Doppelspalt, dann entstehen hinter den
beiden Spalten Halbkreiswellen und bilden ein
Interferenzmuster. Auch das Licht zeigt solche
Interferenzerscheinungen, weshalb wir von
Lichtwellen sprechen können. Lässt man z.B. einen
Laserstrahl auf einen Doppelspalt ( Abstand der
Spalte = Gitterkonstante g ≈ 10 µ = 10 -2 mm )
fallen, dann sehen wir auf einem Schirm hinter dem
Doppelspalt helle und dunkle Streifen, welche
Abb. 1.13.22
Interferenzmaxima und Interferenzminima anzeigen
(siehe Abb. 1. 13.22).
Die hier beschriebene Erscheinung ermöglicht auch die Bestimmung einer
Lichtwellenlänge λ (siehe Abb. 1. 13.23).
Ein Punkt P des Schirms liegt dann in einem Lichtmaximum, wenn sich seine
Abstände s1 und s2 von den beiden Spalten entweder nicht oder um ein ganzzahliges
Vielfaches von λ unterscheiden.
120
Abb. 1.13.23
Abb. 1.13.24
Unter diesen Bedingungen kommt ein Wellenberg von einem Spalt zu einem
Wellenberg des anderen Spalts.
Ist s1 = s2 , dann spricht man vom Maximum 0. Ordnung.
Ist |s1 – s2| = λ , dann hat man ein Maximum 1. Ordnung usw..
a sei der auf dem Schirm erkennbare Abstand zwischen dem Maximum 0.Ordnung
und einem Maximum 1.Ordnung (siehe Abb. 1.13.23).
s2 – s1 = λ
Da g im Vergleich zu L (Abstand des Schirmes vom Doppelspalt) sehr klein ist,
können die Strecken s1 und s2 als parallel behandelt werden. Unter dieser
Voraussetzung kann die Differenz d = s2 - s1, wie in der Abb. 1.13.24 angedeutet,
berechnet werden.
d = λ = g · sin α
Mit Blick auf die Abb. 1. 13.23 (g ist sehr klein) können wir tan α = a/L setzen. Das
zum Maximum 1. Ordnung gehörende α ist so klein, dass sin α ≈ tan α ist.
sin α ≈ a/L; λ = g · sin α
→
λ ≈ a · g/L
Wenn statt des Laserlichts weißes Licht auf den Doppelspalt fällt, dann erhält man
violette, blaue, grüne, gelbe , orange und rote Linienmuster auf dem Schirm. Dies
zeigt an, dass weißes Licht eine Mischung aus Wellen unterschiedlicher Wellenlängen
ist. Den verschiedenen Wellenlängen sind bestimmte Farbeindrücke zuzuordnen. Die
Lichtwellen, die einen Farbeindruck in unserem Auge hinterlassen, haben
Wellenlängen zwischen 0,4 µ (Violett) und 0,7 µ (Rot).
121
2. Relativitätstheorie
2.1 Das Relativitätsprinzip
In einem gleichförmig fahrenden Eisenbahnwagen fällt ein Körper so wie in einem
ruhenden Raum nach Galileis Fallgesetz. Eine solche Gleichartigkeit gilt für jedes
Experiment. Kein Experiment in einem geschlossenen Raum kann darüber
entscheiden helfen, ob dieser Raum in Ruhe oder gleichförmiger Bewegung ist.
In gleichförmig zueinander bewegten Systemen gelten gleiche Gesetze.
Relativitätsprinzip
Bei Gedankenexperimenten mit Lichtsignalen hat man den Eindruck, dass dieser als
Relativitätsprinzip bekannte Satz zu Widersprüchen führt. In Abb. 2.1.1 ist ein mit
v = 100000 km/s fliegendes Raumschiff zu sehen, von dem ein Lichtsignal
ausgesandt wird. Es hat aus der Sicht eines ruhenden Beobachters die
Geschwindigkeit
c = 300000 km/s, denn die Lichtgeschwindigkeit wird
nicht von der Geschwindigkeit der Lichtquelle beeinflusst. Nach dem
Relativitätsprinzip ordnet ein Passagier des Raumschiffs dem Lichtsignal auch die
Geschwindigkeit c’ = 300000 km/s zu. Dem ruhenden Beobachter kann die
Behauptung c = c’ zunächst nicht anerkennen, da aus seiner Sicht das Raumschiff
dem Lichtsignal mit 100000 km/s folgt. In Bezug auf das Raumschiff sollte das
Lichtsignal seiner Meinung nach die Geschwindigkeit 200000 km/s haben. Die
Behauptung c’ = 200000 km/s ist jedoch mit dem Relativitätsprinzip unvereinbar.
Abb. 2.1.1
Der irdische Beobachter hat möglicherweise nur scheinbar Recht. Er geht davon aus,
dass sich die Messmittel des Raumschiffpassagiers so verhalten wie die eigenen. Es
ist jedoch nicht auszuschließen, dass mit bewegten Messmitteln (Uhren,
Messlatten....) andere Messergebnisse erhalten werden als mit ruhenden, so ist
denkbar, dass die Längen-, Massen-, und Zeiteinheiten infolge schneller Bewegung
aus der Sicht eines irdischen Beobachters größer oder kleiner werden. Die folgende,
scheinbar in sich widersprüchliche Behauptung könnte demnach doch zutreffen:
Obwohl die Relativgeschwindigkeit des Lichtes in Bezug auf das Raumschiff aus der
Sicht des irdischen Beobachters 200000 km/s beträgt, misst ein Raumschiffpassagier
die nach dem Relativitätsprinzip zu erwartende Lichtgeschwindigkeit
c' = 300000 km/s.
Dieser Behauptung könnte man zustimmen, wenn Anwendungen des Relativitäts122
prinzips auf Gedankenexperimente innerhalb eines schnell fliegenden Raumschiffs zu
richtigen Schlussfolgerungen führen, die ohne dieses Prinzip undenkbar erscheinen.
Im nächsten Kapitel wird eine solche Anwendung behandelt; sie führt zu folgendem
Ergebnis:
Ein sehr schnell fliegendes Teilchen erfüllt nur dann die Gesetze der Mechanik, wenn
man ihm nicht die der herkömmlichen Definition entsprechende Masse m 0, sondern
stattdessen die Masse m = m0/√(1- u2 / c2 ) zuordnet. m0 heißt Ruhemasse, u ist die
Geschwindigkeit des Teilchens und c die Lichtgeschwindigkeit. Da dieses Ergebnis
einer experimentellen Prüfung standhält, hat man einen guten Grund, an der
Allgemeingültigkeit des Relativitätsprinzips festzuhalten.
2.2 Die Änderung der Masse infolge Bewegung
In einem mit der Geschwindigkeit v = 100000 km/s fliegendem Raumschiff ( siehe
Abb. 2.2.1) beschleunigt ein Passagier B in der Mitte M des Schiffs zwei gleiche,
zunächst im Schiff ruhende Kugeln K und K’ völlig gleichartig nach links und rechts
( in und entgegen der Flugrichtung ). Nach dem Relativitätsprinzip sind aus seiner
Sicht K und K´ zu jeder Zeit von M gleich weit entfernt.
Sind die beiden Abstände L
und L’ von M auch aus der
Sicht
eines
irdischen
Beobachters A gleich, wenn
das Relativitätsprinzip als
gültig vorausgesetzt wird ?
Abb. 2.2.1
Zunächst erscheint L = L’ selbstverständlich.
Zweifel hieran stellen sich ein, wenn man anstelle der Kugeln zwei Lichtsignale von
M aus nach beiden Seiten schickt. L und L’ haben eine Sekunde nach dem Start die
Werte:
L = 400000 km, L’= 200000 km → L’ < L
Möglicherweise gilt L’< L auch für die Kugeln. Im Fall L’ < L wird der irdische
Beobachter der Kugel K’ eine größere Masse zuordnen als der Kugel K, denn der
Schwerpunkt der beiden Kugeln bleibt trotz der Beschleunigung in der
Raumschiffmitte (Schwerpunktsatz). Wenn er die Massen von K’ und K mit m’ und m
bezeichnet, dann gilt aus seiner Sicht:
m · L = m’· L’ →
m / m’ = L’ / L = k < 1
→
m < m’
Begründung:
Die x-Koordinate des Schwerpunkts ist xS = (xK · m + xK’ · m’) / (m + m’)
↓
(xS - xK ) · m = (xK’- xS ) · m’; (xS - xK ) = L; (xK’ - xS ) = Lʼ → m · L = m’· L’
123
Wir setzen voraus, dass sich K aus der Sicht des in der Rakete arbeitenden
Experimentators B genauso schnell von M entfernt wie die Erde. K ist dann in Bezug
auf die Erde in Ruhe. Aus der Sicht eines irdischen Beobachters steht eine ruhende
Kugel K im Vergleich mit einer Kugel K’, die mit der Geschwindigkeit u nach rechts
fliegt.
Der Experimentator B in der Rakete prüft die Entfernung von K und K’, indem er
nach links und rechts Lichtsignale aussendet. Kehren diese Signale nach Reflexion an
den Kugeln gleichzeitig bei ihm zurück, haben somit gleiche Laufzeiten, dann sieht
er die Abstände der Kugeln von M als gleich an.
Es wird nun gezeigt, dass unter diesen Bedingungen aus der Sicht des irdischen
Beobachters L’ < L zutrifft und dass sich daraus die experimentell nachprüfbare
Schlussfolgerung m’ > m ergibt.
Der Ausgangspunkt für die Untersuchung mit dem Ergebnis L’ < L ist folgende
Überlegung:
Die Laufzeiten der beiden Lichtsignale Tlinks und trechts stimmen auch aus der Sicht des
irdischen Beobachters überein. Es ist denkbar, dass diese Zeiten T links und trechts mit
Hilfe von L und L’ bestimmbar sind. In diesem Fall könnte man die für T links und trechts
gültigen Terme einander gleich setzten und hätte somit eine Gleichung, die den
Vergleich von L und L’ zulässt.
Für das auf K’ gerichtete Lichtsignal gilt:
Hinweg: c · t1 = L’+ u · t1 → t1 = L’/(c-u)
c: Lichtgeschwindigkeit
u: Geschwindigkeit von K’ in Bezug auf einen irdischen Beobachter
L’: Abstand der Kugel K’ von M beim Start des Lichtsignals
t1: Zeit für den Hinweg
Während der Zeit t1 wird der Weg des Lichtes zu K’ um u · t 1 verlängert; somit ist
der Hinweg des Lichtsignals nicht gleich L’, sondern gleich L’ +u · t1 .
Rückweg: c · t2= L’ + u · t1 - v · (t1 + t2)
t2: Rücklaufzeit des Lichtsignals, v: Geschwindigkeit des Raumschiffs
Während des Hin- und Rücklaufs kommt M dem Lichtsignal um v·(t 1+t2) nach, somit
erhält man den Rückweg, indem man den Hinweg L’+ u ·t1 um v·(t1 +t2) verkürzt.
Aus den Gleichungen für Hin- und Rückweg folgt:
c · t1 + c · t2 = 2 · (L’+ u · t1) - v · (t1 + t2)
c · (t1 + t2) + v · (t1 + t2) = 2 · (L’+ u · t1)
→ t1 + t2 = (L’ + u · t1) · 2 / (c + v)
Im rechten Teil der Gleichung wird für t1 der Term L’ /(c-u) eingesetzt.
t1 + t2 = [L’ + u · L’ /(c-u)] · 2 / (c + v)
= [ (c ·L’- u·L’+ L’·u) /(c-u)] · 2 / (c + v)
t1 + t2 = L’ · c/(c-u) · 2/ (c + v)
Laufzeit t = t1 + t2 = L’ ·c · 2/ [(c + v) · (c - u)]
124
Für das nach links auf K gerichtete Signal gilt:
Hinweg:
c · T1 = L
Rückweg: c · T2 = L + v · (T1+T2); T1: Hinlaufzeit ; T2: Rücklaufzeit
Während des Hin- und Rücklaufs entfernt sich M von K zusätzlich um v·(T1+T2)
Aus den beiden Gleichungen für den Hin- und Rückweg folgt:
c · (T1 + T2) = 2·L + v · (T1+T2) →
c · (T1 + T2) - v · (T1+T2) = 2·L
Laufzeit T = T1+ T2 = 2 · L / (c-v)
Wegen T1 + T2 = t1 + t2 gilt: 2·L/(c - v) = 2 · L’· c / [(c - u)·(c + v)]
L’ / L = k = (c-u) · (c + v) / [c · (c-v)]
Für L’/L schreiben wir k. Es wird eine Gleichung gewünscht, welche die
Abhängigkeit des Verhältnisses k = L’/L von der Geschwindigkeit u der Kugel K’
zeigt. Deshalb muss die Raumschiffgeschwindigkeit v durch einen von u abhängigen
Term ersetzt werden.
Es gilt:
(L + L’)/L = u / v → 1 + L’ / L = u / v → v = u/ ( 1+ L’/L) → v = u / (1+k)
Anmerkung: L + L’ (Abstand zwischen dem ruhenden K und K’) und L sind die
Wege, welche K’ und M aus der Sicht des irdischen Beobachters nach dem Anstoß
vor dem Aussenden des Lichtsignals zurückgelegt haben. L’+ L und L verhalten sich
wie die entsprechenden Geschwindigkeiten u und v zueinander. Unter
Berücksichtigung von v = u / (1+ k) kann nun geschrieben werden:
k = [(c-u) · (c+ u /(1+k)] / [c · (c-u / (1+k)]
Es wird mit (1+k) erweitert.
k = [(c-u) · (c + c · k + u)] / [c · (c + c · k - u)]
Beide Seiten werden mit [c · (c + c · k - u )] multipliziert.
k · c² + k² ·c² - k · c· u = c² + c² · k + c· u - u · c - u · c · k - u²
↓
c² · k² = c² - u² → k² = 1 - u²/c²
Unter Berücksichtigung von k = L’/L = m/m’ folgt: m/mʼ = √(1- u2 / c2 )
↓
mʼ = m / √(1- u2 / c2 )
m ist die Masse der aus der Sicht des irdischen Beobachters ruhenden Kugel K.
Diese Masse wird auch der Kugel K’ in Ruhe zugeordnet, denn die beiden Kugel
sind einander gleich.
125
Schlussfolgerung:
Die Masse muss nach m= Ruhemasse/√(1- u2 / c2 ) neu definiert werden, wenn
das Relativitätsprinzip als richtig vorausgesetzt wird, damit auch bei schnellen
Teilchen die Gesetze der Mechanik wie z.B. der Schwerpunktsatz und der
Impulssatz gültig bleiben. Die Ruhemasse ( u = 0) ist das, was bisher unter
Masse verstanden wurde. Für sie schreiben wir von nun an m0.
Für diese Definition und somit auch für das Relativitätsprinzip spricht die Tatsache,
dass die Bahnen schneller Elektronen mit m = m0 / √(1- u2 / c2 ), nicht aber mit der
Ruhemasse richtig berechnet werden.
Das nachfolgende Diagramm ( Abb. 2.2.2 ) zeigt an, wie sich die Masse eines
Körpers (m0 = 1kg) mit zunehmender Geschwindigkeit ändert. Erst bei
Geschwindigkeiten in der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit sind deutliche
Abweichungen von der Ruhemasse zu erkennen.
Abb. 2.2.2
2.3 Masse und Energie
Die Masse eines Körpers nimmt mit seiner kinetischen Energie zu. Anhand des im
Kapitel 2.2 beschriebenen Gedankenexperiments (Abb. 2.2.1 ) kann leicht eine
Beziehung zwischen dem Massenzuwachs und der kinetischen Energie hergeleitet
werden .
Wenn die aus der Sicht des irdischen Beobachters ruhende Kugel K der Masse m auf
die Hinterwand des Raumschiffs stößt, dann wird sie aus der Sicht des
Raumschifffahrers B elastisch reflektiert. Der irdische Beobachter sieht diesen
Vorgang als eine Beschleunigung aus der Ruhe auf die Geschwindigkeit u und ordnet
ihm eine Beschleunigungsarbeit W in der Zeit Δt mit der Kraft F zu. Während der
Beschleunigung des Kugelschwerpunkts durch die Hinterwand (die Kugel wird
gestaucht) wird K unter der Kraft F um v · Δt verschoben.
F = [(m0/k) ·u] /Δt ; k2 = 1 – u2/c2
(m0/k) ·u beschreibt die Impulsänderung in der Zeit Δt (Anfangsimpuls = 0). m 0 ist
die Ruhemasse und m0/k = m die bewegte Masse der Kugel K nach der
Beschleunigung auf die Geschwindigkeit u. Für die gegen K verrichtete Arbeit gilt
demnach:
W = F ·v ·Δt → W = [(m0 ·u / k) /Δt ]·v · Δt
126
→ W = m0 ·u ·v / k
Unter Berücksichtigung der in Kapitel 2.2 hergeleiteten Gleichung v = u / (1 + k)
erhält man für W:
W = m0·u2 /[k·(1+k)]
Die Erweiterung des Bruchterms mit (1-k) führt zu:
W = m0·u2·(1-k)/ [k·(1- k2)] ; k2 = 1 – u2/c2 → W = m0·u2·(1-k) / (k·u2/c2)
↓
W = (m0/k – m0)·c2
m0/k: Kugelmasse nach der Beschleunigung, m0: Ruhemasse der Kugel
m0/k – m0 = m – m0 : Massenzuwachs Δm
↓
W = Δm · c2
Die Energie der Kugel K nimmt um ΔE = W zu. Es wird noch bewiesen, dass die
Beziehung zwischen Masse- und Energieänderung ΔE = Δm · c2 nicht nur für
kinetische- , sondern für jede Energieart gültig ist. So kann man mit ihr z.B. die
Energie berechnen, die bei der Spaltung oder der Verschmelzung von Atomkernen
frei wird. Voraussetzung für eine solche Rechnung ist die Kenntnis der
Gesamtmassen von Ausgangs- und Endprodukten.
Da die Masse eines Körpers unendlich groß wird, wenn seine Geschwindigkeit der
Lichtgeschwindigkeit zustrebt, kann er niemals auf Lichtgeschwindigkeit
beschleunigt werden, da hierzu eine unendlich hohe Energie erforderlich wäre.
Die Lichtgeschwindigkeit ist eine Grenzgeschwindigkeit.
Mit Ekin = m0· u2/ 2 wurde bisher die kinetische Energie eines Körpers der Masse m 0
mit der Geschwindigkeit u berechnet.
Nach obiger Rechnung gilt: Δm · c2 = W = m0·u2 /[k·(1+k)]. Wenn u erheblich
kleiner als c ist, dann kann mit k ≈ 1 geschrieben werden: Δm · c2 ≈ m0·u2/2.
2.4 Die Zeitdilatation (Zeitdehnung)
Die Gleichungen über die Massenänderung sind experimentell bestätigt worden. Das
Relativitätsprinzip kann somit als richtig gelten.
Es wurde darauf hingewiesen, dass dieses Prinzip nur dann der Wirklichkeit
entsprechen kann, wenn sich Längenmaße und Uhren bei Bewegung anders verhalten
als in Ruhe. In diesem Zusammenhang muss deutlich gemacht werden, dass die
Feststellung, ein System sei in Ruhe, willkürlicher Natur ist. Wird ein System als
Ruhesystem definiert, dann nennen wir ein davon abweichendes System bewegt.
Es soll nun der Frage nachgegangen werden: Wie ändern sich Längenmaße und
Uhren , wenn sie von einem ruhenden- in ein bewegtes System gebracht werden?
Wir stellen uns während des schon mehrfach beschriebenen Gedankenexperiments
(Abb. 2.2.1 ) zwei mit den Kugeln K und K’ fliegende Uhren U und U’ vor , die zu
Beginn des Experiments auf die Zeit 0 gestellt wurden.
127
Beide Uhren erreichen aus der Sicht des Raumschifffahrers B gleichzeitig das linkeund rechte Ende des Schiffs und zeigen hierbei auch gleiche Zeiten t an. Der ruhende
Beobachter A sieht dies anders. Wenn sich die ruhende Uhr U am linken Ende des
Raumschiffs im Abstand L von der Schiffsmitte M befindet und die Zeit t anzeigt,
dann ist Uʼ erst Lʼ = L·√(1- u2/c2) < L von M entfernt und hat deshalb noch nicht das
rechte Schiffsende erreicht. U’ gelangt später als die ruhende Uhr U zum Ende des
Raumschiffs und zeigt deshalb die Zeit t später an. Bewegte Uhren gehen für A
demnach langsamer als ruhende Uhren.
Welches t’ sieht A auf der Uhr U’, wenn die Uhr U am linken Ende des
Raumschiffs die Zeit t anzeigt ?
A stellt nach den Zeitangaben von U’ fest: Wenn die ruhenden U die Zeit t anzeigt,
dann kann man auf der im Abstand L' von M befindlichen Uhr U' die Zeit t' ablesen.
Uʼ zeigt die Zeit t erst im Abstand L von M an.
t’/t = L’ / L; L’ / L = √(1- u2/c2) → t’ = t ·√(1- u2/c2) → t = t’ /√(1- u2/c2)
Diese Gleichung lässt einen wichtigen Schluss zu:
Wenn auf einer ruhende Uhr die Zeit t abgelesen wird, dann zeigt eine bewegte Uhr,
die gleichzeitig mit der ruhenden Uhr auf 0 gestellt wurde, eine kleinere Zeit t' an.
Bewegte Uhren gehen langsamer.
Nach dem Relativitätsprinzip hat ein bestimmter Vorgang in einem ruhenden
Laboratorium die gleiche Dauer wie in einem bewegten Laboratorium, wenn die Zeit
seines Ablaufs jeweils mit der Uhr des Laboratoriums gemessen wird.
In einem Laboratorium werde t0 als Dauer eines Vorgangs gemessen. Ein
Beobachter, der das Laboratorium mit der Geschwindigkeit u sieht, ordnet mit seinen
Uhren diesem Vorgang die Zeit t = t0/√(1- u2/c2) zu. Aus seiner Sicht wird das
Ereignis infolge der Bewegung zeitlich gedehnt (Zeitdilatation).
2.5 Längenkontraktion
Wir stellen uns vor, die beiden Kugeln K und K’ der Abb.2.2.1 würden aus der Sicht
des im Raumschiff arbeitenden Experimentators zwei gleich lange Messlatten direkt
hinter sich herziehen. Die Messlatte an K ruht für den irdischen Beobachter. Der
Messlatte an K’ ordnet er die Geschwindigkeit u zu.
Die Enden dieser Messlatten erreichen gleichzeitig die Mitte M des Raumschiffs. Aus
der Sicht eines ruhenden Beobachters sind sie nicht gleich lang, sondern gleichen den
Abständen L und Lʼ der Kugeln zur Bahnmitte.
Lʼ = L·√(1- u2/ c2 )
Wir sehen: Einem bewegten Gegenstand wird in Bewegungsrichtung eine geringere
Länge zugeordnet als in Ruhe (Längenkontraktion). Dies gilt nicht für einen Stab, der
mit der Geschwindigkeit u quer zur Bewegungsrichtung fliegt. Ihm werden von dem
ruhenden- und mitbewegten Beobachter gleiche Längen zugeordnet.
128
Beweis:
Wie in Abb.2.5.1 angedeutet, misst der mitbewegte Beobachter B die Länge L’ des
Stabes [EF] in folgender Weise.
Er schickt von E ein Lichtsignal nach
F. Bei F wird dieses Signal von einem
Spiegel reflektiert und kehrt wieder zu
E zurück. B gibt als Streckenlänge L’
den Wert c·t’ an. t’ ist die halbe
Laufzeit des Lichtsignals.
Abb. 2.5.1
Abb. 2.5.2
Aus der Sicht des ruhenden Beobachters A bewegt sich das Lichtsignal auf der in
Abb. 2.5.2 dargestellten Bahn. Während das Lichtsignal von E nach F und wieder
zurück gelangt, bewegt sich der Stab [EF] mit der Geschwindigkeit u nach rechts. A
berechnet die Länge L von [EF] nach dem Lehrsatz des Pythagoras:
c2 ·t2 - u2 ·t2 = L2
→
L = c ·t ·√( 1 – u2/c2 )
t ist die vom ruhenden Beobachter gemessene halbe Laufzeit des Lichtes.
Wegen t = tʼ / √( 1 – u2/c2 ) gilt: L = c ·tʼ = Lʼ
2.6 Über die Einstellung von Uhren, die an verschiedenen
Orten aufgestellt sind (Synchronisation)
Mehrere an verschiedenen Orten aufgestellte Uhren sollen nach einer Uhr Q
eingestellt werden.
Es erscheint zunächst empfehlenswert nach folgender Anweisung
vorzugehen: Man nehme die Uhr Q,
fahre mit ihr zu den verschiedenen
Orten und stelle jeweils die dort
vorhandenen Uhren nach Q ein.
Abb. 2.6.1
Überdenkt man dieses Verfahren, dann erweist es sich als mangelhaft, da der Gang
der Uhr Q von der Reisegeschwindigkeit abhängt. Besser ist folgende Methode: Zur
Einstellung einer Uhr R nach einer anderen Uhr Q wird ein Ort P gesucht, der genau
zwischen R und Q liegt. Von diesem Ort werden Lichtblitze ausgesandt. Hierbei wird
die Uhr R so eingestellt, dass ein von P kommendes Lichtsignal bei R und Q
gleichzeitig eintrifft. Werden die Uhren eines zur Erde bewegten Systems in gleicher
Weise synchronisiert, dann wird man erfahren, dass Ereignisse, die aus der Sicht
eines mitbewegten Beobachters B gleichzeitig stattfinden, für einen irdischen
Beobachter A nicht immer gleichzeitig sind. Dieser Sachverhalt soll hier eingehend
anhand der Abb. 2.6.1 untersucht werden.
129
S sei ein in Bezug auf die Erde ruhendes, S’ ein mit der Geschwindigkeit v zur Erde
bewegtes Koordinatensystem. Die beiden mitbewegten Uhren Q und R seien so
eingestellt, dass ein von P ausgehendes Lichtsignal Q und R in gleicher
Zeigerstellung antrifft.
d: Abstände in Bezug auf einen irdischen Beobachter A.
xʼR ; d’: Abstände in Bezug auf einen mitbewegten Beobachter B.
Von A aus gesehen benötigen die Lichtsignale zu den Uhren Q und R die Zeiten t 1
und t2.
t1 · c = d – v· t1 → t1 = d/(c + v), t2 · c = d + v· t2 → t2 = d/(c-v)
Demzufolge erreicht es Q vor R mit dem Zeitunterschied ∆t = t2 – t1. Aus der Sicht
des irdischen Beobachters geht infolgedessen die Uhr Q gegenüber der Uhr R vor.
Wenn das Lichtsignal die Uhr Q erreicht hat, dann läuft diese Uhr aus der Sicht von A
bis zum Eintreffen des Lichtsignals bei R um ∆t’ = ∆t· k, k = √(1 - v2/c2) weiter.
∆t = t2 - t1 = d/(c-v) - d/(c + v) = 2 ·d ·v/(c2 - v2) = 2 ·d ·v/(c2 ·k2)
Unter Berücksichtigung der Zeitdilatation Δt = Δt’/k
x’R ·k = 2 ·d finden wir:
Δt’/k = x’R ·k · v/(c2 ·k2) →
und
der Längenkontraktion
Δt’ = x’R·v/c2
Wenn das Lichtsignal R erreicht, dann ist das Lichtsignal an der Uhr Q vorbei
gezogen. Wenn R bei Ankunft des Lichtsignals die Zeit 12 Uhr anzeigt, dann liest der
ruhende Beobachter auf Q die Zeit 12 Uhr + Δt’.
2.7 Die Lorentztransformationen
Ein Flugkörper bewege sich mit der Geschwindigkeit v zur Erde. S’ ist das zu diesem
Flugkörper, S das zur Erde gehörende Koordinatensystem (siehe Abb. 2.7.1).
Der Flugkörper sei mit Uhren und
Längeneinheiten ausgerüstet, die auch auf
der Erde üblich sind. Die an den
verschiedenen Stellen des Flugkörpers
aufgestellten Uhren seien entsprechend
den auf der Erde gültigen Vereinbarungen
aufeinander abgestimmt (synchronisiert).
Abb. 2.7.1
Als Zeitnullpunkt gelte in beiden Systemen der Augenblick, in dem die beiden
y-Achsen zusammentreffen.
An einem Punkt P werde von einem mitbewegten und einem irdischen Beobachter
ein Ereignis wahrgenommen, t ist die hierzu gehörende irdische Zeit, x ist der von
einem irdischen Beobachter A gemessene Abszissenwert des Ereignispunktes, t’ und
x’ sind die entsprechenden Werte des mitbewegten Beobachters B.
130
Wie können die zu einem System gehörenden Werte errechnet werden, wenn die
Werte des anderen Systems bekannt sind ?
x – v · t ist der von einem irdischen Beobachter gemessene Abstand des Punktes P zu
dem Koordinatenursprung des bewegten Systems. (x – v ·t) beschreibt eine durch
Längenkontraktion verkleinerte Strecke mit der Ruhelänge xʼ.
xʼ · k = (x – v ·t)
→ 1.) x’ = (x – v ·t)/k; k= √( 1 – v2/c2 )
Zum Zeitpunkt t liest der irdische Beobachter auf der bewegten Uhr am Ursprung von
S’ die Zeit tʼ0 ab. Unter Berücksichtigung der Zeitdilatation erhält man:
t’0 = t · k (Die bewegte Uhr geht langsamer !)
Die Zeit t’, die er zum gleichen irdischen Zeitpunkt t auf der mitbewegten Uhr am
Ort P abliest, weicht von t’0 um x’ ·v/c2 ab.
t’0 – t’ = x’ ·v/c2 ; t’0 = t · k
→
t·k = t’ + x’ ·v/c2
→ 2.) t = (t’ + x’ ·v/c2)/k
Die Gleichungen l und 2 ermöglichen auch die Berechnung von x bei Kenntnis von x’
und t’ und die von t’ bei Kenntnis von x und t. Im ersten Fall muss die Zeit t in der
1.Gleichung durch den in der 2. Gleichung für t stehenden Term ersetzt und die
hiermit gewonnene Gleichung nach x aufgelöst werden. Im zweiten Fall ist x’ der
2. Gleichung gegen den rechten Term der 1. Gleichung auszutauschen. Hiernach ist
nach
t’
aufzulösen.
Die
insgesamt
gewonnenen
Beziehungen,
Lorentztransformationen genannt, sind in der folgenden Tabelle 1 zusammengefasst.
1.
x’ = (x – v ·t)/k
t’ = (t - x ·v/c2)/k
x = (x’ + v ·t’)/k
t = (t’ + x’ ·v/c2)/k
Da die quer zur Bewegungsrichtung liegenden Strecken keine Längenkontraktionen
erfahren gilt für die y – und z-Koordinaten eines abseits von der x-Achse liegenden
Punktes: y = y’ und z = z’ .
Es ist nun zu prüfen, ob die
Relativitätsprinzip im Einklang sind.
Lorentztransformationen
mit
dem
Die Transformationsgleichungen sind nur dann annehmbar, wenn mit ihnen die
folgenden Schlussfolgerungen aus dem Relativitätsprinzip begründet werden können:
1. Die Lorentztransformationen gelten auch dann, wenn man S’ als ruhend und S als
bewegt ansieht.
2. Wenn ein Beobachter in S die Uhren in S’ langsamer laufen sieht als eine Uhr in S,
dann müssen für einen Beobachter in S’ die Uhren in S langsamer gehen als die in S’.
3.Wenn der Beobachter in S einem in S’ liegenden 1m-Maßstab eine Länge < 1m
zuordnet, dann muss ein Beobachter in S’ einen in S liegenden 1m-Maßstab ebenfalls
verkürzt sehen.
131
4. Wenn sich eine Lichtwelle in S nach allen Seiten mit der Geschwindigkeit c
ausbreitet, dann gilt dies auch in S’.
Zu 1.: Nach Umkehrung der x-Achsen ( S wird als bewegtes System gesehen) sollten
die unter 2. angegebenen Transformationsformeln gelten:
2.
x = (x’ – v’ ·t’)/k
t = (t’ – x’ ·v’/c2)/k
x’ = (x + v’ ·t)/k
t’ = (t + x ·v’/c2)/k
v’ ist die Geschwindigkeit von S aus der Sicht von S’.
Beweis:
Wenn man die Achsen der Koordinatensysteme umkehrt, dann müssen in den
Gleichungen unter 1. die Vorzeichen von x und x’ umgekehrt werden. Nach
Umkehrung der Vorzeichen erhält man die unter 3. angegebenen 4 Transformationsgleichungen, die mit den Gleichungen unter 2. übereinstimmen, wenn die
Geschwindigkeit v’ von S aus der Sicht von S' gleich v ist.
3.
-x = (-x’ + v·t’)/k
t = (t’ – x’ ·v/c2)/k →
x = (x’ – v ·t’)/k t = (t’ – x’ ·v/c2)/k
-x’ = (-x – v ·t)/k
t’ = (t + x ·v/c2)/k →
x’ = (x + v ·t)/k t’ = (t + x ·v/c2)/k
v = v’ ist noch zu beweisen !
Für das in S’ dem Koordinatenursprung von S zugeordnete x’ gilt:
x = (x’ – v ·t’)/k = 0 →
x’ – v ·t’ = 0 → x’ = v ·t’ → v’ = x’/t’ = v
Zu 2.
In S sei eine Uhr U an einem Ort P mit der
Koordinate x aufgestellt (siehe Abb. 2.7.2).
Wenn diese Uhr die Zeit t1 anzeigt, steht der
Zeiger einer ihr augenblicklich benachbarten
Uhr U’1 in S’ auf t’1. In der Folgezeit entfernt
sich U’1 von P, andere Uhren des Flugkörpers
erreichen U.
Abb. 2.7.2
Wenn U die Zeit t2 anzeigt, dann gibt die ihr dann benachbarte Uhr U’2 die Zeit t’2 an.
Der mit der Uhr U gemessenen Zeit t2 – t1 ordnet der Beobachter B in S’ die Zeit
t’2 – t’1 zu. Es gilt:
t’1 = (t1 – v ·x/c2)/k, t’2 = (t2 – v · x/c2)/k
t’2 - t’1 = (t2 – t1 )/k
→
t’2 – t’1 > t2 – t1
Aus t’2 - t’1 > t2 – t1 folgert B: Die Uhren in S laufen langsamer als die in S’.
Aus der Sicht des ruhenden Beobachters A ist t’ 2 zu groß, weil für ihn die Uhr U’ 2
132
gegenüber der Uhr U’1 vorgeht. Demgemäß fällt seiner Meinung nach die
Zeitdifferenz t’2 – t’1 zu groß aus.
Es erscheint zunächst unsinnig, dass je nach Standpunkt des Beobachters die Uhren
des Flugkörpers schneller oder langsamer laufen als die der Erde. Es muss hierbei
bedacht werden, dass ein irdischer Beobachter beim Vergleich bewegter und ruhender
Uhren jeweils eine bewegte Uhr mit zwei an verschiedenen Orten der Erde
aufgestellten Uhren vergleicht. Im Gegensatz dazu vergleichen Beobachter des
bewegten Systems eine irdische Uhr mit zwei bewegten Uhren, die aus der Sicht des
irdischen Beobachters verschiedene Zeiten angeben.
Zu 3.
[x1 x2] sei eine Strecke auf der x-Achse eines
ruhenden Koordinatensystems. Beobachter in
einem System S’, welches sich in
Achsenrichtung bewegt, messen die zu x1 und
x2 gehörenden x’ -Werte nach ihren Uhren
gleichzeitig zum Zeitpunkt t’ und ordnen der
Strecke [x1 x2] die Länge x’2 – x’1 zu .
Abb. 2.7.3
Aus der Sicht eines irdischen Beobachters wird xʼ2 nach xʼ1 gemessen. Da in der
Zwischenzeit der Punkt in S’ mit x’ 1 nach rechts rückt, fällt aus seiner Sicht xʼ2 und
damit auch die Differenz x’2 – x’1 zu klein aus.
Nach den Lorentztransformationen gilt: x1 = (x’1 + v ·t’)/k ; x2 = (x’2 + v ·t’)/k
x2 – x1 = (x’2 – x’1)/k
↓
→ x’2 - x’1 = (x2 – x1) · k →
x’2 – x’1 < x2 - x1
Es wurde früher gezeigt, dass bewegte, zur Ausbreitungsrichtung parallele Strecken
dem irdischen Beobachter kleiner erscheinen als gleichartige ruhende Strecken. Da
dies der gerade hergeleiteten Ungleichung zu widersprechen scheint, muss darauf
hingewiesen werden, dass irdische Beobachter die Anfangs- und Endkoordinaten x 1
und x2 einer bewegten Strecke nach irdischen Uhren gleichzeitig messen, während
die bewegten Beobachter die entsprechenden Koordinaten x’1 und x’2 einer ruhenden
Strecke nach den Uhren ihres System zum gleichen Zeitpunkt bestimmen.
Zu 4.
Zum Zeitpunkt t = t’ = 0 werde an dem zu
diesem
Zeitpunkt
gemeinsamen
Koordinatenursprung von S und S’ eine
kugelförmige Welle ausgesandt. P sei ein
Punkt, der zu einem Zeitpunkt (t, t’) auf der
Wellenfront der Kugelwelle liegt. Für seinen
Abstand L vom Koordinatenursprung des
Systems S gilt:
L2 = x2 + y2 + z2 = c2· t2
133
Abb. 2.7.4
Hieraus folgt unter Berücksichtigung der Lorentztransformationen:
(x’ + v ·t’)2 / k2 + y’2 + z’2 = c2· (t’ + v ·x’/c2)2/ k2
↓
2
2
2
2
2
2
x’ + v ·t’ + 2·x’·v· t’ + y’ · k + z’ · k2 = t’2 · c2 + x’2 · v2/c2 + 2·x’ ·v ·t’
↓
2
2
2 2
2
2
x’ - x’ · v /c + y’ · k + z’2 · k2 = t’2 · c2 -v2·t’2
↓
2
2 2
2
2
2
2
x’ · (1- v /c ) + y’ · k + z’ · k = c2 · t’2· (1- v2/c2); k2 =(1- v2/c2) !
↓
2
2
x’ + y’ + z’2 = c2 · t’2
Hiernach entfernt sich die Welle in S’ so wie in S nach allen Seiten mit der
Geschwindigkeit √(x’2 + y’2 + z’2 ) /t’ = c vom Koordinatenursprung.
2.8 Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten
Ein System S’ bewege sich mit der Geschwindigkeit v in Bezug auf ein ruhendes
System S. Ein Gegenstand P fliege mit der Geschwindigkeit u’ in S’. Zum Zeitpunkt
t = t’ = 0 durchlaufe P den Nullpunkt beider Systeme.
Wie kann die Geschwindigkeit u im System S anhand von u’ bestimmt werden ?
Der Geschwindigkeitsvektor u hat im
System S die Geschwindigkeitskoordinaten
u1 und u2 und in S’ die Koordinaten u’ 1 und
u’2.
Abb. 2.8.1
u1 = x/t = [(x’ + v ·t’)/k] / [(t’ + v ·x’/c2)/k]; k =√(1- v2/c2)
u1 = (x’ + v · t’)/(t’ + v · x’/c2) = (x’/t’ + v)/(1 + v ·(x’/t’)/c2)
u1 = (u1’ + v)/(1 + v ·u1’/c2)
u2= y/t = y’/[(t’ + v·x’/c2)/k] = u’2 ·k/(1 + v ·u1’/c2)
In entsprechender Weise erhält man für u’1 und u’2:
u’1 = (u1 - v)/(1 - v ·u1/c2); u’2 = u2 ·k/(1 - v ·u1/c2)
Ausbreitung von Licht in fließendem Wasser
Nach Herleitung eines Gesetzes ist ein Anwendungsbeispiel wünschenswert. Führt
ein solches Beispiel zu einem nachweisbaren Ergebnis, dann hat meine einen Beleg
für die Richtigkeit des Gesetzes.
Mit dem Additionsgesetz der Geschwindigkeiten kann die Geschwindigkeit berechnet
werden, mit der sich Licht in fließendem Wasser in Fließrichtung ausbreitet (siehe
Abb. 2.8.2).
134
Die Fließgeschwindigkeit des Wassers ist v. Das Licht hat in Bezug auf einen im
Wasserstrom treibenden Beobachter die Geschwindigkeit cW.
Das Verhältnis c / cW (c = cVakuum) heißt Brechungsindex n des Wassers.
↓
cW = c/n
Abb. 2.8.2
Nach dem Additionsgesetz der Geschwindigkeiten finden wir
Lichtgeschwindigkeit im Wasser in Bezug auf einen ruhenden Beobachter:
für
die
cW’ = (c/n + v)/[1+ ( v·c/n )/ c2] = (c/n + v)/[1+ (v/c)/ n]
Für die durch die Fließgeschwindigkeit v verursachte Geschwindigkeitsänderung des
Lichtes erhalten wir:
Δc = cWʼ – c/n = (c/n + v) / [1+ (v/c)/ n] – c/n = (c/n + v - c/n - v/n2) / [1+ (v/c)/ n]
Δc = v· (1 - 1/n2 ) / [1+ (v/c)/ n]
Unter Berücksichtigung von v<<c (v gegenüber c vernachlässigbar klein) können wir
auch schreiben: Δc = v· (1 – 1/n2 )
Die letzte Gleichung wurde von dem französischen Physiker Fizeau im
19. Jahrhundert anhand von Messdaten aufgestellt.
2.9 Transformation der Masse und des Impulses und der Kraft
2.9.1 Transformation von Massen und Impulsen
Impulse und Massen werden wie Ortskoordinaten und Zeiten transformiert !
pʼx = (px – m· v) / k
m’ = (m - px ·v / c2) / k
px = (p’x + m’·v) / k
m = (m’ + p’x·v /c2) / k
pʼy = py
Beweis:
In S erhalten wir die Ruhemasse m 0 nach
m0 = mʼ ·√(1– uʼ2/c2 ).
m0 = m · √(1 – u2/c2 ) und in Sʼ nach
Somit gilt : m · √(1 – u2/c2 ) = mʼ ·√(1– uʼ2/c2 )
Die Geschwindigkeitskoordinaten von u im Term 1 – u2 / c2 = 1 – ( ux2 + uy2 ) / c2
werden nach dem Additionstheorem durch uʼx und uʼy ersetzt. Nach einer
umfangreichen algebraischen Umformung findet man:
√(1 – ( ux2 + uy2 )/c2 ) = √(1 – uʼ2/c2 ) · √(1 – v2/c2 ) / (1 - v ·uʼx/c2)
↓
135
m = (mʼ + mʼ · uʼx ·v /c2) /k
→ m = (mʼ + pʼx ·v /c2) /k
pʼx = mʼ· uʼx , k = √(1 – v2/ c2)
Für mʼ erhält man in ähnlicher Weise: mʼ = (m - px ·v /c2) /k
Aus Gleichungen für m und mʼ können die Transformationsformeln für p x und pʼx
hergeleitet werden.
Zum Beweis der Gleichung py = pʼy ( m·uy = mʼ·uʼy ) wird m’ durch (m - px ·v /c2) /k
und uʼy durch uy ·k / (1 - v ·ux/c2) (Additionstheorem der Geschwindigkeiten)
ersetzt.
mʼ·uʼy = [(m - px ·v /c2) /k] · uy ·k / (1 - v ·ux/c2)
mʼ·uʼy = m · [(1 - ux ·v /c2) /k] · uy ·k / (1 - v ·ux/c2) = m· uy
pʼy = py
2.9.2 Transformation der Kraft
Wir betrachten einen Körper K, der parallel zu der x- Achse (x’-Achse) unter einer
Kraft Fx bzw. Fʼx bewegt wird.
Fx = Δpx/Δt = [(Δpʼx + v· Δmʼ )/k] /[ ( Δtʼ + Δxʼ · v /c2 )/k]
Fx = (Δpʼx / Δtʼ + v· Δmʼ/ Δtʼ ) / ( 1 + Δxʼ/ Δtʼ · v /c2 )
Δmʼ·c2 ist die im xʼ ;yʼ-System gegen K verrichtete Arbeit.
Δmʼ·c2 = Fʼx · Δxʼ → Δmʼ = Fʼx · Δxʼ/ c2
Δpʼx/Δtʼ = Fʼx
↓
2
Fx = Fʼx · [ 1 + v · Δxʼ /(c · Δtʼ) ]/ [ 1 + Δxʼ · v /(c2 · Δtʼ) ]
→
Fx = Fʼx
Wenn die Kraft und die Bewegungsrichtung nicht parallel zur x- Achse sind, dann
gilt:
Δmʼ · c2 = Fʼx · Δxʼ + Fʼy · Δyʼ + Fʼz · Δzʼ → Fx ≠ Fʼx
Wir betrachten nun einen Körper K, der parallel zur yʼ-Achse unter einer Kraft F y
bzw. Fʼy bewegt wird.
Fy = Δpy / Δt;
Fʼy = Δpʼy /Δtʼ
Die Impulsänderungen sind in beiden Systemen gleich groß.
Fy = Δpʼy / Δt
→ Fy = Δpʼy / [( Δtʼ + Δxʼ · v /c2 )/k]
Fy = (Δpʼy /Δtʼ) / {[ 1 + (Δxʼ\ Δtʼ) · v /c2 ]/k};
(Δx’\ Δt’) = 0
Fy = (Δpʼy /Δtʼ) ·k → Fy = Fʼy · k
Aus der Sicht des ruhenden Beobachters misst der bewegte Beobachter zu einer
136
Impulsänderung eine zu kurze Zeit und erhält damit eine zu große Kraft.
2.10 Satz von der Erhaltung der Masse
Wir denken uns ein abgeschossenes System aus mehreren Teilchen 1, 2, ... Die
x-Koordinate des i. Teilchenimpulses nennen wir pi. Für die Summe Σpi aus den
Impulskoordinaten pi aller Teilchen gilt:
Σpi = (Σp’i + v·Σm’i) /k
→
Σm’i = (k ·Σpi - Σp’i ) /v
Aus der letzten Gleichung können wir unter Berücksichtigung des Impulssatzes
folgenden Schluss ziehen:
Die Gesamtmasse eines abgeschlossenen Systems bleibt konstant.
Die Gleichung E = Δm · c2 ist demnach nicht nur für die kinetische Energie, sondern
für jede Energieart gültig.
Wird z.B. ein fliegender Körper von einer Feder abgebremst, dann bleibt die
Gesamtmasse vom fliegenden Objekt und der Feder konstant. Während die Masse
des einen Gegenstandes zunimmt, nimmt die des anderen ab.
Der Massenzuwachs einer Spiralfeder
während einer Stauchung kann auch
anhand des in der Abb. 2.10.1
dargestellten
Gedankenexperiments
bestimmt werden.
Abb. 2.10.1
In einem mit der Geschwindigkeit v gleichförmig bewegten System wird aus der
Sicht eines mitbewegten Beobachters B’ in dem Zeitabschnitt Δt’ eine Spiralfeder um
s’ gestaucht (siehe Abb. 2.10.1). Die dabei verrichtete Arbeit errechnet er nach F’·s’
unter der Annahme, dass s’ sehr klein ist und somit die Kraft F’ während der
Verformung als konstant angesehen werden kann. F’·s’ ist die Energiezunahme ΔE’
der Feder aus der Sicht von B’. Die am linken Rand fixierte Feder erhält aus seiner
Sicht im bewegten System keinen Impuls, da die auf sie von links und rechts
wirkenden Kraftstöße gleich groß sind. Anders sieht dies ein ruhender Beobachter A.
Für ihn sind die Wirkungszeiten ΔtL und ΔtR der links und rechts angreifenden Kräfte
verschieden. Die Kräfte sind in beiden Systemen gleich groß.
Die zur Stauchung führende Kraft F wirkt aus der Sicht von A am linken Ende vom
Zeitpunkt t1L bis zum Zeitpunkt t2L und am rechten Ende von t1R bis t2R. Aus der Sicht
von B’ erfolgt die Stauchung zwischen den Zeitpunkten t’1 und t’2.
ΔtL = t2L – t1L ; ΔtR = t2R – t1R
t1L = t’1 /k; t2L = t’2 /k
→
ΔtL = Δt’/k
t1R = [t’1 + (v/c2) ·x’1]/ k ¸ t2R = [t’2 + (v/c2) ·x’2]/ k
x’1 und x’2: x’-Werte vom rechten Ende der Feder vor und nach der Stauchung.
137
ΔtR = t2R - t1R = [(t’2 - t’1 ) + (v/c2) · (x’2 - x’1) ]/ k
→
ΔtR = [Δt’ – (v/c2) · s’]/ k
s’ = x’1 – x’2: Stauchung aus der Sicht von B’.
F = F’
Der ruhende Beobachters A registriert eine Impulsänderung Δ(m·v) an der Feder.
Δ(m·v)= F· ΔtL – F · ΔtR = F · (ΔtL – ΔtR )
F · (ΔtL – ΔtR ) = F · (v/c2) ·s’/ k
Da sich v nicht ändert gilt: Δ(m·v) = v · Δm.
v · Δm = F · (v/c2) · s’/ k
→
Δm · k = (1/c 2) · s’ ·F’
Δm · k ist die Änderung der Ruhemasse Δm’ im bewegten System.
Somit gilt: Δm’ ·c2 = s’ · F’ = ΔE’
2.11 E = h·f
Herleitung der Planckschen Beziehung anhand eines Gedankenexperiments
Wir denken uns, wie in der
nebenstehenden Skizze angedeutet,
einen gleichförmig mit der Geschwindigkeit v bewegten Spiegel, auf den
Licht der Frequenz f fällt.
Abb. 2.11.1
Das Licht hat bekanntlich Energie und somit auch eine Masse, übt dementsprechend
eine Kraft auf den bewegten Spiegel aus und verrichtet hierbei eine Arbeit, die zu
einem Energieverlust des Lichtes führt. Neben der Energie nimmt auch die Frequenz
ab; dies ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, dass durch die Bewegung des
Spiegels das reflektierte Signal und somit auch die Periodenlänge gestreckt wird. Mit
der größeren Wellenlänge stellt sich nach λ · f = c eine kleinere Frequenz f’ ein.
Meistens sind Energieverluste des Lichts nicht mit einer Frequenzänderung
verbunden. Man denke z.B. an die Lichtschwächung durch einen Graufilter oder
durch Wolken.
Warum wird im einen Fall der Energieverlust von einer Frequenzänderung
begleitet, im anderen Fall aber nicht ?
Zur Beantwortung dieser Frage sollte man sich nach ähnlichen Phänomenen
umschauen.
Man stelle sich ein Gas in einem senkrechten Zylinder unter einem beweglichen
Kolben vor, der mit Gewichten belastet ist. Werden die Gewichte entfernt, dann dehnt
sich das Gas aus, wobei seine Temperatur und seine Energie infolge der von ihm
138
verrichteten Arbeit abnimmt. Hier ist anstelle der Frequenz die Temperatur eine
energieabhängige Größe. Man kann die Energie des Gases aber auch dadurch
verringern, indem man einen Teil des Gases aus seinem Behälter ausströmen lässt.
Während im ersten Fall die Zahl der Gasatome konstant bleibt und die Energie der
einzelnen Atome abnimmt, verhält es sich im zweiten Fall genau umgekehrt. Die
Zahl der Atome wird kleiner, die Energie der einzelnen Atome bleibt konstant.
Unter dem Eindruck der erwähnten Tatsachen erscheint nun eine Deutung des zu
Anfang vorgestellten Gedankenexperiments leicht möglich.
Die Lichtenergie ist in Wirkungseinheiten (Photonen, Quanten) eingeteilt. Der
bewegte Spiegel vermindert die Energie der einzelnen Photonen, ein Filter schluckt
Photonen, und vermindert damit die Energie eines Lichtstrahls. Die Frequenz des
Lichtes ist von der Energie der Photonen abhängig.
Welche Beziehung besteht zwischen der Frequenz und der Photonenenergie ?
Die Frequenz- und Energieänderung während der Lichtreflexion werden nun
berechnet.
1. Änderung der Frequenz
Ein Wellenzug der Länge n ·λ wird in der Reflexionszeit t auf die Länge n ·λ’
gestreckt. Während der Reflexion legt das Ende des ankommenden Wellenzuges die
Strecke n ·λ + v·t zurück.
n ·λ + v · t = c · t
→
t = n ·λ /(c-v)
Der Anfang des reflektierten Wellenzuges entfernt sich in dieser Zeit vom Spiegel
um: c · t + v · t = t·(c + v) = n·λ’
t·(c + v) = n·λ’; t = n ·λ /(c-v) → (c + v)·n·λ /(c-v) = n·λ’
↓
(1.) λ/λ’ = f’/f = (c-v)/(c+v)
2. Änderung der Energie
Der Spiegel erfährt in der Reflexionszeit t die Kraft F = [ m · c - (-m’ · c)] / t =
c·(m + m’) / t. m und m’ sind die Lichtmassen vor und nach der Reflexion.
[ m·c - (-m’ · c)] ist die Impulsänderung während der Reflexion.
Für die Lichtarbeit gilt: W = F · v · t = [c · (m + m’) / t] · v · t = v · c · (m + m’)
v · t beschreibt die Verschiebung des Spiegels in der Zeit t.
Für die Arbeit des Lichtes gilt auch: W = (m – m’) ·c2
Somit können wir schreiben: v · c · (m + m’) = (m – m’) ·c2
v · (m + m ’) = c·(m - m’)
→
m’ · (c + v) = m · (c – v)
(2.) m’/m = (c-v)/(c+v)
(1.) f’/f = (c-v)/(c+v); (2.) m’/m = (c-v)/(c+v) → f’ / f = m’ /m
139
Die Massen m und m’ verhalten sich zueinander wie die zugehörenden Energien E
und E’.
m’ / m = E’/E; f’ / f = m’ / m → E’/f’ = E/f
Für die Energien EP und EP’ der Photonen gilt dann auch: E’P/f’ = EP/f = Konstante
Diese Konstante heißt Wirkungsquantum h.
EP = h · f
Mit diesem Gesetz kann der Fotoeffekt erklärt werden. Dieser Effekt ermöglicht die
Bestimmung von h.
h = 6,62617·10-34 J·s
2.12 Das Brechungsgesetz der Optik
Fällt ein Lichtstrahl auf eine Grenzfläche z.B. die zwischen Luft und Glas, dann wird
er gebrochen. Das Verhältnis aus dem Sinus des Einfallswinkels α und dem Sinus des
Brechungswinkels ß ist konstant.
sin α / sin ß heißt Brechungsindex n. n ist von
den Materialien abhängig, welche die Grenzfläche bilden.
Abb. 2.12.1
Abb. 2.12.2
Das Brechungsgesetz kann mit Hilfe der Relativitätstheorie hergeleitet werden.
In einem ruhenden System S stellen wir uns einen Quader aus Glas vor, in dessen
Unterseite ein Lichtstrahl (Welle) eindringt (siehe Abb. 2.12.2). Der Wellenberg, der
gerade mit der Lichtgeschwindigkeit cL (Lichtgeschwindigkeit in Luft) den Punkt P
erreicht, sei zum Zeitpunkt t = 0 durch den Nullpunkt des x-y-Koordinatensystems
gegangen. Für die Koordinaten aller Punkte P dieses Wellenbergs gilt zum
Zeitpunkt t > 0: y = cL ·t / cosα – x·tanα .
Wir denken uns nun ein in Richtung der x-Achse mit der Geschwindigkeit v
bewegtes System S’. Die Achsen des zu diesem System gehörenden
x’-y’-Koordinatensystem liegen zum Zeitpunkt t = t’= 0 auf denen des in der
Abb. 2.12.2 sichtbaren Systems. v kann so gewählt werden, dass die Wellenberge in
S’ parallel zur x’-Achse verlaufen.
t = (t’+x’·v/c2) / k, x = (x’ + v·t) / k, y = cL ·t / cosα – x·tanα
↓
y = y’ = (cL / cosα) ·(t’+x’·v/c2) / k – [(x’ + v·t’) / k ]· tanα
140
↓
y’ = (cL / cosα – v · tanα )·t’/ k + [(cL / cosα) ·v/c2 – tanα ]· x’ / k
Die Wellenberge verlaufen in S’ dann parallel zur x, x’-Achse, wenn y’ von x’
unabhängig ist.
(cL / cosα) ·v/c2 – tanα = 0 → sin α = v · cL/ c2
Da in S’ die Wellenberge und Wellentäler auch nach dem Eintritt in das Glas parallel
zur x'-Achse bleiben, gilt eine entsprechende Gleichung auch für die gebrochene
Welle im Glas
sin ß = v · cG/ c2 , cG = Lichtgeschwindigkeit im Glas
sin α = v · cL/ c2 ; sin ß = v · cG/ c2
→
sin α / sin ß = cL / cG = n
2.13 Die Lichtinterferenz hinter einem Doppelspalt
Ein zur y-Achse paralleler Lichtstrahl
ist auf einen Doppelspalt mit der
Gitterkonstanten g gerichtet (siehe
Abb. 2.13.1). Den beiden Spalten sind
auf der x-Achse eines ruhenden Systems
S die x-Werte – g/2 und + g/2
zugeordnet. Auf einem Bildschirm über
den Spalten sind Lichtmaxima und
Lichtminima (siehe Kapitel 1.13.5. ).
Abb. 2.13.1
Zum Verständnis dieser Erscheinung stellen wir uns ein x’; y’ - System S’ mit einer
x’-Achse entlang des Bildschirms vor, welches mit der Geschwindigkeit v nach
rechts fliegt. v ist so gewählt, dass die Lichtschwingungen (Schwingungszeit = T) in
den beiden Spalten aus der Sicht von S’ gleiche Phasen haben.
Wellenberge, die aus der Sicht eines Beobachter in S' gleichzeitig zu einem Zeitpunkt
t' im linken und rechten Spalt erscheinen, werden aus der Sicht von S als Wellenberge
gesehen, die zu verschiedenen Zeitpunkten t1 und t2 mit dem zeitlichen Abstand
n · T (n = 0; 1; 2; 3....) auf den Doppelspalt treffen.
t’ = [ t1 – (v/c2) · (-g/2)] /k ;
t’ = [ t2 – (v/c2) · (g/2)] /k
t1 – (v/c2) · (-g/2) = t2 – (v/c2) · (g/2)
→
t2 – t1 = n · T = (v/c2) · g
c = λ/ T → T = λ /c
n · T = (v/c2) · g ; T = λ /c
→
n · λ = g · v/c
Aus der Sicht von S’ laufen zwei Wellenberge, die zum Zeitpunkt t’ die Spalten
verlassen auf den Koordinatenursprung K0’ des x’; y’ – Systems zu und erzeugen dort
ein auch für ruhende Beobachter wahrnehmbares Intensitätsmaximum. Wenn die
Wellenberge bei K0’ eintreffen und dort ein Interferenzmaximum ausbilden, hat sich
K0’ aus der Sicht von S innerhalb einer Zeit t um x nach rechts bewegt. Das
141
Intensitätsmaximum erscheint aus der Sicht von S deshalb im Abstand x von der yAchse.
n · λ = g · v/c
v/c = v·t / (c·t) = sin (α)
↓
n · λ = g · sin (α)
Für das Maximum 1. Ordnung (n = 1)
gilt: λ = g · sin (α )
siehe Kapitel 1.13.5 !
Abb. 2.13.2
2.14 Das Minkowski – Diagramm
Die Lorentztransformationen kann man so verändern, dass die Formeln für die Zeit t
sich nicht mehr von denen für den Ort x unterscheiden. Man muss nur ein neues
Zeitmaß einführen. Anstelle von t wird das Produkt c · t = m genommen. Mit m wird
die Zeit durch den Weg beschrieben, den das Licht in dieser Zeit im Vakuum
zurücklegt. Für v/c wird ß geschrieben.
t = ( t’ + x’ ·v/c2 )/k
→
m = ( m’ + ß ·x’ ) /k
→ m = m’/k + ß · x’/k
x = (x’ + v · t’ )/k
→
x = ( x’ + ß · m’)/k
→ x = x’ /k + ß · m’ / k
t’ = (t - x ·v/c2)/k
→
m’ = ( m - ß ·x ) /k
→ m’ = m/k + (-ß) · x /k
x’ = (x – v · t )/k
→
x’ = ( x - ß · m)/k
→ x’ = x /k + (-ß ) ·m / k
Die ersten beiden Gleichungen in der dritten Spalte kann man zu der folgenden
Vektorgleichung zusammenfassen.
{m; x} = m’ · (1/k)·{1; ß} + x’ · (1/k)·{ ß; 1}
(1/k)·{1; ß} = a;
(1/k)·{ ß; 1} = b; |a| = |b|
Anhand dieser Gleichung kann man erkennen, wie man bei Kenntnis von m’ und x’
einen Punkt im Koordinatensystem mit den Koordinaten m und x findet. In
Abb. 2.14.1 ist dies am Beispiel m’ = 4 Einheiten und x’ = 2 Einheiten dargestellt.
(m; x) erreicht man vom
Nullpunkt aus mit m’ Schritten
der Länge |a| in Richtung von
a und x’ Schritten der Länge |
b| in Richtung von b. Man
kann aber auch so vorgehen,
wie dies in Abb. 2.14.2
angedeutet ist.
Abb. 2.14.1
142
Abb.2.14.2
Die Abb. 2.14.2 regt zur Einführung eines
schiefwinkligen Koordinatensystems an, auf
deren Achsen eine Länge = |a| = |b| als Einheit
betrachtet wird (siehe Abb. 2.14.3).
|a| = |b| = √[ (1 + ß2) / (1 - ß2) ]
tan α = ß = v/c; Steigung von (1/k)·{1; ß}!
Abb. 2.14.3
Es ist erkennbar, wie zu dem Wertepaar m; x leicht die zugehörenden m’, x’ – Werte
gefunden werden können.
Die Punkte der x-Achse stellen Ereignisse dar, die im ruhenden System zum
Zeitpunkt t = 0 stattfinden. Die Punkte der x’- Achse beschreiben Ereignisse, die sich
im bewegten System zum Zeitpunkt t’ = 0 ereignen. Ereignisse am Ort x = 0 werden
auf der m-Achse abgebildet, solche am Ort x’ = 0 auf der m’ –Achse.
2.15 Das Zwillingsparadoxon
Man denke sich Zwillinge A und B auf der Erde. B steige in eine Rakete und fliege
mit 2/3 Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum. Nach einem Jahr komme er
wieder nach Hause zu seinem Bruder. Da aus der Sicht von A alle Vorgänge in der
Rakete zeitlich gedehnt werden, ist B dann weniger stark gealtert als A.
Man könnte nun folgende als Zwillingsparadoxon bekannte Erklärung abgeben:
A fliegt aus der Sicht von B mit 2/3 Lichtgeschwindigkeit. Was für B gilt muss auch
für A gelten. Damit kommt man zu dem unsinnigen Schluss: Jeder der beiden
Zwillinge ist biologisch jünger als sein Zwillingsbruder.
Die Aussage „Was für B gilt muss auch für A gelten“ trifft hier nicht zu, denn für B
gehen die Uhren auf der Erde erst dann langsamer als die Raketenuhren, wenn er
nach dem Beschleunigungsvorgang die Uhren in seiner Rakete synchronisiert.
Zunächst sieht B nach dem Start seines Raumschiffs so wie sein Bruder die
Raketenuhren in einer langsameren Gangart als die irdischen Uhren. Der Grund
hierfür ist die Tatsache, dass die Uhren in der Rakete aus der Sicht von A während
des Starts synchron bleiben und deshalb aus der Sicht von B nicht synchronisiert
sind. Ist die Rakete in gleichförmiger Bewegung, dann kann B die Uhren in der
Rakete synchronisieren. Nach einer solchen Synchronisation ordnet er beim
Uhrenvergleich den Zeitangaben einer irdischen Uhr die Zeiten verschiedener
Raketenuhren zu. Er liest die zugehörende Raketenzeit immer an der Uhr ab, an der
die vorbeiziehende irdische Uhr gerade angelangt ist. Aus der Sicht des irdischen
Beobachters ist dieser Uhrenvergleich nicht zulässig, weil nach seiner Sichtweise die
zum Vergleich genommenen Raketenuhren nicht synchronisiert sind und deshalb
falsche Zeiten anzeigen.
Es soll nun etwas genauer untersucht werden, wie B den Start seiner Rakete erlebt
und welche Schlüsse er möglicherweise daraus zieht. Wir stellen uns einen sehr
143
langen, rechteckigen Raum R innerhalb der Rakete vor (siehe Abb. 2.15.1), der
während des Starts mit a auf die Geschwindigkeit v beschleunigt wird. In diesem
Raum stehen Uhren, die unmittelbar vor der Beschleunigung zusammen mit den
irdischen Uhren auf 0 eingestellt wurden. Während der Beschleunigung und danach
zeigen diese Uhren aus der Sicht eines ruhenden Beobachters A gleiche Zeiten an.
Abb. 2.15.1
Aus der Sicht von B geht nach der Beschleunigung auf die Geschwindigkeit v die
Uhr bei x’2 gegenüber der Uhr bei x’1 um Δt’ = (v/c2)·Δx’ vor.
Δt’ = t’2 - t’1 ; Δx’ = x’2 - x’1
Beweis:
Wenn B die Uhren in der Rakete synchronisiert hat, dann gilt nach den
Lorentztransformationen:
t = (t’1 + x’1 ·v/c2)/√(1-v2/c2); t = (t’2 + x’2 ·v/c2)/√(1-v2/c2)
t’1 und t’2 sind die Zeiten, die der ruhende Beobachter A zu einer Zeit t seines
Systems auf den Uhren U1 und U2 abliest.
Es werden Zeiteinstellungen und Koordinatensysteme in der Rakete und auf der Erde
vorausgesetzt, wie sie den Lorentztransformationen zugrunde liegen.
(t’1 + x’1 ·v/c2) = (t’2 + x’2 ·v/c2)
Δt’ = t’2 - t’1 = - ( x’2 - x’1)·v/c2 → Δt’ = -(v/c2)·Δx’
Aus der Sicht von A geht dann die Uhr bei x’2 gegenüber der Uhr bei x’1 nach. Da
nach dem Start die Uhren aus der Sicht von A keine Zeitunterschiede zeigen, geht
aus der Sicht von B die Uhr bei x’2 gegenüber der Uhr bei x’1 um (v/c2)·Δx’ vor.
Wir setzen nun voraus, dass sich B folgende Gedanken macht.
Die im Raum R während des Beschleunigungsvorgangs der Dauer t’ wirkenden
Kräfte sind keine Trägheitskräfte, sondern Gravitationskräfte, unter deren Wirkung
der ruhende Beobachter A mit a’ in der Zeit t’ auf v = v’ beschleunigt wurde.
v = v’ = a’·t’
Diese Gravitationskraft ist für die unterschiedlichen Anzeigen der Uhren
verantwortlich, sie bewirkt, dass die Uhr U2 schneller geht als die Uhr U1.
t’2 = t’1 + (v/c2) · Δx’; v = a’·t’ → t’2 = t’1 · [ 1 + (a’/c2) · Δx’ ]
Für das Verhältnis der Taktfrequenzen t’2 / t’1 erhält er demnach:
t’2 / t’1 = 1 + (a’/c2) · Δx’
Geht man davon aus, dass man zwischen Trägheitskräften und Gravitationskräften
144
hinsichtlich ihrer Wirkung keinen Unterschied feststellen kann, dann muss nach den
Überlegungen von B eine Uhr U2 die um h über einer Uhr U1 im Gravitationsfeld der
Erde aufgestellt ist, eine um t2 / t1 = 1 + (g/c2)·h schnellere Gangart haben als U1.
Der in dieser Gleichung zum Ausdruck kommende Gangunterschied konnte mit
hochgenauen Atomuhren nachgewiesen werden. Bei einem Höhenunterschied von
1000 m läuft die höhere Uhr während einer Stunde gegenüber der tieferen Uhr um
4·10-10 Sekunden voraus.
Die hier beschriebene Tatsache lässt den Schluss zu, dass eine Lichtwelle eine
Verminderung ihrer Frequenz erfährt (Rotverschiebung), wenn sie aus einem
Gravitationsfeld aufsteigt. An höheren Orten laufen die Uhren schneller. Es wird dort
eine größere Schwingungszeit und somit eine kleinere Frequenz gemessen. Auch
diese Frequenzänderung konnte nachgewiesen werden.
Somit kann die Behauptung als zutreffend bezeichnet werden, dass in einem
abgeschlossenen Raum
zwischen Gravitations- und Trägheitskräften keine
Unterschiede erkannt werden können, wenn diese durch äußere Umstände bedingt
sind. Träge und schwere Masse sind äquivalent.
2.16 Historisches zur Entwicklung der Relativitätstheorie
Die Spezielle Relativitätstheorie hat viele Väter, die Allgemeine Relativitätstheorie ist
das Werk Einsteins. Letztere basiert auf der schon von Ernst Mach formulierten
Vorstellung, dass man Trägheitskräfte und Gravitationskräfte ohne Kenntnis ihrer
Ursachen nicht unterscheiden kann. Wenn z.B. ein Mensch in einer großen Kiste aus
großer Höhe frei zu Boden fällt und plötzlich eine Kraft spürt, weil er durch die Luft
zu einer nahezu gleichförmigen Bewegung abgebremst wird, dann kann er in seiner
Kiste nicht feststellen, ob es sich um eine Gravitations- oder eine Trägheitskraft
handelt. Er kann auch die Auffassung vertreten, dass er aus einer gleichförmigen
Bewegung beschleunigt wird. Demnach gelten in Räumen gleiche Gesetze, in denen
weder Gravitations- noch Trägheitskräfte erfahren werden. Der letzte Satz ist eine
Verallgemeinerung des schon früher formulierten Relativitätsprinzips.
Anmerkungen zur speziellen Relativitätstheorie im Lehrbuch für Theoretische
Physik von Georg Joos (10. Auflage, 1959):
Die Zeittransformation hat bereits 1887 Voigt in einer wenig bekannten Arbeit
vorgenommen. 1892 hat sie Lorentz für die Optik bewegter Körper aufgenommen.
1900 schrieb Lamor die Lorentz-Transformationen zuerst in der heute üblichen
Form. 1904 erschien eine Arbeit von Lorentz, in der die Optik bewegter Körper ganz
vom Standpunkt der Lorentztransformationen behandelt wurde. 1905 zogen
unabhängig voneinander Poincarè und Einstein die folgenden Schlüsse aus den
Lorentztransformationen:
1. Längenkontraktion und Zeitdilatation aus der Sicht bewegter Beobachter
2. Additionstheorem der Geschwindigkeiten
145
3. Dopplereffekt
Die Einsteinsche Arbeit enthielt darüber hinaus das fundamentale Gesetz der
Trägheit der Energie.
Den Aussagen in dem genannten Lehrbuch ist noch hinzuzufügen, dass der
österreichische Physiker Hasenöhrl schon 1904 ein auf nichtrelativistische Weise
hergeleitetes Gesetz zur Trägheit der Energie veröffentlicht hat.
Das besondere Verdienst von Poincarè und Einstein für die Spezielle
Relativitätstheorie ist der Beweis, dass die Lorentztransformationen im Einklang mit
dem Relativitätsprinzip stehen. Erst als man sich darüber im Klaren war, was unter
der Gleichzeitigkeit von Ereignissen zu verstehen ist (Synchronisation von Uhren),
welche an verschiedenen Orten stattfinden, war die Voraussetzung für einen solchen
Beweis gegeben. Einstein musste sich während seiner Tätigkeit im Berner Patentamt
dieser Frage stellen. Anlass hierzu gaben Probleme bezüglich der Abfahrts- und
Ankunftszeiten von Fernzügen -man denke an den Orientexpress.
Ausführliche Informationen über die Entwicklung der Relativitätstheorie enthält das
Buch „Raffiniert ist der Herrgott ...“ von Abraham Pais (Vieweg-Verlag).
Diesem Buch ist zu entnehmen, dass Poincarè seine Arbeit am 5.6.1905 in der
Académie des Sciences (Paris) vorstellte und Einstein seine Arbeit am 30.6.1905 in
den Annalen der Physik veröffentlichte.
3. Heuristik
3.1 Vorwort
Wie gelangt der Mensch zu Fragen ? Wie findet er passende Antworten ?
Warum glaubt er ?
Um diese Fragen geht es in diesem Kapitel. Sie sollten für Leute von Interesse sein,
die sich immer wieder um neue Erkenntnisse und um Klärung unverständlicher
Sachverhalte bemühen und es dabei mit Aufgaben zu tun haben, zu deren Lösung es
keine genauen Rezepte gibt. Man erwarte in diesem Kapitel nicht irgendwelche
Wunderrezepte zur Lösung schwieriger Aufgaben. Der Gewinn neuer Einsichten
beruht auf natürlichen Verhaltensweisen, zu denen der Mensch dank seiner
Veranlagung unter bestimmten Bedingungen neigt. Der geistig rege und neugierige
Mensch ist immer darauf aus, sein eigenes Verhalten zu variieren, mit Dingen
gedanklich zu experimentieren, sie zu ändern und zu ergänzen und mit Ähnlichem zu
vergleichen. Fragen und Schlussfolgerungen werden hierdurch veranlasst. Diese
dem Erkenntnisgewinn dienenden Verhaltensweisen sollten bekannt sein, damit man
nicht infolge unrealistischer Vorstellungen auf eine Art „Nürnberger Trichter“ hofft
und sich somit in seiner geistigen Entwicklung hindert. Einem Schüler sollte
vermittelt werden, dass hilfreiche Einfälle nicht ohne eigenes Zutun kommen, dass
sein Interesse am Lernstoff im Wesentlichen davon abhängt, ob er mit Fantasie
mitgeht, das Gebotene durch eigene Vorstellungen bereichert, es quasi in seinem
146
Sinne ausmalt. Dies gilt sowohl im Unterricht, als auch beim Lesen eines Buches.
Jedes Buch, das nicht mit reger Fantasie gelesen wird, bleibt weitgehend
unverständlich und wirkt langweilig.
Kein Erfolgserlebnis ohne Mühe; leider gilt diese allgemeingültige Aussage nur
im Sport als selbstverständlich.
3.2 Der Weg zur Frage
Wenn eine Frage nicht aus einer Gewohnheit heraus gestellt wird, wie dies bei
Kindern oft geschieht, dann ist sie normalerweise durch Unstimmigkeiten in der Welt
unserer Vorstellungen, durch Abweichungen vom Gewohnten oder durch eine
Vermutung bedingt.
Wenn jemand nach der Größe eines Hauses fragt, dann geschieht dies, weil er sich
unterschiedliche Bilder über dieses Haus gemacht hat. Wird nach der Dauer eines
Vorgangs gefragt, dann zeigt dies an, dass die fragende Person mit dem Vorgang eine
Uhr im Sinne hat, zu der sie sich verschiedene Zeitangaben vorstellt.
Unstimmigkeiten können bestehen in der Beschaffenheit eines Gegenstandes oder
seiner Anwendbarkeit, in einer Zuordnung, in den Ursachen, dem Verlauf, den
zugehörenden Bedingungen und den Folgen eines Ereignisses. Sie lösen Fragen aus,
die mit wie, welche, was, wer, wann und wo oder mit einem Verb oder einem
Hilfsverb beginnen.
Unerwartetes veranlasst fast immer eine meistens mit „warum“ beginnende Frage.
Beispiele:
1. Wenn ein Schüler erfährt, dass der elektrische Widerstand eines Drahtes bei einer
Dehnung zunimmt, dann erwartet er normalerweise auch bei einer Biegung eine
Zunahme des Widerstands. So überrascht es ihn, wenn er sieht, dass die Biegung zu
einem gegensätzlichen Effekt führt und fragt mit „warum“ nach einem Grund hierfür.
2. Unerwartet ist auch eine Abweichung vom Gewohnten. Mein vierjähriger Enkel
hat mir hierzu eine beispielhafte Frage geliefert. Während eines Telefonats mit ihm –
er telefoniert gerne und ausdauernd mit mir - hörte er das Flöten einer in meiner Nähe
sitzenden Amsel. Er war gewohnt, meine Stimme im Telefon zu hören, nicht aber
eine Vogelstimme. Somit kam von ihm die Frage: „Wie kommt der Flötenton der
Amsel durch das Telefon zu mir ?“
Wenn Vorstellungen nicht ständig neu entwickelt, wenn sie nicht variiert und
ergänzt werden, dann kommt es kaum zu Unstimmigkeiten in der Welt unserer
Vorstellungen, die Fragen veranlassen.
Bei einer Vermutung wird entweder nach ihrer Richtigkeit gefragt oder aber es wird
eine Frage mit „warum“ gestellt, wenn sie sich als falsch erweist.
Eine Vermutung kann immer als Ergebnis eines Vergleichs gesehen werden. Zeigen
147
zwei Dinge A und B gewisse Übereinstimmungen, dann wird auf weitere
übereinstimmende Merkmale, möglicherweise auch auf Gleichheit geschlossen. Was
bei A erkannt wird, wird zu B gedacht (vermutet) . Es ist somit sinnvoll, zu einer
interessanten Erscheinung A eine ähnliche Erscheinung B zu suchen, damit sich
Vermutungen einstellen können.
1. Beispiel:
In der Abb.3.1 sind zwei Gegenstände zum Vergleich dargestellt. Links ist ein
geladener Plattenkondensator skizziert, dessen
Platten über einen geöffneten Schalter
miteinander verbunden sind. Rechts ist ein
U-Rohr zu sehen, dessen Schenkel durch einen
zunächst geschlossenen Hahn getrennt sind.
Der eine Schenkel ist mit Wasser gefüllt. Wird
der Hahn geöffnet, dann schwingt das Wasser
von einem Schenkel zum anderen und zurück.
Abb. 3.1
Vermutung: Die Elektronen schwingen nach dem Schließen des Schalters zwischen
den beiden Kondensatorplatten hin und her.
2. Beispiel
Zum Vergleich kommen Modelle in Frage. Unter einem Modell versteht man ein
erdachtes Gebilde, welches mit einem Gegenstand der Natur charakteristische
Merkmale gemeinsam hat. So wird z.B. eine Vielzahl kleiner Kugeln, die in einem
Gefäß hin und her schwirren, als Modell eines Gases genommen. Die kleinen Kugeln
sollen den Molekülen eines realen Gases entsprechen. Eine an diesem Modell
hergeleitete Gleichung über den Druck auf die Gefäßwand wird auf ein reales Gas
übertragen und diesbezüglich auf seine Gültigkeit geprüft.
Erscheint das Modell für Berechnungen zu kompliziert, dann wird es im Sinne
besserer Berechenbarkeit geändert. Die Teilchen im Gasmodell kann man z.B. an der
Innenseite einer Hohlkugel entlang gleiten lassen. Hierbei wird man von der
Vermutung geleitet, dass das so gewonnene Ergebnis auch für das komplexere
Modell gültig ist.
Die Kraft eines Teilchens auf die Wand ist unter diesen Umständen gleich m· v2 / r.
n Teilchen üben somit die Kraft F = n· m· v2 / r aus.
Für den Druck p auf die Gefäßfläche A = 4·π·r2gilt demnach:
p = F / A = F / (4·π·r2)→ p = (n·m·v2/ r) / (4·π·r2)
↓
p = n·m·v2/ (4·π·r3)
Die Gleichung muss so umgewandelt werden, dass sie formal zu jedem mit Gas
gefüllten Gefäß passt.
148
4· π· r3= 3 · Kugelvolumen V
↓
2
p·V= (1/3)· n· m· v →p·V= (2/3)· n· ( m· v2/2)
Wir vermuten manchmal, dass zwei Dingen einander gleich sind, wenn sie in
wesentlichen Merkmalen übereinstimmen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn wir auf
der Suche nach einem Term zur Berechnung einer bestimmten Größe in folgender
Weise vorgehen: Zunächst wird nach Merkmalen eines solchen Terms gefragt, es
können z.B. Ergebnisse sein, welche dieser unter bestimmten Bedingungen liefert.
Hiernach werden Terme mit diesen Merkmalen gesucht und auf ihre Eignung geprüft.
Beispielhaft hierfür sind die Schlussfolgerungen anhand von Einheiten auf Seite 25.
Von einer völlig anderen Art ist das folgende Beispiel aus der Mathematik:
Es solle eine Gleichung gefunden werden, welche es ermöglicht, den Flächeninhalt A
eines Dreiecks anhand der Seitenlängen a, b und c zu berechnen. Es wird nach
Merkmalen eines solchen Terms gefragt. Im Sinne dieser Frage sind
Gedankenexperimente mit dem Dreieck hilfreich.
Abb. 3.2
Bei Verkleinerung einer Höhe fällt auf, dass ein Term für den Flächeninhalt den Wert
0 ergeben muss, wenn eine Seite gleich dem halben Umfang s = (a+b+c)/2 ist. Auch
mit schwindendem s muss dieser Term gegen o gehen. Ein Term mit diesen
Eigenschaften ist das Produkt s·(s-a)·(s-b)·(s-c). Dieser Term kommt aber nicht für
den Flächeninhalt in Frage, weil er als Einheit m4 oder cm4 hat.
Vermutung (Heronsche Dreiecksformel):
A = √[s·(s-a)·(s-b)·(s-c)]
Wie hier, so sind auch in anderen Fällen Gedankenexperimente hilfreich, wenn
man etwas genauer kennen lernen will.
3.3 Der Weg zur Antwort
Oft kann zu einer gestellten Frage nach einem genau bekannten Verfahren eine
Antwort gefunden werden. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn nach einer Größe gefragt
wird, die mit Hilfe eines bekannten Gesetzes berechnet oder unter Zuhilfenahme
vorhandener Geräte gemessen werden kann. Wir haben es aber auch mit Fragen zu
tun, die nicht in dieser einfachen Weise beantwortet werden können.
Wenn dies der Fall ist, dann sammeln wir Informationen über den in Frage stehenden
Gegenstand G und vermehren diese Informationen durch Folgerungen, die wir daraus
ziehen können. Auch Dinge, die G ähnlich sind, werden in Betracht gezogen. Beim
Sammeln von Informationen sind Gedankenexperimente mit G sehr hilfreich. Hierbei
149
ist folgende Frage zu stellen:
Was kann ich mit G tun , was kann ich an ihm beobachten und messen ?
Die hier genannten Maßnahmen sollen einer Antwort näher bringen. Die Wege zu
einer Antwort sind entweder induktiver oder deduktiver Natur. Unter einer
Induktion (kommt von lat. inducere = hineinführen) versteht man den Schluss von
Erfahrungen auf ein Naturgesetz. Die Deduktion (kommt von lat. deducere =
wegführen) ist eine Folgerung aus einem oder mehreren bekannten Naturgesetzen.
Wenn z.B. der Fallweg eines Steines mit Hilfe der Gleichung s = ½· g· t2 berechnet
wird, dann spricht man von einer Deduktion. Die Ermittlung des Fallgesetzes anhand
von tabellarisch angeordneten Messdaten nennt man eine Induktion.
Wird eine Tabelle aus Messwertepaaren zusammengestellt, dann geschieht dies
meistens mit der Absicht, eine konstante Verknüpfung von Messwerten zu finden
(Ein Beispiel hierfür ist auf der Seite 20), manchmal aber auch deshalb, weil man
eine Entwicklungstendenz an den geordneten, tabellierten Werten erkennen möchte,
die eine Schätzung eines nicht messbaren Wertes ermöglicht.
Man spricht in einem solchen Fall entweder von Interpolation oder Extrapolation, je
nachdem ob der Schätzwert zwischen oder nicht zwischen den geordneten
Messwerten liegt.
Beispiel:
Es solle die Temperaturzunahme ΔT bestimmt werden, die eine bestimmte Menge
Wasser bei einer Energiezufuhr ΔE erfährt.
Zur Messung des Wertes ΔT müsste die Energie ΔE schlagartig zugeführt werden,
denn andernfalls wird der Messwert durch Wärmeabfluss an die Umgebung
verfälscht. Da diese schlagartige Energiezufuhr nicht möglich ist, bestimmt man die
Temperaturzunahme bei verschiedenen Erwärmungszeiten t. ΔE hat in jedem Fall den
gleichen Wert. Die hierbei ermittelten Werte ΔT werden grafisch in Abhängigkeit von
der Erwärmungszeit t dargestellt. Die Fortsetzung des Grafen bei Annäherung an
t = 0 wird geschätzt, er weist auf den gesuchten Wert ΔT hin.
Oft werden zu Gedankenexperimente anhand von Plausibilitätsbetrachtungen
Tabellen erdacht. Sie regen zu Vermutungen an, und längst Vergessenes kann wieder
einfallen.
Beispiel:
Wir denken an einen Metalldraht der Länge L, der unter einer Kraft F um ΔL gedehnt
wird.
Es stellt sich die Frage:
Wie hängt ΔL von F ab ?
Als einfachste Beziehung kommt ΔL / F = Konstante = K1 in Frage.
Wir ändern in Gedanken die Länge des Drahtes.
Frage:
Wie ändert sich K1 mit der Länge L ?
150
Plausible Antwort: K1 / L = Konstante = K2. → ΔL / (F·L) = K2
Begründung: Gleich lange Abschnitte des Drahtes erfahren gleiche Dehnungen.
Wir ändern in Gedanken den Querschnitt A des Drahtes.
Frage:
Wie ändert sich K2 mit dem Drahtquerschnitt A ?
Plausible Antwort: K2·A = Konstante = K3. → ΔL· A / (F·L) = K3
Begründung: Ersetzt man einen Draht mit dem Querschnitt 2· A durch zwei parallele
Drähte mit den Querschnitten A, dann erhält man vermutlich die gleiche Dehnung.
Da die Kraft hierbei auf zwei Drähte verteilt wird, folgt: Nach Verdopplung des
Querschnitts ist die Dehnung und somit auch K2 nur noch halb so groß.
Die nur vom Drahtmaterial abhängige Konstante K3 wird Elastizitätsmodule ε des
Materials genannt.
ΔL·A / (F·L) = ε → F = ε·A·ΔL
Wie lang ist die Schwingungszeit T eines Federpendels ?
Wie groß ist die Zentralkraft auf einen kreisenden Körper ?
Wie lang ist der Bremsweg eines bremsenden Autos ?
Dies sind Fragen, wie sie im Physikunterricht gestellt werden. Die Antwort soll
normalerweise deduktiv gefunden werden.
Nur manchmal ist eine Gleichung bekannt, welche die Berechnung der gesuchten
Größe x sofort ermöglicht. In der Mehrzahl aller Fälle müssen zunächst zum
Sachverhalt passende Gleichungen hergeleitet werden. Hilfreich ist hierbei eine
genaue Beschreibung des in Frage stehenden Gegenstandes G, eine Skizze von G mit
zugehörenden Kenngrößen ist angebracht. Da diese Größen zum Aufstellen von
Gleichungen anregen, sollte man sich beim Anlegen der Skizze nicht auf die in der
Aufgabe angegebenen und gesuchten Kenngrößen beschränken.
Was kann ich mit der gesuchten Größe x berechnen ?
Diese Frage hilft bei der Suche nach einer Gleichung mit x. Auch hier muss
wieder betont werden, dass oft erst bei Gedankenexperimenten mit G Wichtiges
auffällt und hilfreiche Einfälle kommen. Als ein Gedankenexperiment kann auch die
Änderung der Betrachtungsweise – Änderung des Beobachtungsstandortes - gesehen
werden (siehe Berechnung von Wellengeschwindigkeiten auf den Seiten114-116).
Anmerkung:
Als Experiment gilt hier entsprechend der Wortbedeutung jede Handlung mit
ungewissem Ergebnis, die dem Erkenntnisgewinn dienen soll.
Findet man eine Gleichung, in der neben x noch andere unbekannte Größen y,z....
enthalten sind, dann müssen weitere Gleichungen mit x,y,z.. aufgestellt werden,
damit die unerwünschten Unbekannten ersetzt werden können.
151
Oft ist es sinnvoll nach einer ähnlichen Aufgabenstellung zu fragen. Vielleicht findet
man Anregungen an dem dabei gewonnenen Ergebnis und dem eingeschlagenen
Lösungsweg.
Beispiel:
Es soll die Schwingungszeit T berechnet werden, nach der eine bestimmte
Wassermenge in einem U-Rohr zu schwingen vermag.
Abb. 3.3
Abb. 3.4
Die hierzu passenden Kenngrößen sind die Länge L des mit Wasser gefüllten
Rohrabschnitts, der Rohrquerschnitt A, die Masse m und die Dichte ρ des Wassers
(siehe Abb. 3.3).
Als ähnliche Aufgabe ist die Berechnung der Schwingungszeit an einem Federpendel
mit dem Ergebnis T = 2·π·√(m/D) zu nennen.
Bei gedanklichen Umgang mit dem U-Rohr wird an das Hineinblasen gedacht. Bei
einem solchen Experiment steigt die Flüssigkeit in einem Schenkel um 2·s über die
des anderen Schenkels (siehe Abb. 3.4). s ist die Abweichung von der Ruhelage.
Überlegungen zu diesem Experiment:
Die Flüssigkeitssäule der Höhe 2 ·s bewirkt eine zurücktreibende Kraft F. Es kann
eine der Federkonstanten D entsprechende Größe D = F/s berechnet werden.
F = 2·s·A ·ρ·g → D = 2·ρ·A·g
Unter Berücksichtigung der Gleichungen T = 2·π ·√(m/D) und m = L ·A·ρ finden
wir: T = 2· π ·√[L/ (2·g)]
Wird eine Gleichung zur Beschreibung einer bestimmten Bedingung gesucht, dann
sollte man die Entwicklung zur Bedingung hin untersuchen.
1. Beispiel:
Es solle der Umkehrpunkt eines nach oben geworfenen Körpers berechnet werden.
Verfolgt man die Entwicklung zum Umkehrpunkt hin, dann fällt auf, dass die
Geschwindigkeit v bei Annäherung an den Umkehrpunkt 0 wird. Als
Bedingungsgleichung wird daraufhin v = vStart - g·t = 0 aufgestellt.
2. Beispiel:
Auf einen großen Zylinder mit dem Radius r (siehe Abb. 3.5 auf der nächsten Seite)
werde ein Klötzchen aufgesetzt, welches an einem Zylinder reibungsfrei abgleite. Bei
einem bestimmten Wert des Drehwinkels φ löst sich dieses Klötzchen vom Zylinder.
152
Wie groß ist dieses φ ?
Der Radius r, der Drehwinkel φ, die Höhendifferenz h zwischen dem Ablösepunkt
und dem Scheitel des Zylinders, die Gewichtskraft m·g, die Zentrifugalkraft
FZ = m·v2 / r, welche aus der Sicht eines Beobachters wirkt, der das Klötzchen
begleitet und die resultierende Kraft F, werden vermerkt.
Abb. 3.5
Abb. 3.6
Auf der Suche nach einer Bedingungsgleichung für die Ablösung, fällt auf, dass die
resultierende Kraft F bei Annäherung an den Ablösepunkt in Richtung der Bahn
weist.
Bedingungsgleichung: cos (φ) = FZ / (m·g) → cos(φ) = m·v2 /( r ·m·g)
cos (φ ) = m·v2 /( r ·m·g) ; m·v2/2 = m·g ·h (Ekin = Epot ! )
h = r - r·cos(φ) = r ·(1 – cos(φ))
cos(φ) = 2·g·r ·(1 – cos(φ)) /( r ·g) → cos(φ) = 2 – 2·cos(φ) → cos(φ) = 2/3
φ = 48,2°
3.4 Prüfung und Beweis einer Vermutung
Vermutungen müssen auf Übereinstimmung mit der Wirklichkeit geprüft oder
bewiesen werden. Manchmal besteht eine Prüfung in einigen Messungen. Ist diese
Prüfung nicht auf eine derart einfache Weise möglich, dann fragt der geistig rege
Mensch: „Was müsste sonst noch gelten, wenn die Vermutung zutrifft?“
Auf diese Frage hin werden Experimente mit dem Gegenstand der Vermutung erdacht
und deren Verlauf unter Berücksichtigung der Vermutung überlegt. Sieht es so aus,
dass ein bestimmtes nachprüfbares Verhalten nur bei Gültigkeit der Vermutung zu
erwarten ist, dann wird nachgeforscht.
1. Beispiel:
Es wird vermutet, dass ein Gas aus vielen kleinen Teilchen besteht. Als Experiment
könnte man hier die Trübung des Gases durch Rauch erwägen. Die Rauchteilchen
werden nach der gegebenen Vermutung infolge immer wiederkehrender
Zusammenstöße mit Gasteilchen zittern müssen. Dieser Sachverhalt ist nachgewiesen
153
und dient als Begründung für die Vermutung.
2. Beispiel:
Es wird vermutet, dass auf einem ungeladenen Körper beide Arten von Elektrizität in
gleichen Mengen vorhanden sind. Ein mögliches Experiment mit einem ungeladenen
Körper ist seine Annäherung an einen geladenen Hartgummistab. Nach der
geäußerten Vermutung ist dann eine Trennung der positiven und negativen
Körperladungen zu erwarten. Diese Trennung ist nachweisbar (Influenz).
Die hier gegebenen Begründungen sind hinsichtlich ihrer Überzeugungskraft nicht
mit einem Beweis vergleichbar. Anhand der experimentellen Befunde, die in den
letzten Beispielen zur Begründung der Vermutung angegebenen wurden, kann nicht,
wie bei einem Beweis üblich, mit Sicherheit auf die Vermutungen geschlossen
werden. So kann z.B. das Zittern eines Rauchteilchens neben stoßenden Gaspartikeln
auch andere Ursachen haben.
Beweisen heißt: eine Behauptung aus gültigen Tatsachen in eindeutiger Weise
erschließen. Hierbei werden nicht nur aus den Voraussetzungen, sondern auch aus
den zu beweisenden Behauptungen Folgerungen gezogen. Man möchte auf diese
Weise leichter beweisbare, gleichwertige Behauptungen finden.
1. Beispiel:
Es sei der Satz des Pythagoras zu beweisen.
Aus der Behauptung: a2 + b2 = c2 folgt: (a+b)2 = c2 + 2·a·b. Dass die letzte
Behauptung zutrifft, erkennt man sofort anhand der Abb. 3.7.
Abb. 3.7
2. Beispiel:
Beweis der Heronschen Dreiecksformel:
A = √[s·(s-a)·(s-b)·(s-c)]
b, a und c werden durch die Variablen h, d und e
ausgedrückt und danach bewiesen, dasss·(sa)·(s-b)·(s-c) den gleichen Wert liefert wie die
für A2 gültige Gleichung A2 = h2 · (d+e)2 / 4 .
Abb. 3.8
A = h · (d+e) / 2 !
154
s · (s-a) · (s-b) · (s-c) = (a+b+c)/2· (b + c – a)/2 · (a + c – b)/2 ·(a + b – c)/2
s = (a+b+c)/2 !
s · (s-a) · (s-b) · (s-c) = (1/16)· [(b+c +a)· (b + c – a)]· [(a+c – b) · (a + b – c)]
Mit b2 = d2 + h2 , a2 = h2 + e2 und c2 = (d + e)2 = d2 + 2 · d · e + e2 erhält man nach einigen
einfachen Umformungen:
s ·(s-a) ·(s-b) ·(s-c) = ¼ · [ d · c + b· c ]·[b ·c – d · c]= ¼ · c2 ·(b2-d2) = ¼ ·c2 ·h2 = A2
Gedankenexperimente können für einen Beweis sehr wichtig sein. Beispielhaft
hierfür ist der auf der Seite 75 gegebene Beweis der Behauptung, dass der
Wasserdruck in einem Wasserbecken nur von der Wassertiefe und nicht von der
Orientierung der Fläche abhängt, die den Druck aufnimmt.
3.5 Über den Glauben
Menschliche Anlagen haben sich evolutionär als arterhaltende Leistungen entwickelt.
Manche können sich aber leider unter bestimmten Bedingungen auch als sehr
nachteilig erweisen. Zu diesen Anlagen gehört unsere Neigung zum Glauben. Man
muss wissen, was uns zu einem bestimmten Glauben veranlasst, damit man sich nicht
starrsinnig neuen Erkenntnissen verschließt, weil sie mit bestimmten Glaubenssätzen
nicht vereinbar sind, und zu sonstigen unpassenden Vorurteilen neigt.
Es müssen Glaubenskriege vermieden werden -man denke an den Streit um die
Relativitätstheorie in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Zu den Gegnern
dieser Theorie gehörten die bekannten Physik-Nobelpreisträger Philipp Lenard und
Johannes Stark, die im Streit um sie durch unsachliche und beleidigende Äußerungen
auffielen. Die Relativitätstheorie war mit ihrem Glauben über Raum und Zeit nicht
vereinbar. Von jüdischer Physik war die Rede.
Wenn es um Glaubensangelegenheiten geht, dann sind immer Gefühle im Spiel, die
sehr leidenschaftlich sein können und keine sachliche Erörterung zulassen. Eine
sachliche Diskussion über Glaubenssätze ist nur mit Leuten möglich, die nach den
Hintergründen ihres Glaubens fragen, die sich immer wieder der Frage stellen,
warum sie dieses und jenes glauben. Im Sinne einer solchen selbstkritischen
Betrachtung soll hier auf die Fragen eingegangen werden: Warum glauben wir ?
Wie ist es zu verstehen, dass Glaubenssätze angenommen werden, die den
Alltagserfahrungen völlig widersprechen ? Man denke an den heute weit
verbreiteten Glauben, dass sich Menschen in ihren geistigen Fähigkeiten, ihrer
emotionalen Veranlagung und den daraus resultierenden Wertvorstellungen bei
gleichen gesellschaftlichen Entwicklungsbedingungen nicht unterscheiden, ein
Glaube, der oft lapidar mit den Worten verkündet wird: Alle Menschen sind gleich!
Es erscheint zunächst schwer fassbar, dass gebildete Menschen diesen Glaubenssatz
155
verkünden; sie sollten doch wissen, dass eine evolutionäre Entwicklung nur möglich
ist, wenn sich immer wieder Unterschiede einstellen. Bei Gültigkeit des oben
genannten Gleichheitspostulats wäre der Mensch nicht über die Entwicklungsstufe
eines Einzellers hinausgekommen. Offensichtlich ist es so, dass bestimmte
Glaubenssätze deshalb angenommen werden, weil das Leben mit ihnen
angenehmer erscheint.
Zweifel an völlig unrealistischen Glaubensätzen werden manchmal in einer Art
abgewehrt, als werde nach dem Leitsatz gehandelt: Es kann nicht sein, was nicht
sein darf ! Dies liegt an den emotionale Wurzeln eines jeden Glaubens. Gefühle, die
der Mensch im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte erworben hat, sprechen für den
Glauben. Jeder weiß, dass Zu- und Abneigung dafür maßgebend sind, ob wir
jemandem glauben bzw. nicht glauben und dass wir Schmeicheleien gegenüber
anfällig sind, weil sie gut tun. Oft glauben wir an die Redlichkeit von Leuten schon
bei der ersten Begegnung, weil sie uns sympathisch sind. Ein Glauben darf nicht
mit einer Vermutung verwechselt werden. Die Vermutung basiert auf rationalen
Erwägungen, Diskussionen über Glaubenssätze sind fast immer emotional
aufgeladen. Dies gilt nicht für Vermutungen. Bei einer Vermutung ist man sich
immer bewusst, dass sie falsch sein kann. Man kennt einige Merkmale, welche für sie
sprechen, es wird aber für möglich gehalten, dass sie durch neue Erkenntnisse
widerlegt wird. Mit Vermutungen kommt man nur dann in Konflikte, wenn diese
Zweifel an liebgewonnenen bzw. politisch gewollten Glaubenssätzen nähren.
Das Wort Glaube ist von dem indogermanischen Wort „leubh“ abgeleitet, welches so
viel bedeutet wie: begehren, lieb haben, für lieb erklären, gutheißen, loben (siehe
Wikipedia). Ob einer Aussage geglaubt wird, hängt sehr von ihrer emotionalen
Wirkung ab. Gefällt sie, dann wird sie gerne geglaubt, wenn sie nicht unmittelbar als
Irrtum erkennbar ist. Gefällt sie nicht, weil sie möglicherweise verunsichert, weil
ein liebgewonnenes Weltbild damit verloren geht, dann wird sie nur ungern
angenommen, vielleicht sogar leidenschaftlich abgelehnt.
Für die Glaubwürdigkeit einer Aussage sind sehr wichtig:
1. der Erfolg, den sie ermöglicht,
2. die Zahl der Menschen, welche zu ihr stehen und
3. die Zeit, in der sie unwidersprochen bleibt und
4. die Entschiedenheit, mit der sie vorgetragen wird.
Die Wirkung solcher Argumente scheint auf den für unsere Evolution maßgebenden
Gegebenheiten früherer Jahrtausende zu beruhen, denn Erfolg auf der Grundlage
falscher Vorstellungen war sehr unwahrscheinlich und viele gleiche Aussagen standen
für viele Einzelerfahrungen - es gab keine Mittel der Massenbeeinflussung
(Gleichschaltung). Blieb eine Aussage lange Zeit unwidersprochen, dann hatte sie
sich bewährt. Auch heute wird zur Begründung einer Aussage immer wieder gesagt:
„Das sagt doch der und jener auch !“ oder „Es gab noch nie einen Grund daran
zu zweifeln !“ oder „Der Erfolg gibt ihm Recht !“. Wenn Leute ihren Glauben an
156
die christliche oder moslemische Religion begründen, dann geschieht dies in der
Regel mit der Aussage: „Dieser Glaube hilft mir !“Auch dies ist ein Hinweis auf
einen Erfolg. Erfolgreichen Leuten wird immer gerne geglaubt. Im 17. und 18.
Jahrhundert, der Zeit der Gegenreformation, hat die katholische Kirche herrliche
barocke Kirchen errichten lassen, denn großartige Werke werden als Erfolg und somit
als Ausdruck von Glaubwürdigkeit gewertet. Die islamische und christliche Religion
verdanken ihre Ausbreitung hauptsächlich den kriegerischen Erfolgen, die im
Glauben an sie errungen wurden. Mythen über solche Erfolge spielen hierbei auch
eine große Rolle, man denke an das Buch Joshua im Alten Testament- ein nach dem
israelischen Historiker Shlomo Sand historisch nicht belegbarer Mythos.
Erfährt jemand, dass er seinen Glauben mit anderen teilt, dann fühlt er sich wegen 2.
in ihm bestärkt. Aus diesem Grunde sind in kirchlichen und anderen ideologisch
geprägten Glaubensgemeinschaften rituelle Handlungen üblich wie z.B.
Massenaufmärsche oder gemeinsames Singen und Beten.
Eine Mehrheitsmeinung kann unfassbar gläubig machen, denn Widerspruch gegen
eine herrschende Meinung erzeugt Missfallen. Man denke an das Märchen: Des
Kaisers neue Kleider.
Wird eine Meinung mit Entschiedenheit vorgetragen, dann kann man damit rechnen,
dass sie ohne Begründung hingenommen wird. Verständlich wird dies, wenn man
bedenkt, dass in weit zurückliegenden Zeiten die Kombination von Entschiedenheit
und Dummheit nur eine geringe Überlebenschance hatte.
Wunschvorstellungen werden verinnerlicht und schließlich sogar als
„Wahrheiten“ angenommen, wenn mit ihnen das Leben angenehmer erscheint.
Sie sind nicht unbedenklich, denn sie können lang anhaltende
Fehlentwicklungen begünstigen. Möglicherweise ist dies ein Grund für den
Untergang von Hochkulturen.
157
4. Lösungen zu den Aufgaben
Kapitel 1.3.4:
Zu 1.:
Der Schwerpunkt des Wagens ist in der Wagenmitte zu sehen. Zu Anfang liegt der
gemeinsame Schwerpunkt von Person und Wagen rechts von der Mitte mit dem
Abstand d.
d = (mP·dP + mW · 0 ) / (mW+ mP) = 90 kg · 2,5 m / 190 kg = 1,18 m.
Die Person hat anfangs den Abstand dP = 2,5 m von der Mitte.
Am Ende liegt der Schwerpunkt 1,18 m links von der Mitte. Da der Schwerpunkt
ruht, bewegt sich der Wagen um 2·d = 2,36 m .
Zu 2.:
Der Wagen hat vor dem Ereignis in Richtung der Schiene den Impuls m 0· v0 . Die
fallenden Säcke mit je m = 50 kg haben in Schienenrichtung den Impuls 0.
Somit gilt: Der Impuls des Wagens vor dem Ereignis ist gleich dem Impuls des
Wagens nach dem Ereignis.
m0 · v0 = (m0 + 2·m)· v → v = m0· v0/ (m0 + 2·m)
v = 250 kg · 5m/s / (250 kg + 2·50 kg) = 3,57 m/s
Zu 3.:
Man denke sich ein Koordinatensystem, dessen x-Achse nach rechts weist. Unter
dieser Voraussetzung ist v1 = - 2 m/s und v2 > 0.
m1· v1+ m2 · v2 = 0 → v2 = - (m1 / m2) · v1 , v2 = 300 / 250 m/s = 1,2 m/s
Kapitel 1.3.7 :
Zu 1.:
Der Geschwindigkeitszuwachs während der Beschleunigungszeit Δt beträgt Δv =a·Δt.
v = v0 + Δv = v0 + a · Δt; a = F/m
v = v0 + F/m · Δt → v = 0,5 m/s + 0,3N / 0,2 kg · 4s = 6,5 m/s
Zu 2.:
Sofort nach dem Zusammenstoß ist der Impuls (m B + mW)·v des Gebildes
Bremsklotz + Wagen gleich dem Impuls des Wagens vor dem Stoß.
(mB + mW)·v = mW · v0. Nach dem Stoß wird der Bremsklotz mit dem Wagen unter
der Kraft F = 0,5 N auf die Geschwindigkeit 0 abgebremst. Die
Geschwindigkeitsänderung Δv während des Bremsens ist demnach gleich v.
v = a·Δt; a = F/(mB + mW ) → Δt = v ·(mB + mW ) / F
v = mW · v0 / (mB + mW ) → Δt = mW · v0 / F
158
→ Δt = 0,3 kg · 3m/s / 0,5 N = 1,8 s
Kapitel 1.4.1
Zu1.:
(m1 +m2) · a = m2 · g
v = a · t = [m2 · g /(m1 +m2)] · t ;
→ a = m2 · g /(m1 +m2)
s = (1/2)· a · t2 = ½· [m2 · g /(m1 +m2)] · t2
v = 0,02 kg ·9,81 m/s2 · 3 s / 0,22 kg = 2,67 m/s
s = ½ · 0,02 kg ·9,81 m/s2 · 9s2 / 0,22 kg = 4,01 m
Zu2.:
Der Gegenstand erreicht in der Zeit t seinen höchsten Punkt mit der Koordinaten y
(am Koordinatenursprung beginnt der Wurf) und hat dann die Geschwindigkeit 0. Die
Geschwindigkeitsänderung in t ist somit v0 .
v0 / t = g ; t = v0 / g = 10m/s / 9,81m/s2 = 1,02 s
y = - ½ · g ·t2 + v0 ·t = 5,1 m
Wurfdauer: tW = 2·t = 2,04 s
Zu 3.:
Am Ort des Aufschlags sei der Ursprung eines Koordinatensystems, dessen y-Achse
nach oben weist.
y = - ½ ·g · t2 + v0 · t + y0 ; beim Aufschlag gilt: y = 0
- ½ · g · t 2 + v0 · t + y0 = 0
→
- ½ · 9,81m/s2 · t2 – 5 m/s · t + 10m = 0
Es handelt sich um eine quadratische Gleichung mit den Lösungen: t1 = - 2s
(unpassend) und t2 = 1s
v = -g·t + v0 ; v = - 9,81 m/s2 · 1 s – 5 m/s ; v = - 14,81 m/s
Zu 4.:
Wurfhöhe:
Am höchsten Punkt ist vy = 0 ( t ist die
Steigzeit)
vy = v2 - g · t
→ t = v2 / g
y = - ½ ·g · t2 + v2 · t + y0 ( y0 = 1,7 m )
y = - ½ ·g · v22 / g2 + v22 / g + y0
y = ½ · v22 / g +y0
v1 = v0 · cos α ; v2 = v0 · sin α
y = ½ · v02 · sin2(α) / g + y0 → y = 7,4 m
159
Wurfweite :
y = - ½ · g · t2 + v2 · t + y0 ( t steht nun für die Wurfzeit ).
Beim Aufschlag gilt : y = 0
0 = - ½ · g · t + t· v0 · sin α + y0 (quadratische Gleichung für t )
2
t1 = - 0,15 s (unpassend) ; t2 = 2,3 s
Wurfweite x = v1 · t2 = v0 · (cos α ) · t2
→ x = 24,4 m
Geschwindigkeit des Aufschlags:
Vektor v der Endgeschwindigkeit: v = v0 + a· t = {v0 · cos(α) ; v0 · sin(α) - g· t2 }=
={ v’1 ; v’2 } = { 10,6 m/s; -12 m/s } → Geschwindigkeit |v| = 16 m/s
Aufschlagwinkel: tan(β)= 12 / 10,6 → β = 48, 5°
Kapitel 1.4.2
Zu 1.:
Der Boden des Eimers und die Erde üben Kräfte auf das Wasser aus. Am höchsten
Punkt ist die Summe aus der Bodenkraft F B und der Gewichtskraft m · g die
Zentripetalkraft auf das Wasser der Masse m.
m ·g + FB = m ·v2 /r
Ist FB = 0, dann hält sich das Wasser gerade noch im Eimer.
m·g = m ·v2 /r
→
g = v2 /r
→
v2 = g·r
→
v = 2,8 m/s
Zu 2.:
Die Straße und die Erde üben die Kräfte F B und m·g
auf das Auto aus. Die Zentripetalkraft F ist die
Resultierende aus diesen beiden Kräften.
tan α = F / (m · g ); F = m ·v2 /r
↓
2
tan α = v /(g · r) → α = 57°
Zu 3.:
Die Straße und die Erde üben auf den Fahrer und das Fahrrad
(gemeinsamer Schwerpunkt !) die Kräfte FB und m·g aus .
m = Masse des Fahrrads + Masse des Fahrers
tan α = F / (m · g);
F = m ·v2 /r
↓
tan α = v / (r · g) → α = 8,9 °
2
160
Zu 4. :
Der Faden und die Erde wirken mit den Kräften FF und m·g
auf die Kugel ein. Die Resultierende dieser beiden Kräfte
wirkt als Zentripetalkraft F.
tan α = F/(m · g); F = m · ω2 · r → tan α = ω2 · r/ g
sin α / cos α = ω2 · r/ g
↓
2
sin α / cos α = ω · L · sin α /g → 1/cos α = ω2 · L /g
↓
2
cos α = g /(ω · L ) → α = 78°
r = L · sin α;
Zu 5.:
Die Gewichtskraft kann man in die zwei
Komponenten F1 und F2 zerlegen. F2 sorgt für
die Beschleunigung entlang der Bahn. F1 bildet
mit FB die Zentripetalkraft. FB ist die Kraft,
welche das Rohr auf das Wägelchen ausübt. An
der Ablösestelle ist FB = 0.
In diesem Fall gilt:
F1 = m · v2 /r ; F1 = m · g · cos α
↓
2
m·g·cos α = m·v /r → cos α = v2 /(r · g)
v2 ist durch die Höhenänderung
h = r - r · cos α = r·( 1 – cos α ) bestimmt.
Es gilt : v2 = 2 ·g · h = 2 ·g · r · ( 1 – cos α )
cos α = v2 /(r · g)
↓
cos α = 2 ·g · r · ( 1 – cos α ) / (r · g )
cos α = 2 · ( 1 – cos α ) →
cos α = 2/3 → α = 48°
Kapitel 1.5.2
Zu 1.:
G wird von der Erde mit m1 ·g nach unten gezogen. Dieser Kraft wirkt der Faden mit
der Zugkraft F entgegen. Die resultierende Kraft ist m1 · g – F.
a · m1 = m 1 · g – F
Der 160 g – Körper wird vom Faden mit F nach oben gezogen. Der Kraft F wirkt die
Erde mit m2 ·g entgegen.
a· m2 = F – m2 ·g → F = a ·m2 + g · m2
161
Setzt man den letzten Term in die erste Gleichung ein, dann erhält man:
a·m1 = m1 ·g – a · m2 – g ·m2 → a = (m1· g – m2 · g ) / (m1 + m2 )
a = 40g · 9,81 m/s2 /360 g = 1,09 m/s2; v = a·t = 1,09 m/s2 · 0,5 s = 54 cm
s = (a/2) · t2 = 13, 6 cm
Zugkraft F des Fadens :
F = a ·m2 + g · m2 → m2 · ( a + g ) = 0,16 kg · 10,9 m/s2 = 1,74 N
Kraft auf die Rolle = 2·F = 3,48 N
Diese Kraft ist kleiner als die Gewichtskraft der am Faden hängenden
Gegenstände !
Zu 2.:
Auf W2 wirkt die schiefe Ebene mit FN (Normalkraft) und die Erde mit m· g. Die
Resultierende aus diesen beiden Kräften ist die Hangabtriebskraft FH.
FH = m2 ·g · sin(40°) ; FH beschleunigt die beiden Wagen
a = m2 ·g · sin(40°) / (m1 + m2 ) = 0,15 kg · 9,81 m/s2 /0,35 kg = 2,7 m/s2
Von zwei Seiten zieht der Faden an
der Rolle mit der Kraft Ff. Die
beiden von links und rechts
wirkenden Kräfte bilden F als
Resultierende.
Ff = m1· a
F = 2·Ff · sin(20°)
F = 2 · m1· a · sin(20°) = 0,36 N
Zu 3.:
Das linke Gewicht wird unter der Kraft m · g - F f beschleunigt. Ff = Zugkraft des
Fadens nach oben.
m · g – Ff = m · a1 (a1 = Betrag der Beschleunigung) → Ff = m · g - m · a1
Das rechte Gewicht wird unter 2 · Ff - m · g nach oben beschleunigt.
2·Ff - m · g = m · a2; a2 = a1 /2 → 2 · Ff - m · g = m · a1 /2 → Ff = m·g /2 + m · a1/4
Ff = m · g - m · a1 ; Ff = m · g /2 + m · a1 /4 → m · g - m · a1 = m · g /2 + m · a1 /4
a1 = (2/5) · g
162
Zu 4.:
Für die Endgeschwindigkeit v der Perle am Punkt B
gilt: v2 = 2·g·h. Die Gleitzeit t erhält man nach v = t · a
t = v / a ( a ist die Beschleunigung der Perle).
t2 = v2/a2 = 2· g · h / a2
FH = m·a; m · g / FH = g / a = c / h → a = g ·h / c
t2 = 2 · c2 / (g · h)
Das Dreieck A,B,C ist nach dem Thalessatz rechtwinklig, somit gilt: h · (2r) = c2 (Kathetensatz ! )
↓
2
t = 4 · r/g
t2 ist unabhängig vom Verlauf der Sehne immer gleich 4 · r/g.
Kapitel 1.6.3.1:
Zu 1.:
Das Auto wird unter der Gleitreibungskraft FR = FN · µ gebremst.
FN = m · g → F R = m · g · µ
m · g · µ = m · a ( a = |a| ) → a = g · µ
Da a der Bewegung entgegen gerichtet ist , schreiben wir a = - g · µ.
Für die Bremszeit t gilt demgemäß: v0 / t = g · µ
→
t = v0 /(g · µ)
Für den Bremsweg s gilt: s = - a/2 · t2 + v0 ·t ( a ist der Bewegung entgegen gerichtet)
↓
s = (- g· µ/2) · v02 / (g·µ)2 + v02 / (g·µ) → s = 0,5 · v02 / (g·µ)
↓
s = 0,5 ·(100· 1000/3600 m/s)2 / (9,81 m/s2 ·0.8 ) = 49,15 m
Der Bremsweg ist dem Quadrat der Geschwindigkeit proportional !
Bei 150 km/h ist der Bremsweg 1,52 · 98,3 m = 221 m.
Es ist noch anzumerken, dass auch beim Anfahren die Beschleunigung nicht über
g·µH hinausgehen kann. Wird die Lauffläche der Räder stärker beschleunigt, dann
drehen die Reifen durch.
Zu 2.:
Sofort nach dem Stoß ist der Impuls, den der Wagen zusammen mit dem Bremsklotz
hat, gleich dem Impuls des Wagens vor dem Stoß.
(m2 + m1 ) · v0 = m1 · v ; v0 = Geschwindigkeit sofort nach dem Stoß.
Anschließend werden beide Gegenstände mit F = m2 · g · µ abgebremst.
163
(m2 + m1 )· a = m2 · g · µ (a = |a| ) → a = g · [µ ·m2 / (m2 + m1 )]
s = - a/2 · t2 + v0 ·t ( die Beschleunigung ist der Bewegung entgegen gerichtet) ;
t = v0 /a
→
s = ½ · v02 / a
↓
s = ½ · v · (m2 + m1 )/ (g · µ ·m2)
2
0
→
s = 25 cm
Zu 3.:
Die Zentripetalkraft geht von der Straße aus. Sie beträgt
höchstens µ ·m ·g.
µ·m·g = m ·v2 /r → µ ·g = v2 / r
↓
v2 = µ·g· r = 21 m/s = 75,6 km/h
Hinweis:
In der Aufgabenstellung wird man zunächst eine Angabe über die Masse m
vermissen. Wenn eine Zahlenangabe zu fehlen scheint, dann sollte man eine Variable
für sie setzten in der Hoffnung, dass diese bei der Behandlung der Aufgabe durch
Kürzen herausfällt.
Kapitel 1.8:
Zu 1.:
Es gilt T = 2 · π · √(m/D). D und m müssen berechnet
werden.
Bläst man in einen Schenkel hinein und bewirkt damit die
Auslenkung s, dann stellt sich im anderen Schenkel ein
um 2·s höherer Wasserspiegel ein.
Die Gewichtskraft auf die Wassersäule der Länge 2·s ist die zurück treibende Kraft F.
F = 2·s ·A · ρ · g ( ρ = Dichte des Wassers, A = Querschnitt des Rohrs )
↓
D = F / s → D = 2 ·A · ρ · g; m = L · A · ρ
↓
T = 2· π · √[L / (2·g)]; ν = 1/(2· π) · √(2·g / L)
T = 0,77 s;
ν = 1,28 Hz
Zu 2.:
Während einer ¼ - Schwingung wird beschleunigt. t = T/4 = π/2 · √(m / D) ≈ 5 ms
164
Zu 3.:
Es gilt T = 2·π · √(m/D). D und m müssen berechnet werden.
Wird der Stab aus seiner Ruhestellung um Δs nach unten
gedrückt, dann erfährt er eine um F = Δs · A · ρ ·g höhere
Auftriebskraft (A = Querschnitt des Stabes, ρ = Dichte des
Wassers). F wirkt als zurück treibende Kraft.
D = F / Δs = A · ρ ·g; m = A · L · ρH → T = 2· π · √[L· ρH / (g · ρ)] = 0,69 s
Zu 4.:
Der Haftvorgang ist eine Halbschwingung. Mit steigender Stoßgeschwindigkeit
nimmt die Verformung s der Kugeln beim Stoß zu. F/s bleibt nicht konstant, sein
mittlerer Wert wird größer. Da die Schwingungszeit mit steigendem D abnimmt,
werden die Kontakte kürzer, wenn der Anfangsabstand vergrößert wird.
Zu 5.:
Es gilt: T = 2·π· √(L/g) → g = 4·π2· L /T2 ; T = 138,8 s / 40 = 3,47 s → g = 9,83 m/s2
Zu 6.:
Die Erdanziehungskraft m ·g wird um die Auftriebskraft vermindert, welche die
Kugel vom Wasser erfährt. In T = 2·π· √(L/g) ist für g ein kleinerer Wert einzusetzen.
In vertikaler Richtung wirkt auf die Pendelkugel die Kraft F = m · g - V·ρ·g .
V = Volumen der Eisenkugel, ρ = Dichte des Wassers , ρE = Dichte des Eisens
V · ρE = m
→ V = m / ρE
→
F = m · g · (1 - ρ/ ρE )
In T = 2·π· √(L/g) muss für g der Wert g · (1 – ρ/ ρE ) eingesetzt werden.
T = 2·π· √{L/[g · (1 – ρ/ ρE )] }
→
T = 1,176 s
Kapitel 1.11.2:
Zu 1.:
Das Kind mit der Masse m hat von der
Drehachse den Abstand r + d.
d = L ·sin(α)
Bei der Winkelgeschwindigkeit
erfährt es die Zentrifugalkraft FZ.
ω
FZ = m · ω2 · [ r + L ·sin(α)]
Die Resultierende aus FZ und der auf das Kind wirkenden Gewichtskraft m · g ist
parallel zu L.
m · ω2 · [ r + L ·sin(α)] / (m ·g) = tan(α) → ω = 1,12 s-1
165
Zu 2.:
Wir betrachten eine kleine Wassermenge M der Masse m auf der Wasseroberfläche.
Auf M wirkt die Gewichtskraft m ·g und die Zentrifugalkraft m·ω 2·x ( x = r ! ). Da M
nicht entlang der Oberfläche verschoben wird, muss die Resultierende aus den beiden
Kräften senkrecht zur Wasseroberfläche stehen. Die Parabeltangente durch M hat den
Steigungswinkel α. tan(α) ist die Steigung y' = dy/dx = 2·k·x.
y' = m·ω2·x / (m ·g) = ω2·x / g → k = ½ · ω2 / g → y = ½ ·ω2 ·x2/g
Zu 3.:
Die linke und die rechte Feder haben die Federkonstanten D. Die zurück treibende
Kraft bei einer Schwingung auf einer ruhenden Scheibe beträgt demnach F = 2·D·x.
Unter ihr schwingt die Kugel auf einer ruhenden Scheibe mit der Frequenz fR.
fR = 1/(2·π) · √(2·D/m) → D = 4·π2 · fR2 · m / 2 → D = 1,97 N/m
Auf der rotierenden Scheibe wirkt der Federkraft die Zentrifugalkraft m·ω2· x
entgegen.
Die zurücktreibende Kraft ist somit F = 2·D·x - m·ω2· x = (2·D - m·ω2)· x
(2·D - m·ω2) = D’
→
D’ = 3,54 N/m
↓
f = 1/(2·π) · √(D’/m)
166
→
f = 0,94 Hz
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