MEDIZINISCHES Fachinformation L ABOR Dr.med.univ. et Dr.phil.chem. Februar 2017 Johann P erné Labordiagnostik der Infektiösen Mononukleose Labordiagnostik der Infektiösen Mononukleose Definition. Die „Infektiöse Mononukleose“ beschreibt ein klinisches Krankheitsbild das typischerweise aus den drei Symptomen Fieber, Tonsillo-Pharyngitis und beidseitiger zervikaler Lymphadenopathie besteht. Etwa 85-90% der Fälle werden durch eine Infektion mit Epstein-Barr-Virus verursacht. Das entspricht dem klassischen Pfeiffer’schen Drüsenfieber. Differentialdiagnosen. 10-15% der infektiösen Mononukleosen sind auf Infektionen mit dem Cytomegalie-Virus, dem HI-Virus oder Humanen Herpesviren Typ 6 bzw. 7 zurückzuführen. Ebenso muss eine akute Toxoplasmoseinfektion ausgeschlossen werden, eventuell auch eine Infektion durch Parvovirus B19 oder eine Bartonellose. Da die Tonsillo-Pharyngitis im Vordergrund stehen kann, ist auch an eine Angina durch Streptokokken der Gruppe A zu denken. Epstein-Barr-Virus. Das Virus gehört zur Familie der Herpesviren. Es wird durch direkten engen Kontakt (z.B. Küssen) und als Schmierinfektion (durch engen Kontakt mit Eltern, Geschwistern, Spielkameraden) übertragen. Eine vertikale Übertragung während der Schwangerschaft kommt nicht vor. EBV-Viren sind bis zu sechs Monate nach Erstinfektion im Speichel der Erkrankten nachweisbar. Eine einmalige Infektion verursacht eine lebenslange Persistenz des Virus in BLymphozyten. Nach der Erstinfektion besteht bei immunkompetenten Personen Immunität gegen neuerliche Infektionen. Die Durchseuchung in industrialisierten Ländern liegt bei 30jährigen bei >90%. Daher kommt eine akute infektiöse Mononukleose durch EBV bei Erwachsenen älter als 30 Jahre kaum vor. Klinisches Bild. Das Virus infiziert B-Lymphozyten im Rachenraum (Eintrittspforte) und etabliert dort eine latente Infektion ohne nennenswerte Immunreaktion. EBV-infizierte Zellen differenzieren zu langlebigen Gedächtniszellen und verbreiten sich so im gesamten lymphatischen System. Nach der relativ langen Inkubationszeit von 30–50 Tagen setzt systemisch eine fulminante Immunantwort vor allem von NK-Zellen und CD8+-zytotoxischen T-Zellen ein. Die klinische Symptomatik korreliert gut mit der Anzahl an EBV-spezifischen CD8+-zytotoxischen TZellen, die im Blutausstrich als atypische Lymphozyten imponieren. In den meisten Fällen verläuft eine Infektion mit EBV asymptomatisch bzw. mit nur milden klinischen Symptomen (grippaler Infekt). Vor allem Jugendliche sind von der klassischen Trias der Infektiösen Mononukleoose betroffen. Im Allgemeinen gilt: je jünger der Patient (<10 Jahre) desto milder die Symptomatik, je älter (>30 Jahre), desto eher fehlt ein Teil der klassischen Trias. Medizinisches Labor DDr. Johann Perné Krassniggstraße 44, A-9020 Klagenfurt a.W. Tel.: +43 463 513 222 Seite 1 von 4 Email: [email protected] www.labor-perne.at MEDIZINISCHES Fachinformation L ABOR Dr.med.univ. et Dr.phil.chem. Februar 2017 Johann P erné Labordiagnostik der Infektiösen Mononukleose Labordiagnostik. Blutbild und Differentialblutbild. Im maschinellen Blutbild fällt eine absolute Lymphozytose >4000/L oder (abhängig vom verwendeten Hämatologiegerät und der Gerätegeneration) fälschlicherweise eine „Monozytose“ auf. Durch die Immunreaktion auf das Virus kommt es zu einer starken Vermehrung von EBVspezifischen zytotoxischen T-Zellen. Diese imponieren im Blut als atypische Lymphozyten („lymphatische Reizformen“) in Form von großen lymphatischen Zellen mit weitem Zytoplasma und monozytärem oder plasmazellartigem Aussehen. Monozyt Reaktive Lymphozyten = lymphatische Reizformen Lymphozyt EBV-spezifische Labordiagnostik. Heterophile Antikörper (Paul-Bunnell-Test, Mononukleose-Schnelltest) Sie sind erkrankungstypisch aber nicht virusspezifisch. Ihr Nachweis korreliert gut mit der klassischen infektiösen Mononukleose, ist aber bei atypischen und milden Verläufen häufig negativ. Vor allem bei Kindern <10 Jahre ist der Test unzuverlässig. Heterophile Antikörper werden im Mononukleose-Schnelltest (Paul-Bunnell-Test) nachgewiesen. Das dahinter stehende Testprinzip ist eine Hämagglutinationsreaktion. EBV-spezifische Antikörper Im Verlauf der Infektion entstehen virusspezifische Antikörper. Sie sind gegen das VirusCapsid-Antigen (VCA) und gegen das Epstein-Barr-Virus-spezifische Kernantigen (EBNA) gerichtet. Die frühesten und schnellsten Antikörper sind gegen VCA gerichtet. VCA-IgM und IgG (=EBV-IgM und EBV-IgG) sind bei Erkrankungsbeginn meistens gemeinsam nachweisbar. Ein negatives EBV-IgM schließt eine frische Infektion nicht aus, da es im Allgemeinen nur kurz nachweisbar ist. Bei sehr früher Diagnostik kann das EBV-IgG noch negativ sein. Allerdings ist bei isoliert positivem EBV-IgM eine Verlaufskontrolle in 2-4 Wochen mit Dokumentation der Serokonversion zu EBV-IgG sinnvoll. Antikörper gegen EBNA schließen eine frische Infektion aus. Sie sind erst 2-6 Monate nach der Erstinfektion nachweisbar, dafür dann wie VCA-IgG lebenslang. Medizinisches Labor DDr. Johann Perné Krassniggstraße 44, A-9020 Klagenfurt a.W. Tel.: +43 463 513 222 Seite 2 von 4 Email: [email protected] www.labor-perne.at MEDIZINISCHES Fachinformation L ABOR Dr.med.univ. et Dr.phil.chem. Februar 2017 Johann P erné Labordiagnostik der Infektiösen Mononukleose Bedeutung der Marker: ° EBV-IgM (VCA-IgM): Marker der frischen Infektion ° EBV-IgG (VCA-IgG): Marker für Seropositivität ° EBNA-IgG: Marker für zurückliegende Infektion (≥2 Monate) Fallstricke ° EBV-Infektionen führen zu polyklonaler Stimulierung von Lymphozyten mit unspezifischer Antikörperproduktion. Serologisch können andere Infektionen vorgetäuscht werden. Häufig sind IgM-Antikörper gegen CMV und andere Herpesviren nachweisbar. ° Umgekehrt kann EBV-IgM im Rahmen von anderen Herpesvirus-Infektionen falsch positiv sein. ° In etwa 5% aller Fälle werden keine EBNA-Antikörper gebildet oder gehen über die Jahre wieder verloren. ° In etwa 10% der Fälle wird bei der Primärinfektion kein EBV-IgM nachgewiesen. ° In bis zu 10% der Fälle kann EBV-IgM bis zu 1 Jahr nachweisbar sein. ° Bei immunsupprimierten Patienten tritt häufig ein Verlust der EBNA-Antikörper auf. Eine Überwachung zum Ausschluss einer Reaktivierung kann hier nur über den quantitativen Virusnachweis (PCR) erfolgen. Weitere Laborparameter Neben der absoluten Lymphozytose mit >10% atypischen Lymphozyten findet sich oft eine leichte Anämie, Neutropenie und Thrombozytopenie. Laborchemisch sind oft Transaminasenerhöhungen um das 2 bis 5fache möglich. Als Zeichen der akuten Entzündung sind BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) und CRP pathologisch. Cytomegalie-Virus. Das Cytomegalievirus gehört ebenfalls zu den Herpesviren. Die Durchseuchung liegt je nach sozioökonomischem Status zwischen 30 und 100%. Die Übertragung erfolgt über Muttermilch, bei engem Kontakt durch Speichel, über Schmierinfektionen und intime Kontakte. Daher liegen die Erkrankungsgipfel im Kleinkindalter und nach Aufnahme intimer Kontakte. Im Unterschied zu EBV ist eine vertikale Übertragung von CMV auf das Ungeborene möglich. Die Inkubationszeit liegt bei 4-12 Wochen. Gefährlich ist eine frische CMV-Infektion bei Schwangeren. Eine kongenitale CMV-Infektion kann zu schweren fetalen und kindlichen Schäden führen. Bei immunsupprimierten Patienten ist CMV eine relevante Erkrankungs- und Todesursache. Bei immunkompetenten Personen verläuft eine Infektion meist asymptomatisch. Gelegentlich kommt es zu einer mononukleoseähnlichen Symptomatik. Medizinisches Labor DDr. Johann Perné Krassniggstraße 44, A-9020 Klagenfurt a.W. Tel.: +43 463 513 222 Seite 3 von 4 Email: [email protected] www.labor-perne.at MEDIZINISCHES Fachinformation L ABOR Dr.med.univ. et Dr.phil.chem. Februar 2017 Johann P erné Labordiagnostik der Infektiösen Mononukleose Labordiagnostik. Blutbild und Differentialblutbild. Im Differentialblutbild kann ein mononukleoseähnliches Bild auftreten mit Lymphozytose und atypischen Lymphozyten. CMV-spezifische-Labordiagnostik. CMV-IgM-Antikörper sind bei akuten, frischen Infektionen und bei Reaktivierungen nachweisbar. Sie persistieren in der Regel für 2-3 Monate. CMV-IgG sprechen für eine aktive (frische oder reaktivierte) oder früher durchgemachte Infektion. Sie dienen zum Nachweis einer durchgemachten Infektion und sprechen für Immunität gegen neuerliche Erkrankung. Die Bestimmung der CMV-IgG-Avidität kann hilfreich sein um den Zeitpunkt der Erstinfektion einzugrenzen und spielt vor allem während der Schwangerschaft eine Rolle. Der Aviditätstest ermittelt die funktionelle Bindungsaffinität von IgG-Antikörpern zu einem entsprechenden Antigen. Am Beginn einer Infektion ist sie niedrig. Im Verlauf der Immunreaktion reifen die Antikörper und passen immer besser zum Antigen. Dadurch steigt die Affinität. Die Avidität der CMV-Antikörper ist etwa 4 Monate nach der Erstinfektion hoch. Bei einer CMV-Reaktivierung ist mit einem mindestens 4fachen Konzentrationsanstiegs der spezifischen IgG zu rechnen. Bei Immunsupprimierten erfolgt die Überwachung wie bei EBV mittels quantitativen Virusnachweis über PCR. Fallstricke ° Im Rahmen von anderen Virusinfektionen und Autoimmunerkrankungen kann CMVIgM positiv gemessen werden (polyklonale Stimulation) ° CMV-IgM kann bis zu 12 Monate persistieren (long persisting IgM) Differentialdiagnostische Untersuchungen. Der Ausschluss von HIV, Toxoplasmose, HHV6 und HHV7, eventuell auch Parvovirus B19 und Bartonellose ist serologisch mittels Antikörperbestimmung möglich. Mittels Kultur aus dem Rachenabstich können Streptokokken der Gruppe A nachgewiesen werden. Quellenangabe 1. 2. 3. Mertens T, Haller O, Klenk H D. Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten. 2. Auflage 2004. Urban und Fischer Karrer U, Nadal D. Epstein-Barr-Virus und infektiöse Mononukleose. Schweizer med Forum 2014;14(11):216-232 Thomas L. Labor und Diagnose. 8. Auflage 2012. TH-Books Verlagsgesellschaft Medizinisches Labor DDr. Johann Perné Krassniggstraße 44, A-9020 Klagenfurt a.W. Tel.: +43 463 513 222 Seite 4 von 4 Email: [email protected] www.labor-perne.at