Bipolare Störungen DGPPN – Kongress 2006: Tagungsimpressionen Die Vorstellung neuer wissenschaftlicher Ergebnisse und die Diskussion klinischer Erfahrungen auf dem Gebiet der bipolaren Erkrankungen nahm auch auf diesem Kongress erneut einen breiten Raum ein. Ehre wem Ehre gebührt Bald 80 Jahre und kein bisschen leise – so konnten die Besucher des Symposiums der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS) auf dem diesjährigen DGPPNKongresses Prof. Dr. Dr. Jules Angst aus Zürich wie gewohnt engagiert erleben. Gerade heraus sprach er über die aus seiner Sicht noch immer ungenügende Diagnostik von bipolaren Störungen, welche mit zu engen Kriterien bei der Beurteilung der Erkrankung zusammen hängen könnte, die eine wirklich individuelle Charakterisierung, welche dem Patienten in ausreichender Weise Rechnung trägt, zumindest deutlich erschwert. Prof. Angst schlug einen breiteren Einsatz von bestimmten Selbstbeurteilungsinstrumenten als Lösungsansatz vor, nicht zuletzt, um Patienten ein Stück Selbstverantwortung und damit Einflussmöglichkeit auf den eigenen Krankheitsverlauf zu geben. Während die Teilnehmer den Worten des Wissenschaftlers lauschten, der sich seit nunmehr über 50 Jahren kämpferisch für das Wohl der bipolaren Patienten einsetzt und so gar nicht daran denkt, den wohlverdienten Ruhestand anzutreten, hätte man womöglich eine Stecknadel fallen hören können, die Diskussion danach gestaltete sich dafür ausgesprochen lebhaft und engagiert. Das Symposium unter dem Vorsitz von Prof. Jules Angst aus Zürich und Prof. Michael Bauer, Berlin war trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit sehr gut besucht, was sicher auch diesen Protagonisten und der sorgfältigen Auswahl der Referenten zu verdanken war. So stellte Dr. Thomas Meyer, seit wenigen Tagen an der Newcastle University tätig, sich selbst und dem Auditorium die Frage, wieso bipolare Erkrankungen im Kindesalter in Deutschland so selten diagnostiziert werden und spielte darüber hinaus hinsichtlich der Hypothese, ob diese denn überhaupt existent seien, den Advocatus diaboli. Dr. Harald Scherk, Göttingen berichtete hervorragend strukturiert und klar verständlich über Erkenntnisse der aus der psychiatrischen Forschungslandschaft mittlerweile gar nicht mehr wegzudenkenden funktionellen Bildgebung und zögerte dabei nicht, die Bedeutung dieser Technik für die Psychiatrie auch kritisch zu diskutieren. Den Abschluss dieses wunderbaren Symposiums bildete ein Vortrag von Prof. van Calker, Freiburg welcher mithin ein wahres Feuerwerk an Fakten über die Bedeutung der Neurobiologie für die bipolare Erkrankung verschoss und es verstand, mit seiner mitreißenden Art selbst jene Zuhörer zu begeistern, für welche genetische Polymorphismen und DNA-Demethylierung bis dato geheimnisvolle Bücher mit sieben Siegeln darstellten. Beim anschließenden Debriefing waren sich somit alle einig, dass das DGBS-Symposium ein voller Erfolg war und unbedingt auch beim nächsten DGPPN-Kongress Bestand haben sollte. Junge Wissenschaftler auf dem Vormarsch Der wissenschaftliche Nachwuchs stellte im Rahmen des „Young Psychiatrists Programs“ ein gänzlich eigenes Repertoire in Sachen bipolare Störungen auf die Beine. Da gab es zum einem ein „Young Science Forum“ über die bipolare Erkrankung, welches von Sonja Gerber, Freiburg, Mitglied im „DGBS Arbeitskreis junge Wissenschaftler“, moderiert wurde: Dr. Jens Benninghof, München berichtete über labortechnische Methoden zur Erforschung von Lithium, und mit Gisa Studentkowski, welche aktuell an der Universität Bochum über neuropsychologische Auffälligkeiten bei bipolaren Patienten promoviert, betrat eine ganz neue Mitstreiterin die wissenschaftliche Szene, um aus der Sicht einer Studentin über die Möglichkeiten junger Wissenschaftler in Deutschland zu berichten. Im Anschluss wurde rege diskutiert, und hier soll nicht verschwiegen werden, dass es durchaus auch kritische Stimmen zur Situation des Forschungsnachwuchses in Deutschland gab. Für die Veranstalter nur eine Bestätigung, wie wichtig solcherlei Diskussionsforen sind, um den jungen Kollegen eine Chance zu geben, auf Missstände hinzuweisen, aber auch über Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren. Aufgrund des engen Zeitplans zogen sich einige Teilnehmer im Anschluss an das Forum zur weiteren Diskussion in die gemütlichen Ecken der Young Psychiatrists Lounge zurück, um fleißig weiter zu debattieren. Neben dieser bewusst informell gestalteten Diskussionsrunde gab es tags darauf auch ein Bipolar-Symposium unter dem Vorsitz von Sonja Gerber aus Freiburg und Dr. Thomas Schulze, Mannheim. Dr. Benninghof, München referierte über die Bedeutung von Lithium für neuronale Stammzellen und Dr. Johanna Sasse, Berlin über den Zusammenhang von Verlaufsbeobachtungen und genetischen Untersuchungen und deren Bedeutung für die Vorhersagbarkeit eines Ansprechens auf Medikamente bei bipolaren Patienten, wobei sie bei dieser Fragestellung besonders auf die spezifische Sicht einer Klinikerin Bezug nahm. Sonja Gerber stellte den „DGBS Arbeitskreis Junge Wissenschaftler“ vor, und Dr. Thomas Schulze hielt einen brillanten Übersichtsvortrag zur Bedeutung der Genetik für profunde Erkenntnisse in der Forschung allgemein sowie zur Bipolaren Erkrankung im Speziellen. Intensiv Workshop zu bipolaren Störungen Dr. Heinz Grunze, München bot darüber hinaus einen Zweitages-Workshop „Bipolare Störungen“ an, in welchem wiederum das Who-is-Who der „Bipolar Community“ engagiert zu den verschiedensten Fragen Stellung nahm: Prof. Peter Bräunig aus Berlin referierte zum „State of the Art: Diagnostik von Bipolaren Störungen“, Dr. Lars Schärer, Freiburg stellte eine Technik zur Verlaufsbeobachtung vor, und Dr. Anne Berghöfer, Berlin berichtete über aktuelle Zahlen zur Epidemiologie Bipolarer Störungen und die sozioökonomischen Implikationen dieser Erkrankung. Am zweiten Tag des Workshops ging es dann zur Therapie der Bipolaren Störung: Dr. Thomas Stamm, Berlin nahm Stellung zum „State of the Art: Akut-Therapie“, Sonja Gerber, Freiburg zum Thema “State of the Art: Phasenprophylaxe“, und abschließend gab Dr. Heinz Grunze einen Überblick zur Therapie spezieller Patientengruppen wie beispielsweise bei älteren Menschen mit bipolarer Erkrankung. Sonja Gerber Abt. Psychiatrie und Psychotherapie Klinikum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. B. Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS)