gestaltungsfibel

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GESTALTUNGSFIBEL
Leitfaden zur Erhaltung und Erneuerung des Ortsbildes im
Dorferneuerungsgebiet Middels und Spekendorf
Hinweise und Empfehlungen für die Gestaltung
von Gebäuden und Hofflächen
Herausgegeben von der Stadt Aurich
Bearbeitung: Boner + Partner, Varel und Oldenburg
April 2015
Inhalt
Einführung ............................................... 03
Das Dorferneuerungsgebiet ....................... 04
Baukulturbestimmende Gebäude ................ 05
Baukultur bewahren .................................. 06
Baukörper ................................................ 07
Dachgestaltung ........................................ 08
Fassadengestaltung .................................. 10
Fassadenöffnungen ................................... 12
Freiflächengestaltung ................................ 14
Umnutzung von Gulfhöfen ......................... 16
Wissenswertes zum Gulfhof ....................... 17
Beispiele für Umnutzungen ........................ 18
02
Einführung
Das dörfliche Erscheinungsbild der Ortschaften im Dorferneuerungsgebiet Middels konnte trotz einiger Störungen
im Wesentlichen gewahrt werden. Dieses individuelle Ortsbild mit seiner ostfriesischen Baukultur bildet die wesentliche Grundlage zukünftiger Entwicklungen.
Die vorhandene historische Bausubstanz macht den Charme der Ortschaften aus und sollte daher erhalten werden.
Das bedeutet aber nicht, dass die Siedlungen zu Museumsdörfern deklariert werden müssen. Behutsame Weiterentwicklungen, Umnutzungen, Umbauten und Umgestaltungen mit dem Ziel einer dauerhaften Erhaltung der Baukörper sollen auch zukünftig möglich sein. Dabei kommt
es jedoch darauf an, dass der ursprüngliche Gesamtcharakter erhalten bleibt.
Zu diesem Zweck wurde diese Gestaltungsfibel erstellt, die
in Wort und Bild aufzeigt, was die örtliche Architektur ausmacht und was zu tun ist, damit das vertraute Erscheinungsbild der Dörfer erhalten bleibt. Insbesondere sollen
dadurch die Träger von privaten Baumaßnahmen dazu bewegt werden, bei der Gestaltung ihrer Projekte verantwortungsvoll mit der vorhandenen Bausubstanz umzugehen,
um so eine Beeinträchtigung des Gesamterscheinungsbildes der Dörfer zu vermeiden.
Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Sanierung
und gegebenenfalls Umnutzung der ostfriesischen Gulfhöfe zu. Hier gilt es, den Charakter der alten Hofstellen zu
erhalten und diese, sofern sie nicht mehr für die Landwirtschaft benötigt werden, mit neuem Leben zu erfüllen.
Ziele der Dorferneuerung
Erhalt und Wiederherstellung
ortsbildprägender
Bausubstanz
Erhaltung von Baudenkmälern und ortsbildprägenden
Gebäuden
Gestalterische
Aufwertung
von Gebäuden unter Berücksichtigung ortstypischer Baustile und Gestaltungsmerkmale
Förderung neuer nachhaltiger Nutzungen in ortsbildprägender Bausubstanz, insbesondere für die Gulfhöfe
03
Das Dorferneuerungsgebiet
Die Ortschaften Ogenbargen, Westerloog, Osterloog und Spekendorf wurden zum 01. Juli 2007
in das Dorferneuerungsprogramm aufgenommen. Der Dorferneuerungsplan wurde in Zusammenarbeit mit einem Arbeitskreis aus Bürgerinnen und Bürgern in der Zeit von Februar 2008
bis Juni 2009 erstellt. Seit Oktober 2010 befindet sich das Dorferneuerungsverfahren in der
Umsetzungsphase.
Aus der obigen Abbildung ist der genaue räumliche Geltungsbereich dieser Dorferneuerung zu
entnehmen. Aufgrund der Größe des Plangebietes und der vielfach dünnen Besiedlungsdichte
sind im Vorfeld für das Dorferneuerungsgebiet Middels Schwerpunktbereiche (in der Karte rot
hinterlegt) definiert worden, auf die sich die Dorferneuerungsmaßnahmen im Wesentlichen beschränken sollen.
04
Baukulturbestimmende Gebäude
Gulfhöfe
in Middels vornehmlich aus der Zeit um 1900 vorzufinden
Wohnteil und Wirtschaftsteil nebeneinander unter einem
Dach mit durchlaufendem First
teilweise mit Räumlichkeiten im Dachgeschoss
symmetrische Fenstergliederung
gegliederte Holzfenster im Wohnteil, im Wirtschaftsteil
Fenster aus Gusseisen
Ständerkonstruktion, Gulf - Ständerwerk
rotes Ziegelmauerwerk
Satteldach mit Krüppelwalm an einer, teilweise auch an
beiden Giebelseiten
Eindeckung mit roten Ton-Dachpfannen, auf dem Wirtschaftstrakt teilweise auch mit Reet
keine Dachgauben oder Dacheinschnitte
Giebel der Gulfscheune mit seitlichem Tor (Groot Dör)
Landarbeiterhäuser, Nebenerwerbsstellen
in Middels vornehmlich aus der Zeit um 1900 vorzufinden
Gestaltungsmerkmale ähnlich wie bei den Gulfhöfen
Grundriss und Gebäudehöhe sind wesentlich kleiner als
bei einem Gulfhaus, insbesondere der Wirtschafttrakt
kein Kniestock vorhanden
Siedlungshäuser
in Middels vornehmlich aus den 1930er bis 1950er Jahren
in der Regel reines Wohnhaus
rotes Ziegelmauerwerk
Fenster im Hochkantformat (Rechteck stehend), seit
den 1950er Jahren verbreitet auch quadratische und
liegend rechteckig
Satteldach bzw. Krüppelwalmdach
Eindeckung mit roten Ton-Dachpfannen (seit Ende der
1950er Jahre auch in anthrazit)
Traufen zum Teil auch mit Aufschieblingen
Dachaufbauten als Schleppgaube
05
Baukultur bewahren
Diese Gestaltungsfibel richtet sich an alle Bauwilligen im
Dorferneuerungsgebiet Middels, egal ob sie einen Neubau
planen oder Veränderungen an einem bestehenden Gebäude vornehmen möchten. Die Fibel will Anregungen geben, wie Neubauten im Einklang mit der historischen Bausubstanz zu verwirklichen sind und welche Gestaltungsmerkmale von Bestandsgebäuden bei Um- oder Anbauten
zu erhalten sind.
Die aufgeführten Gestaltungsregeln sollen Hilfestellung
geben bei Erörterungen im Vorfeld von Bauvorhaben, die
Kommunikation zwischen den Beteiligten erleichtern und
als Beurteilungskriterium bei der Entscheidung über die
Förderung von Maßnahmen im Rahmen der Dorferneuerung dienen.
Grundsätzlich ist bei allen Baumaßnahmen auf eine dorfbzw. regionstypische Gestaltung Wert zu legen. Dies gilt
insbesondere für die Auswahl der Baumaterialien, für die
Gebäudeform, für die Gebäudeproportionen, für die Dachgestaltung, für die Fassadengliederung und für die Gestaltung des Gebäudeumfeldes.
Bei den nachfolgenden Gestaltungsempfehlungen wird unterschieden nach vorhandenen Gebäuden und Neubauten
in Baulücken oder frei geräumten Grundstücken. Für Häuser in größeren Neubaugebieten gelten in der Regel die
Festsetzungen eines Bebauungsplanes.
Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich
bei der vorliegenden Gestaltungsfibel um einen Ratgeber
handelt. Die Gestaltungsvorschläge sind im Gegensatz zu
Örtlichen Bauvorschriften gemäß § 84 der Niedersächsischen Bauordnung nicht rechtsverbindlich.
Sie sollen aber zu einem sensiblen Umgang mit der traditionellen Baukultur in der Region anregen. Die Stadt Aurich
erhofft sich, dass die Bauwilligen im Zusammenwirken mit
ihrem Architekten oder Bauunternehmer freiwillig einen
Beitrag zur Erhaltung des Ortsbildes in den Dörfern des
Dorferneuerungsgebietes leisten. Eine beliebige Gestaltung mit allem was die Baumärkte hergeben, kann nicht
im Sinne der dort lebenden Bevölkerung sein. Nur wenn
das Ortsbild dörfliche Geborgenheit ausstrahlt, können
sich die Menschen dort wohl fühlen, so wie viele Generationen vor ihnen auch.
06
Baukörper
In den Dörfern der Region bestimmen die Gulfhäuser und deren kleineres Pendant, die so genannten Landarbeiterhäuser, die Baukultur. Diese zeichnen sich durch einen lang gestreckten
Baukörper aus, wobei der Wirtschaftstrakt deutlich breiter ist als der Wohnteil. Beide Teilabschnitte weisen einen durchgängigen First über den Sattel- oder Krüppelwalmdächern auf. Die
historischen Gebäude haben mächtige Dachflächen, die weitgehend frei von Aufbauten sind
und die an den Scheunenseiten zu einer relativ niedrigen Traufe führen.
Die ebenfalls weit verbreiteten Siedlungshäuser weisen in der Mehrzahl einen rechteckigen
Grundriss auf und sind mit einem Satteldach versehen.
Empfehlungen
Werden Umbauten an Altgebäuden durchgeführt, so
ist es im Sinne der Ortsbildpflege angezeigt, den historischen Grundriss und die Gebäudeproportionen nicht
wesentlich zu verändern.
Wenn Anbauten sich hinsichtlich Proportion, Dachform,
Materialwahl und Fassadengestaltung dem Hauptgebäude anpassen und sich diesem hinsichtlich der Größe unterordnen, stören sie in der Regel nicht das traditionelle Erscheinungsbild des Ortes.
Auch neue Gebäude sollten einen lang gestreckten
rechteckigen Grundriss aufweisen.
Für die Schaffung eines harmonischen Ortsbildes ist es
wichtig, dass sich Neubauten in zusammenhängenden
Siedlungsbereichen in die bestehende Siedlungsstruktur einpassen. Deshalb ist bei der Bebauung von Baulücken darauf zu achten, dass die Bauflucht der benachbarten Gebäude wieder aufgenommen wird. Gleiches gilt für die Gebäudestellung (Ausrichtung der Giebelseite oder der Traufseite zur Straße).
07
Dachgestaltung
Die Dachlandschaft ist ein wesentliches Element des Ortsbildes. Sattel- und Krüppelwalmdächer sind im Dorferneuerungsgebiet das bestimmende Gestaltungsmerkmal. Andere Dachformen, wie Walmdach, Flachdach, Tonnendach oder Pultdach sind kaum vorhanden. Die Eindeckung erfolgt in der Regel mit rötlichen Tonziegeln. Die großen ruhigen Dachflächen bestimmen entscheidend das Erscheinungsbild der Dörfer.
Empfehlungen
Die Dächer der Hauptgebäude sollten als Satteldach
oder Krüppelwalmdach ausgebildet werden, wobei eine Dachneigung von mindestens 40 Grad einzuhalten
ist.
Wenn der Krüppelwalm nicht mehr als ein Drittel des
Giebeldreiecks einnimmt und einen Winkel von höchstens 60 Grad zur Waagerechten einhält, kommt die
Giebelwand noch deutlich zur Geltung.
Satteldach
Krüppelwalmdach
Für die geneigten Dächer kommen Dacheindeckungsmaterialien in den Farbtönen naturrot / orange bis rotbraun in Betracht. Dachsteine, die starke Lichtreflexionen hervorrufen können (z. B. keramisch beschichtete
Dachsteine), stören das dörfliche Erscheinungsbild.
Für die Dacheindeckung werden Dachsteine in Form
von Hohlpfannen, Falzpfannen, Hohlfalzpfannen empfohlen. Denkbar ist auch die Verwendung von Betondachsteinen. Der Firstbereich einer Gulfscheune kann
nach historischen Vorbildern auch mit Reet eingedeckt
werden.
Bei historischen Gebäuden sollte der Dachüberstand
an der Traufseite und an der Giebelseite höchstens
0,15 m betragen. Obwohl früher nicht üblich, können
auch Regenrinnen installiert werden, um eine Durchnässung und Ausspülung der Wände zu vermeiden.
Bei neuen Wohngebäuden ist darauf zu achten, dass
die Dachüberstände an allen Gebäudeseiten nicht
mehr als 0,30 m betragen.
08
Dachgestaltung
Empfehlungen
Die historischen Gebäuden weisen in der Regel keine
Dachaufbauten auf. Falls bei einer neuen Nutzung eine
besondere Belichtung erforderlich wird, sind Schleppgauben eine ortsbildgerechte Variante.
Die Dachaufbauten sollten nur in der untersten Dachgeschossebene errichtet werden, in gleicher Höhe angeordnet sein und von der Traufe einen Abstand von
mindestens zwei Ziegelreihen einhalten. Ein harmonisches Gesamtbild wird erreicht, wenn die Schleppgauben mit dem gleichen Material und dem gleichen Farbton wie das Hauptdach eingedeckt werden.
Bei Neubauten können neben der geraden Schleppgaube auch Sattel- bzw. Walmdachgauben, Trapezgauben oder Spitzgauben Verwendung finden. Dacheinschnitte sind für dörflich geprägte Gebäude untypisch.
Eine angemessene Art das Dachgeschoss bei historischen Gebäuden zu belichten ist der Einbau von Dachfenstern. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass diese pro Dachebene jeweils nur in einer Höhe und in der
gleichen Größe eingebaut werden. Auf eine symmetrische Verteilung der Dachfenster ist ebenfalls Wert zu
legen.
Die Errichtung von Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie auf den Dächern ist heute weit verbreitet und
ist aus Gründen des Klimaschutzes auch sinnvoll. Bei
der Installation der Anlagen ist aber auf eine gewisse
Symmetrie zu achten. Bei Einhaltung eines ausreichenden Abstandes zu den Seiten, kann das Dach noch
wahrgenommen werden. Bei denkmalgeschützten oder
denkmalwürdigen Gebäuden sollten Energiegewinnungsanlagen gar nicht oder nur sehr zurückhaltend
zum Einsatz kommen.
09
Fassadengestaltung
Die alten Gebäude wurden aus den natürlichen Baustoffen gefertigt, die in der Region zur Verfügung standen. Insbesondere aufgrund der Holzknappheit hat sich in Ostfriesland die Fachwerkbauweise nicht durchgesetzt. Ton gab es dagegen reichlich, so dass rote Mauerziegeln
zum Ortsbild bestimmenden Baumaterial der Außenmauern wurden.
Die Fassaden der historischen Bebauung weisen helle Fugen und klare horizontale und vertikale Gliederungselemente (Öffnungen in waagerechten und senkrechten Achsen, Fensterbänder,
Gesims) auf. Verbreitet sind schmückende Baudetails an den Giebelseiten der Gulfhöfe wie besondere Mauerwerksmuster, Mauerwerksvorsprünge, Stichbögen über den Fenstern und Türen
oder aus Eisen gefertigte Zahlen mit dem Datum der Gebäudeerstellung.
Die Klarheit der Fassadenstruktur erzeugt im Zusammenspiel mit den verwendeten Baumaterialien einen harmonischen, ruhigen Gesamteindruck.
Axiale Gliederung
Empfehlungen
Die historischen Gebäude zeichnen sich dadurch aus,
dass die Fassaden klar gegliedert sind und nur wenige
sich wiederholende Materialien verwendet wurden.
Es ist ein axialer Bezug der Fassadenöffnungen und
Mauerwerksanteile herzustellen bzw. zu erhalten. Das
gilt sowohl für die waagerechte als auch für die senkrechte Fassadengliederung.
Es wird empfohlen, die einzelnen Gliederungselemente
(Fenster, Türen, Gesimse, Zierformen) auf wenige Formate bzw. Ausführungen zu beschränken, um eine
harmonisch gestaltete Fassade zu erhalten.
Klar strukturierte Fassaden geben dem Haus ein harmonisches Aussehen. Klare Bezüge der einzelnen Fassadenelemente zueinander geben jedem Gebäude einen eigenen Charakter.
An Bestandsgebäuden sollten bei Umbauten die historischen Gestaltungselemente der Fassaden, wie zum
Beispiel Friese, Gesimse, Ornamente und andere
Schmuck- und Zierformen erhalten bleiben oder nach
Möglichkeit wieder hergestellt werden.
10
Fassadengestaltung
Empfehlungen
Es wird empfohlen, für die Errichtung der Außenwände
normalformatige Mauerziegel in den Farbtönen rotorange bis braun über rotbraun mit rauer Oberfläche
zu verwenden. Unregelmäßigkeiten und Farbschattierungen des Brandes tragen zu einem positiven Gesamteindruck bei.
Typisch für die Region ist eine Ausführung im
laufenden Verband. Die Verfugungen sollten einen
hellen Farbton (weiß bis hellgrau) aufweisen.
Auch neue Gebäude können die historische Fassadengestaltung wieder aufnehmen und trotzdem individuell
gestaltet sein. Für das Ortsbild von Vorteil ist es, wenn
Wände im Dachbereich, im Hauptgiebel oder im Quergiebel an den Traufseiten (Zwerchgiebel) aus dem
gleichen Material hergestellt werden wie die darunter
liegenden Wände.
Putz- oder Fachwerkfassaden sind für die Region eher
untypisch. Auf Materialien und Konstruktionen, die andere vortäuschen (z. B. Mauerwerksimitationen) sollte
ebenso verzichtet werden wie auf Farbanstriche und
Metall- oder Kunststoffverkleidungen.
Da fast alle bestehenden Gebäude Sichtmauerwerk
aufweisen, sollte hier auf eine Außendämmung verzichtet werden. Nach einer solchen Maßnahme
(Aufbringung von Dämmplatten oder Errichtung einer
Vorhangfassade) ist die bestehende Fassade in der Regel nicht mehr sichtbar.
Eine Alternative besteht darin, die energetische Sanierung im Innern der Gebäude durchzuführen. Bei zweischaligen Außenmauern kann auch eine Kerndämmung erwogen werden.
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Fassadenöffnungen
Die historischen Gebäude in der Region weisen in der Regel nur Einzelfenster mit stehenden
Formaten und einer kleinteiligen Fenstergliederung (Kämpfer, Stulp und Sprossen) auf. Vielfach sind die Fensterstürze leicht gebogen. Die Fassadenöffnungen sind zumeist symmetrisch
in einer Achse angeordnet.
Die Hauseingänge bei den Gulfhöfen und Landarbeiterhäusern liegen an der Traufseite des
Wohntraktes. Die Giebelseite des Wirtschaftstraktes weist je nach Aufteilung des Gebäudeinneren unterschiedliche Gliederungen hinsichtlich der Fassadenöffnungen auf. Allen gemeinsam ist
das seitlich gelegene Dielentor, über dem oftmals ein halbrundes Fenster in einem Metallrahmen angeordnet ist. Die Türen des Wirtschaftstraktes weisen in den meisten Fällen einen grünen Anstrich auf.
Empfehlungen
Bei Umbauten an bestehenden Gebäuden sollte die
historische Fenstergestaltung beibehalten bzw. wieder
hergestellt werden.
Damit neue Gebäude sich gut in das Ortsbild einfügen
wäre es sinnvoll, wenn diese sich hinsichtlich der Befensterung an den überkommenen Traditionen orientieren. Deshalb wird empfohlen, die Fensteröffnungen
als stehende Rechtecke auszubilden. Sind breitere Öffnungen vorgesehen, sollten die Fenster durch stehende Rechteckelemente gegliedert werden.
Anzustreben ist eine klassische Fenstergliederung mit
Kämpfer (Querstrebe), Stulp (senkrechte Mittelstrebe)
und Sprossen. Die Sprossenteilungen sind entweder glasteilend (echte
Sprossen) oder auf der äußeren Scheibe (Wiener
Sprosse) auszuführen. Auf
eingelegte Sprossen bei Mehrfachverglasung sollte
verzichtet werden, da diese Form gleich als Imitation
erkannt wird.
Durch die empfohlene Gestaltung entsteht der Eindruck einer lebhaften, kleinteilig gegliederten Fläche.
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Fassadenöffnungen
Empfehlungen
Weiterhin wird empfohlen, vorhandene Stichbögen an
Fensterrahmen zu erhalten, Fassadenöffnungen nicht
mit Glasbausteinen zu füllen und auf gewölbte oder
getönte Gläser sowie von außen sichtbare Rollladenkästen zu verzichten.
Im Kniestock des Wohntraktes der Gulfhäuser sind
schmale liegende Formate historisch überliefert. Ihr
Erhalt leistet einen Beitrag zur Bewahrung der örtlichen Baukultur.
Fenster und Türen aus heimischen Hölzern sind Kunststofffenstern vorzuziehen.
Bei den Gulfhöfen und Landarbeiterhäusern stellt das
Dielentor (Groot Dör) ein besonders markantes Gestaltungselement dar. Nach Möglichkeit sollten die Tore
erhalten bleiben oder durch neue Holztore ersetzt werden. Dabei ist auf die klassische zweiflügelige Aufteilung zu achten.
Beim Anstrich der Türen und Tore des Wirtschaftstraktes wäre es passend, die in der Region weit verbreiteten dunkelgrünen Farbtöne wieder aufzunehmen.
Falls ein Umbau des Wirtschaftstraktes vorgenommen
wird, müssen in der Regel die Fassadenöffnungen der
neuen Nutzung angepasst werden. Hierbei wäre es für
das Ortsbild sehr zuträglich, wenn insbesondere der
Erhalt der Öffnung des großen Dielentores berücksichtigt würde.
Hier könnte ein großes Fenster in den Abmessungen
des alten Dielentores eingebaut werden. Der zumeist
vorhandene Rücksprung des Tores sollte bei der Umgestaltung ebenso berücksichtigt werden, wie das
halbrunde Fenster über dem Dielentor (Spinne).
Die Gliederung der Fensterfläche sollte sich an der
sonstigen Befensterung orientieren und insbesondere
senkrechte Sprossen oder Mauerpfosten (bei Aufteilung in mehrere Fenster) aufweisen. Für die Farbgebung wird weiß oder dunkelgrün empfohlen.
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Freiflächengestaltung
Neben der Gebäudegestalt trägt die Gestaltung des Gebäudeumfeldes wesentlich zum Erscheinungsbild der Siedlungen bei. Die Art der Einfriedung, die Gliederung der Hofflächen und die
dabei verwendeten Materialien sowie die Gartengestaltung beeinflussen maßgeblich die Außenwirkung der Siedlungsbereiche.
Traditionell waren Zäune im Dorferneuerungsgebiet nur wenig verbreitet. Die Einfriedung erfolgte in erster Linie durch Hecken. Bei der Befestigung der Hofflächen kamen vorzugsweise
einheimische Materialien (rotes Klinkerpflaster, Natursteine) zum Einsatz. Die Gärten waren
vielfältig strukturiert. Bäume und Büsche markierten die Grenze zum Nachbargrundstück und
dienten als Wind- und Wetterschutz. Große Flächen wurden als Obst- und Gemüsegarten genutzt und trugen zur Selbstversorgung bei. Monotone Rasenflächen gab es nicht, stattdessen
reichten Grasflächen mit einer hohen Artenvielfalt an Wiesenblumen und Wildkräutern bis nahe
an das Haus heran.
Empfehlungen
Die Einfriedung der Grundstücke sollte nach historischen Vorbildern mittels einer geschnittenen Laubhecke oder eines Staketenzaunes (Holzzaun mit senkrechten Latten) erfolgen. Transparente Metallzäune
oder Maschendrahtzäune bis zu einer Höhe von 1,00 m
können in die Hecken bzw. Anpflanzungen integriert
werden.
Für die Anpflanzung von Hecken bieten sich folgende
heimische Straucharten an: Hainbuche, Rotbuche (hält
trockenes Laub), Liguster (hält lange grünes Laub) sowie Rot- und Weißdorn.
Zäune aus anderen Regionen, wuchtige Mauern oder
so genannte moderne Konstruktionen aus dem Baumarkt sind für ein stimmiges Ortsbild eher abträglich.
Grundsätzlich sollte bei der Hofbefestigung eine übermäßige Oberflächenversiegelung vermieden werden.
Sinnvoll ist der Einsatz von Pflasterungen mit einem
relativ hohen Fugenanteil oder die Einbringung einer
wassergebundenen Decke (Schotter, Split).
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Freiflächengestaltung
Empfehlungen
Bei der Befestigung von Hofflächen sollte Klinkerpflaster in roten Farbtönen, Natursteinpflaster oder rotes
bis rotbraunes Betonsteinpflaster Verwendung finden.
Sonstige erdige Farben sind auch möglich.
Die großzügig dimensionierten, betonierten Flächen
vor den Gulfhöfen werden nach Aufgabe der Landwirtschaft nicht mehr benötigt. Hier bietet es sich an, die
versiegelten Bereiche zugunsten von Gartenflächen
mit einem hohen Grünanteil aufzugeben.
Dem Ortsbild zuträglich sind vielfältig strukturierte Vorgärten mit einer Mischung aus Bäumen, Sträuchern,
Blumenbeeten, Grasflächen, Aufenthaltsbereichen,
Wegen und ggf. Obst- und Gemüsebeeten in Anlehnung an die ehemals verbreiteten Bauerngärten. Monotone Rasenflächen sind zwar pflegeleichter, tragen
aber wenig zu einem dörflichen Erscheinungsbild bei.
Heutzutage benötigen viele landwirtschaftliche Betriebe große Lagerflächen für die Silage. Da diese aufgrund der Abdeckungsmaterialien (Folien, Autoreifen
etc.) oftmals das Erscheinungsbild der Dörfer beeinträchtigen, sollten die Funktionsflächen durch eine
Pflanzkulisse (Hecke, Bäume) kaschiert werden.
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Umnutzung von Gulfhöfen
Nicht nur im Dorferneuerungsgebiet Middels
stellen die leer stehenden Gulfhöfe bzw. deren
nicht mehr benötigten Wirtschaftstrakte ein
besonderes Problem in den Ortslagen dar. Eine Umnutzung ist meistens sowohl mit einem
hohen baulich-konstruktiven wie auch gestalterischen Aufwand verbunden.
Hinsichtlich der zukünftigen Nutzungen der
leer stehenden oder frei werdenden Gulfhöfe
bestehen vielfältige Optionen. Die nachfolgende Aufstellung gibt einen Überblick über denkbare Nutzungsmöglichkeiten der Gebäude im
Dorferneuerungsgebiet. Sie ist jedoch ausdrücklich nicht als abschließend zu verstehen.
Gästebeherbergung
-
Ferienwohnungen
Heuhotel
Ferien auf dem Bauernhof
Bed & Bike
(mit Fahrradservice und Fahrradverleih)
- Zelten auf dem Bauernhof
- Tagungshaus für Freizeitgruppen
- betreuter Urlaub für Menschen mit Handicap
Einzelhandel / Gastronomie / Erlebnis
Allerdings ist eine Umnutzung aber durchaus
möglich, wie viele positive Beispiele in Ostfriesland belegen. Doch leider scheitern auch
oftmals gute Ideen an der Finanzierbarkeit
der Maßnahme. Hier könnte die Dorferneuerung durch die Bereitstellung entsprechender
Fördermittel unterstützend einwirken, um einerseits die Gulfhöfe vor dem Verfall zu bewahren und das Erscheinungsbild zu verbessern und um andererseits die baulichen Vorkehrungen, die für eine Umnutzung erforderlich sind, zu ermöglichen.
Nachfolgend werden eine Reihe von Projekten
vorgestellt, bei denen es gelungen ist, die alten Gulfhäuser mit neuen Nutzungen zu versehen und diese so mit neuem Leben zu erfüllen.
Die Beispiele sollen den Eigentümern der alten
Höfe zur Inspiration dienen und einen Prozess
in Gang bringen, der gleichzeitig der Erhaltung der Gebäude dient und das Dorfleben
durch neue Nutzungen oder Angebote bereichert.
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-
Trödel- bzw. Antiquitätenladen
Hofladen mit heimischen Erzeugnissen
Bioladen
themenbezogener Mitmach - Hof (Tierpflege,
Lebensmittelherstellung, Textilverarbeitung)
Erlebnisgaststätte
Bierbrauerei
Kaffeehaus / Teestube
Reiterhof
Fitnessstudio
Spielscheune
Soziale Einrichtungen
-
Begegnungsstätte / Dorfgemeinschaftshaus
Seniorenwohnen
Mehrgenerationenhaus
Jugendtreff
Kinderbetreuung
Kunst und Musik
-
Künstleratelier
Kunsthandwerker (z. B. Töpferwerkstatt)
Galerie
Veranstaltungsraum (Kleinkunst, Jazz in der
Scheune o. ä.)
- Probenraum für Musiker
Dokumentations- und Ausstellungsraum
zu folgenden regionalen Themen:
-
bäuerliches Bauen und Wohnen
Informationen zur Gebäudeform Gulfhof
Besiedlung der Region
Bauerngartenkultur
Boßelsport
Folklore / heimatkundliche Informationen
heimische Flora und Fauna
regenerative Energien
Wissenswertes zum Gulfhof
Der Gulfhof ist eine Bauernhausform, die im 16. und 17. Jahrhundert in Norddeutschland aufkam. Es ist ein Holzgerüstbau in Ständerbauweise und vereinigt Wohn- und Stallbereich. Die
Dachlast tragen bei diesem Bautypus nicht die Außenwände, sondern ein innen liegendes
Ständerwerk.
Die Dacheindeckung des Wohntrakts erfolgt traditionell vollständig mit roten TonDachpfannen, während der Scheunentrakt im unteren Drittel mit ebendiesen Dachpfannen und
im oberen Bereich mit Reet gedeckt ist. Das Dach ist mindestens auf der Wind zugewandten
Giebelseite (meist der Scheunengiebel), manchmal auch an beiden Giebeln als Krüppelwalm
ausgebildet.
Das typische Gulfhaus besteht aus einem Vorderhaus (Vörderenn), das den Wohntrakt darstellt, und dem angrenzenden Stall-/Scheunentrakt (Achterenn). Dadurch, dass im hinteren
Bereich das Dach weiter herabgezogen wird, entstehen Abseiten, so genannte utkübben , so
dass der Scheunentrakt breiter ist als der Wohntrakt. Das Zentrum des Stall-/Scheunentraktes
bildet der Gulf, eine Lagerfläche für Heu, Erntegut und Gerät, dem dieser Haustyp seinen Namen verdankt.
Grundriss
eines Gulfhofes
In der einen Abseite befinden sich Abteile zum Einstellen von Rindern. An der Giebelseite des
Scheunentraktes finden sich zwei Türen, ein großes Scheunentor auf der einen Seite, die den
Zugang zur Dreschdiele und den Gulfen auch mit Wagen ermöglicht und eine kleine, zweigeteilte Tür auf der anderen.
Der vordere, am Giebel gelegene Teil des Mitteltraktes, in dem der Pferdestall untergebracht
ist, wird durch eine Trennmauer abgegrenzt und erhält eine Abdeckung, so dass ein zusätzlicher Boden entsteht, auf dem weiteres Heu für die Winterfütterung gelagert wird.
Eine Besonderheit vieler älterer Gulfhöfe ist die so genannte Upkammer, ein Raum im Wohntrakt, der wegen eines darunter liegenden, halb oberirdischen Kellers höher angeordnet ist als
die übrigen Zimmer. Dem entspricht bei solchen Gebäuden in der Außenansicht vielfach noch
eine versetzte Anordnung der Fenster. (Quelle: Wikipedia.de)
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Beispiele für Umnutzungen
Der Kultur-Gulfhof-Freepsum
Der Verein Landkultur Freepsum e.V. nutzt
den ehemaligen landwirtschaftlichen Teil (die
Gulfe, den Kuhstall und den Pferdestall) für
verschiedene kulturelle Aktivitäten.
Kulturelle Nutzung
Bei dem Um- bzw.
Rückbau 2013 wurden die Stallungen
nach dem Vorbild der
ursprünglichen
Gebäudeaufteilung wieder hergestellt, um
verschiedene Räumlichkeiten für Veranstaltungen zu schaffen.
Quelle der Bilder: www.landkultur-freepsum.de
Der "Schröder´sche" Gulfhof in Ihrhove
In dem Gebäude ist seit 2002 die Leitung des
Pflegedienstes der Einrichtung Soziale Dienste Westoverledingen e.V. - Kirchlicher Pflegedienst - untergebracht.
Im ehemaligen Wirtschaftstrakt sind Seniorenwohnungen entstanden.
Soziale Einrichtung
Quelle der Bilder:
www.soziale-dienste-wol.de und www.kirche-ihrhove.de
Oll Reef Hus in Großefehn/Wrisse
Der kleine Gulfhof beherbergt ein Museum
mit allerlei Kuriosem, das die Besitzer im Laufe ihres Lebens gesammelt haben.
Außerdem wird dort auch ein Museumscafé
betrieben.
Gastronomie / Ausstellungsraum
18
Quelle der Bilder: www.ollreefhus.de
Beispiele für Umnutzungen
Die Sparkasse in Hollen
Auch Geschäftsnutzungen sind in den Gulfhöfen möglich. So ist die Sparkasse in Hollen
(Gemeinde Uplengen) in ein altes Bauernhaus
eingezogen.
Quelle der Bilder: www.oz-online.de (Carsten Ammermann)
und de.wikipedia.org/wiki/Gulfhaus
Geschäftsnutzung
Die Grundschule Loquard
Ein alter Gulfhof im Zentrum des Dorfes beherbergt seit 1999 die örtliche Grundschule.
Quelle der Bilder: www.ostfriesland.de und www.loquard.de
Öffentliche Nutzung
Der Kleine Gulfhof in Greetsiel
Der Wirtschaftstrakt des Gulfhofes wurde zu
Ferienwohnungen umgebaut. Das ehemalige
Eingangstor wurde erhalten und als Panoramafenster gestaltet.
Quelle der Bilder:
www.fewo-direkt.de/ferienwohnung-ferienhaus/p761882#photos
Gästebeherbergung
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Ansprechpartner
Stadt Aurich
Bgm.-Hippen-Platz 1
26603 Aurich
Frau Stock
Herr Völker
(Tel. 04941 - 122103)
(Tel. 04941 - 122100)
Boner + Partner
Stadtplaner Architekten Ingenieure
Emma-Ritter-Weg 4
26133 Oldenburg
Auf der Gast 36 A
26316 Varel-Dangast
Herr Dr. Gramann
(Tel. 0441 - 83435)
Herr Boner
(Tel. 04451 - 85052)
Die Erstellung dieser Gestaltungsfibel wurde zum Teil finanziert durch Zuwendungen des Landes Niedersachsen zur Förderung der Dorferneuerung nach
der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur integrierten ländlichen Entwicklung (ZILE)
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