03/2016 - Landesbetrieb Forst Brandenburg

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Forst
Aktuelle Waldschutzsituation
Information der Hauptstelle für Waldschutz
Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
Fachbereich Waldentwicklung / Monitoring
Ausgabe 03/2016 vom 17.10.2016
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 17.10.2016
Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde
Inhalt
Kiefernbuschhornblattwespen -
Auftreten und Fraßschäden im Land Brandenburg
Berichtszeitraum Januar-Oktober 2016
1
Vorkommen der Gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe
2Biologie
3
Überwachung und Prognose
3.1 Winterbodensuche
3.2 Nachsuchen
3.3 Prognose Frühsommerfraß - Eizählung und Ableitung der
Bestandesgefährdung
3.4
Untersuchungen zur Entwicklung einer 2. Generation - Ermittlung der Kokonzahlen
3.5
Prognose Herbstfraß - Eizählung und Ableitung der Bestandesge-
fährdung
4
Pflanzenschutzmittel-Einsatz zur Abwehr von Bestandesschäden durch
die 2. Generation der Kiefernbuschhornblattwespen
5
Wie weiter?
2
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 17.10.2016
Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde
1
Vorkommen der gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe
Die Kiefernbuschhornblattwespe ist über ganz
Europa verbreitet und kommt im gesamten Tiefland von Deutschland vor - bis in eine Höhe vonzirka 1.300 m über NN. Hauptfraßpflanze ist die
Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris). Massenvermehrungen werden insbesondere durch Witterungsextreme und ungünstige Standortsverhältnisse verursacht.
2Biologie
Kiefernbuschhornblattwespen sind Hautflügler
wie Bienen oder Stechwespen. Sie gehören zur
Unterordnung der Pflanzenwespen. Ihre Entwicklung vom Ei zur Wespe verläuft sehr variabel.
Das betrifft die Flugzeit der Wespen, die FraßDauer der Larven und die Länge der Ruhephase
im Kokon (=Diapause), die 10 Tage bis 4-5 Jahre dauern kann). Die schwarzen Männchen sind
kleiner als die Weibchen, und besitzen stark verzweigte Fühler, die sogenannten „Buschhörner“.
Daher leitet sich auch der Name der Familie ab:
Buschhornblattwespen (Abb. 1). Die stark ausgeprägten Antennen nutzt das Männchen, um
einen vom Weibchen abgegebenen Lockstoff zu
erkennen und dieses so zu finden. Da die Weibchen etwas größer und gelblich-schwarz gemustert sind sowie nur einfache, gezähnte Fühler
besitzen, sind beide Geschlechter gut zu unterscheiden (Abb. 2).
Abb. 1: Männliche Kiefernbuschhornblattwespe
Foto: Katrin Möller
Abb. 2: Weibliche Kiefernbuschhornblattwespe
Foto: Pascal Ebert
Je nach Witterungsbedingungen im Frühsommer können sich eine oder zwei Generationen
pro Jahr entwickeln. Somit kann es in einem Jahr
ein oder zwei Fraßereignisse geben. Außerdem
können die Wespen der 1. Generation in zeitlich
versetzten Schlupfwellen die Kokons verlassen.
Der früheste Flug findet Ende April bis Anfang
Mai statt. Eine vierte und damit letzte Schlupfwelle ist noch im August möglich. Die sehr variable Biologie erschwert die Überwachung und
damit auch die Prognose für rechtzeitige und
ausreichende Abwehrmaßnahmen.
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Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde
Nach der Begattung sucht das Weibchen geeignete Kiefernnadeln auf und sägt für die Eiablage
Taschen in die Nadel, für jedes Ei eine neue (Abb.
3). Das Weibchen gibt dabei ein schaumiges Sekret ab, das mit dem Sägemehl vermengt eine
Art Kittmasse bildet. Diese wird über den Eiern
verteilt. Alle Taschen schließen aneinander an,
somit erscheint das Schaumdach von der Seite
gegliedert (Abb. 4).
Abb. 3: Weibchen bei der Eiablage im Reitersitz
Foto: Pascal Ebert
Abb. 4: Eireihe unter dem Mikroskop
Foto: Pascal Ebert
Die hellen Eier sind etwa 1,5 – 1,6 mm lang
(Abb. 5). Die Anzahl der abgelegten Eier in einer
Eireihe richtet sich nach der Nadellänge, meist
sind es zwischen 10 und 20. Erfolgt die Eiablage
im zeitigen Frühjahr, werden die Vorjahrestriebe
belegt (Abb. 6).
Abb. 5: Freigelegte Eier unter dem Mikroskop, Foto: Pascal Ebert
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Abb. 6: Zahlreiche mit Eireihen belegte Nadeln
eines Triebes, Foto: Pascal Ebert
Abb. 7: „Pinselfraß“ der Junglarven unversehrte, vertrocknende Mittelrippen
der Nadeln, Foto: Katrin Möller
Bei einer möglichen 2. Generation legt das Weibchen die Eier an die frischen Maitriebe. Die Entwicklungszeit der Eilarven ist stark temperaturabhängig. Sie liegt zwischen 2 bis 6 Wochen. Die
Larven fressen gesellig. Typisch für die Familie
der Buschhornblattwespen ist deren Abwehrverhalten: der Kopf wird nach hinten in eine S-förmige Schreckstellung gebogen und dabei meist
ein Tropfen Körperflüssigkeit abgegeben (Abb.
11). Nach dem Schlupf fressen die Junglarven
zunächst an den Mainadeln, dann an den benachbarten Nadeln des Triebes. Die Junglarven
lassen die Mittelrippe der Nadeln unversehrt
(Abb. 7). Diese welkt dann nach ein bis zwei
Wochen und lässt die betroffenen Kronenteile
des Baumes braun erscheinen. Ältere Larven
fressen die Nadel bis zur Scheide ab. Die Dauer der Fraßperiode ist temperaturabhängig, das
Optimum liegt bei 25 °C. Auch mit zunehmender
Tageslänge wachsen die Larven rasanter.
Nach einer Fraßzeit von zirka 20 – 30 Tagen
sucht die ausgewachsene Larve einen geeigneten Platz zum einspinnen. Bleibt es bei einer
Generation im Jahr, findet das Einspinnen in
Kokons in der Bodenstreu statt. Dann folgt die
Überwinterung.
Nach SCHWENKE (1982) müssen die letzten
Tage des Larvenlebens unter Langtagbedingungen verlaufen, um nach dem Einspinnen
(Kokonbildung) nicht in eine längere Ruhephase
(=Diapause) einzutreten. Dann, d. h. wenn eine
2. Generation folgt, findet das Einspinnen der
ersten Larven-Generation oberirdisch statt. Die
Kokons sind dann vorwiegend zwischen den Nadeln in der Krone und auch an der Bodenvegetation zu finden (Abb. 8, 9). Die ausgewachsenen
Larven der zweiten Generation spinnen sich
dann im Herbst, zumeist Anfang Oktober, wieder
in der Bodenstreu ein und überwintern dort. Auch
diese Kokons können lange überliegen.
Abb. 8: An Nadeln befestigter, von einer Buschhornblattwespe bereits verlassener
Kokon, Foto: Pascal Ebert
Abb. 9: Frisch gesponnener Kokon an Drahtschmiele, Foto: Pascal Ebert
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Im Kokon zeigt die Ausprägung des „Puppenauges“ der ruhenden Larve (=Nymphe) (Abb. 10)
das Ende der Ruhephase (Diapause) an. Dann
vergehen 2-4 Wochen bis zum Schlupf der Wespen. Diese verlassen den Kokon durch die selbst
genagte kappenförmige Öffnung (Abb. 8).
Abb. 11: In der Bildmitte - typische SchreckAbb. 10: Bei den im Kokon ruhenden Larven
stellung der Buschhornblattwespen,
(Nymphen) zeigt das sich entwickelnhier Diprion pini, Foto: Katrin Möller
de dunkle Puppenauge (oberhalb des
Larvenauges) an, dass der Übergang
zum Puppenstadium stattfindet und damit auch bald mit dem Schlupf der
Wespen zu rechnen ist, Foto: Katrin Möller
3
Überwachung und Prognose
3.1
Winterbodensuche
Schon mit den Ergebnissen der Winterbodensuche 2015/2016 zeichnete sich in einigen Revieren Südbrandenburgs ein Anstieg der Populationsdichten ab (Abb. 12). Zumeist waren die
Kokonzahlen der Kiefernbuschhornblattwespen
zwar gering, anders als in den Vorjahren wurden
aber lokal auch Flächen mit kritischen Dichten
ermittelt: Oberförsterei Herzberg, Revier Buchhain (24,8 Kokons/m2) und Revier Schönewalde (22,4 Kokons/m2). Die Larven in den Kokons
(„Nymphen“) wiesen bei der Untersuchung im
Labor einen geringen Parasitierungsgrad und
eine - an den gut ausgebildeten Puppenaugen
erkennbare - hohe Schlupfbereitschaft auf.
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Abb. 12: Lage der Winterbodensuchflächen mit auffälligen Dichten der Kieferngroßschädlinge
3.2
Nachsuchen
Auf Grund der auffälligen Kokonfunde wurden in
der Oberförsterei Herzberg im März Nachsuchen
in der Bodenstreu durchgeführt. Für das Revier
Buchhain bestätigten sich lokal sowohl die erhöhte Kokondichte als auch die hohe Schlupfbereitschaft der Blattwespen. Durchschnittlich
80 % der Kokons zeigten einen kurzfristig zu
erwartenden Schlupf der Wespen an. Dementsprechend war mit der Eiablage ab Mitte April
zu rechnen. Im Revier Schönewalde bestätigte
sich zum Zeitpunkt der Nachsuchen die erhöhte
Gefährdung nicht. Mit 38 % war auch die durchschnittliche Schlupfbereitschaft dort deutlich
niedriger.
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3.3
Prognose Frühsommerfraß - Eizählung und Ableitung der Bestandesgefährdung
Um eine Prognose der Fraßschäden stellen zu
können, wurden bis Mitte Mai in den betroffenen
Waldflächen Probefällungen zur Ermittlung der
Eizahlen durchgeführt. In den Kiefern-Kronen
wurden unzählige, oftmals sehr lange Eireihen
mit 15 - 25 Eiern nachgewiesen. Aber nur kleinflächig wurde die Prognose Kahlfraß gestellt.
Den folgenden Fraß verursachte hauptsächlich
die Gemeine Kiefernbuschhornblattwespe (Diprion pini) (Abb. 13 und 14). Daneben wurden
Larven einer Reihe anderer Kiefernbuschhornblattwespen-Arten (Diprion- und Gilpinia-Arten,
Abb. 14) beobachtet sowie vereinzelt Raupen
von Forleule (Abb. 15), Kiefernschwärmer (Abb.
16) und Kiefernspinner (Abb. 17).
Abb. 13: Larven der Gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe (Diprion pini), Foto: Pascal Ebert
Abb. 14: Blattwespe (Gilpinia variegata),
Foto: Pascal Ebert
Abb. 15: Forleule (Panolis flammea),
Foto: Pascal Ebert
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Abb. 16: Kiefernschwärmer (Sphinx pinastri),
Foto: Pascal Ebert
Abb. 17: Kiefernspinner (Dendrolimus pini),
Foto: Pascal Ebert
Im Rahmen der Prüfung eines neuen selektiven
Pflanzenschutzmittels wurde der Bestand mit
der Prognose Kahlfraß zu Vergleichszwecken
Anfang Juni mit Karate Forst flüssig behandelt.
Die Wirkung des zu prüfenden Mittels blieb leider
unter den Erwartungen.
Das Befallsgebiet blieb im Sommer unter besonderer Beobachtung. Es war bald deutlich, dass
die Larven eine ungewöhnlich schnelle Entwicklung durchlaufen und damit die Ausbildung einer
2. Generation immer wahrscheinlicher wurde.
3.4
Untersuchungen zur Entwicklung einer 2. Generation - Ermittlung der
Kokonzahlen Sommer 2016
Mit Probefällungen musste dementsprechend
geprüft werden, ob und in welchem Umfang mit
einer 2. Generation zu rechnen war. Allgemein
geht vom Herbstfraß der 2. Generation eine
wesentlich größere Gefährdung für die Kiefern
aus als von einem einmaligen Fraß der Früh-
sommergeneration. Insbesondere in den vorgeschädigten Beständen kann es zu umfangreichen
Bestandesschäden kommen. Einfluss auf das
Ausmaß der Schäden haben neben der Witterung
Sekundärschädlinge wie das Diplodia-Triebsterben und holz- und rindenbrütende Insekten.
Es wurde wie folgt verfahren:
1.
In den Befallsgebieten musste ab Anfang Juli eingeschätzt werden, ob sich die Larven im letzten Larvenstadium befinden (Länge
der D. pini-Larven dann ≥ 2,2 cm; Kopfkapselbreite 1,8-2,2 mm).
2.
War das der Fall, wurde mit einer Probefällung bis Mitte Juli kontrolliert, ob die Verpuppung (Kokonbildung) in den Kiefernkronen
stattfindet (generell oberirdisch, also auch am
Stamm, an Reisig, Gras…).
3.
War auch das der Fall, erfolgte anschließend (2. Julihälfte) mit Probefällungen die Ermittlung der Anzahl der Kokons bezogen auf eine
Baumkrone. Auch bereits von Wespen verlassene
Kokons (siehe Abb. 18, ganz links) am Maitrieb
waren mitzuzählen. Nicht mitzuzählen waren von
Parasitoiden verlassene Kokons (siehe Abb. 18,
rechts). Die ermittelten Werte wurden per Intranet
erfasst und als GIS-basierte Karten dargestellt.
Die intakten Kokons wurden im Labor am LFE auf ihre Vitalität (Parasitierung) überprüft.
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Abb. 18: Diprion pini-Kokons von einer Blattwespe (ganz links) bzw. verschiedenen Parasitoiden
verlassen (von 2. links nach rechts: Schlupfwespe, Raupenfliege, Erzwespe)
3.5
Prognose Herbstfraß - Eizählung und Ableitung der Bestandesgefährdung
Die folgenden Eizählungen dienten sowohl der
Evaluierung der Gefährdung der Bestände als
auch zur Eingrenzung der Befallsgebiete. Ziel
war die Festlegung der Kiefernflächen, für die von
Kahlfraß und damit einer Bestandesgefährdung
auszugehen war. Insektizidmaßnahmen wurden
entsprechend vorbereitet.
Anzahl und Verteilung der Probefällungen für die
Eizählung waren abhängig von den Ergebnissen
der vorherigen Kokonzählung. Die Eizählungen
fanden ab der letzten Juliwoche statt.
Die Eizählung bei den Buschhornblattwespen
lässt sich vereinfachen, in dem alle mit Eiern
belegten Nadeln abgezupft und gezählt werden.
Dann kann die Anzahl der mit einer Eizeile belegten Nadeln mit der Anzahl der durchschnittlichen Eizahl/Nadel multipliziert werden.
Die Ergebnisse der Eizählung (Eier/Baum) wurden im Intranet der Forstverwaltung im WebOffice nach Verortung des Probebaumes eingetragen und entsprechend Alter, Bonität und
Restnadelmasse automatisch in Gefährdungsziffern umgerechnet.
Gleichzeitig bestand für die Förster der Zugriff
auf die aktuellen Daten der satellitengestützten
Fraßkartierung (Abb. 19). Insgesamt waren bis
Ende Juli schon 5.469 Hektar Kiefernwald von
Fraßschäden betroffen, davon wurden 1.539
Hektar als starker Fraß eingeschätzt.
Abb. 19: GIS-Dokumentation auf Grundlage einer satellitengestützten Kartierung der Fraßschäden grün: vollbenadelt über gelb zu dunkelrot: starker Fraß (Planet Labs)
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Pflanzenschutzmittel-Einsatz zur Abwehr von Bestandesschäden durch
die 2. Generation der Kiefernbuschhornblattwespen
Mit der Kontrolle der Eiablagen von Ende Juli –
Mitte August wurde die endgültige Notwendigkeit eines Insektizideinsatzes in den Oberförstereien Herzberg und Hohenleipisch zum Schutz
der Waldbestände abgesichert. Ein ausreichend
zeitlicher Vorlauf für die Vorbereitung der PSMMaßnahmen war angesichts der rasanten Ei- und
Larvenentwicklung der 2. Generation der Kiefernbuschhornblattwespen kaum gegeben. Ziel war,
die Applikation spätestens Ende August zu beginnen, um den massiven Fraß der Altlarven verhindern zu können.
Anfang September wurde eine Fläche von 2.832
Hektar erfolgreich beflogen. Ausgenommen blieben Waldflächen, für die aus Gründen des Naturschutzes und abgeleiteten Abstandsauflagen
keine Zustimmung zur Maßnahme erteilt wurde.
In unbehandelten Bereichen ist es entsprechend
der Prognose zu den erwarteten Fraßschäden
gekommen (Abb. 20). Betroffen ist neben den
Altkiefern auch die Naturverjüngung (Abb. 21).
Aktuell gibt es im Forstbereich keine Zulassung
oder Genehmigung für ein Insektizid gegen Blattwespenlarven. Der Antrag bei den zuständigen
Landesbehörden für den Einsatz von Karate Forst
flüssig nach § 22 des Pflanzenschutzgesetzes
wurde durch das LELF genehmigt. Ende August/
Waldflächen, für die maximal starke Fraßschäden erwartet wurden, waren von Beginn an
aus der Bekämpfungsplanung ausgeschlossen
worden. Für diese Situation wird eine gute Regeneration der Kiefern im Folgejahr erwartet.
Gleichzeitig wird mit dem Verzicht eines Insektizideinsatzes in diesen Waldgebieten die Entwicklung natürlicher Gegenspieler begünstigt.
Abb. 20: Kahlfraß eines Altbestandes,
Foto: Katrin Möller
Abb. 21: Kahlfraß der Naturverjüngung,
Foto: Katrin Möller
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Wie weiter?
Zu erwarten ist, dass das Maximum der Fraßschäden mit dem Ende der Larvenentwicklung
zwischen Ende September und Mitte Oktober
erreicht wurde. Erst dann kann das Ausmaß
der Schäden vorläufig bewertet werden. Da die
Knospen durch die Larven nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, können Kiefern im kom-
menden Frühjahr wieder austreiben. Mit steigendem Anteil verbliebener Altnadeln nehmen
auch die Überlebenschancen der Kiefern deutlich zu. Für Kiefern mit Restnadelmassen über
10 % kann auf Grundlage umfangreicher Untersuchungsergebnisse von einer guten Erholung
ausgegangen werden.
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Sehr großen Einfluss auf die Regeneration der
Bäume hat aber die Witterung, insbesondere die
der nächsten 2 Jahre. Dürreperioden schädigen
die Bäume zusätzlich und fördern gleichzeitig
holz- und rindenbrütende Insekten.
Da erst mit Beginn des Maiaustriebs, im Frühjahr
2017, eine Einschätzung zum Regenerationsvermögen erfolgen kann, sollte bis zu diesem Zeitpunkt auf eine Entnahme von Bäumen verzichtet
werden. Bei kahl gefressenen Kiefern ist zum
jetzigen Zeitpunkt keine Differenzierung möglich,
welche Bäume in der Lage sein werden, sich zu
erholen. Erst der Neuaustrieb lässt erkennen,
ob eine fraßgeschädigte Kiefer das Potential für
eine beginnende Regeneration hat. Bei zu frühen Einschlagsmaßnahmen in jetzt kahlen Beständen besteht somit die große Gefahr einer
Übernutzung.
Auch Kiefern, die keinen Maitrieb mehr bilden
werden, sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Lage, noch fast ein Jahr Wurzelfunktion, Wasserhaushalt und Abwehrvermögen
aufrecht zu erhalten. Die Befürchtung, dass das
Holz der von Kahlfraß betroffenen Bäume im
Winterhalbjahr 2016/17 „verblaut“, ist nach aktuellen Untersuchungen unbegründet. Die Verblauung im Holz trat im Kahlfraßgebiet des Kiefernspinners (2014) erstmals 11 Monate nach dem
Kahlfraßereignis auf. Solange schützt die intakte
Rinde vor Bläue. Somit besteht keine zwingende
Notwendigkeit eines Kahlschlages im auf das
dem Kahlfraß folgenden Winterhalbjahr.
Aus forstsanitärer Sicht besteht bei einem Holzeinschlag in der Zeit von März bis Mitte August
und der Lagerung von großen Holzmengen die
Gefahr einer Massenvermehrung von Sekundärschädlingen, wodurch weitere Kiefern befallen
werden und absterben. Deshalb gilt für die weitere Bewirtschaftung kahl gefressener Kiefernbestände in den nächsten 2 Jahren das Prinzip
der „sauberen Waldwirtschaft“ in besonderem
Maße.
Betroffene Waldbesitzer sollten die Beratung
der Revierförster vor Ort in Anspruch nehmen. So können unnötige Einschlagsmaßnahmen und Folgeschäden durch Borkenkäfer, Prachtkäfer und pilzliche Schaderreger
minimiert werden.
Konkrete Aussagen zur weiteren Prognose in
den Befallsgebieten sind erst nach der Winterbodensuche 2016/17 möglich. Dann werden neben
der Kokondichte der Blattwespen auch wieder
Parasitierungsraten und Schlupfbereitschaft untersucht. Für das kommende Frühjahr ist in den
jetzigen Hauptfraßgebieten eher mit einer Entspannung des Fraßgeschehens zu rechnen, da
die Blattwespenlarven in den Kokons im Boden
eine längere Ruhephase – bis zu mehreren Jahren - einlegen können. Auch die Parasitierung
der Kokons wird erfahrungsgemäß relativ hoch
sein.
Weiterführende Literatur in der Eberswalder Forstlichen Schriftenreihe:
zu finden unter www.forst.brandenburg.de LFEPublikationen
MÖLLER, K. (2007): Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Forst – Nebenwirkungen auf NichtZiel-Organismen. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. XXIX: 16-21.
MÖLLER, K.; WALTER, CH.; ENGELMANN, A.; HIELSCHER, K. (2007): Die Gefährdung der Gemeinen Kiefer durch Insekten. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. XXXII: 245-257
MÖLLER, K.; APEL, K.-H.†; ENGELMANN, A.; HIELSCHER, K.; WALTER, C. (2007): Die Überwachung der Waldschutzsituation in den Kiefernwäldern Brandenburgs - Weiterentwicklung bewährter
Methoden. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. XXXII: 288-296.
MÖLLER, K.; HAFEMANN, E.; EBERT, H.-D.; HEISTERBERG, B.; KÄTZEL, R.; LÖFFLER, S.; NOACK, M.; RIECK, W.; STROHBACH, B.; WENK, M. (2008): Auswirkungen großflächiger Schadereignisse durch nadelfressende Kieferninsekten – Beispiel Nonnenfraß in der Schorfheide. Eberswalder
Forstliche Schriftenreihe Bd. XXXV: 46-53.
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Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 17.10.2016
Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde
WENK, M.; MÖLLER, K. (2013): Prognose Bestandesgefährdung – Bedeutet Kahlfraß das Todesurteil für Kiefernbestände? Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. 51: 9-14.
MÖLLER, K. (2014): Waldschutz – Management mit mehr Risiken und weniger Möglichkeiten.
Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. 55: 59-65.
BARKHAUSEN, A. (2016): Konsequenzen für den Wirtschafter - Sekundärschädlinge, Sanitärhiebe
und waldbauliche Pläne. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe. Band 62: 37-40.
DEGENHARDT, A. (2016): Betriebswirtschaftliche Verluste – Schadensbewertung nach Kahlfraß.
Eberswalder Forstliche Schriftenreihe. Band 62: 41-52.
HEYDECK, P. et al. (2016): Bläuepilze und Holzentwertung - Untersuchungen zum Schadverlauf im
Kahlfraßgebiet. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe. Band 62: 31-36.
MENGE, A. (2016): Kahlfraß der Naturverjüngung - wenig Chancen auf Erholung. Eberswalder
Forstliche Schriftenreihe. Band 62: 19-22.
PASTOWSKI, F.; WENK, M. (2016): Folgen für den Betrieb - Bestandesentwicklung nach Kahlfraß
mit und ohne forstlichen Eingriff. Eberswalder Forstliche Schriftenreihe. Band 62: 27-30.
Bearbeiter: DR. KATRIN MÖLLER
PASCAL EBERT
FRANK PASTOWSKI
MATTHIAS WENK
Titelbild: Massives Auftreten der Gemeinen
Kiefernbuschhornblattwespe in Südbrandenburg.
(Fotos: Pascal Ebert)
Satz & Layout: Andreas Neumann, LFB, PÖA,
Alt Ruppin
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