Salzburger_Festspiele_2010

Werbung
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
Jahrespressekonferenz
Salzburger Festspiele 2010
11. November 2009, 11 Uhr
Fördererlounge, Großes Festspielhaus
Helga Rabl-Stadler
Präsidentin
Jürgen Flimm
Intendant
Gerbert Schwaighofer
Kaufmännischer Direktor
Markus Hinterhäuser
Konzert
Thomas Oberender
Schauspiel
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
Salzburger Festspiele 25. Juli – 30. August 2010
Editorial
3
90 Jahre Salzburger Festspiele (1920 – 2010)
5
Die Oper
7
Das Konzert
10
Das Schauspiel
16
Die Salzburger Festspiele in Zahlen
20
Mag. Ulla Kalchmair, Pressesprecherin – Hofstallgasse 1, 5020 Salzburg – T +43-662-8045-390
[email protected] – www.salzburgerfestspiele.at
2
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
Das Leben besteht aus seltenen einzelnen Momenten von höchster Bedeutsamkeit und unzählig vielen
Intervallen, in denen uns bestenfalls die Schattenbilder jener Momente umschweben. Die Liebe, der Frühling,
jede schöne Melodie, das Gebirge, der Mond, das Meer – alles das redet nur einmal ganz zum Herzen: wenn es
überhaupt je ganz zu Worte kommt. Denn viele Menschen haben jene Momente gar nicht und sind selber
Intervalle und Pausen in der Symphonie des wirklichen Lebens.
Friedrich Nietzsche, „Vom Stundenzeiger des Lebens“
aus: Menschliches, Allzumenschliches
EDITORIAL
Vor vier Jahren haben wir uns der „Nachtseite der Vernunft“ zugewandt, in den folgenden
Jahren haben wir gefragt, ob die Liebe den Tod besiegen kann, beobachtet, wie die Mächtigen
ihr Spiel mit uns spielen, und in diesem, dem kommenden Sommer stehen „Mythen“ im
Mittelpunkt unseres Interesses. Eine ganze Reihe von Opern und Stücken spiegeln dieses
Thema auf ganz eigene Weise wider.
Wie Archäologen wollen wir also diesmal eine Tür öffnen und hinabsteigen, um an die
verschränkten Ursprünge, die Widersprüche unserer Geschichte und unserer Zivilisation zu
erinnern. Spuren dessen, was wir auch noch heute sind, suchen, Erinnerungen aufspüren. Und
zeigen, wie zeitlos, also aktuell die alten Themen sind: die der Tragödie.
Den Titel „Wo Gott und Mensch zusammenstoßen, entsteht Tragödie“ haben wir uns bei
Michael Köhlmeier entliehen, dessen Essay „Wo Gott und Mensch zusammenstoßen. Der
Untergang des Mythos aus dem Geist der Musik“ ich Ihnen zur Lektüre empfehle (S. 17 im
Jahresprogramm 2010).
Und das wollen wir Ihnen dieses Jahr zeigen:
Elektra von Richard Strauss in Hofmannsthals Fassung der antiken Tragödie.
Von Dionysos nach Texten von Nietzsche handelt die neue Oper von Wolfgang Rihm, die wir
zur Uraufführung bringen.
3
Und Orpheus – unser aller Künstlerkollege – kommt mit Gluck’scher Musik daher, Eurydike
hat er – ach – verloren.
Der unglückselige Ödipus von Sophokles, nicht minder erbarmungswürdig, und die
Racine’sche Phädra betreten unsere Bretter, die die Welt bedeuten.
Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan, sagt Goethe, wohl auch Lulu, ein modernes, fast
mythisches Geschöpf, die uns Alban Berg und Frank Wedekind in die Felsenreitschule tanzen
lassen. – Ein epochales Musiktheaterstück, unvergleichlich.
Und auch dieses Jahr gibt es wieder hochinteressante Konzerte und viele kluge Gespräche.
Dieser Sommer 2010 ist mein letzter Festspielsommer als Intendant der Festspiele nach nun
nahezu zehn Jahren in verantwortlichen Positionen in Salzburg.
Ich werde danach als Intendant die Deutsche Staatsoper Unter den Linden in Berlin leiten,
zusammen mit dem Dirigenten Daniel Barenboim.
Es waren schöne und erfolgreiche Jahre hier – spannende, aufregende zudem, vor und
durchaus auch hinter der Bühne, auch auf den politischen Etagen. Und auch die
Vorbereitungen für 2011 sind schon weit gediehen.
Den Festspielen bin ich seit 1987 mehrfach als Regisseur verbunden, auf dem
Schauspielboden und gleichermaßen auf den Opernbrettern. Da fällt der Abschied von den
großen Festspielen nicht leicht: Ich muss mich bei so vielen bedanken, bei den fleißigen
Technikern, den klugen Verwaltern, den geneigten Künstlern und Kollegen und bei Ihnen,
liebes Publikum, für Beifall und Kritik.
Erst aber freue ich mich auf viele neue Opern, Theaterstücke und Konzerte im schönen
Salzburg Max Reinhardts, an jenem Ort, der sich „vermöge seiner wundervoll zentralen Lage,
seiner landschaftlichen und architektonischen Pracht, seiner historischen Merkwürdigkeiten
und Erinnerungen“ ganz besonders für Festspiele eignet. Er hatte ja vor 90 Jahren die
wundervolle Idee, hier die Festspiele zu gründen, auch ihm, dem unvergleichlichen
Theatergenie sei gedankt.
Und natürlich toi toi toi für meine Nachfolger Markus Hinterhäuser und Alexander Pereira.
Sie mögen eine glückliche Hand haben.
Mit den besten Abschiedsgrüßen bin ich wie stets
Ihr Jürgen Flimm
4
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
90 JAHRE SALZBURGER FESTSPIELE
2010 ist für uns ein Jubiläumsjahr, wir feiern 90 Jahre Salzburger Festspiele.
Die Mythen werden als Thema Oper, Konzert und Schauspiel programmatisch verbinden.
Aber auch die Festspiele selbst sind in diesen neun Jahrzehnten längst zu einem Mythos
geworden. Schwere Hypothek oder starker Auftrag für Gegenwart und Zukunft?
Erdacht und gegründet wurden die Salzburger Festspiele von Anfang an als Projekt gegen die
Krise, die Sinnkrise, den Werteverlust, die Identitätskrise des einzelnen Menschen, aber auch
ganzer Völker.
Mitten im Ersten Weltkrieg reifte in den Gründervätern, Hugo von Hofmannsthal, Max
Reinhardt, Richard Strauss, Alfred Roller und Franz Schalk, der Entschluss, die
gegeneinander gehetzten Völker durch Festspiele miteinander zu versöhnen, ihnen ein
vereinendes Ziel zu geben.
Im „ersten Aufruf zum Salzburger Festspielplan“ (1919) stehen daher – unvergleichlich
formuliert von Hugo von Hofmannsthal – der Friede und der Glaube an Europa im
Mittelpunkt, „an einen Europäismus, der die Zeit von 1750 bis 1850 erfüllt und erhellt hat“.
Welch anderes Festspiel darf, muss einen so zeitlos gültigen Gründungsauftrag erfüllen?
2009 gelang uns das geradezu idealtypisch, als Daniel Barenboim mit seinem West-Eastern
Divan Orchestra die Befreiungsoper Fidelio aufführte.
2010 wird Valery Gergiev mit dem vom unvergesslichen Sir Georg Solti gegründeten World
Orchestra for Peace einen wichtigen Festspielabend bestreiten. Seine Überzeugung war:
„politicians do their job [for peace], but musicians are able to be the most potent voices.
Music doesn’t have borders – it is immediate, effective and very truthful“.
5
Bei unserer Wahl zum Dichter zu Gast hatten wir offensichtlich eine schöne Vorahnung.
Claudio Magris, in der Frankfurter Paulskirche im Oktober 2009 mit dem Friedenspreis des
deutschen Buchhandels ausgezeichnet, wird im kommenden Festspiel-Sommer in Salzburg
leben und arbeiten. Ein Zitat aus seiner Preisrede passt auch gut als Auftrag an uns als
Festspielmacher: „Viele Utopien von einem Paradies auf Erden sind verflogen, doch nicht
verflogen ist die Forderung, dass die Welt nicht nur verwaltet, sondern vor allem auch
verändert werden muss. ‚Ändere die Welt, sie braucht es!‘, forderte Bertolt Brecht. Ändere sie
auch, wenn alles dich drängt zu glauben, dass dies unmöglich sei.“
So klar im Festspielplan die politische Botschaft formuliert war, so – vergleichsweise –
lapidar hieß es zur Dramaturgie: „Oper und Schauspiel, von beidem das Höchste“. Diese
Formulierung stellte sich jedoch als Glücksfall heraus – sie gab und gibt den späteren
Festspielverantwortlichen programmatische Freiheit bei höchstem Qualitätsanspruch.
Mit welchen Inhalten Intendanten, Direktorien, Künstler und Künstlerinnen 90 Jahre
Festspielgeschichte schrieben, wollen wir ihnen in einer die Festspiele begleitenden
Ausstellung im Sommer 2010 zeigen. Ab 17. Juli soll ganz im Sinne Max Reinhardts die
ganze Stadt Bühne werden.
Zu unserer großen Freude haben zahlreiche Salzburger Institutionen unsere Idee aufgegriffen
und bereichert. Ein Ausstellungsreigen unter dem Titel „Das große Welttheater“ wird daher
die wechselvolle Geschichte der wichtigsten Festspiele der Welt nicht nur in unseren eigenen
Häusern darstellen, sondern in einer großen multimedialen Schau unter anderem im Salzburg
Museum, in der Residenzgalerie, in St. Peter und in Mozarts Geburtshaus dokumentieren.
„Alle Entwicklung vollzieht sich in Spiralen“, schrieb Hugo von Hofmannsthal. Möge es uns
gelingen, gerade auch im Jahr 2010 eine Spirale aus herrlichen Hörerlebnissen, interessanten
Gedanken, eindrucksvollen Bildern erlebbar zu machen.
Helga Rabl-Stadler, Jürgen Flimm, Gerbert Schwaighofer
Markus Hinterhäuser, Thomas Oberender
6
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
DIE OPER
Im Zentrum des Opernprogramms 2010 steht das Thema Mythos – der Mythos mit seinem
Potenzial, elementare menschliche Erfahrungen und Situationen zu versinnbildlichen.
DIONYSOS
Wolfgang Rihm (*1952), einer der bekanntesten und vielseitigsten deutschen Komponisten
der Gegenwart, schreibt für die Salzburger Festspiele sein neues Musiktheaterwerk Dionysos,
das zur Eröffnung des Festspielsommers seine Welt-Uraufführung erlebt.
Inspiration und Ausgangspunkt für Rihms neues Werk ist Friedrich Nietzsches später
Gedichtzyklus Dionysos-Dithyramben. Wie der Gott des Rausches sich in den Texten des
bereits vom Wahnsinn gezeichneten Philosophen niederschlägt, wie sich seine schwierigen
Beziehungen zu den wichtigsten Frauen seines Lebens in Musik, Bewegung und Bild fassen
lassen, wie der extrem sensibilisierte Autor selbst zu einem theatralisch-rauschhaften Ereignis
wird, das zeigt der in der Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern erfahrene Regisseur
Pierre Audi.
Das Bühnenbild gestaltet der in Japan aufgewachsene Deutsche Jonathan Meese (*1970),
eine der prägenden Persönlichkeiten der internationalen Kunstszene. Er hat sich in seinen
Arbeiten schon mehrfach mit Nietzsche auseinandergesetzt.
Um Rihms Kaleidoskop an Lebensbildern im Haus für Mozart zu realisieren, haben die
Salzburger Festspiele neben Pierre Audi und Jonathan Meese den Dirigenten Ingo
Metzmacher eingeladen, der im vergangenen Sommer in Nonos Al gran sole carico d’amore
gefeiert wurde. Er leitet sein Deutsches Symphonie-Orchester Berlin (DSO) und die
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor. Johannes Martin Kränzle, der im Sommer
2009 in Händels Theodora beeindruckte, singt die Titelrolle. In weiteren wichtigen Partien
Mojca Erdmann, die ihre internationale Karriere in Salzburg in Armida gestartet hat, sowie
der deutsche Tenor Matthias Klink.
ELEKTRA
Die archaisch-rauschhaften, dionysischen Elemente der griechischen Tragödie und der
Einfluss Nietzsches prägten auch Hugo von Hofmannsthals Auseinandersetzung mit dem
Mythos. Mit Elektra (1906–1908) steht das erste gemeinsame Werk der Festspielgründer
Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal auf dem Spielplan des Großen
Festspielhauses 2010. Strauss hatte Hofmannsthals Schauspiel Elektra 1903 in der
Uraufführungsinszenierung eines weiteren Gründungsvaters der Festspiele, Max Reinhardt,
kennen gelernt und den Plan zur Vertonung gefasst.
7
In Salzburg wird sich der international erfolgreiche italienische Dirigent Daniele Gatti am
Pult der Wiener Philharmoniker der hochexpressiven Partitur annehmen. Für die Hauptrollen
wurden vier herausragende Strauss-Interpreten engagiert: Iréne Theorin, ein Shooting-Star
unter den dramatischen Sopranen, singt die Elektra, Waltraud Meier die Klytämnestra, EvaMaria Westbroek die Chrysothemis und René Pape den Orest. Nach Erfolgen mit Idomeneo
1990/91 und Schrekers Gezeichneten 2005 legt Nikolaus Lehnhoff mit Elektra seine dritte
Regiearbeit bei den Salzburger Festspielen vor.
AUSSTELLUNG: 90 JAHRE SALZBURGER FESTSPIELE
Mit Elektra gedenken die Salzburger Festspiele auch im Opernprogramm ihrer Gründung im
Jahr 1920. Das 90-Jahr-Jubiläum wie auch die Eröffnung des Großen Festspielhauses vor 50
Jahren werden im Programm der Salzburger Festspiele 2010 in Oper, Konzert und Schauspiel
immer wieder ins Bewusstsein gerufen. Ein zentrales Ereignis der Feierlichkeiten bildet die
Ausstellung Das Große Welttheater – 90 Jahre Salzburger Festspiele 1920–2010, die von
17. Juli bis 26. Oktober 2010 an mehreren Orten in Salzburg zu besichtigen ist.
ORFEO ED EURIDICE
Ebenso wie Elektra markiert auch Christoph Willibald Glucks Reformoper Orfeo ed
Euridice (1762) einen Schlüsselmoment in der Rezeption des antiken Mythos.
Dieter Dorn, der neben einer Reihe wichtiger Schauspielproduktionen (darunter die
Uraufführung von Thomas Bernhards Die Macht der Gewohnheit 1974) Strauss’ Ariadne auf
Naxos und zuletzt Henzes L’Upupa bei den Salzburger Festspielen inszeniert hat, übernimmt
die Regie. Maestro Riccardo Muti, der bereits eine maßstabsetzende Einspielung von Glucks
Orfeo ed Euridice vorgelegt hat, leitet im Großen Festspielhaus die Wiener Philharmoniker.
Zwei führende österreichische Sängerinnen, Elisabeth Kulman und Genia Kühmeier, sowie
die am Salzburger Mozarteum ausgebildete bayerische Sopranistin Christiane Karg bilden
das Solistentrio in einer Geschichte, in der alles aus Liebe geschieht.
LULU
Die Kraft des Eros ist im heurigen Spielplan auch in zwei Figuren von geradezu mythischen
Dimensionen erfahrbar: Lulu, der Alban Berg seine zweite Oper (1928–1935) widmete und
die er als weiblichen Widerpart zu Don Juan betrachtete, wird von der unvergleichlichen
französischen Sopranistin Patricia Petibon verkörpert. Michael Schade, Michael Volle,
Pavol Breslik und Franz Grundheber sind die Männer, die Lulus Auf- und Abstieg
begleiten.
Die aus Sofia stammende, in Deutschland ausgebildete Regisseurin Vera Nemirova (*1973)
gibt ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen. „Ihr Zugriff auf Stücke ist stark. Anstelle von
Ehr-Furcht begegnet sie den Gegenständen mit Liebe, Berührung, Angreifen, Begreifen:
Indem sie verändert, bewahrt sie“ – so lautete die Begründung der Jury zur Verleihung des
Berliner Kunstpreises an die junge Regisseurin. Der deutsche Dirigent Marc Albrecht
(*1964), der sich vor allem als Strauss- und Wagner-Interpret sowie durch seinen Einsatz für
zeitgenössische Musik höchste Anerkennung erworben hat, dirigiert die Wiener
8
Philharmoniker. 2001 leitete er die Welturaufführung der Oper Celan von Peter Ruzicka an
der Semperoper Dresden, von 2003 bis 2006 war er als Dirigent des Fliegenden Holländers
bei den Bayreuther Festspielen zu Gast. 2003 gab er sein Debüt bei den Salzburger
Festspielen mit Egon Wellesz’ Die Bakchantinnen.
Als Bühnenbildner konnte nach dem Erfolg von Cantata profana/Herzog Blaubarts Burg
2008 erneut Daniel Richter, einer der wesentlichsten Maler der Gegenwart, gewonnen
werden. Mit der Einladung von Daniel Richter und Jonathan Meese als Bühnenbildner zeigen
die Salzburger Festspiele in ihrem Jubiläumsjahr, dass sie neben der Musik und den
darstellenden Künsten auch der bildenden Kunst hohen Stellenwert einräumen.
DON GIOVANNI & ROMEO ET JULIETTE
Der junge kanadische Dirigent Yannick Nézet-Séguin (*1975), der bei seinem Salzburger
Debüt 2008 internationale Aufmerksamkeit erregte, dirigiert in diesem Festspielsommer nicht
nur die Neueinstudierung von Gounods Roméo et Juliette (Regie: Bartlett Sher) mit dem
Mozarteumorchester Salzburg, sondern auch Mozarts Don Giovanni (Regie: Claus Guth)
mit den Wiener Philharmonikern.
Das Duo Don Giovanni und Leporello wird wieder von Christopher Maltman und Erwin
Schrott verkörpert. Die weiblichen Partien übernehmen Aleksandra Kurzak als Donna
Anna, Dorothea Röschmann als Elvira und Anna Prohaska als Zerlina. Joseph Kaiser und
Joel Prieto teilen sich die Auftritte als Don Ottavio.
Als Liebespaar Juliette und Roméo werden Weltstar Anna Netrebko alternierend mit Nino
Machaidze und Piotr Beczala alternierend mit Stephen Costello in der Felsenreitschule zu
erleben sein.
NORMA
Ein Bogen zum Mythos wird im Festspielprogramm 2010 auch mit Vincenzo Bellinis Oper
Norma (1831) geschlagen, die Richard Wagner mit der antiken Tragödie verglich und von
Schopenhauer als „höchst vollkommenes Trauerspiel“ bewundert wurde. Im Zentrum des
Werks steht die Druidenpriesterin Norma, die in zwei konzertanten Aufführungen im Großen
Festspielhaus von der Prima donna assoluta des Belcanto, Edita Gruberova, gesungen wird.
Ihre ebenbürtigen Partner sind Joyce DiDonato, Marcello Giordani und Ferruccio
Furlanetto. Friedrich Haider leitet die Camerata Salzburg.
YOUNG SINGERS PROJECT sponsored by Credit Suisse
Die beliebten Öffentlichen Masterklassen der „Young Singers“, die auf dem Sprung zur
künstlerischen Elite hier nachhaltigen Schliff erfahren, finden an vier Nachmittagen in der
Großen Universitätsaula statt. Das Mozarteumorchester Salzburg unter Ivor Bolton begleitet
die jungen Künstler im Abschlusskonzert, wenn sie ihre Bühnenreife dem internationalen
Publikum vorstellen.
9
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
DAS KONZERT
„Musik muss voller Emotion sein, die Emotion voller Komplexität“, schrieb Wolfgang Rihm
1974: ein Satz, der dem Konzertprogramm 2010 als Motto vorangestellt werden könnte. Zwar
orientiert es sich mit seinen über 70 Veranstaltungen äußerlich an der traditionellen Struktur
von Orchester-, Solisten- und Kammermusik-Abenden, belebt diese jedoch wie schon in den
vergangenen drei Jahren durch Schwerpunktsetzungen und die Unverwechselbarkeit der
Programmauswahl, immer wieder auch durch ungewöhnliche, neue Hörperspektiven öffnende
Werkkombinationen. Fern von jeglicher Routine finden sich Musikerinnen und Musiker in
Salzburg zu einmaligen Konstellationen zusammen.
KONTINENT RIHM
Die Reihe Kontinente, sponsored by roche, widmet sich in der Saison 2010 WOLFGANG
RIHM (*1952), einem der profiliertesten deutschen Komponisten der Gegenwart. Neben
seiner Uraufführungsoper Dionysos porträtiert ihn das Konzertprogramm im Rahmen von
Kontinent Rihm mit zehn Konzerten.
Dabei werden verschiedene Phasen seines umfangreichen Schaffens beleuchtet, von seiner
„wilden“ Periode der 1970er und frühen 80er Jahre bis hin zu neuesten Werken wie Et Lux
(2009), das in der Uraufführungsbesetzung mit dem Arditti Quartet und dem Hilliard
Ensemble zu hören ist. Zudem stehen am Programm der Kontinente-Reihe auch
Komponisten, zu denen Rihm eine große Affinität besitzt und die seinen künstlerischen Weg
begleitet haben, darunter Brahms, Bruckner, Mahler, Schumann, Schönberg und Stockhausen.
Rihm hat sich kompositorisch, aber auch in zahlreichen Schriften intensiv mit der
Musikgeschichte auseinandergesetzt. Der Kontinent Rihm spürt Wahlverwandtschaften
zwischen Rihms Œuvre und Werken unterschiedlichster Epochen nach: Das Spektrum reicht
hierbei von Dowland und Gesulado bis zu Morton Feldman.
Auch manche Neuentdeckung wird geboten: So steht am Beginn der Reihe die 1915/16
entstandene, kraftvolle Bühnenmusik zu Aischylos’ Choephoren von Darius Milhaud, neben
Arthur Honegger und Francis Poulenc ein Gründungsmitglied der Groupe de Six rund um
Jean Cocteau. Kombiniert wird das Werk mit Rihms monumentalem „Poème dansé“ Tutuguri
mit Martin Wuttke als Sprecher, Martin Grubinger & The Percussive Planet Ensemble und
dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Ingo Metzmacher – ein starker Auftakt
für all jene, die sich auf die Reise durch den Kosmos des Komponisten Wolfgang Rihm
machen wollen.
Einen szenischen Abend auf der Perner-Insel in Hallein bestreiten Sasha Waltz & Guests und
das Ensemble Modern mit Rihms Jagden und Formen, einem musikalisch-choreografischen
Projekt.
10
Den Abschluss der Reihe bilden zwei Matineen der Wiener Philharmoniker mit Christoph
Eschenbach und dem Pianisten Tzimon Barto im Großen Festspielhaus: Wolfgang Rihms
Ernster Gesang für Orchester (1996), ein Auftragswerk von Wolfgang Sawallisch, wird
umrahmt von Werken Schumanns.
Und bereits im zweiten philharmonischen Konzert ist unter der Leitung von Riccardo
Chailly die Geigerin Anne-Sophie Mutter mit dem ihr gewidmeten Violinkonzert von
Wolfgang Rihm Gesungene Zeit zu erleben.
BRAHMS-SZENEN
Nach Schumann, Schubert und Liszt steht JOHANNES BRAHMS 2010 im Zentrum einer
siebenteiligen Konzertreihe. In den Brahms-Szenen werden Querverbindungen zwischen
Brahms’ Schaffen und Werken von Zemlinsky und Schönberg, aber auch Isaac, Biber, Bach,
Reger, Berg, Webern, Janácek, Schostakowitsch, Ligeti und Kurtág hergestellt. Dabei gilt es
Parallelen in der musikalischen Struktur, aber auch in den Empfindungswelten hörbar zu
machen.
Zum Auftakt der Brahms-Szenen gestaltet der russische, in Versailles lebende
Ausnahmepianist Valery Afanassiev einen ganzen Abend mit der verinnerlichten Musik von
Brahms’ späten Fantasien, Intermezzi und Klavierstücken.
Als eine Art Hommage an Brahms schreibt der Komponist und Klarinettist Jörg Widmann
(*1973 in München) für die Salzburger Festspiele Intermezzi für Klavier, die András Schiff
am 10. August zur Uraufführung bringen wird.
Neben zahlreichen Kammermusikwerken, die von weltweit führenden Instrumentalisten und
Ensembles interpretiert werden, kommt auch eine wenig bekannte Fassung von Brahms’
Deutschem Requiem für Soli, Chor und Klavier zu vier Händen zur Aufführung: Unter der
Leitung von Thomas Hengelbrock singen und spielen Diana Damrau, Michael Nagy, der
Balthasar-Neumann-Chor, Valery Afanassiev und Markus Hinterhäuser. Den zweiten
Teil des Abends bestreitet das Zehetmair Quartett mit Schostakowitschs letztem
Streichquartett (Nr. 15).
Ein Wiedersehen gibt es im Rahmen der Brahms-Szenen mit der international gefeierten
Salzburger Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager, die außerdem in einem Liederabend
gemeinsam mit Ian Bostridge HugoWolfs Spanisches Liederbuch singt.
FRÉDÉRIC CHOPIN & ROBERT SCHUMANN
Weitere Schwerpunkte im Konzertprogramm gelten ROBERT SCHUMANN (1810–1856)
und FRÉDÉRIC CHOPIN (1810–1849), die beide vor 200 Jahren geboren wurden.
Werke von Chopin finden sich naturgemäß vor allem in der Sparte der Solistenkonzerte, die
wieder die herausragendsten Pianisten der Gegenwart wie Krystian Zimerman, Evgeny
Kissin und Maurizio Pollini in Salzburg versammeln.
Grigory Sokolov, dessen Klavierabende geradezu auratischen Charakter haben, nimmt sich
des Jahresregenten Schumann an. Evgeny Kissin stellt in zwei Programmen Werke von
Chopin und Schumann einander gegenüber.
11
In einem zweiteiligen Zyklus der Camerata Salzburg dirigiert Philippe Herreweghe, der
sich als einer der Protagonisten der historischen Aufführungspraxis international einen Namen
gemacht hat, die vier Symphonien Schumanns in kleiner, transparenter Besetzung. Der in
Belgrad geborene Ivo Pogorelich, der nicht nur beim Chopin-Wettbewerb 1980 für Furore
sorgte und von Martha Argerich gefördert wurde, übernimmt den Solopart in den beiden
Klavierkonzerten von Frédéric Chopin. Eine seltene Gelegenheit, diese Werke in einer solch
einzigartigen Interpreten-Konstellation kennenzulernen.
KAMMERKONZERTE, SOLISTENKONZERTE, LIEDERABENDE
Die ersten beiden Kammerkonzerte gestaltet die unvergleichliche Martha Argerich mit
Musikerfreunden, die sie regelmäßig im Rahmen des durch viele CD-Mitschnitte berühmt
gewordenen „Progetto Martha Argerich“ beim Lugano Festival um sich versammelt.
Der polnische Meisterpianist Krystian Zimerman – ein selbstkritischer Perfektionist, der nur
wenige Konzerte im Jahr gibt und mit seinem eigenen Konzertflügel reist – konnte gleich für
zwei Auftritte in Salzburg gewonnen werden: Neben einem Chopin-Soloabend am 18. August
im Großen Festspielhaus wird er in einem Kammerkonzert mit dem international gefeierten
Salzburger Hagen Quartett am 24. August Klavierquintette von Schumann und von Grazyna
Bacewicz spielen: Der 1969 verstorbenen polnischen Komponistin, einer Schülerin von Nadia
Boulanger, hat Zimerman übrigens seine jüngste CD gewidmet. Leos Janáceks Erstes
Streichquartett („Kreutzer-Sonate“) komplettiert diesen besonderen Konzertabend.
Gidon Kremer, einer der unkonventionellsten Geiger und seit 1976 regelmäßig bei den
Salzburger Festspielen zu Gast, ist diesen Sommer zweimal zu hören: als kongenialer Partner
von Valery Afanassiev mit Brahms, Schostakowitsch und Valentin Silvestrov im Großen
Festspielhaus und im Haus für Mozart im kammermusikalischen Trilog in Klaviertrios von
Tschaikowski, Victor Kissine (*1953) und Robert Schumann.
Die Gelegenheit einer Begegnung mit Franz Schuberts drei großen Liedzyklen in Maßstab
setzenden Interpretationen bieten drei Abende mit dem Bariton Matthias Goerne und
Christoph Eschenbach.
Dem deutschen Lied gewidmete Abende gestalten auch die Sopranistin Anja Harteros und
der Tenor Jonas Kaufmann, die bei der Kritikerumfrage der Zeitschrift Opernwelt kürzlich
zur Sängerin bzw. zum Sänger des Jahres 2009 gekürt wurden.
Der gefeierte Countertenor Philippe Jaroussky, der bei den Salzburger Pfingstfestspielen
2009 im Haus für Mozart mit virtuosen Barockarien begeisterte, hat sich in jüngerer Zeit ein
ungewöhnliches Repertoire erobert, das er am 27. August präsentiert: französische Lieder,
sogenannte Mélodies, aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Ein besonderes Zusammentreffen verspricht das Konzert der beiden Weltstars Rolando
Villazón und Hélène Grimaud am 15. August im Großen Festspielhaus.
12
MOZART-MATINEEN
Die traditionellen Mozart-Matineen mit dem Mozarteumorchester Salzburg werden geleitet
von Ivor Bolton, Marc Minkowski, Ton Koopman und dem 1973 in Paris geborenen
Jérémie Rhorer, der von der französischen Kritik zur „Entdeckung des Jahres 2008“ gekürt
wurde. Die Sopranistin Diana Damrau und der Pianist Fazil Say sind nur zwei der
herausragenden Solisten dieser glitzernden Kleinode, genannt Mozart-Matineen.
Nestlé and Salzburg Festival YOUNG CONDUCTORS AWARD
Der Preisträger des ersten Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award wird in
einer Matinee am 14. August in der Felsenreitschule das Gustav Mahler Jugendorchester
dirigieren.
SCHULE DES HÖRENS
Die Schule des Hörens werden 2010 Matthias Goerne mit Christoph Eschenbach
(Schubert hören – Winterreise) und Wolfgang Rihm (Der Komponist als Hörer) in der
Großen Universitätsaula gestalten. 2007 erstmals konzipiert, verführt diese
Veranstaltungsreihe das Publikum zum genauen Hin-Hören und erschließt die vielen
Perspektiven eines musikalischen Werks.
WIENER PHILHARMONIKER
Die Wiener Philharmoniker – ein Fixpunkt der Salzburger Festspiele seit deren Gründung –
sind wieder mit fünf Programmen in elf Konzerten zu hören.
2010 wird nicht nur das 90-jährige Bestehen der Salzburger Festspiele gefeiert, sondern auch
der Einweihung des von Clemens Holzmeister erbauten Großen Festspielhauses vor 50
Jahren gedacht. Am 26. Juli 1960 stand Herbert von Karajan hier am Pult der Wiener
Philharmoniker. Genau 50 Jahre später dirigiert Daniel Barenboim die Wiener
Philharmoniker im
Eröffnungskonzert der Salzburger Festspiele am 26. Juli 2010 im Großen Festspielhaus
Daniel Barenboim ist zugleich der Solist in Beethovens Viertem Klavierkonzert. Am
Programm stehen außerdem ein Meilenstein der Musik nach 1945: Pierre Boulez’ Notations
sowie zum Abschluss Anton Bruckners grandioses Te Deum mit Elina Garanca, Dorothea
Röschmann, Klaus-Florian Vogt und René Pape als Solistenquartett und der
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor.
Im zweiten Konzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Riccardo Chailly
spielt die einzigartige Geigerin Anne-Sophie Mutter das für sie geschriebene Violinkonzert
von Wolfgang Rihm mit dem Titel Gesungene Zeit. Die zweite Hälfte des Konzerts bildet
Bruckners Vierte Symphonie, die „Romantische“.
13
Bruckner ist auch das letzte Konzert der Wiener Philharmoniker Ende August gewidmet:
Bernard Haitink dirigiert die monumentale Fünfte Symphonie.
Christoph Eschenbach setzt Robert Schumann ins Zentrum des Konzerts mit den Wiener
Philharmonikern: Neben der Zweiten Symphonie sind zwei eher selten aufgeführte Werke
für Klavier und Orchester zu hören, zwischen denen der Solist Tzimon Barto die späten,
faszinierenden „Geistervariationen“ für Klavier solo vortragen wird. Schumann wird
Wolfgang Rihms Ernster Gesang (1996) gegenübergestellt.
Zwei außergewöhnliche Werke der Oratorienliteratur führen die französischen
Schauspielstars Gérard Depardieu und Fanny Ardant nach Salzburg:
Die Wiener Philharmoniker und Riccardo Muti nehmen sich der Partitur von Sergej
Prokofjews Iwan der Schreckliche an, die ursprünglich als Musik zu Eisensteins
gleichnamigem Film entstand. Gérard Depardieu fungiert als Sprecher, die
Mezzosopranistin Olga Borodina und der Bass Ildar Abdrazakov, als Rossinis Moïse aus
dem Sommer 2009 in bester Erinnerung, sind die Solisten. Der Salzburger Festspiele
Kinderchor und die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor komplettieren die
Besetzung.
GASTORCHESTER
Arthur Honeggers dramatisches Oratorium über die Heilige Johanna von Orléans, Jeanne
d’Arc au bûcher, nach einem Text von Paul Claudel dirigiert Bertrand de Billy in der
Felsenreitschule am Pult seines ORF Radio-Symphonieorchesters Wien. Die Rolle der
Titelheldin rezitiert die französische Schauspielerin Fanny Ardant, die u.a. mit François
Truffaut, Alain Resnais und François Ozon (Acht Frauen) drehte und 1997 mit dem César als
beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. Die Gesangspartien übernehmen u. a. Maria
Bengtsson und Gilles Ragon, außerdem wirken der Wiener Singverein und der von den
Salzburger Festspielen gegründete Kinderchor mit.
Der Gründung vor 90 Jahren als Friedenswerk nach den Gräueln des Ersten Weltkriegs
gedenken die Salzburger Festspiele heuer auch mit der Einladung des World Orchestra for
Peace, das von Sir Georg Solti ins Leben gerufen wurde. Valery Gergiev wird die Vierte und
die Fünfte Symphonie von Gustav Mahler dirigieren. Camilla Tilling gestaltet den
Sopranpart.
Das Gustav Mahler Jugendorchester wird neben seinem Auftritt unter dem ersten
Preisträger des Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award auch ein Konzert
unter der Leitung von Herbert Blomstedt bestreiten. Am Programm stehen Hindemiths
Symphonie Mathis der Mahler und Brahms’ Violinkonzert mit der großartigen jungen
Geigerin Hilary Hahn, die von der Zeitschrift Gramophone als Künstlerin des Jahres 2008
ausgezeichnet wurde.
Das Königliche Concertgebouworchester Amsterdam ist 2010 unter seinem Chefdirigenten
Mariss Jansons in Salzburg zu Gast. Hauptwerke von Bartók und Strawinsky umrahmen
Mussorgskis eindrucksvolle Lieder und Tänze des Todes mit dem großen Bass Ferruccio
Furlanetto.
14
Zwei der bedeutendsten Orchesterlieder-Zyklen des 19. Jahrhunderts wird auch die
Weltklasse-Sopranistin Nina Stemme, jüngst als Isolde an Covent Garden umjubelt, mit dem
Swedish Chamber Orchestra unter Thomas Dausgaard darbieten: Berlioz’ Les Nuits d’été
und Wagners Wesendonck-Lieder. Außerdem sind Schumanns Fragment gebliebene
„Zwickauer Symphonie“ und Beethovens Siebte Symphonie zu hören.
BERLINER PHILHARMONIKER
Den Reigen der großen Gastorchester beschließen traditionell die Berliner Philharmoniker.
Am letzten Festspielsonntag dirigiert Sir Simon Rattle das Parsifal-Vorspiel und Epoche
machende Orchesterstücke der drei wichtigsten Vertreter der Zweiten Wiener Schule,
Schönberg, Berg und Webern. Karita Mattila ist die Solistin in Richard Strauss’ betörenden
Vier letzten Liedern.
15
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
DAS SCHAUSPIEL
Das Schauspielprogramm 2010 setzt zwei Schwerpunkte, die verschiedene Programmlinien
verbinden und die beiden Hauptakzente des Gesamtprogramms aufnehmen.
SOPHOKLES ÖDIPUS AUF KOLONOS
JEAN RACINE PHÄDRA
JON FOSSE TOD IN THEBEN
Zum einen steht für die Festspiele 2010 spartenübergreifend das Thema „Mythos“ im
Mittelpunkt. Im Schauspielprogramm schlägt sich dies in drei Produktionen nieder – in Peter
Steins Inszenierung von Ödipus auf Kolonos mit Klaus Maria Brandauer als Ödipus. Für
seine Rückkehr als Schauspielregisseur entwickelt Peter Stein eine eigene Übersetzung von
Sophokles’ Stück. Das Bühnenbild kreiert Ferdinand Wögerbauer, die Kostüme Moidele
Bickel.
Im republic erfolgt die deutschsprachige Erstaufführung von Jon Fosses Adaption der
Sophokleischen Ödipus-Trilogie unter dem Titel Tod in Theben im Young Directors Project.
Regie führt Angela Richter in einem Bühnenbild von Katrin Brack, die für ihre letzte
Salzburger Produktion (Moliere. Eine Passion) mit dem Theaterpreis Nestroy ausgezeichnet
wurde.
Matthias Hartmann inszeniert im Landestheater Racines Phädra mit Sunnyi Melles in der
Titelrolle. Das Bühnenbild gestaltet der bereits im Vorjahr – mit Jürgen Goschs Möwe – in
Salzburg vertretene Bühnenbildner Johannes Schütz. Als ein Reflex auf das Mythen-Thema
liest Senta Berger im Literaturprogramm aus Claudio Magris’ Orpheus- und EurydikeParaphrase Verstehen Sie mich bitte recht im Landestheater.
16
STEFAN ZWEIG ANGST – WIDERSTAND DER WIRKLICHKEIT –
MAX REINHARDT SOMMERNACHTSTRAUM
Einen zweiten Schwerpunkt bildet die Auseinandersetzung mit dem Thema Österreich im 90.
Festspieljahr. Auch hier sind es im Wesentlichen drei Produktionen, die darauf Bezug
nehmen: Jossi Wielers Inszenierung einer Adaption der Novelle Angst von Stefan Zweig im
Landestheater, wodurch diesem großen Wahlsalzburger im Schauspielprogramm der
Festspiele erstmals eine Reverenz erwiesen wird. Es spielt André Jung – der unlängst für
seinen Rolle des Krapp in Jossi Wielers Festspiel-Inszenierung von Becketts Das letzte Band
mit dem Nestroy ausgezeichnet wurde – an der Seite der niederländischen Schauspielerin
Elsie de Brauw sowie von Katja Bürkle und Stefan Hunstein. Die Adaption der ZweigNovelle entwickelt Koen Tachelet, der kürzlich mit seiner Dramatisierung von Joseph Roths
Roman Hiob an den Münchner Kammerspielen für Furore sorgte. Die Ausstattung übernimmt
Anja Rabes, die mit Jossi Wieler bei den Salzburger Festspielen bereits in Rusalka und dem
Beckett/Handke-Doppelabend im Vorjahr zusammenarbeitete.
Widerstand der Wirklichkeit ist eine andere, weitgehend unbekannte Novelle aus dem
Nachlass Stefan Zweigs, die Klaus Maria Brandauer in einer Lesung am Landestheater
vorstellen wird. Dabei handelt es sich um einen der wenigen Texte Zweigs, in denen die
politische Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts bis hin zu den Aufmärschen der
Nationalsozialisten unmittelbar aufgegriffen wird. Komplettiert wird der Stefan-ZweigSchwerpunkt durch ein Film- und Vortragsprogramm in Zusammenarbeit mit DAS KINO
und dem Stefan Zweig Center Salzburg.
An ihren Gründer Max Reinhardt erinnern die Festspiele im Jubiläumsjahr neben der großen
Festspielausstellung durch eine Einladung in sein – der Öffentlichkeit seit seiner Emigration
kaum zugängliche – Schloss Leopoldskron: zu einem sinnenfrohen Picknick in dessen
weitläufigem Park unter den Vorzeichen des Sommernachtstraums, der szenisch durch
Studenten des Mozarteum und eine Open-air-Aufführung der Originalfassung der berühmten
Verfilmung durch Max Reinhardt präsent wird.
17
CLAUDIO MAGRIS – BLICKE INS INNERE ÖSTERREICH
Einen weiteren Österreich-Schwerpunkt setzt die Reihe „Dichter zu Gast“ mit Claudio
Magris, der den Untergang der Donaumonarchie mit dem deutschen Historiker Karl Schlögel
unter dem Titel „Das Weltreich der Melancholie“ diskutieren wird und mit dem Musiker
Hubert von Goisern über ihrer beider Donaureisen sprechen wird.
Drei Filme und drei Städte bilden den Ausgangspunkt für eine Annäherung an drei
Wendepunkte der österreichischen Geschichte in der Reihe „Blicke ins innere Österreich“:
Claudio Magris erwies sich in seinen Büchern als obsessiver Fährtenleser der Umschläge der
großen Geschichte in die reale Lebensgeschichte einzelner Menschen. Wie wirkte sich der
Fall des Eisernen Vorhangs 1989 auf das soziale Klima der Stadt Wien aus? Dies erörtert
Claudio Magris mit dem Filmemacher Götz Spielmann und dem Autor Michael Stavaric.
Welche Auswirkungen hat der Bürgerkrieg von 1934 bis hin zur Gegenwart? Darüber
debattiert Claudio Magris mit dem Autor Franzobel und der Historikerin Brigitte
Kepplinger im Hinblick auf Michael Scharangs Film Die Kameraden des Koloman Wallisch.
Und was geschah 1943 mit den im Salzburger Lager internierten Roma und Sinti, die zuvor in
Leni Riefenstahls Film Tiefland mitspielten? Dies untersucht Claudio Magris mit der
Filmemacherin Nina Gladitz, mit dem Historiker Gert Kerschbaumer und Rosa Gitta
Martl, Mitbegründerin des Linzer Sinti- und Roma Vereins „Ketani“ und Tochter einer der
wenigen die Lagerhaft überlebenden Statisten aus Riefenstahls Film.
YOUNG DIRECTORS PROJECT 2010
Das von Montblanc International zur Gänze gesponserte Young Directors Project 2010
zeigt vier Produktionen aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland. Ihr
Spektrum reicht vom magisch-musikalischen Zaubertheater des Ensembles von Jakob
Ahlbom, der mit seiner gerade im Entstehen begriffenen Arbeit Innenschau eingeladen wird,
über einen Abend zur tragisch prophetischen Welt der Frankenstein-Erfinderin Mary Shelley
des Belgiers Claude Schmitz, bis hin zu dem hoch aktuellen, von Sylvain Creuzevault und
seiner Kompanie d’ores et déjà entwickelten Revolutionsstück über die Geburtswehen der
französischen Demokratie, und der Antikenexpedition in Ödipus’ Welt des norwegischen
18
Dramatikers Jon Fosse in der deutschsprachigen Erstaufführung der Hamburger Regisseurin
Angela Richter.
Dem Programm eingeschrieben ist im 90. Festspieljahr die Betrachtung des moralischen
Wertewechsels im Zuge eines Generationenwechsels – von den mythischen Heroen Ödipus
auf Kreon und Polyneikes oder von Theseus auf Hyppolitos, genauso wie die im Hinblick auf
die Zäsuren der jüngeren österreichischen Geschichte vom Bürgerkrieg 1934 bis zum Fall des
Eisernen Vorhangs 1989. Wie lässt sich Tugend erkennen und durchsetzen? Diese Frage
bewegt Jean Racine in seinem Drama Phädra genauso wie Stefan Zweig in seiner Novelle
Angst und Sylvain Creuzevault in seinem Stück über die Zeit nach der Französischen
Revolution um 1793.
19
SALZBURGER FESTSPIELE 2010
__________________________________________________________________________
DIE SALZBURGER FESTSPIELE IN ZAHLEN
KARTENGELDEINNAHMEN 2009
ca. € 23.000.000
Gesamteinnahme Sommer
BESUCHER
213.055
2.205
10.838
226.098
22.559
248.657
in 198 regulären Veranstaltungen
in 1 verkauften Generalprobe
in 41 Sonderveranstaltungen
in 21 Einlass- und Generalproben
Die PLATZAUSLASTUNG liegt bei 93%.
HERKUNFT DER BESUCHER
68 Nationen
34 außereuropäische Nationen
Speziell in den asiatischen Ländern u.a. Japan wurde im Juni massiv vor Reisen ins Ausland
auf Grund der „Neuen Grippe“ gewarnt. Kunden und Reiseveranstalter waren besorgt und
haben teilweise in diesem Zeitraum ihre Kartenkäufe storniert. Umso erfreulicher ist es, dass
nach 2 rückläufigen Saisonen die Kartenkäufe aus Japan um 5% zum Vorjahr gestiegen sind.
Erfreuliche Zuwächse sind auch heuer wieder aus Russland zu berichten. Hier konnten die
Kartenkäufe um 60% gesteigert werden, der Umsatz sogar verdoppelt werden. Den
Spitzenplatz aber nimmt in diesem Jahr China ein. Hier konnten der Umsatz der Kartenkäufe
sogar verdreifacht werden.
Der Fokus 2009 lag besonders auf den Kernmärkten Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien
und Frankreich. In diesen Ländern konnten die Kartenumsätze stabil zum Vorjahr gehalten
werden.
Überraschenderweise hielt sich aber auch der Rückgang in den USA mit nur 7% der
gekauften Karten im Vergleich zum Vorjahr in Grenzen.
20
Mehr Private Besucher, weniger Firmenkunden
In diesem Jahr können die Salzburger Festspiele bei privaten Kunden ein Plus von + 10 %
verzeichnen. Dem gegenüber steht ein Minus von – 10% bei Firmenkunden. Auf die
Gesamtkartenanzahl umgelegt kommt es somit zu einer prozentuellen Verschiebung zwischen
Firmenkunden und Privatkunden um 5% in Richtung Privatkunden im Vergleich zum
Vorjahr.
JUGENDPROJEKTE
Es wurden 3.728 Karten zu stark herabgesetzten Preisen (10-15% der Originalpreise) an
jugendliche Besucher abgegeben.
HUNGER AUF KUNST UND KULTUR
Für Einlass- und Generalproben (Jedermann, Cosi fan tutte, Moise et Pharaon, Theodora,
Mozart-Matineen) wurden auch diese Jahr wieder Karten an die Laube vergeben, die diese
Karten an Sozialeinrichtungen/Vergabeeinrichtungen für Hunger auf Kunst und Kultur
verteilt hat. Darunter Einrichtungen wie die Armutskonferenz, Saftladen Neutstart, Pro Ecce,
Caritas, Samba, Lebenshilfe, Laube.
FÖRDERER
Die Zahl der aktiven Förderer beträgt 1800.
21
Herunterladen