Kornél Mundruczó Proton Theater Imitation of Life Látszatélet Uraufführung Annamária Láng Roland Rába Die moralische Krise ist noch lange nicht vorbei Während sogar Hollywood auf Ungarns europaweit angesehenen Regisseur aufmerksam geworden zu sein scheint, versucht Kornél Mundruczó mit seiner freien Theatergruppe seinem Land einen Spiegel vorzuhalten. Mundruczó findet, die Ungarn drehen sich seit Jahrhunderten im Kreis, und die Schwächeren, die Minderheiten legalisieren ihre eigene Unterdrückung. In Europa könne man nur mit Kultur die Oberhand behalten, meint er, in Ungarn jedoch sei die mit der Wende einhergehende Hoffnung erschüttert. „Mit Proton Theatre haben wir nacheinander vier Produktionen realisiert, die zusammen eine Art Familie bilden: Das Franken­stein-Projekt, Es ist nicht leicht ein Gott zu sein, Schande und Dementia, während unser letztes Stück Imitation of Life eine ganz neue Richtung einschlägt. Mit Schande und Dementia haben wir vieles abgeschlossen. Darin wollten wir mit sehr starker soziologischer Reflexion, aber doch auf spielerische Art und Weise über diverse Leben in der Gegenwart erzählen. Imitation of Life hingegen möchte das Leben und die uns umgebende Wirklichkeit viel komplexer abbilden. Der Probenprozess war wahnsinnig instinktiv, wie ein Hineintaumeln ins Unbekannte – so habe ich mich zuletzt bei Frankenstein gefühlt: Das Stück hat mich ständig aufs Neue überrascht, und ich wusste nicht, was daraus werden wird, aber gleichzeitig war dieser freie Fall eine große Freude. Die Gesellschaft in Ungarn hat so eine Tendenz zum Missbrauch selbst legalisiert. Das ist natürlich nichts Neues, seit Mitte des 19. Jahrhunderts werden solche Geschichten geschrieben. Es ist einfach verblüffend, wie wir uns immer noch so im Kreis drehen können. Es ist ein Gewohnheitsrecht geworden, dass die Schwächeren, die Minderheiten, die Frauen, die Roma ihre eigene Unterdrückung legalisieren und Lili Monori die Opferrollen annehmen, die ihnen eine unreife Gesellschaft aus der eigenen Frustration oder Angst heraus aufdrängt. Unser neues Stück möchte gleichzeitig Wohnungsarmut, Gentrifizierung, Gewalt innerhalb der Partnerschaft, die Frage alleinerziehender Mütter, Rassismus und politische Korrektheit behandeln, und zwar so, dass diese Themen dramaturgisch begründet organisch aufeinander aufbauen und man nicht mehr genau weiß, was eigentlich woraus folgt. Die Duette innerhalb von Imitation of Life möchten auf genau diese Themen aufmerksam machen und vertrauen darauf, dass wir einer Lösung vielleicht näherkommen, wenn wir die Zuschauer zum Nachdenken bewegen. Das Stück tut all Dáriusz Kozma, Zsombor Jéger das aber als Randbemerkung. Die unmittelbar politischen Ansätze der letzten zehn Jahre waren, jedenfalls meiner Meinung nach, egal von welcher Seite sie kamen, eher kontraproduktiv. Heute sind die Chancen eher gering mit einem bestimmten Kunstwerk Veränderungen zu erzielen, mit der Kultur als Ganzer schon viel eher. Ich glaube sogar, dass es nur mit Kultur geht. Ich denke, dass nur jene Gesellschaften die Oberhand behalten, die es schaffen, ihre eigene zeitgenössische Kultur durchzusetzen und sich daran zu bereichern. Das ist jedenfalls das, was ich zurzeit sehe. Ein Land, das wirtschaftlich versucht, auf dem Weltmarkt präsent zu sein, versucht das auch kulturell, weil es davon ausgeht, dass das Auftrieb bringt. Ein Land, das über Kultur verfügt, ist nicht leicht beiseite zu fegen. Ich glaube, deshalb kommt Europa immer noch so eine wichtige Rolle in der Welt zu – denn das kann ja weder an der Wirtschaft, noch an der Fläche des Kontinents liegen: Weil von Afrika über Asien bis Australien alle hungrig auf die hiesige Kultur sind.“ Zitiert aus einem Interview von Zsolt Bodnár / deutsche Übersetzung: Martin T. Pesl Dáriusz Kozma Uraufführung Kornél Mundruczó / Proton Színház Imitation of Life (Látszatélet) Produktion von Proton Theatre (Budapest) in Koproduktion mit Wiener Festwochen, Theater Oberhausen, La rose des vents – Scène nationale Lille Métropole Villeneuve d’Ascq, Maillon, Théâtre de Strasbourg/Scène européenne, Trafó House of Contemporary Arts (Budapest), HAU Hebbel am Ufer (Berlin), Hellerau – European Center for the Arts (Dresden), Wiesbaden Biennale Mit Lili Monori (Frau Lörinc Ruszó), Roland Rába (Mihály Sudár), Annamária Lang (Veronika Fenyvesi) / Zsombor Jéger (Szilveszter Ruszó), Dáriusz Kozma/Ruben Gerendás (Jónás Harcos) Regie Kornél Mundruczó Bühne Márton Ágh Kostüme Márton Ágh, Melinda Domán Text Kata Wéber Musik Asher Goldschmidt Künstlerische Mitarbeit Stefanie Carp Dramaturgie Soma Boronkay Regieassistenz Margit Csonka Technische Leitung András Eltetö Licht András Eltetö, Zoltán Rigó Ton Zsigmond Farkas Szilágyi Video Péter Fancsikai Requisite Tamás Fekete Garderobe Melinda Domán Produktion Dóra Büki Produktionsleitung Zsófia Csató Produktionsassistenz Ágota Kiss Inspizienz Stephanie Simons Übersetzung Orsyolya Kalász Übertitel Margit Csonka In ungarischer Sprache mit deutschen Übertiteln Deutschland-Premiere am 03. Juni 2016 im Großen Haus Dauer 1 Stunde 40 Minuten. Keine Pause Aufführungsrechte Proton Theatre (Budapest) Theater Oberhausen Spielzeit 15 / 16, Nr. 9 Will-Quadflieg-Platz 1 46045 Oberhausen Telefon: 0208/85 78 - 184 Telefax: 0208/800 703 [email protected] Intendant Peter Carp Redaktion Rüdiger Bering Design Benning, Gluth & Partner, Oberhausen Fotos Marcell Rév Druck Walter Perspektiven www.theater- oberhausen.de