Medizinische Versorgung im Kinder- und Jugendalter: Problematik der Kinderarzneimittel Univ. Doz. Dr. Ruth Ladenstein, MBA, cPM Leitung des Koordinierungszentrums für Klinische Studien (S²IRP) St. Anna Kinderkrebsforschung & St. Anna Kinderspital (Wien, Österreich ) SIOPE Präsident Europäische Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie / Brüssel-Belgium Sind K inder anders ? „ ..sind keine kleinen Erwachsenen ! ” -sind auch nicht einfach ein Bruchteil eines Erwachsenen auf Basis von m² KO oder kg KG . Heterogen in vieler Hinsicht! 20% der europäischen Population 100 Millionen < 18 Jahre ! Kearns et al, NEJM 2003; 349:1157 Ethische Probleme in der Forschung an Kindern? Das moralische Paradoxon “Ich will, daß mein Kind die wirksamste und sicherste Behandlung basierend auf bester Forschung erhält, aber ... ... ich will nicht, dass mein Kind an Forschungsprojekten teilnimmt” Das Ergebnis: K inder sind „Pharm azeutische W aisen “ Kinder werden um den Genuss der Fortschritte des Wissens gebracht, weil die Forschung (insbesondere die pharmakologische) nicht in ihrer Altersgruppe durchgeführt wird Conroy, Arch Dis Child 1999 Turner, Lancet 1996 Conroy, BMJ 2000 WAS? Stop den täglichen Experimenten! WER? Engagement von Politik und Industrie! Off-Label Anwendungen Je nach Indikation und Altersgruppe sind 50 -90% der AM nicht für Kinder und/ oder kinderspezifische Erkrankungen zugelassen! Gefahren: • Überdosierung • Unterdosierung • Ungeeignete Verabreichungsformen Kinder ….. Probleme einer Minderheit ! Probleme der Off -Label Anwendung Haftungsrechtliche Probleme, intensivere Aufklärung gefordert, geringere Arzneimittelsicherheit. Risiken laut CIOMS IV Working Group Guideline (Council for International Organisations of Medical Sciences, Geneva 1998): • Zulassungsbehörden fühlen sich nicht in der Verantwortung, da sie die Medikamente nicht zugelassen haben und ignorieren den „Off Label Use“ oder „Unlicensed Use“ • Hersteller ignorieren Off Label Daten oder publizieren diese nicht, wegen rechtlicher Probleme • Ärzte berichten nicht systematisch über auffällige Ereignisse oder schwere Nebenwirkungen. • Patienten und Eltern sind häufig uninformiert. • Interessengruppen und Medien nehmen das Problem häufig nicht wahr. Kostenaufwand (Ressourcen) für Prüfpräparate im Rahmen von Studien Bedarf: Pharmakovigilanz für nicht zugelassene & Off Label use Medikamente WER? Hersteller/ Behörden / Anwender- Ärzte Bedarf: Rasche Kinder spezifische AM-Zulassungen 1. Zusammenarbeit mit Zulassungsbehörden (AGES, EMA): Innovative, neue Medikamente für Kinder Kindgerechte Formulierungen sind erforderlich Kritische Größen beachten (Inzidenz, Patientenzahlen) : Netzwerke! 2. Durchführen von Studien im Auftrag/mit der Pharmaindustrie: Voraussetzung: ausreichende personelle und strukturelle Ressourcen 3. Verwendungsempfehlungen für Kinder für zugelassene AM für Erwachsene Auf Basis − bereits vorhandener Erfahrung − Publikationen − Therapieoptimierungsstudien − Im Rahmen von prospektiven Studien − In Zusammenarbeit mit anderen Studienorganisationen In –Label: Nur ein Wunschtraum? – Querdenker gefragt Behandlungs- und Ergebnisverbesserung durch standardisierte Therapiekonzepte Studien zur Therapieoptimierung • • • Komplexe Fragestellungen jenseits von einzelnen Arzneimitteluntersuchungen Entwicklung und Etablierung von Behandlungskonzepten bei seltenen Erkrankungen auf hohem Qualitätsstandard (standardisiert, prospektiv, dokumentiert) Erfassung von Spätfolgen und Langzeitproblemen Nationale Umsetzung von Therapiestandards • • • Sicherung von „State of the Art“ Begleittherapien Regelmäßige Evaluierung, Diskussion und Verbesserung z.B.: In klinischen päd. onkol. Studien überleben um 20% mehr Kinder ! Ziele der Pädiatrischen Regulation 2006 Bessere Medikamente für Kinder – – – – – Erhöhung der Zahl von Kindermedikamenten Bessere Informationen über Kindermedikamente Hohe Qualität und ethische Medikamentenentwicklung für Kinder Vermeidung unnötiger Duplizierungen klinischer Studien Zulassung von Medikamente im Bereich von AM für Erwachsene nicht behindern (waiver policy) ABER: − Medikamente werden nach Indikation und nicht nach Funktionsmechanismen selektiert ! − Viele nützliche Medikamentenklassen gehen an Kindern vorbei! Ziel ÖGKJ Kinderforschungsnetzwerk in Österreich • • • Durch Priorisierung der Kinderagenden endlich sichere und wirksame AM für Kinder entwickeln Strukturen für Arzneimittelprüfungen und akademische Therapiestudien (Therapiestandards) schaffen Österreich als Forschungsstandort für Arzneimittelprüfungen an Kindern stärken und in Europäische Netzwerke eingliedern Warum? • Kinder brauchen sichere Medikamente in allen Indikationen ! • Die EU fordert vermehrt päd. Studien • Hierfür sind nationale und Internationale Netzwerke erforderlich • Gute Studien sind die beste Qualitätssicherung! • Ressourcen und Committment aller Stakeholders Ein Österreichisches Kinderforschungsnetzwerk: Bald Realität? WER in Österreich ? Kinder brauchen geprüfte, sichere Medikamente Finanzierungmodelle Know-how und Expertise für AM Entwicklung und Studiendurchführung Akademia Industrie Zugang zu sicheren AM Zugang zu neuen AM Politik Private – Public Partnership Eltern & Patienten Ziele O.k.ids „One - Stop Shop“ Qualitätsmerkmale • Studiennetzwerk (Organisationsbildung, Personalbereitstellung) für pädiatrische Arzneimittel & Therapien • Rechtliche und finanzielle Voraussetzungen für Betrieb und Weiterentwicklung des Studiennetzwerkes • Prioritätenliste für die Zulassung von Arzneimitteln für Kinder • Studienprogramme für Arzneimittel und Therapien für Kinder • Expertenforum für Arzneimittel für Kinder • Standards für die Durchführung von Arzneimittel- und Therapiestudien an Kindern • Österreichischen Datenbank zu Arzneimittelanwendung und Studiendurchführung an Kindern Herausforderungen Eu Regulationen und Direktiven Herausforderung : CTD Revision ! Die richtige Balance finden! Patientenschutz oder Benachteiligung und Ungerechtigkeit? Top 5 Krebsarten bei Erwachsenen Große Zahlen Zugelassene AM Wirtschaftliches Interesse Personalised Medicine Moderate Zahlen Innovative AM Orphan Indikationen Kleine Zahlen Kein wirtschaftl Interesse Off label AM Keine Studien: Zu teuer & burokratisch Die Revision der Direktive für Klinische Studien Eine Chance ! 2012-2013 Sonderregelungen für seltene Erkrankungen und Krebserkrankungen des Kindesalters! OPRPHAN and SUPRA ORPHAN INDIKATIONEN! One size fits all? ? Schicksalstag 17.7. 2012 Neue EU Verordnung vergisst auf Kinder! Herausforderungen und Hürden in Europa: Probleme akademischer Studien für Kinder aggraviert! Keine Akzeptanz eines niedrigen Risikos bei Standardtherapien mit jahrzehntelanger, dokumentierter und publizierter Erfahrung: d.h. nach wie vor kein an das Risiko angepasstes Vorgehen! Alle Off-Label medikamente sind Prüfsubstanzen Hohe Versicherungsauflagen, Ressourcen und Kosten (u.a. durch Pharmakovigilanzauflagen und DSUR Reporting) Ohne akademische Studien kein ausreichender Fortschritt bei Kindertherapien (Orphan Indikationen) Heilungschancen bei Kinderkrebs: 5 Dekaden OFF- LABLE Medikation >90% 2015 !? 80% today <10% < 1960