EDITORIAL Die Diagnose "Krebserkrankung bei unbekanntem Primärtumor" wird gestellt, wenn eine Geschwulst als Metastase identifiziert wurde, sich der Primärtumor aber trotz umfangreicher Untersuchungen nicht finden lässt. 16. Jahrgang · Nr. 4/2014 Symptome und Verlauf des CUP-Syndroms (Cancer of Unknown Primary) unterscheiden sich von Patient zu Patient sehr stark. Über die Biologie dieser Erkrankungen ist weiterhin nur wenig bekannt, obwohl in den letzten Jahrzehnten neue und verfeinerte Diagnoseverfahren etabliert wurden. Die wenigsten Patienten überleben die nächsten zwei Jahre nach der Diagnose. Inhalt Das CUP-Syndrom 4 Klug auswählen Übertherapie in der Onkologie 12 13. NZW-Süd in München 16 Tiere als Krebspatienten 30 DGHO Jahrestagung 2014 32 Krebs und Adipositas: Eine therapeutische Herausforderung 38 Die Photodynamische Therapie Eine Option in der palliativen Behandlung von Gallengangtumoren46 Ständige Rubriken Seit 2004 arbeitet in der AIO eine Arbeitsgruppe CUPSyndrom 1. Diese stellte fest „Die Forschung zum CUP-Syndrom fristet gemessen an der Häufigkeit der Erkrankung (2–4% aller Tumorerkrankungen) weiter ein Schattendasein.“ 2 „… In der Fläche wird weiter meist empirisch oder orientiert an Expertenmeinung behandelt, wobei viel zu oft jeder Arzt sein eigener Experte ist 3.“ Deshalb rekrutieren Mitglieder der Arbeitsgruppe Patienten für die von ihnen initiierte prospektiv randomisierte PACET-CUP- Studie (Paclitaxel/Carboplatin mit und ohne Cetuximab bei CUP-Syndrom). Da der Schlüssel für die Behandlung dieser seltenen Erkrankung deren Diagnostik und prognostische Einordnung ist, finden Sie, liebe Leser, im vorliegenden Heft hochkarätige Beiträge zu dieser Thematik. Neben den Berichten vom NZW-Süd und der DGHO Jahrestagung 2014 ergänzen weitere Beiträge wie Übertherapie in der Onkologie, Krebs und Adipositas und Photodynamische Therapie als Option in der palliativen Behandlung von Gallengangtumoren das breit gefächerte Fachwissen für onkologisch tätige Pharmazeuten in der Praxis. … und sicher haben Sie bereits in Ihrem persönlichen Fort­bil­dungs­kalender für 2015 einen der nächsten NZWs oder ein Seminar in der FortbildungsAkademie „ONKOLOGISCHE PHARMAZIE“ notiert (www.nzw.de; http:// fortbildungsakademie.de). Ihre Karla Domagk Testiertes interaktives Selbststudium 11 Kommentar des Herausgebers 15 Impressum35 Buchbesprechungen (Seiten 36, 52) 36 Who is who 50 Pharmazeutisch-onkologische Apps 59 1 Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. 2 http://www.aio-portal.de/index.php/informationen-2011-353. html vom 19.10.2014 3 http://www.aio-portal.de/index.php/113.html vom 19.10.2014 Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 3 Das CUP-Syndrom Das CUP-Syndrom Prognosegruppen und therapeutische Strategie Von Gerhard Fischer und Martin Heuschmid, Ravensburg T rotz verbesserter diagnostischer Möglichkeiten ist das CUP-Syndrom (“cancer of unknown primary“) häufig eine Herausforderung im klinischen Alltag. Unter diesem Begriff finden sich jedoch sehr heterogene Krankheitsbilder mit einem breiten Spektrum an Manifestationsformen. Entsprechend schwierig sind die Einschätzung der Prognose und die Wahl der Therapie. Durch verbesserte Bildgebung, immunhistochemische und molekulare Diagnostik besteht neuerdings die Möglichkeit, durch Zuordnung in definierte Subgruppen eine präzisere Prognoseabschätzung vorzunehmen und die bestmögliche Therapie zu wählen. Epidemiologie Das CUP-Syndrom, definiert als eine metastasierte Tumorerkrankung, bei der trotz intensiver Diagnostik der Primärtumor nicht identifiziert werden konnte, ist eine häufige Erkrankung. Die Inzidenz beträgt in westlichen Industrienationen 6-16/100.000, entsprechend 2-4 % aller Tumorerkrankungen [1]. Mit einer Mortalität von 8,4/100.000 [RKI 2010] liegt es immerhin an 7. Stelle der Todesursachen bei bösartigen Erkrankungen. Durch Fortschritte in der Bildgebung, insbesondere durch die PET-CT gelingt es zwar zunehmend, bisher okkulte Primär­ tumoren zu identifizieren, sodass seit der Jahrtausendwende sogar ein leichter Rückgang der Inzidenz zu verzeichnen ist, jedoch stellt das CUP-Syndroms weiterhin eine häufige Herausforderung im klinischen Alltag dar. Das mittlere 5-Jahres-Überleben dieser Gesamtpopulation beträgt trotz der medizinischen Entwicklung in den letzten Jahren weiterhin nur ca. 10% [2]. Die individuelle Prognose ist jedoch sehr variabel und reicht vom Langzeit-Überleben bis hin zu der kurzen Überlebenswahrscheinlichkeit von wenigen Wochen [3]; (Abb. 1). So konnte in Untersuchungen gezeigt werden, dass Patienten mit einer solitären Organmetastase oder einer befallenen Lymphknotenregion eine deutlich bessere Prognose mit bis zu 30% Langzeit-Überleben haben [4,5] , Patienten mit disseminiertem Organbefall, insbesondere bei schlechtem Allgemeinzustand, aber unabhängig von der Therapie nur ein mittleres Überleben unter 12 Monaten. Liegen noch weitere negativ-prädiktive Faktoren wie hohes Alter, reduzierter Allgemeinzustand (ECOG >2) und erhöhte LDH vor, muss von einer primär infausten Prognose und einer mittleren Überlebenszeit von ca. 3 Monaten ausgegangen werden [3]. Hier sollten ein kausaler Therapieansatz kritisch überprüft werden und symptomorientierte palliativ-medizinische Maßnahmen im Vordergrund stehen. Prognostische Subgruppen Eine gute Prognose bis hin zur Möglichkeit des Langzeitüberlebens besteht bei 8 klar abgegrenzten prognostischen Subgruppen [6], die aber leider nur etwa 15% der Betroffenen einschließen. In diesen Fällen ist eine entsprechende spezifische Therapie erfolgversprechend. Die Kenntnis dieser definierten Abbildung 1 I: Primär lokalisierte Erkrankung Eine solitäre Organmetastase oder Metastasierung in nur einer Lymphknotenregion Die mittlere Überlebenszeit beträgt ca. 20 Monate, die 5Jahresüberlebensrate 30-35% II: Primär disseminierte Erkrankung Primär disseminierter Organbefall ± LK-Befall. Keine Kriterien der Gruppe III Die mittlere Überlebenszeit beträgt ca. 7 Monate, die 5Jahresüberlebensrate ca. 5% III: Primär infauste Prognose Primär disseminierter Organbefall ± LK-Befall. biol. Alter > 70, red. AZ (ECOG > 2) Die mittlere Überlebenszeit beträgt ca. 3 Monate, kein Patient lebt länger als 2 Jahre Hübner, G, Tamme C, Schöber C et al. (1989) Prognostically different subgroups in patients with carcinoma of unknown primary. Z Antimikrob Antineopl Chemoth (Suppl 1): A16 Abb. 1 4 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 OBERSCHWABENKLINIK Das CUP-Syndrom Subgruppen ist daher Voraussetzung für eine sinnvolle Therapie (Abb. 2). Bildgebende Diagnostik Mit der Diagnose CUP-Syndrom ist meist eine diagnostische Bildgebung verbunden, die weitere Erkenntnisse über Aus­ maß und möglichen Ursprungsort der Erkrankung bringen soll. Ziel ist dabei, aus der Bildgebung Handlungskonsequenzen für die Therapie abzuleiten. Es gilt, entsprechende Patientengruppen zu separieren, die einer zielgerichteten Therapie zugeführt werden können, wie das okkulte Maligne Melanom oder das zervikale CUP-Syndrom. Ein kostenintensiver und ungerichteter Einsatz der unterschiedlichen bildgebenden Verfahren sollte hingegen vermieden werden, zumal deren Ergebnisse nicht zwangsläufig ein verbessertes Behandlungskonzept für die Patienten implizieren [7]. Beim CUP bestimmen Histologie und Lokalisation der Erkrankung meist die therapeutische Strategie. Bei Patienten mit CUP-Syndrom gilt inzwischen die Durchführung einer sogenannten Ganzkörper-Computertomographie als Basisdiagnostik in der Bildgebung [8]. Der Untersuchungsbereich umfasst die Bereiche Kopf-Hals, Thorax, Abdomen sowie Becken und kann bei medizinischer Notwendigkeit auch auf die unteren Extremitäten ausgeweitet werden. Die Computertomographie wird unter Verwendung von intravenösen nicht-ionischen jodhaltigen Kontrastmitteln in ihrer Aussagekraft verbessert. Die hohe Verfügbarkeit von CT-Scannern, die Kosten­ effizienz sowie die kurzen Untersuchungs­ zeiten sind nur einige Vorteile der CT bei Patienten mit CUP [9]. Die diagnostische Wertigkeit der CT beim CUP zeigt bei unterschiedlichen Autoren eine Detektionsrate des Primärtumors von 16-50% [10-12]. Der Einsatz konventioneller RöntgenUntersuchungen wie beispielsweise des Thorax sowie die Sonographie abdomineller Organsysteme als alleinige bildgebende Diagnostik sind beim CUP-Syndrom hingegen nicht ausreichend. D urch die hohe Weichteilauflösung und die fehlende Strahlenexposition der Magnetresonanztomographie (MRT) ist deren Einsatz in der onkologischen Diagnostik zu empfehlen, in den Punkten Kosten, Verfügbarkeit und Länge der Untersuchungszeiten ist sie jedoch der CT unterlegen. In den letzten zehn Jahren wurde die Ganzkörper-MRT technisch zur Routineverwendung weiterentwickelt, wenngleich sie bislang bei der Erkrankung Abbildung 2 Abb. 2 CUP-Syndrom keine wesentliche Rolle in der Basisdiagnostik darstellt. Zusätzliche bildgebende Informationen zur weiteren funktionellen Analyse von Tumorcharakteristika ermöglicht die MRT unter anderem durch den Einsatz von Perfusionsmessungen sowie der Diffusionsgewichteten Bildgebung (kurz: DWI) [7]. Als nuklearmedizinisches Verfahren ist die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) eine Möglichkeit, erhöhte Stoff­ wechsel­vorgänge von Tumoren durch einen schwach radioaktiven Tracer wie F18FDG (Fluordesoxyglukose) nachzuweisen. Insbesondere die Hybridscanner, welche die PET mit der CT in einem System kombiniert anbieten, ermöglichen neben der hochsensitiven Detektion stoffwechselaktiver Regionen (am Beispiel des F18-FDG) eine anatomisch detaillierte Zuordnung dieser Regionen anhand der CT-Bildinformationen. In einer Übersichtsarbeit von Neben et al. aus dem Jahr 2008 wurde der Einsatz der PETund PET/CT-Diagnostik im Rahmen der CUP-Diagnostik diskutiert. Als Indikation beim CUP dient die PET-Untersuchung zum Ausschluss von Metastasen in Fällen einer lokalisierten Tumorerkrankung. Hier wird besonders die Unterscheidung eines cervikalen CUP-Syndroms (histologisch sind Plattenepithelkarzinome überwiegend) von einem extracervikal metastasierten CUP-Syndrom (histologisch meist Adenokarzinome) getroffen. Für die extracervicale CUP-Erkrankung zeigte eine Metaanalyse an 152 Patienten eine Primärtumor-Detektionsrate von knapp 40% (hiervon etwa 50% in der Lunge). Die Sensitivität, Spezifität und diagnostische Genauigkeit wurden mit 87%, 88% bzw. 87,5% angegeben [13]. Kwee et al. [14] konnten in der Auswertung von 11 Studien mit insgesamt 433 Patienten mit einem CUP-Syndrom eine Detektionsrate von 37% hinsichtlich des Primärtumors bei einer Sensitivität und Spezifität von je 84% feststellen. Durch PET/CT-Untersuchungen kann die Detektion von Metastasen bzw. deren Ausschluss relevanten Einfluss auf die Therapieentscheidungen nehmen (zwischen 15 und 64% relevante Therapieänderung aufgrund der PET/CT-Diagnostik). Eine Arbeitsgruppe aus Tübingen zeigte, dass die Ganzkörper-MRT- und die OBERSCHWABENKLINIK Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 5 Das CUP-Syndrom Das CUP-Syndrom PET/CT-Diagnostik bei insgesamt 64 Patienten mit Malignem Melanom eine Therapieveränderung bei 64% (41 Patienten) zur Folge hatte [15]. Die Lokalisation des Primärtumors, die Gabe von Kontrastmittel während der CT und die Bildnachverarbeitung hatten im Rahmen einer Metaanalyse keinen signifikanten Einfluss auf die diagnostische Aussagekraft der PET/CT-Untersuchung [14]. Da die Diagnostik auch von der FDGAufnahme der Tumoren (beispielsweise bei Tumoren mit geringem Metabolismus) und der Läsionsgröße abhängt (Läsionen unter 10 mm sind in der PET-Diagnostik teils nicht ausreichend darstellbar), sind auch falschnegative PET/CT-Ergebnisse beschrieben. Entzündungen, zeitnah stattgehabte Eingriffe (wie Biopsien oder Operationen), erhöhte Muskelaktivität wie auch reaktive Lymphknoten können hingegen Ursachen für falsch-positive Befunde sein. Bei CUP-Syndromen mit der Histologie eines neuroendokrinen Tumors (NET) wird der Nachweis einer SomatostatinRezeptor-Expression in der Bildgebung genutzt; entsprechende Verfahren hierzu sind die Octreotid-Szintigraphie und die PET/ CT mit den Tracern DOTATATE oder DOTATOC (Ga-68-DOTA-konjugierten Peptiden). Einflüsse auf die Tumorresektion von neuroendokrinen Tumoren durch die PET/CT-Diagnostik wurden mit 10-15% angegeben [7,16,17]. Zusammenfassend gilt für die Bild­g e­ bung beim CUP-Syndrom, dass die Diag­ nostik hinsichtlich der Primärtumorsuche und des Ausmaßes der Erkrankung auch unter Kosten-/Nutzen­aspekten abzuwägen ist. Neben der Differenzierung einer lokalen bzw. disseminierten Erkrankung sollte die Bildgebung zum Erkennen von Therapie beeinflussenden Subgruppen des CUP-Syndroms eingesetzt werden. Die als Basisdiagnostik geltende GanzkörperComputertomographie sollte bei Bedarf durch eine weiterführende Diagnostik wie der PET/CT ergänzt werden, die in Bereichen Primärtumorsuche, Tumorausbereitung und unklarer Konstel­lation die Bildgebung des CUP-Syndroms verbessern kann. Pathologische Diagnostik Histologisch dominieren beim CUPSyndrom Adenokarzinome (40-60%) vor undifferenzierten Karzinomen (15-30%) und Plattenepithelkarzinomen (5%) sowie 5% schlecht oder undifferenzierte Histologie [18,19]. Immunhistochemie Neben der Bildgebung ist es vor allem die differenzierte immunhistochemisch-pathologische und neuerdings auch molekulare Diagnostik, die die gezieltere Zuordnung zu speziellen Tumorentitäten ermöglicht [20]. Die Grundlage hierfür ist die Annahme, dass das immunhistochemische Markerprofil am ehesten den mutmaßlichen Entstehungsort des Tumors und damit auch den biologischen Charakter der Erkrankung widerspiegelt. Zum Beispiel ist der Phänotyp mit positivem Nachweis des Thyroids Transkriptions Faktors 1 (TTF 1) mit positivem Zytokeratin 7 Nachweis sehr suggestiv für einen Tumor bronchialer Genese, beziehungsweise der Phänotyp mit positivem Zytokeratin 20, negativem CK 7 und positivem CDX-2 Nachweis sehr suggestiv für einen Tumor des unteren Gastrointestinaltrakts. Obwohl prospektive Studien fehlen, konnte gezeigt werden, dass Patienten mit CDX-2 positiven Tumoren, die analog eines kolorektalen Karzinoms behandelt wurden ein Abbildung 3 C. Wittekind, L.C. Horn Onkologe 2008 14:870-878 Abb. 3 6 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 OBERSCHWABENKLINIK Abbildung 4 Das CUP-Syndrom Abbildung 5 C. Wittekind, L.C. Horn Onkologe 2008 14:870-878 Abb. 4 OBERSCHWABENKLINIK A.Tanna Onkolo A. Tannapfel, J. Munding, Onkologe 2013, 19:15–21 Abb. 5 OBERSCHWABENK Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 7 Das CUP-Syndrom Abbildung 6 Das CUP-Syndrom „Kopf-Hals-Typ“ „SCLC-Typ“ Cisplatin / 5-FU ± Radiatio Cisplatin / Etoposid „Magen-Typ“ „Pankreas / CCC-Typ“ Oxaliplatin / 5-FU „NSCLC-Typ“ Gemcitabin / Cisplatin Abb. 6 Gesamtüberleben von mehr als 30 Monaten aufwiesen [21]. Der Pathologe benötigt zur Interpretation unbedingt Anamnese und Symptome des Patienten, die Mitteilung zur Entnahme­ stelle der Biopsie sowie vorliegende klinische Be­fun­de (Bildgebung, evtl. auch Tumormarker). Durch die Bedeutung der Pathologie für die Subgruppen-Einteilung des CUP-Syndroms ist es auch wichtig, frühzeitig und nicht erst nach wochenlanger Primärtumorsuche eine Histologiegewinnung anzustreben und gegebenenfalls eine weitere immunhistochemische beziehungsweise molekulare Diagnostik einzuleiten. So kann auch die Information der Lokalisation der Metastase mit der Histologie umgekehrt einen Hinweis auf den möglichen Sitz des Primärtumors liefern [22]; (Abb. 3). Hierbei ist auch aus Gründen der Kosten­ effizienz ein gewisser Algorithmus in eine enger Absprache des Klinikers mit dem Pathologen erforderlich [23]; (Abb. 4 und 5). Die Möglichkeit durch weitere molekular-pathologische Methoden wie „Mamma-Typ“ Carboplatin / Paclitaxel Hormontherapie Taxanhaltige Kombination Monotherapie „Ovar-Typ“ Carboplatin / Paclitaxel „Kolorektal-Typ“ „Spezielle OberflächenAntigene oder Mutationen“ Oxaliplatin / 5-FU Targeted Therapy OBERSCHWABENKLINIK DNA-Mikroarray oder quantitative Real­ time-PCR eine spezielle Signatur des Tumors zu identifizieren, ist in zahlreichen prospektiven und retrospektiven Studien untersucht worden [24]. Diese zeigen eine hohe Plausibilität der angenommenen Primärhistologie. Obwohl aus wirtschaftlichen und infrastrukturellen Gründen diese Methoden noch nicht als Standard angesehene werden können, bestehen hier sehr interessante Ansätze, die in innovative prospektiven klinische Studien integriert werden sollten. heute in Analogie zur Behandlung spezifischer Tumorerkrankungen deutlich differenzierter vorgegangen werden (Abb. 6). AUTOREN: Dr. Gerhard Fischer Onkologisches Zentrum, Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämatologie und Onkologie [email protected] Prof. Dr. med. Martin Heuschmid Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin Oberschwabenklinik GmbH, Krankenhaus St. Elisabeth, Ravensburg Therapie REFERENZEN Trotz seiner Heterogenität wurde das CUPSyndrom lange als eine Entität behandelt, die in erster Linie mit einer Platin-basierten Chemotherapie behandelt wurde. Über die letzten 2 Jahrzehnte wurden verschiedene Kombinationen in Studien geprüft und zeigten dabei Ansprechraten von 25-35% und Gesamtüberleben von 6-16 Monaten. Durch bessere Diagnostik und Kenntnis prognostisch relevanter Subgruppen kann 8 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 1. Muir C (1995) Cancer of unknown primary site. Cancer 75:353–356 2. Hess KR, Abbruzzese MC, Lenzi R et al (1999) Classification and regression free analysis of 1000 consecutive patients with unknown primary carcinoma. Clin Cancer Res 5:3403–3410 3. Hübner G, Wildfang I, Schmoll H (2006) Metastasen bei unbekanntem Primärtumor. In Schmoll HJ HKPK (Hrsg.) Kompendium internistische Onkologie: Standards in Diagnostik und Therapie. Springer, Heidelberg, pp 5317–5364 Das CUP-Syndrom Kasuistik 1 51-jährige weibliche Patientin tastete eine noduläre Veränderung am Hals rechts oberhalb des Schlüsselbeins. Die Ausbreitungsdiagnostik ergab einen singulären, hoch FDG-aviden Herdbefund mit 2,3 cm Durchmesser an der genannten Lokalisation (Abb. 1a), die Histologie ergab nach erfolgter Resektion den Nachweis eines Malignen Melanoms. In Abb. 1b zeigt die PET-Darstellung den beschriebenen stoffwechselaktiven Tumor rechts cervical, weitere Tumormanifestationen (insbesondere ein kutaner bzw. subkutaner Primärtumor) konnten mittels PET/CT nicht nachgewiesen werden. Physiologisch hohe Tracerakkumulation findet sich im Gehirn, dem Herzmuskel und der Blase (durch die Ausscheidung über die Nieren und ableitenden Harnwege). Abb. 1b Abb. 1a 4. Copeland EM, McBride CM (1973) Axillary metastases from unknown primary sites. Ann Surg 178:25–27 5. Culine S, Kramar A, Saghatchian M et al (2002) Development and validation of a prognostic model to predict the length of survival in patients with carcinomas of an unknown primary site. J Clin Oncol 20:4679–4683 6. Hübner G CUP-Syndrom Epidemiologie, Prognosegruppen und therapeutische Strategie Onkologe 2013; 19: 8-14 Kasuistik 2 Ein 63-jähriger männlicher Patient stellt sich mit dem klinischen Verdacht auf einen vergrößerten suspekten Lymphknoten am Hals auf der rechten Seite vor. In der Standard-Diagnostik konnte der Lymphknoten computertomographisch identifiziert werden (Abb. 2a). Die genaue Lokalisation des Primärtumors (Größe ca. 1,2 cm) am rechten Zungengrund (Abb. 2b) wurde mittels der 18F-FDG-PET/CT diagnostiziert. Aufgrund der zentralen Nekrose des Lymphknotens war dessen FDG-Aufnahme nur im Randbereich sehr gering. 7. Brendle C, Pfannenberg C. Bildgebung in der Diagnostik des CUP-Syndroms. Onkologe 2013; 19: 22-28. 8. Neben K, Hübner G, Folprecht G et al. Metastasen ohne Primärtumor: Fortschritte in Diagnostik und Therapie des CUP-Syndroms. Deutsches Ärzteblatt 2008; 105: 733-40. 9. Fizazi K, Greco FA, Pavlidis N et al. Cander of unknown primary site: ESMO clinical practice guidelines for diagnostis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2011; 22 (Suppl 6): 64-68. 10. Abbruzzese JL, Abbruzzese MC, Lenzi R et al. Analysis of a diagnostic strategy for patients with suspected tumors of unknown origin. J Clin Oncol 1995; 13: 2094-2103.´ Abb. 2a Abb.2b Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 9 Das CUP-Syndrom Das CUP-Syndrom Kasuistik 3 39-jähriger Mann mit einer LK-Schwellung im Bereich der linken Axilla. Zu diagnostischem Zweck wurde ein Lymphknoten lokal entfernt, histologisch fand sich ein Malignes Melanom. In der ergänzenden PET/CT-Untersuchung zur Primärtumorsuche und Ausbreitungsdiagnostik fand sich neben den frischen postoperativen Weichteilveränderungen ein weiterer, nahe der Thoraxwand gelegener Lymphknoten in der linken Achselhöhle mit hoher Stoffwechselaktivität (18F-FDG-Uptake) (Abb. 3a). In der PET-Bildgebung in koronarer Schnittführung konnte neben dem Stoffwechselaktiven Lymphknoten kein Primärtumor gesichert werden (der hohe Stoffwechsel des Gehirns und des Herzens sowie die Ansammlung von Tracer im Blasenlumen sind physiologisch) (siehe Abb. 3b). Abb. 3b Abb. 3a 11. Basu S, Alavi A. FDG-PET in the clinical management of carcinoma of unknown primay with metastatic cervical lymphadenopathy: shifting gears from detecting the primary to planning therapeutic strategies. Eur J Med Mol Imaging 2007: 34; 427-428. 15. Pfannenberg C1, Aschoff P, Schanz S et al. Prospective comparison of 18F-fluorodeoxyglucose positron emission tomography/computed tomography and whole-body magnetic resonance imaging in staging of advanced malignant melanoma. Eur J Cancer 2007; 43: 557-64. 12. Roh JL, Kim JS, Lee JH et al. Utility of combined (18)F-flourodesoxyglucose-positron emission tomography and computed tomography in patients with cervical metastases from unknown primary tumors. Oral Oncol 2009; 45: 218-224. 16. Naswa N, Sharma P, Kumar A et al. ⁶⁸Ga-DOTANOC PET/CT in patients with carcinoma of unknown primary of neuroendocrine origin. Clin Nucl Med 2012; 37: 245-51. 13. Moller AK, Loft A, Berthelsen AK et al. 18F-FDG PET/CT as a diagnostic tool in patients with extracervical carcinoma of unknown primary site: a literature review. Oncologist. 2011;16(4):445-51. 14. Kwee TC1, Kwee RM. Combined FDG-PET/CT for the detection of unknown primary tumors: systematic review and meta-analysis.Eur Radiol 2009; 19: 731-44. 17. Prasad V, Ambrosini V, Hommann M et al. Detection of unknown primay neuroendocrine tumours (CUP-NET) using (68)Ga-DOTA-NOC receptor PET/ CT. Eur J Nucl Med Imaging 2010: 37: 67-77. 18. Abbruzzese JL, Abbruzzese MC, Hess KR et al (1994) Unknown primary carcinoma: natural history and prognostic factors in 657 consecutive patients. J Clin Oncol 12:1272–1280 10 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 19. Pavlidis N (2007) Forty years experience of treating cancer of unknown primary. Acta Oncol 46:592–601 20. Varadhachary GR, Raber M N Cancer of unknown primary site N Engl J Med 371;8 757-861 21. Varadhachary GR, Karanth S Carcinoma if unknown primary with gastrointestinal profile Int J Clin Onc 2013 June 28 22. Wittekind C Horn L.-C Pathohistologische und molekulargenetische Diagnostik beim CUP-Syndrom Onkologe 2008: 14: 870-878 23. Munding J Tannapfel A Pathologie des CUP-Syndroms Onkologe 2013 19 15-21 24. Neben K Gattenlöhner S Krämer A Molekulare Pathogenese und Biologie des CUP Syndroms Onkologe 2008 14 860-869 Das CUP-Syndrom Fragen für das testierte interaktive Selbststudium DGOP 4/2014 1. Welche der folgenden Aussagen trifft zu: a) Im Zeitalter der PET-CT kommt das CUP-Syndrom fast nicht mehr vor. b) Das mittlere 5-Jahres-Überleben aller CUP-Patienten beträgt ca. 10%.) c) Unabhängig vom mutmaßlichen Ursprungsort des Tumors ist die Prognose aller CUP-Syndrome schlecht. d) Bei spezifischen Subgruppen liegt eine deutlich bessere Prognose vor. 2. Welche der folgenden Manifestationen gelten als günstige Subgruppen eines CUP a) Axilläre Lymphknotenmetastase eines Adenokarzinoms bei Frauen b) Peritonealkarzinose durch ein (serös-papilläres) Adenokarzinoms bei Frauen c) Zervikale Lymphknotenmetastasen eines undifferenzierten oder Plattenepithelkarzinoms d) Neuroendokrine gut differenzierte Karzinome 3. Der Nachweis von TTF-1 in der Metastase eines Adenokarzinoms legt den Ursprung der Erkrankung in folgendem Organ nahe: a)Mamma b)Lunge c)Ovar d)Kolon 4. Die typische immunhistochemische Konstellation für die Metastase eines Kolorektalen Karzinoms ist: a) CK7 pos CK20 pos CDX2 pos b) CK7 pos CK20 pos CDX2 neg c) CK7 neg CK20 pos CDX2 pos d) CK7 neg CK20 neg CDX2 neg 5. Als Basisdiagnostik in der Bildgebung beim CUP-Syndrom wird vorwiegend empfohlen: a) Röntgen-Thorax und Sonographie als alleinige Bildgebung b) Ganzkörper-Computertomographie c) Diffusionsgewichtete Ganzkörper-MR-Tomographie d) Octreotid-Szintigraphie Richtige Antworten zum Beitrag „Strahlentherapie beim Lungenkarzinom“ in Heft 2/2014 Frage 1: a, b, d Frage 2: a, b, c, d Frage 3: c Frage 4: a, b, d Frage 5: b, d Testiertes interaktives Selbststudium – DGOP 2014 Nach der Beantwortung der Fragen zu vorangegangenem Artikel in der „ONKOLOGISCHEN PHARMAZIE“ und der Ergänzung der erforder­lichen Angaben können Sie den gekennzeichneten Bereich der Zeitung ausschneiden oder kopieren und an nachfolgende Fax-Nummer der DGOP faxen. Auch mehrere Antworten können richtig sein. Beim Selbststudium wünschen wir viel Erfolg! Per Fax: +49-40-79 14 03 02 Name: Vorname: Einrichtung: Straße: PLZ/Ort: Das CUP-Syndrom Prognosegruppen und therapeutische Strategie (ONKOLOGISCHE PHARMAZIE Nr. 4/2014) Meine Antwort (X) lautet bei: Frage 1: a b c d Frage 2: a b c d Frage 3: a b c d Frage 4: a b c d Frage 5: a b c d Ich versichere hiermit, dass ich den o.g. Artikel gelesen und die Fragen persönlich beantwortet habe. Zum Zweck der Erreichung von Fortbildungspunkten für „Testiertes interaktives Selbststudium DGOP“ bitte ich um die Registrierung meiner Zusendung bei der DGOP und die Übermittlung der erreichten Punktzahl. Datum: Unterschrift: Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 11 Übertherapie in der Onkologie Klug auswählen Übertherapie in der Onkologie Von Günther J. Wiedemann, Ravensburg I m Rahmen des Projekts „Choosing Wisely“, das vom ABIM (American Board of Internal Medicine) initiiert wurde, gingen aus den Reihen aller medizinischen Fächer zahlreiche Vorschläge ein, welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen in eine Liste der evidenzbasierten, konsensbestimmten sinnlosesten Interventionen aufgenommen werden sollten. Von der American Society of Clinical Oncology (ASCO) wurde zunächst eine „Hitliste“ der fünf nutzlosesten onkologischen Interventionen erstellt, die mittlerweile durch fünf weitere ergänzt wurde (1). Es ging darum, die Maßnahmen zu identifizieren, die zwar nicht evidenzbasiert, aber dennoch weit verbreitet sind. Diese widersprechen damit den Grundregeln einer vernünftigen Onkologie: ausreichende Evidenz, keine Doppelung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, geringstmöglicher Schaden für den Patienten und tatsächlich gegebene Notwendigkeit. Die Evidenz für die Begründung der Nutzlosigkeit der genannten Maßnahmen ist sorgfältig in der Literatur belegt (siehe www.choosingwisely.org bzw. www.choosingwisely.org/wp-content/uploads/2013/10/ ASCO10ThingsList-1020131.pdf ). Die Top Ten der nutzlosesten onkologischen Maßnahmen Die Warnung vor unnötigen Maßnahmen in der Choosing Wisely-Liste reicht von eher allgemein gehaltenen Empfehlungen bis zu sehr konkreten Einzelinterventionen. Nicht eingeschlossen sind Einschränkungen von Therapiemöglichkeiten aufgrund besonderer Organtoxizitäten bzw. Toxizitäten, die sich aufgrund verminderter renaler oder hepatischer Medikamentenelimination ergeben (Abb. 1, Tab. 1, Kasten). Die Liste wird angeführt von der wichtigsten Voraussetzung, um onkologische Patienten vor unnötigem Schaden zu bewahren: 1. Eine Anti-Tumor-Therapie außerhalb von Studien ist zu unterlassen, wenn folgende Bedingungen vorliegen: Patienten mit unheilbaren, metastasierten/fortgeschrittenen soliden Krebsleiden, schlechter Allgemeinzustand, fehlender Nutzen bisheriger evidenzbasierter Inter ventionen, geringe Wahrscheinlichkeit eines klinischen Nutzens. Diese Patienten benötigen aber palliativmedizinische und supportive Maßnahmen. Es schließen sich dann sehr konkret gehaltene Negativempfehlungen an: 2. Kein PET, CT oder Knochenszintigramm als Staging-Maßnahme bei Patienten mit Prostata-Frühkarzinom (T1c/T2a, PSA<10ng/ml, Glea­son Score ≤6) mit gerin­ger Metas­tasie­rungs­­wahr­scheinlichkeit. Begründung: keine Evidenz, dass die frühzeitige Entdeckung von Metastasen das Überleben verbessert, überflüssige Strahlenexposition. 5. Keine Granulozyten-Wachstumsfaktoren zur Prävention einer febrilen Neutropenie bei Patienten, bei denen diese Kompli­ kation mit weniger als 20% Wahr­ scheinlichkeit zu erwarten ist. Begrün­dung: ASCO-Guidelines (2). 6. Bei Chemotherapien mit geringem Risiko für Emesis und Nausea primär keine Antiemetika einsetzen, die bei Chemotherapien mit hohem emetischem Risiko indiziert sind. Begründung: Die neueren hocheffektiven Antiemetika sind teuer und haben beträchtliche unerwünschte Wirkungen. 7. Bei metastasierten Mammakarzinomen ist eine Mono-Chemotherapie gegenüber einer Kombinations-Chemotherapie zu bevorzugen, es sei denn, ein rasches Ansprechen ist zur Symptomlinderung notwendig. Begründung: Bei palliativer Therapie sind additive Toxizitäten möglichst zu vermeiden. 3. Kein PET, CT oder Knochen­szinti­gramm zum Staging von Mamma-Früh­karzi­ nomen (DCIS, Stadium I und II) mit geringer Metas­ta­sie­rungs­wahrscheinlichkeit. Begründung: keine Evidenz, dass die frühzeitige Entdeckung von Metastasen das Überleben verbessert, überflüssige Strahlenexposition. 8. Kein PET oder PET-CT in der therapiefreien Nachsorge bei asymptomatischen Patienten zur Frage eines Tumorrezidivs, es sei denn in begründeten Einzelfällen (z. B. Möglichkeit eines kurativen Ein­griffs). Begründung: PET und PET-CT sind indiziert in der Diagnostik, zum Staging und bei der Beurteilung des Therapieerfolgs, nicht aber in der therapiefreien Nachsorge. 4. Keine Bestimmung von Bio/Tumor­ markern und keine Kontroll-Bild­ge­ bung bei asympto­matischen Brust­­krebsPatientinnen, die kurativ be­h andelt wurden. Begründung: kein nachgewiesener Nutzen, Gefahr falsch positiver Befunde mit unnötiger Folgediagnostik und -therapie. 9. Kein PSA-Screening bei symptomfreien Männern mit einer Lebenserwartung von unter 10 Jahren. Begründung: Männer mit erheblichen Komorbiditäten haben ein größeres Risiko, aufgrund dieser Erkran­kungen innerhalb von 10 Jahren zu versterben als aufgrund eines nicht ent­deckten, asympto­ matischen Pros­ta­ta­karzinoms. 12 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Übertherapie in der Onkologie 97% weniger Energieverbrauch durch GreenTec. Claire reduziert die Betriebskosten gegenüber herkömmlichen Sicherheitswerkbänken bis zu 97% u.a. durch: • energieeffizientem Eco-Mode • modernste EC-Ventilatoren Steuerungs- und • intelligente Regelungstechnik • optimierte HEPA-Patronenfilter Auto-On-Off-Funktion mit • Anwesenheitssensor-System Claire Die neue Generation von Sicherheitswerkbänken – intelligent und effizient. www.berner-international.de Onkologische 16. Jahrgang |BERNER Nr. 4/2014 | 13 Telefon: +49 (0)Pharmazie 41 21/43 |560 iPad-App Übertherapie in der Onkologie 10.Keine „Targeted Therapy“ ohne Nachweis der entsprechenden Zielstruktur. Die Kampagne „Choosing Wisely“ möchte dazu beitragen, dass Sinn und Unsinn geplanter diagnostischer und therapeutischer Interventionen evidenzbasiert mit Patienten diskutiert werden können. Auf www.choosingwisely.org gibt es daher auch Informationen, die sich direkt an Patienten richten (Patient Friendly Ressources, z.B. http://www.choosingwisely.org/doctor-patient-lists/pet-scans-after-cancer-treatment/). Sie sind auch eine gute Grundlage für die Beratungssituation in der Apotheke. Korrespondenz: [email protected] Clearance eines Zytostatikums Clearance eines Zytostatikums n n Totale Arzneimittel-Clearance = renale Clearance + hepatische Clearance Anteil der Niere ist substanzspezifisch, wobei: q q 1-Qo = bioverfügbarer Anteil bei normaler Nierenfunktion, welcher in aktiver Form renal eliminiert wird Qo = Extrarenal ausgeschiedener Dosisanteil bei normaler Nierenfunktion: errechnet sich als: Qo= T1/2 Normale Nierenfkt T1/2Anurie § Ausscheidung inin Abhängigkeit von Qo von Ausscheidung Abhängigkeit und Nierenfunktion Q0 und Nierenfunktion Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 1998 - 2006 Abt. Innere Medizin VI, Klinische Pharmakologie & Pharmakoepidemiologie, Universitätsklinikum Heidelberg LITERATUR (1) Schnipper LE, Smith TJ, Raghavan D et al. American Society of Clinical Oncology identifies five key opportunities to improve care and reduce costs: the top five list for oncology. J Clin Oncol 2012;30:1715-24 (2) Smith TJ, Khatcheressian J, Lyman GH et al. ASCO 2006 update of recommendations for the use of white blood cells growth factors: An evidence based clinical practice guideline. J Clin Oncol 24:3187-3205, 2006 Bei einer Krea-Clearance < 50 ml/Min steigt die Arzneimittelmenge im Körper für Pharmaka mit niedrigem Qo stark an. Korrekturen in Dosis oder Dosierintervall sind erforderlich Abb. 1 Drugs Affected by Changes in Hepatic Metabolism % Dose reduction for hepatic dysfunction Mild (bili* 1.5–3.0; SGOT** 60–180) Moderate (bili* 3.1–5.0; SGOT** >180) Severe (bili* >5.0) Anthracyclines Andriamycin Daunorubicin 50% 25% 75% 50% Omit Omit Taxanes Omit Omit Omit Vinca Alkaloids Epipodophyllotoxins Synthetic alkaloids 50% Omit Omit Methotrexate 0% 25% Omit Cyclophosphamide 0% 5% Omit 5-Fluorouracil 0% 0% Omit Tab. 1 14 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 * bili = total bilirubin, ** SGOT = serum aspartate Kommentar des Herausgebers Kommentar des Herausgebers Neue Herausforderungen für die Onkologische Pharmazie in Europa Klaus Meier I n Europa ist die neue EU-Kommission gebildet und gerade zur richtigen Zeit ist die Entscheidung gefallen: Der neue EU-Kommissar für Gesundheit, Vytenis Andriukaitis aus Litauen, soll auch in Zukunft für Fragen des Verbraucherschutzes sowie für Arzneimittel und Medizinprodukte zuständig sein. Zeit in seinem Amt damit beschäftigt gewesen wäre, Steine zu klopfen und Schwelbrände zu beseitigen. Aber ein Haus kann nur fertig werden, wenn man über die anfänglichen Widrigkeiten der Realität hinwegkommt und wenn es gelingt, ein Team aus allen beteiligten Gewerken zu motivieren. desrepublik Deutschland, so umfasst der Mittelstand nach quantitativer Definition Die mögliche Verquickung von Industrie- mit Verbraucherschutzinteressen im Ressort für Binnenmarkt hätte ansonsten zu Ungunsten von Patienteninteressen wirken können. Wenn dafür gesorgt wird, die Sprache und das Denken der Menschen zu erklären und inneres Verständnis zu erzeugen, dann ist Globalisierung im Sinne des wachsenden Verständnisses aller Völker ein hehres Ziel. sowie rund 83,0 % aller Auszubildenden ausge- Nachdem sich der ESOP (European Society of Oncology Pharmacy) bei dem scheidenden EU-Kommissar Tonio Borg für die Unterstützung bei der Durchführung des ECOP in Krakau bedankt hatte, teilte uns dieser mit, dass ihm nicht nur die Stärkung der Rolle der Pharmazie im Patientenprozess ein besonderes Anliegen gewesen sei, sondern dass er auch dafür Sorge getragen hätte, dem neuen EU-Kommissar durch die Bereitstellung entsprechender Informationen die Fortführung bisheriger Aktivitäten als Auftrag für die Zukunft ans Herz zu legen. Unsere Arbeit für die Onkologische Pharmazie ist in Brüssel angekommen! Dieser Zwischen-­Erfolg gibt Kraft, mutig die Bedürf­nisse der Krebs­patienten in den einzel­nen Län­dern in den Vordergrund zu stellen und sich dienstbar als deren Partner zu erweisen. Die Aktivitäten der DGOP zur Begleitung der oralen Krebstherapie begannen im Zusammenwirken mit allen Akteuren des Gesundheitswesens vor fünf Jahren. Der Fortschritt hierbei wurde für Uneingeweihte nicht sofort sichtbar. Ein bekannter Krankenhausapotheker hat einmal von sich gesagt, dass er die meiste Wie steht es in diesem Zusammenhang mit der Diskussion um das Projekt „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP)? Wer kennt den Inhalt der Verhandlungen zwischen EU und den Vereinigten Staaten von Amerika? Politiker von Berlin bis Brüssel reden nicht gerne über das, was in dem angestrebten Vertrag zum transatlantischen Freihandelsabkommen stehen soll. Ist es so, dass Europas Bürger nicht zu früh erfahren sollen, dass die Privilegien von Konzernen und Investoren durch dieses Abkommen abgesichert und sogar noch ausgeweitet werden sollen? Die EU und die USA wollen ihre jeweiligen Standards in „nicht handelspolitischen“ Bereichen vereinheitlichen. Aber diese angestrebte „Harmonisierung“ wird voraussichtlich die Interessen der kapitalkräftigen Konzerne und Investoren vorrangig berücksichtigen. Mögliche Einsprüche, die zu Verzögerungen beschlossener Maßnahmen führen, könnten dann mit der Drohung von Entschädigungszahlungen beantwortet werden. Nun bestehen Volkswirtschaften nicht allein aufgrund der Wirtschaftskraft von Großkonzernen. Betrachtet man die Zahlen der Bun- rund 99,7 % aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen, in denen knapp 65,9 % aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten angestellt sind, rund 38,3 % aller Umsätze erwirtschaftet bildet werden.1 Diese Rolle in einem nationalen Gesellschaftsgefüge ist entscheidend für die dauerhafte Einbeziehung der Gesamtbevölkerung und für soziale Gerechtigkeit. Den Patienten, nicht nur als zahlenden Verbraucher sondern als Mittelpunkt persönlichen Handelns zu betrachten, wird man am ehesten von denen erwarten können, die bei sich selbst die gleiche Erfahrung machen: nicht namenlos sein, sondern als Teil des Ganzen wahrgenommen werden. Der neue EU-Gesundheitskommissar Andriukaitis scheint der richtige Mann hierfür zu sein, nicht nur weil er selber Arzt ist, sondern bereits seit über zwei Jahren als Gesundheitsminister Litauens für gesundheitspolitischen Fortschritt im Interesse von Patienten steht. Gemeinsam mit ihm wollen wir für eine Verbesserung der pharmazeutischen Betreuung unserer Krebspatienten auf europäischer Ebene zusammenarbeiten. 1 Diagnose Mittelstand 2012; Deutscher Mittelstand – stabil auch in schwierigen Zeiten (Herausgeber Deutscher Sparkassen und Giroverband) Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 15 13. NZW-Süd in in München München 13. NZW-Süd 13. NZW-Süd in München NZW weiß-blau: Neuer Standort, gewohnte Qualität K ann man mit einem ganzen Kon­ gress einfach umziehen? Es war gewiss ein Wagnis, den NZW Süd nach 12 erfolgreichen Jahren vom oberschwäbischen Ravensburg in die bayrische Landeshauptstadt zu verpflanzen. Doch die große Zahl der Anmeldungen zeigte, dass Infrastruktur, touristisches Potenzial und Erreichbarkeit von München viele Kongressteilnehmer überzeugten. Ein leichtes Fremdeln im eher anonymen Kongresshotel auf dem Messegelände ließ sich dennoch bei jenen nicht verleugnen, die das lebensfrohe Ravensburg mit der neubarocken Konzerthalle über die Jahre ins Herz geschlossen hatten. Ein internationales Hotel als Tagungsstätte ist ohne Frage anonymer, doch die hervorragende technische Ausstattung der Vortragssäle, der großzügige Rahmen für die Industrieausstellung und das gute Catering in den Pausen sprachen für sich. Und an der gewohnt hohen Qualität der Vorträge mit namhaften Referenten aus Deutschland und Österreich gab es ohnehin keinen Zweifel. Aufgrund der besseren räumlichen Ausstattung war es erstmals auch möglich, parallel zum Hauptprogramm eine Fachtagung „Orale Krebstherapie“ für Offizinapotheker anzubieten. Am Abend brach sich dann nach einem anregenden und anspruchsvollen Kongresstag im Augustinerkeller bajuwarische Feierwut Bahn, der sich auch die „Fischköpfe“ aus dem Norden nicht entziehen konnten – angeheizt von reichlichem Bierkonsum und einer Blaskapelle, die niemanden auf den Stühlen ließ. Der Kongress tanzte! 16 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 13. NZW-Süd in München Chirurgische Therapieoptionen im Behandlungs­konzept von Kopfund Halskarzinomen Chirurgische Therapieoptionen im Behandlungs­ konzept von Kopf- und Halskarzinomen Referent: Prof. Dr. Konrad Sommer, Osnabrück SCCHN-Patienten: Absolutes Überleben nachAbsolutes Tumorlokalisation SCCHN-Patienten: Die meisten Kopf- und Halstumoren sind Plattenepithelkarzinome. Sie stellen eine heterogene Tumorgruppe mit unterschiedlichen Tumorlokalisationen dar (Lippen, Mundhöhle, Rachen – hier gibt es die höher gelegenen Oropharynx- und die tiefer gelegenen Hypopharynxkarzinome – , Kehlkopf bzw. Larynx, Speicheldrüsen, Haut und Nasennebenhöhlen). Überleben nach Tumorlokalisation Rauchen in Kombination mit übermäßigem Alkohol­konsum erhöht das Karzinomrisiko um den Faktor 7. Unabhängig von diesen Risikofaktoren entstehen schätzungsweise 20-80% der Kopfund Halstumoren auf dem Boden einer HPV-Infektion. aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa 1. Interdisziplinäres Symposion des Operativen Kopfzentrums am MHO - 2008 Abb. 1 Die Prognose hängt stark von der Tumor­ lokalisation ab (Abb. 1). Offener Primäres Therapieziel: Komplette operative Tumorentfernung mit Sicherheitsabstand Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten im Kopf- und Hals-Bereich ist bei der geschlos­ senen Laser­chirurgie eine Tumor­entfernung en bloc (im Ganzen) oft nicht möglich; hier ist es, im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln der Tumorchirurgie, zulässig, den Tumor zu zerteilen und stückweise zu entfernen. geschlossener Zugang transcutan Wenn Tumorgröße, Lokalisation und Allgemeinzustand des Patienten es zulassen, ist die Operation die primäre Therapie. Radio- und/oder Chemotherapie kommen i.d.R. postoperativ zum Einsatz, es gibt aber auch neoadjuvante Ansätze. Neu sind Antikörpertherapien. Grundsätzlich gibt es zwei operative Ver­ fahren: den so genannten offenen Zugang (von außen) oder den geschlossenen Zugang durch die Mundhöhle (Abb. 2). versus Operation transoral Laser Kalter Stahl aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa 1. Interdisziplinäres Symposion des Operativen Kopfzentrums am MHO - 2008 Abb. 2 Larynxkarzinome: Gute Prognose dank Früherkennung Das Leitsymptom des Kehlkopfkarzi­noms ist anhaltende Heiserkeit bereits im Früh­ stadium. Jede Heiserkeit, die länger als 3 Wochen anhält, muss vom HNO-Arzt abgeklärt werden. Abb.3 zeigt die knotige Verdickung einer der beiden Stimmlippen im Kehlkopf, die einem Frühkarzinom entspricht. Mit einem solchen Befund überleben nach alleiniger operativer Therapie mehr als 80% der Patienten die nächsten 10 Jahre. Doch auch in fortgeschritteneren Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 17 13. NZW-Süd Therapieoptionen in München Chirurgische im Behandlungs­konzept von Kopf- und Halskarzinomen Larynxkarzinom Tumorstadien sind die Kontrollraten annehmbar (Abb. 4). Bei fortgeschritteneren Tumorstadien wird häufig eine Entfernung des Kehlkopfes (Laryngektomie) notwendig. Der damit einhergehende Verlust der Sprache ist für die Patienten belastend und stigmatisierend. Nur eine Minderheit erlernt die so genannte Ructussprache, bei der Luft aus dem Magen („Rülpsen“) zur Stimmbildung in Speiseröhre und Mundhöhle benutzt wird. Es gibt auch verschiedene Stimmprothesen, die zwischen der Trachea- und der Pharynxwand eingesetzt werden können, mit denen der Patient eine Stimme bilden kann. Nicht selten kommt es hier allerdings zu Undichtigkeiten und Infektionen. Problemfeld Halslymphknoten Bei der Operation des Primärtumors ist häufig die Ausräumung verschiedener zervikaler Lymphknotengruppen erforderlich. Das Ausmaß dieser so genannten Neck Dissection ist abhängig von Zahl, Größe und Lokalisation der Lymphknotenmetastasen. Die Neck Dissection ist gleichermaßen kurativer Eingriff und Staging-Verfahren. Insbesondere bei einer Radikalen Neck Dissection (Abb. 5) können funktionell und ästhetisch beeinträchtigende Defekte entstehen. FAZIT: Die möglichst vollständige Resektion des Tumors sowie die gründliche Entfernung von Lymphknotenmetastasen sind bei operablen Patienten die wichtigsten Maßnahmen bei kurativer Intention. Leitsymptom Heiserkeit Larynxkarzinom Leitsymptom Heiserkeit Wichtig: Jede Heiserkeit, die länger als 3 Wochen anhält muss vom HNO Arzt abgeklärt werden Abb. 3 aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa Ergebnisse 1. Interdisziplinäres Symposion des Operativen Kopfzentrums am MHO - 2008 T2, T3 Larynxkarzinome Ergebnisse T2, T3 Larynxkarzinome Strahlentherapie Extralaryngeale Larynxresektion Endoskopische Laserchirurgie 5 – Jahres lokale Kontrollrate 60 – 76% 73 – 83% 71 – 87% 5 – Jahres Larynxerhaltrate 70 – 76% 76 – 82% 78 – 87% 1. Interdisziplinäres Symposion des Operativen Kopfzentrums am MHO - 2008 Abb. 4 aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa Aktuelle Klassifikation der Neck dissection 2000 – American Academy of Otolaryngology – Aktuelle Klassifikation der Neck dissection 2000 – American Academy of Otolaryngology – Head and Neck Surgery Head and Neck Surgery Radikale Neck dissection: Die adjuvante Radio- und Chemotherapie spielt in der postoperativen und palliativen Situation eine zusätzliche entscheidende Rolle. Level 1 -5 M. sternocleido. V. jugularis N. accessorius Abb. 5 18 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 13.KopfNZW-Süd in München Strahlentherapie von und Halstumoren Strahlentherapie von Kopf- und Halstumoren Referent: Dr. med. Bernhard Berger, Ravensburg Lokal fortgeschrittene Kopf-Hals-Tumore (LA HNSCC) Im Rahmen eines primär operativen Therapiekonzeptes kommt ab dem Stadium III (N+) eine adjuvante Radiochemotherapie zum Einsatz, wenn nach Entfernung des Tumors die Resektionsränder nicht tumorfrei sind und/ oder wenn Lymphknotenmetastasen vorliegen, die die Kapselgrenzen überschritten haben. Bei lokal fortgeschrittenen Kopf- und Halstumoren (Abb. 1) ist die Radiotherapie die entscheidende Therapiemodalität. Selbst bei technisch resektablen Tumoren ist angesichts häufiger Komorbiditäten und schwieriger sozialer Hintergründe (z.B. bei Alkoholabusus) nicht jeder Patient operabel. Selbst im Stadium IV ist mithilfe kombinierter Therapiemodalitäten eine Heilung prinzipiell möglich (20-30% 5-Jahresüberleben im Stadium IV A, 10% im Stadium IV B). Hervorzuheben ist, dass damit auch verstümmelnde operative Eingriffe vermieden werden können. Eine simultane Cisplatin-basierte Radio­ chemo­therapie bzw. eine Radioimmun­ therapie mit Cetuximab ergibt bessere Resultate als eine Radiotherapie alleine (33,7 vs. 27,2% 5-Jahresüberleben; MACH-NC Pignon Radiother Oncol 2009) und gilt heute als Therapiestandard. Hinsichtlich der Bestrahlung ist eine so genannte normofraktionierte Radiotherapie üblich, bei der 5x 2,0 Gy /Woche bis zu einer Gesamtdosis von 70-74,0 Gy verabreicht werden. Eine hyperfraktioniertakzelerierte Radiotherapie (Bestrahlungen 2x statt 1x täglich, gleiche Strahlendosis) verbessert zwar das 5-Jahresüberleben um rund 5%, jedoch um den Preis deutlich höherer Toxizität. Darüber hinaus ist ihr Vorteil im Kontext einer Cisplatinbasierten Radiochemotherapie zweifelhaft. Reduktion strahlenbedingter Toxizitäten durch verbesserte Planung und Technik Die Strahlentherapie lokal fortgeschrittener Kopf- und Halstumoren war bisher geprägt von erheblichen Akut- und Spättoxizitäten Lokal fortgeschrittene Kopf-Hals-Tumore (LA HNSCC) •Stadien III-IVB (TxN1-TxN3) und bei primärer Irresektabilität/Inoperabilität • hohe Komorbidität und schwierige psychosoziale Hintergründe •klinische Heterogenität (Epipharynx-Larynx) Abb. 1 (u.a. Xerostomien, Schluckstörungen, Atemund Sprechstörungen, erhöhte nicht krebsspezifische Gesamtmortalität). Fast die Hälfte der geheilten Patienten bleibt nach der Therapie dauerhaft arbeitsunfähig. Die hohe Toxizität erfordert eine Optimierung auch der Strahlentherapie. Das Ziel ist eine effektivere Bestrahlung (höhere Strahlendosis am Tumor) bei Reduzierung der Toxizität an den Normalgeweben. Diesem Ziel ist man in den letzten 10 Jahren durch verschiedene technische Neuerungen näher gekommen: Die Intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) kann heute als klinischer Standard gelten. Hier ermöglichen dynamische Blenden im Strahlengang individualisierte Dosisverteilungen zur Schonung kritischer Organe. Es kommt beispielsweise signifikant seltener zu Xerostomien, die Lebensqualität der Patienten ist deutlich besser. Bei der Schnittbild-basierten/-fusionierten Therapieplanung wird mit Unterstützung funktioneller Bildgebung die Strahlendosis gezielter im Tumor verabreicht. Bei der Bildgeführten Strahlentherapie (IGRT) kann anhand simultan erstellter Schnittbilder (CT) und mithilfe eines beweglichen Lagerungstisches genau nachjustiert werden. Dank eines um den Patienten rotierenden Gerätes (VolumetricArcTherapy (VMAT) werden in kurzer Zeit komplexe Bestrahlungen möglich, die Patienten müssen dann während der Bestrahlung deutlich kürzer still liegen (z.B. nur 1-2 Minuten statt 10 Minuten). Es ist auch versucht worden, die radiotherapiebedingte Toxizität durch eine zusätzliche präoperative Induktionschemotherapie (und Reduzierung der Strahlendosis) zu mindern, jedoch ergaben die PARADIGM Studie (2013) und die DECIDE Studie (2014) keine eindeutigen Überlebens-/Kontrollvorteile bei deutlich erhöhter Toxizität und Gefahr der Kompromittierung der RCT. Derzeit laufen erste randomisierte Studien, in denen geprüft wird, ob die Strahlendosis bei HPV-positiven Kopf- und Halstumoren, die gut auf eine Induktionstherapie mit Paclitaxel und Cetuximab ansprechen, reduziert werden kann (siehe auch Seite 21). FAZIT: Die Strahlentherapie trägt im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzeptes dazu bei, die Therapie zu individualisieren und Toxizitäten zu reduzieren. Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 19 13. NZW-Süd in München Medikamentöse Therapie von Kopf- und Halstumoren Medikamentöse Therapie von Kopf- und Halstumoren Referent: Prof. Dr. Günther J. Wiedemann, Ravensburg In den letzten Jahren hat sich die Erkennt­ nis durchgesetzt, dass ein Großteil (schätzungsweise 70% in den USA) der Platten­ epithelkarzinome im Kopf- und Halsbereich (Head and Neck Squamous Cell Carcinoma – HNSCC) durch HP-Viren (vor allem HPV 16) bedingt ist. Undifferenzierte Lymphoepitheliale Tumoren (SchminckeRegaud-Tumoren) werden vom Epstein-Barr Virus (EBV) verursacht. Viren können nach der Primärinfektion von Nasopharynxzellen in diesen Zellen persistieren. Oncogene HPVProteine und EBV-DNA bzw. –Proteine interagieren mit wichtigen Kontrollgenen der infizierten Zellen und bewirken u.a. eine inadäquate Zellproliferation und eine Hemmung der Apoptose. Clinical Trials Testing Specific Treatments for HPV-Related HNSCC ADJUVANTE THERAPIE? HPV-positive Tumoren sind anders HPV-bedingte Kopf-und Hals-Platten­ epithel­karzinome unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und bezüglich der Prognose von nicht-HPV-positiven Tumoren (Tabelle 1). Presented By Stephen Schwartz at 2014 ASCO Annual Meeting Abb. 1 Die virale Genese impliziert ein Umdenken sowohl in diagnostischer, therapeutischer als auch in präventiver Hinsicht. So ist, wie bei den ebenfalls HPV-induzierten Zervixkarzinomen der Frau, eine Primär­ prävention HPV-bedingter Kopf- und Halstumoren mithilfe einer Impfung vorstellbar. Erste Daten aus dem Jahr 2013 (Herrero et al.) zeigen, dass HPV 16/18-Infektionen der Mundhöhle durch eine Impfung zu 92-100% vermieden werden können. Ob damit auch eine Abnahme der Inzidenz von HNO-Tumoren einhergeht, werden erst die Follow up-Daten in den nächsten Jahren zeigen. Die generell bessere Prognose HPVpositiver Tumoren lässt möglicherweise eine Individualisierung der Therapie im Clinical Trials Testing Specific Treatments for HPV-Related HNSCC GERINGERE STRAHLENDOSIS Presented By Stephen Schwartz atBEI 2014 ASCOR0-RESEKTION? Annual Meeting Abb. 2 20 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 13.KopfNZW-Süd in München Medikamentöse Therapie von und Halstumoren Sinne einer Dosisreduzierung und geringerer Toxizität zu. Auf dem ASCO 2014 in Chicago wurden mehrere Phase II/III Studien mit entsprechenden Fragestellungen vorgestellt (Abb. 1– 4). Allen Studien gemeinsam ist die Risikostratifizierung bei Patienten mit HPV-positiven Tumoren. Geklärt werden soll, ob bei Low-Risk-Patienten auf eine adjuvante Therapie verzichtet werden kann, ob die Strahlentherapiedosis reduziert bzw. im Rahmen der systemischen Therapie auf das besonders toxische Cisplatin (oder überhaupt auf eine Chemotherapie) verzichtet werden kann. So könnten häufige unerwünschte Wirkungen der Therapie wie Schluckstörungen, Mund­ trockenheit, Verlust des Geschmacks­sinns, Schilddrüsenschädigung und Bewegungs­ einschränkungen des Halses reduziert oder vermieden werden. In der ECOG 1308 Studie (Abb. 2) erhielten 90 Patienten mit operablen HPV-posi­ ti­ven Platten­epithelkarzinomen zu­nächst eine Induk­t ions-Chemo­t herapie mit Paclitaxel, Cisplatin und Cetuximab. Bei 62 Patienten wurde damit eine komplette Remission erreicht. Diese erhielten im Anschluss eine reduzierte Strahlendosis von 54 Gy, Patienten ohne komplette Remission dagegen die Standarddosis von 70 Gy. Das 2-Jahresüberleben lag unter der reduzierten Dosis bei 93% (progressionsfreies Überleben 80%). Die prognostisch ungünstigere Patientengruppe, die die höhere Strahlendosis erhalten hatte, zeigte erwartungsgemäß schlechtere Überlebensdaten Tab. 1 Unterschiedliche Eigenschaften HPV-positiver und -negativer Tumoren HPV+ HPV- Lokalisierung Tonsillen/Zunge keine Präferenz Histologie Basalzellen verhornend Alter jünger älter Rauchen/Alkohol wenig Einfluss starker Einfluss Inzidenz zunehmend abnehmend Prognose besser schlechter Clinical Trials Testing Specific Treatments for HPV-Related HNSCC KÖNNEN WIR CISPLATIN VERMEIDEN? Presented By Stephen Schwartz at 2014 ASCO Annual Meeting Abb. 3 Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 21 13. NZW-Süd in München Medikamentöse Therapie von Kopf- und Halstumoren Clinical Trials Testing Specific Treatments for HPV-Related HNSCC CHEMOTHERAPIE BEI HPV+? Presented By Stephen Schwartz at 2014 ASCO Annual Meeting (2-Jahresüberleben 87%, progressionsfreies Überleben 65%). Eine reduzierte Strahlendosis ist für Patienten mit HPVpositiven Kopf- und Halstumoren im Rahmen von Studien also möglicherweise bis zum Stadium IVa zu verantworten, sofern diese im Vorfeld auf eine InduktionsChemotherapie gut angesprochen haben. In Zukunft vermehrt immuntherapeutische Konzepte? damit die Aktivität der T-Lymphozyten. Ein solcher monoklonaler PD1-Antikörper ist Pembrolizumab, der aktuell bei metastasierten Melanomen und fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen erprobt wird. Tanguy Seiwert präsentierte beim ASCO 2014 erstmals Daten, die darauf hinweisen, dass dieser Antikörper auch insbesondere bei Kopf- und Halstumoren mit starker T-Zell Infiltration wirksam sein könnte. Umdenken in der Diagnostik Es ist plausibel, dass insbesondere virusbedingte Tumoren eine körpereigene Immun­ antwort, beispielsweise eine T-Zellinfiltration von Tumor und Tumorum­gebung, induzieren. T-Zellaktionen können jedoch über PD-L1, (PD1-Liganden) von Tumorzellen oder Makrophagen unterdrückt werden, PD-L1 stellt also eine „Immunbremse“ dar. Die Blockierung der PD-L1/PD1Interaktion mit spezifischen Antikörpern inhibiert diese Immunbremse und verstärkt Die sich abzeichnenden individualisierten Therapiekonzepte in Abhängigkeit von einer Virusgenese erfordern vor Therapiebeginn eine entsprechende Spezialdiagnostik. Die HPV-Diagnostik ist im Kopf-Hals-Bereich noch nicht routinemäßige etabliert. Die DNA von Epstein-Barr Viren (EBV-DNA) kann im Blutserum bestimmt werden. Die Konzentration von EBV-DNA korreliert bei Lymphoepithelialen HNO-Tumoren 22 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Abb. 4 mit der Tumorzellzahl und könnte somit als Tumormarker sowohl in der Primärdiagnostik als auch in der Verlaufskontrolle unter Therapie zum Einsatz kommen. FAZIT: Virusinduzierte Kopf- und Halstumoren unterscheiden sich bezüglich ihrer Eigenschaften und Prognose deutlich von nicht-virusinduzierten Tumoren. Dies eröffnet die Möglichkeit einer individualisierten systemischen und/oder Strahlentherapie mit reduzierten Toxizitäten. 13. NZW-Süd in München Kann/soll ich zu meiner Tumortherapie Vitamine und/oder Antioxidanzien zu mir nehmen? Kann/soll ich zu meiner Tumortherapie Vitamine und/oder Antioxidanzien zu mir nehmen? Referent: Jürgen Barth, Gießen Tumorpatienten gehen generell davon aus, dass Vitamine und Antioxidanzien „gesund“ seien. Sofern am Nutzen gezweifelt wird, gilt sowohl in Fachkreisen als auch unter Laien verbreitet die Annahme, solche Supplemente könnten jedenfalls nicht schaden. Supplemente mit Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen werden vornehmlich wegen ihrer antioxidativen und „guten“ Wirkung auf das Immunsystem eingenommen. Damit hoffen Patienten den oxidativen Stress, der mit einer Radio- oder Chemotherapie (z.B. Bleomycin, Anthrazykline) einhergeht, in den Normalgeweben reduzieren zu können und sich „zu stärken“. So sollen unerwünschte Therapiewirkungen vermieden werden. Selten wird bedacht, dass damit auch der therapeutisch wirksame, also beabsichtigte oxidative Stress in den Tumorzellen reduziert wird und damit die Therapiewirkung kompromittiert werden kann (Selen ist z.B. Bestandteil intrazellulärer Reparaturenzyme – auch in Tumorzellen!). Unzweifelhaft muss ein nachgewiesenes Vitamindefizit ausgeglichen werden. Begleitend zu einer onkologischen Therapie kommt es aber oft zur Übersupplementierung. Reduzieren Antioxidanzien tatsächlich unerwünschte Wirkungen? Capecitabin und Interaktionen mit Vitaminen/vitaminähnlichen Substanzen • Keine Folate zu Capecitabin – (Multi-)Vitaminpräparate! • Clippe et al. Clin Oncol (R Coll Radiol) 2003;15:299-300 • Achtung! Lebensstil Abb. 1 StiL-Studienzentrale | Justus-Liebig-Universität | Medizinische Klinik IV Jürgen Barth | Apotheker für Klinische Pharmazie -ONKOLOGISCHE PHARMAZIE- Vitamine – antioxidative Vitamine – antioxidative „Risiken“? „Risiken“? • • • • Prospektiv, randomisiert, Placebo kontrolliert, verblindet α-Tocopherol (400 U/d = 120 µg), RDA* = 800 µg Auch wenn die Wirkungsweise von Anti­ β-Carotin = Pro Vit. A (30 mg/d) oxidanzien bisher nur exemplarisch gezeigt *= Recommended Daily Allowance Jürgen Barth | Apotheker für Klinische Pharmazie -ONKOLOGISCHE PHARMAZIEwerden konnte, gibt es doch ca. 50-100 Verbindungen, die aufgrund ihres antioxierforderliche Gewebekonzentrationen und dativen Potenzials geeignet sein könnten, die notwendige funktionelle Vernetzung der Nebenwirkungen zu vermindern oder gar zu Antioxidanzien untereinander nicht bekannt. vermeiden. Dazu gehören Vitamin E und C, Provitamin A (Betacarotin), Carotinoide, Flavonoide und Spurenelemente wie Selen. Risiken der Einnahme von Einige Substanzen reichern sich in bestimmSupplementen ten Geweben an (Carotinoide: Lunge, Haut; Lutein, Zeaxanthin: Auge) und könnten so Getreu des Prinzips „viel hilft viel“ neigen eine organspezifische Schutzwirkung entPatienten zur Überdosierung. Riskant ist falten. In vielen Fällen sind Wirkorte, Abb. 2 StiL-Studienzentrale | Justus-Liebig-Universität | Medizinische Klinik IV z.B. eine hoch dosierte Folatsubstitution unter Capecitabin-Therapie, da diese die Myelosuppression und andere Toxizitäten verstärkt. Hier muss berücksichtigt werden, dass Folsäure auch in Alltagsprodukten bereits in hoher Dosierung vorhanden sein kann (Abb. 1). In den nordamerikanischen Ländern Kanada, USA und in Mexiko werden im Rahmen von Studien generell mehr Grad3/4 Toxizitäten unter Capecitabin Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 23 13. NZW-Süd Kann/soll ich in zuMünchen meiner Tumortherapie Vitamine und/oder Antioxidanzien zu mir nehmen? Ein paar Worte zu Vitamin C beobachtet als in anderen Ländern; dies ist möglicherweise der dort weit verbreiteten Folatanreicherung von Lebensmitteln geschuldet (Folate Fortification Policy (1)). Ein warnendes Beispiel für negative Aus­ wirkungen einer Übersupplementierung ist die CARET-Studie. Hier hatten Raucher in einer prospektiven Untersuchung 30mg Betacarotin und 25 000 IE Retinol (vs. Placebo) täglich erhalten, in der Hoffnung, damit die Inzidenz von Lungenkarzinomen reduzieren zu können. Die Studie musste vorzeitig abgebrochen werden, weil sich in der Interventionsgruppe die Fälle von Lungenkrebs häuften (2). Wie man später herausfand, hatte sich insbesondere Retinol in der Lunge angereichert und wurde dort nicht-enzymatisch zu hoch reaktiven, toxischen und karzinogenen Produkten metabolisiert. Ein Beispiel für falsche pharmakologische Vorstellungen einer Substanz. Ein paar Worte zu Vitamin C • For example, the mechanism by which oxidized dehydroascorbic acid universally enters cells via glucose transporters and accumulates inside the cells in its reduced state (ascorbic acid) has been well described – Vera et al. Nature 1993; 364: 79–82. • Cancer cells have been shown to exhibit upregulation of these facilitative glucose transporters and hence take up more glucose and more vitamin C than their normal neighbors – Vera et al. J Biol Chem 1995; 270: 23706–23712. • This would suggest that the protective effect of vitamin C might be even greater for tumors than for normal cells. • It has been empirically demonstrated that cancer cells can become resistant to oxidative injury by treatment with vitamin C. – Guaiquil et al. J Biol Chem 2001; 276: 40955–40961. Jürgen Barth | Apotheker für Klinische Pharmazie -ONKOLOGISCHE PHARMAZIE- Vitamin D • Abb. 3 Vitamin D StiL-Studienzentrale | Justus-Liebig-Universität | Medizinische Klinik IV Diverse Publikationen zu besserem Outcome wenn Vit. D „gut“ – Kolorektal • Zgaga et al. Plasma Vitamin D Concentration Influences Survival Outcome After a Diagnosis of Colorectal Cancer J Clin Oncol. 2014; 32: 2430-2439 – Mamma • Mohr et al. Meta-analysis of Vitamin D Sufficiency for Improving Survival of Patients with Breast Cancer Anticancer Res. 2014; 34(3):1163-1166 – CLL • Molica et al. Vitamin D insufficiency predicts time to first treatment (TFT) in early chronic lymphocytic leukemia (CLL) Leuk Res (2011), doi:10.1016/j.leukres.2011.10.004 – NHL In einer weiteren Studie wurde versucht, die • Drake et al. Vitamin D Insufficiency and Prognosis in Non-Hodgkin’s Lymphoma J Clin Toxizität der Radiotherapie bei Kopf- und Oncol. 2010; 28: 4191-4198 Halstumoren mit Vitamin E und Betacarotin – NSCLC zu reduzieren (Abb. 2). Tatsächlich traten • Zhou et al. Circulating 25-Hydroxyvitamin D Levels Predict Survival in Early-Stage Non– Small-Cell Lung Cancer Patients. J Clin Oncol 2007; 25: 479-485 weniger unerwünschte Wirkungen (z.B. • Reduktion von Nebenwirkungen à AI Xerostomie, Mukositis) auf – jedoch um • Rastelli et al. Vitamin D and aromatase inhibitor-induced musculoskeletal symptoms den Preis einer um 10% (absolut!) höheren (AIMSS): a phase II, double-blind, placebo-controlled, randomized trial Breast Cancer Res Treat. 2011;129:107-116 Mortalität nach 8 Jahren. Offenbar hatten Abb. 4 die Antioxidanzien die oxidativen Schäden StiL-Studienzentrale | Justus-Liebig-Universität | Medizinische Klinik IV Jürgen Barth | Apotheker für Klinische Pharmazie -ONKOLOGISCHE PHARMAZIE1. Midgley R, Kerr DJ. Capecitabine: have we got the der Radiotherapie in den Tumorzellen konund des Rezidivrisikos zu sein (Abb. 4). Wenn dose right? Nat Clin Pract Oncol 2009;6:17-24. terkariert (3). tatsächlich ein Mangel vorliegt (zunächst entsprechende Diagnostik!) sollte hoch dosiert 2. Omenn GS, Goodman GE, Thornquist MD, et al. Risk factors for lung cancer and for intervention supplementiert werden (50 I.E./kg). Auch für Selen konnte in mehreren Studien effects in CARET, the Beta-Carotene and Retinol bisher weder ein primär- noch ein sekun­ Efficacy Trial. J Natl Cancer Inst 1996;88:1550-9. där­präventiver Nutzen (Lungen-, Prostata­ Nach operativer Entfernung des Magens müs3. Bairati I, Meyer F, Gelinas M, et al. Randomized trikarzinome) nachgewiesen werden; in der sen Patienten mit Vitamin B12 (i.m.) suppleal of antioxidant vitamins to prevent acute adverSekundärprävention ist sogar ein erhöhtes mentiert werden, da der zur Resorption notwense effects of radiation therapy in head and neck Rezidivrisiko nicht auszuschließen. dige Intrinsic Factor nicht mehr vorhanden ist. cancer patients. J Clin Oncol 2005;23:5805-13. Vitamin C trägt möglicherweise dazu bei, Tumorzellen resistent gegen onkologische Therapien zu machen (Abb. 3). Von einer therapiebegleitenden Vitamin C-Supplementierung ist abzuraten. Das gleiche gilt für Thiamin/Vitamin B1 (4, 5). In welchen Fällen sollte supplementiert werden? Viele Patienten sind unzureichend mit Vitamin D versorgt. Dies scheint ein Risikofaktor bezüglich der Tumorentstehung Vor einer Pemetrexed-Therapie müssen Patienten mit Folat + Viamin. B12 „aufgesättigt“ werden (350-1000 µg Calciumfolinat oral, min. (!) 5 x ab Tag –7 vor Pemetrexed; dann weitere 21 Tage + 1000 µg Vitamin B 12 i.m. in der Woche vor Pemetrexed Applikation). Dadurch steigt die therapeutische Breite/ Dosistoleranz um ungefähr den Faktor 10. 4. Cascante M, Centelles JJ, Veech RL, Lee WN, Boros LG. Role of thiamin (vitamin B-1) and transketolase in tumor cell proliferation. Nutr Cancer 2000;36:150-4. 5. Comin-Anduix B, Boren J, Martinez S, et al. The effect of thiamine supplementation on tumour proliferation. A metabolic control analysis study. Eur J Biochem 2001;268:4177-82. FAZIT: Vitamine/Antioxidanzien können die Akuttoxizität von Radio- und Chemotherapie reduzieren. Sie kompromittieren aber möglicherweise die Effektivität der onkologischen Therapie. Nachgewiesene Vitamindefizite sollten ausgeglichen werden, eine Übersupplementierung ist nach derzeitiger Datenlage zu vermeiden. 24 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 13.beim NZW-Süd in München Antiangiogenese- und PARP-Inhibitoren Ovarialkarzinom Antiangiogenese- und PARP-Inhibitoren beim Ovarialkarzinom Referent: Prof. Dr. Werner Meier, Düsseldorf Mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von knapp 40% stellt das Ovarialkarzinom nach wie vor eine prognostisch ungünstige Tumorentität dar. Die Prognose der Patientinnen hängt, abgesehen vom Tumorstadium, entscheidend davon ab, wie umfassend und sorgfältig die primäre Operation durchgeführt wurde. Entscheidend ist eine radikale Ausräumung von Lymphknoten, Metastasen in Nachbarorganen, einer Peritonealkarzinose oder von Metastasen im großen Netz (Abb. 1). Um ausreichenden Überblick im Bauchraum zu gewinnen, ist ein großer Längsschnitt erforderlich (Abb. 2). Netzmetastase Tritt ein Rezidiv auf, hängt die Prognose wesentlich davon ab, wie früh dieses erfolgt. Fast jedes 4. Rezidiv ereignet sich innerhalb der ersten 6 Monate nach OP, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Überlebenschancen (Abb. 3). Abb. 1 Xiphoid Nabel Symphyse Abb. 2 Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 25 13. NZW-Süd in München Antiangiogeneseund PARP-Inhibitoren beim Ovarialkarzinom Progressionsfreies Überleben bei FIGO IIB-IV Individuelle Patienten-Metaanalyse der AGO-Phase III-Studien 22,5% Rezidiv innerhalb 6 Monaten 5,3% Progression während Chemotherapie (refraktär) 100 17,2 % Rezidiv in 0-6 Monaten nach Chemotherapie (resistent) PFS (3,126 pts. / 2,375 events) Progressionsfreies Überleben (3.126 Patientinnen / 2.375 Ereignisse) 90 80 22,7% Rezidiv innerhalb 6-12 Monaten nach Chemotherapie (teilweise sensitiv) 70 5-PFS 22,6% 60 50 59,9% Rezidiv nach >6 Monaten und 37,2% nach >12 Monaten nach Chemotherapie Median PFS 18,2 Monate 40 33,5% Rezid iv innerhalb 12-60 Monaten nach Chemotherapie (sensitiv) 30 20 3,7% Rezidiv 60-120 Monate nach Chemotherapie (2. Primärtumor?) 10 17,7% ohne Rezidiv 0 2 12 24 36 48 Modifiziert nach: Du Bois A et al. | Cancer 2009; 15:1234-44 60 72 Zeit (Monate) 84 96 108 120 132 134,908.011/2014 0 Abb. 3 Neue Optionen in der Systemtherapie 1. Angiogenese-Inhibitoren: Die primäre/ adjuvante Standardchemotherapie mit Carboplatin und Paclitaxel (6 Zyklen, alle 3 Wochen) wird heute in den Stadien IIIB – IV ergänzt durch den Angiogenese-Inhibitor Bevacizumab (ein VEGF-Inhibitor = vascular endothelial growth factor inhibitor). Damit kann eine Verlängerung zumindest der progressionsfreien Zeit, bei Hochrisikogruppen auch eine Verlängerung des Gesamtüberlebens erreicht werden. In der Phase III Zulassungsstudie (Perren T et al. Ann Oncol 2010; 21 (Suppl. 8):viii2 (Abstr. LBA4) wurde Bevacizumab in der Interventionsgruppe für 12 Monate verabreicht. Möglicherweise wäre eine längere Therapiedauer besser, denn der Vergleich der progressionsfreien Zeit in Interventions- und Kontrollarm zeigt, dass der Vorteil nach 12 Monaten, also nach Abschluss der Bevacizumab-Behandlung, wieder verloren geht (Abb. 4); dieser Frage wird zurzeit in einer Anschlussstudie (AGO-17) nachgegangen. Eine retrospektive Subgruppenanalyse (Abb. 5) Bevacizumab plus Carboplatin / Paclitaxel Phase-III-Zulassungsstudie ICON7 / AGO-OVAR11 – PFS +2,4 Monate Avastin® in Kombination mit Carboplatin / Paclitaxel und anschließende Monotherapie über insgesamt 12 Monate verlängert signifikant das progressionsfreie Überleben.1,3 Der PFS-Vorteil war nach 12 Monaten am größten. Zu diesem Zeitpunkt wurde protokollgemäß die Avastin®-Gabe beendet.2 1. Kristensen et al. J Clin Oncol 2011; 29(18S): 781s (Abstract LBA5006). 2. Perren T et al. Ann Oncol 2010; 21 (Suppl 8):viii2 (Abstract LBA4). Abb. 43. Aktuelle Fachinformation Avastin 26 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 ® 13.beim NZW-Süd in München Antiangiogenese- und PARP-Inhibitoren Ovarialkarzinom Beim rezidivierenden Platin-sensiblen Ovarialkarzinom führt Carboplatin/ Gemcitabin + Bevacizumab, gefolgt von Bevacizumab-Monotherapie bis zum Progress, zu einem klinisch bedeutsamen Benefit im Vergleich zur Chemotherapie allein (signifikante PFS-Verlängerung um 4 Monate; Aghajanian C et al. J Clin Oncol 2012;30(17):2039–45). Dieses Therapieregime sollte daher als neue Standardtherapie beim rezidivierenden Platin-sensiblen Ovarialkarzinom berücksichtigt werden. 2. PARP-Inhibitoren: Poly-ADP-RibosePolymerase (PARP)-Inhibitoren hemmen die Reparatur von DNA-Einzelstrang­ brüchen, die in Tumorzellen häufig auftreten. Dies führt zum Bruch des DNA-Doppel­stranges und so zum Zell­untergang. Vertreter der Substanz­ klasse sind Olaparib und Niraparib. In einer Phase II Studie wurde Ola­ parib als Erhaltungs­therapie nach der Chemotherapie rezidivierter Ovarial­ karzinome eingesetzt (Drittlinie nach mindestens zwei platinhaltigen Regimen; Jonathan Ledermann et al.). Damit konnte die progressionsfreie Zeit signifikant verlängert werden (Abb. 6). Zurzeit laufen prospektiv randomisierte Studien mit Olaparib und Niraparib beim Rezidiv (in Kombination mit Standard-Chemotherapie), auch eine Studie mit Bevacizumab und Olaparib in der Primärtherapie soll Anfang 2015 anlaufen. FAZIT: Die Hinzunahme von Biologicals hat zu einer Verbesserung der Therapie beim Ovarialkarzinom geführt. Bevacizumab bewirkt sowohl in der Primär- als auch in der Rezidivtherapie eine signifikante Verlängerung der progressionsfreien Zeit. Für PARP-Inhibitoren konnte bisher in Phase II-Studien die Wirksamkeit beim platinsensiblen Rezidiv nachgewiesen werden. Phase III-Studien mit PARP-Inhibitoren für die Primär- und Rezidivtherapie sind bereits gestartet oder in Vorbereitung. Bevacizumab plus Carboplatin / Paclitaxel Phase-III-Zulassungsstudie ICON7 / AGO-OVAR11 – OS Retrospektive Subgruppenanalyse zum OS bei Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko (FIGO III Tumorrest > 1 cm und FIGO IV) +7,8 Monate et al. J Clin Oncol 2011; 29(18S): 781s (Abstract LBA5006). Abb. Kristensen 5 Progression-free survival Placebo Olaparib No. of events: Total patients (%) 60:136 (44.1) 93:129 (72.1) Median PFS (months) 4.8 8.4 1.0 0.9 Proportion of patients progression free zeigte, dass Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko besonders von der zusätzlichen Gabe von Bevacizumab profitieren. 0.8 Hazard ratio 0.35 (95% CI, 0.25–0.49) P<0.00001 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 Randomized treatment Placebo Olaparib 400 mg bid 0.2 0.1 0 0 3 At risk (n) Olaparib 136 Placebo 129 6 9 12 15 18 Time from randomization (months) 104 51 23 6 0 0 72 23 7 1 0 0 Abb. 5 Angiogenese-Hemmung Die Hemmung der Angioneogenese ist als neuer integraler Bestandteil der Therapie des Ovarialkarzinoms anzusehen. Die frühe und kontinuierliche Therapie mit Carboplatin / Paclitaxel plus Bevacizumab gefolgt von Bevacizumab Mono über 15 Monate verlängert signifikant das progressionsfreie Überleben beim Ovarialkarzinom. Bevacizumab ist die erste zielgerichtete und antiangiogene Therapie, die einen PFS-Vorteil in der Primärbehandlung des Ovarialkarzinoms zeigt. Hinsichtlich der Dauer einer Erhaltungstherapie besteht weiterhin Forschungsbedarf. Andere Wirkmechanismen wie die selektive Beeinflussung von Angiopoeitin 1 und 2 sowie des transmembranen Tie2 Rezeptors zeigen vielversprechende Ansätze. Die Ergebnisse laufender Studien mit Trebananib bleiben abzuwarten. Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 27 13. NZW-Süd in München Prostatakarzinom: Update 2014 Prostatakarzinom: Update 2014 Referent: Prof. Dr. Thomas Otto, Neuss Langzeitprognose In den letzten Jahren hat es zahlreiche Verbesserungen in der Therapie des Prostatakarzinoms gegeben, die sich deutlich im Langzeitüberleben niederschlagen. So zeigte sich in der EUROCARE Studie (De Angelis et al. Lancet Oncology 15(1) 23-34,2014), dass nur 73,4% der Patienten, deren Karzinom zwischen 1999 und 2001 diagnostiziert worden war, länger als 5 Jahre lebten. Bei Diagnosestellung zwischen 2005 und 2007 hatte sich dieser Anteil auf 81,7% erhöht. Tab. 1 Verlauf unter Active Surveillance Patientenzahl Studie Kein Follow up 2494 19% Progredient 3659 29% Bokhorst et al. 2014 5357 38% Loeb et al. 2014 Prostatakarzinom mCRPC Radium-223Cl Reicht aktive Überwachung bei low risk-Tumoren? Mehrere große Studien beschäftigten sich mit dem Verlauf bei Patienten mit low riskTumoren, die primär nicht behandelt, sondern nur engmaschig kontrolliert wurden (Tab.1). Diese so genannte „Active Surveillance“ zeigt ungelöste Probleme: Jeder 5. Patient erscheint nicht zu den Kontrollen, ungefähr jeder 3. Patient entwickelt einen progredienten Tumor. Einiges Aufsehen erregte eine Studie (Wilt et al. 2012 NEJM 367(3):203-213), die bei frühen Prostatakarzinomen hinsichtlich der Mortalität keinen Unterschied zwischen Active Surveillance und operativer Therapie fand. Diese Ergebnisse sind wohl wenig valide, da es im Operationsarm keinen verbindlichen und hochwertigen Operationsstandard gab. Neues zur Systemtherapie fortgeschrittener Tumoren 1. Behandlungsstandard bei metastasier­ tem Lei­den ist zunächst die Andro­ gen­deprivation, bei Resistenz­entwick­ lung folgen weitere Therapien nach einem Stufen­schema (Kasten Seite 29). Bul et al. 2013 n Placebo 307 Rad-223Cl 614 OS (Monate) 11.2 p=0.00185 14.0 Time to SRE (Monate) 8.4 p=0.00046 13.6 Nilsson, ASCO GU 2014 Randomisierte Phase II Studie n=265 Docetaxel+/- Strontium89 med. OS 27.9 vs 26.5 Monate, p=0.62,ns, Wang et al.2014 PSMA PET/CT Hellwig et al. 2014 Abb. 1 Christopher Swee­ney zeigte beim ASCO 2014 Daten von hormon­sensitiven Patienten, die sehr früh, zusätzlich zur Androgendeprivation, mit Docetaxel behandelt wurden. Unter Hormon­ entzug alleine betrug das mediane Überleben 44 Monate, bei gleichzeitiger Gabe von Docetaxel 57,6 Monate. Besonders Patienten mit hoher Tumor­ last profitierten bei insgesamt schlechterer Gesamtprognose von der frühen Docetaxelbehandlung (medianes Überleben 49,2 vs. 32,2 Monate). 28 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 2. Beim ASCO 2014 wurden Daten vorgelegt, die für die Therapie mit dem Alpha-­S trah­ler Radium-223-Chlorid (Rd-223Cl) erstmals einen Überlebens­ vorteil beim kastrationsresistenten metastasierten Prostatakarzinom zeigten, nicht nur eine Symptomlinderung bei Knochenmetastasen (Abb. 1). Diese Daten lassen sich offenbar nicht auf andere Strahler (Strontium) übertragen. 13. NZW-SüdUpdate in München Prostatakarzinom: 2014 3. Beim kastrationsresistenten fortgeschritte­ nen Pros­ta­ta­­karzinom verlängert Abira­­ terone das mediane Überleben um 5 Monate (Abiraterone: 35,3 Monate, Placebo: 30,1 Monate; p=0,015; Rathkopf et al. 2013, Ryan et al.2013). 4. Neben Abiraterone steht seit neuestem auch Enzalutamid in der First LineTherapie kastrationsresistenter Karzinome zur Verfügung. Die Substanz interagiert mit den Hormonrezeptoren. Im Vergleich zu Placebo zeigte sich in der PREVAILStudie ein sehr großer Vorteil für das radiologisch ermittelte progressionsfreie Überleben (rPFS; Abb. 2). In der Second Line ist bei Abiraterone-resistenten Karzinomen mit Enzalutamid im Schnitt noch eine 8-monatige Lebensverlängerung zu erzielen (Brasso, Eur Urol, in press. 2014). 5. Zwei Studien, die die neue Substanz Orteronel/TAK-700 beim kastrationsresistenten metastasierten Prostatakarzinom testeten, fanden weder für die First noch für die Second Line einen Überlebens­ vorteil gegenüber Placebo (De Wit et al.2014; Dreicer et al.2014). Auch Ipilimumab enttäuschte als Second Line Therapie (Kwon Lancet Oncol, 2014). Neue Therapiesequenz für das primär metastasierte Prostatakarzinom Basierend auf den neuen Studiendaten empfiehlt sich jetzt die Docetaxel Behandlung als 4. Stufe im Rahmen der Sequenztherapie des Prostatakarzinom mCRPC first line Enzalutamide vs. Placebo PREVAIL-Studie n ENZ med. OS 842 Placebo 845 32.4 p<0.0001 30.2 rPFS 13.8 p<0,0001 3.7 Armstrong et al. 2014 Enzalutamide ist auch für alle Nebenzielkriterien signifikant (p<0.0001) überlegen •FACT-P •time to SRE •time to PSA PROG •best objective response •time to CTX Abb. 2 Metastasiertes Prostatakarzinom, hormonsensitiv 1. Stufe: sofort LHRH 2. Stufe: Intermittierende Androgendeprivation (IAD) 3. Stufe: LHRH+Antiandrogen 4. Stufe: LHRH+Docetaxel Metastasiertes Prostatakarzinom, kastrationsresistent 5. Stufe:LHRH+Abiraterone, alternativ Enzalutamid 6. Stufe:LHRH+Enzalutamid, alternativ Abiraterone 7. Stufe:LHRH+Cabazitaxel 8. Stufe:LHRH+Best Supportive Care noch hormonsensitiven Prostatakarzinoms. Damit entfällt die Unterscheidung von First und Second Line für das kastrationsresistente Karzinom (siehe Kasten). Stufenunabhängig wird bei hormonsensitiven Karzinomen bei Knochenmetastasen Zoledronsäure, alternativ Denosumab, zugegeben. Bei kastrationsresistenten Karzinomen werden Knochenmetastasen mit LHRH+Rd-223Cl oder LHRH+Samarium behandelt. 14. NZW-Süd in München vom 5. bis 6. September 2015 Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 29 Tiere als Krebspatienten INTERVIEW Tiere als Krebspatienten Interview mit dem Veterinär Dr. Ulf Krohn, Hamburg Von Sigrid Rosen-Marks, Hamburg W er mit seinem geliebten Vierbeiner zum Tierarzt geht, dem geht es ähnlich wie bei den Begegnungen mit Vertretern der Human-Medizin: Man sollte sich seinen Tierarzt genau anschauen! Eine Herzerkrankung unseres Pudels Felix hat mich vor einigen Jahren zu Dr. Krohn geführt, der auf Herzultraschall-Untersuchungen spezialisiert ist. Seine Untersuchung war so ausführlich und mit erklärenden Kommentaren versehen, dass ich mir ernsthaft überlege, meine nächste eigene Herzuntersuchung hier durchführen zu lassen. Aber natürlich gehören auch Krebserkrankungen von Tieren in einer Tierarztpraxis zum Alltag. Was wäre, wenn das Familienmitglied Tier an Krebs erkrankt? Denn als Familienmitglied betrachtet die überwiegende Anzahl der Besitzer ihr Tier. Und die Fürsorgepflicht für dieses Mitglied beinhaltet selbstverständlich eine gute medizinische Versorgung - auch wenn an diesem Punkt die Ansichten sicher weit auseinander gehen. Sigrid Rosen-Marks: Herr Dr. Krohn, welche Tierarten bekommen besonders häufig Krebs? Dr. Krohn: Bei Hunden und Katzen kommen Krebsdiagnosen eher vor als bei Heimtieren, wie Kaninchen oder Meerschweinchen. Krebserkrankungen sind bei Hunden und Katzen etwa gleich häufig. Gibt es Krebsarten, die bei Tieren häufiger vorkommen? Tatsächlich belegen Studien, dass z.B. Lungenkrebs bei Hunden in Städten häufiger vorkommt. Das liegt wohl daran, dass Hunde sich auf Auspuffhöhe bewegen. Außerdem finden wir sehr häufig diverse Haut- und Milztumore. Wie oft haben Sie bei einem Tier den Verdacht auf eine Krebserkrankung und welche diagnostischen Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung? Bei etwa 10% der Patienten entdecken wir eine Krebserkrankung, die wir dann durch bildgebende Verfahren wie Röntgen, Ultraschall und ggfs. CT oder MRT untermauern. Dann können wir mit weiteren diagnostischen Maßnahmen, wie einer Biopsie, einer Punktion der Zellen oder der Tumorentnahme den Befund pathologisch absichern. Das hängt allerdings auch von der Entscheidung des Besitzers ab. Tumormarker stehen uns dabei nicht zur Verfügung. Sie sind in der Veterinärmedizin leider – wenn sie denn überhaupt zur Verfügung stehen – sehr unsicher. 30 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Wie geht es nach der Diagnose weiter? An erster Stelle steht eine intensive Beratung und Aufklärung der Tierbesitzer. Das ist für mich das A und O. Was möchte der Tierbesitzer? Was möchte er seinem Tier zumuten? Ist er bereit, den Weg einer Chemotherapie oder je nach Lage einer Strahlentherapie zu gehen? Wir schicken die Tiere dann in Fachkliniken, d.h. wir überweisen an spezialisierte Kollegen. Aber die enorm wichtige erste Aufklärung ist die Aufgabe eines jeden Tierarztes. Ich denke nicht, dass es eine Verantwortung ist, die man einfach so abschieben kann. Ich gehe dabei so weit wie möglich ins Detail: Was sind die Wege? Welche Verantwortung kommt auf uns zu? Welche Prognose kann gestellt werden? Ist eine Heilung möglich oder kommt eine palliative Behandlung in Frage? Wie weit gehen Tierbesitzer normalerweise bei der Therapie? Der zeitliche und finanzielle Aufwand für die Besitzer kann enorm hoch sein. Es gibt Besitzer, die sich gegen eine spezifische Behandlung entscheiden. Dann ist es meine Aufgabe, den Patienten so gut und schmerzfrei wie möglich zu betreuen, damit er einen erträglichen Lebensabend hat. Hier kommen Schmerzmittel und Tiere als Krebspatienten Nahrungsergänzungsmittel, Futtermittel mit erhöhtem Eiweißgehalt und Antioxidanzien in Frage, da besonders wachsende Tumore einen Eiweißverlust hervorrufen können. Ungefähr die Hälfte der Besitzer entscheidet sich für eine Chemotherapie. Ich empfehle dann, dass der Besitzer das Tier während der Therapie begleitet. Das Tier ist dann entspannter und ruhiger. Aber das ist wirklich meine persönliche Einstellung. Es gibt auch Kliniken, die das Tier morgens entgegennehmen und wo man es zum verabredeten Zeitpunkt wieder abholt. Gibt es ähnlich wie in der Humanmedizin vorgeschriebene Standards für die Therapien? Es gibt auch in der Veterinärmedizin Chemotherapie-Standards und Chemo­ therapie­p rotokolle für die einzelnen Tumorarten. Allerdings gibt es Tumorarten, wie den Krebs der Brustleiste der Hündin, für die es keine oder keine überzeugende Chemotherapie gibt. Dann käme je nach Krebsart unter Umständen eine Strahlentherapie in Frage. Die Vorbereitung für diese Therapien entspricht der Vorgehensweise in der Humanmedizin. Je nach Medikament/ Präparat muss vorher eine Herzuntersuchung erfolgen, die Blutwerte müssen kontrolliert werden; Leber und Niere müssen untersucht werden. Die Mittel werden dann intravenös oder oral verabreicht, wobei bei letztgenannter Therapie Sicherheitsmaßnahmen, wie das Tragen von Handschuhen, vom Besitzer eingehalten werden müssen. Teils muss auch der Urin gesondert entsorgt werden. Woher beziehen die Kliniken die Zytos­ta­tika? Ein Teil der Mittel kommt aus der Humanmedizin. Ein Teil aber auch aus der spezialisierten Tiermedizin. Wo uns Zytostatika aus der Tiermedizin zur Verfügung stehen, greifen wir natürlich darauf zurück. Sind Tiere geduldige Patienten? Zu 99,9 % sind Tiere geduldige Patienten. Aber auch bei uns gibt es Ausnahmen (hier müssen wir herzlich lachen, denn Dr. Krohn kennt meinen Hund gut!). Tiere lassen eine Chemotherapie normalerweise problemlos ohne Beruhigungsmittel über sich ergehen. Lediglich bei der Strahlentherapie muss eine Narkose gegeben werden. Spielt ähnlich wie beim Menschen die Psyche der Tiere eine Rolle? Nein, das glaube ich nicht. Entscheidender ist die Belastbarkeit des Tieres. Kommt ein Tier aufgrund seiner persönlichen Voraussetzungen für die onkologische Behandlung in Frage, d.h. kann das Tier es vertragen, wöchentlich in die Praxis zu kommen oder ein- oder zweimal wöchentlich an die Infusion gelegt zu werden. Sind die Besitzer in der Regel bereit, die Kosten zu übernehmen? Die Besitzer sind zunächst auf jeden Fall an der Diagnosestellung interessiert. Die Kosten einer Strahlen- oder Chemotherapie übernehmen bei einer guten Prognose ca. 70% der Patientenbesitzer. Schon bei der Diagnostik kommen allerdings hohe Kosten auf den Besitzer zu. Alleine eine CT-Untersuchung kostet je nach Tier 750 bis 1000 Euro. Für die anschließende Chemotherapie kommen geschätzte 1000 bis 2000 Euro dazu. Manche Kliniken erlauben die Abzahlung der Summe oder arbeiten mit Finanzierungsinstituten zusammen. Müssen sich die Besitzer mit in die Behandlung einbringen? 50% der Therapie ist vom Besitzer abhängig. Bringt er die Zeit für die Behandlung mit? Hat er das Durchstehvermögen? Kann er ertragen, dass es dem Tier vielleicht zunächst schlechter geht? Und auch damit leben, dass die Prognose vielleicht nicht so gut ist und die Bemühungen nicht zum gewünschten Erfolg führen. Was können Sie generell über die onkologische Behandlung Ihrer Patienten sagen? Die Onkologie hat in der heutigen Tier­ medizin einen festen Stellenwert. Sie wird sicher im Vergleich zur Humanmedizin in einer abgeschwächten Form angewandt. Der Patientenbesitzer muss schließlich auch mit den Nebenwirkungen umgehen können. Wir haben auch Patienten, die wir als geheilt entlassen. Wenn wir beispielsweise einen jungen, zweijährigen Hund mit einem Osteosarkom durch eine Amputation und eine Strahlenbehandlung retten können, und sich dann keine Metastasen bilden, dann kann der Patientenbesitzer mit einer ganz normalen Lebenserwartung seines Tieres rechnen. Ein dreibeiniger Hund kommt gut mit seiner Situation klar. Und dann hat sich aus meiner Sicht der Aufwand auf jeden Fall gelohnt. Auf der anderen Seite, wenn ich bei einem 13jährigen Hund ein Osteosarkom feststelle, der Hund vielleicht vergrößerte Lymphknoten oder Begleiterscheinungen von Tumorerkrankungen, z.B. ein Thymom, das bei bildgebenden Verfahren diagnostiziert wurde, hat, dann rate ich von einer aggressiven Therapie ab und schlage eine palliative Behandlung vor, um dem Tier einen guten Lebensabend zu ermöglichen. Zeichnung: RoMa Da liegt wohl der grundlegende Unterschied zur Humanmedizin. Hier würde wohl mit allen Mitteln versucht – wenn sich der Patient nicht dagegen entscheidet – die Lebensdauer doch so lange wie möglich zu erhalten. In der Veterinärmedizin ist die Abwägung zwischen Lebensdauer und Lebensqualität der entscheidende Faktor. Für mich ist immer zuerst die Lebensqualität entscheidend. Wir können heute gut palliativ begleiten. Manchmal muss man dann dem PatientenBesitzer die Augen öffnen. Abschied nehmen bedeutet loslassen, aber auch das Übernehmen von Verantwortung für ein Wesen, das vielleicht zehn oder dreizehn Jahre mit mir zusammengelebt hat. In der Tiermedizin haben wir eben die Möglichkeit, das Leiden an einer bestimmten Stelle zu beenden. Auch diese Form der Beratung gehört zu unseren Aufgaben. Wir müssen sehr sensibel für die Zeichen der Patienten sein. Halter und Tierarzt müssen gut zusammenarbeiten. Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 31 DGHO Jahrestagung 2014 KO N G R E S S B E R I C H T DGHO Jahrestagung 2014 Von Petra Jungmayr, Esslingen B ei der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie, die vom 10. bis 14. Oktober 2014 in Hamburg stattfand und von rund 6.000 Teilnehmern besucht wurde, standen die Immuntherapie und die Behandlung maligner Lymphome im Vordergrund. Weitere Highlights waren Vorträge zu neuroendokrinen Tumoren, zur Thrombose und Tumorprogression, zum Signalweg des B-Zellrezeptors sowie zur Bedeutung des Mikroenviroments und der Angiogenese. Traditionsgemäß wurde der Kongress mit einem Rückblick eröffnet, in dem ein Onkologe, ein Hämatologe und ein Experte der translationalen Forschung über wichtige Neuerungen in diesem Jahr berichteten. Aus der Sicht des Onkologen fällt eine retrospektive Analyse auf, in der untersucht wurde, ob beim adjuvanten Mammakarzinom der Zeitabstand zwischen Operation und Beginn einer Chemotherapie eine Rolle spielt. Wie Prof. Martin Schuler, Essen, erläuterte, ist dem so. Vor allem bei Patientinnen, die von einer Chemotherapie profitieren (bei Vorliegen triple-negativer und HER2-positiver Tumore), sollte diese innerhalb von zwei Monaten nach dem chirurgischen Eingriff erfolgen. Ein weiterer Beitrag zum Mammakarzinom befasste sich mit Trastuzumab Emtansin, das auch noch nach intensiven Vortherapien wirksam ist. Beim Prostatakarzinom hat sich gezeigt, dass jüngere Patienten von einer Operation profitieren, ältere weniger. Beim Magen- und Ösophaguskarzinom hat sich die Zweitlinientherapie mit Taxanen und Ramucirumab etabliert und ist mit einem Überlebensvorteil verbunden. Bei kolorektalen Karzinomen mit RAS-Wildtyp zeichnet sich ein Trend zur kontinuierlichen Erhaltungstherapie mit Cetuximab ab. Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom ist eine dynamische Entwicklung der Biomarkerstratifizierten Therapie zu beobachten. Neue Erkenntnisse in der Hämatologie betreffen unter anderem den Eisen­ stoff­wechsel, das multiple Myelom, die chro­nisch lympha­tische Leukä­mie (CLL) sowie myeloproliferative Neoplasien. Wie Prof. Tim Brümmendorf, Aachen, erläuterte, haben sich insbesondere bei der Therapie der CLL eindrucksvolle Veränderungen ergeben. So konnte etwa die ausgeprägte 32 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Überlegenheit des Bruton-TyrosinkinaseInhibitors Ibrutinib im Vergleich mit dem CD20-Antikörper Ofatumumab gezeigt werden. Beim multiplen Myelom des älteren Patienten wird aktuell die Erhaltungstherapie mit Lenalidomid diskutiert. Die translationale Forschung beschäftigt sich derzeit unter anderem mit neuen „Hallmarks of Cancer“, die bei Leukämien und Lymphomen eine Rolle spielen können. Bis die molekularbiologisch gesammelten Erkenntnisse allerdings in die Praxis umgesetzt werden können, wird viel Zeit und Geduld benötigt, so Prof. Andreas Neubauer, Marburg, Hoffnungsträger Immunonkologie Mit der Zulassung von Ipili­ mu­mab im Juli 2011 fand die Immuntherapie Einzug in den klinisch-onkologischen Alltag. Langezeit im Schatten anderer Entwicklungen wird die Immuntherapie heute als Behandlungs­möglichkeit mit erfolgsversprechendem, DGHO Jahrestagung 2014 DGHO Jahrestagung Die Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie ist der größte Fachkongress für Hämatologie und medizinische Onkologie im deutschsprachigen Raum. Der diesjährige Kongress, der von rund 6.000 Teilnehmern besucht wurde, umfasste etwa 200 Veranstaltungen, wissenschaftliche Symposien, Fortbildungsvorträge, Expertenworkshops sowie Posterpräsentationen und wurde flankiert von einer Industrieausstellung, einer Pflegefachtagung sowie einem Patienten- und einem Studententag. aber auch schwer einschätzbarem Potential betrachtet. Der immunologische Therapie­ ansatz hat ebenfalls Eingang in die „Hallmarks of Cancer“ gefunden. Diese beschreiben bekannte Überlebensstrategien von Tumoren und die entsprechenden therapeutischen Möglichkeiten, diesen gegenzusteuern. Wie Prof. Dr. Andreas Mackensen, Erlangen, erläuterte, verfolgt eine immunologische Strategie, die blockierenden körpereigenen regulatorischen Mechanismen aufzuheben. Durch die Hemmung wichtiger interner Kontrollpunkte (Checkpoints) soll das körpereigene Immunsystem wieder in die Lage versetzt werden, Tumorzellen zu vernichten. Medikamentös kann dies durch Antikörper gegen das zytotoxische T-Lymphozyten assoziierte Antigen (CTLA-4) oder mit Hilfe von PD-1-Antikörpern (Antikörper gegen Programmed Death-1-Rezeptor und seines Liganden PD-L1) erfolgen. Diese Antikörper richten sich also gegen körpereigene Immunzellen, und nicht wie die klassischen Antikörper gegen Tumorzellen. Antikörper gegen CTLA-4 unterdrücken in der frühen Phase der T-Zellaktivierung im Lymphknoten die Immuntoleranz und lösen so antitumorale Effekte aus. Ein Vertreter ist das bereits zugelassene Ipilimumab, das beim metastasierten Melanom eingesetzt wird. Bei 20 – 30% der mit Ipilimumab behandelten Patienten konnten lang anhaltende Therapieerfolge erzielt werden – ein bei der üblicherweise sehr schlechten Prognose eines weit fortgeschrittenen Melanoms beachtenswertes Ergebnis. PD-1-Antikörper wirken in der Effektor­ phase des Immunsystems im peripheren Gewebe und damit an der Kontaktstelle zwischen Tumorzelle und T-Zelle. Nivolumab, ein erster Vertreter dieser Wirkstoffgruppe, wurde bereits in Japan zur Therapie des fortgeschrittenen Melanoms zugelassen und scheint noch höhere Ansprechraten als Ipilimumab zu erzielen. Mit dem in den USA bereits zugelassenen Pembrolizumab steht ein weiterer PD-1-Antikörper zur Melanomtherapie zur Verfügung. Unklar ist derzeit noch, wie die CheckpointBlockade optimiert werden kann. Denkbar sind Kombinationen unterschiedlicher Wirkstoffe oder sequenzielle Therapien. Ein besonderes Augenmerk ist auf neue, immunologisch basierte Nebenwirkungen und Autoimmunphänomene zu richten. In Studien wird der Einsatz von Check­ point-Inhibi­toren bei weiteren Tumor­ entitäten wie etwa dem nicht-kleinzelligen Immuntherapeutische Ansätze zur Behandlung maligner Erkrankungen Unspezifische Immuntherapie mit Zytokinen (Interferontherapie) Allogene Stammzelltransplantation Checkpoint-Blockade CTLA-4-Antikörper (Ipilimumab) PD-1-Antikörper (in klinischen Studien Nivolumab, Pembrolizumab, Pidilizumab) PD-L1-Antikörper (in klinischen Studien) Tumor-Impfung (aktive Immunisierung gegen Tumoren) Bite-Antikörper (bispezifische Antikörper, die sowohl an Immunzellen als auch an Tumorzellen binden und beide miteinander verknüpfen; in klinischen Studien bei ALL, Lymphomen) Transfer von T-Zellen (Entnahme körpereigener T-Zellen, dann Modifikation mit einem chimären Antigenrezeptor und anschließender Reinfusion; die gentechnisch veränderte T-Zelle soll dann in der Lage sein, Tumorzellen zu vernichten) Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 33 DGHO Jahrestagung 2014 Lun­gen­karzi­nom sowie bei Nieren- und Blasen­krebs untersucht. Verbesserte Lymphomtherapie Ein weiterer wissenschaftlicher Schwer­ punkt lag auf der Behandlung maligner Lymphome. Einblicke in die Molekular­ genetik der Erkrankungen führten zu neuen Therapiekonzepten und besseren Behandlungsergebnissen. Dies gilt für nahezu alle Lymphomarten, insbesondere für NonHodgkin-Lymphome mit ihren zahlreichen Subtypen der B- und T-Zell-Lymphome. So konnte beim diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom durch die Kombination aus Chemotherapie und Rituximab die Prognose der Betroffenen deutlich verbessert werden. Die Therapie der selteneren T-ZellLymphome richtet sich nach dem zugrundeliegenden Genexpressionsmuster und sollte im Rahmen von Studien erfolgen. Forderung nach anderen Studienregularien Zu den gesellschaftlichen Problemen, die bei der diesjährigen Jahrestagung angesprochen wurden, zählen unter anderem Versorgungsaspekte im Hinblick auf die 34 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Bevöl­kerungs­entwicklung sowie die Forderung nach einer anderen Studien­land­schaft. Wie Prof. Norbert Schmitz, Hamburg, hervorhob, sind die derzeitigen Regularien für die Durchführung von Studien mit derart hohen Kosten verbunden, dass ihre Finanzierung fast ausschließlich von der Industrie erfolgt. Die öffentliche Förderung von Studien ist gering, so dass Fragen von klinischer Relevanz, die nicht mit der Neueinführung von Medikamenten verbunden sind, ungeklärt bleiben. Solange die Rahmenbedingungen für die Durchführung klinischer Studien nicht geändert werden, besteht die Gefahr, dass der Einfluss der Industrie in der Studienlandschaft zu groß wird. PTA-Weiterqualifizierung Mündliche Gruppen-Prüfung im Rahmen der PTA-Weiterqualifizierung: „PTA Onkologie (DGOP)“ Folgende PTAs haben diese Prüfung bestanden: am 12. September 2014 am 28. September 2014 Bennecke, Sarah/Köln Bieg, Renate/Gröbenzell Giebelhausen, Steffi/Sangerhausen Hundt, Anett/Sangerhausen Roth, Sabrina/Gröbenzell Schnoper, Andrea/Düsseldorf Schröde, Judith/Lutherstadt Wittenberg Wittmann, Galina/Balingen Herausgeber: Klaus Meier, Soltau Verlag: onkopress, Theo-Mülders-Straße 92, 47918 Tönisvorst, www.onkopress.de ISSN-Nr.: 1437-8825 Chefredakteurin: Dr. Karla Domagk, Cottbus Fotos: Seite 51 oben: www.istockphoto.com/Knape, Seiten 36, 52 oben: www.istockphoto.com/Sasa Redaktion: Prof. Dr. Jens Büntzel, Nordhausen; Dr. Gabriele Gentschew, Frankfurt/M.; Anja Holsing, Köln; Dr. Brigitte Hübner, Inter, Gundela/Wittenberge Kaiser, Birgit/Siegen Krebs, Mathias/Bremen Mantsch, Christine/Coburg Platz, Debora/Chur Schaffer, Claudia/Leipzig Schindele, Carmen/Gröbenzell Wilming, Eva-Maria/Rheine Zobel, Anja/Mannheim Quedlinburg; Dr. Petra Jungmayr, Stuttgart; Henrik Justus, Uslar; Michael Marxen, Wesseling; Dr. Jochem Potenberg, Berlin; Dr. Susanne Rau, Hannover; Thomas Schubert, Mönchen­ gladbach; Wioletta Sekular, Oldenburg; Dr. Gisela Sproßmann-Günther, Berlin; Dr. Robert Terkola, Wien; Dr. Sabine Thor-Wiedemann, Ravensburg; Andrea van Treeck, Mistelbach; Simone WidmerHungerbühler, Winterthur. Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. U. Jaehde, Pharmazeutisches Institut, Abt. Klinische Pharmazie, Universität Bonn; Prof. Dr. Günter Wiedemann, Klinik für Innere Medizin, Hämatologie, Onkologie und Gastroenterologie, Oberschwabenklinik Ravensburg; Univ. Prof. DI Dr. Robert Mader, Universitäts­klinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien; Sigrid RosenMarks, Hamburg; Carola Freidank, Hannover. Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung, der photomechanischen Wiedergabe und Speicherung in Datenverarbeitungs­anlagen sind vorbehalten und bedürfen der schriftlichen Genehmi­gung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen wird nicht gehaftet. Der Leser darf darauf vertrauen, dass Autoren und Redak­tion größte Mühe und Sorgfalt bei der Erstellung der Zeitung verwandt haben. Für etwaige inhaltliche Unrichtigkeit von Artikeln übernehmen Herausgeber, Verlag und Chefredakteur keinerlei Verantwortung und Haftung. Ein Markenzeichen kann warenzeichenrechtlich geschützt sein, auch wenn ein Hinweis auf etwa bestehende Schutzrechte fehlt. Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 35 Buchbesprechung Buchbesprechung Rezension von Carola Freidank, Hannover Doch nicht unser Kind – Unterstützung für Eltern krebskranker Kinder Von M. Hoffmann, E. Freudenberg, G. Michauxx, S. Gottschling Schattauer Verlag, 1. Auflage 2013, Softcover, 162 Seiten ISBN: 978-3-7945-2891-2 (Print); 978-3-7945-6725-6 (eBook PDF) 24,99 Euro Das vorliegende Buch ist eine Neuerscheinung und stellt eine Unterstützung für Eltern und Bekannte von Kindern mit einer Krebserkrankung dar. Die Autoren dieses Buches, drei Psycholog(inn)en und ein Mediziner, befassen sich mit möglichen Strategien, eine Krebserkrankung bei Kindern und Jugendlichen zu begreifen und zu bewältigen. Dieses Buch ist sehr übersichtlich in sechs Kapitel gegliedert. In jedem Kapitel gibt es neben den entsprechenden Inhalten einen „Exkurs“, in dem Informationen oder Aussagen erklärt oder vertieft werden, „Tipps“, in denen den Eltern sehr gute praxisorientierte Ratschläge gegeben werden, und „Wichtige Erkenntnisse, die Ihnen dieses Kapitel vermitteln möchte“, in dem abschließend eine kurze und prägnante Zusammenfassung formuliert wird. Besonders zu beachtende Informationen wurden jeweils rot hinterlegt. Die ersten beiden Kapitel beschäftigen sich einführend mit der Definition einer Krebs- erkrankung und den Unterschieden einer Krebserkrankung bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu Erwachsenen. Ein kurzer Einblick in verschiedene Therapiemöglichkeiten wird durch ausgewählte Nebenwirkungen mit möglichen Interventionen ergänzt. Dabei werden leider medizinische Hintergrundinformationen sowie das pflegerische Nebenwirkungsmanagement vernachlässigt. Im vierten Kapitel „Wie sag’ ich es meinem Kind“ wird den Eltern ein sehr gut strukturierter Einblick in die altersentsprechenden Denkweisen der Kinder und Jugendlichen gegeben. Auch hier werden einzelne Aussagen durch Bilder und Informationen wie „…Kinder und Jugendliche sollten möglichst konkret-sachlich und in dem von ihnen vorgegebenem Tempo informiert werden“ klarer und verständlicher. Das dritte Kapitel befasst sich mit der veränderten Lebenssituation in der Behandlungsphase und dem Alltag, aber auch in der Palliativphase und Sterbesituation. Der Umgang mit den eigenen Gefühlen und Unsicherheiten, sowie das Verständnis für das Verhalten und die Reaktionen der eigenen Kinder wird den Eltern durch Zitate von betroffenen Kindern und deren Eltern sowie mit Tipps wie „Lassen Sie sich Zeit, damit sich Ihre aufgewühlten Emotionen beruhigen können“ oder „Beziehen Sie nach Möglichkeit die Geschwisterkinder von Anfang an in alle Überlegungen und Sorgen mit ein“ verdeutlicht. Die Autor(inn)en ermutigen die Eltern, auch in der Palliativphase ehrlich mit ihren Kindern umzugehen und eigene Emotionen und Gedanken zuzulassen. Im fünften Kapitel zu Entlastung und Entspannung geht es einerseits um Bewältigungsstrategien und Entspannungstechniken für die Angehörigen und andererseits um Hilfestellungen zur Entspannung für die Kinder, z.B. Entspannungsgeschichten zum Vorlesen bzw. ein Download mit Hörspielen zur Entspannung. 36 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Im sechsten und letzten Kapitel werden Hinweise zur Unterstützung durch Angehörige, Freunde und andere Bezugspersonen gegeben. Hier wird den Eltern verdeutlicht, dass es sehr hilfreich sein kann, Hilfe anzunehmen. Aber auch Bekannte und Freunde werden ermutigt, Hilfe anzubieten „Denken Sie als Freund daran, dass Worte heilen und auch verletzen können.“ Buchbesprechung Dieses Buch gibt sowohl den Eltern als auch allen, die Kinder mit einer Krebserkrankung in deren Alltag begleiten (Freunde, Bekannte, Lehrer oder Erzieher), sehr gute Einblicke, um die erkrankten Kinder besser zu verstehen, deren veränderte Verhaltensweisen nachzuvollziehen und darauf entsprechend zu reagieren. Es wäre zu begrüßen, wenn in einer zweiten Auflage der Beitrag des Pflegepersonals, z.B. in Bezug auf die Symptompflege und entsprechende hilfreiche Interventionen bei Nebenwirkungen durch die Therapie, berücksichtigt würde. Besonders für Gespräche mit den betroffenen Kindern (und Geschwisterkindern) bietet dieses Buch sehr hilfreiche Anregungen, Unterstützungsangebote und klar formulierte Tipps. Durch die im Anhang aufgeführte Fachliteratur, weiterführende Literatur für die Familien sowie Kontaktadressen in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat der Leser die Möglichkeit, sich auch weiterführend zu informieren und Ansprechpartner zu finden. Krebs und Adipositas: Eine therapeutische Herausforderung Krebs und Adipositas: Eine therapeutische Herausforderung Risikoerhöhung für Krebs durch Adipositas Ein übermäßig hohes Körpergewicht führt nicht nur zu einer deutlichen Erhöhung der Sterblichkeit an kardiovaskulären Krankheiten, Diabetes mellitus, Nieren-, Leber- und Atemwegserkrankungen, sondern auch an Krebskrankheiten (1). Der Body Mass Index (BMI) setzt das Gewicht einer Person ins Verhältnis zur Körpergröße (Einheit kg/m²) und wird zur Klassifikation von Übergewicht und Adipositas verwendet. Dabei ist Übergewicht gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert als BMI von 25-29.9, Adipositas als BMI von 30-34.9 kg/m². Von morbider Adipositas spricht man ab einem BMI von 40 kg/m² (2). Weltweit gelten über 500 Millionen Erwachsene als adipös, wobei sich die Häufigkeit der Fettleibigkeit in den Jahren zwischen 1980 und 2008 in etwa verdoppelt hat (3). In den USA sind mehr als ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung adipös (4). In Deutschland liegt die Prävalenz der Adipositas bei erwachsenen Frauen bei 23.9%, bei erwachsenen Männern bei 23.3% (5), in der Schweiz bei insgesamt 10.3% der erwachsenen Bevölkerung (11.2% der Männer, 9.4% der Frauen) (6). Die Häufigkeit der Adipositas in anderen europäischen Ländern weist Schwankungen 38 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 auf von beispielsweise 7.6% in Italien bis knapp über 20% in Kroatien und England (7). Schätzungen zufolge sind etwa 6% der neudiagnostizierten Krebserkrankungen auf Adipositas zurückzuführen, wobei Brustkrebserkrankungen bei postmenopausalen Frauen, kolorektale Karzinome, Endometriumkarzinome, Nieren- und Ösophaguskarzinome und wahrscheinlich noch weitere andere Krebskrankheiten gehäuft mit Adipositas assoziiert sind (8). Auch hämatologische Neo­p lasien wie akute und chronische Leukämien sowie Lymphome treten gehäuft bei Adipösen auf (9). Die pathophysiologischen Ursachen für den Zusammenhang zwischen Adipositas und Krebs sind bislang nicht genau geklärt. Foto: © Ljupco/iStockphoto.com Von Veronika Nagy, Luzern Krebs und Adipositas: Eine therapeutische Herausforderung Abb. 1: Mechanismen der Krebsentstehung bei Adipositas. COX-2, Cyclooxygenase-2; IGF-1, Insulin-like Growth Factor-1; mTOR, Mammalian Target of Rapamycin; PI3K/Akt, Phosphoinositid 3-Kinase/Akt "NF-kB, Nuclear Factor kappa B; übersetzt und adaptiert nach (10). Wahrscheinlich wird die Krebsentstehung bei Adipositas durch einen chronischen Entzündungszustand im Körper begünstigt, den das übermäßige Fettgewebe über eine Adipozyten-Dysfunktion, Insulin-Resis­tenz und exzessive Freisetzung von in­flam­ma­ torischen Zyto­kinen und Wachs­tums­faktoren hervorruft (Abb. 1) (10). Mög­licher­weise kann diese chronische Ent­zündungs­reaktion nicht nur Zellschäden und die Entstehung von Krebserkrankungen fördern, sondern sogar eine Resistenz gegenüber Zytostatika vermitteln (11). Adipositas, Krebs und Mortalität Eine im Jahr 2003 publizierte, prospektive Studie an über 900 000 US-Bürgern zeigte eine Erhöhung der Mortalität für mehrere Tumorentitäten bei Adipösen, wobei das tumorspezifische Sterblichkeitsrisiko mit zunehmendem BMI anstieg. Bei einem BMI von über 40 kg/m² war das Risiko, an einer Krebserkrankung zu versterben, 52% höher für Männer und 62% höher für Frauen verglichen mit Normalgewichtigen (12). Eine 2014 am Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) präsentierte Metaanalyse von 70 Studien zur Therapie bei frühen Stadien des Mammakarzinoms mit 80 000 Patientinnen wies eine signifikant höhere BrustkrebsMortalität bei adipösen, prämenopausalen Frauen mit Östrogenrezeptor-positiven Mammakarzinomen nach (10-Jahres-Brust­ krebs-spezifisches Sterbe­risiko 21,5% bei adipösen gegenüber 16,6% bei normalgewichtigen Erkrankten, relatives Risiko 1.34) (13). Die Gründe für die Mortalitätser­höhung bei adipösen Krebskranken sind höchst­ wahrscheinlich multifaktoriell. Einerseits kann eine bei Adipösen gehäuft bestehende Komorbidität mit z.B. kardiovaskulären Erkrankungen oder Diabetes mellitus eine Auswirkung auf die Überlebenschancen haben. Das schlechtere tumorspezifische Überleben bei Adipösen deutet aber darauf hin, dass dies nicht die alleinige Erklärung sein kann. Obwohl prospektive, randomisierte Studien zur Zytostatikadosierung bei Adipösen und Übergewichtigen bislang fehlen, lassen mehrere prospektive und retrospektive Analysen vermuten, dass bei adipösen Krebskranken häufig willkürliche Dosisreduktionen der onkologischen Therapie erfolgen und dadurch die Wirkung einer Chemotherapie stark beeinträchtigt werden kann. Berechnung der Zytostatika-Dosis bei adipösen Krebskranken Auch im Zeitalter der personalisierten Medi­zin werden in der Tumor­thera­ pie „klassi­s che“ Zyto­s tatika noch häufig ein­ge­setzt. Diese haben eine schmale thera­p eu­tische Breite und bergen ein hohes Toxizitäts­risiko im Falle einer Überdosierung. Zur Dosisberechnung von Chemotherapien hat sich als Skalierungs­ maß die Körperoberfläche (KOF) etabliert, wobei anhand von Körpergröße und Gewicht die Zytostatikadosis kalkuliert wird. Für die Berechnung der KOF stehen mehrere Formeln zur Verfügung: In der täglichen Praxis werden die Formeln nach DuBois und DuBois (14) und nach Mosteller (15) häufig verwendet. Dabei handelt es sich aber nicht um exakte Berechnungen, sondern um praxisorientierte Instrumente, die historisch als Basis zum Vergleich des Metabolismus zwischen Individuen und Spezies entwickelt wurden (16). Menschen mit hohem BMI haben eine hohe Körperoberfläche, weshalb sich bei diesen Patienten sehr hohe Absolutdosen der Zytostatika ergeben. Diese ungewöhnlich hohen Zytostatikadosen führen bei vielen onkologisch tätigen Ärzten zu der Befürchtung, eine übermässige Toxizität bis hin zu lebensbedrohlichen Nebenwirkungen zu verursachen. Dass eine daraus resultierende a priori Reduktion von klassischen Chemotherapeutika bei adipösen Krebspatienten gelebte Praxis ist, zeigen beispielsweise zwei Umfragen, die bei spanischen und australischen Onkologen und Hämatologen durchgeführt wurden. Etwa 70% der befragten spanischen HämatoOnkologen benutzten bei übergewichtigen und adipösen Patienten eine auf 2.0-2.2 m² begrenzte Körperoberfläche zur Berechnung der Zytostatikadosierungen (17). Ein solches Dosis-„Capping“ praktizierten ungefähr die Hälfte der befragten australischen Onkologen, weitere 22.1% kalkulierten die Chemotherapiedosis anhand des ermittelten idealen Körpergewichts, und lediglich 6.1% Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 39 verwendeten das tatsächliche Gewicht bzw. die reale KOF zur Dosisberechnung (18). Die American Society of Clinical Oncology hat 2012 eine Guideline herausgegeben, die sich speziell mit dem Thema der Zytostatikadosierung bei adipösen Patienten mit soliden Tumoren beschäftigt. In die darin formulierten Empfehlungen gingen Studien aus den Jahren 1966 bis 2010 ein. Diese Leitlinie ist in Ermangelung von Daten nicht auf die Behandlung von Patienten mit Leukämien und die Therapie von Kindern übertragbar, und die Empfehlungen gelten nicht für „zielgerichtete“ Medikamente wie Antikörper, Immuntherapien, Tyro­sin­kinase­ inhibitoren oder andere sogenannte „small molecules“ (19). Bestrebungen, die Toxizität einer Zytostatika­ therapie zu reduzieren oder zu verhindern, können die Wirksamkeit der Therapie beeinträchtigen. Beispielsweise zeigte eine Analyse bei Patientinnen, deren Brustkrebs in kurativer Absicht behandelt wurde, dass stärkere hämatologische Nebenwirkungen einer Chemotherapie signifikant mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert waren (20). Weitere Untersuchungen bei Patientinnen und Patienten mit Hodenkarzinomen, Ovarialkarzinomen und Lymphomen unterstützen diese Beobachtung (21). In einer Metaanalyse wurde eine Reduktion des Mortalitätsrisikos um 30% bei Patienten mit höhergradigen Zytopenien unter einer Chemotherapie demonstriert (22). Im Gegensatz dazu deuten mehrere Untersuchungen darauf hin, dass ein Dosis-Capping bei adipösen Patienten mit einem schlechteren progressionsfreien Überleben assoziiert ist (23-25). Hingegen scheint die Besorgnis über Toxizität durch Überdosierungen bei Adipösen in den meisten Fällen unberechtigt zu sein. Mehrere retrospektive Analysen bei Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs (26), Brustkrebs (25, 27, 28) und Darmkrebs (24, 29) ergaben keine Hinweise auf vermehrte toxische Effekte wie Nausea, Myelosuppression, Diarrhoe oder Stomatitis bei adipösen Patienten, deren reale Körperoberfläche zur Berechnung der Zytostatika-Dosierungen herangezogen wurde. Adipositas scheint zudem keinen relevanten Risikofaktor für die Neurotoxizität einer Chemotherapie mit Taxanen oder Bortezomib darzustellen (30). Ob adipöse Patienten ein höheres Risiko kardialer Nebenwirkungen bei Anwendung kardiotoxischer Zytostatika haben, ist bisher nicht ausreichend untersucht worden (30). Für das Nebenwirkungsspektrum bei morbid adipösen (BMI > 40 kg/m²) Patientinnen und Patienten existieren keine verwertbaren Daten, allerdings gibt es auch keine Hinweise darauf, dass für diese Patienten andere Grundsätze gelten. Die ASCO gab somit die klare Empfehlung heraus, Zytostatikadosen generell (mit wenigen Ausnahmen) unter Verwendung der tatsächlichen Körperoberfläche zu berechnen und Dosisanpassungen bei allen Patienten nach Auftreten von Toxizitäten und unter Beachtung von Begleiterkrankungen vorzunehmen (19). Seit dem Erscheinen der ASCO-Guideline wurden weitere Studien publiziert, die diese Empfehlungen auch 40 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 bei anderen Tumorentitäten und modernen Therapieschemata bestätigen. 2013 wurde eine Metaanalyse veröffentlicht, in die Daten von 9314 Patientinnen und Patienten eingeschlossen wurden, die an 13 unterschiedlichen Krebsarten erkrankt waren und 21 verschiedene Zytostatika erhielten. Schwerwiegende hämatologische und nichthämatologische Toxizitäten waren bei Adipösen gleich oder weniger häufig als bei Normalgewichtigen, wenn zur Berechnung der Zytostatikadosis die tatsächliche KOF verwendet wurde. Es gab keine Hinweise auf eine schlechtere Überlebenswahrscheinlichkeit bei adipösen Patientinnen und Patienten. Lediglich in einer Studie mit Patienten, die einer hochdosierten Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation unterzogen wurden, war die hämatologische Toxizität bei Adipösen höher und das Gesamtüberleben schlechter als bei den Normalgewichtigen (31). Wenngleich eine andere aktuelle Analyse keine negativen Auswirkungen einer auf der tatsächlichen KOF basierenden Foto: © SchulteProductions/iStockphoto.com Zytostatikadosis, Toxizität und Outcome Krebs und Adipositas: Eine therapeutische Herausforderung Dosierung einer Induktions-Chemotherapie bei adipösen Patienten mit akuter myeloischer Leukämie zeigte (32), sind die Dosierungsempfehlungen somit nicht zwingend auf alle adipöse Patienten mit hämatologischen Neoplasien übertragbar, insbesondere nicht bei Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzelltransplantation. Die Beobachtung, dass schwerwiegende hämatologische Nebenwirkungen bei Adipösen im Allgemeinen weniger häufig sind, auch wenn die Chemotherapie-Dosis mit dem tatsächlichen Körpergewicht berechnet wird, wirft die Frage auf, ob Zytostatika bei dieser Patientengruppe vielleicht sogar noch höher dosiert werden müssten. Diese Frage lässt sich jedoch anhand der bisher verfügbaren Daten nicht beantworten. Adipositas und Pharmakokinetik in der Zytostatikatherapie Tab. 1: Schätzung der Kreatinin-Clearance nach den Formeln nach Cockcroft-Gault und Jelliffe sowie daraus resultierende berechnete Carboplatin-Dosierungen am Beispiel einer adipösen und einer normalgewichtigen Patientin. (ASCO: American Society of Clinical Oncology; AUC: Area under the Curve; BMI, Body Die Körperoberfläche-basierte Dosis­ Mass Index; KOF: Körperoberfläche; *Jelliffe-Formel korrigiert für Körperoberfläche basan_Anz16_210x148_dt_04.08.2014_210x148 04.08.14 berechnung von Zytostatika korreliert bei 10:14 Seite 1 Der Vollversorger für den Reinraum MehrwegBekleidung Technische Ausstattung ß Erfahrene Spezialisten entwickeln maßgeschneiderte Produkt- und Versorgungskonzepte ß Supply chain excellence: 100%ige Liefersicherheit und Just-in-Time-Lieferungen Tücher und Tupfer Reinigung und Desinfektion Kundenspezifische Dienstleistungen Matten und Bodenbeläge Einrichtungen Handschuhe und Fingerlinge EinwegBekleidung ß Umfassendes Qualitätsproduktund Dienstleistungsportfolio ß Globales Netzwerk aus Lieferanten und Partnern VWR International GmbH basan – the cleanroom division of VWR Tel. +49 6107 9008-500 Onkologische Pharmazie [email protected] | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 41 www.basan.com Krebs und Adipositas: Eine therapeutische Herausforderung vielen Chemotherapeutika nur gering mit Pharmakokinetik-Messungen, insbesondere mit der Gesamtkörper-Clearance (31). In Dosisfindungsstudien von Zytostatika sind adipöse Patienten unterrepräsentiert. Menschen mit Adipositas haben ein höheres Verteilungsvolumen und häufig eine gesteigerte Medikamen­ten-Clearance im Vergleich zu Normal­gewichtigen. Eine Dosisberechnung nach Körperoberfläche könnte im Vergleich zu einer körpergewichtsbasierten Dosis­k alkulation sogar zu einer geringeren Konzentration des Wirkstoffs am Wirkort bzw. zu einer tendenziellen Unterdosierung bei Adipösen führen (33). Zudem kann bei Adipösen eine vergleichbare Plasmakonzentration wie bei Normalgewichtigen auch unter Verwendung der realen Körperoberfläche zur Dosisberechnung möglicherweise nicht erreicht werden (34). Verfügbare Untersuchungen zur Pharmakokinetik verschiedener Zytostatika bei adipösen Patienten zeichnen ein widersprüchliches Bild. Dass sogar zur gleichen Medikamentenklasse gehörende Chemotherapeutika ein unterschiedliches Verhalten aufweisen, zeigen folgende Beispiele: Cyclophosphamid schien bei Adipösen eine verminderte Clearance zu haben, während für Ifosfamid in einer kleinen Studie eine normale Clearance bei höherem Verteilungsvolumen nachgewiesen wurde (35). Während eine Verminderung der Clearance von Doxorubicin bei Adipösen beschrieben wurde, die möglicherweise zudem geschlechtsabhängig ist, weisen andere Daten im Gegensatz auf eine reduzierte Plasmakonzentration von Doxorubicin bei Adipositas hin. Hingegen konnte kein relevanter Effekt des Körpergewichts oder des BMI auf Pharmakokinetik oder Toxizitiät von Epirubicin beobachtet werden (35). Während die Clearance von Paclitaxel bei Adipositas erhöht war, zeigte das strukturell verwandte Docetaxel bei gleicher Clearance bei Adipösen ein höheres Verteilungsvolumen (36). Eine Studie zur Pharmakokinetik bei 152 Patienten, die Docetaxel erhielten, zeigte hingegen eine Zunahme der Clearance bei Patienten mit höherer Körperoberfläche (33% höher bei KOF über 2.0 m²), aber keine signifikante Assoziation mit dem BMI (37). Methodologische Schwierigkeiten und unzureichende Dokumentation von konkomitierend verabreichten Arzneimitteln (z.B. Inhibitoren von Cytochrom-P450Isoenzymen, P-Glykoprotein, etc.) erschweren die Interpretation dieser Resultate. Medikamente wie Platinderivate, die über eine tubuläre Sekretion ausgeschieden werden, werden bei Adipösen überdurchschnittlich schnell eliminiert. Eine durchschnittlich um 13% höhere Cisplatin-Clearance (60 versus 53.3 L/h) und ein wesentlich höheres Verteilungsvolumen (58.9 versus 50.2 L) wurden bei Adipösen dokumentiert (36). Allerdings fehlen Daten darüber, ob und in welchem Ausmass die Dosis dieser Medikamente bei Adipösen zu steigern sei. Die einzigen Zytostatika, für die die ASCO eine Dosisbegrenzung bei allen Patienten explizit empfiehlt, sind Vincristin (maximale Absolutdosis 2 mg), Bleomycin im BEP-Schema (Fixdosis 30 000 I.E.) und Carboplatin (19). Carboplatin ist ein Chemotherapeutikum, das seit über drei Jahrzehnten erfolgreich und noch immer sehr häufig in der Therapie von Krebserkrankungen der Lunge, des weiblichen Genitaltraktes und anderen Organen eingesetzt wird. Die Carboplatindosis wird anhand der Calvert-Formel (38) berechnet, in die die Nierenfunktion des Patienten mittels glomerulärer Filtrationsrate (GFR) miteinbezogen wird. Eine gute Korrelation der CarboplatinClearance wurde beobachtet, wenn die GFR mit einer Radioisotopen-Methode gemessen wurde (38). Da diese Methode teuer und für die meisten Onkologen nicht verfügbar ist, wird die GFR meist durch die nach der Cockcroft-Gault-Formel berechnete Kreatinin-Clearance ersetzt (39). In diese Formel geht das Gewicht des Patienten ein, was besonders bei adipösen Patienten zu einer erheblichen Überschätzung der GFR und einer Überdosierung von Carboplatin führen könnte (Tab. 1) (40). Modifizierte Kalkulationen unter Verwendung des berechneten idealen Körpergewichts (Ideal Body Weight, IBW ) oder des fettfreien Körpergewichts (Lean Body Mass, LBW) konnten die Vorhersage der CarboplatinClearance aber nicht steigern (36, 41). Ein möglicher Lösungsansatz dieser Problematik ist der Einsatz von Carboplatin als Fixdosis durch Capping der geschätzten KreatininClearance bei 125 ml/min (Empfehlung der ASCO) (19) oder 140 ml/min (40) bei adipösen Patienten mit normaler Nierenfunktion. Andere Autoren empfehlen, dass bei der 42 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Berechung der Kreatinin-Clearance nach Cockcroft-Gault bei Patienten, deren Körpergewicht mehr als 30% über dem IBW liegt, das IBW plus 30% in die CockcroftGault-Formel eingesetzt wird (42). Die Schätzung der Kreatinin-Clearance mit der Formel nach Jelliffe hingegen (43), die traditionell in den Studien der Gynecologic Oncology Group (GOG) verwendet wurde, kann besonders bei adipösen Patienten zu erheblichen Reduktionen der CarboplatinDosis führen (Tab. 1). Der Einsatz der JelliffeFormel könnte somit zum schlechteren progressionsfreien Überleben bei Adipösen beigetragen haben (44), das die GOG in einer retrospektiven Analyse zum Einsatz von Carboplatin beim Ovarialkarzinom beobachtet hat. Zusammenfassung und Fazit für die Praxis Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung und Prognose von Krebserkrankungen. Für die häufig praktizierte, willkürliche Dosisreduktion bzw. ein Dosis-Capping klassischer Zytostatika bei adipösen Krebskranken existiert keine wissenschaftliche Grundlage. Adipöse Patientinnen und Patienten leiden bei volldosierten Chemotherapien nicht häufiger unter Nebenwirkungen als Normalgewichtige. Die Pharmakokinetik vieler Zytostatika scheint bei Adipösen anders als bei Normalgewichtigen zu sein, die bisherigen Pharmakokinetik-Analysen lassen praxisrelevante Rückschlüsse aber nicht zu. Bis auf weiteres gelten für die Chemotherapie bei Adipösen folgende Empfehlungen: LITERATUR 1. Prospective Studies C, Whitlock G, Lewington S, Sherliker P, Clarke R, Emberson J, et al. Body-mass index and cause-specific mortality in 900 000 adults: collaborative analyses of 57 prospective studies. Lancet. 2009;373(9669):1083-96. 2. Physical status: the use and interpretation of anthropometry. Report of a WHO Expert Committee. 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Diese Empfehlungen sind nicht auf die Therapie von Kindern sowie von Patienten mit Leukämien und die Behandlung mit Hochdosis-Chemotherapien, „zielgerichteten“ Medikamenten, Antikörpern, Immuntherapeutika und „small molecules“ anwendbar. 11. Sheng X, Mittelman SD. The role of adipose tissue and obesity in causing treatment resistance of acute lymphoblastic leukemia. Frontiers in pediatrics. 2014;2:53. surveys and epidemiological studies with 960 country-years and 9.1 million participants. Lancet. 2011;377(9765):557-67. 4. Ogden CL, Carroll MD, Kit BK, Flegal KM. Prevalence of childhood and adult obesity in the United States, 2011-2012. JAMA : the journal of the American Medical Association. 2014;311(8):806-14. 5. Mensink GB, Schienkiewitz A, Haftenberger M, Lampert T, Ziese T, Scheidt-Nave C. [Overweight and obesity in Germany: results of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1)]. 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Diese Behandlungsmethode wird vor allem in der Onkologie bei verschiedenen Tumoren in unterschiedlichen Fachgebieten, z. B. in der Urologie, Pulmologie, HNO-Heilkunde, Gastroenterologie und Dermatologie eingesetzt, aber auch bei benignen Hauterkrankungen (z. B. PUVA-Therapie bei Psoriasis vulgaris). Das primäre Gallengangskarzinom (cholangiozelluläre Karzinom) ist ein seltener Tumor mit einer Inzidenz von 5-6/100.000 Ein­ wohnern/Jahr im mitteleuropäischen Raum. Es tritt häufiger in den größeren ableitenden Gallenwegen auf – in ca. 60 % im Bereich der Leberpforte, der Gallengangsbifurkation (= sog. Klatskin­tumor). Die Behandlung ist schwierig, da der Tumor zumeist in einem bereits fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. Der einzige kurative Therapieansatz ist die vollständige chirurgische Entfernung des Tumors (im Sinne einer sog. R0-Resektion), die aber nur in weniger als 30 % der Patienten in Frage kommt. Somit kommt der palliativen Therapie des Gallengangskarzinoms eine große Bedeutung zu. Mögliche palliative Therapieoptionen sind: das Stenting von Tumorstenosen der größeren Gallengänge die palliative Chemotherapie die Radiotherapie die photodynamische Therapie im Gallen­ gang (immer in Kombination mit Stenting) neuerdings auch die Radiofrequenzablation von Tumorstenosen im Gallengang Ablauf der photodynamischen Therapie Die photodynamische Therapie wird üblicherweise als zweistufiger Prozess durchgeführt (Tab. 1). Zuerst wird den Patienten eine photosensibilisierende Substanz i.v. verabreicht (z. B. Photofrin II® oder Photosan-3®), die sich bevorzugt und in höherer Konzentration im Tumorgewebe anreichert. In einer 2. Stufe wird der Tumor nach 48-96 Stunden lokal mit einem kalten Laserlicht einer definierten Wellenlänge bestrahlt, bei welcher der Photosensitizer (PS) sein Absorptionsmaximum hat: Profimer-Natrium Photofrin II® 630 nm Hämatoporphyrinderivat Photosan-3® 633 nm Tab. 1: Ablauf der Photodynamischen Therapie Stufe 1 Systemische Verabreichung des Photosensitizers Bevorzugte Anreicherung in Tumorzellen Abwarten der Verteilungsphase von z. B. 48-96 Std. Stufe 2 Lokale Bestrahlung des Tumors mit kaltem Licht der absorbierten Wellenlänge (Farblaser, Dioden-Laser) Durch die Energie der Laserbestrahlung wird in Gegenwart von Sauerstoff in der Zielzelle ein zytotoxischer Prozess ausgelöst. Der direkte zytotoxische Effekt wird durch zwei photochemische Reaktionen beschrieben. Nach Anregung des PS durch Licht kann der PS durch Transfer von Elektronen 46 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 und Wasserstoffionen auf andere Moleküle der Zelle toxische Zwischenprodukte wie Wasserstoffperoxid, Superoxid und weitere reaktive Sauerstoffspezies bilden (Typ-IReaktion). Die Typ-II-Reaktion wird durch einen Energietransfer zwischen Sauerstoff im energetischen Grundzustand und dem aktivierten PS beschrieben, was zur Bildung von Singulettsauerstoff (¹O₂) führt. Dieser reagiert mit ungesättigten Fettsäuren, Cholesterin, Phospholipiden, einigen Aminosäuren und den Basen Guanin und Guanosin. Dadurch werden mehrere zelluläre Kompartimente und ganz besonders Zellmembranen angegriffen. Aufgrund der sehr hohen Reaktivität des Singulettsauerstoffs ist die Toxizität zeitlich und lokal begrenzt. Zusätzlich soll auch eine indirekte Wirkung auf den Tumor durch Störung der lokalen Mikrozirkulation und durch immunologische Prozesse stattfinden [1, 10]. Prinzip der Photodynamischen Therapie (PDT) Photosensibilisator + Licht einer definierten Wellenlänge + O² Photochemische Reaktion Typ-I-Reaktion: Übertragung von Elektronen direkt auf zelluläre Moleküle Typ-II-Reaktion: Elektronenübertragung auf O² → Singulett-O-Radikal Die Eindringtiefe der PDT mit Photofrin® und Photosan® beträgt ca. 3-4 mm, weshalb diese Photosensitizer für die Anwendung im Gallengang besonders geeignet sind. Die Bestrahlung des Tumors erfolgt entweder im Rahmen einer endoskopischen Untersuchung des Gallengangs (ERC; Abb. 1, 2) oder durch einen perkutanen transhepatischen Zugang zum Gallengang (PTC). Bevorzugte Anreicherung in Tumorzellen Photochemische Reaktion Die Photodynamische Therapie Abwarten der Verteilungsphase ► Typ I – Reaktion: Übertragung von Elektronen direkt auf zelluläre Moleküle ► Typ II – Reaktion: Elektronenübertragung auf O2 Singlet-O-Radikal von z. B. 48-96 Std. Lokale Bestrahlung des Tumors mit kaltem Licht Systemische Verabreichung des der absorbierten Wellenlänge Photosensitizers (Farblaser, Dioden-Laser) Bevorzugte Anreicherung in Tumorzellen Grafik aus: Harrod-Kim, J. Vasc. Interv. Radiol. 2006;17 Die Eindringtiefe der PDT mit Photofrin und Photosan beträgt ca. 2-3 mm, weshalb sie für die Abwarten der Verteilungsphase Anwendung im Gallengang besonders geeignet sind. Die Bestrahlung des Tumors erfolgt von z. B. 48-96 Std. entweder im Rahmen einer endoskopischen Untersuchung des Gallengangs (ERC) oder durch einen perkutanen transhepatischen Zugang zum Gallengang (PTC) Lokale Bestrahlung des Tumors mit kaltem Licht der absorbierten Wellenlänge (Farblaser, Dioden-Laser) Grafik aus: Harrod-Kim, J. Vasc. Interv. Radiol. 2006;17 Die Eindringtiefe der PDT mit Photofrin und Photosan beträgt ca. 2-3 mm, weshalb sie für die Anwendung im Gallengang besonders geeignet sind. Die Bestrahlung des Tumors erfolgt 1: Schematische Darstellung der Untersuchung des Gallengangs (ERC) oder durch entweder imAbb. Rahmen einer endoskopischen intraluminalen Laserbestrahlung (rot) eines einen perkutanen transhepatischen Zugang zum Gallengang (PTC) Klatskintumors (blau) vom Gallengang aus Die Tumorzellnekrose entsteht also auf einem photochemischen Weg und beruht nicht auf einer thermischen Wirkung des Lasers. Durch das Absterben von Tumorzellen kommt es zu einer Verkleinerung des Tumors. Dies kann den natürlichen Galleabfluss Laserlichtapplikation im Rahmen einer retrograden endoskop. Cholangiographie (ERC) über den Gallengang wiederherstellen und damit neben einer Verbesserung der Abb. 2: Laserlichtapplikation im Rahmen einer retrograden endoskopischen Lebensqualität auch zu einer Verlängerung Cholangiographie (ERC) der Überlebenszeit führen. Der Tumor kann [Fotos mit freundl. Genehmigung von G. Hofmann, Photodynamic Therapy Handels GmbH] mit dieser Therapieform allerdings nicht geheilt werden. Laserlichtapplikation im Rahmen einer retrograden endoskop. Cholangiographie (ERC) Unerwünschte Wirkungen der Historisch-wissenschaftlicher Therapie Kontext Phototoxizität an der Haut für mehrere Wochen: bei Einhalten von Sonnen­schutz­ maßnahmen (Sonnenbrille, Hautcreme, etc.) üblicherweise kein großes Problem. Gallengangsentzündung bzw. -infektion (Cholangitis): Dieses Risiko besteht bei jeder Manipulation an den Gallenwegen (also auch beim Stenting alleine) und kann für den Patienten durchaus gefährlich sein (Sepsis!); daher ist zwingend eine begleitende antibiotische Behandlung notwendig. Üblicherweise werden Chinolone (z. B. Ciprofloxacin) oder Amoxicillin in der Prophylaxe verwendet. Der Begriff der „photodynamischen Wir­ kung“ wurde bereits im Jahre 1904 von Hermann von Tappeiner, dem damaligen Direktor des pharmakologischen Instituts der Universität München, beschrieben. Kurze Zeit später wurde bereits Hämatoporphyrin als photosensibilisierende Substanz untersucht (Selbstversuch von Meyer-Betz). Der eigentliche Beginn des klinischen Einsatzes der PDT erfolgte aber erst in den 1960er Jahren als eine Forschungsgruppe um Schwartz et al. ein Hämatoporphyrinderivat (HpD) mit doppelter Toxizität und höherer Spezifität entwickelte [1, 10]. Die technische Entwicklung der Endoskopie und Lasertechnologie in den 1980er Jahren ermöglichte schließlich auch die Anwendung in der Gastroenterologie. 1991 erschien der erste Case-Report für PDT bei cholangiozellulärem Karzinom (McCaughan et al., Arch. Surg. 1991 – Behandlung transhepatisch über perkutanem Wege). In weiterer Folge brachten Phase II-Pilot­ studien von Ortner et al. [3], Berr et al. [7] und Dumoulin et al. [5] mit dem Photosensitizer “Photofrin” erste messbare klinische Erfolge in der palliativen Behandlung des hilären Cholangiokarzinoms (Klatskintumor). Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 47 Die Photodynamische Therapie Anhang: Langstreckige Tumorstenose im Bereich der Gallengangsbifurkation mit Kontrastmitteldarstellung nur des linken Hepaticusastes Z. n. Implant den Tumor Z. n. Implantation eines Metallstents über den Tumor Nach der Du auch der rec Kontrastmit dadurch ein werden. Beispiel eines Patienten mit Klatskintumor (ERC-Röntgenbilder): Langstreckige Tumorstenose im Bereich der Gallengangsbifurkation mit Kontrastmitteldarstellung nur des linken Hepaticusastes Abb. 3: Beispiel eines Patienten mit Klatskintumor (ERC-Röntgenbilder): Tumorstenose im Bereich der Gallengangsbifurkation mit Kontrastmitteldarstellung nur des linken Hepaticusastes und Implantation eines Metallstents Abb. 4: Z. n. Implantation eines Metallstents über den Tumor. Nach der Durchführung einer PDT kann auch der rechte Hepaticusast mit Kontrastmittel dargestellt werden und dadurch ein besserer Galleabfluss erzielt werden. Nach der Durchführung einer PDT kann auch der rechte Hepaticusast mit werden undTherapy 4. Ortner et al.,dargestellt Successful Photodynamic Überlebenszeit von Patienten mit inoperablen Kontrastmittel dadurch ein besserer Galleabfluß erzieltA Ranfor Nonresectable Cholangiocarcinoma: Z. Klatskintumoren n. Implantation eines Metallstents über gegenüber der alleinigen werden. domized Prospective Study; Gastroenterology den Tumor Stenttherapie um das 2-3fache verlängern 2003;125:1355–1363 und dabei auch die Lebensqualität verbessern 5. Dumoulin FL, et al., Phase II study of photodyna(Abb. 3 und 4). Die zusätzliche Kombination mic therapy and metal stent as palliative treatmit einer palliativen Chemotherapie ist mögment for nonresectable hilar cholangiocarcinoma. lich. Klinisch relevante Nebenwirkungen sind Gastrointest Endosc 2003;57:860–867. eine leicht erhöhte Cholangitisrate und eine 6. Rumalla, et al , Endoscopic application of phoPhototoxizität an der Haut und den Augen todynamic therapy for cholangiocarcinoma, GIE für 4-6 Wochen. Vol. 53, No. 4/2001 Eine prospektive randomisierte Multicenter­ studie [4] an 39 Patienten (plus 31 offen behandelte Patienten) musste vorzeitig beendet werden, da die mittlere Überlebenszeit in der PDT-Gruppe mit 493 Tagen gegenüber der Kontrollgruppe mit 98 Tagen hochsignifikant besser war. Auch wenn man dieser Studie aufgrund der Patientenselektion und des offenen Behandlungsarmes methodische Mängel vorwerfen kann, hat sie doch den positiven Nutzen der PDT in der palliativen Behandlung des Klatskintumors zeigen Nach der Durchführung einer PDT kann können. AUTOR: auch der rechte Hepaticusast mit Dr. Manfred Fleischer, MPH dargestellt werden und Diese positiven Effekte der PDT konnten Kontrastmittel N.Ö. Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf dadurch ein besserer Galleabfluß erzielt Jaritz 2. Med. Abteilung, Vorstand: Prim. Dr. Bernhard 2005 auch in einer 2. randomisierten prospekwerden. A-2130 Mistelbach, Liechtensteinstrasse 67 tiven Studie von Zoepf et al. an 32 Patien­ten e-mail: [email protected] mit Photo­san-3 als Photo­sensi­bilisator wiederholt werden [9]. In nachfolgenden Studien und retrospektiven Beobachtungen (mit allerdings zumeist kleinen Patientenzahlen) wurden die Studien­ ergebnisse im Wesentlichen bestätigt. Zusammenfassung Zusammengefasst kann die PDT in Kombi­ nation mit dem Stenting der Gallenwege die LITERATUR: 1. Chr. Ell et al., Photodynamische Therapie; Deutsches Ärzteblatt, Jg. 97, Heft 49, 8. Dezember 2000 2. Paul Harrod-Kim, Tumor Ablation with Photodynamic Therapy, J. Vasc. Interv. Radiol. 2006;17:1441-48 3. Ortner et al., Photodynamic Therapy of Nonresectable Cholangiocarcinoma, Gastroenterology 1998;114:536–542 48 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 7. Berr F, Wiedmann et al. Photodynamic therapy for advanced bile duct cancer: evidence for improved palliation and extended survival. Hepatology 2000;31:291–298 8. F. Berr, Photodynamic Therapy for Cholangiocarcinoma, SEMINARS IN LIVER DISEASE/VOLUME 24, NUMBER 2 2004 9. Zoepf et al., Palliation of Nonresectable Bile Duct Cancer: Improved Survival After Photodynamic Therapy, American J. of Gastroenterology 2005; 100:2426–2430 10. Marek Christoph Mazan, Die photodynamische Therapie bei Cholangiokarzinom; Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor medicinae (Dr. med.), vorgelegt der Medizinischen Fakultät der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Datum der Promotion: 27.03.2009 Handbook of Photomedicine, herausgegeben von Michael R. Hamblin, Ying-Ying Huang, Oktober 2013 CRC Press Who is who Who is who Bearbeitet von Gisela Sproßmann-Günther, Berlin Heute: Fortbildungsausschuß der DGOP A uf dem Gebiet der pharmazeutischonkologischen Versorgung kann sich die DGOP zu Recht nach über 20 Jahren als die führende Fort- und Weiterbildungsorganisation in Deutschland bezeichnen. Die Fort- und Weiterbildung des pharmazeutischen Personals im großen Themenfeld der Onkologie ist ihr erklärtes Ziel. Mit dem Wissen um die notwendige Kontinuität dieser Aufgabe wurde der DGOP-Fortbildungsausschuss etabliert. Seine Mitglieder besitzen fast alle langjährige Erfahrungen in diesem Metier und kümmern sich um die Weiterbildung der PTAs und Apotheker sowohl in allen Facetten der Zytostatika-Herstellung als auch um neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in der Krebstherapie. Dabei geht es um die Inhalte genauso wie um die Auswahl der Referenten und Prüfungsthemen. Für alle Beteiligten ist es eine ehrenamtliche Tätigkeit, die nicht nur Zeit und Organisationstalent sondern auch die eigene Beschäftigung mit den Themen bedeutet. Deshalb ist es klar, dass für die Mitglieder diese Ausschussarbeit eine Herzensangelegenheit ist, die ihnen Arbeit und manchmal auch Freude bringt. Prof. Dr. med. Jens Büntzel Bereits in früher Kindheit interessiert sich Jens Büntzel für Medizin, Chemie und die russische Sprache. Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass beide Interessen zu einer Berufsausbildung führten. Parallel zum Medizinstudium beschäftige er sich mit der russischen Sprache, so dass er seine Ausbildung nicht nur als Arzt, sondern auch als Fachübersetzer für Russisch abschloss. Die Medizin wurde jedoch zur Leidenschaft und zum Beruf. Heute arbeitet Jens Büntzel als Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde im SüdharzKlinikum Nordhausen. Sein Engagement gilt insbesondere den onkologischen Patienten, der Palliativmedizin und vor allem der medikamentösen Tumortherapie. Neben der schulmedizinischen Behandlung der Tumorerkrankungen ist er den Alternativmethoden gegenüber sehr interessiert und aufgeschlossen. Zu diesen Themen betreut er regelmäßig Studien und veröffentlicht Beiträge mit den Ergebnissen naturheilkundlicher Behandlungen (auch in unserer Zeitschrift). Da neben der russischen Sprache sein Interesse Osteuropa und der dazugehörigen Literatur gilt, ist es nicht verwunderlich, dass er mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern gerne in Ländern wie Litauen und Lettland Urlaub macht. Dr. Karla Domagk Als Chefredakteurin „unserer“ Zeitung „ONKOLOGISCHE PHARMAZIE“ ist uns Karla Domagk allen bekannt, denn von Anfang an war sie aktiv dabei – nicht nur bei der Erstellung der QuapoS. Ihrem Verständnis nach ist der Apotheker immer und selbstverständlich Teil des onkologischen Teams. Sie steht für die fachliche, orts- und zeitnahe multiprofessionelle Zusammenarbeit im Interesse des onkologischen Patienten. Ihre Arbeit und ihr Wirken innerhalb der DGOP bei der Weiterentwicklung der „ONKOLOGISCHEN PHARMAZIE“, beim Organisieren unserer Fachkongresse, als QMAusbilderin und Auditorin für die Zertifizierung der Zytostatika herstellenden Bereiche nach QuapoS stehen auf einer breiten Basis: Neben dem Studium der Pharmazie, der Promotion mit einem pharmakoökonomischen Thema hat Karla Domagk eine QMund zusätzlich eine betriebswirtschaftliche 50 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Ausbildung. Die beiden Kinder sind bereits erwachsen, so dass ihr privat mehr Zeit für Fahrradtouren, Tennis, Skifahren und manchmal auch Segeln mit ihrem Mann bleibt. Claus Roland Geboren und aufgewachsen in Bochum, hat es Claus Roland dann in den Norden Deutschlands verschlagen. Nach der Praktikantenzeit ist er zunächst in Kiel geblieben und hat anschließend mehr als 15 Jahre eine Krankenhausapotheke in Flensburg geleitet. Von dort aus ging es nach Rostock, um in der Apotheke der Universitätsmedizin die Herstellung steriler und unsteriler Arzneimittel zu leiten. Das zeigt, dass Claus Roland schon von Beginn an der Sterilherstellung und damit auch der Zytostatika-Herstellung eng verbunden ist. Nach dieser Zeit ging er als leitender Angestellter in eine öffentliche Apotheke, um sich neben der Planung und Umsetzung der GMP-gerechten Verblisterung auch dem Aufbau eines Betreuungsmanagements onkologischer Patienten zu widmen. Seine Tätigkeit im stationären und ambulanten Bereich macht ihn zum Fachmann in der Vernetzung ambulanter und stationärer Strukturen. Als Gründungsmitglied der DGOP und Referent bringt er sein Wissen in der Herstellung von Parenteralia, in der Arzneimittelberatung und -information und seine Erfahrung in Budgetsteuerung und Controlling ein. Seine wenige Freizeit verbringt er mit seiner Frau und seinen drei inzwischen erwachsenen Kindern. Corinna Jansen Corinna Jansen ist der „Youngster“ im Fortbildungsausschuss und der DGOP. Sie ist Who is who seit 2013 Apothekerin und hat neben dem „normalen“ Pharmaziestudium auch ein Masterstudium im Bereich Arzneimittelforschung (Drug Research) absolviert. Seit 2013 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Bonn und promoviert unter der Leitung von Prof. Dr. Jaehde zum Thema „Multiprofessionelles Medikationsmanagement bei Krebspatienten im Centrum für Integrierte Onkologie in Bonn“. Gerade durch diese Arbeit sieht sie, dass es für onkologische Patienten wichtig ist, kontinuierlich über Jahre pharmazeutisch betreut zu werden. Da das am Besten im regelmäßigen Austausch mit Kollegen funktioniert, ist sie seit 2014 DGOP-Mitglied und war auch gleich bereit im Fortbildungsausschuss mitzuarbeiten. Die private Corinna Jansen spielt gerne Badminton, liebt Kino und Theater und findet beim Wandern Erholung vom Alltag. Daniel Seebach-Schielzeth Daniel Seebach-Schielzeth ist seit mehr als 5 Jahren PTA für Onkologie (DGOP) in der Uniklinik Heidelberg in der Klinik mit dem größten Tumorzentrums Deutschland tätig. Er arbeitet rotierend in der Zytostatikaherstellung und Sterilherstellung/TPN. Das macht seine Arbeit vielseitig, spannend und auch manchmal anstrengend. Diese Erfahrung, seine Lust und Freude am Beruf und an der Vermittlung von „guter Arbeit“ gibt er gerne als Ausbilder in Seminaren weiter. So ist er nicht nur Mitglied im Fortbildungsausschuss der DGOP sondern auch für die Planung der Fortbildungen/ Schulungen in der Apotheke des Universitätsklinikums zuständig. In seiner offenen, extrovertierten Art ist er für alle Kollegen immer ansprechbar und hilfsbe- reit. Zitat: „Wie wichtig Fort- und Weiterbildung ist, sehe ich immer wieder, wenn ich als Referent in der FortbildungsAkademie „ONKOLOGISCHE PHARMAZIE“ tätig bin, aber auch im Alltag bei uns in der Apotheke. Dinge verändern sich so schnell, gerade im Bereich der sterilen (Zytostatika-) Herstellung. Es gibt viele offene Fragen und dabei rücken immer mehr die Anforderungen der Behörden in den Mittelpunkt. Es gilt also, einen guten Kompromiss aus Erfahrungsaustausch, Praxis und Theorie anzubieten, um diesen Fragen gerecht zu werden. Dazu bleibt im laufenden Apothekenbetrieb oft nicht die Zeit, um diese umfassend zu klären“. Um einen Ausgleich für die körperlich doch recht anstrengende Arbeit im Labor zu schaffen, geht er gerne joggen. Doch auch der Garten bietet ihm eine Oase der Entspannung. Ansonsten gilt wie für alle Häuslebesitzer: „Zu tun gibt es immer etwas“. Wenn er mal keine Lust auf „was tun“ hat, ist Entspannen, Lesen oder Treffen mit Freunden angesagt. Wioletta Sekular Wioletta Sekular ist als PTA für Onkologie (DGOP) prädestiniert, sich den Fragestellungen in der Fort- und Weiterbildung zu widmen. Einerseits kennt sie die praktische Arbeit in der Zytoherstellung und andererseits kennt sie durch ihre Tätigkeit bei ConEvent alle Fortbildungsinhalte. Sie organisiert nicht nur Fortbildungsveranstaltungen, sondern ist auch als Ausbilderin im Bereich „Aseptisches Arbeiten“ vielen Kolleginnen bekannt. Durch die genaue Kenntnis des PTA-Alltages und der Fortbildungsinhalte ist sie als Prüferin für die onkologische Fachprüfung von PTAs hervorragend geeignet. Auch wenn zwei ihrer drei Kinder schon recht selbstständig sind, beansprucht der zweieinhalbjährige Jacub die mütterliche Freizeit und bringt Freude und beruflichen Ausgleich. Als PTA glücklich, bleibt es ein bisher unerfüllter Traum als Ärztin Menschen zu helfen. Mal sehen, was noch nicht ist, kann ja noch werden. Claudia Woeste Claudia Woeste ist bereits seit 40 Jahren als PTA, inzwischen als PTA für Onkologie (DGOP), tätig. So hat sie den Beruf der PTA fast von Anfang an bis heute in seiner Entwicklung erlebt. Es waren für sie meist spannende Jahre in öffentlichen Apotheken, im Gesundheitsamt, im Krankenhaus bis hin zur Tätigkeit im Herstellungsbetrieb. Da sich die Anforderungen im Alltag ständig verändern, muss sie auch als „Oldie im Beruf“ – eigentlich heißt das Experte – immer wieder neu anpassen und mit lernen. Doch das ständige Lernen, sich entwickeln macht ihr Freude. Diese Freude gibt Claudia bei ihrer Tätigkeit in der PTA-Weiterqualifizierung, bei den Seminaren über „Aseptisches Arbeiten“ und im Fortbildungsausschuss gerne weiter. Zusammen mit Wioletta Sekular und Daniel Seebach-Schielzeth ist sie in der Prüfungskommission bei den onkologischen Fachprüfungen für PTAs. Claudia Woeste lebt in Berlin und sie liebt die kulturellen Möglichkeiten der Stadt. Musik, Theater, Ausstellungen – alles was die Stadt so hergibt, steht auf dem Programm und auch noch: Ohne Krimi geht die Claudia nicht ins Bett. Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 51 Buchbesprechung Buchbesprechung Rezension von Susanne Bertels, Hamburg Achtsamkeit und Krebs Von Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Katja Geuenich Schattauer Verlag 2013, 24,99 Euro In ihrem ersten Buch hat sich Katja Geuenich mit der Akzeptanz in der Psychoonkologie als Weg zu einer Verbesserung der Lebensqualität in der Krebserkrankung befasst. In dem nun vorliegenden neuen Buch beschäftigt sich die Autorin mit dem aktuellen und wichtigen Thema Achtsamkeit als Hilfe zur emotionalen und mentalen Bewältigung von Krebs. Auf 182 Seiten umkreist sie das Thema in drei Kapiteln. Im ersten Kapitel geht es um die Beschreibung von Achtsamkeit – sie beschreibt sechs Merkmale des Themas: Wahrnehmen, Beschreiben, Sich-einlassen, Konzentration, Nichtbewerten und Wirkungsvoll. Diese Merkmale werden auf ihre Bedeutung hin untersucht und durch Übungen erfahrbar gemacht. Das zweite Kapitel behandelt den Zusammenhang von Achtsamkeit und psychischen Grundbedürfnissen. Die Autorin bezieht sich hier auf die Konsistenztheorie von Grawe mit den menschlichen Grundbedürfnissen nach Kontrolle und Orientierung, Lustgewinn und Vermeiden von Unlust, Stabilität des Selbstwerts sowie Bindungsangst und Zugehörigkeit. Geuenich beschreibt Achtsamkeit als Hilfe zur Regulation dieser Bedürfnisse. Indem man sie bei sich selber erkennt und versteht sowie in der Auseinandersetzung damit zu einer Befriedigung und Verteidigung der eigenen Bedürfnisse kommt. Dieses Kapitel ist angereichert durch Symbole (z.B. Bedürfnisse als „Wasserfässer“) und Weisheitsgeschichten (z.B. Überquerung des Abgrundes), welche helfen, die Theorie ins Leben zu übertragen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Phasen der Krebserkrankung, von der Diagnose bis zum evtl. Fortschreiten, d.h. Abschied und Tod. Hier werden die Möglichkeiten von Achtsamkeit als Bedürfnisregulation ausgelotet. Dieser Teil des Buches ist von besonders vielen Anleitungen zur Imagination durchzogen (Gefühlstorte, Sicherer Ort). Im Anhang befinden sich 22 Arbeitsbögen als Vorlage für die Übungen der einzelnen Kapitel. Das Buch richtet sich überwiegend an betroffene Krebserkrankte und an mitbetroffene Angehörige. Das Motto, welches die Autorin in ihrem Vorwort gewählt hat, stammt von Seneca: „Weise Lebensführung gelingt keinem Menschen durch Zufall. Man muss, solange man lebt, lernen wie man leben soll.“ Das klingt erst einmal anstrengend. Will ich das, wenn ich krank bin? Doch wohl nur, wenn etwas Wichtiges dabei herauskommt! Was hat das Buch dafür zu bieten? Die Autorin verspricht drei Funktionen von Achtsamkeit: Achtsamkeit als Hilfe zur Selbsthilfe in Krisensituationen. Achtsamkeit als innerer Kompass für Lebensqualität und Zufriedenheit. Achtsamkeit als Hilfe zur Beziehungshilfe. 52 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 „Achtsamkeit und Krebs“ ist ein Arbeitsbuch. Es gibt Verständnishilfen und leitet an, sie einzuüben. Das erfordert vom Leser einiges an Disziplin. Die Autorin unterstützt ihn hierbei mit vielen Arbeitshilfen und Geschichten. Sowohl Fall- als auch narrative Geschichten. Sehr sympathisch liest sich, dass alle „Fälle“ einen Namen, ein Alter und eine Krebsart als Überschrift haben. Das erleichtert die Identifizierung und macht es lebensnah. Ebenso stellt die Hervorhebung besonders wichtiger Gedanken in kleinen Kästchen eine deutliche Lesehilfe dar. Krebspatienten erleben ihre Situation weitgehend von Ohnmacht und dem Gefühl des Ausgeliefertseins an Institutionen, Menschen und Maschinen geprägt. In dieser Situation bietet der Ansatz von Achtsamkeit die Möglichkeit, wieder handlungsfähig zu werden, eine Möglichkeit zur Selbstkontrolle und zur Kontrolle des entstandenen Gefühlschaos. Auch vermittelt es das Gefühl, etwas tun zu können in einer Situation, die dazu einlädt, sich abzugeben an Ärzte und Behandlung. Es braucht Geduld, innere Ruhe und ein gewisses Durchhaltevermögen, sich Buchbesprechung mit den vielen Anregungen in diesem Buch zu beschäftigen. Ob Betroffene das in der Situation ihrer Krankheit können, ist die Frage. Sich mit den eigenen Gefühlen auseinander zu setzen, ist für die meisten Menschen nicht selbstverständlich und eine Herausforderung. Es besteht die Gefahr, dass es den Einzelnen überfordert und das Buch aus der Hand gelegt wird. Das wäre schade. Hier wäre das Buch mehr in der Hand eines erfahrenen Therapeuten zu sehen, der es zusammen mit seinem Patienten bearbeitet, sei es in einer Gruppe für Krebskranke oder im Einzelgespräch. Gewinnbringend ließe sich das Buch auch einsetzen in Selbsthilfegruppen; es bietet gute Möglichkeiten, über die verschiedenen Aspekte von Achtsamkeit ins Gespräch zu kommen. Nach der Lektüre des Buches ist es schlüssig vorstellbar, dass sich die Lebensqualität durch Achtsamkeit erhöht. Letztendlich empfiehlt es sich aber, diesen Weg selber auszuprobieren und zu einer eigenen Beantwortung zu kommen. Stellvertretend soll hier ein Patient aus dem Buch zu Wort kommen: Hannes, 66 Jahre, Lungenkrebs, „Manche Übungen konnte ich nicht, kann sie auch heute nicht und habe sie für mich abgehakt. Andere Übungen taten mir gut, auch wenn ich sie erst üben musste. Achtsamkeit als Hilfe, um sich zu verstehen und das, was der Krebs in einem durcheinander gebracht hat, zu sortieren, würde ich auf jeden Fall bejahen.“ Dieses Buch wird ohne Zweifel Leser finden, die von ihm profitieren können. Susanne Bertels Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 53 Informationen aus der Industrie INF ORM AT IONEN AUS DER INDUS T RIE Die Bedeutung von E-Commerce in der Onkologie: Eine marktwirtschaftliche Betrachtung Von Eldar Sultanow und Michael Kretzer, Gattendorf D er Pharmamarkt ist durch besondere Eigenschaften gekennzeichnet, aus denen sich Rückschlüsse auf die Bedeutung des elektronischen Handels ziehen lassen. Der vorliegende Beitrag arbeitet aus marktwirtschaftlicher Perspektive diese Eigenschaften heraus, leitet daraus eine Notwendigkeit von E-Commerce für die Onkologie ab und stellt ein Pilotprojekt vor. Marktbesonderheiten im Umfeld der Onkologie Der onkologische Pharmamarkt, insbesondere jener der lange auf dem Markt befindlichen generischen Zytostatika, kennzeichnet sich durch einen strengen Verdrängungswettbewerb. Die vermehrte Verwendung von oralen onkologischen Therapeutika als auch das fokussierte Therapiemanagement führen zu einer Reduzierung von Infusionszubereitungen. Zudem wird die Verdrängung durch bestimmte Markteigenschaften hervorgerufen, aufrechterhalten und weiter ausgeprägt, die nachfolgend genannt und näher erläutert werden. Keine Geltung von Marken Ein fundamentales und vor allem diesem Wettbewerb zugrundeliegendes Spezifikum ist die Markengleichgültigkeit. Während in einem markenbewussten Wettbewerb wie etwa im Automobilhandel der Leitsatz „Fahrzeug ist nicht gleich Fahrzeug“ gilt, werden alle Produkte mit ein und demselben Wirkstoff gleichgesetzt, unabhängig davon, wer ihn wo und unterwelchen Bedingungen herge- stellt hat – solange die Herstellung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt. In einem solchen Wettbewerbsumfeld zählt nur der Preis. In jüngster Zeit spielt in diesem Zusammenhang die Versorgungssicherheit eine zunehmende Rolle. delserlaubnis mit dem Ziel, günstiger einzukaufen und untereinander Handel zu treiben. Ein bekanntes Beispiel für Markengeltung findet sich außerhalb der Onkologie und ist die am 10. August 1897 erstmals im BayerStammwerk in Elberfeld gelungene Synthese von nebenproduktfreier o-Acetylsalicylsäure aus Acetanhydrid und Salicylsäure als Grundlage für das 1897 „Aspirin“ genannte Produkt, das unter gleichem Namen immer noch im Original nachgefragt und (teurer als die generischen Produkte) verkauft wird. In der Pharmaindustrie ist der Prozess der Produktentwicklung zeitlich stark getrennt vom Prozess der Produktverwertung, da hier der Entwicklungsprozess (im Mittel 12,7 Jahre) und die Genehmigungs- und Zulassungsverfahren (circa 2,2 Jahre) sehr langwierig sind (Feldmann, 2007, S. 132). Diesem Zeitraum stehen noch keine Einnahmen aus der Nutzung gegenüber, wobei die frühzeitige Lizenzvergabe eine Ausnahme bildet. Unter Berücksichtigung der F&E-Kosten von ungefähr 800 Millionen Euro für einen neuen Wirkstoff (Blockbuster) wird ersichtlich, welch existenzielle Bedeutung die Innovationssicherung seitens des Staates für die Pharmaindustrie hat (Bayer, 2014). Paradoxerweise sind die Sicherungsinstrumentarien der Pharmaindustrie besonders stark eingeschränkt, da der Produzent die Zusammensetzung seines Arzneimittels, die präklinischen und klinischen Befunde sowie die medizinische Wirksamkeit und Sicherheit (einschließlich der Nebenwirkungen) genau offenlegen muss. Disintermediation Ein Wettbewerb, der ausschließlich über den Preis ausgetragen wird, muss sich Kosteneffizienz-steigernden Mechanismen bedienen. Einer der wesentlichsten und weitreichendsten ist die Ausschaltung von Wertschöpfungsstufen zwischen Hersteller (Pharmaunternehmen) und Verbraucher (Patienten). Je weniger Beteiligte an einem Produkt entlang seiner Wertschöpfungskette verdienen, desto größer ist der Spielraum für die Preisgestaltung durch den Hersteller. Eine Erscheinungsform dieses in der Wirtschaftswissenschaft als Disintermediation bezeichneten Phänomens im Pharmamarkt ist der paradigmatische Wechsel des Begriffs „Großhändler“ vom Dienstleister zum Rechteinhaber beziehungsweise Besitzer einer Großhandelserlaubnis. So beantragen Apotheken, die zugleich Herstellungsbetriebe nach Paragraph 13 AMG sind, eine Großhan- 54 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Großes Zeitfenster zwischen Entwicklung und Verwertung Politischer und staatlicher Einfluss Der Pharmamarkt ist aufgrund von politischem und staatlichem Einfluss nicht charakteristisch innerhalb des Begriffsverständnisses der freien Marktwirtschaft. Neben dem Mehr- und Fremdbesitzverbot von Apotheken zählen hierzu staatlich vorgeschrie- bene Gewinnmargenreduktionen (GKV-ÄndG 2010; AMNOG 2011) für Arzneimittel, die bereits Einsparungen auf Seite der GKV und damit Kosten auf Seite der Pharmaindustrie von 1,2 Milliarden EUR für den Zeitraum Januar bis April 2011 ergaben (IMS Health, 2011). Verschärft wird die Situation durch die Änderung der Hilfstaxe, des Abrechnungspreises zwischen Apotheke und Krankenversicherung, zum 1. September dieses Jahres, die den Preisdruck auf Großhandel und Hersteller erhöht, welche die Arzneimittel zu niedrigeren Preisen anbieten müssen. Hoher Globalisierungsgrad Forschungs- und Produktionskapazitäten kommen weltweit vor, insbesondere zunehmend in den asiatischen Ländern China und Indien. Im Zeitraum von 1970 bis 2005 existierte kein wirksamer Patentschutz in Indien. Dies führte dazu, dass viele indische Pharmahersteller teure Originalpräparate ausländischer Herstellern kopierten und mit Hilfe alternativer Herstellungsverfahren produzierten, was aufgrund des entfallenen finanziellen Risikos der eigenen Forschung kostengünstiger war als die teure Entwicklung von Originalpräparaten (Perlitz, 2008). Dafür gilt heute jede fernöstliche Beteiligung am deutschen, europäischen oder insgesamt westlichen Pharmamarkt als zuverlässiger Indikator für eine stark negative Preisentwicklung generischer Arzneimittel. Zugang an, über diesen sie Arzneimittel bestellen können. Im Vordergrund dabei steht die Bestellmöglichkeit auf elektronischem Wege als Alternative zur telefonischen Bestellung. Diese Form des Online-Handels im Bereich der Onkologie ist stark auf den Primärzweck, den Arzneimittelverkauf an sich, ausgerichtet. E-Commerce bietet jedoch über den bloßen Verkauf hinausgehende Möglichkeiten und Vorteile für den elektronischen Handel. Diese Vor teile, nachfolgend vorgestellt, werden durch die verfügbaren Lösungen momentan nicht vollumfänglich ausgeschöpft. Insbesondere existieren erhebliche Potenziale im Bereich der direkten Interaktion zwischen Apotheke und Hersteller, in der Auf wer tung von Leistungsangebot durch Personalisierung und Optimierung der Bedarfsgenauigkeit von an Kunden kommunizierten Angeboten und im Bereich der Resteverwertung. Vorteile von E-Commerce in der Onkologie Stand der Technik Nach heutigem Stand der Technik bieten Großhändler ihren Kunden einen Online- Die oben genannten Eigenschaften des onkologischen Pharmamarkts, insbesondere Abbildungen: Screenshots vom MaxShop Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 55 Informationen aus der Industrie der hohe Preisdruck, Globalisierungsgrad und die Disintermediation, sind indikativ dafür, dass der Markt sich durch eine extrem hohe Affinität zu effizienzsteigernden Mechanismen kennzeichnet, wobei ausschließlich der Preis und nicht die Qualität eine tragende Rolle spielen. Die zu gewährleistende Qualität legen gesetzliche Bestimmungen fest, was in diesem Markt dazu führt, dass ihre Teilnehmer die, nur geringste Kosten verursachende, Erfüllung des geforderten Mindestmaßes zur Maxime erheben. Mehr Qualität im Angebot enthalten, kann unter den genannten Marktbedingungen kein Vorteil, sondern nur ein Nachteil des Anbieters sein. Im Folgenden werden die Vorteile von E-Commerce beschrieben (siehe auch Sultanow, 2010). Kostenreduktion E-Commerce bietet genau den passenden Mechanismus, der die Effizienz von Kundenund Unternehmensprozessen steigert und außerdem einen disintermediativen Charakter aufweist. Eine wesentliche Effizienzsteigerung von E-Commerce-Lösungen besteht darin, dass sie informationstechnisch den Bestellprozess sowie die Prozesse der Auftragserfassung, Beschaffung und des Verkaufs auf Seiten des Anbieters automatisieren. Reduktion örtlicher Geschäftsbeschränkungen Das Produkt- und Dienstleistungsangebot über traditionelle Medien unterliegt räumlichen Schranken. Dementgegen ergibt sich für den Anbieter im Internet eine weltweit sichtbare Präsenz, ohne dass dieser physisch vor Ort sein müsste. So liegt in der überregionalen (ja sogar globalen) Angebotsverfügbarkeit das Hauptpotential zur Kundenkreiserweiterung. Reduktion zeitlicher Geschäftsbeschränkungen Im Internet stehen Angebote permanent zur Verfügung. Demzufolge können Nachfrager beliebiger Orte zu jedem Zeitpunkt auf diese Angebote zugreifen. Schließlich ist eine zeitlich nicht limitierte Abwicklung von Geschäften möglich. von genau auf ihre Belange zugeschnittenen Angeboten. Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern Aufwertung von Leistungsangebot E-Commerce-Lösungen erweitern das Leistungsangebot durch zusätzliche Services und kundenindividuellere Produkte. Neben bedarfsgenauen Produktvorschlägen, die von Empfehlungsdiensten (Recommender Systemen) generiert werden, werten zum Beispiel eine Preisverhandlungs-, Merkzettel- sowie Preisalarm-Funktion das Leistungsangebot auf. Direkte Interaktion zwischen Kunde und Anbieter Auf einem elektronischen Marktplatz interagieren Kunden mit Herstellern direkt, indem sie zum Beispiel Anbietern eine Liste nachgefragter Produkte und gegebenenfalls Preisvorschläge (sofern diese Funktion vom Anbieter aktiviert wird) übermitteln. Die unmittelbare Interaktion umfasst auch die herstellerseitige Benachrichtigung in Echtzeit der Kunden über die Verfügbarkeit Die Max Pharma GmbH nimmt die Veränderungen der Märkte auf und bietet seinen Kunden und zukünftigen Kunden einen 24/7/365 Shop für Apotheken und Kliniken. Besonderheit ist, dass die Laufzeiten kurz und die Preise für Produkte für die parenterale Zubereitung sehr klein sein werden. Online als Plattform sozusagen im Hintergrund? Reduzierter und fokussierter Ser vice senkt die Preise für die Kunden. Dies ist nur mit einer Online-Plattform möglich. Als Leistungsmerkmal des Arzneimittelgroßhändlers? Dies ist eine offene Plattform. Alle Hersteller können ihre Angebote zum Ver- 56 | Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 Die Architektur von Onlineplattformen liefert eine integrierte Informations- und Kommunikationsbasis für den effizienten, medienbruchfreien Daten- und Dokumenten-Austausch. So lassen sich die online generierten Kunden- und Bestellinformationen direkt in das Warenwirtschaftssystem des Herstellers und in jenes des Kunden importieren. Auf Seiten der Hersteller werden Lagerwirtschaft, Nachschub und Logistik optimiert sowie auf Kundenseite die Kaufbestände und mit der Kassenabrechnung (Taxierung) zusammenhängenden Prozesse automatisiert. Rettung von kurz vor Verfall stehender Ware Ein weiterer Vorteil des Online-Handels (vor allem im Pharmabereich) ist die Bewerbung besonders günstiger Angebote solcher Produkte, die kurz vor dem Verfall stehen, sogenannte Kurzläufer. Anbieter verkaufen die Produkte und nehmen einen geringfügige- werten zur Max Pharma geben. Unsere breite Kundenbasis erlaubt die rasche Umsetzung zum Vorteil der Kunden und der Hersteller. Lieferant muss ein inländischer Betrieb sein? Auf der Online-Plattform werden ausschließlich in Deutschland zugelassene, verkehrsfähige Fertigarzneimittel angeboten. Tangiert das die „Arzneimittelvermittlung“ gesetzestechnisch? Wir arbeiten als ganz normaler Großhandel mit Wareneingang, Ausgang und GDPTransport. Nur das Bestellwesen hat sich um die Option online erweitert. Informationen aus der Industrie Der Markt prägt seine Teilnehmer auf Konsumentenseite, die sich durch einen rein Preisfixierten Habitus hervorheben. Aus diesem Grund hat sich die E-Commerce-Plattform an seine Benutzer in ihrem Stil und äußeren Erscheinungsbild angepasst, um die Aufmerksamkeit auf den nicht zu unterbietenden niedrigen Preis zu richten (Abb. 1). Es sind bereits Angebote von mehr als 10 Herstellern im Shop. Die Usermeldungen verändern sich täglich und zielen im onkologischen Bereich auf 250 bis 300 ab. LITERATUR Bayer (2014). IMI – Innovative Medicines Initiative. Projekt SAFE-T: Forscher suchen nach Biomarkern zur frühzeitigen Identifizierung von Arzneimittel-bedingten Organschäden. Abgerufen am 09.10.2014 von http://www.bayerpharma.com/de/presse/im-fokus/ imi-innovative-medicines-initiative-projekt-safe-t.php Abbildung 1: Flyer des E-Commerce Portals shop.max-pharma.de Feldmann, C. (2007). Strategisches Technologiemanagement. Wiesbaden: GWV Fachverlage. ren Verlust hin, der dann größer ausfällt, wenn er seine Produkte nach ihrem Verfall vernichten muss (nicht nur Zytostatika sind toxische Abbauprodukte). Der Markt mit Kurzläufern ist sehr heterogen und desorientiert – er liefert keinen systematischen Absatzweg für Anbieter und gleichermaßen keine dedizierte Bezugsquelle für die Abnehmer. Ein strukturierter Online-Vertrieb von Kurzläufern ist die synergetische Kombination aus dem Absatz von kurz vor Verfall stehender Ware, welcher den Schaden auf Herstellerseite begrenzt und Einsparpotenzial für Apotheker, welche auf dieses in Anbetracht der aktuellen Marktbedingungen in hohem Maße angewiesen sind. Das Risiko, dass die kurzen Haltbarkeitszeiten zu einem Lagerverlust führen, ist vernachlässigbar gering, da im Bereich der Onkologie die Arzneimittel oft am selben oder spätestens am nächsten Tag verbraucht werden. Kaum eine Apotheke kauft Zytostatika auf Vorrat. Selbst wenn auf Seite der Apotheke Ware verfällt, entsteht wegen der niedrigen Preise kein großer Schaden. IMS Health (2011). AMNOG-Einsparungen im ersten Jahresdrittel 2011: Zwangsrabatte überschreiten bereits die Milliardenmarke. Abgerufen am 25.08.2011 von http://www.imshealth.de/de/artikel/id/15375 Die Tatsache, dass permanent neue Hersteller in den gesättigten onkologischen Markt eintreten, beeinträchtigt nicht das auf E-Commerce basierende Geschäftsmodell, sondern fördert dieses, weil mit der wachsenden Überversorgung die Zahl der Kurzläufer im Gleichschritt zunimmt. Sultanow, E. (2010). Zusammenarbeit in verteilten Projekten: Dekomposition, Barrieren und Lösungen im Kontext der Webentwicklung. Berlin, Deutschland: Gito. Perlitz, U. (2008). Indische Pharmaindustrie auf Globalisierungskurs. Deutsche Bank Research, Aktuelle Themen 413. Das Pilotprojekt der onkologischen Resterampe Die Einführung von E-Commerce in den Onkologiemarkt ist daher die folgerichtige Konsequenz aus dessen beschriebenen Markteigenschaften. Onkologische Pharmazie | 16. Jahrgang | Nr. 4/2014 | 57